3) Interview: Ach, du dickes Ei Interview mit dem Chefredakteur der Zeitschrift ÖKO-TEST, Jürgen Stellpflug Frage: Sie haben passend zur Osterzeit einen Test über die Qualität von Eiern gemacht. Was genau haben Sie untersucht und was ist dabei herausgekommen? ÖKO-TEST hat zum einen geguckt, ob das Eigelb wirklich von Natur aus gelb ist, oder ob es künstlich nachgefärbt wurde und wir haben untersucht, ob Parasitenmittel, die immer wieder eingesetzt werden müssen, weil ja immer wieder ganz viele Hühner in Legebatterien ganz eng zusammen sind und dadurch sich Krankheiten ausbreiten können, also wir haben nach diesen Parasitenmitteln gesucht. Festgestellt haben wir, dass von diesen 30 untersuchten Eierproben. achtzehn mit künstlichem Farbstoff nachgefärbt wurden. Dieser Farbstoff heißt Canthaxanthin und das ist ein Stoff, der bekannt ist aus Bräunungspillen zum Beispiel. Dort ist er inzwischen verboten, weil er sich im Augenhintergrund ablagert und Sehschäden auslöst. Frage: Was ist an Canthaxanthin denn so gefährlich? 157 Canthaxanthin, dieser Farbstoff, der dem Futter schon beigemischt wird, dem Futter der Hühner, der baut sich im Körper nicht ab, sondern auf. Immer mehr davon, je mehr man isst, wird im Hintergrund der Augen abgelagert und dann kann man nicht mehr richtig sehen. Frage: Es verwundert doch immer wieder, warum Stoffe, von denen man sagt, dass sie die Gesundheit gefährden, nicht verboten werden. Wie erklären Sie sich das? 165 Weil das bekannt ist, hat die EU die Grenzwerte gesenkt. Es dürfen künftig statt 80 nur noch 8 mg/Kilo dem Futter beigegeben werden. Die richtige Konsequenz wäre aber gewesen, zu sagen: Man verbietet so einen gefährlichen Farbstoff, denn für eine gesunde Ernährung ist er schon gar nicht nötig. Frage: Jetzt mal im Ernst: Sind denn Eigelbe – wie der Name schon sagt - nicht eigentlich von Natur aus Gelb? Warum setzen die Hersteller überhaupt Farbstoffe ein? 205 Die Zusatzstoffe wie Farbstoffe werden eingesetzt, weil die Hersteller sagen: „Die Verbraucher wollen goldgelbes Eidotter, nicht hellgelbes Eidotter. Doch das ist ein bisschen die Frage nach dem Huhn oder dem Ei. Was war zuerst? Es könnte auch sein, dass die Hersteller zuerst goldgelbes Eidotter produziert haben und das dem Verbraucher angeboten haben und so erst künstlich eine Nachfrage geschaffen haben. Denn bevor es Eidotter gab, wussten die Verbraucher ja gar nicht, dass das Eidotter so gelb aussehen kann und sie waren mit dem blassgelben Eidotter zufrieden. Frage: Sie haben in ihrem Eiertest auch den seit 2001 bereits verbotenen Zusatzstoff Nicarbazin gefunden. Ist das ein neuer Eierskandal? 220: Nicarbazin ist ein Parasitenmittel, das besonders Hühner brauchen, die in Legebatterien gehalten werden, weil sie dort auf sehr engen Raum zusammen sind. Und dieser enge Raum schafft ideale Möglichkeiten für Krankheiten, sich auszubreiten. Dieses Nicarbazin ist verboten, weil es keine Unbedenklichkeitserklärung für dieses Antibiotikum gibt. Frage: Nun haben die bewiesenen Nicarbazinanteile trotzdem keinen Eingang in ihren Test gefunden, warum nicht? 