Der Druck war offenbar nicht auszuhalten 21.04.2016 21:54 Uhr Ingolstadt (DK) Hat er nun, oder hat er nicht? Nach Auffassung von Amtsrichterin Katharina Hartmann hat er! Sie hat gestern nach rund einstündiger Verhandlung den vorläufigen Schlussstrich unter ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gezogen, das - ausgerechnet - einen Mitarbeiter des städtischen Verkehrsüberwachungsdienstes getroffen hat: Der Mann soll im vorigen November beim Westpark quasi in freier Wildbahn ein kleines "Geschäft" erledigt haben. Ein Beobachter hatte gemeint, dass das mit der Vorbildfunktion eines Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht vereinbar sei und den Uniformträger angezeigt. Weil der 48-jährige Verkehrsüberwacher das danach verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 75 Euro nicht zahlen, womöglich aber auch, weil er sich nicht dieses Delikts beschuldigen lassen wollte, hatte er Einspruch eingelegt, was die Sache allerdings gestern in Form einer Verhandlung vor der Einzelrichterin öffentlich machte. Er habe an jenem Novembertag nach einem Einsatz mit einem Kollegen gegen Parksünder an der vorderen Friedrichshofener Straße ein seltsames Geräusch aus einem der großen Rohre des Westpark-Heizkraftwerks vernommen und sei dem ("Da hat's rausgepfiffen") bei einer näheren Inspektion nachgegangen, rechtfertigte der Mann vor der Richterin seinen Gang auf die Wiese bei dem bewussten Betriebsgebäude. Wild uriniert habe er dort auf keinen Fall. Allerdings hatten gleich vier Zeugen diese Szene von einem nahen Bürogebäude aus beobachtet. Sie - durchweg Männer und insofern selbst mit dem Ablauf einer Erleichterung im Stehen vertraut - hatten allesamt den Eindruck gewonnen, dass da jemand seinem Blasendruck Abhilfe verschafft hatte. Breitbeinig und mit seinen Händen vorm Körper habe der Mann da zwischen den Rohren vor der Wand des Heizkraftwerks gestanden, anschließend an seinem Hosentürl herumgenestelt, hieß es bei den Zeugenvernehmungen wiederholt. "Für mich", so einer der Männer, "war das eindeutig." Der Kollege des Verkehrsüberwachers will von dem angeblichen Fehlverhalten nichts mitbekommen haben, wie er gestern im Zeugenstuhl beteuerte. Als er seinen Streifenpartner in eine aufgeregte Diskussion mit einem der Zeugen verstrickt sah, habe er gedacht, es gehe um eine der eben ausgeteilten Verwarnungen wegen Falschparkens. Tatsächlich hatte jener Zeuge den "Auftritt" des städtischen Angestellten mit seinem Handy fotografiert und ihn auf sein Verhalten angesprochen. Bei dem daraus resultierenden Wortgefecht soll der Verkehrsüberwacher sich den Ausweis des Beschwerdeführers angeschaut und abfotografiert und von der "Behinderung einer Amtshandlung" gesprochen haben. Selber soll er dem Zeugen aber einen falschen Namen genannt haben. Er heiße Meier, soll er gesagt haben. Der Zeuge war bass erstaunt, als er später im Verfahren den richtigen Namen des Mannes erfuhr. Für Richterin Hartmann war der Fall schließlich klar. Es bestehe "kein Zweifel", so die Vorsitzende, dass da tatsächlich ein "Wildbiesler" ertappt worden sei, resümierte sie ihre Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme. Sie verurteilte den Verkehrsüberwacher wegen einer "grob ungehörigen Handlung" zur Zahlung der schon im Ordnungswidrigkeitsverfahren festgelegten 75 Euro. Dagegen kann der Mann nun einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde stellen. Ob ihm das städtische Ordnungs- und Rechtsreferat als Arbeitgeber dazu raten wird, ist allerdings recht fraglich. Von Bernd Heimerl © 2016 donaukurier.de | Alle rechte vorbehalten. Seite 1 von 1
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