Bleibende Erinnerungen Mi presento, sono il portiere del Bel

JANUAR 2016: DIE ZEITUNG FÜR DIE, DIE DAS WALDHAUS MITTRAGEN
Von uns (siehe Seite 18!). Für alle. Zum vierzehnten Mal in ebenso vielen Jahren.
Da noi (v. pagina 18!). Per tutti. Quattordicesima edizione annuale.
From us (see page 18!). For everybody who may take an interest. Fourteenth annual edition.
Bleibende Erinnerungen
«In meiner Erinnerung gibt es
Musik im Waldhaus praktisch nur
mit Eugen Bitto». Am 10. Oktober
2015 spielte Eugen zum letzten
Mal zum Tee in der Halle und zum
Tanz in der Bar; jetzt ist er in
Pension.
Am 11. Juni 1980 hat Eugen Bitto zum ersten Mal als Cellist im damaligen Trio Farkaš
gespielt. Sein Schwager Juraj Farkaš brachte den jungen Cellisten aus der Slowakei ins
Waldhaus. Seit dann sind 35 Jahre vergangen,
in denen Eugen 68 Saisons hier im Waldhaus
gespielt hat. Mit Ausnahme von zwei kleinen
Unterbrüchen also praktisch durchgehend.
Für mich als nun bald 39-Jährigen gibt es in
meiner Erinnerung Musik im Waldhaus praktisch nur mit Eugen Bitto. Eugen hatte schon
immer die Gabe, die Kinder in seinen Bann zu
ziehen, so dass er auch für mich als kleinen
Jungen sofort «die Ansprechsperson» im Trio
war. So wie mir ist es über die Jahrzehnte
manchem Kind ergangen und es war schön,
zu beobachten, wie auch meine Nichten und
Neffen schnell einen Bezug zu Eugen fanden.
Es war auch das Trio Farkaš, welches mithalf, mich in meine kurze und bescheidene
musikalische Laufbahn zu lenken. Schon als
Vierjähriger erhielt ich vom Trio eine erste
Geige geschenkt und habe dann tatsächlich
auch während der Schulzeit acht Jahre Geige
gespielt. Die bleibendsten Erinnerungen aus
dieser Zeit sind sicher das gemeinsame Musizieren mit meinem Grossvater, aber auch ein
paar wenige Auftritte mit dem Trio Farkaš, für
welche Juraj Farkaš einige Stücke aus ihrem
Repertoire auf meine musikalischen Fähigkeiten umgeschrieben hat.
Der Kontakt ist aber über die ganzen Jahre
gut geblieben und so war es toll, dass ich die
ersten Jahre in der Leitung des Waldhaus auch
mit Eugen als Kapellmeister des WaldhausTrios bestreiten durfte. Nun geht eine Ära zu
Ende. Etwas wehmütig darüber, dass Eugen nun
nicht mehr im Waldhaus Musik macht und die
vielen Kinder begeistert, aber auch froh für
ihn, dass er nach so vielen Jahren weg von zu
Hause nun mehr Zeit für seine Familie hat.
Ich freue mich auf die «neue» Musik im
Waldhaus und blicke dankbar zurück auf die
vielen schönen Momente, welche Eugen mit
seiner Musik dem Waldhaus geschenkt hat.
Claudio Dietrich, 17.12.2015
Siehe auch «Leise Saitenhiebe», S. 14
Mi presento, sono il portiere del Bel-Etage
Deutsch auf Seite 6 («Guten Tag!»)
Buongiorno, innanzitutto mi presento,
sono il portiere del Bel-Etage. Lavoro in
questa struttura da ormai due stagioni, e
sono fiero di poter partecipare al team. Mi
sembra doveroso, anche perché fino ad ora
non mi è stato possibile, ringraziare tutta la
governance della Waldhaus AG. Debbo dire,
ho trovato un’accoglienza veramente fuori
da ogni canone stilistico aziendale che io ho
potuto conoscere sino ad oggi. Già dal primo
giorno. Alla consegna del contratto di collaborazione mi è stata consegnata una cartellina gialla che conteneva una fotografia
dei direttori del Waldhaus dove era scritto
«Benvenuto Francesco»; ti fa sentire veramente qualcuno, e non il solito numero come
capita spesso nelle aziende dove è impiegato molto personale. Da qui ho potuto capire
perché molta gente delle zone limitrofe vorrebbe lavorare in questa struttura.
Molta gente, sia in Engadina che in Italia,
mi pone la classica domanda, «c’è lavoro?».
Ovviamente la mia risposta affermativa è
positiva; nonostante le crisi finanziarie
che purtroppo hanno attaccato l’intero globo, e non da meno la svalutazione dell’euro
sul franco svizzero, e quindi tutti settori
economici in difficoltà, come l’hotel possa
attrarre ancora così tanta clientela rispetto alla concorrenza, che non è poca? Si può
pensare alle strategie commerciali, alle politiche di marketing… Secondo me non è solo
questo, perché la concorrenza è al pari. La
mia risposta, la governance ha creato il vero
»Genivs loci» (Genius Loci). Lascio a Voi la
ricerca, è una parola latina che veramente
lascia esprimere ciò che si è creato negli
anni all’Hotel Waldhaus. Questo vale sia per
i clienti che per il personale, per questo che
mi permetto di dirlo.
Non posso tralasciare la governante, la signora che mi ha ingaggiato nel team dei portieri. A differenza di altre persone, io la vedo
come un leader, non come un capo o chef, e
vi spiego la sottile e sostanziale differenza
in piccoli dettagli: il leader genera entusiasmo, non fa paura; il leader dice «noi» non
«io»; il leader tende a sviluppare le persone,
non solo usarle… Accetto qualsiasi confronto
con chi afferma il contrario di ciò che dico.
Spero di non avere annoiato nessuno con
questo breve articolo, per alcuni noioso magari per altri interessante… conoscere il
punto di vista di un dipendente penso sia
sempre interessante.
Cordiali saluti a tutti e buone vacanze
per i clienti, e buon lavoro per i colleghi!
Francesco, il portiere
Francesco de Giambattista, Chiavenna
Kevin Schrämli, Suvretta House und Paula Suhner, Waldhaus (2. Platz, ex aequo),
Jennifer Sigg, Waldhaus (1. Platz) und Dino Rosano, Waldhaus (3. Platz)
Das Rennen gemacht
2012 führte das St. Moritz Gourmet
Festival erstmals einen Nachwuchswettbewerb für die KochLernenden im letzten Lehrjahr
durch (auf Romanisch hübsch
«Young Engadine Talents» genannt). Er wurde prompt vom
Waldhaus-Lernenden Claudio
Grüger gewonnen («Neuer Wein…»,
S. 9). Auch in den folgenden
Jahren stammte stets mindestens
ein(e) Ausgezeichnete(r) aus dem
Waldhausteam. Im Januar 2015
waren nun gleich alle drei
Podestplätze waldhausbesetzt
(wobei der zweite Platz doppelt
vergeben wurde).
Engadiner Post/ pd, 31. Januar 2015
Jennifer Sigg ist
Young-Talents-Siegerin
Jennifer Fabienne Sigg, Kochlehrling bei
Kurt Röösli im Waldhaus Sils, hat das Rennen gemacht. Zwölf Engadiner Kochlehrlinge
im dritten Ausbildungsjahr nahmen diesmal teil. Dabei mussten sie aus einem festgelegten Warenkorb zwei Gourmetgerichte
zaubern – nach dem Motto «Der Fantasie und
Kreativität sind keine Grenzen gesetzt». Die
Jungtalente überzeugten mit ihrem Können
die Fachjury, der neben Küchenchef Bernd
Ackermann vom Suvretta House auch Spitzenkoch Roland Jöhri sowie Martin Scherer,
Direktor des Hotels Schweizerhof St. Moritz,
angehörten. Alle zwölf Teilnehmer stellten
ihr grosses Potenzial mit viel Freude unter
Beweis und kreierten tolle Gerichte!
In diesem Jahr lagen die hervorragenden
Leistungen so nah beieinander, dass die Juroren gleich zwei Jungkochtalente auf den 2.
Rang wählten: Paula Suhner aus dem Waldhaus Sils und Kevin Schrämli aus dem Suvretta House. Dino Rosano, ebenfalls Kochlehrling im Waldhaus, kam auf den 3. Rang.
Die offizielle Siegerehrung erfolgte vor
grossem Publikum am Great BMW Gourmet
Finale, am Freitagabend, 30. Januar. Jennifer Sigg kann sich gleich über mehrere
Preise freuen, darunter ein einwöchiger
Ferienaufenthalt für Zwei im Fünf-SterneKempinski-Hotel Bahía in Marbella sowie
ein Praktikumsaufenthalt bei Spitzenkoch
Christian Geisler im «Kunsthof» in Uznach.
Waldhaus-Küchenchef Kurt Röösli wurde
für sein grosses Engagement in der Ausbildung junger Kochtalente am Finalabend mit
einer ausserordentlichen Auszeichnung geehrt. In diesem Jahr haben es gleich drei
Kochlehrlinge aus seiner Küche auf die ersten drei Ränge geschafft und bereits in allen Jahren seit der Wettbewerbsgründung
befand sich immer auch ein Waldhaus-Auszubildender unter den Platzierten.
Eine besondere Ehrung und Verdankung
wurde auch dem Suvretta-House-Küchenchef
Bernd Ackermann zuteil, der mithalf, den
«Young Engadine Talents»-Wettbewerb ins
Leben zu rufen und ihn seither mit grossem
persönlichen Einsatz geleitet hat.
Felix Dietrich textete per Mail in spontaner
Freude: «Der Jugend gehört die Welt! Wir
gratulieren ganz herzlich für diese tollen
Leistungen und freuen uns mit Euch. Ein
Dank und ein Kompliment gehört auch unsern Ausbildnern und allen, die mitgeholfen haben, dass Ihr so gute Leistungen abrufen könnt! Ein Kompliment auch allen für
den grossen Einsatz während des Gourmet
Festivals und für die vielen guten Rückmeldungen unserer Gäste und Journalistinnen
und Journalisten!» Maria & Felix Dietrich
Impressum
Redaktion: Hubert Halter
Zwischen und hinter den Zeilen:
Urs Kienberger
Druck und gute Hilfe:
Gammeter Druck, St. Moritz
2
JANUAR 2016
«Einmal Nachtgespenst»
Die meisten von uns machen
unsere Arbeit am Tag und vor aller
Augen. Der Nachtportier hingegen arbeitet weitgehend im Verborgenen, denn die meisten von
uns sind dann nicht da. Dass man
die Arbeit nicht sieht, macht sie
aber nicht kleiner. Concierge Karl
hat das in einem tapferen Selbstversuch erkundet. Er nennt seinen
Bericht «ein ehrliches Fazit».
Um 21.30 Uhr treffen wir uns an der Loge.
Wir, das sind Giuseppe und ich. Er ist gut gelaunt, kommt gerade von zu Hause aus Casacalenda und beginnt den Abend, wie die meisten Abende als Nachtportier, mit einer routinierten Kontrollrunde durch die Stockwerke.
Das ist mir bekannt und meine Müdigkeit,
die ich trotz Vorschlafens nicht beseitigen
konnte, nimmt unangenehme Ausmasse an.
Nachdem der Chefconcierge in den Feierabend verabschiedet und die letzte Anreise
gemacht ist und alle Gäste ins Bett gegangen sind, beginnt die Arbeit, von der ich
berichten will:
Der Sommerball steht ins Haus und in der
Halle müssen Teppiche weggeräumt werden;
Susi ist begeistert! Mit monotonem Summen und heftigem Geklapper, das dem Getriebeschaden meines ersten Autos gleicht,
nimmt sie Nüssli, Steinchen und allerlei Unrat auf und verwahrt diese in ihrem orangenen Bauch. Susi, unser treuer Staubsau-
ger, wird diese Nacht noch viel zu tun haben.
Einmal sauber, werden die Teppiche aufgerollt und aufgrund mangelnder Helferhände an der Hallenwand deponiert. Die Sessel
aus der Halle sind im Sunny Corner versorgt
– es kann endlich geputzt werden. Meine Begeisterung hält sich weiterhin in Grenzen;
die vier getrunkenen Kaffees müssen koffeinfrei gewesen sein, es ist Mitternacht und
ein Bett scheint verlockender als die anstehende Arbeit. Die Umstellung von Tag- auf
Nachtarbeit habe ich mir einfacher vorgestellt. Giuseppe schnappt sich einen Staubsauger ohne Namen. Ich nehme Susi und entschwinde in die Bibliothek. «Hach, ein übersichtlicher Raum. Der ist schnell gemacht»,
denke ich und beginne mit meinem Tag
Nachtwerk. Die eingestellten Möbel machen
ein rasches Vorankommen fast unmöglich. Da
ich mir vorgenommen habe, zu putzen, als
erwarte ich ein Rendezvous oder – schlimmer – die Schwiegermutter, räume ich die
Einrichtung brav zur Seite und freue mich
über die Falter- und Fliegenleichen, welche
lautlos im Sauger verschwinden.
Es ist 0.25 Uhr und das Felsenzimmer erwartet meinen Besuch. Ich denke wieder an
die Schwiegermutter und bewege Stuhl für
Stuhl, Tisch für Tisch, um nichts auszulassen. 0.40 Uhr, das Felsenzimmer darf den
Besuch der Anverwandten erwarten. Das
Fumoir riecht, als ob Churchill (der Politiker) gerade eine Churchill (-Zigarre) ausgemacht habe. Die Sessel stehen, wie sie
stehen sollen, noch. Die gewaltigen Sitzgelegenheiten finden unter erheblichem Auf-
wand einen anderen Platz und geben den
Blick auf etwas Asche frei, die meine treue
Begleiterin in sich aufnimmt. Mittlerweile
geht mir die imaginäre Schwiegermutter
ziemlich auf die Nerven und ich muss mich
ermahnen, meine Vorsätze einzuhalten.
Die Uhr schlägt 01.00 Uhr, als sich die
Glastür hinter mir schliesst und ich mich
frage, warum die lieben Kollegen von der
Bar die Möbel so schön hinstellen, wenn
das Nachtgespenst sie doch wieder umstellen muss… Giuseppe ist nicht zu sehen, sein namenloser Staubsauger aber zu
hören. Sie sind in der Halle und bahnen
sich den Weg durch die übriggebliebenen
Sitzgruppen, ich stosse dazu. Sessel werden verschoben und Tische gerückt: Kein
Nüsschen, kein Stäubchen soll sein Dasein
weiterhin in der Halle fristen dürfen. Und
das ist gar nicht mal so einfach. Die Sessel
sind erfahrungsgemäss nicht handlich und
auch nicht leicht.
Die mittlerweile verhasste, erfundene
Schwiegermutter kommt mir in den Sinn und
ich wuchte die Rastmöglichkeiten von ihrem
angestammten Standort auf freie Flächen.
Nachdem sie wieder auf gewohntem Platz
stehen, geht es den Fauteuils an das Innenleben – Susi lebt auf und scheint in Hochform: Als würden die Lottozahlen aus der
gläsernen Trommel gezogen, klackert, kracht
und schnorchelt es durch den Schlauch. Ganz
klar: Hier muss etwas passieren. Manche Gäste scheinen Erdnüsse wie Eichhörnchen zu
horten, für magere Zeiten, in den Spalten
und Ritzen der üppigen Bestuhlung.
Auch wenn ich Susi den Spass nicht verderben will – das geht so nicht. Jedes Polster anzuheben und Kissen abzusaugen, ist
zwar nicht bequem, kann aber auch lukrativ sein! Die von mir gefundene 5-RappenMünze kann von Donnerstag bis Mittwoch an
der Loge besichtigt werden (Gruppen bitte
ich um vorherige Anmeldung).
Während ich mich um die Sessel und Sofas
gekümmert und der Schwiegermutter eine
Wurzelbehandlung an den Hals gewünscht
habe, hat sich Giuseppe durch Salon bleu
und Bar gearbeitet. Die weiteren Kontrollgänge stehen an und der Nachtportier entschwindet für einige Zeit, aber ich bin ja
da, er kann noch schnell die Waschmaschinen anstellen.
Es ist 03.00 Uhr, die Reinigungsarbeiten
sind mit erfreulichem Ergebnis beendet
worden und meine Müdigkeit ist verschwunden, die Schwiegermutter kann kommen.
Karl Ludwig Stolz – der Berliner ohne Grossstadtallüren – kam im Sommer 2004 erstmals als Praktikant ins Waldhaus. Seit fünf
Jahren ist er der Stellvertreter an der Seite von Chefconcierge Arnold Giamara. Beide tragen sie die prestigeträchtigen «Clés
d’Or» am Revers.
Nachtportier Giuseppe Giammaria, im Waldhaus seit Dezember 2014, stammt aus der
Region Molise am Übergang zwischen Mittelund Süditalien. Giamara – Giammaria: fast
könnte man die beiden verwechseln. Aber
nur, wenn man sie nicht kennt!
Mon séjour à Bex pour apprendre le français
Saalkellner Alessandro Buciol
aus dem Friaul ist auch in seiner
Freizeit immer für eine Überraschung gut. In den letztjährigen
«News» erzählte er vom Swiss
Irontrail (in 39 Std. von Samedan
nach Davos… via Muottas Muragl,
Fuorcla Surlej, Septimer, Savognin,
Lenzerheide und Arosa). Und jetzt
berichtet er uns, gleich schon
auf Französisch, von einem recht
ungewöhnlichen Sprachaufenthalt
im Waadtland.
Tout a commencé pendant un beau matin
de l’hiver passé dans les sentiers de Sils
Maria. Avec moi il y avait Hanna et Flurina.
Nous avions organisé une sortie avec les
raquettes à neige. Soudain Hanna m’a dit :
« Et-ce que tu connais ce qu’ils font dans les
WWOOF ? » ma réponse : « Quoi, Hanna….
WWOFF… sont-ils des chiens ? » et Hanna :
« Non, non, il s’agit d’une Association de
« Farms » où une personne est hébergée
en échange de bénévolat pour 25 heures
chaque semaine et … on apprend vraiment
beaucoup… croyez-moi ! »
Je ne suis pas resté indifférent … J’ai remercié Hanna et j’ai pensé de donner suite
à cette chose. Dans une semaine j’ai reçu le
dossier du « WWOOF » (acronyme de World
Wide Opportunities on Organic Farms) avec
toutes les « farms » qui se trouvent en Suisse. Je choisis la « Cave des Cimes », une
petite « Farm BIO » avec 4 hectares de superficie dans le Canton de Vaud. Elle se
trouve à Bex, sur la colline de Chiètre, au
centre d’un cirque de montagnes. Bex béné-
ficie d’un climat méditerranéen et ses vignobles, en plein sud face, produisent principalement Chasselas, Gamay et Pinot noir.
Ce village exporte ses vins et son sel depuis des siècles. On peut aussi visiter les
mines de sel. Le jardin botanique alpin de
Thomasia aux pieds du Grand Muveran est
un endroit idéal pour la marche.
Je conseille aux lecteurs de cet article de
visiter cette zone, qui se trouve près du Lac
Leman avec la possibilité d’arriver à Lausanne et à Genève en peu de temps. Et voir…
beaucoup de petits villages avec leur château bien conservé.
Je suis arrivé à Bex le mardi 21 avril
et après avoir laissé mes valises dans la
chambre je suis allé tout de suite en cuisine pour préparer le dîner avec les autres
volontaires.
Mon travail a commencé le jour après….
Préparer les terrains pour l’ensemencement, décharger les composés pour les
jardins.. tout selon les phases de la lune.
Les semaines à venir avec la faux à la
main pour couper l’herbe autour des vignobles, de la ciboulette, de la mélisse et surtout des fraises sauvages, qui sont vraiment
très, très bonnes….
Jour après jour, nous arrivons à la moitié de mai juste pour semer le poireau et la
salade… ensuite les tomates, les choux, la
moutarde, les choux de Bruxelles, la citrouille et la camomille… La plantation est vraiment plus facile que de se lever tôt le matin à faire la guerre avec les escargots, qui
mangent les légumes. Arroser souvent tout
et, heureusement, quelque fois, il pleuvait.
Être volontaire dans le « WWOOF » ne
veut pas dire seulement travailler. On rencontre beaucoup de personnes de toutes
les couleurs et avec elles on partage la
vie quotidienne. On cuisine et on mange
ensemble et donc il y a la possibilité de
parler et d’écouter plusieurs langages. En
bref, il s’agit d’une expérience merveilleuse. Je connais maintenant les valeurs des
produits et, surtout, je ne tuerais plus les
araignées…
Hanna merci, merci, merci.. sans toi je
n’aurais jamais fait cette grande expérience!
Alessandro Buciol
Alessandro Buciol stammt aus dem Friaul,
mit Schweizer Wurzeln auf der Seite seiner Mutter. Er arbeitet seit dem Winter
2013/14 bei uns. Hanna Schlotterbeck, die
Kollegin, die ihn zu dem Abenteuer in der
Westschweiz motivierte (und selber letztes
Jahr von ihren 2500 km zu Fuss von Homberg/ Bern bis Santiago de Compostela berichtete), war drei Saisons lang die rechte
Hand von Chef-Pâtissier Renato. Jetzt ist sie
in Kolumbien.
JANUAR 2016
3
Einmaliges entsteht –
ein Klassik-Jubiläum einmal anders
30 Jahre SINFONIA ENGIADINA!
(Die schönen Jahresend-Konzerte
in Zuoz, Pontresina, Sils und
Celerina). Das Sinfonieorchester Engadin feierte mit einem
Openair-Kammermusikkonzert
am 19. Juli 2015 auf Clavadatsch
bei Sils – das Waldhaus machte
es möglich! Die teilweise weither angereisten Musiker konnten
sich während mehreren Tagen im
Waldhaus auf das ausserordentliche und unvergessliche Konzert
vorbereiten.
Wo sonst gibt es einen vergleichbaren
Ort der Gastfreundschaft, des Wohlwollens
und der Wertschätzung? Nur an einem solchen Ort kann Einmaliges entstehen! Durch
die Verbundenheit und Begeisterung der
Waldhaus-Direktionsfamilie und insbesondere durch die Grosszügigkeit von Felix
Dietrich, dem langjährigen Präsidenten von
SINFONIA ENGIADINA, wurde das schier Unmögliche möglich gemacht. Mit dem ganzen
Team des Waldhaus hat er den Boden geebnet für unser Konzert zum 30-Jahr-Jubiläum
der SINFONIA ENGIADINA. Wie können intensive Musikproben durchgeführt werden ohne
Belästigung der Hotelgäste? Oder was, wenn
das Wetter nicht mitspielt? «Dann findet das
Konzert einfach bei uns in der Halle statt»,
so die lakonische Antwort von Felix Dietrich.
Dass dieses «einfach» alles andere als einfach gewesen wäre, hat er auf sich genommen. Denn, wie kann ein Konzert im Waldhaus stattfinden, ohne den Hotelbetrieb an
einem Sonntag Vormittag allzu stark zu stören? Diese Sorge haben die Organisatoren
und Musiker aber nie zu spüren bekommen.
Zum Glück war uns das Wetter hold – so
mussten wir das Waldhaus im Ablauf nicht
übermässig strapazieren.
Während fünf Tagen durften wir im schönen Waldhaus leben und die Werke für das
Openair-Konzert proben. «Wir» sind dreizehn Musiker der SINFONIA ENGIADINA:
Willem Blokbergen und Cornelia MesserliOtt (Violine), Marie-Luise Hermann und Marlène Züsli-Spahr (Viola), Pi-Chin Chien und
Gyula Petendi (Violoncello), Sylvie Dambrine (Flöte), Francesco Quaranta (Oboe), Xaver
Fässler (Klarinette), Andreas Gerber (Fagott) sowie Christiaan Moolenaars, Peter
Bromig und Ulrich Grau (Horntrio). Raphaël
Vergères (Logistik) und Elisabeth MelcherArquint (Organisation) schufen den organi-
satorischen Boden mit der nötigen Flexibilität und Wachsamkeit.
Was am Schluss mit viel Genuss konsumiert werden darf, muss gut bedacht und
geplant sein. Nach mehreren Monaten der
«trockenen» Vorbereitung ist die Zeit endlich da: Ankunft der ersten Musiker am Mittwoch 15. Juli und durchgehende Proben bis
zum Konzerttag. Vieles muss noch vorbereitet sein, damit rechtzeitig alles bereit
steht: Sitzungen des Organisationskomitees,
eine Besprechung auf der Bank, Stellprobe
am Konzertort Clavadatsch: wie ist der Sonneneinfall, gibt es genügend Schatten, wo
kann gekocht werden, wer bringt die Sitzbänke hoch, wer hat Wäscheklammern, damit die Musiknoten im Wind nicht wegfliegen etc. etc.
Für uns als Organisatoren gibt’s dann
noch einige Hektik: Einladung der Sponsoren, Terminabklärungen, noch schnell
das Dirigentenpodest für die Winterkonzerte zur Reparatur bringen… und endlich
alles im Kofferraum bereit und Ankunft vor
dem Waldhaus – bei strömendem Regen! Da
bleib ich lieber sitzen und warte mal ab,
denke ich. Schon kommt der nette Portier
mit einem riesigen Schirm, mit dem er mich
trocken ins Foyer begleitet. Er allerdings
ist ziemlich nass geworden, lässt sich aber
nichts anmerken. Ich war schon oft hier,
aber (leider) noch nie als Hotelgast. Das
muss ein besonderer Ort sein, das war mir
nach diesem Schirm-Empfang sofort klar.
Die folgenden Tage haben es bestätigt: das
Waldhaus IST ein besonderer Ort. Es gibt
kein Problem, das nicht in liebevoller Weise von allen Beteiligten gelöst worden wäre.
Hier gibt es keine Probleme, nur Herausforderungen, die gerne angenommen werden.
Und dann, endlich ist der Konzerttag da.
Und mit ihm die so sehnlichst erhoffte Sonne. Was für ein Tag, was für ein Glück! Der
gemeinsame Spaziergang mit den Konzertgästen vom Waldhaus zum Konzertplatz auf
Clavadatsch: Kinder, Hunde, Wanderer, Musikliebhaber, und zwischendurch die Musiker mit ihren Instrumenten, alle in erwartungsvoller Vorfreude.