234: ÖKO-TEST hat bei einigen Eiern Spuren dieses Nicarbazin festgestellt. Daraufhin haben wir weitere Eier aus der gleichen Probe, der gleichen Charge untersucht und haben festgestellt, dass es da nicht drin ist. Das heißt nichts anderes, als dass Eier unterschiedlich sind. Das wissen wir auch, weil sie von unterschiedlichen Hühnern gelegt sind. Man muss aber sagen, gerade bei konventionellen Eiern besteht immer die Gefahr, dass immer Nicarbazin oder auch andere Antiparasitenmittel(n) in den Eiern zu finden sind. Deswegen der Rat von ÖKO-TEST, ökologische Bioeier zu nehmen, denn dort ist der Einsatz von Antiparasitenmitteln nicht erlaubt. Frage: Wir gehen jetzt auf Ostern zu. In den Osterwochen steigt der Konsum erheblich. Ein oft besprochenes Thema sind die Salmonellen. Was gibt es da zu sagen? 260 Die Untersuchung von 180 Eierproben auf Salmonellen hat ein sehr positives Ergebnis gezeitigt. Wir konnten in keiner einzigen Probe Salmonellen nachweisen. D.h., dass die Hersteller dieses Problem offensichtlich im Griff haben. Zum Teil, weil die Hersteller Antibiotika verwenden. Nicht deswegen weil sie jetzt die Haltungsformen so stark verbessert hätten, dass die Ausbreitung von Salmonellen nicht mehr möglich ist. Denn immer noch werden die meisten Eier in Käfighaltung erzeugt. Käfighaltung, die in fernerer Zukunft ja verboten sein wird. Frage: Und wie kann sich der Verbraucher sicher vor Salmonellen schützen? 280 Der wichtigste Tipp ist Eier kühl zu lagern, dann können sich Salmonellen nicht vermehren. Der zweitwichtigste Tipp ist, frische Eierspeisen auf jeden Fall im Kühlschrank zu lagern, denn in den frischen Eierspeisen vermehren sich Salmonellen sonst sehr gerne. Frage: Auf ein Thema möchte ich noch eingehen, zumal es ja fast bei jedem Eiereinkauf ansteht. Welche Rolle spielt die Frage der Haltung? Lohnen sich die Cent’s, die man für eine artgerechtere Hennenhaltung ausgibt auch für die Gesundheit? 289: Aus gesundheitlichen Aspekten lohnt sich auf jeden Fall das Geld für Bioeier. Weil da kann man sicher sein, dass man weder bestimmte Parasitenmittel, noch bestimmte Zusatzstoffe, also Farbstoffe wie Canthaxanthin bekommt. Die Haltungsform ist auch bei konventionellen Eiern zum Teil eine nicht so intensive wie Käfighaltung. Für den Verbraucher bringt das keine zusätzliche Sicherheit. Weil auch in Freilandhaltung, in konventioneller Freilandhaltung eben schädliche Zusätzen enthalten können. Aber selbstverständlich ist Freilandhaltung für den Tierschutz – und wer in den Tierschutz investieren will, für den lohnt es sich natürlich dann auch Freilandeier zu kaufen. Selbst konventionell erzeugte. Frage: Müssen wir uns nach diese vielen schlechten Nachrichten auf eine Oster-Feier ohne Eier einstellen? Oder haben Sie auch noch eine gute Botschaft? O-Ton 4: 316: Die richtig gute Osterbotschaft lautet, dass immerhin 12 von den 30 untersuchten Proben sehr gut abgeschnitten haben. Die zweite gute Osterbotschaft lautet, dass Farbe, die von außen auf die Eier aufgetragen wird, unbedenklich ist, ganz egal, ob ich sie selber drauftue oder ob ich industriell vorgefärbte Eier nehme. Diese Farben sind unbedenklich und damit kann man sich ein frohes Osterfest gönnen. ENDE Frage: Nun haben Sie das Canthaxanthin ja in Bioeiern nicht gefunden. Bio dürfte aber auch draufstehen, wenn dieser Farbstoff als Zusatz im Futter