Und kein Anwesender wurde enttäuscht:
für die rund 200 Konzertgäste war das Konzert ein unvergessliches Erlebnis. Eine Symbiose von Natur und Musik in einer einmaligen Alpenarena, wo auch der Vogel auf
dem Baum seinem Ärger über die akustische
«Störung» freien Lauf lassen durfte. Auch
Wolfgang Amadeus Mozart, Samuel Barber
und Piotr Tschaikowsky hätten helle Freude
gehabt am genussvollen Konzert der Musiker
der SINFONIA ENGIADINA.
Abgerundet wurde das Gesamterlebnis
durch den rustikalen Lunch mit hervorragender Polenta mit Engadiner Würsten und
Käse, auf dem Feuer zubereitet von Hubi und
liebevoll serviert von einem «Waldhaus»Team. Herrlich, herzlichen Dank!
Wir danken den Gastgeberfamilien Dietrich und Kienberger und dem ganzen Waldhaus-Team sehr herzlich. Wir haben uns unglaublich wohl gefühlt bei Euch.
Was uns persönlich in Erinnerung bleibt,
im Rückblick auf die Zeit im Waldhaus?
Zum Glück gibt es noch Orte, wo Gastfreundschaft gelebt wird, wo jeder Gast
täglich Wertschätzung erfahren darf. Ein
Ort, wo «Wertschätzung» eben vor «Wertschöpfung» steht. Ob dies das Geheimnis des
Waldhaus ist? Davon sind wir überzeugt. Und
wir freuen uns schon heute sehr auf unseren
nächsten Besuch in diesem schönen Haus der
Gastfreundschaft.
Elisabeth Melcher-Arquint, Geschäftsführung/Organisation SINFONIA ENGIADINA
Raphaël Vergères, Orchesterwart
Academy of Hotel Excellence
Bad Ragaz, 20. November 2015:
Diplomfeier für das Diploma of
Advanced Studies DAS der Academy
of Hotel Excellence. Vorne und
mitten drin Melinda Pinto.
Die Academy of Hotel Excellence ist ein
Joint Venture der Grand Resort Bad Ragaz AG
und der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur zur berufsbegleitenden
Weiterbildung in Management & Leadership
in der (Fünfstern-) Hotellerie und im Tou-
rismus. Auch das Waldhaus ist aktiv dabei,
kompetent vertreten durch Sissi Röösli im
Beirat der Academy.
Der einjährige Lehrgang DAS (bzw. CAS,
Certificate of Advanced Studies, für Absolventen ohne Diplomarbeit) wurde jetzt zum
vierten Mal durchgeführt. Zu ihrer und unserer Freude mitten drin: Melinda Pinto,
unser Stv. Chef de Réception. Die St. Moritzerin ist Diplomandin der Gastgewerblichen
Fachschule Graubünden in Passugg und kam
2012 zum Waldhaus-Team.
Stiftung Kultur im Waldhaus Sils
Umsetzung eines lange gehegten Plans
Für das, was es nicht braucht.
In einem Wort: fürs Wichtigste
Wenn unser Waldhaus über die Jahre
zu einem eigentlichen kulturellen Leuchtturm geworden ist, zu einer Bühne und
einem Ausgangspunkt für ein kulturelles
Engagement, das in den ganzen Kanton
und über dessen Grenzen ausstrahlt, dann
eben gerade nicht, weil wir Kultur strikt
und eng definiert und unser Engagement
nur auf das ausgerichtet hätten, was mit
dem Waldhaus zu tun hat und dem Waldhaus nützt. Jetzt erst recht nicht, der Zeit
zum Trotz!
Liebe Gäste und Freunde,
die wir in den vergangenen Jahrzehnten mit unsern Projekten und Programmen erfreuen und begeistern durften: Ist nicht gerade in der heutigen, so
unsteten Zeit eine Investition in die Entwicklung und Förderung der Kultur und
die Förderung von denen, die sie schaffen, den Jungen zumal, ein sinnvoller Einsatz von «überzähligen» Mitteln? Kultur
bewegt und kann vielen Menschen einen
Mehrwert bringen! Spenden an unsere
steuerbefreite Stiftung, seien sie klein
oder gross, sollen nicht das Waldhaus an
sich erhalten, wohl aber mit der gepflegten Kultur das Waldhaus auch weiter beleben können.
Felix Dietrich, Stiftungspräsident
Sils Maria, den 17. Dezember 2015
Stiftung Kultur im Waldhaus Sils
Via da Fex 3, 7514 Sils/Segl Maria
Der Stiftungsrat
Claudia Carigiet
Felix Dietrich, Präsident
Arthur Godel
Urs Kienberger
Machen Sie mit?
Der Stiftungsrat und die Stifter der
ersten Stunde (zu denen auch Jürg Kienberger und Georg Kienberger gehören)
stehen Ihnen gerne Red und Antwort!
Stiftung Kultur im Waldhaus Sils
IBAN-Nr. CH77 0077 4010 3142 9590 0
Graubündner Kantonalbank, 7002 Chur
Fahnenwechsel
Das Waldhaus am 1. April unter Österreicher Flagge und bei der Hochzeit von Claudio und
Cornelia am 13. Juni!
4
JANUAR 2016
Nichtraucherreise – London
Fortführung einer langen
Tradition.
Am Anfang unserer Lehre haben die Familien Dietrich und Kienberger uns ein Versprechen gegeben: Wenn wir während der
ganzen Lehre nicht rauchen oder im ersten
Lehrjahr damit aufhören, werden wir zu
einer Reise in eine Stadt in Europa eingeladen. Diesen Frühling war es nun für acht
ehemalige Lernende so weit. Wir wurden auf
eine Dreitagesreise nach London eingeladen
mit Cornelia Ryser und Claudio Dietrich als
Begleitpersonen.
Am ersten Tag galt es zuerst einmal diese eindrückliche Stadt etwas zu erkundigen
und das bei sonnigem Wetter! Ein Besuch im
Harrods war dabei ein fester Bestandteil –
für alle sehr eindrücklich, aber ganz speziell für unsere drei Köche. Danach ging es
weiter zu Covent Garden. Nach diesen ersten
Eindrücken von London war es schon Zeit
für das erste Pub. Da Herr Dietrich früher
einmal in London lebte, konnten wir uns auf
Insidertipps verlassen und wir wurden nicht
enttäuscht. Am Abend gab es noch ein Treffen mit einem ehemaligen Waldhausmitarbeiter, und wir liessen den Abend bei einem
typischen englischen Abendessen ausklingen und gingen alle müde zurück ins Hotel.
Der nächste Tag stand auch wieder ganz
im Zeichen der Sonne. Unsere Sightseeingtour begann vor dem Big Ben und Westminster, danach weiter zum London Eye
in London sehr viele Märkte gibt, war es unser Wunsch, einen solchen zu besuchen. Der
Spitalfield Market war genau das Richtige.
Zum Abschluss ging es noch Richtung China
Town, wo wir das letzte gemeinsame Mittagessen mit den verschiedensten Dim Sum
genossen. Die drei Tage waren voller Erlebnisse, aber auch schon fast zu Ende. In Zürich
wieder angekommen, verabschiedeten wir
uns und auf ein Wiedersehen im Waldhaus!
An dieser Stelle möchten wir uns noch
einmal ganz herzlich bei den Familien
Dietrich und Kienberger für diese einmalige Reise bedanken. Es hat uns ehemalige
Lernende in einer Form wieder zusammengebracht, die anders wahrscheinlich nicht
möglich gewesen wäre! Wir schätzen diese
Wertschätzung sehr!
und dann der Themse entlang weiter. Gerade rechtzeitig für das Mittagessen waren wir beim Borough Market und hatten
die Qual der Wahl bei dieser wunderbaren
Auswahl. Danach ging es über die Millennium Bridge weiter, im Auge bereits die imposante St. Paul’s Cathedral. Damit war das
Gruppenprogramm vorerst beendet und wir
hatten Zeit, die Stadt und die Läden auf eigene Faust kennenzulernen.
Nächster Treffpunkt war im Hotel – elegant gekleidet, denn wir gehen eher nobel
essen, hiess es bei der Einladung. Als uns
dann Herr Dietrich verriet, dass wir nun ins
NOBU beim Hyde Park gehen, waren wir alle
begeistert und freuten uns umso mehr auf
den bevorstehenden Abend. Dank den guten
Asienkenntnissen von Herrn Dietrich waren
wir auch da wieder in guten Händen. Von
Black Cod in Miso über Sake (Reiswein) und
noch vieles mehr haben wir an diesem Abend
serviert bekommen. Danach ging es typisch
British weiter in ein Pub und dann für die
einen weiter ins Nachtleben von London.
Am nächsten Morgen waren aber doch alle
fit und munter und bereit für die Stadt. Da es
Sandra Rapold aus Winterthur wurde im
Waldhaus 2010–2013 zur dipl. Kauffrau und
braucht nun das Gelernte und mehr im Palace
in St. Moritz. Claudio und Cornelias Einladung nach London folgten ausserdem – nach
einem Abschluss mit Erfolg, aber ohne Schall
und Rauch – die St. Galler Thomas Fuster
aus Ernetschwil und Michael Haas aus Rorschacherberg und der Berner Jan Sutter aus
Schüpfen (Küche; Abschluss 2014) sowie als
Hotelfachfrau Yvonne Lüthi aus Hausen/Aargau, Melanie Braun aus Waldkirch/St. Gallen,
Yasmin Brazerol aus Rhäzüns/Graubünden
(alle mit Abschluss 2013) und Martina Reist
aus Filzbach/Glarus (2012).
Traumhafte Geschichte
Maria und Felix Dietrich auf Familienbesuch in Fribourg an der Sarine bei Frédéric
und Sandra Palli-Dietrich mit ihren Kindern
Gion-Mattia und Flavia, die eben ein neues
Zuhause am Schoenberg bezogen haben. Sie
sind immer auf der Suche nach Ideen, was sie
mit ihren Enkeln unternehmen könnten, wenn
sie mal etwas grösser sind, und erinnerten
sich an die Erzählungen ihrer Stammgäste
aus Fribourg, die ihnen von einer grossen Passion erzählten, die wir Ihnen nicht
vorenthalten wollen:
«Der Kaeserberg, ein Kindertraum, den
sich Marc Antiglio in seinem dritten Lebensabschnitt mit Phantasie, Willen und Geduld
erfüllen konnte.
Um die erträumte Modellbahnwelt zu realisieren, hat sich Marc Antiglio von Anfang
an die Unterstützung und das Können von
Jacques Cherbuin gesichert. Zusammen und
mit einem Team talentierter Spezialisten
konnte die Anlage gebaut, die Technik installiert und alles zuverlässig zum Laufen
gebracht werden.
Nach 17 Jahren sorgfältiger Arbeit wurde
der Traum der Chemins de fer du Kaeserberg
wahr, das Ziel erreicht.»
Der Bubentraum unseres Freiburger
Gastes wurde in diesem neu und spannend
gestalteten Modell-Eisenbahn-Museum anschaulich verwirklicht und erfüllt. Mehrere Mitglieder unserer Familie haben dieses
Museum besucht und sind begeistert. Marc
Antiglio lässt seine Besucher auch «hinter
die Kulissen» schauen und zeigt ihnen die
verschiedenen Schritte, die es zur Entstehung dieses Museums brauchte. Seit diesem
Sommer präsentiert sich die Anlage nunmehr
auch in der «Nacht»: «Es ist elf Uhr und
Freitag in den 90er-Jahren: Anfang Herbst,
leicht bewölkt. Die Sonne scheint … Plötzlich
fällt die Nacht über die Anlage – und damit
über die imaginäre Schweiz am Kaeserberg.
Die ganze Anlage hat kein Vorbild. Dennoch sind Landschaft und Eisenbahnbetrieb bis ins letzte Detail studiert und der
Schweizer Wirklichkeit nachempfunden. Die
Nacht zeigt eine neue magische Dimension. Das Detail der Landschaft weicht einem
Relief aus Licht und Schatten. Ganz andere
Geschichten werden wach.»
Ein grosses Kompliment an Marc Antiglio
und sein Team am Kaeserberg! – Wir kommen wieder und nächstes Mal bringen wir
natürlich auch unsere Kinder und Enkel mit.
Maria und Felix Dietrich
Das Waldhaussilvester ist immer auch
ein Affentheater
Jedes Jahr in den letzten Tagen der Sommersaison trifft sich eine kleine Gruppe im
Waldhaus, um den Silvesterball zu planen.
Neben der Waldhauscrew mit der Familie
Dietrich, dem Haustechniker Guido Schmidt
und Anna Rosano, der Floristin, ist auch Peter Affentranger mit seiner Theaterwerkstatt
«Affentheater» aus Winterthur mit im Team.
Das Thema wird festgelegt, Dekoideen
werden gesammelt und besprochen und die
diversen Arbeiten aufgeteilt, damit aus dem
Waldhaus ein Palast aus 1001 Nacht, eine
Winterlandschaft, ein Ozeandampfer oder
ein Zirkuszelt wird.
In der Zwischensaison wird in der Waldhausschreinerei gezimmert und auch in der
Theaterwerkstatt in Winterthur wird konstruiert, geschweisst, gesägt und gemalt.
Pünktlich am 30. Dezember wird der Affentheaterbus mit grossen Kisten voller Scheinwerfer und den ganzen Dekorationselementen
beladen, und auf geht’s ins Engadin.
Im Sunny Corner entsteht ein grosses Lager, auf einmal stehen da Kamele, Palmen,
Schiffskamine oder Schneemänner. Mitten
in der Nacht vom 30. Dezember, wenn alle
Gäste selig schlafen, werden die grosse Halle, die Bar und der Blaue Salon umgebaut.
Viele fleissige Hände werken bis in die
frühen Morgenstunden, um das Waldhaus für
eine Nacht zu verwandeln. Während drinnen
in der warmen Hotelhalle gearbeitet wird,
stapfen die «Feuerwerker» im Schnee ums
Waldhaus und installieren das Neujahrsfeuerwerk. Und so können die Waldhausgäste
im Traum von 1001 Nacht, in einem Zirkuszelt oder an Bord der MS Amalie ins neue
Jahr rutschen.
Doch kaum liegt der letzte Gast in seinem Bett, trifft sich das Dekoteam wieder
in der grossen Halle. Es wird demontiert,
eingepackt, aufgeräumt, geputzt und alles
wieder in den Bus geladen. Wenn die ersten
Frühstücksgäste eintreffen, erinnert nichts
mehr an das rauschende Fest. Müde, aber
zufrieden reist das Affentheater wieder ab
und auf der Heimfahrt flackern schon neue
Ideen für künftige Silvesterbälle auf.
Text: Natalie Péclard
Fotos: Jennifer Sigg
Jenny Sigg (siehe auch Seite 1) ist die Tochter von Natalie Péclard!
Von «Scheherazade» (2012) bis «Circus»
(2015): Die Silvesternächte im Waldhaus haben sehr an Fahrt gewonnen, seit die fünfte
Waldausgeneration am Werk ist. Entscheidend dazu beigetragen hat neben Natalie Péclard (ausgebildete Couturière und
Industrie-Schnitttechnikerin mit einem eigenen Kostümatelier für Theater- und Zirkusproduktionen in Winterthur) vor allem
auch der nie um Ideen und Lösungen verlegene Theatertechniker Peter Affentranger
vom www.affentheater.ch. Seit bald zwanzig Jahren ist er fast immer dabei, wenn’s
im Waldhaus drunter und drüber geht (zum
Beispiel auch beim grossen Marthaler-Jubiläumstheater von 2008 und unserem ersten
Jubiläumstheater von 1998).
JANUAR 2016
5
Der Dank der Havanna-Raucher
Na 35 jaar weer terug in Hotel Waldhaus
Im Oktober dieses Jahres durfte ich wieder mal ein paar Ferientage im Waldhaus
verbringen. Nach den Abendessen habe ich
mich auf eine gemütliche Zeit im Fumoir
gefreut. Ich bin gut vorbereitet gekommen
und habe angedenks dieser Stunden einige
Havannas im Reisegebäck mitgebracht. Später entdeckte ich, dass ich diese auch im
Waldhaus hätte besorgen können.
Wie gesagt, sind meine Frau und ich
abends ins Fumoir gezügelt und erlebten bei
Wein, Bier und guter Background-Jazzmusik
die gemütliche Atmosphäre in den Lederclubsessel. Schade, für den Kamin waren wir
ein bisschen zu früh. Mit anderen Waldhausgästen hielten wir dort unser Tabakskollegium ab! Die Investition für dieses Fumoir
war sicher «ein bisschen kostspielig», aber
es muss sich gelohnt haben. Ich finde es
eine tolle Sache, dass überhaupt ein Platz
für diesen Raucherraum gefunden wurde.
Die grosse Fensterfront mit der gesprengten Felswand macht den speziellen Reiz aus.
Es wunderte mich, wie die ganze Situation entstanden ist und ich habe Patrick
darauf hin angesprochen. Er schilderte mir die Entstehungsgeschichte. In der
Deutsch zusammengefasst auf S. 17
ersten Zwischensaison wurde der Felsen
neben dem Hotel gesprengt bis in den Keller
runter. Auch musste jetzt zwischen Hotelgebäude und Felswand im Minimum ein Meter
Abstand eingehalten werden zwecks Feuergesetz und Begehung. Die seitliche Mauer
des Hotelgebäudes wurde neu aufgebaut
und auch versiegelt wegen Grundwasser.
In der zweiten Zwischensaison drehte
man das bestehende Stübli hinter der Bar
um 90 Grad, die Wände wurden wieder mit
dem Originalholz in den Originalzustand
zurück versetzt und ausgekleidet.
Eigentlich eine unglaubliche und aufwendige Geschichte, den geeigneten Platz
in diesem über hundert Jahre alten Komplex
zu finden. Aber man kann die Rauchergäste,
die an einen gewissen Standard gewöhnt
sind, nicht einfach in den Keller, den Estrich oder sonstige Abstellräume schicken.
Im Namen der Havanna-Raucher danke
ich dem Hotel Waldhaus, dass auch an unsere Bedürfnisse gedacht worden ist und
freue mich auf das nächste Mal im Fumoir
im Waldhaus in Sils Maria.
Freundlicher Gruss, Rinaldo Croci
Der Nachportier von einst, der heute noch gerne mit dem Feuer spielt.
(Siehe auch «Grossvater Rinaldo», S. 15)
Alpiner Tourismus zwischen
Dichtestress und Entschleunigung
«Dichtestress» und «Siedlungsdruck» sind
Unworte des Jahres. Anscheinend leiden immer mehr Menschen in den Ballungsräumen unter der Hektik, dem Lärm und – Folge unserer
Smartphones – unter so genannter digitaler
Übersättigung. Durchaus sinnbildlich bewegen
sich dann viele dieser Menschen abgeschottet von der Aussenwelt in zigfach mit Airbags
ausgerüsteten und zu eigentlichen Festungen
gewordenen Autos von Stau zu Stau.
Und dann sind manche dieser Leute bei
uns in den Alpen, es sind unsere Gäste. Mit
Helmen, Rückenpanzern, Airbags und – kein
Scherz – Zahnschutz wett- bzw. ausgerüstet
versuchen sie den Skitag heil zu überstehen
… . So übertrieben sie erscheint, sollte uns
doch diese Entwicklung zu denken geben. Haben wir nicht alle bereits von Leuten gehört,
die das Skifahren aus Gründen der Sicherheit
aufgegeben haben? Es ist an der Zeit, wieder
vermehrt auf Gemütlichkeit, Genuss und auf
Entschleunigung zu setzen. Schon heute besteht eine enorme Sehnsucht nach Ruhe und
Entspannung für Geist, Auge und Ohr. Und
diese Sehnsucht wächst. Befriedigt wird sie
oft beim Schneeschuhlaufen, beim Winterwandern oder auch beim Skitourenfahren. Ohne
Liftlärm und Mastenwald, ohne laute Dauerbeschallung aus Schneebars, ohne PommesGeschmack in der Luft und ohne Pistenkreuzungen. Der Winter an und für sich fasziniert
wieder und bewegt viele Gäste in die Berge.
Fast wie zu den Zeiten, als der Wintertourismus hier in der Schweiz erfunden wurde.
Was heisst das nun? Haben wir alles falsch gemacht? Nein, aber nötig ist eine gute Balance
zu finden zwischen top attraktiven, gut und
bequem erschlossenen Pisten für den klassischen und sportlichen Alpinskifahrer und
den heterogenen Bedürfnissen einer wachsenden Anzahl von Wintergästen, die anderen
Disziplinen und Betätigungen den Vorzug geben. Schön, haben wir in Regionen wie dem
Engadin das Privileg, den verschiedensten Bedürfnissen gerecht werden zu können.
Urs Pfenninger, Tourismusdirektor
Adelboden-Frutigen / ehemaliger
Waldhauspraktikant, Stammgast und
grosser Engadin-Fan
Mijn naam is Elsö van den Bovenkamp en
ik woon in Leeuwarden, in het noorden van
Nederland. Ik ben nu 52 jaar oud. Toen ik
17 jaar oud was heb ik in Hotel Waldhaus
een zomerseizoen en met Kerst en de jaarwisseling gewerkt als kelderpraktikant.
Na enkele vakanties in Sils Maria wilde
ik wel graag vakantiewerk gaan doen in het
gezonde klimaat van Engadin. Na mijn eindexamen van de middelbare school had ik hier
ook tijd genoeg voor.
Herr Hein van der Rijst werkte al jaren in
Hotel Waldhaus als chef van de receptie. En
was betrokken bij het aannemen van nieuw
personeel. Hij was ook mijn oom en aan hem
heb ik gevraagd of ik de zomer van 1980
misschien kan komen werken in het hotel.
En zo kreeg ik de mogelijkheid om als Kelner Praktikant in de leer te mogen in Hotel
Waldhaus in Sils Maria. Herr Urs Kienberger, Herr Felix Dietrich en zijn vrouw Maria Dietrich-Kienberger waren destijds de
leidinggevenden.
In juni 1980 ben ik aangekomen in Sils net
voor het begin van het seizoen. Voordat de
gasten kwamen kon ik het hotel, de keuken
en de ruimtes waar ik moest gaan bedienen
al leren kennen.
Allereerst moest ik met enkele collega’s
schoonmaken, zoals het zilveren bestek en
glazen poetsen. De glazen laten glimmen dat
was oa. te taak van de kelners.
Ik heb eerst gewerkt in de eetzaal en daar
de basis van de bediening geleerd. Hier was
mijn chef oberkelner Roberto Schilirò een
hele geschikte en vriendelijk man. In de zaal
werd het ontbijt en het diner geserveerd. Na
een paar weken in de zaal te hebben gewerkt
ben ik in de Arvenstube gaan bedienen met
collega Aldevaro. Hier heb ik de kneepjes
van het vak geleerd. Zoals oa. het serveren
van heerlijke vleesgerechten, verse forel,
zalm, het flamberen van Crêpes Suzette met
Grand Marnier. En het sinaasappel schillen
met mes en vork! Welke gewone burger doet
zoiets. Maar in Waldhaus werd het zo bij de
gasten gedaan.
In de Arvenstube werd a la Carte geserveerd wat voor mij ook een heel leerzame
ervaring was. Al die gevarieerde gerechten.
Net als het serveren van de vele soorten hele
goede wijn. Deze werden uit de wijnkelder
van het het hotel gehaald. In de wijnkelder
heb ik of en toe eens een kijkje mogen nemen met Herr Felix Dietrich.
En nog steeds vind ik het leuk werk om
lekkere gerechten te maken en mooi op te
dienen, ook gewoon thuis voor familie en
vrienden.
Met de leden van muziek trio Farkas en
barman Udo heb ik vele uren doorgebracht,
omdat deze dicht bij de Stübli werkten. Maar
natuurlijk ook met de andere kelners. Of ze
nu uit Italië, Spanje, Portugal of elders kwamen. Enkele voornamen herinner ik mij nog
wel: Pinto, Vasco, Manuel en Antonio. Maar ìk
was destijds de enige uit Nederland. Van de
Italiaanse collega’s heb ik ook geleerd hoe
je spaghetti moet eten; vooral niet snijden,
dat was oneerbiedig!
De periode in Waldhaus waar ik geleerd
heb om voor anderen klaar te staan en anderen te helpen heb ik nu nog profijt van.
Het is de basis geweest voor de rest van
mijn leven.
Het werk in Waldhaus was een leerzame
periode. Vooral het bedienen van de gasten
gaf mij veel voldoening.
Met Herr Felix Dietrich had ik inmiddels
een goede band opgebouwd en hij heeft mij
zelfs nog voorgesteld om in Zürich verder
te leren als kelner aan de hogere hotelvakschool. Zodat ik langer in hotel Waldhaus
kon gaan werken. Maar dat zag ik destijds
niet als mijn toekomst. Mijn huidige beroep
als analist dat was toen mijn doel.
Aan het einde van het zomerseizoen ben
ik in Nederland gaan studeren. Om in het
winterseizoen terug te komen in Waldhaus.
Toen heb ik nog een aantal weken in de Stübli met chef Aldevaro bediend. Vooral de
Kerst en de jaarwisseling waren prachtig.
Na 1980/1981 ben ik nog een paar keer
terug geweest in Waldhaus om oud collega’s
gedag te zeggen. Zelfs hebben wij er een
keer overnacht met onze familie. Dat was
toen mijn nicht Edith van der Rijst met haar
man is getrouwd in Sils Maria. Zij vierden
hun bruiloft in Waldhaus. Mijn neef Hanspeter van der Rijst komt op de fiets nog
wel eens in Sils als hij een fietstocht maakt
vanuit Chur.
Nadat wij afgelopen winter in de bioscoop de film “Clouds of Sils Maria’’ hadden gezien.
Hadden mijn vrouw ik besloten om deze
zomer, tijdens onze vakantie in Zwitserland,
weer eens een bezoek te brengen aan Waldhaus in Sils Maria.
Zo zijn wij met onze dochter, schoonzoon en kleinzoon 16 juli naar Sils Maria
gegaan en hebben wij met Herr Felix Dietrich geluncht.
Samen op het buitenterras hebben wij
heerlijk genoten van speciaal voor ons gemaakte gerechten. Hier hebben wij met Herr
Felix prachtige herinneringen opgehaald.
Met oude foto’s ed. Hij heeft ons daarna
nog een rondleiding gegeven langs oa. de
eetzaal, Stübe, Salon en keuken.
De werkplekken waar ik 35 jaar geleden
met zoveel plezier heb mogen werken.
Met vriendelijke groet,
Elsö van den Bovenkamp, (werknemer
Hotel Waldhaus seizoen 1980/1981)
6
JANUAR 2016
Auch spiegelverkehrt:
Graubünden ist mehr wert!
Welche Freude, dass der NZZ vom
14. Juni eine gut gemachte Broschüre beiliegt, die für Ferien im Engadin wirbt. Allerdings macht mich das Titelbild etwas unsicher: Das ist doch der Silsersee mit der
Halbinsel Chasté. Aber irgendetwas stimmt
da nicht. Das sichtbare Waldhaus läge ja
auf der falschen Talseite! Nach der ersten
Verunsicherung wird mir klar: Das Bild ist
spiegelverkehrt gedruckt worden.
Als Oberengadin- und Waldhaus-Fan kann
ich das nicht einfach schlucken. Wird wohl
nichts mehr nützen, aber ich schreibe doch
umgehend an die Macher/innen dieser Broschüre, «Graubünden Ferien». Um wenigstens als humorvoller Unterländer anzukommen, dichte ich noch etwas zu meiner Kritik:
«Ihren Slogan «Graubünden ist mehr wert…»
ergänze ich mit «… auch spiegelverkehrt!»
Nicht schlecht staune ich, als ich wenig
später eine Antwort bekomme: Ja, da sei
tatsächlich ein Fehler passiert. Man werde
die Broschüre nächste Woche noch einer anderen Zeitschrift beilegen, vorher aber den
Fehler korrigieren.
Jaja, denke ich mir: Wer’s glaubt, zahlt
einen Taler! Trotzdem bin ich gwunderig
und kaufe mir die erwähnte Zeitschrift –
und man hat tatsächlich das Bild zurückgespiegelt und wohl aus grafischen Gründen
die Steinböcke anders platziert. Zum Glück
habe ich nicht gewettet, ich hätte den Taler
zahlen müssen!
Ein kleiner Nachsatz sei noch gestattet,
da ich auch in diesem Heft ein Ärgernis fand,
das vielleicht auch andere als solches empfinden. Auf der ersten Seite werden die Lesenden wie folgt begrüsst: «Willkommen in
Engadin St. Moritz» (genau so geschrieben)
Meinen Kommentar dazu haben die zuständigen Leute auch bekommen. Aber da
wette ich nun leider fast auf sicher, dass
sich nichts ändern wird: «Diese Anrede tut
schon etwas weh. Erstens ist sie deutsch
grauenhaft. Und zweitens schlucken alle
Engadin-Gäste, die nicht nach St. Moritz
in die Ferien gehen, sicher leer. Denn das
Guten Tag!
Siehe auf Italienisch S. 1
«Mi presento, sono il portiere del
Bel-Etage»
schönste Engadin liegt wohl unbestritten
ober- und unterhalb von St. Moritz. Die
Stadt mag wohl zum Einkaufen, Flanieren
und Essen etwas bieten, aber sicher nicht
für erholsame Wanderferien … Ich auf alle
Fälle freue mich auf meine nächsten Ferien
in engadin.sils.ch !
Fritz Zollinger, Otelfingen
Spiegelverkehrt? Klarer Fall und herzlichen
Dank für die Korrektur! (Auch das Festival
Origen hat übrigens im Oktober 2015 mit
einem schönen Waldhausbild den Süden zum
Norden gemacht. Will man uns denn unbedingt dort haben, wo wir nicht sind?).
Aber «Engadin St. Moritz»? Mit Verlaub:
Das ist offiziell und hat gute Gründe. St. Moritz und Sils, St. Moritz und das Engadin, das
gehört nun einmal fest zusammen. Natürlich
sind wir stolz auf das, was Sils Maria ist und
von anderen unterscheidet. Aber wir vergessen nicht, dass ein rechter Teil der Anziehungskraft von Sils auch von dem kommt, was
in der Nähe liegt – auch und gerade St. Moritz mit seiner sicher nicht umwerfenden
Architektur, aber auch all seinen Anlässen
und Infrastrukturen und seiner weltweiten
Bekanntheit. Umgekehrt ist auch gefahren:
Kein Prospekt von St. Moritz kommt ohne
Silsersee aus, ob seitenverkehrt oder nicht.
Jedenfalls: Vor neun Jahren wurden – zum
Glück – die ganzen lokalen Kurvereine zusammengelegt, damit wir uns gemeinsam
besser bemerkbar machen können in der
Welt. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie
intensiv damals um den Namen der neuen Organisation gerungen wurde. Für die
St. Moritzer war ganz klar, was zuerst käme
(viele sind noch heute nicht versöhnt mit
dem, was ist). Andere wollten sich umgekehrt möglichst distanzieren vom halb geliebten Zentrumsort. «Engadin St. Moritz»
ist kein literarisches Wunder, aber ein guter
Kompromiss. Also weiterhin ganz herzlich:
Willkommen in Engadin St. Moritz!
Zwischensaison ist nicht immer Ferien
Sobald im Waldhaus jeweils am Ende einer Saison die Tore schliessen, fahren einige in ihre verdienten Ferien, andere machen
sich an Unterhaltsarbeiten, zusammen mit
unserm Technikteam und den Hausmalern.
Wieder andere fahren zu ihren Familien und
schauen zuhause zum Rechten, während eine
beträchtliche Anzahl unserer Mitarbeitenden sich in der Zwischensaison auch weiterbildet. Die Lernenden werden aufgeboten an ihre Schulen, wo sie das Gelernte in
der Praxis noch mit Allgemeinbildung und
Theorie ergänzen. Im Hause selbst geht die
kreative Arbeit weiter und wir betreuen
Ausflug nach der IGEHO 2015 in Basel, zu unsern badischen Nachbarn im Hotel Hirschen in Sulzburg mit Einladung zur Spitzenköchin Douce Steiner – Felix und Maria Dietrich – Jürg und Claudia
Kienberger Carigiet – Renato Pellegrinelli – Verena Godel – Kurt
Röösli – Arthur Godel.
das Haus auch in der Zwischensaison während sieben Tagen, beinahe Tag und Nacht.
Zögern Sie also nicht, auch in dieser Zeit
anzurufen oder uns zu schreiben!
Nachfolgend einige Bilder aus dieser Zwischensaison vom November 2015 mit Bildern
unserer Tätigkeiten und Weiterbildungen:
Unsere Reise nach Rom, wo wir mit 250 Geladenen die Wintersaison
eröffnen durften! Hier beim Empfang vor der Schweizer Botschaft
mit dem Alphorn Ensemble aus St. Moritz.
Felix Dietrich
Guten Tag! Darf ich mich vorstellen? Ich
bin der Etagenportier in der Bel Etage. Ich
arbeite nun seit zwei Saisons in diesen Betrieb und bin stolz, zum Team zu gehören.
Es scheint mir angebracht, auch weil ich es
bis jetzt noch nicht tun konnte, dem ganzen
Waldhaus-Management zu danken. Ich habe
hier einen Empfang gefunden, der wirklich
über jeden üblichen Unternehmensstil hinausgeht, wie ich ihn bis jetzt kennenlernen konnte. Schon gleich am ersten Tag bei
der Übergage des Arbeitsvertrags erhielt ich
eine Karte mit einer Fotografie der Waldhausdirektoren, auf der stand: «Willkommen,
Francesco». Das gibt dir gleich das Gefühl,
jemand zu sein und nicht bloss eine Nummer
wie so oft in Betrieben mit viel Personal. Da
habe ich verstehen gelernt, warum viele Menschen aus dem Grenzgebiet in diesem Betrieb
arbeiten wollen.
Im Engadin und in Italien stellen mir viele
die klassische Frage: «Gibt’s überhaupt Arbeit?» Offensichtlich kann ich die Frage bejahen; trotz der wirtschaftlichen Krisen, die
leider die ganze Welt betreffen, und gerade auch der Abwertung des Euros gegenüber
dem Schweizer Franken. Wie schafft es das
Hotel, im Vergleich zur grossen Konkurrenz
immer noch so viele Gäste anzuziehen? Man
denkt vielleicht an gewiefte wirtschaftliche
Strategien, an die Marketingpolitik… Das hat
die Konkurrenz auch. Meines Erachtens ist es
mehr. Das Management hat hier einen wahren
Genius Loci geschaffen. Ich lasse Euch selber
nachforschen: Es ist ein lateinischer Begriff,
der tatsächlich zum Ausdruck bringt, was im
Waldhaus über die Jahre geschaffen worden
ist. Das gilt gegenüber den Gästen ebenso
wie gegenüber den Mitarbeitenden, darum
will ich es sagen.
Ich will hier die Gouvernante (Leiterin
Hauswirtschaft) nicht auslassen, die Dame,
die mich für das Etagenportier-Team engagiert hat. Für mich ist sie ein wahrer Leader, nicht einfach ein Boss oder ein Chef, und
ich will euch den feinen und entscheidenden
Unterschied erklären: Der Leader begeistert,
er oder sie macht nicht Angst; der Leader
sagt «wir» statt «ich»; der Leader will die
Menschen entwickeln und nicht einfach ausnützen… Ich wehre mich gegen jeden, der das
Gegenteil behauptet.
Ich hoffe, niemanden zu langweilen mit
diesem kurzen Beitrag, der einige irritieren
und andere interessieren mag… Mir scheint
es immer gut, die Meinung eines Mitarbeitenden zu wissen.
Mit einem herzlichen Gruss an alle: Den
Gästen wünsche ich einen schönen Urlaub
und den Kollegen gutes Arbeiten.
Francesco de Giambattista aus Chiavenna
(z. T. in Venezuela und Australien aufgewachsen) hat schon vielerorts gelebt und gearbeitet, aber noch nie in Sils und noch nie
in einem Hotel.
Übersetzt von UK.
JANUAR 2016
7
«Morgenstern» in Pension
Plötzlich Grossvater statt Nachtportier. Aber der Morgenstern
bleibt.
An Adriaan und Christel van Wijngaarden
(E-Mail vom 16.09.2015).
Lieber Nachtschatten des Morgenstern,
es sei Ihnen ein Gruss geschickt, der
versucht, Ihrer würdig zu sein:
Bremse quietscht. Es fährt ein Mann
sein Rad und hält dann höflich an
und steht, entschuldigt sich, und dann
blicken dich Kinderaugen an,
der Mund bleibt offen, spitzt sich zu im Nu
und alsbald fühlst du Worte gaukeln,
Schmetterlinge, die zu dir schaukeln,
und staunend hörst du – er haucht es dir zu:
«Klein Irmchen, sag mir, was ist die Zeit?»
– «Sie ist wie der blaue Himmel so weit.»
Die Zeit vergeht, das Fahrrad steht:
wer weiss wohl, wie es weitergeht?
Er blickt dich an, du blickst zurück,
dann gehen wir zusamm ein Stück.
mit herzlichem Gruss Euch beiden
Siegfried und Vreni Müller, Grüsch
Adriaan erklärt dazu
Ich fahr mit dem Velo über die Äcker bei
Grüsch und versuche vorsichtig ohne Lärm zu
bremsen, aber Oha. Es quietscht natürlich,
weil der Weg schon ein bisschen nass ist, wie
ich langsam von Hinten näher an das Ehepaar
Müller heranfahre! Und, wie oben beschrieben, steig ich vom Velo und wir unterhalten
uns wunderbar, sehr morgensternsch! Nicht
zu vermeiden, wir kennen ja den Adriaan!
Wir stehen und stehen und endlich geht es
dann über in Laufen! An einer Kreuzung, wo
ich geradeaus hätte gehen können und sie
nach rechts abgebogen, frag ich, ob ich noch
ein Stück mit ihnen gehen darf.
Wir laufen dann zusammen bis zu ihrem
Haus, und aus einem Garten von guten Bekannten von Müllers bekomm ich dann noch
einen Maiskolben und Salate, frisch abgeschnitten. Bei ihnen zuhause angekommen,
bekomm ich noch von seiner Frau ein oben
geholtes durchsichtiges Säckchen mit gemischten Teekräutern, die er kiloweise selber ums Haus im Garten und sonst zusammengesucht hat. Wir reden beim Gartentor
noch eine Weile und ich darf am nächsten
Tag bei Müllers vorbeikommen und meine
fünf bis sechs Waldhaus-Morgensternblätter, vorn und hinten bedruckt, einem höchst
interessierten Herr Siegfried Müller vorbeibringen! Also wieder eine liebe, interessante und besondere Begegnung «in Morgenstern» am Mittag. Was eine liebe Freundschaft geworden ist.
Mit liebe Grüess an alli
Adriaan
Unser Sohn David wollte gern, dass wir
in der Nähe von ihm und seiner Freundin
Alexandra wohnen kämen. Am 15.5.15 sind
wir nach Seewis-Schmitten umgezogen.
Am 5. Juni haben David und Alexandra zivil
und am 18. Juli kirchlich geheiratet. Und
Alexandra war schon in Erwartung.
Und am Freitag, 23. Oktober 2015, um
23.25 Uhr ist der Laurin Lucas van Wijngaarden-Casutt im Spital Fontana in Chur
mit Kaiserschnitt geboren!
Adriaan van Wijngarden
ist nicht aus dem Katalog, aus dem die
Menschen gemeinhin kommen mögen. Er und
seine Frau betrieben lange einen kleinen
Geschenkladen in Samedan. Vor zehn Jahren
wurde die Liegenschaft, die nicht ihnen gehörte, verkauft und teuer um- und neugebaut. Mit 57 Jahren begann er mutig wieder
von vorn und heuerte bei uns als Nachtportier an. Keine leichte Aufgabe, grösstenteils
dann zu arbeiten, wenn die meisten anderen
schlafen und einem damit doppelt fehlen –
man kann sich nicht mit ihnen unterhalten
und man kann keinen konsultieren, wenn etwas passiert.
Doch er kam und tat’s. Was er natürlich
mitbrachte, waren seine eigenen grossen
Leidenschaften – allen voran für Morgenstern. Nur die hartnäckigsten und dickhäutigsten Waldhausgäste kamen fortan ganz
ohne Morgenstern ins Bett.
Nun ist Adriaan 67 geworden, und der
Winter 2014–2015 war seine letzte Sai-
son im Waldhaus. Er selbst hätte vielleicht
noch weiter gemacht. Doch: Die Arbeit in
der Nacht ist zwar oft banale Routine, kann
aber von einem Moment zum anderen sehr
anspruchsvoll werden, wenn etwas passiert
und man als Erster richtig reagieren soll.
Das verlangt eine grosse Belastbarkeit und
Reaktionskraft. Wie lange darf man das von
einem nicht mehr so jungen, dazu mit besessener Leidenschaft an seine Dichterverse
denkenden Mann noch erwarten? Und die Leidenschaft, die gehört nun mal ganz fest zu
Adriaan. Hoffentlich noch viele Jahre lang!
UK
Noch ein früherer Nachtportier als frisch
gebackener Grossvater (siehe «Grossvater
Rinaldo», S. 15)? Nun ja, es sind wahrscheinlich ideale Grossväter: schon bestens an den
Nachtdienst gewöhnt!
Alles Käse? Die vier «Creppun-Mutschli» auf dem Weg ins Waldhaus
Es führen viele Wege ins Waldhaus. Bei Noëmi Hoessly aus dem
Aargau, Spitzensportlerin und
Studentin an der Sportmittelschule Academia Engiadina, war
es ein Gastspiel bei einem
grossen Waldhaus-Buffet für ihre
Maturaarbeit.
Das paradiesische Käsebuffet mit seinen verschiedenen Käsesorten und unterschiedlichen Gerüchen, Geschmäckern und
Teigkonsistenzen ist eine Wissenschaft für
sich. Dies wurde mir während den Nachspeisestunden am Gala Diner im Waldhaus
noch einmal mehr bewusst. Überrascht war
ich vom grossen Interesse und auch Wissen
der Gäste über die verschiedenen präsentierten Käsesorten. Es wurde rege diskutiert
und nachgefragt, was mir wiederum die Aktualität meiner Nachforschungen über die
vier verschiedenen Sorten des «CreppunMutschli» zeigte.
Mein Interesse für Käse blieb bis vor
einem Jahr eher zurückhaltend. Ich mochte
Käse zwar ausgesprochen gerne, jedoch zerschlug ich mir keinen Kopf über die Hintergründe einer Käseproduktion. Als Kindheitserlebnis blieb mir ein Alpbesuch inklusive
einer Käsedegustation und dem anschliessenden Nachhausetransport des schweren
Käselaibes präsent.
Ein Lebensmittelbiolog der ETH Zürich
und die Lataria Engiadinaisa (LESA) in Bever zeigten mir die Hintergründe vom Weg
der Milch bis zum Käse. Anfangs war es mein
Ehrgeiz und die Neugier, die mich in den
Anfängen meiner Maturaarbeit an der Academia Engiadina in Samedan vorwärtstrieb.
Neben dem Spitzensport wollte ich neue Ge-
biete kennenlernen und auch eigenständig
anpacken können. Bis anhin bestand meine
Freizeit aus dem Eiskunstlaufen und nun
wollte ich mich in ein anderes Themengebiet als den Sport vertiefen. Ich bewegte
mich auf Neuland.
Mit der LESA stellte ich im Weiteren
vier verschiedene «Creppun-Mutschli» her.
«Creppun-Mutschli» sind Halbhartkäse, die
sich zum einen durch die Erhitzungstemperatur der Rohmilch und zum andern durch
die Zugabe von Zitronenthymian unterscheiden. Den Zitronenthymian stellte mir Al Canton, ein biologischer Hof im Puschlav, der
vor allem für seinen Tee bekannt ist, zur
Verfügung. Anschliessend analysierte ich
die Unterschiede bezüglich den koloniebildenden Einheiten zwischen den Käseproben
unterschiedlicher Reifungsstadien und Sorten im Laboratory of Food Science in Zürich.
In der Käserei sowie im Labor begegnete
ich interessanten Menschen aus verschiedenen Berufsgruppen und lernte deren Alltag kennen. Um den Käse herzustellen, stand
ich zum Beispiel um 3.00 Uhr in der Nacht
auf und im Labor gehörten auch manchmal
Überstunden dazu, weil ich mich verrechnete. Während meiner Arbeit machte ich neue,
interessante Erfahrungen, die mir immer
wieder neue Perspektiven der Lebensmittelherstellung zeigten. Schlussendlich trug
ich all meine Erfahrungen, Methoden und
Resultate in einer sechzigseitigen Arbeit
zusammen. Es war nun nicht mehr der Wille, sondern eine grosse Portion Herzblut,
die mich antrieb.
Zum krönenden Abschluss durfte ich meine vier «Creppun Mutschli» nach Sils ans
Gala Diner bringen. Anfangs war ich ein
wenig nervös, denn ich hatte keine Erfahrung, wie es hinter den Küchentüren eines
fünf Sterne Hotels ablaufen wird. Auf dem
Weg von Bever nach Sils ereignete sich zu
allem dazu zwischen Punt Muragl und Celerina ein Unfall und ich brauchte ganze 45 Minuten von Samedan bis nach St. Moritz. Janu,
schlussendlich erreichte ich mit einer halben Stunde Verspätung das idyllisch gelegene
Hotel Waldhaus. Schnell wurde ich durch die
grosse Küche geführt und erreichte Jessica,
die an diesem Abend für das Käsebuffet zuständig war. Sie klärte mich ganz unkompliziert über die nötigen Kenntnisse bezüglich
einer Käsepräsentation auf und dann ging
es auch schon los.
Es bereitete mir grosse Freude, dass sich
zahlreiche Gäste für die «Creppun-Mutschli»
interessierten. Ich spürte, wie man sich hier
im Waldhaus wohl fühlt und die Ferien geniessen kann. Die Atmosphäre strahlte Eleganz und Familiarität gleichzeitig aus. Vielen Dank für diesen Abend!
Mutschli Creppun ist ein thermisierter Vollfett-Halbhartkäse der Lataria Engiadinaisa
SA, Bever.
www.lesa.ch
8
JANUAR 2016
Von Kindern, Ölen und einem Dreifranken-Arzt
Nach ihrem eindrücklichen Freiwilligeneinsatz vom Herbst 2012 für die Shanti-Foundation, die sich um Slum-Kinder bemüht,
kehrte Hauswirtschaftsleiterin Seraina Gaudenz im November nach Bangalore zurück.
Bangalore (heute offiziell Bengalaru) liegt
in Südindien und ist die drittgrösste Stadt
des riesigen Landes. Hier ihre Impressionen
von einem erlebnisreichen Monat.
Bangalore
Nach drei Jahren kehre ich in die Shanti-Foundation nach Bangalore zurück, um
einen Teil meiner Ferienzeit mit Slum-Kindern zu verbringen, danach plane ich Tage
im Ayurveda-Resort.
Sasam ist ein behinderter Junge, der
nicht sprechen kann. Er begrüsst mich
am eindrücklichsten, springt auf mich zu,
streckt seine Händchen nach mir aus und
brüllt vor Freude. Ich bin den Tränen nahe.
Die älteren Kinder strahlen, lächeln das indische Lächeln und haben Rosen aus Papier
gezaubert, kuscheln sich an mich und weichen nicht mehr von meiner Seite.
Bangalore hat sich in den letzten Jahren
stark entwickelt, viele neue Geschäfte wurden eröffnet, einige Slums sind verschwunden, andere entstanden, manchen Menschen
geht es besser, anderen schlechter. Dieses
Jahr regnet es viel. Die Slums sind im Regen
schlicht erschreckend, es ist schwer, sehr
schwer vorstellbar, wie Menschen so leben
können, leben müssen. Alles nur Pappe und
Schlamm, es ist grauenhaft.
Das Shoppingcenter
Die Kinder lernen in der Schule, was ein
Shoppingcenter ist, abends während der
Aufgabenzeit zeigen die drei Mädchen, die
durch mich und meine Freunde unterstützt
werden, stolz auf dem Papier, wie ein Einkaufszentrum aussieht. Und schon ist die
Idee entstanden, mit ihnen am Samstag,
ihrem schulfreien Tag, eines dieser wie
Pilze aus dem Boden schiessenden Center
zu besuchen.
Die Mütter bringen Aperna, Reena und
Anitha zu uns, und wir ziehen mit einem
Tuk-Tuk los. Die Mädchen sind glücklich und
wollen mich alle drei an der Hand nehmen.
Im Center schieben sie den Einkaufswagen
vergnügt zu dritt. Andere Besucher merken,
dass diese Mädchen eigentlich nicht hierher
gehören, aber sie freuen sich mit ihnen. Das
Strahlen der kleinen Gesichter steckt an.
Wir gehen Mittag essen, alles wird auf
Bananenblättern serviert, es schmeckt herrlich, wir essen und essen, immer mit der
Hand, das macht Spass. Später, im nächsten Einkaufszentrum, gibt es Rolltreppen
und Rollbänder. Nun gibt es kein Halten
mehr, bis in den fünften Stock fahren die
Mädchen hoch, und gleich wieder hinunter
und noch einmal hinauf. Ein wenig Hilfe
brauchen sie noch, und ich erinnere mich
an meinen ersten Besuch im Shoppingcen-
ter in Chur, die Freude damals war ähnlich
gross. Auf dem Nachhauseweg schlafen alle
drei im Tuk-Tuk in unseren Armen ein. Nicht
nur sie sind todmüde.
Das Mittagessen
Heute ist Diwali, das Fest des Lichtes. Die
Schulen sind geschlossen. Ich lade die grösseren Kinder zum Mittagessen ein, fünfzig
kommen in das Restaurant. Gott spielt mit
an diesem besonderen Tag, der Regen hört
auf. Auch hier ziehen die Kinder ihre besten Kleider an. Die, welche Schuhe besitzen,
versuchen es damit. Einer, er ist sehr klein,
hat sich in viel zu grosse Schuhe gestellt, bequem wird es nicht sein, aber Schuhe mussten sein. Als das Essen aufgetischt wird, ist
es fast beängstigend ruhig – wo es vor einer Minute noch zuging wie in einem Bienenhaus. Schön, diese Kinder glücklich und
zufrieden zu erleben, ihrem harten Alltag
für einen Moment enthoben.
Nach Stunden herrscht sie mich an, ich solle
gefälligst meine Nase auf der Toilette putzen gehen. Ich bin betroffen und verletzt,
aber auch dankbar, etwas gelernt zu haben.
Nie wieder werde ich in Indien vor anderen
Menschen die Nase putzen!
Im Resort
Ich komme todmüde an und sehe nur
weisse Menschen, höre Schweizerdeutsch,
Deutsch und Russisch. Ein Schock! Es ist eine
Anlage wie aus dem Bilderbuch. So habe ich
noch nie Ferien gemacht. Ich glaube, das
passt auch nicht zu mir.
Doch dann beginnen die Massagen. Täglich zwei Stunden Synchron-Massagen, vier
Hände bearbeiten meinen Körper, ein herrliches Gefühl. An einem Tag werde ich mit
Kräuterwasser übergossen, es fühlt sich an,
als ob jemand warme Suppe über mich leeren
würde. Zuerst ist es eigenartig, aber bald
angenehm und die Wirkung toll.
Die Adoptivkinder
An einem Tag geht es mit dem Bus zu
der deutschen Stiftung Shishu Mandir ausserhalb Bangalores. Wir werden durch die
Schule geführt, in der auch junge Leute zu
Automechanikern oder Näherinnen oder
Computerbedienern ausgebildet werden, ein
halbes Jahr lang werden sie geschult, dann
wird ihnen bei der Stellensuche geholfen,
danach müssen sie auf sich selber vertrauen und auf Gott.
Im anliegenden Heim werden Mädchen
untergebracht, die keine Eltern haben oder
wo es die Umstände nicht zulassen, dass sie
zu Hause wohnen. Es ist ein ruhiger, schöner Ort, in dem auch Ramya, meine zweites
Patenkind lebt.