und also im Ei drin ist? 182: Die Hersteller von Bioeiern dürfen bis zu 15% konventionelles Futter zufüttern aus diesem konventionellen Futter können Farbstoffe in die Eier gelangen. Zudem ist es erlaubt, bestimmte Farbstoffe, die als unbedenklich gelten, die als Pro-Vitamin, also als eine Vorstufe von Vitaminen gelten, auch in Bioeier zu mischen. ÖKO-TEST ist aber der Meinung, dass man auch das nicht tun sollte, weil: es hat schon seinen Grund, warum Eier, oder Eidotter eine bestimmte Farbe haben. Und man sollte grundsätzlich gerade im Biobereich nicht drangehen und Lebensmittel mit künstlichen Mitteln aufpeppen. Frage: Wie bewerten Sie es denn, dass die Verbraucher goldgelbe Eier wollen? 197 ÖKO-TEST plädiert immer dafür, Lebensmittel so natürlich wie möglich zu belassen und zu einem natürlichen Lebensmittel gehört kein künstlicher Farbstoff. Zudem kann sich immer wieder herausstellen, dass auch Stoffe, Zusatzstoffe, die jetzt noch als unbedenklich gelten, sich als schädlich herausstellen. Frage: Ist es Ihnen schwer gefallen, die skandalträchtigen Nicarbazinfunde nicht zum Testinhalt zu machen? Oder war Ihnen das zu riskant? 250 Die Funde von Nicarbazin in den Eiern, in diesen fünf Eiern sind abgesichert. Dazu stehen die Labors, die das untersucht haben. Dazu stehen die Labors, die das untersucht haben. Aber, da weitere Proben nicht belastet waren, wäre es den Herstellern gegenüber nicht ganz fair, solche Ergebnisse zu veröffentlichen, weil ja auch unter Umständen andere Hersteller, die beim ersten Test nicht betroffen waren, beim zweiten Test betroffen sein könnten. Frage: Wie sollte man aber als Verbraucher mit der Unsicherheit umgehen, dass der verbotene Stoff in den meisten handelsüblichen Eiern drinstecken kann? 240 ÖKO-TEST hat gesagt, wenn die Eier derartig unterschiedlich sind, und eine zweite Probe nicht sicher nachweisen kann, dass in jedem Ei solches Antiparasitenmittel, solches Nicarbazin drin ist, dann muss man nicht vor einem einzelnen Ei warnen, sondern dann muss man sagen: Wenn wir auf der sicheren Seite sein wollen, dann muss man grundsätzlich zu Bioeiern greifen. Das ist der bessere Weg. Frage: Wie alt waren die von Ihnen untersuchten Eierproben? 275Die Eier, die ÖKO-TEST untersucht hat, waren unterschiedlich alt, sie waren aber nicht über das Mindesthaltbarkeitsdatum. sodass man davon ausgehen kann, dass die Eier, die der Verbraucher kauft und die noch verkauft werden dürfen, tatsächlich nicht oder kaum noch mit Salmonellen belastet sind. Frage: Läßt sich die Haltungsart eigentlich am Ei wissenschaftlich nachweisen? 304: Wissenschaftlich lassen sich zwischen den verschiedenen Haltungsarten keine Unterschiede darstellen. Es ist nicht einmal möglich, nachweisen, ob die deklarierte Haltungsform wirklich die enthaltene Haltungsform ist. Man hat das versucht, beispielsweise auf Eiern, die in Käfighaltung erzeugt sind, mit UV-Licht bestimmte Abrollspuren feststellen. Solche Abrollspuren können aber auch in Freiland oder Bodenhaltung entstehen, sodass man nicht sicher sagen kann: Die Haltungsform, die deklariert ist, war tatsächlich auch die Haltungsform, in der die Hühner auch gehalten worden sind.
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