In einem Raum liegen kleine Kinder, drei
sind gerademal zwei Wochen alt, sie wurden vor der Türe abgelegt. Entstanden mit
dem falschen Mann, aus einer verbotenen
Leidenschaft oder in einem grauenhaften
Moment. Diese Kinder werden aufgepäppelt,
dann den Indern zur Adoption angeboten,
und wenn keiner sie will, werden sie nach
Europa und in den USA zur Adoption freigegeben. Mir schnürt sich die Kehle zu, ich
muss die Tränen zurückhalten. Die Winzlinge
sind nicht grösser als eine grosse Hand, drei
unschuldige Leben am Beginn eines langen
Weges. Weiter weg spielen zwei Zweijährige, die nächste Woche nach Italien umziehen werden. Ich hoffe, dass sie ein schönes
Leben bekommen werden, mit liebevollen
Adoptiveltern.
Ayurveda
Zehn Stunden dauert die Zugfahrt von
Bangalore nach Thrissur, wo das Ayurvedacenter ist. Zehn Tage Entspannung sind angesagt. Nach den intensiven Erlebnissen mit
den Slumkindern bin ich reif dafür.
Eine starke Erkältung plagt mich, ich habe
Kopfschmerzen, verstopfte Stirn- und Nasenhöhlen. Eigentlich wollte ich 3. Klasse
fahren, aber scheinbar gab es ein Missverständnis oder auch nur den Glauben, dass
dies für eine Weisse nicht zumutbar oder
angebracht sei. Jedenfalls sitze ich in der 2.
Klasse in einem bequemen Sitz, leider mit
Klimaanlage, ich hasse diese Dinger. Es regnet in Strömen, eine Dame, sicher aus einer
höheren Kaste, setzt sich neben mich. Leute wie sie können durchaus arrogant sein.
Ich wiederum bin die einzige Weisse und
ich spüre, dass ich dieser Dame nicht passe, was jedoch auf Gegenseitigkeit beruht,
zehn Stunden Unbehagen beiderseits. Um die
Decke, die sie um sich legt, beneide ich sie
allerdings, denn mir ist kalt. Sie schläft, ich
fröstele und schneuze in mein Taschentuch.
Der Dreifranken-Arzt
Housekeeper unter sich
Das Reinigungspersonal kommt und reinigt mein Zimmer. Ich frage, ob ich zusehen darf und erkläre, ich sei auch HeadHousekeeperin. Die Leute strahlen und reinigen auf hohem Standard, sie sind flink.
Der Head-Housekeeper, Padmakumar, kommt
mich besuchen und fragt, was ich sehen
möchte. Mit einer riesigen Schachtel indischer Süssigkeiten (die sind köstlich) gehe
ich ins Office des Housekeeper-Teams. An
der Wäscherei bin ich auch interessiert. Da
muss er erst den Direktor fragen. Es dauert
nicht lange und ein 29-jähriger Direktor
steht vor mir. Natürlich führt er mich persönlich durch die Wäscherei. Beinahe bin
ich enttäuscht, denn auch die Wäscherei ist
auf europäischem Standard. Die Maschinen
stehen im Freien, aber es sind moderne Maschinen, gebügelt wird von Hand, getrocknet
teilweise an der Sonne. Das ganze Resort
erfährt in Windeseile, dass da eine HeadHousekeeperin aus Switzerland zu Gast ist,
von da an geben sie sich noch mehr Mühe,
im Service, an der Rezeption, in der Küche.
Ich lächle für mich.
Meine Ohren beginnen zu schmerzen, immer heftiger wird der Schmerz, ich kann
kaum noch meine Brille ertragen. Die Ayurveda-Ärzte reagieren rasch und schicken
mich ins Nachbardorf zum Ohrenspezialisten. Ein Tuk-Tuk bringt mich hin. Als ich
in die Praxis eintrete, denke ich, hier werde
ich bestimmt noch kränker. Mit einem grossen Stab geht der Arzt ins Ohr, Dr. Fazalmohammed verwendet Druckluft und diagnostiziert schnell eine Entzündung. Er stopft Medizin und Watte hinein und sagt, ich solle
am nächsten Tag wiederkommen, wenn es
nicht bessere. Ich frage ihn: «Darf ich ein
Bild von Ihnen machen?» «Ja», antwortet er,
«aber schreiben Sie nicht, ich sei ein Terrorist». Ich muss trotz der Schmerzen laut
lachen und habe nun volles Vertrauen in diesen Arzt, dessen Praxis aussieht wie eine in
der Schweiz vor hundert Jahren.
Die Nacht ist qualvoll, ich bin mir sicher,
dass sich die Bakterien sämtlicher Patienten in meinen Ohren tummeln. Punkt 8.00
Uhr stehe ich bei meinem Ayurvedaarzt im
Zimmer. Ich höre beinahe nichts mehr. Er
begleitet mich, wir nehmen das Hotelauto.
Ja, die Infektion habe sich gesteigert, jetzt
müssen Antibiotika her. «Und bitte, bitte
Schmerztabletten», sage ich. Die Tabletten
helfen rasch, aber die Dosis ist hoch. Selten habe ich Tabletten so gerne geschluckt,
ich komme mir wie eine Abhängige vor.
Habe Alpträume. Von nun an besuchte ich
den Ohrenspezialisten jeden Tag, und jeden
Tag reinigt er meine Ohren und gibt mir für
den Flug weitere Medizin.
Die erste Konsultation kostete 200 Rupien, das sind drei Franken. Danach hat er
kein Geld mehr genommen. Diesem ehrlichen
Mann werde ich mein Leben lang dankbar
sein und ihn nicht vergessen. Er ist ein Arzt,
wie mein Urgrossonkel einer war. Ein Arzt
aus innerer Überzeugung.
Seraina Gaudenz bleibt sich treu. Die waschechte Engadinerin aus Lavin, seit nunmehr
vierzehn Jahren Hauswirtschaftsleiterin im
Waldhaus hat auch in ihrer freien Zeit keine
Scheu vor Herausforderungen. Davon zeugte
auch ihr Bericht «Von den Eichhörnchen zu
den Elefanten: Als ehrenamtliche Elefantenpflegerin auf Sri Lanka» in den letztjährigen Waldhaus News.
JANUAR 2016
9
Reisen, reisen, reisen
Ich war ein sehr beliebter Gast,
da ich immer tolle Menus kreierte, um mich für die Gastfreundschaft zu bedanken.
Claudio Grüger (1994) aus Undervelier im
Kanton Jura kam ab Sommer 2011 für das
letzte Jahr seiner Kochlehre ins Waldhaus,
denn das Hotel in Davos, wo er seine Lehre begann, hatte nach einem Besitzerwechsel vorübergehend seine Tore geschlossen.
meistens bei Freunden oder bei Menschen,
mit welchen ich zuvor auf der Internetseite
Couchsurfing Kontakt aufgenommen hatte, zu
Gast. Ich war mit Menschen unterwegs, die an
den Orten lebten, wo ich meine Ferien verbrachte. Diese lebten ihren normalen Alltag
und ich begleitete sie und entdeckte neue
Wege, wie man durchs Leben gehen kann.
Ich war ein sehr beliebter Gast, da ich im-
Es sind schon beinahe drei Jahre vergangen, seit ich die Kochlehre beendet habe.
Unglaublich! Vieles habe ich erlebt und so
manches sollte besser nicht in dieser Zeitung erscheinen.
Seit ich das Waldhaus verlassen habe,
war ich viel unterwegs. Zuerst ging ich
einen Monat lang nach Deutschland in die
Küche von Christian Bau (Drei-Sterne-Koch
im Saarland. Die Redaktion). Es war streng.
Für mich war es damals zu streng. Als ich das
Praktikum beendete, gönnte ich mir eine Auszeit. Die Auszeit dauerte sieben Monate. Ich
entdeckte in Marokko, Berlin, Paris, Marseille, im Jura bei meinen Eltern oder sonst unterwegs in der Schweiz eine neue Art, mein
Leben zu leben – weit entfernt von der regen Betriebsamkeit der Gastronomie. Ich war
mer tolle Menus kreierte, um mich für ihre
Gastfreundschaft zu bedanken.
Nach diesen schönen langen Ferien machte
ich die Berufsmatura im Bildungszentrum
Inforama Rütti in Zollikofen. Dies war eine
Bedingung meinen Eltern gewesen, als sie
mich mit 15 von zuhause fortgehen liessen,
um meine Kochlehre zu beginnen. Das Leben
eines Studenten neben dem Studium gefiel
mir sehr. Ich lernte viele tolle Menschen in
meinem Alter kennen. Das Studium an sich
fand ich eher öde. Ich sass den ganzen Tag
auf einem Stuhl und musste Wissen in meinen
Kopf pressen. Ich schwelgte in tollen Erinnerungen und wollte so schnell wie möglich
wieder reisen. Das Tollste an dem ganzen
Schuljahr war die Maturareise nach Riga. Den
Tag durch gingen alle Studenten in Museen,
ans Meer, in eine Kathedrale, entdeckten die
Stadt… Am Abend hatten wir frei. Wir spielten überall Frisbee, gingen in teure Restaurants essen und tanzten die Nächte lang in
den unterschiedlichsten Clubs und Bars.
Nachdem ich das Studium erfolgreich abgeschlossen hatte, machte ich meinen Führerschein. Danach reiste ich wieder viel durch
Europa, manchmal mit Freunden, manchmal
alleine. Das Leben eines Reisenden gefällt
mir sehr. Zu guter Letzt ging ich noch einmal mit einem Freund für achtzig Tage nach
Marokko.
Seit einem Monat bin ich wieder in der
Schweiz. In zwei Tagen beginne ich meine
neue Stelle als Koch im Circus Monti. Ich
freue mich schon jetzt wie ein kleines Kind
auf die Stelle. Reisen und Kochen vereint:
Wundervoll!
ten, die sich für die Geschichte des Hauses
interessieren, kleine Führungen angeboten.
Von diesem Raum waren wir alle so beeindruckt, dass wir es schön fänden, wenn wir
unseren Gästen die Geschichte des Badrutt’s
Palace Hotels auf ähnliche Weise näher bringen könnten.
Zimmern, welche zeitgemäss eingerichtet
sind. Am meisten hat uns die Turmsuite fasziniert, von der man westlich einen atemberaubenden Ausblick auf den Silsersee und
östlich auf den Silvaplanersee hat.
Claudio Grüger, Kochlehrling von 2011 bis
2012. Die Sache mit dem (allzu) strengen
Praktikum beim Drei-Sterne-Koch hatte er
sich selbst eingebrockt. Beim Gourmet Festival St. Moritz 2012 gewann er den Hauptpreis des damals zum ersten Mal durchgeführten Nachwuchswettbewerbs «Young
Engadine Talents» – und das war eben ein
Praktikumsaufenthalt bei Christian Bau.
Lehrlingsausflug ins Waldhaus
Wie schon etliche Male, haben
im letzten Sommer alle Waldhaus-Lernenden miteinander das
Badrutt’s Palace besucht und die
Palace-Lernenden machten dann
einen Gegenbesuch. Der Witz
der Sache: Gastgeber und
Betriebsführer waren in beiden
Fällen die Lernenden vom Ort.
Hier das Echo vom Palace nach
ihrem Besuch bei uns.
Empfang
Am 11. August 2015 durften wir Lehrlinge
vom Badrutts’s Palace Hotel einen erlebnisreichen Ausflug ins Waldhaus Sils machen.
Wir wurden von den 19 Lehrlingen des Waldhauses herzlich empfangen (*). Nach einer
kurzen Vorstellungsrunde begrüsste uns der
ehemalige Hoteldirektor in der grossen Halle. Er erzählte uns einiges über die spannende Hotelgeschichte und die mysteriöse
Sage des Waldhauses. Wir erfuhren, dass das
Hotel 1908 eröffnet wurde und nun in den
Händen der 5. Generation liegt.
(*) So viel? Eigentlich sind es etwa 15.
Des Rätsels Lösung: Im August waren bereits
alle da, die gerade anfingen… aber auch einige, die ihre Lehre im Frühsommer abgeschlossen hatten. Anm. der Redaktion.
Front Office und Büros
Als Nächstes wurden wir zu den Büroräumlichkeiten und ans Front Office geführt.
Im Gegensatz zu unserer traditionellen Rezeption, welche sich nahe am Eingang befindet, werden die Gäste des Waldhauses
in einem der Büros etwas abseits des Eingangs empfangen. Dies war für uns etwas
ungewohnt. Danach wurde uns der Personalbereich, inklusive der Lingerie, der Räumlichkeiten des Technischen Dienstes und der
Kantine gezeigt. Wir durften sogar einen
Blick in zwei der Personalzimmer werfen.
In der Kantine offerierten uns die Lehrlinge Mango mit Büffelmozzarella, welche
sie selbst zubereitet hatten.
Küche
Anschliessend brachten uns die Lehrlinge in die Küche. Wir waren äusserst beeindruckt von den hellen, modernen Räumlichkeiten, welche 2008 komplett renoviert
wurden, jedoch noch einen antiken Ofen (genauer: Holzkohlengrill) von 1908 beinhalten.
Der Gegensatz der Patisserien der beiden
Hotels war sehr schnell zu bemerken, da die
Patisserie im Waldhaus nur ein kleiner Raum
neben der Küche ist, während im BPH die
Patisserie komplett in die Hauptküche integriert ist. Von 20 Köchen im Waldhaus sind 9
Auszubildende, die ab dem zweiten Lehrjahr
die grosse Verantwortung tragen, das Essen
für das komplette Personal zu planen, zu organisieren und selbstständig zu zubereiten.
Seit drei Jahren bildet das Badrutt’s Palace
keine Koch-Lehrlinge mehr aus.
Weinkeller
Auch im Weinkeller war ein Unterschied
festzustellen, als wir die Grösse des Weinkellers und die Anzahl der Flaschen verglichen. Im Waldhaus werden von rund 30‘000
Flaschen jährlich 20‘000 verkauft, ausser
einer kleinen Auswahl an teuren Weinen lagern sie keine Weinflaschen (mit sehr alten
Jahrgängen). Von vielen Weinen wird eine
Anzahl Flaschen in der Kaffeeküche gelagert,
da kein Lift vom Weinkeller ins Restaurant
vorhanden ist und dies die Arbeit erleichtert. Im Weinkeller des Badrutt’s Palace Hotels werden um die 25‘000 Flaschen gelagert. Die Anzahl der Lagerweine ist bei uns
höher als im Waldhaus.
Museum
Nach dem Weinkeller führten sie uns an
einen sehr eindrücklichen Ort, das Museum,
welches sich in der ehemaligen Bäckerei befindet. In dem kleinen Raum im Keller des
Hauses befinden sich viele Antiquitäten,
welche von einem Künstler mit verschiedenen Installationen und künstlerischen Effekten in Szene gesetzt wurden. Dies verleiht dem Raum eine mysteriöse Atmosphäre.
Im Museum werden unter anderem den Gäs-
F&B Outlets
Der grosse Speisesaal mit den beachtlichen Fenstern, welche eine atemberaubende Aussicht bietet, hat uns alle sehr beeindruckt. Auch das moderne Bestellsystem
über Tablet faszinierte uns sehr, da wir in
den Restaurationen des BPH nicht mit Tablets arbeiten. Auch die grosse geräumige
Bar hinterliess bei uns einen sehr guten Eindruck. Wir bekamen sogar ein kurzes Stück
vom alleinspielenden Klavier zu hören.
Zimmer
Das Waldhaus verfügt über 140 Zimmer,
welche in völlig verschiedenen Zimmerkategorien aufgeteilt sind. Von den traditionellen Zimmern mit restaurierten Original-Möbeln von 1908, bis zu den modernen
Abschiedsapéro
Als wir uns zu guter Letzt auf den Weg
in Richtung Abschlussapéro machten, kamen
wir am Wellnessbereich vorbei. Bedauerlicherweise konnten wir nur einen kleinen
Blick zum Innenpool werfen.
Schliesslich führte uns ein Teil der Lehrlinge durch die Passage zum grossen Garten, wo sich der andere Teil der Lernenden
schon versammelt hatte und eifrig auf uns
wartete. Sie hatten einen grandiosen Apèro
mit leckeren Küchlein und Muffins vorbereitet, welche die Kochlehrlinge selbst zubereitet hatten. Es war für alle ein grossartiger
Tag gewesen, mit vielen neuen Eindrücken.
Ausserdem hat es uns sehr gefreut, dass
wir diesen Ausflug machen durften. Auch
das Vorstellen des BPH hat uns grosse Freude bereitet, und wir konnten auch einiges
daraus lernen.
Die Lehrlinge vom Palace St. Moritz
10
JANUAR 2016
Portugiesische Migranten im Engadin – Klein-Viseu in Sils
Tarouca in Nordportugal pflegt
seit Jahren eine symbiotische
Beziehung mit Sils: Der Grossteil
der portugiesischen Migranten
im Oberengadin stammt von dort
und kehrt jedes Jahr zurück.
von Raffaela Angstmann. Neue Zürcher Zeitung, 7. März 2015.
365 Treppenstufen führen zur Kirche von
Lamego im Norden Portugals. Es kann zehn
Minuten dauern, dort hinaufzusteigen. Gläubige aus der Umgebung kommen oft hierher.
Manche quälen sich, um Versprechen zu besiegeln, auf Knien die Treppen hoch. Oft liegen noch Kieselsteine auf den Stufen. Olga
Maria Gomes da Silva erinnert sich noch
genau daran. Sie hat diesen Ort nur ungern
verlassen. Heute wohnt sie mit ihrem Mann
und ihren Töchtern auf einer Anhöhe des
Ortsteils Sils Maria.
Sils, eine Gemeinde im Oberengadin von
fast schon dichterischer Schönheit, hat
nicht einmal 1000 ständige Einwohner. Gemäss dem Staatssekretariat für Migration
leben derzeit 142 Portugiesen hier. Davon
sind ein Drittel Kurzaufenthalter. Im Kanton Graubünden leben rund 9400 Portugiesen. Die meisten, die sich in Sils niedergelassen haben, kommen aus Nachbardörfern
rund um Tarouca im Distrikt Viseu im Norden Portugals. Die Grösse Taroucas ist knapp
vergleichbar mit derjenigen von St. Moritz.
Die Italiener halfen
Nach dem Ende der Salazar-Diktatur Mitte
der 1970er-Jahre kehrten viele Portugiesen
aus den Kolonien in ihr Land zurück, alleine
aus Angola kamen 750 000. Wegen der Rückkehrer fehlte es an Arbeitsplätzen im Norden des Landes, eine Migrationswelle setzte
ein. Seither immigrieren Portugiesen auf
Arbeitssuche unter anderem in die Schweiz.
In portugiesischen Bergdörfern wie Granja
Nova oder Lamego wurden Stellenangebote
ausgehängt. Es waren vor allem die italienischen Grenzgänger, die den Portugiesen
den Zugang zur Arbeit in der Schweiz durch
die Sprache erleichtert haben, da den Portugiesen das Italienische liegt. Viele sind
noch jung, wenn sie auswandern. Nebst Familienmitgliedern folgen ihnen oft Freunde
und Bekannte. Ob jüngere oder ältere Jahrgänge: Alle kehren mindestens einmal im
Jahr ins Heimatdorf zurück. Die Bergdörfer
Nordportugals leben unter anderem von diesem Tourismus der Emigranten.
Valdemar Pereira ist der Bürgermeister
von Tarouca. Pereira war 1992 selbst als
Saisonnier im Hotel Waldhaus in Sils tätig.
Er war nur 30 Tage dort als Commis de Salle.
(Weil er sich nach einem Monat beim Fussballspielen das Bein brach. Anm. d. Waldhaus-Redation). «Mir war es wichtig, einmal
zu sehen, wie man im Ausland arbeitet und
wie das Leben eines Emigranten aussieht»,
sagt der 56-Jährige. Vor seinem kurzzeitigen
Aufenthalt in der Schweiz war er bereits
Bürgermeister seines kleinen Heimatdorfes
Ferreirim im Kreis von Lamego, nahe Tarouca, gewesen. Viele Arbeitsmigranten besässen auch ein Haus in Tarouca. «In den Ferien
kommen sie wieder zurück und geben hier
ihr Geld aus. In der Krise wird sonst nicht
mehr viel gekauft.»
Pereira vermutet, dass in Tarouca allein in
den vergangenen 30 Jahren hundert emigrierte Portugiesen zurückgekehrt sind.
In den letzten zehn Jahren seien die meisten Geschäfte, Hotels und Restaurants von
Rückkehrern eröffnet worden. Alle träumten
nach ihrer Pensionierung von der Rückkehr.
«Jetzt emigrieren wieder die Jungen», sagt
Pereira. Von denen würden wohl nicht mehr
so viele ihren Wohnsitz zurückverlegen. Ein
Grossteil habe schon Familie und Freunde
im Ausland.
So auch Cassiano Morais Gil. Der 50-Jährige ist ein schüchterner Mann mit dunklem
Haar, rundlichem Gesicht und schläfrigen
Augen. Gil ist der Gärtner des Waldhauses
und der Mann für alles. Er steht jeden Morgen um 6 Uhr 30 auf. Mit grösster Sorgfalt
pflegt er den Kräutergarten für die Hotelküche, putzt die Gehwege und baut, was gerade gebraucht wird. Er lebt schon seit fast
dreissig Jahren mit seiner Frau im nahe gelegenen Samedan. Aufgewachsen sind sie in
Mondim da Beira, einem kleinen Dorf, nur
drei Kilometer von Tarouca entfernt. Jeden
Mai fährt die ganze Familie für einen Monat in die Heimat zurück. Seine damalige
Nachbarin sorgte dafür, dass Gils Frau im
Engadin eine Stelle gefunden hat. Später
holte sie ihren Mann hinzu. Vieles läuft über
private Kontakte. Weil der Familiennachzug
vor 2002 noch erschwert war, verbrachte ihr
Sohn die ersten acht Jahre seiner Kindheit
bei der Grossmutter in Portugal.
Verliebt in der Schweiz
Nur fünf Kilometer von Tarouca entfernt
liegt Vila Chã da Beira, wo José Manuel Dos
Santos Ferreira aufgewachsen ist. Auch in
der Schweiz wohnen der 37-Jährige und seine Familie unweit von Gil, nämlich in einem
dem Hotel zugehörigen Wohnkomplex. Dort
bewohnen Ferreira und Olga Maria Gomes da
Silva mit ihren beiden Kindern eine gemütliche Wohnung – bunt dekoriert mit Zeichnungen der Töchter. Die ältere ist neun und
heisst Nina. Die jüngere, die zweijährige
Yara, quietscht vergnügt, während der Hund
unter dem Tisch herumstreunt. Ferreira hat
eine tiefe, raue Stimme, seine dichten, buschigen Augenbrauen fallen einem sofort
auf – genau wie die glänzend weissen Zähne von da Silva. Sie spricht Italienisch mit
einer zarten, feinen Stimme. Manchmal verirren sich auch portugiesische Begriffe in
ihre Erzählungen.
Beide stammen aus der Nähe von Tarouca.
Nach dem Schulabschluss leistete er Militärdienst. Da Silva half damals noch den Eltern
auf ihrem Land und kümmerte sich um ihren
Bruder. Das Paar war in der Jugend unabhängig voneinander für einige Monate zum Traubenschneiden in den Weinbergen Frankreichs.
Die Freundin einer Cousine besorgte da Silva
die Stelle als Zimmermädchen. Sie erinnert
Olga Maria Oliveira Santos (links) arbeitet im Waldhaus in der Cafeteria, José Manuel Dos
Santos Ferreira ist Chef de Service und Cristina Maria Sorrilha Ferreira die zweite Gouvernante.
(Bilder: Adrian Baer / NZZ)
sich noch genau an den Tag der Abreise: «Ich
bin am 15. Mai 1995 in Sils angekommen. Die
ganze Fahrt hierher habe ich geweint.» In den
ersten Jahren hatte sie starkes Heimweh. Mit
der Geburt der ersten Tochter habe sich das
aber schnell geändert. Im Dezember 1995 kam
Ferreira ins Engadin. Nach ihrer ersten Begegnung an einem Dorffest in Tarouca lernten
die beiden sich erst im Engadin richtig kennen. Sie war damals 18 Jahre alt.
Ferreira hat als Chef de Service eine Jahresstelle, da Silva hingegen nur während der
Saison. Jeweils zwei Monate bevor die Zwischensaison beginnt, muss sie bereits anfangen, fürs Arbeitslosenamt zu stempeln.
«Manchmal fahre ich lieber nach Hause, um
mir diese Demütigung zu ersparen», erklärt
sie. Dabei spielt sie unruhig mit ihren Fingern. Teilweise bekomme sie harsche Antworten in den Geschäften, in denen sie nach
Arbeit fragt: «Geh zurück in dein Land, wo
du herkommst», wird ihr gesagt. Cousinen
haben versucht, sie nach Genf zu locken,
aber das Paar schwärmt vom Heimatgefühl,
das bei ihnen im Dorf Sils aufkommt. Sie
lieben die Ruhe auf dem Land.
Das Grossfamilienglück
Ferreira kam auf Empfehlung seines zehn
Jahre älteren Bruders nach Sils Maria. Seine
Wohnung liegt nur einen Stock tiefer. Domingos Ferreira Dos Santos ist nun schon sein
halbes Leben in der Schweiz wohnhaft. Nicht
nur die Verwandtschaft, sondern auch einige
zufällige Parallelen prägen und verbinden die
Familien. Dos Santos’ Frau heisst Olga Maria
Oliveira Santos. Auch sie haben zwei Töchter
mit ähnlichem Altersabstand wie die Cousinen. Alessia ist vier-, Jessica schon elfjährig.
Das Paar wartete einige Jahre nach der
Geburt Jessicas mit dem Auswandern, damit
ihre Älteste nicht alleine bei der Grossmutter bleiben musste. Santos wuchs in Salzedas, nördlich von Tarouca, auf. Beide möchten eines Tages gerne in ihre Heimat zurück.
Ob das jemals möglich sein wird, ist aber
fraglich. Ihren Kindern wollen sie diese Entscheidung eines Tages selber überlassen.
Cristina Maria Sorrilha Ferreira steht in
einem Hotelzimmer und prüft, ob es ausreichend geputzt wurde. Sonderwünsche der
Gäste gehen an sie: Verlangt wird nach frischen Blumen, zusätzlichen Kissen, Radios.
Seit vier Jahren ist sie die zweite Gouvernante im «Waldhaus». Alle paar Minuten
geht bei ihr der Beeper los, und sie springt
zum nächsten Telefon. Die 42-Jährige hat
sich hochgearbeitet. Angefangen hat sie in
der Wäscherei, danach war sie 18 Jahre lang
Zimmermädchen.
Sie zählt ihre verbrachten Jahre im Engadin in Saisons – 53 sind es bis jetzt. Als
17-Jährige folgte sie dem Ruf ihres Bruders
von Granja Nova nach Sils. «Wenn man jung
ist, denkt man nicht viel nach. Man will nur
arbeiten und Geld verdienen», begründet
sie ihre damalige Entscheidung. Ihren Mann
hat sie hier kennengelernt und zu Hause geheiratet. «Ich möchte sicher wieder zurück
nach Portugal», sagt sie. Fünf ihrer sieben
Geschwister leben ebenfalls in der Schweiz.
Umdenken bei den Jungen
Traum von der Rückkehr
Sie alle verbringen ihre Ferien immer
in Portugal. Jährlich reisen sie zu den Verwandten in die Heimatdörfer und in die
Ferienhäuser am Meer. In Viseu sind ihre
Nachbarn aus der Schweiz jeweils nur wenige Kilometer von ihnen entfernt. Oft begegnet man sich dort zufällig. Obwohl von der
älteren Generation alle sicher sind, eines
Tages in Portugal alt zu werden, scheint
die Bereitschaft zur Rückkehr bei den Jüngeren nachzulassen. Bei manchen aus monetären Gründen, wie bei einigen jungen
Männern, die in Silvaplana arbeiten. Sie
sind in ihren Zwanzigern und flüchteten
vor der Krise in ihrem Land. Sie sparen für
die jährliche Heimreise, aber auch für ein
besseres Leben.
Bei anderen verflüchtigt sich der Bezug
zum Herkunftsland der Eltern. Wie bei Nina:
«Ich mag die Schweiz lieber. Alle meine
Freunde sind hier.» Sie ist in der Schweiz
aufgewachsen. Nebst Portugiesisch spricht
sie Rätoromanisch, Deutsch und ein wenig
Italienisch – eine richtige Engadinerin.
Der «Presidente» weiss nicht, wie viele
Leute aus Tarouca zurzeit in der Schweiz
sind. Er schätzt die Zahl auf ungefähr 50.
In Portugal fehlt es an genauen Studien
und Zahlen zur Migration. Bürgermeister
Seit 1974 sind zusammengezählt über 200
portugiesische Mitarbeitende ins Waldhaus
gekommen, ob für eine kurze Saison oder
für ein halbes Leben.
Von links nach rechts: Olga Maria Oliveira Santos, Alessia, Jessica, Domingos Dos Santos
Ferreira, José Manuel Dos Santos Ferreira, Yara, Nina, Olga Maria Gomes da Silva.
JANUAR 2016
11
Kurts fünfzigster Geburtstag
04.09.1965 … 04.09.2015.
Kurt Röösli war erst 26, als er ins
Waldhaus kam und noch nicht 31,
als er Waldhaus-Küchenchef wurde (man rechne). Das Waldhaus
ist stolz und dankbar, dass er da
ist!
Wie kann man jemanden überraschen?!
Wie kann man in einem Hotel anreisen,
ohne vorher erkannt zu werden?! Ganz
einfach, man hat einen Verbündeten. Und
wenn der Verbündete der Direktor selber
ist, dann ist es umso leichter. Doch möchte ich mit der Geschichte vorne beginnen.
Ganz vorne.
Alles begann vor mehr als 20 Jahren. Da
waren wir im Waldhaus junge Köche. Ein
Team, Freunde und eine Familie waren wir.
Aus diesem Grund habe ich letztes Jahr einen Artikel für die Waldhaus News geschrieben. Ich schrieb von Freundschaft und von
Zusammenhalt. Daraufhin meldete sich Sonja Zumstein, gebürtige Burch, bei mir und
hatte die grossartige Idee, dass wir zum
Geburtstag von Kurt Röösli sowas wie eine
Überraschung für Kurt und ein Treffen von
ehemaligen Waldhausköchen organisieren
könnten. Sogleich begannen wir, ehemalige
Kolleginnen und Kollegen unserer damaligen Generation zu kontaktieren, von denen wir noch die Adressen kannten. Ausserdem sollte ja alles geheim bleiben. Rööslis
durften auf keinen Fall davon erfahren. Also
wurden Claudio und Patrick Dietrich in den
Plan eingeweiht und sie waren von der Idee
ebenso überzeugt wie wir und unterstützten uns tatkräftig bei unserem Vorhaben.
Fiktive Namen wurden ausgedacht, um ja
nichts durch die Ankunftsliste zu verraten.
Mitstreiter wieder mal zu sehen. Es ist
einfach so, wie ich schon im letzten Jahr
schrieb. Das Waldhaus verbindet… auf ewig.
Meloni alias Marco Mazzonetto
UK: Sie unterschreiben mit «Meloni», als den
wir Sie ja alle kennen und schätzen. Woher
eigentlich? Kurt glaubt, es hätte etwas mit
dem Inspektor Maloney von Radio SRF 3 zu
tun. War’s eine frühe Vorahnung Ihrer jetzigen Arbeit? Oder liegt die Erklärung im
persönlichen Charakter von Philipp Maloney?? Die SRF-Webseite redet von seinen
«haarsträubenden Fällen» und sagt, er ermittle «mit Schalk, Charme und unverkennbarer Raubeinigkeit».
So reisten die Familie Porsche und Goldberg an, welche eigentlich Hornstein und
Schaefer heissen.
Von allen, die wir anschrieben, schafften
es vier Partien an das Treffen. Wie schon
erwähnt, die Hornsteins, die Schaefers, die
Zumsteins und ich mit meiner Freundin. Lange wussten wir nicht, ob die Rööslis an dem
besagten Tag überhaupt da sind?! Schliesslich wird man nur einmal fünfzig! Doch wir
hatten Glück! Die Familie blieb in Sils Maria und so konnte die Direktion ihnen sagen, dass es gut wäre, wenn sie um 15.30
Uhr zu Hause sein könnten. Klar ahnten die
Rööslis, dass da ein paar vom Waldhaus kämen, um Kurt zu gratulieren. Dass aber ein
paar Minuten später auch wir noch aufkreuzen würden, damit haben sie wahrlich nicht
gerechnet.
Die Überraschung glückte, die Augen waren gross und die Verwunderung perfekt. Die
ganze Mühe hatte sich gelohnt. Es klappte alles perfekt und wie am Schnürchen. Am Nachmittag blieben wir zu einem Drink noch bei
Kurt und was ganz toll war, er fand Zeit, mit
uns zusammen im Waldhaus das Abend-Menü
zu geniessen. Es war ein herrlicher, schmackhafter und gemütlicher Abend. Alte Freunde,
die sich trafen und ihre Geschichten erzählten, alte und neue. Die Köche kamen dann auch
noch, um Kurt ein Ständchen zu singen. Es war
einfach schön, für uns alle!!
Zwei Nächte blieben wir im Waldhaus.
Es war ein geglücktes Wochenende. Alles
stimmte, es war wie «ein nach Hause kommen». Gleich fühlten wir uns alle wohl und
es war irgendwie so, als wären wir nie weg
gewesen. Es war so schön, die ehemaligen
MM: Tatsächlich wegen dem Privatdetektiv.
Als ich im Schloss Herblingen arbeitete,
war es für mich fast ein «Muss», die Serie
zu hören. Ich fand es spannend und witzig!
Deshalb nannten meine Kollegen mich so und
meinten auch, ich hätte etwas gemeinsam
mit ihm … ob es der Zynismus, Humor oder
der Scharfsinn ist D, weiss ich nicht mehr.
Marco Mazzonetto aus Schaffhausen war
1992–2000 in der Waldhausküche, lange als
Sous-Chef. Heute ist er bei der Kantonspolizei am Flughafen Zürich. Das Waldhaus hat
er aber nicht vergessen.
Sonja Burch (Zumstein) arbeitete 1993–
1997 vier Saisons hier, Christian Schaefer zwölf Saisons zw. 1992 und 2003, seine
Frau Esther Meier sechs Saisons zw. 1996
und 2000 und schliesslich Alex Hornstein
sieben Saisons zw. 1992 und 1997. Esther
begann mit einer Service-Lehre und stieg
zur zweiten Oberkellnerin auf, die anderen
hatten verantwortliche Positionen in Küche
und Pâtisserie.
Einblick in das Leben eines vielseitigen Kulturmenschen
Luis Coray im Gespräch mit Arthur Godel im Hotel Waldhaus Sils
Er komponiert und singt Lieder,
malt selber und bringt es
anderen bei. Er weiss, wie man
Sprachstörungen behebt und
wirkt als Musikpädagoge:
Luis Coray ist vielseitig begabt.
von Marie-Claire Jur, Engadiner Post/Posta
Ladina, 8. Oktober 2015
Vorgestern Abend unterhielt sich Arthur
Godel, ehemaliger Programmdirektor von
Radio SRF2 «Kultur und Klassik» mit dem
Künstler, Maler und Kulturvermittler Luis
Coray.
Workshop-Leiter
Luis Coray bei seinem Auftritt im Silser Hotel Waldhaus.
Godel leitet derzeit im Hotel Waldhaus
eine Leserunde für Mitglieder des DRS2Kulturclubs, Coray gibt ebendort Kindern
und Jugendlichen einen Malkurs. Bereits
zum zehnten Mal. Und mit erfreulichen Ergebnissen, wie eine projizierte Fotoreportage aus diesem Malatelier aufzeigte. Ob
abstraktes Aktionsbild in knalligen Farben
oder besinnliche Seenlandschaft im Herbst:
Die «Jungkünstler» müssen super begabt
sein oder haben im Workshop-Leiter ein
pädagogisches Genie gefunden. Vielleicht
trifft beides zu, jedenfalls wollte man angesichts der gezeigten Bilder gerne wieder
Kind und Workshop-Teilnehmer sein. Nebst
fotografischen Einblicken in den Workshop
und in Luis Corays Atelier in der Churer Villa Fontanta zeigte der einstündige Treff vor
allem eines auf: die unglaubliche Vielseitig-
keit des Künstlers. Zu sehen an den vor Ort
präsentierten Bildern, über die sich Godel
und Coray unterhielten, aber auch zu hören
in den musikalischen Einlagen. Coray trug
drei romanische Lieder vor mit Gitarrenbegleitung, Mundharmonika-Soli und Skat-Gesang. Ob Eigenkomposition oder Vertonung
von Gedichten eines Felix Giger oder Gion
Derungs: Die Lieder hatten etwas Geheimnisvolles an sich, waren melancholisch und
teils etwas surreal. Elemente, die auch in
Gemälden des Künstlers zu finden sind, beispielsweise in solchen, die nach einer Überschwemmung in Berlin entstanden sind oder
im Gemälde «La Barca da musica» ausgemacht werden können: Drei Frauen in einem
kleinen Ruderboot auf dem Caumasee, mitsamt Cello und Notenständer. Es ist fraglich,
(Foto: Marie-Claire Jur)
ob dieser romantisch inszenierte Ausflug so
idyllisch endet wie er angedacht war… Im
Verlauf der Bilderbesprechung nannte Coray auch einige seiner Künstlervorbilder,
darunter Augusto Giacometti – «den finde
ich super». Die Art und Weise, wie dieser
Bergeller Maler mit Farbe und Form umging,
ist für Coray wegweisend – auch heute noch.
Unverkrampfter Romane
Moderator Godel sprach auch Corays Verhältnis zur rätoromanischen Sprache an. Coray sieht sich als Weltbürger und ist gleichzeitig in Graubünden verwurzelt. Den immer
wieder in der Rumantschia aufflackernden
Sprachenstreit bezeichnete er pointiert als
«maladie imaginaire des minorités», als
eingebildete Krankheit von Minderheiten. Er
selber sei kein (Sprachen)-Chauvinist, betonte er und vermische die Idiome. Der 1954
in Laax geborene und aufgewachsene Luis
Coray ist in einer romanisch sprechenden
Bauernfamilie gross geworden und hat erst
in der Klosterschule von Disentis Deutsch
gelernt – kein leichtes Unterfangen für ihn
und seine im Romanischen verwurzelten Kameraden. Noch heute hadere er manchmal
mit den Artikeln im Deutschen. «Ich kann
mit den Portugiesen nachfühlen», sagte
Coray mit Bezug auf diese Minorität und
ihre sprachliche Integration. An der Klosterschule hat Coray Förderung durch seinen Zeichenlehrer erfahren und studierte
nach der Matura in Zürich Kunstgeschichte,
wo er auch den Vorkurs an der Hochschule für Gestaltung besuchte. Bedingt durch
den frühen Tod des Vaters sah sich Coray
verpflichtet, als «Zwangsbauer» auf dem
elterlichen Bauernhof mitzuarbeiten. Seine Ausbildung setzte er fort und entschied
sich für ein Studium der Logopädie an der
Uni Fribourg, das ihm nebenher genug Zeit
für seine künstlerischen Aktivitäten liess.
Monografie und Einzelausstellung
Coray sieht sich als Autodidakt, er hat sich
aber immer wieder weitergebildet. Für sein
Schaffen wurde er mehrfach mit Beiträgen
des Kantons Graubünden, der Stadt Chur und
der Pro Helvetia unterstützt. 2016 wird eine
Monografie erscheinen, die Leben und Werk
des Malers, Performers, Liedermachers, Logopäden und Musikpädagogen vorstellt. Geplant ist zudem eine Einzelausstellung in Chur.
12
JANUAR 2016
«Resonanzen Sils»: Unerhörtes in Wort und Musik
Vom 13. bis 19. September 2015
erfuhr das Internationale Kulturfest «Resonanzen» seine Zweitauflage in Sils. Unser Gast Ellinor
von Kauffungen hat ein paar
Impressionen gesammelt.
«Resonanz (von lateinisch resonare «widerhallen») – so lese ich in Wikipedia – ist
in Physik und Technik das verstärkte Mitschwingen eines schwingfähigen Systems,
wenn es einer zeitlich veränderlichen Einwirkung unterliegt. Dabei kann das System
um ein Vielfaches stärker ausschlagen als
beim konstanten Einwirken der Anregung
mit ihrer maximalen Stärke… Die im Resonanzfall anwachsenden Ausschläge entstehen dadurch, dass das System bei jeder
Schwingung erneut Energie aufnimmt und
speichert.»
Übertragen auf die Silser «Resonanzen»
heisst das: Wir schwangen mit, wurden angeregt, haben Energie aufgenommen und
vielerlei Eindrücke gespeichert. Beispiele
gefällig?
Schwingend und energiegeladen bereits
der Auftakt am Sonntag 13.09. mit zwei
Quintetten: jenes von Ralph Vaughan Williams (für viele eine Entdeckung) sowie die
hinreissende Wiederbegegnung mit Schuberts Forellenquintett.
Schlechtes Wetter am Montag, 14.09.: Zeit
zum Ausspannen, Lesen und Lauschen – sei
dies in Bad und Sauna oder in der Halle zu
den Weisen des hauseigenen Trios. Während
Gottfried Schatz die Silser Kinder mit Musik
und Chemie verzaubert. Und abends in der
Silser Kirche zwei junge Preisträgerinnen
des Rahn-Kulturfonds auf Violine und Cello
ihr beachtenswertes Können – einfühlsam
befragt von Moderator Kurt Aeschbacher –
zum Klingen bringen.
Am Dienstag, 15.09. eine bewölkte, aber
regenfreie Kulturwanderung ins südliche
Bergell entlang lauschiger Natursteinmauern und Kastanien, mit nassen Füssen, der
Geschichte eines verheerenden Bergsturzes,
der Entdeckung des Palazzo Vertemate, des
traurigen Schicksals der von 17-jährigen
Satanistinnen ermordeten Suor Maria Laura
und der durch die Alpenübergänge bedeutenden Stadt Chiavenna mit ihrem reichen
Stadtkern. Abends Josef Brustmanns feinsinnige kabarettistische Anregungen zum
Freisein («Freiheit ohne Bindung gibt es
nicht») und die Erkenntnis, dass es uns die
Bayern ausser in der Politik auch mit ihrer
Sprache nicht immer leicht machen.
Mittwoch, 16.09. per Postauto und Zug ins
unerwartet sonnige Unterengadin. Mirella
bringt uns die (italienisch inspirierte) Kunst
der Sgraffiti in Guarda und Ardez näher,
verwoben mit der bewegenden Geschichte der Künstlerfamilie Könz/Chönz. Abends
dann im wahrsten Sinn des Wortes ein
schwingender «Ausschlag», wo die Streicher um Kamilla Schatz und das Quatuor sine
nomine mit der barfüssigen und fast gehörlosen Perkussionistin Evelyn Glennie Unerhörtes von Vivaldi und Fabian Müller zu Gehör und das Publikum zum Staunen bringen.
Trotz Regen geht’s am Donnerstag, 17.09.
ins obere Bergell. Joachim lässt uns zwischen Vicosoprano und Stampa rätseln und
schaudern angesichts seiner Hexengeschichten, bevor wir völlig durchnässt den Spuren der Giacomettis durchs enge Tal folgen
und uns Mirella im Talmuseum näher mit
Varlin und den Giacomettis vertraut macht.
Das Postauto bringt uns sicher wieder nach
Hause – kurz bevor die Strasse wegen eines
Erdrutsches verschüttet wird. Abends Einblicke in die «Zeit – was sie mit uns macht
und was wir mit ihr machen»: Rüdiger Safranski liest Kostproben aus seinem neuesten Buch zur Langeweile und wie der Zeitbegriff durch die Kunst zum Stillstand kommt.
Freitag, 18.09. geht’s mit der UNESCOWeltkulturerbe-Bahn über den Berninapass
nach Poschiavo. Staunen über dieses Meisterwerk der Technik und des touristischen
Weitblicks, über die wechselvolle Geschichte des Tals, des venezianisch angehauchten
Hauptorts inklusive Einblicke in Leben und
Wirken des Malers und Schriftstellers Wolfgang Hildesheimer, der hier seinen Lebensabend verbrachte.
Ein Abschied ganz besonderer Art war
am Samstag 19.09. Gottfried Schatz’ eingängige, schelmisch und druckreif vorgetragene Exegese zur Herkunft der menschlichen
Spezies. Es war nicht nur ein Abschied von
einer Woche voller Anregungen und Schwingungen, Widerhall und Beifall, Nachklang
und Echo, es war auch ein endgültiger Abschied von diesem bemerkenswerten Wissenschafter und Wissensvermittler. Wenige
Tage später, am 1. Oktober 2015, ist Gottfried Schatz gestorben. Wir werden sein
Vermächtnis in Ehren halten.
Ellinor von Kauffungen
Resonanzen 2015: Kurt Aeschbacher moderiert das Kinderprogramm.
Sonntag, 18. September
Begrüssungsaperitif, ab 16 Uhr
J. S. Bach, Sonate für Violine solo Nr. 5, BWV 1005
David Grimal (Violine)
Brahms, Klavierquartett Nr. 2, Op. 26
Benjamin Engeli (Klavier), Kamilla Schatz (Violine),
Alfredo Zamarra (Viola), Alexander Hülshoff (Cello)
17 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 45.–)
Internationales
Kulturfest Resonanzen,
zum dritten Mal in Sils
Montag, 19. September
Kulturwanderung Preda–Bergün
(Weltkulturerbe Albulabahn)
voraussichtlich CHF 60.– (inkl. Lunchpaket)
Zum dritten Mal
erfreuen und
begeistern uns
renommierte Künstler
und aufstrebende junge
Nachwuchstalente mit
einem ausgewählten
Programm.
Kinderkonzert mit Alexander Hülshoff
14 Uhr (für Kinder von 4 bis 10 Jahren)
«Next Generation»-Konzert: Preisträger des
Migros Kulturprozent Kammermusik-Wettbewerbs
20.45 Uhr, Offene Kirche Sils (CHF 25.–)
Dienstag, 20. September
Kulturwanderung
Geschichtsträchtiges Chiavenna
CHF 70.– (inkl. Lunchpaket, aber ohne Fahrkarte)
Donna Leon (auf Englisch),
«25 Jahre Commissario Brunetti»
21.15 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 25.–)
Mittwoch, 21. September
Charles Ibert, Trio für Harfe, Violine und Violoncello
Marie-Pierre Langlamet, David Grimal,
Alexander Hülshoff
Sebastian Currier, «Night Time»
Marie-Pierre Langlamet (Harfe), Kamilla Schatz (Violine)
Ernest Chausson, Konzert
für Klavier, Violine und Streichquartett
Benjamin Engeli, David Grimal und das Schumann
Quartett (Erik und Ken Schumann, Violinen;
Liisa Randalu, Viola; Mark Schumann, Violoncello)
21 Uhr, Hotel Edelweiss (CHF 45.–)
Donnerstag, 22. September
Kulturwanderung Davos, nicht nur auf Kirchners Spuren
voraussichtlich CHF 60.– (inkl. Lunchpaket)
Bruno Ganz liest Robert Walser
21.15 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 25.–)
Freitag, 23. September
Kulturwanderung ins untere Puschlav
CHF 45.– (inkl. Lunchpaket, aber ohne Fahrkosten)
Mozart, Streichquartett in F-Dur, KV 590
Schumann Quartett
Debussy, «Danses sacrée et profane»
Marie-P. Langlamet (Harfe) und das Schumann Quartett
Dvořák, Streichquintett in Es-Dur, Op. 97
Schumann Quartett und Alfredo Zamarra (Viola)
21 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 45.–)
Gottfried Schatz (18.8.1936 bis 1.10.2015) am 19.9.2015 im Waldhaus.
Resonanzen
2016
Samstag, 24. September
Vortrag Lutz Jäncke, «Musik und das plastische Gehirn»
10.30 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 15.–)
Wieder vereinen sich
musikalischer Hochgenuss
und literarische Höhepunkte
mit Kulturwanderungen
durch die alpine Natur.
Debussy, Brahms, Dvořák u.
mehr, vorgetragen von
exzellenten Musikern wie
dem Schumann Quartett,
der Harfenistin MariePierre Langlamet und der
Organisatorin selbst,
Kamilla Schatz (Violine).
Moderation und Hintergrundinformation:
Kurt Aeschbacher
und Arthur Godel.
Kulturwanderungen:
Mirella Carbone
und Joachim Jung
Donna Leon feiert mit
ihrem Commissario
Brunetti ein spezielles
Jubiläum. Bruno Ganz
entführt unseren Geist mit
Liebesgeschichten von
Robert Walser.
Den Bogen zurück zur
Musik schlägt mit seinem
Abschlussvortrag Prof. Lutz
Jäncke (Neuropsychologe
und Hirnforscher).
Karten bei uns und den
Infostellen Engadin St. Moritz (Kulturwanderungen
ausschliesslich über das
Waldhaus).
JANUAR 2016
Wir schicken Sie nicht in die Wüste ...
Seit fünf Jahren veranstaltet Marmite, die
«Schweizer Zeitschrift für Ess- und Trinkkultur», einen jährlichen landesweiten
Wettbewerb für Jungköche bis dreissig.
2014 erstmals auch im Service: «Gastgeber/Gastgeberin des Jahres». Voraussetzung ist eine abgeschlossene Lehre oder
ein Hotelfachschulabschluss. Aus den Bewerbern wählt eine hochkarätige Fachjury eine Spitzengruppe von zehn Kandidaten, denen dann ein intensiver und
sorgfältig strukturierter Testbesuch eines
Zweierteams der Juroren am Arbeitsplatz
gilt. Daraus ergeben sich schliesslich die
Schlussränge. 2015 kam Beatrice Anderes
vom Waldhaus in die Top Ten und ist nun
sogar auf dem zweiten Schlussrang.
«Marmite» (Salome In-Albon) schreibt
über Beatrice und über den ganzen
Service-Wettbewerb:
Die Schweiz,
eine Servicewüste?
Nicht doch! Zum zweiten Mal zeigt die
marmite youngster selection, wo die aufblühenden Oasen zu finden sind: Diese
zehn GastgeberInnen sind gewiss keine
Fata Morgana.
Mit Intuition und Instrument
Wie beurteilt man etwas, das aus dem
Innersten kommt? Herzlichkeit, Hingabe,
Gastfreundschaft? Dafür gibt es keine Skala. Es braucht Gespür. Und Erfahrung. Also
eine Jury, wie sie für die marmite youngster selection unterwegs ist. Das sind zehn
Fachleute, die den Service leben. Die den
Sinn für die Gastronomie verinnerlicht
haben. Selbstverständlich kommt die Jury
dennoch nicht ohne Instrument aus, um
die oder den beste/n Gastgeber/in der
Schweiz zu finden. Ein System, das fair ist
und die Ausgangslage für Teilnehmende so
einheitlich wie möglich gestaltet. Konkret
läuft das so ab:
Mit System
Zunächst studiert und beurteilt die Jury
alle eingereichten Dossiers nach festgelegten Kriterien und wählt so die Top 10.
Wer es ins Finale schafft, wird von der Jury
13
Aus der
Vergangenheit
in Zweierteams im Betrieb besucht. Bei den
angemeldeten Besuchen schätzt jeder Juror/ jede Jurorin die Kompetenzen (unter
anderem zu Fachwissen, Auftreten und Verkaufsmanagement) der Servicetalente ein.
Logisch arbeiten bei diesen Tests auch die
geschulten Service-Sensoren auf Hochtouren – was wäre der Mensch ohne Intuition?
Eben. Mit Bedacht und Kenntnis vergibt die
Jury ihre Punkte nach einem definierten
Fragenkatalog. Wer die höchste Punktzahl
erreicht, ist marmite youngster 2016.
Mit Vision
Wir sind überzeugt: Eine Stimme für den
Service ist unabdingbar, denn da draussen
geben so viele junge Gastgeberinnen und
Gastgeber tagtäglich alles, um ihren Gästen ein einmaliges Erlebnis zu bieten. Wir
möchten dieses Wirken sichtbar machen,
diesem Einsatz Wertschätzung zollen und
vor allem den Berufsstolz und das Feuer
dahinter auszeichnen. Unser Bauchgefühl
sagt uns: wir sind auf dem richtigen Weg.
Das Energiebündel
Zweiter Platz: Beatrice Anderes!
Arbeitsort: Hotel Waldhaus, Sils-Maria. Position: Chef de Rang / stv. Chef
Arvenstube.
Gärtnerin. Detailhandelsfachfrau. Coiffeuse. Restaurationsfachfrau. Floristin.
Ein ganzes Bouquet an Berufen, das sich
Beatrice Anderes hätte vorstellen können.
Aber es war die Spannung, die Eleganz, die
Geschwindigkeit des Service, die sie nicht
mehr losliessen. «Ich bin ein Energiebündel. Im Service kann ich Hände, Füsse und
mein Herz voll einsetzen.» Energiebündel?
Und wie! Um sie vibriert es. Am liebsten
würde sie während dem Gespräch aufstehen und etwas um-, ver- oder wegräumen,
jedenfalls irgendwie die Hände beschäftigen. Der Puls der Arbeit schlägt bis in
die Fingerspitzen. Bis in die lebhaften Gesten, mit denen sie ihre Erzählungen unterstreicht. Sie berichtet von ihrer grössten
Freude: mit Freunden essen gehen, für sie
kochen und sie als Gäste bewirten. Dann
wird der Tisch hergerichtet, ein besonderer Wein erlesen und aufwändig gekocht.
Am liebsten asiatisch und mexikanisch.
Marmite schreibt zu diesem Bild: Wer an
der Front täglich Haltung beweist und Contenance bewahrt, ist nicht gewohnt, auszuflippen. Wir haben unsere Top Ten dennoch
dazu bewogen, für einmal alle Formalitäten
abzulegen und ihren Siegesschrei in die
Welt zu schmettern.
Bild Bruno Bolinger
Aber kein Fleisch. «Ich bin Vegetarierin.
Schon mein Leben lang.» Und sie doppelt
gleich nach: «Aber nicht aus ethischen
Gründen. Ich brauche es einfach nicht.»
Als sie ein Jahr im Welschland lebte, ass
sie ein Jahr lang Fleisch. Und wenn es ums
Probieren geht, verkostet sie auch Fleisch.
«Ich bin auf dem Bauernhof aufgewachsen und alles andere als kompliziert.» Sie
lacht – gerne und viel. Auch das mit einer
Energie, die irgendwoher aus einem unerschöpflichen, inneren Quell aufzusteigen
scheint. Ganz klar: was sie sich vornimmt,
zieht sie mit Vollgas durch. So etwa die
Ausbildung zur Bereichsleiterin Restauration oder eine Stelle im Ausland. Und bestimmt die vertiefte Auseinandersetzung
mit Wein; ein Thema, das sie genauso wenig loslässt, wie der Service.
www.marmite.ch
marmite-youngster.ch
Es liegt auf der Hand, dass das Waldhaus
Freude hat an dieser Auszeichnung. Freude
macht uns aber auch der ganze Ton der Zeilen aus der «Marmite»-Küche. Es klingt in
ihnen ein Engagement, eine Überzeugung,
eine Sympathie für die Arbeit im Service
mit, die unserem Fach gut tut.
Sabrina Ott, Oscar Comalli mit der Preisträgerin
«Wir hoffen, dass Food-Begeisterte noch
öfter sagen werden: Ich muss dir etwas
Spannendes erzählen, das ich gerade im
‚Marmite’ gelesen habe», sagt Chefredaktor Andrin C. Willi – und in der Tat: die
sechs Mal jährlich als Magazin erscheinende Zeitschrift für Ess- und Trinkkultur
ist innovativ, informativ und lesenswert,
für interessierte Geniesser/innen nicht
weniger als für uns Gastro- und Weinprofis. Doch Marmite ist unter Willis Aegide
zu weit mehr geworden als einer blossen
Zeitschrift. Zum Beispiel mit den Anlässen
und Gesprächen im neuen Marmite Food
Lab in Zürich, ebenso wie mit dem grossen Nachwuchswettbewerb, in dem jetzt
Beatrice Anderes zu besonderen Ehren gekommen ist.
Februar 2015, aus: Leader, Ostschweizer
Unternehmer-Magazin, www.leaderonline.ch
Martel Weine (Martel AG St. Gallen, www.
martel.ch) ist ein Familienunternehmen,
dessen Wurzeln noch drei Jahrzehnte weiter
zurückreichen als die unseren. Für uns und
unseren Keller ist Martel seit Langem ein
wichtiger Geschäfts- und Ansprechspartner – «eine erste Adresse für erste Adressen» für erstklassige Weine aus Österreich, Italien, Spanien, Australien und den
USA, aber ganz besonders aus dem Burgund und selbst für bestimmte Schweizer
Spitzenproduzenten.
Besonders zur Geltung kommen die Martellschen Schätze bei einem zur schönen Tradition gewordenen grossen Weinabend im
Rahmen des St. Moritz Gourmet Festivals.
«Himmlische Weine» verspricht Jan Martel
im Waldhaus denn auch wieder am 26. Januar 2016. Im kleinen, exklusiven Kreis (max.
40 Teilnehmer) stellt er bei Kerzenschein
zum Degustieren Charakterweine von Weltformat vor, von Gütern wie Romanée-Conti,
Jean-Louis Chave, Bodegas Roda, Castello di
Ama und Ridge Vineyards, gefolgt von einer
«Table d’Hôte» mit vier erlesenen Gängen
von Kurt Röösli und seinen Könnern und begleitet von weiteren edlen Martel-Tropfen.
(CHF 250.– pro Person inkl. Getränke, bei
Waldhaus-Halbpension CHF 200.–).
14
JANUAR 2016
Engadin: Leise Saitenhiebe
Adorno, Chagall, Dürrenmatt,
Einstein und Hesse schätzten
Grandeur und Gemütlichkeit
dieses Hotels: Das Waldhaus im
Engadin gönnt sich bis heute ein
eigenes Klaviertrio.
Von Julius Schophoff (Bilder: Urs Homberger)
Aus der ZEIT vom 22.1.2015.
Verhaltener Applaus beim Teekonzert in
der Halle, der Cellist Eugen Bitto verbeugt
sich, nach rechts, zur Mitte, nach links, dann
geht er die zwei Schritte hinüber zum Flügel. Er blättert in den Noten und schimpft
kurz auf Slowakisch, sodass nur die beiden
anderen Musiker ihn verstehen. Seine helle
Stimme ist bis zu den Sesseln in der Saalmitte zu hören. Der Geiger antwortet etwas,
der Pianist schweigt. Kopfschüttelnd packt
Bitto die Notenhefte des Walzers Herbstweisen ein und verteilt neue: Beethoven, Trio
in G-Dur, Opus 1.
Es ist nicht leicht, im Waldhaus zu spielen, sagt Eugen Bitto. Hier muss man alles
spielen können, Brahms und Bach, die Beatles und Elvis, zum Essen was Leichtes, am
Abend was zum Tanzen, Tango, Rumba, ChaCha-Cha. Ein Riesenrepertoire. Aber der
Pianist ist erst seit vier Jahren hier, der
Geiger seit fünf, das ist nichts, nicht
hier, im Waldhaus! Er, Eugen Bitto, Kapellmeister des Waldhaus-Trios, geht in seine
35. Saison.
Das Grandhotel Waldhaus thront über
dem Dorf Sils-Maria wie ein Schloss, zwischen zwei silbernen Seen, in Sichtweite
des schillernden St. Moritz, Oberengadin,
Ostschweiz. Die Halle, in der das Trio spielt,
ist der Gesellschaftsraum des Hotels, ein
Wohnzimmer mit 130 Sitzplätzen. Die Gäste
lehnen in Samtsesseln, auf den Teetischen
glänzen silberne Kännchen, unter der hohen
Stuckdecke hängen vergoldete Kristallkronleuchter. Ein Kellner fliegt durch den Saal,
hoch zugeknöpft, mit langen Schritten und
erhobenem Kinn. Er balanciert ein Tablett
zu einem der Tische, an einem anderen
schenkt er Wasser nach, eine Hand hinterm
Rücken. So muss es auf der Titanic gewesen
sein. Nur dass das Waldhaus nicht auf einen
Eisberg zusteuert, sondern sich langsam,
Stück für Stück, in den Berg bricht. Immer
wieder sprengen sie den Fels, um sich Platz
zu verschaffen: in den 1920ern für ein Lesezimmer, Tennisplätze und Garagen, 1970
für das Hallenbad, 1991 für den Anbau der
Halle, 2012 für das neue Fumoir. Im Dezember 2016 soll das Spa eröffnet werden, die
Grube ist schon fertig.
Vier Monate im Jahr bleibt das Hotel geschlossen, aber wirklich zur Ruhe kommt
das Waldhaus nie. Es wird angebaut, umgestaltet, restauriert – und die Gäste sagen
jedes Jahr:
Wie schön, dass sich bei euch
nichts ändert!
Es soll alles so bleiben wie damals, als
Richard Strauss hier Champagner schlürfte
und Hermann Hesse ganze Sommer Briefe
schreibend im Lesezimmer verbrachte. Die
Gästeliste, ein Alphabet der grossen Geister: Adorno, Beuys, Chagall, Dürrenmatt,
Einstein. Was sie anzog, war wohl schon
immer diese Mischung aus Grandeur und
Gemütlichkeit, aus fünf Sternen und familiärer Atmosphäre. Es waren die Ururgrosseltern der heutigen Direktoren, die das
Waldhaus vor 107 Jahren gebaut haben.
Und schon damals spielte, wie einst in jedem guten Haus, um vier Uhr nachmittags
ein Trio zum Teekonzert. Einen Pianisten
findet man noch heute in mancher Hotelbar
– aber ein fest angestelltes Trio? Das gibt
es wohl nur noch im Waldhaus.
Am Vormittag blickte man durch die halb
runde Fensterfront der Halle noch auf ein
silberblaues Alpenpanorama. Nun fliegen
die Schneeflocken fast waagerecht, der
Wind schüttelt die kahlen Lärchen, dahinter
verschwimmen die Konturen der Gipfel. Das
Trio spielt Rossini, Il barbiere di Siviglia,
Ouvertüre. Eugen Bitto, klein, rund, bronzener Teint, 62 Jahre alt, hält das Cello im
Arm wie eine Geliebte. Sein Blick wandert
durch die Lesebrille über das Notenblatt,
in kniffligen Momenten zieht er die Brauen
hoch, zuckt mit den Mundwinkeln. In seinem
Rücken sitzt Peter Gul’as, gross und blass,
42 Jahre alt, mit durchgedrücktem Rücken
am Flügel, den Kopf zur Seite geneigt, die
Augen halb geschlossen. Rechts, vorm Flügel, streicht Ernest Patkoló, 65 Jahre alt,
lächelnd über die Saiten der Violine. Seine Finger tanzen in Windeseile über den
Steg, in seiner Miene liegt eine unerschütterliche Ruhe.
Grüezi! Ciao! Salut! Klingende Sektgläser, klirrende Untertassen. Die Halle des
Waldhauses ist kein Konzertsaal. Ein Mann
blättert in der Neuen Zürcher Zeitung: Der
Anschlag auf die Redaktion von Charlie
Hebdo liegt erst drei Tage zurück – doch
es ist, als dringe der Aufschrei, der durch
Europa hallt, nicht durch die schwere, gläserne Drehtür des Hotels. Als prallten die
Schockwellen einfach ab an den Mauern dieser Festung der Musse. So ist das Waldhaus:
Wer drin ist, ist drin; was draussen ist,
bleibt draussen. Der Schriftsteller Martin
Mosebach hat geschrieben: «Das Weltende
könnte stattfinden, und man würde davon
im Waldhaus erst eine Woche später erfahren, durch eine unaufgeregte Information
des Portiers.»
Kurz vor 18 Uhr endet das Teekonzert.
Die drei Musiker stehen auf, Bitto verbeugt
sich, nach rechts, zur Mitte, nach links.
Gul’as, der Pianist, schliesst seinen Flügeldeckel und geht, wie immer als Erster,
wortlos und aufrecht. Patkoló, der Geiger,
winkt einem Kleinkind mit seinem Bogen zu,
dann packt er die Violine ein und geht, wie
immer als Zweiter, lächelnd. Eugen Bitto
bleibt, wie immer, noch etwas da. Ein Junge, etwa acht, kommt auf ihn zu, die Mutter hinterher, mit einer Digitalkamera in
der Hand. Bitto hilft dem Jungen auf seinen
Stuhl, drückt ihm sein Cello und den Bogen
in die Hand, legt den Arm um ihn, klick. Er
kennt den Jungen und seine Mutter schon
lange, sie sind Stammgäste. Wie fast alle
hier: der gebräunte Mann in Fleecejacke
und Schneehose, Typ Willy Bogner; das ältere Paar, er mit Einstecktuch und silbern
gewelltem Haupt, sie in Kostüm und mit
hochgebundenen Haaren wie Brigitte Bardot; der auffällige Herr mit dem Halstuch
und dem langen, gelockten Haarkranz und
seine grosse, schlanke Frau, die auf hohen
Absätzen einen Kinderwagen durch den Saal
schiebt; die Grossfamilie in bunten Pullovern und Turnschuhen, drei Generationen,
zwei Kinder, ein Hund.
Er vergisst nie, sagt Bitto, welcher Gast
sich welches Lied gewünscht hat. Wenn die
Gäste jedes Mal zu ihm kommen müssten,
fühlten sie sich vernachlässigt. Er merkt
sich, wozu ein Paar abends in der Bar tanzt;
und wenn er ihre Namen nicht kennt, weil
sie sich nicht vorgestellt haben, vergibt er
Spitznamen: Tangomann. Frau Cha-Cha-Cha.
Den Herrn, der immer das Lied aus dem Film
Der Dritte Mann hören will, nennt er – wie
sonst? – den dritten Mann.
Der nächste Tag, ein Spaziergang den
Hang hinterm Hotel hinauf. Bitto stapft
durch den Schneematsch. Dann klackern
Hufe, Glöckchen läuten, eine Pferdekutsche
trägt in Lammfell gehüllte Urlauber bergan.
Bitto tritt zur Seite und grüsst. Man muss
alles tun, damit die Gäste sich wohlfühlen,
sagt Bitto. Aber es gibt eine Grenze, die
man nicht überschreiten darf. Dann steckt
er sich eine an und erzählt, wie er diese
Grenze überschritten hat, gleich in seiner
ersten Saison.
Sie war 16, er war 28. Sie stand da und
starrte ihn an, ein Mädchen aus Luxemburg,
eine zarte Schönheit hinter dicken Brillengläsern. Er sprach kaum Deutsch, doch er
spielte, nur für sie. Ein paar Jahre darauf
heirateten sie, bekamen zwei Kinder. Im
Sommer zog die Familie ins Waldhaus, in
der Zwischensaison fuhr Bitto nach Luxemburg. Doch die längste Zeit des Jahres war
er allein. Er versuchte, eine Anstellung in
einem Orchester in Luxemburg zu bekommen, in dem er ein paarmal eingesprungen war, zweites oder drittes Pult. Es war
eigentlich schon geregelt, sagt er, doch
dann lief alles schief. Intrigen, sagt Bitto, die Atmosphäre war vergiftet. Später
Vielleicht werde ich hundert Jahre alt
Violinist Ernest Patkolo, dessen Qualitäten
als Mensch und Musiker Julius Schophoff so schön und treffend schildert, erlitt zwei Monate danach einen ganz plötzlichen Herztod. Er kam um vier nicht zum
Teekonzert, da ging Eugen Bitto in sein
Zimmer und fand ihn tot auf dem Bett. Es
war ausserordentlich traurig – zumal er
sich schon entschieden hatte, nun definitiv bereits nach dieser Saison aufzuhören
und nicht erst nach dem Sommer.
Abschied von Ernest Patkolo (1949–
2015) in der Waldhauskapelle, 22.3.2015
Der hier anwesende Sohn, Roman Patkolo, der in Zürich wohnt und arbeitet,
möchte in Erinnerung an seinen Vater
in Kürze die für ihn und seine Familie
wichtigen Momente und Aussagen für uns
festhalten:
Ernest Patkolo war der beste Vater und
Ehemann, den wir uns hätten wünschen
können! Er war für uns immer eine grosse
Unterstützung, er brachte gute Laune und
positive Energie in unsere Familie und
beschenkte uns stets mit seiner Liebe und
Fürsorge. Wir konnten uns auf ihn verlassen und er stand uns von klein auf bei
unsern ersten Schritten und Tritten bei,
half uns Probleme anzugehen und zu lösen, unterrichtet uns mit Musik und gab
uns die Freude zur Musik. Er lehrte uns,
die Menschen zu achten, zu ehren und
zu lieben. Er konnte niemandem etwas
Schlechtes tun und war ein sehr friedfertiger Mensch.
30 Jahre lang war er Konzertmeister
des Opern- sowie des Sinfonie-Orchesters
und hatte nie mit jemandem einen Konflikt erlebt – er war im Kollektiv sehr beliebt und geschätzt. Er hatte immer gute
Laune und verfügte über eine besondere
Herzlichkeit und hatte stets ein Lächeln
im Gesicht. Ernest war ein bescheidener
Mensch und hat uns gelehrt, Freude an
Kleinigkeiten zu finden und diese Freude zu verbreiten.
Er war hier im Waldhaus zwischen
Euch allen glücklich und hat sich über
den Besuch seiner Frau, unserer Mutter,
immer sehr gefreut und ging gerne mit
ihr im Wald spazieren. Er hat Euch alle,
die Direktion und seine Kollegen sehr
geliebt und hat immer sehr positiv über
Madame Vera, die «Mutter vom Pacific»
gesprochen, die dort für einen guten
Geist sorgt.
Er war für uns ein wahrer Engel und
dies muss wohl der Grund gewesen sein,
dass ihn unser Herrgott vorgestern zu
sich gerufen hat. Wir hoffen sehr, ja wir
sind überzeugt, dass er uns auch von
oben weiterhin als Fürbitter begleiten
wird und wir sind froh, einen so guten
Schutzengel im Himmel zu haben!
Roman Patkolo
Ernest Patkolo war musikalisch wie auch
menschlich eine grosse Bereicherung
unseres Hausorchesters und wurde von
Gästen, Mitarbeitenden und der Direktion gleichermassen geschätzt. Mit seiner Ruhe und seinem liebevollen Wesen
hat er dem Trio oft den nötigen Ausgleich
gegeben und bleibt ein grosses Vorbild!
Wir danken ihm und seiner Familie von
Herzen für die wertvollen Jahre und seine
Zeit im Waldhaus, aber auch für die Entbehrungen, die seine Familie durch diese Tätigkeit in Kauf nehmen musste. Wir
werden Ernest Patkolo in bester Erinnerung behalten. Der Herr lasse ihn ruhen
in Frieden!
Felix Dietrich
JANUAR 2016
unterrichtete der Konzertmeister des Orchesters Bittos Sohn. Wenn Bitto ihn traf,
fragte der Konzertmeister immer: Was? Du
spielst immer noch im Waldhaus?
Im Norden reisst eine Wolke am Gipfel des Piz Lagrev, ringsum glänzen die
verschneiten Hänge. Friedrich Nietzsche,
Stammgast in Sils-Maria, nannte das Fextal
die «Wiege aller Silbertöne». Eugen Bitto sagt: Das hier ist mein goldener Käfig.
Die Landschaft ist atemberaubend, aber
sie liegt abgeschieden; das Waldhaus ist
ein Palast, aber keine Heimat. Abseits der
Bühne gehen die drei Musiker ihre eigenen Wege, ausserhalb der Auftritte trifft
man sie nur selten. Sie leben in einer
Fünf-Sterne-Einsamkeit.
Zurück im Hotel. Am Ende eines langen
Flures, neben dem Lesesaal mit den alten
Sekretären, liegt das Foyer. In einer Ecke
stehen zwei rote Samtsessel. Bitto holt
alte Schwarz-Weiss-Fotos hervor: Männer
mit dunklen Anzügen, Hüten und Geigen.
Urgrossvater, Grossvater, Vater, drei Onkel, alles Musiker. Sein Vater, erzählt Bitto,
spielte Violine, ein Virtuose, Bratislavaer
Boheme, er verliess die Familie, als der
Sohn noch ganz klein war. Mit vier Jahren,
erzählt Bitto, hielt er zum ersten Mal eine
Geige in der Hand. Seltsam, habe der Grossvater gesagt, der Junge macht ja überhaupt
nichts verkehrt! Zum Cello kam er durch seinen Schulfreund Igor, da muss er ungefähr
acht gewesen sein. Igor, spiel Eugen etwas
vor!, sagte dessen Mutter, KZ-Tätowierung
am Arm. Er wird diesen Tag nie vergessen.
Nicht wegen Igors Spiel, sondern wegen
des heissen Kakaos, dem ersten seines Lebens. Nach dem Cello-Studium wollte Bitto
in einem Theater-Orchester in Bratislava
anfangen. Doch dann kam das Angebot aus
der Schweiz, und seine Mutter fragte: Was
verdienst du hier? Was verdienst du da?
Also ging er.
Viertel nach neun am Abend, Barmusik.
Getäfelte Wände, rot gepolsterte Holzstühle,
Kaminfeuer. Fast alle Plätze sind leer, viele
Gäste sind nebenan, bei einem Vortrag über
Antoine de Saint-Exupéry. Der Pianist sitzt
wieder am Flügel, der Geiger streicht seine
Violine, Eugen Bitto aber spielt jetzt nicht
mehr Cello, sondern E-Bass. Hinter ihm steht
ein Verstärker, das Schlagzeug kommt aus
dem Keyboard vor ihm. Das Waldhaus-Trio
spielt Arrangements von Evergreens, Beatles, Elvis, Sinatra.
Strangers in the Night. Eugen Bitto zupft
an den Saiten seiner Bassgitarre, sein Blick
wandert über die Noten. Ernest Patkoló, der
Geiger, lässt die Beine vom Hocker baumeln,
mühelos streicht er mit dem Bogen auf und
ab. Peter Gul’as, der Pianist, hat kein Notenblatt vor sich. Sein Blick schweift, während er spielt, durch den Raum, aus dem
Fenster, zum runden Kronleuchter an der
Decke. Er improvisiert. Bitto blickt über
seine Lesebrille zu ihm hinüber und schüttelt den Kopf.
Bitto sagt: Die Gäste wollen Melodien
hören, die sie kennen. Das sind Standards,
wir müssen die Lieder so spielen, wie sie
gehören. Aber der Pianist macht, was er
will. Er spielt wie ein Kleinkind, und ich
muss mir das anhören.
Peter Gul’as, 42 Jahre alt, hat in Bratislava Komposition studiert, danach Historische Tasteninstrumente am Konservatorium in Amsterdam, mit der, wie er sagt,
besten Abschlussnote seit zehn Jahren. Er
hat promoviert, in Basso continuo, dem
harmonischen Gerüst der Barockmusik. Zu
Hause in Bratislava spielt er, während das
Hotel geschlossen ist, im Orchester Musica Aeterna auf alten Instrumenten. Seinen
Flügel, eine Nachbildung von 1805, bringt
er in jeder Saison mit ins Waldhaus. Wenn
er nicht gerade auftritt, übt er in seinem
Zimmer unter der Küche, zwei, drei Stunden am Tag. Alte Musik, neu interpretiert.
Gul’as sagt: Ich brauche keine Noten, ich
gehe nie verloren. Die Akkorde sind in
mir. Das ist wie ein Kompass, selbst wenn
du tief in den Wald gehst, du verirrst dich
nicht. Aber Bitto wird nie mit mir zufrieden sein. Weil ich nicht Farkaš bin. Für ihn
ist es immer noch Farkaš’ Flügel, und ich
sitze an Farkaš’ Platz.
Juraj Farkaš, auch er war auf den alten
Fotos zu sehen: ein Koloss am Klavier, mit
einer Frisur wie Johnny Cash. Er war Bittos
Schwager, der Mann seiner grossen Schwester, zehn Jahre älter als er. Er war es, der
Bitto ins Waldhaus holte, 30 Jahre lang
war er der Kapellmeister. Farkaš war Bittos Chef, sein Mentor, sein bester Freund.
Wenn Bitto heute vom Wir spricht, vom Uns,
dann meint er nicht das Waldhaus-Trio,
wie es heute heisst, sondern das FarkašTrio, bestehend aus ihm, seinem Schwager
und dem Geiger, mit dem sie 17 Jahre lang
spielten. Für Bitto war das Farkaš-Trio Heimat. 2010 ging Farkaš, schwer krank. 2012
ist er gestorben.
Die Bar füllt sich, der Literaturvortrag
ist zu Ende. Auf dem Flügel steht eine CD,
die Farkaš komponiert hat. Das WaldhausTrio spielt ein Arrangement, das Farkaš
geschrieben hat. Yesterday. Bitto folgt den
Noten, Gul’as spielt nach Gefühl. Nach dem
Lied will Bitto ihn zurechtweisen, doch
Gul’as hört nicht hin. Wie in jeder kurzen
Pause zwischen zwei Liedern ist er gleich
nach dem letzten Ton aufgestanden und hat
sein Tablet auf den Flügel gelegt. Er steht
da und liest, Stuart Isacoff, A Natural History of the Piano. Er will auf der Bühne
nicht reden, sagt Gul’as.
Was er zu sagen hat,
sagt er durch sein Spiel.
Manchmal scheint er Bitto eine Weile
zu imitieren, spielt einen sturen Rhythmus, demonstrativ stereotyp. Dann, plötzlich, schlägt er eine sehr tiefe Taste an,
bricht er aus, schweift ab, die Klaviatur
rauf und runter, bis in die höchsten Töne.
La Cucaracha.
Bitto und Gul’as, Cello gegen Piano, es
wäre wohl nicht zu retten. Wäre da nicht
Ernest Patkoló, Violine. Zwanzig Jahre lang
war er Konzertmeister am Kammerorchester
in Žilina, zehn Jahre erster Konzertmeister
an der Oper in Istanbul, Chef von 95 Musikern. Verstehen Sie bitte, sagt Patkoló, ich
bin ein sehr ruhiger Mann. Ich habe nie
viel gesagt. Musik ist Diplomatie.
Moon River. Bei Ernest Patkoló wirkt jeder Strich perfekt. Manchmal folgt er den
Noten, manchmal nicht. Es ist, als schlage
er mit seinem Bogen die Brücke zwischen
dem treuen Takt von Bitto und der wilden
Improvisation von Gul’as. Nicht Bitto, der
Kapellmeister, hat im Waldhaus-Trio das
Sagen, auch nicht Gul’as, der Rebell am
Piano, sondern Patkoló, der Schlichter an
der Geige.
Ernest Patkoló wird im Februar 66. Im
Sommer spielt er seine letzte Saison, dann
will er sich mit seiner Frau einen Bungalow
in der Türkei kaufen, am Meer.
Vielleicht werde ich hundert
Jahre alt, sagt er.
Eugen Bitto weiss noch nicht, wann er
aufhört. Oder wo er hinsoll. In Luxemburg
fühlt er sich nicht zu Hause. In Bratislava
hält er es keine fünf Tage mehr aus. Meine
Frau will reisen, sagt er, Paris, Venedig. Er
zuckt mit den Schultern.
Peter Gul’as, eine Generation jünger als
die anderen, würde gerne noch lange bleiben. Falls das Waldhaus ein neues Trio aufbaut, mit ihm als Kapellmeister, würde er
tun, was sie hier schon immer getan ha-
ben: anbauen, umgestalten, restaurieren.
Er würde die alten Arrangements sprengen.
Manche Lieder würden auf dem Sperrmüll
landen, anderen würde er einen neuen Anstrich verpassen. Er würde das Repertoire
renovieren. Natürlich müsste er dabei so
behutsam vorgehen, dass das alte Waldhaus-Gefühl bleibt: Wie schön, dass sich
bei euch nichts ändert!
Das letzte Lied ist verklungen, Are You
Lonesome Tonight? Als Erster geht, wie immer, Peter Gul’as, Piano, der Rücken steif,
der Blick stolz, das Tablet unterm Arm. Als
Zweiter geht, wie immer, Ernest Patkoló,
Violine. Gemächlich steigt er von seinem
Hocker und schleicht davon, lächelnd. Als
Dritter geht, wie immer, Eugen Bitto, Cello. Zögerlich legt er sein Instrument in den
Cello-Koffer, dann hievt er sich den Kasten
auf den Rücken.
Von der Bar klingt der Abwasch der letzten Gläser, in der Halle ist das Licht erloschen, die Tische sind gewischt, die Samtsessel rangeschoben. Eugen Bitto, der unter seinem Cello-Koffer fast verschwindet,
grüsst den Nachtportier und drückt den
Knopf am Lift. Zimmer 140, seit zehn Jahren. Über dem Fahrstuhl hängt eine alte
Wanduhr, Magneta 1908. Für einen Moment sieht es aus, als stehe sie still. Der
Lift kommt, Eugen Bitto steigt ein, die Türen schliessen. Dann, plötzlich, bewegt sich
der grosse Zeiger.
Und jetzt?
Die Zukunftsmusik
Nicht nur Ernest Patkolo wird fehlen. Eugen Bitto ist im Oktober in Pension gegangen (siehe «Bleibende Erinnerung», S. 1). Auch jetzt bleibt das
Waldhaus aber nicht ohne sein Trio,
und weiterhin sind es Musiker aus der
Slowakei (plus ein Pole, der uns bereits
gut kennt). Für den Winter 2015/16
gilt erstmals ein Stafettensystem. Zehn
gute Musiker lösen sich so ab, dass
stets ein gutes Trio vor Ort ist.
Ab Saisonanfang bis in den Januar hinein wird’s eine reine Familiensache. Tomas Cseh (ausgesprochen
als «Tschech»), unser hervorragender
junger Violinist vom letzten Sommer, musiziert mit seiner Frau Hiromi Cseh Ishiguri (Piano) und seinem
Bruder Alexander (Kontrabass). Im Januar werden sie nacheinander in fliegendem Wechsel abgelöst von Pianist
Peter Gul’as (siehe Haupttext), vom polnischen Violinisten Marzin Danilewski
und vom Kontrabassisten Michal Vavro.
Ab 22. Februar wird’s dann wieder zu
einer Familiensache mit dem Ehepaar
Arpad und Aniko Patkolo (Violine und
Piano; er ist ein Cousin des Verstorbenen) und Robert Vizvari, Kontrabass.
Dann ist es wieder Peter Gul’as am Flügel, mit Gabriel Szathmary (Violine)
und Michal Vavro (Kontrabass). Was auf
jeden Fall bleibt: montags die Harfenklänge von Martha Kaszap aus Ungarn.
Es ist ein Experiment, auf das wir
uns freuen und sehr gespannt sind.
Vielleicht ist es tatsächlich leichter
und reizvoller für die Zuhörer wie
für die Musiker, nicht mehr eine ganze lange Saison in der gleichen Besetzung zu spielen. Und Kontrabass statt
Cello? Für die Salonmusik eine rechte
Herausforderung, jedenfalls sicher ein
Gewinn für die Musik in der Bar.
Für die letzten Tage der Saison, ab
3. April, sind wir wieder in der guten
musikalischen Obhut von Jazzpianist
Gigi Marson aus Mailand, bzw. aus dem
Val d’Aosta.
15
Grossvater Rinaldo
Rinaldo und Viola. Wir freuen uns mit
unserem frischgebackenen Grossvater.
Rinaldo Croci (Nachtportier 2003 bis 2005
– nur echt mit der markanten Fliege!).
Dennis dankt
Dennis Brunner bedankt sich mit einem
selbstgemachten Herzzopf bei der Wäscherei für die saubere Wäsche in der Küche.
Lappen, Schürzen, Torchons, Moltons,
Geschirrtücher, Kochjacken, Kochhosen…
Täglich wäscht und bügelt die Wäscherei
zehn bis 20 Kilogramm Küchen-Wäsche.
Der Zopf schmeckte köstlich.
Cornelia + Claudio
Bis 12. Juni 2015: Cornelia Ryser und Claudio Dietrich. Ab 13. Juni: Claudio und Cornelia Dietrich.
16
JANUAR 2016
Ein Hotel wie kein anderes
Seit 20 Jahren wird in der
Schweiz das «Historische Hotel
des Jahres» ausgezeichnet. Zum
Jubiläum gibt es einen Sonderpreis. Er geht an das «Waldhaus
Sils». Mit gutem Grund.
von Ruth Spitzenpfeil, aus der NZZ vom
28. August 2015
Manchmal passiert es, dass sich Reisende
in das «Waldhaus» nach Sils Maria verirren,
die einfach auf der Suche nach einem Luxushotel in der Gegend von St. Moritz sind.
«Solche Gäste müssen wir dann behutsam
an die Hand nehmen und ihnen zeigen, dass
bei uns alles ein bisschen anders ist», sagt
Urs Kienberger, der sich selbst als «CIO» –
Chief Intellectual Officer – des Familienunternehmens bezeichnet.
Viele Hotels mit langer Geschichte haben
ihre schrulligen Seiten, die von Stammgästen geliebt und von Neuankömmlingen als
irritierend empfunden werden. Doch im
«Waldhaus Sils» ist die Eigenwilligkeit Programm. Die weisse Burg hoch über dem weiten Talgrund des Oberengadins bietet allen
Luxus eines modernen Fünf-Sterne-Hauses,
ist aber gleichzeitig eine Zeitmaschine,
welche ihre Passagiere mehrmals täglich
ein Jahrhundert vor und zurück fliegt.
Warum etwas wegwerfen, wenn es noch schön
ist? Zimmermobiliar im «Waldhaus Sils»
(Bild: Christian Mathis / NZZ)
Es ist kein Wunder, dass die Schweizer
Landesgruppe der Icomos, der Unterorganisation der Unesco für Denkmäler und historische Stätten, genau dieses Hotel für eine
besondere Ehrung ausgewählt hat. Seit 20
Jahren gibt es die Wertung des «Historischen
Hotels des Jahres», und das «Waldhaus» erhält nun den zu diesem Anlass geschaffenen
Jubiläumspreis. Die reguläre Auszeichnung
geht gleichzeitig an das urchige Berghotel
Waldrand-Pochtenalp im Berner Oberland.
«Historisches Restaurant des Jahres» wird
der mehr als 200-jährige Gasthof «Rössli»
in Balgach.
Was die Icomos-Juroren am «Waldhaus
Sils» besonders beeindruckt, erfährt jeder
Gast schon bei der Ankunft. Hier wird man
nicht «eingecheckt» sondern willkommen
geheissen – und zwar immer von einem
Mitglied der Besitzerfamilie. Inzwischen
hat nach den Gigers und Kienbergers die
fünfte Generation das Ruder übernommen.
Die Brüder Claudio und Patrick Dietrich
setzen eine unvergleichliche Familientradition fort, die von manchen Gästen fast
mit religiöser Inbrunst gelebt wird. Hier
wird nicht gehetzt und mit geschäftlichen
oder sportlichen Grosstaten geprahlt; man
pflegt die geistvolle Konversation und achtet darauf, zur Teestunde zu den Klängen
eines leibhaftigen Salonorchesters die
richtige Lektüre mitzubringen. Im Zweifelsfalle Proust: «Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit».
Von den alten Zeiten verloren gegangen
ist im «Waldhaus» nur wenig. Die Vergangenheit begegnet einem in zahlreichen hinreissenden Details. Trotzdem ist das Hotel
nie stehengeblieben. Gerade wird in einen
grosszügigen Wellness-Bereich investiert,
der ohne Zweifel ganz «Waldhaus» sein
wird: nicht zu protzig, manches vielleicht
etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicher
mit Stil. Und wenn dann beim Abendessen
sich der Kellner auf Anhieb an den Lieb-
Hier an diesem Platz in der Bibliothek des Hotels Waldhaus könnte schon Thomas Mann geschrieben haben.
(Christian Mathis / NZZ)
Das Waldhaus war 2005 «Historisches Hotel
des Jahres», nun hat es zudem den einmaligen
«Jubiläumspreis 2016» erhalten. Die Jury unter Präsident Gerold Kunz verlieh die Auszeichnung nicht nur aus Freude am «ausserordentlichen Original» und seiner Erhaltung,
sondern gerade auch für seine Fortschreibung.
Die Jury habe beabsichtigt, den Jubiläumspreis
einer Person oder einem Betrieb zu verleihen,
der auch für die nächste Zukunft als beispielhaft betrachtet wird. Denn der Betrieb in Sils
zeichne sich durch drei Komponenten aus: Erhalt, Betrieb und Weiterentwicklung.
Tourismus. Aus dieser Gründerzeit hat sich ein
unvergleichliches Erbe an touristischen Traditionen, Bauten und Infrastrukturen erhalten…
auf das die Schweiz aber lange Zeit gar nicht
richtig stolz war. Man wollte nicht altmodisch
sein, und fand zudem ohnehin, allem Touristischen hafte immer auch ein Hauch von unauthentischer Show und blossem Theater an.
Ob dieser Geringschätzung und verlegenen
Vernachlässigung drohte das wertvolle Erbe
mehr und mehr zu verschwinden. Es ist das
grosse Verdienst der Landesgruppe Schweiz
von ICOMOS, diese Gefahr vor zwei Jahrzehnten
erkannt und mit der Prämierung von historischen Gastbetrieben und anderen Aktivitäten
energisch Gegensteuer gegeben zu haben.
Ob unserer Freude über die Auszeichnung und
all die schönen Berichte, die sie zur Folge
hatte, möchten wir den eigentlichen Grund
für diesen Jubiläumspreis nicht vergessen:
Zwanzig Jahre «Historische Hotels des Jahres». Bis zur brutalen Zäsur von 1914 spielte
die Schweiz eine enorm grosse Rolle im frühen
Für uns, die im Waldhaus aufgewachsen sind
und ihm unser Leben widmen, liegt das genau
richtig. Und wir möchten den vielen Applaus,
den wir zu unserer Freude heute kriegen, gerne mit einem schönen alten Kristallspiegel zurückspiegeln auf die, die sich darum so verdient gemacht haben!
lingswein vom letzten Jahr erinnert, dann
ist die Welt in Ordnung.
Waldhaus-Ausbildungsprogramm 2015: Expo Milano
Ein- oder mehrmals im Jahr
organisiert die Direktion einen
Lehrlingsausflug. Einen spannenden Tag zu erleben, das Kennenlernen der neuen Lernenden und
natürlich der Spass stehen dabei
im Vordergrund.
Dieses Jahr ging es an die Weltausstellung Expo in Milano. Die Expo 2015 präsentierte das perfekte Thema für einen
Ausflug von Gastronomiebetrieben wie
dem unseren: «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben». Es soll Technologie,
Innovation, Kultur, Tradition und Kreativität mit den Themen Ernährung und Essen
verbinden. Angesichts neuer globaler Szenarien und aktueller Probleme liegt der
Schwerpunkt auf dem Recht aller Menschen
auf gesunde und ausreichende Nahrung.
Die fünfzehn Lernenden inklusive der
drei Begleiter der Direktion trafen sich
pünktlich um 06.10 Uhr, um mit dem organisierten Car Richtung Milano zu reisen.
An Reiseproviant in Form von diversen
Sandwiches und Getränken fehlte es keineswegs. Nach fast drei Stunden Fahrt
kamen wir in Milano an. Dass das Expogelände riesig ist, war schon von weitem
ersichtlich. Zum Glück wurden gute Schuhe
geschnürt, denn heute werden wohl einige Kilometer zurückgelegt. Auf einem
übergrossen Parkplatz für Cars waren
wir beinahe das erste Fahrzeug. «Auch
schön, wenn es heute nicht so viele Be-
sucher hat». Diese Aussage war definitiv
zu voreilig, wie man im Verlauf des Tages merkte.
Jeder hatte seine Eintrittskarte und ein
grosszügiges Essensgeld von 30 Euro erhalten. Dass eine Ausstellung in diesem
Grössenausmass nicht mit einer Gruppe
von 18 Personen zu begehen ist, war klar.
Es wurden kleine Gruppen gebildet, in denen jeweils das gleiche Interesse bestand.
Klar war auch, dass ein Tag nicht reichen
würde, um alle ca. 145 Länderpavillons
besichtigen zu können. Man einigte sich
auf einige interessante Länder oder spazierte einfach mal drauflos.
Der Tag war sehr eindrücklich. Der ganze Aufbau des Expogeländes gab zu staunen. Eine Stadt wurde innert kürzester
Zeit errichtet. Nebst den teils sehr kunstvoll errichteten Pavillons vollendeten
Grünflächen, künstliche Flüsse und Bäume
die Gesamtansicht.
Einige Länder haben leider das Ziel
etwas verfehlt und glichen mehr einem
Reisebüro mit Souvenirmarkt als einer
landeseignen Ausstellung zum Thema Ernährung und Essen. Dafür punkteten Eigenausteller wie das Label «Slowfood»
und Coop mit interessanten Pavillons und
vielen interaktiven Möglichkeiten, was bei
den Länderpavillons leider auch selten
oder gar nicht vorkam. Auch waren wir
etwas enttäuscht, dass das Essen überhaupt nicht promoted wurde, wie wir
uns das vorgestellt haben. Jedes Land bot
seine Köstlichkeiten im Pavillon selbst an,
einen Verkauf über die Gasse in Form von
kleinen Ständen gab es aber fast gar nicht.
Pünktlich traf man sich wieder beim Ausgang, und nach einem letzten Gruppenfoto
stiegen wir in den Car ein und fuhren nach
Hause. Schliesslich stand noch eine längere
Heimreise an und die meisten arbeiteten
am nächsten Tag wieder.
Fazit eines gelungenen Ausflugs: Sehr
viele interessante Sachen gesehen und gelernt, (zu) viel verschiedene köstliche Gerichte aus aller Welt gegessen und das gute
Schuhwerk hat sich mehr als gelohnt ;).
Es war ein super Tag! Besten Dank nochmal im Namen aller Lernenden/Praktikanten für dieses Erlebnis. Das ist nicht
selbstverständlich!
Marlene, Mascha, Valentin, Mathias
Alle vier, die Engadinerin Marlene Oliveira als Hotelfachfrau sowie die Walliserin
Mascha Jordan, der Zürcher Valentin Minder und der Solothurner Mathias Müller in
der Küche stehen am Anfang ihrer Lehre im
Waldhaus. Von der Direktion dabei: Carla
Lehner, Claudio und Cornelia Dietrich.
JANUAR 2016
Zwei Frauen in der Küche
Wir haben gemeinsam im Waldhaus unsere Kochlehre begonnen. Obwohl wir ziemlich
verschiedene Persönlichkeiten sind, hat uns
diese Zeit verbunden und wir sind nun sehr
gute Freundinnen. In den vergangenen drei
Jahren haben wir zusammen gearbeitet und
im gleichen Haus gewohnt, sind gemeinsam
in die Schule gegangen, verbrachten die
Freizeit zusammen und hatten dasselbe Ziel:
einen erfolgreichen Abschluss!
Der Weg war des Öfteren holprig, aber
mit einer Verbündeten fällt es einem viel
leichter. Der Höhepunkt unserer gemeinsamen Zeit war das letzte halbe Jahr vor
der LAP (Lehrabschlussprüfung). Rückblickend betrachtet waren wir von Januar bis
Ende Mai nie länger als zwei Tage getrennt.
Anfang dieses Jahres fingen wir noch
während der Saison mit den ersten Prüfungsvorbereitungen an. Im März, einige
Wochen vor dem Saisonende, rückten wir
nach Weggis in die Berufsschule ein. Gemeinsam teilten wir uns dort ein Zimmer.
Am Wochenende gingen wir auf den Markt
und kochten zuhause. Die Karteikärtchen
waren stets dabei, fühlten sich aber des
Öfteren etwas links liegen gelassen.
Vier Wochen vor der LAP benötigten wir
eine Auszeit zum Durchatmen. Deshalb flogen wir am letzten Tag der Schule nach
Spanien. Das Wochenende verbrachten wir
in Madrid. Unter völliger Ausblendung der
anstehenden Prüfungen. Am Sonntag ging es
dann mit dem Zug nach Malaga, wo uns eine
Woche im Kempinski Hotel Bahia erwartete.
Diesen Aufenthalt haben wir beim Engadin
Young Talent Wettbewerb im Februar gewonnen (siehe hier S. 1, «Das Rennen gemacht». Anm. der Redaktion). Jeden Morgen
gab es ein fantastisches Frühstück auf der
Terrasse mit Meeresblick. Die LAP rückte
immer mehr in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz kamen die Karteikarten mit ganz
viel guter Absicht mit an den Strand, wo
sie jedoch auch nur die Sonne genossen.
Um wenigstens einen Teil unserer Berufswürde zu wahren, diskutierten wir ausgiebig über die Qualität unserer Abendessen.
Fazit: In Spanien sollte man keine Pasta bestellen, sie verstehen «al dente» nicht. Von
Panna Cotta sollte man die Finger lassen und
die beste Paella gibt es für zwei Euro von
der Nonna am Stadtfest in Estepona. Die
sechs Tage vergingen wie im Flug.
Die Heimreise fiel uns dementsprechend
schwer, vor allem, weil uns plötzlich klar
wurde, dass es nun nur noch drei Wochen
bis zur Prüfung waren. Auf direktem Weg
vom Flughafen Zürich nach Sils, standen
wir mit FlipFlops und Shorts am recht kühlen St. Moritzer Bahnhof. Unser Taxi-Chauffeur des Vertrauens fuhr uns trotz seiner
Ferien noch ins Hotel. Nach Sonnenschein
und Sandstrand brachte uns das leere Hotel
zurück in die Realität. Die nächsten zwei
Wochen kochten wir am Mittag für die Bauarbeiter, ausschliesslich die klassischen
Prüfungsgerichte: Kalbs-Tendron, gefüllter
und geschmorter Lattich, Osso Buco, mit
Dörrfrüchten gefülltes Schweinsnierstück
und alles, was Poulet betrifft. Für diese zwei Wochen hatten wir unser eigenes
Restaurant und durften sämtliche Lebensmittel bestellen, die wir dafür benötigten.
Am Nachmittag trainierten wir unsere individuellen LAP-Menüs. Wir waren jeden
Tag rund zwölf Stunden in der Küche. Am
Abend wollten wir mit vielen guten Absichten erneut mit den Karteikarten lernen, entschieden uns aber des Öfteren für
einen Filmabend.
Nach dieser sehr langen, intensiven gemeinsamen Zeit und der bevorstehenden
Prüfung fingen wir an, uns gegenseitig
auf die Nerven zu gehen. Denn fünf Monate ohne Pause gemeinsam zu verbringen ist eine Herausforderung an sich. Die
letzte Woche verbrachte jeder für sich
zuhause und lernte mit Karteikarten und
Zusammenfassungen.
Am Sonntag, einen Tag vor der theoretischen Prüfung, trafen wir uns in Zürich
und besuchten die «Chef des Alpes». Eine
Kochmesse, bei der mehrere Sterneköche
aus der ganzen Welt Vorträge über ihre
Prinzipien und Art der Küche hielten.
Um halb zwölf in der Nacht trafen wir
erschöpft im Waldhaus ein. Doch am nächsten Morgen brachen wir schon um sechs
Uhr früh auf, um die schriftliche Prüfung
in Samedan zu absolvieren. Nach der Prüfung reisten wir völlig fertig und mit einem
mulmigen Gefühl ins Unterland.
Am nächsten und übernächsten Tag standen die praktischen Prüfungen an. Wir waren mehr als erleichtert, alles hinter uns
zu haben.
Das Hotel öffnete, und wir waren wieder im Berufsalltag. Mitte Juli dann bekamen wir die Einladung zur Diplomfeier, bei
der wir nicht wussten, was wir zu erwarten hatten.
Wir wurden mit extrem guten Noten
überrascht und haben unser Ziel gemeinsam übertroffen.
Rückblicken betrachtet, gab es in den
vergangenen drei Jahren viele Herausforderungen, Erlebnisse und Eindrücke. Kurzum aber eine Zeit, an die man sich sehr
gerne erinnert.
Unser Dank gilt vor allem Kurt Röösli, der
uns gefördert und immer unterstützt hat.
Sowie auch der Direktion, die keine Kosten
gescheut hat und uns somit die gute Vorbereitung ermöglich hat.
Ende dieser Saison (Sommer 2015) verlässt Paula das Waldhaus, während Jennifer
die nächste Saison bei Renato in der Patisserie verbringt. Die Trennung wird uns sehr
schwer fallen. Doch Wiedersehen macht bekanntlich Freude.
Jennifer Sigg / Paula Suhner
Jennifer kommt als Vollprofi in die Pâtisserie; die Lehre bei uns war nicht der erste
Fachabschluss, den sie mit Bravour bestand.
Davor machte sie bei Honold in Zürich eine
Lehre als Konditor/Confiseur. Paula Suhner
aus Thusis beginnt gerade eine neue Stelle
bei Globus in Chur.
17
Nach 35 Jahren wieder zurück
in Hotel Waldhaus, Sils Maria
«Das Waldhaus war der Anfang meines Erwachsenwerdens»,
schreibt Elsö van den Bovenkamp
in der deutschen Zusammenfassung
seines niederländischen
Berichts (siehe S. 5).
Zuerst möchte ich Herrn Felix Dietrich herzlich danken für die Gastfreundlichkeit, die
wir am 16. Juli erfahren haben. Es war eine
grosse Freude, mit Herrn Dietrich zu Mittag
gegessen haben.
Meine Ehefrau, Tochter, Schwiegersohn,
mein Enkelkind Lukas und natürlich ich selber haben die Führung, die er uns durch das
Waldhaus gegeben hat, sehr genossen. So hat
meine Familie sehen können, wo ich vor 35
Jahre gearbeitet habe: das Stübli, der Speisesaal, der Salon, die Küche und so mehr. Es
war wunderbar, die Räume und die Sphäre
wieder zu erfahren.
Vor 35 Jahren habe ich als 17-jähriger Junge eine Sommer- und Wintersaison im Waldhaus gearbeitet. Gerne möchte ich noch mal
auf meine Erfahrungen zurückblicken.
Mein Onkel, Herr Van der Rijst, arbeitete im
Jahr 1980 schon seit einigen Jahren im Hotel,
ich hatte ihm damals gefragt, ob ich vielleicht
im Hotel arbeiten kann. Ich möchte gerne das
gesunden Klima im Engadin geniessen, das ich
schon von verschiedenen Urlauben bei meinen
Verwandten in Sils Maria kannte.
Mein Onkel fragte nach und ich bekam die
Chance, nach meinem Abitur im Hotel als
Kellner-Praktikant zu arbeiten. Hier habe ich
vieles gelernt, Sachen, die ich nie gedacht
habe zu lernen. Vor Anfang der Sommersaison habe ich mit Arbeiten angefangen, ich
lernte die Küche und verschiedene Säle kennen. Oberkellner Roberto Schilirò hatte mich
die Basis der Bedienung gelernt. Auch sollte
ich das Silberbesteck und die Gläser putzen,
Tische vorbereiten, die Gerichte auswendig
lernen und so weiter.
Nach einigen Wochen im Speisesaal durfte
ich auch im Arvenstübli die Gäste bedienen,
Aldevaro war hier mein direkter Kollege, von
ihm habe ich viele Fachtricks gelernt: Servieren von frischer Forelle oder Krebs, Flambieren mit Grand-Marnier oder das Schälen von
Apfelsinen mit Messer und Gabel.
In der Arvenstube wurde à la carte serviert,
für mich wieder eine total neue Erfahrung:
was für Variationen in Gerichten und Weinen!
Noch immer mache ich zu Hause gerne leckere und gut aussehende Menüs für Verwandte und Freunde.
Damals war ich der einzige Kellner aus
den Niederlanden, viele Kellner kamen unter
anderem aus Portugal, Italien oder Spanien.
Von meinen italienischen Kollegen habe ich
gelernt, dass man vor allem Spaghetti nicht
schneiden dürfe, das war undenkbar für sie!
Das Arbeiten im Waldhaus war eine schöne Erfahrung, das Waldhaus war der Anfang
meines Erwachsenwerdens. Herr Felix Dietrich hatte damals vorgeschlagen, dass ich in
Zürich die Hotelfachschule machen soll, aber
ich wollte gerne Chemielaborant werden, ein
Beruf, den ich noch immer ausübe.
Vor allem an Weihnachten und Silvester
habe ich erfahren, wie besonders es war, hier
in Waldhaus arbeiten zu können.
Die Schweiz (und vor allem Graubünden und
das Engadin) hat mein Herz erobert. Noch viele
Male sind wir hier heimgekehrt, mit meinen Eltern und später mit meiner Ehefrau, die ich in
Davos kennengelernt habe, und Familie. Auch
hat meine Cousine Edith van der Rijst mit ihrem Mann im Waldhaus ihre Hochzeit gefeiert!
Es war eine wunderbare Zeit, die ich in
Waldhaus verbracht habe. Letzten Sommer haben wir mit Herrn Felix Dietrich über diese
Zeit wieder gesprochen. 35 Jahre später, aber
die Erinnerung bleibt!
Mit herzlichen Grüssen
Elsö van den Bovenkamp
(im Waldhaus im Sommer 1980 und
Winter 1980/81)
Der Bericht gilt auch zwei Menschen, die dem
Waldhaus fast ihr ganzes Arbeitsleben gewidmet haben und denen wir viel verdanken.
Hein Van der Rijst (1934–1997) aus Utrecht
in den Niederlanden war schon in seiner Jugend als Pflegekind in eine Silser Familie gekommen. Er litt an Asthma, und das Bergklima
sollte ihm Linderung bringen. Später kam er
als Chasseur (Hotelpage) zu uns ins Chantarella in St. Moritz und ins Waldhaus, wo Rolf
Kienberger schnell entdeckte, dass der junge Mann noch ganz andere Talente hatte. Er
arbeitete ihn als Réceptions- und Reservationsmitarbeiter ein, und Hein Van der Rijst
wurde für viele Jahre unser Chef de Réception (mit vielen Nebenpflichten wie der ganzen
Personaladministration).
Roberto Schilirò, der heute seinen Lebensabend in Lodi und Nuova Olonio in Italien verbringt, kam mit 18 zum ersten Mal ins Waldhaus aus seinem heimatlichen Sizilien, als
Hilfskellner zuerst, stieg aber Rang um Rang
auf und bald war er der Erste, der Maître
d’Hôtel, was er viele Jahre lang blieb. Insgesamt 69 Saisons war er im Waldhaus. Walter
Nana wurde 1996 sein direkter Nachfolger.
Roberto Schilirò und Hein Van der Rijst: Sie
haben unser Haus mitgeprägt. Das Waldhaus ist
nicht nur das unsere, sondern auch das ihre.
18
JANUAR 2016
Mitarbeitende Wintersaison 2015/16
Land
Chef de Réception
CH
Stv. Chef de Réception
CH
Einkauf + Kasse + «News»-Redaktion
CH
Verantwortl. Kultur & Events
DE
Sales Manager
CH
Leitung Human Resources
AT/CH
Ass. HR/ Buchhaltung/ Gästebetreuung
CH
Ass. Kultur & Events
CH
Ass. Sales & Marketing/ design. Spa-Leiterin CH
1. Réceptionistin
CH
Kassabüro Teilzeit
IT
Front Office
CH
Front Office
CH
Praktikant Front Office
CH
3. Lehrjahr (Kauffrau)
CH
1
8
63
9
4
30
5
5
16
5
33
1
1
2
6
Loge
Giamara Arnold
Stolz Karl-Ludwig
Copes Oreste
Rosano Giovanni
Giammaria Giuseppe
Dennler Andreas
Boschini Maddalena
Christofoletti Ivan
Schuhmann Hennes
Chef-Concierge
2. Concierge
2. Concierge Winter
1. Chauffeur
Nachtportier
Nachtportier
Logentournante
Logentournant
Logentournant
CH
DE
IT
IT
IT
CH
IT
IT
DE
24
14
53
56
3
2
7
3
2
Etage
Gaudenz Seraina
Sorrilha Ferreira Cristina Maria
Simão Morais Adérito
Paiva Morais Carlos
Spechtenhauser Christoph
Parraguês Machado José Manuel
De Giambattista Francesco
Gomes da Silva Olga Maria
Pinto dos Santos Hostilina
Lomazzi Laura
Pereira Godinho Adriana R.
Tavasci Jessica
Matumona Gracia
Da Costa Torres Bernardina
Tewolde Araya Mihret
Mastai Lucineia
Santos Costa Ana Isabel
Daniel Andemeskel
Maekele Ghirmay
Guedes Pereira Nuno Miguel
Ribeiro Dos Santos Helder Daniel
Leiterin Hauswirtschaft
2. Gouvernante
Etagenportier
Etagenportier
Etagenportier
Portier/ Wäscherei
Etagenportier
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
Zimmerfrau
«Zimmermann»
«Zimmermann»
«Zimmermann»
«Zimmermann»
CH
PT
PT
PT
IT
PT
IT
PT
PT
IT
PT
IT
AO
PT
ER/IT
IT
PT
ER
ER
PT
PT
29
57
56
31
9
4
3
34
31
19
7
7
5
4
3
3
1
13
11
4
2
Strimer Madlaina
Schnyder Tabea
Fliri Jessica
Oliveira Marlene
3.
2.
2.
1.
CH
CH
CH
PT
Bar / Halle / Arvenstube
Schukraft Jakob
Iorizzo Maria
Dos Santos Ferreira José Manuel
Nägele Lisa
Cristiano Luca
Schneider Sandy
Famulari Carmelo
Luchin Roberto
Schukraft Cathrin
Gianera Gabriele
Michnova Lenka
Santos Carvalho Nuno Miguel
Marongiu Silvia
Muggiasca Tosca
F&B Koordinator
Chef de Bar
Chef Arvenstube
Barkellnerin
Barkellner
Barkellnerin
Barkellner
Barkellner
Barkellnerin
Chef de rang
Chef de rang
Commis Arvenstube
Commis de bar
Praktikantin
DE
6
IT
6
PT
34
DE
3
CH
8
DE
1
CH/IT 1
IT
1
DE
9
IT
11
SK
2
PT
31
IT
1
CH
1
Meier Sin Yie
3. Lehrjahr (Restaurationsfachfrau)
CH
6
Saal / Etagenservice
Nana Walter
Comalli Oscar
Santoro Giuseppe
Anderes Beatrice
Maître d’Hôtel
Sommelier & Weineinkauf
2. Maître d’Hôtel
2. Sommeliere
IT
IT
IT
CH
57
47
36
8
Dos Santos Ferreira Domingos
Da Silva Teixeira João Manuel
Chef d’Etage
Commis d’Etage
PT
PT
43
25
Morfuni Bruno
Adrega Pereira Helder A.
Mofreita Vaz Sergio
Donato Giovambattista
Dulaj Marek
Nepras Milan
Passidomo Vito
Oliveira Carvalho Antonio
Perdicaro Carmelo
Ko incová Veronika
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellner
Saalkellnerin
IT
PT
PT
IT
SK
SK
IT
PT
IT
SK
35
30
27
26
18
11
13
27
2
9
Lehrjahr
Lehrjahr
Lehrjahr
Lehrjahr
(Hotelfachfrau)
(Hotelfachfrau)
(Hotelfachfrau)
(Hotelfachfrau)
Land
Anzahl
Saisons
Büro
Unternährer Martin
Pinto Melinda
Halter Hubert
Boddenberg Daniela
Caviezel Flurina
Röösli-Stadler Sissi
Dietrich-Ryser Cornelia
Stoffels Corina
Lehner-Dietrich Carla
Ott Sabrina
Ruffatti Luisa
Nägeli Marina
Villinger Manuela
Hauser Sandro
Walther Valeria
6
4
4
2
Anzahl
Saisons
Pellegrinelli Matilde
Weinkellnerin und Hallenbad/Kiosk
CH/ES 48
Buciol Alessandro
Rosina Eleonora
Buonadonna Francesca
Tafuri Paolo
Paladino Antonino
Tabacchi Debora
Di Maria Salvatore
Commis
Commis
Commis
Commis
Commis
Commis
Commis
IT/CH
IT
IT
IT
IT
IT
IT
Economat
Oliveira Santos Olga Maria
Aversa Marco
Passidomo Caterina
Santos Taveira Gloria
Lemnos Virginie
Vicino Carmela
Pereira Teixeira Silvia
Dos Santos Silva Rui Adelino
Dias Barros Ivo
Dos Santos Silva Dimas
Rodrigues Correia Paulo
Vicino Giuseppe
Pinto Ribeiro Fabio
1. Economat-Angestellte
Kellermeister + Economat
Economat-Angestellte
Economat-Angestellte
Economat-Angestellte
Mitarbeiterservice
Mitarbeiterservice
Verantw. Reinigung Küche + Office
Reinigung Küche + Office
Reinigung Küche + Office
Reinigung Küche + Office
Reinigung Küche + Office
Reinigung Küche + Office
PT
IT
IT
PT
CH
IT
PT
PT
PT
PT
PT
IT
PT
41
13
3
25
8
5
2
19
5
1
15
8
1
Küche
Röösli Kurt
Pellegrinelli Renato
Brunner Dennis Remo
Marolf Fabian
Bohni Micha
Maffi Giovanni
Zimmermann Mattia
Enzenhofer Mathias
Neuenschwander Marcel
Sigg Jennifer
Isler Myriam
Nägele Laura
Siegl Moritz
Stöppelmann Nico
Meier Xenia
Küchenchef
Chef Pâtissier
Sous-Chef
Junior Sous-Chef
Chef Entremetier
Chef Saucier
Chef Gardemanger
Demi-Chef Gardemanger
Demi-Chef Saucier
Commis Pâtissière
Commis de cuisine
Commis de cuisine
Commis de cuisine
Commis de cuisine
Commis de cuisine
CH
CH
AT
CH
CH
IT
CH
AT
CH
CH
CH
DE
DE
DE
CH
48
50
22
9
3
7
9
4
1
6
3
1
1
1
1
Könz Luca
Liebster Luc
Lehmann Felix
Indermühle Samuel
Herzog Patrick
Jordan Mascha
Müller Mathias
Minder Valentin
Koch-Lernender, 3. Jahr
Koch-Lernender, 3. Jahr
Koch-Lernender, 3. Jahr
Koch-Lernender, 2. Jahr
Koch-Lernender, 2. Jahr
Koch-Lernende, 2. Jahr
Koch-Lernender, 1. Jahr
Koch-Lernender, 1. Jahr
CH
CH
CH
CH
CH/HK
CH
CH
CH
6
6
6
4
4
3
2
2
Lingerie und Wäscherei
Fallini Lucia
Aquistapace Cinzia
Bini Bruna
Adrega Dias Jorge Manuel
Pinheiro d. Santos Maria Manuela
Teixeira Soares Elisabete Maria
Materese Marco
Colturi Pamela
Rodriguez Maria Clara
Gebrezghi Semhar
1. Glätterin
Lingerie / Etage Tournante
Lingerie / Etage Tournante
Wäscher
Lingerieangestellte
Lingerieangestellte
Lingerieangestellter
Lingerieangestellte
Lingerieangestellte
Lingerieangestellte
IT
IT
IT
PT
PT
PT
IT
IT
IT/RA
ER
23
29
3
17
27
26
18
5
7
5
de
de
de
de
de
de
de
Salle
Salle
Salle
Salle
Salle
Salle
Salle
Wellness und Gästebetreuung
Millar Edith
Hallenbad / Kioskleiterin
CH/CA
Neprasova Monika
Angestellte Hallenbad/Kiosk
CZ
Halter-Frei Michèle
Angestellte Hallenbad/Kiosk
CH
Guiance Fernandez Josefa
Angestellte Hallenbad
ES
Bulach Maria
Masseurin
CH/AT
Kalberer Jacqueline
Masseurin
CH
Cagnoni Cristina
Masseurin
CH
Bryner Anita
Kinderbetreuerin
CH
Wallnöfer Elisabeth
Ablöse Kinderbetreuung
CH
Rosano-Gredig Anna
Floristin / Gärtnerin
CH
Maschler Franz
Tennis- und Skilehrer
IT
Wanderleiter Sommer, im Turnus: Giovanoli Cécile (14 Saisons), Zinsli Werner (3),
Gantenbein Beatrice und Erwin (3), alle CH
6
5
3
5
3
4
1
39
10
33
3
2
2
1
46
30
50
63
Musik: siehe Seite 15 («Zukunftsmusik»)
Handwerker und Diverse
Schmidt Guido
Tognetti Michele
Levi Michele
Morais Gil Cassiano
Brülisauer Andrea
Haustechnik und Sicherheit
Hauselektriker
Hausschreiner
Gärtner / Schneeräumung
Allrounder
CH
IT
IT
PT
CH
75
16
10
62
3
Dietrich Claudio
Dietrich Patrick
Direktion / Essen & Trinken
Direktion / Beherbergung
CH
CH
..
..
Kienberger Urs
Dietrich Maria
Dietrich Felix
VR; Kommunikation + Strategie
CH
VR; Ausgleich + Buchhaltung
CH
VR; Kultur, Spezialaufgaben, Aussenbez. CH
..
..
..
JANUAR 2016
19
Man kann in ein Hotel gehen oder ins Waldhaus
«Per qualche dollaro in più»
«Es stand in alten Zeiten ein
Schloss, so hoch und hehr,
Weit glänzt es über die Lande bis
an das blaue Meer…»
Diese Worte Ludwig Uhlands müssen mir
aus ferner Erinnerung zugeflogen sein, als
ich das Waldhaus zum ersten Mal aus der
Ferne erblickte.
Wohl darum ist das Waldhaus für mich unausgesprochen, aber umso dauerhafter auch
heute noch das «Schloss», und wer möchte
nicht wenigstens einmal im Leben in einem
Schloss wohnen?
Es war im Jahr 1964, als ich das Glück
hatte, mit meinen Eltern im Hotel Alpenrose die Sommerferien verbringen zu dürfen, wenigstens am Fusse des «Schlosses»,
wie es sich für einen nicht Blaublütigen
eben ziemt.
Aus mir heute nicht mehr bekannten Gründen entschieden sich meine Eltern, die Ferien im folgenden Jahr im Hotel Margna zu
verbringen. Nichts gegen das «Margna»,
aber jetzt hatte ich das Schloss auf Schritt
und Tritt im Gesichtsfeld, als wollte es mir
sagen: «Hier oben wird die Musik gespielt».
Anlässlich der Rückkehr von einem Fextalausflug geschah es dann, dass ich wie von
einem Magnet angezogen das Strässchen
verliess, die Freitreppen des Schlosses
hinaufstieg und mutig zur Loge vordrang.
Eine livrierte Respektsperson übergab mir
wunschgemäss den Hotelprospekt samt diskret hineingelegter Preisliste. Mit diesen
Unterlagen trat ich dann den Rückweg an,
jedoch nicht ohne zu bemerken, dass tatsächlich «die Musik dort oben spielte».
Von einem gepflegten Orchester wurde für
die in grossen Fauteuils einer grosszügig
dimensionierten Halle den «Four O’Clock
Tea» geniessenden Hotelgäste gerade eine
beschwingt-nostalgische Melodie intoniert
und all das unter dezenter Beleuchtung eines
Riesenkristallleuchters. Liebe Leserschaft,
lache jetzt nicht, aber in diesen Sekunden
begann für mich eine neue Zeitrechnung.
Beim Abendessen dieses Tages erfolgte dann
eine kurze Diskussion mit meinem Vater,
welche darin bestand:
– ihn zu fragen, wieso wir unsere Ferien
nicht im Schloss verbringen könnten
– ihm anhand der Waldhaus-Preisliste zu
beweisen, dass dies mit einer Mehrausgabe
von Fr. 5.– pro Tag und Zimmer gegenüber
dem Margna-Tarif möglich wäre
– ihm das Versprechen abzuringen, unseren nächsten Ferienaufenthalt im Waldhaus zu buchen, wozu es überraschenderweise gar keiner grossen Überredungskunst
bedurfte...
Die Erinnerungen an die dann folgenden
Ferienaufenthalte, die ich mit meinen Eltern und später mit meiner Frau zu allen
Jahreszeiten im Schloss verbringen durfte,
fliessen allmählich ineinander über, was
fünfzig Jahre nach dem ersten Kontakt verständlich erscheint.
Einige Höhepunkte, die mir immer in der
Erinnerung bleiben werden:
Um das Jahr 1967 durfte ich anlässlich
eines Umtrunks in der Arvenstube, an dem
neben meinen Eltern das «Schlossherrenehepaar» der dritten Generation Kienberger und ein weiteres Hotelierehepaar aus
Sils teilnahmen, als Hoffotograph fungieren.
Rein zufällig befand ich mich einmal im
Entrée des Schlosses, als von einer darüber
liegenden Etage eine Mischung aus weiblichem Angstgeschrei, wutentbranntem Hundegebell und einer zuschlagenden Türe hörbar wurde. Mir ahnte Übles, denn an der Art
des Gebells erkannte ich, dass es vom Dackel
meiner Eltern stammte, welcher während der
Essenszeit jeweils allein im Zimmer war. Ich
rannte, zwei Stufen aufs Mal nehmend, in
die erste Etage hoch, traf eine Angestellte
des Etagendienstes völlig aufgelöst und hinter der Türe des Elternzimmers den Dackel,
welcher der Tonlage seines Gebells zufolge
kurz vor dem Durchdrehen stand. Glücklicherweise war ihre Begegnung mit dem Dackel, der sein Revier verteidigte, unblutig
verlaufen. Das Tier konnte allmählich beruhigt und die schockierte Dame darauf hingewiesen werden, dass an der Türe ein gut
lesbares Schild «Bitte nicht stören» hing.
Vor fünfzig Jahren: die Eltern des Fotografen; Rita Kienberger; die früheren AlpenroseHoteliers Albert und Cathi Knaus. Von hinten: Rolf Kienberger. Musiker: Bruno Kneitz, Rudi
Knina.
Aufnahme Peter S.
Ein besonderes Beispiel der im Schloss
gepflegten Gastfreundschaft erlebten wir,
als wir kurzfristig ein bestimmtes Zimmer
zu buchen wünschten und nicht nur dieses,
sondern sämtliche Zimmer belegt waren. Die
an Flexibilität kaum zu überbietende Lösung
bestand darin, dass wir die erste Nacht in
einem Personalzimmer in der obersten Etage verbringen durften. Am folgenden Tag
erfolgte dann der Umzug in ein inzwischen
frei gewordenes Zimmer und am dritten Tag
der Wechsel ins von uns ursprünglich gewünschte Zimmer.
Ein wenig Stolz schwang mit, als ich einer sympathischen Schauspielerin die ihr
entfallene Schlusszeile der im NietzscheStein eingemeisselten Zarathustra-Verse,
welche sie in kleiner Runde rezitierte, aus
dem Stegreif ergänzen konnte.
Als ich einmal einen besonderen Fotowunsch hatte, begleitet mich ein Mitglied
des Schlosspersonals ein weiteres Mal auf
die Zinne.
Ein anderes Mal wurde mir der Besuch
der Zinne des Schlosses durch persönliche
Begleitung von Co-Schlossherr der vierten
Generation Felix Dietrich ermöglicht. Mein
Ziel war die Abklärung der Empfangsmöglichkeit eines mich speziell interessierenden UKW-Senders.
Unvergessen bleibt die Teilnahme am
mehrtägigen Seminar, welches anlässlich
der Präsentation des vom Schlossmechanikus Guido Schmidt in jahrelanger Arbeit restaurierten Welte Mignon Klaviers stattfand.
Herr Schmidt war es auch, der mir eine Saison später einen seiner Belichtungsmesser
auslieh, ohne den es mir nicht möglich gewesen wäre, unseren damaligen Abstecher
ins Südtirol fotographisch qualitativ einwandfrei zu dokumentieren.
Zu den Erinnerungsstücken meiner Frau
Karin gehört das Menu vom Dienstag, dem
12. Oktober 1999. Darauf habe ich, wohl
durch den reichlichen Genuss des «Fruttaio Cà Rizzieri» genannten Sforzatos befeuert, notiert: Man kann in ein Hotel gehen
Und schon wieder eine Dietrich! Selena
Inglina erfreut uns seit dem 9. Mai 2015.
Auf dem Bild mit Elias.
Edward, 15.07.2015, Sohn von Laura Lomazzi.
Ein Prinz aus dem Morgenland, Bewohner des Nachbarzimmers, fragte meine Eltern, ob sein Gitarrenspiel den Dackel stören würde. Gitarrenklang würde vom Dackel
goutiert, war die Antwort. Bei Klarinette
wären die Dinge anders gelegen.
Eine Schauspielerin, mit welcher ich
bei ihrem Arrivée in der Empfangshalle
ins Gespräch kam, äusserte sich in breitestem Basler Dialekt über die Stimmung
im Hotel. Als sie Worte wie Friedhofsatmosphäre und lebendige Leichname zu
verwenden begann, fühlte ich mein Schloss
angegriffen und liess die zwischen den Gästen des Schlosses übliche Zurückhaltung mit
folgender Aufforderung fallen: «Fahren Sie
mit dem Lift bis zur oberste Etage, setzen
Sie sich dort aufs Treppengeländer und rutschen Sie auf diesem bis in die Empfangshalle hinunter. Die vermisste Stimmung wird
umgehend aufkommen und ein Applaus wird
Ihnen gewiss sein.» Schade, sie wollte nicht.
oder ins Waldhaus! Diese Worte erklären
die Art des Verhältnisses zu meinem unter
dem Namen «Waldhaus» bekannten Schloss
am trefflichsten.
Peter Schleuss, im Herbst 2015
Etwas Geschichte zur Geschichte:
Die Alpenrose, deren zunächst bescheidener Anfang als Hotel auf 1862 zurückgeht,
war der älteste und nach einem meisterhaften Um- und Ausbau durch Arch. Nicolaus Hartmann jun. um 1907 wohl architektonisch überzeugendste Hotelbau von Sils,
mit ähnlichen Gästen wie das Waldhaus. Albert und Cathi Knaus führten es von 1936
bis etwa 1964.
Albert Knaus, geb. 1904, starb erst wenige
Wochen vor seinem 99. Geburtstag in St. Moritz. Der Alpenrose ging es weniger gut.
Bis fast zuletzt nur im Sommer offen, verkümmerte das Hotel allmählich. 1973 wurde
es von seinen Engadiner Besitzern an den
Meistbietenden verkauft. Der wollte gross
neu bauen, die Gemeinde und die Öffentlichkeit wollten das bestehende Hotel erhalten. Jahrzehntelang zerfiel das leerstehende Juwel und wurde schliesslich um 2000 als
reines Apartmenthaus wieder aufgebaut; nur
der Kopfbau an der Dorfstrasse blieb äusserllch erhalten. Auf Insistieren der Gemeinde hat’s immerhin ein gutes Restaurant und
einen Erstwohnungsanteil von 25 Prozent.
Das Bild erinnert uns auch an Rudi Knina,
unseren legendären Waldhaus-Kapellmeister
von damals samt Cello, Schlagzeug, Harmonika und unvergessenem Charme.
Kindersegen
Leonardo, 18.11.2015,
Sohn von Carmelo Famulari.
Eldana, die Tochter von Ghirmay
20
JANUAR 2016
Eine Reise ohne Ziel war schon immer mein grosser Traum
Bilder und Geschichten aus Billy
Bühlers Reiseblog billytheblog.ch
War alles für die Katz? Da kommt einer jung
ins Waldhaus, macht’s gut und kann’s gut,
wird zum geschätzten Mitarbeiter und tollen Kollegen, zum Fachmann und (fast) erwachsen. Und dann schreibt er später: «Endlich habe ich es geschafft, aus der Schweiz
abzuhauen!»
Nun: Billy Bühler aus dem Zürcher Weinland, der 2005–2008 seine Servicelehre
hier machte, sprühte schon damals (nicht
nur bei der Arbeit) vor Tatkraft und Unternehmungslust, zum Beispiel, als er und ein
Freund Tonnen von Schnee schaufelten, um
sich einen Fun-Park fürs Snowbike zu kre-
darf mich nicht mitnehmen, da ich ohne Retourticket nach NZ einreisen will. Um die
ganze Schikane zu erzählen, müsste ich ein
Buch schreiben. Wichtig ist, wir haben es
geschaft und sitzen verschwitzt, müde, froh
und hungrig im Flieger nach NEW ZEALAND…
9. Mai: Angekommen in
Neuseeland
Die neuseeländische Fluggesellschaft ist
mit Abstand die coolste in meiner Reisekarriere. Das Flugpersonal ist so freundlich und
aufgestellt, das Essen so schmackhaft, dass
man am liebsten weiterfliegen würde. Wir
steigen aber aus. Das Klima ist herrlich, unerwartet warm und das Licht so dramatisch,
als könnte man gleich den vierten Teil der
Herr der Ringe drehen…
nick-Platz am Meer fahren wir ins Dorfzentrum, um uns Kaffee zu holen und uns über
den Surf zu informieren. Ich muss endlich
aufs Brett! Die Wellen sehen sehr klein, aber
lustig aus. Gut genug, um Spass zu haben. Ab
aufs Brett! Das Surfen hab ich nicht verlernt
und die Crowd im Line-up ist auch sehr cool.
350 km
Das Wetter ist mittlerweile beschissen.
Es wird immer kälter und der Regen machts
auch nicht besser. Wir sind in New Plymouth.
Es ist schon dunkel. Eine Nacht im Holidaypark und wir fahren weiter, wir fahren durch
bis Wellington.
Dort haben wir Tickets für das Jurassic
5 Konzert und können es kaum erwarten, die
Oldschool Jungs auf der Bühne zu sehen. Das
Konzert ist der Hammer! Die Menge tobt und
die Stimmung ist nicht zu vergleichen mit
Hip Hop Konzerten in der Schweiz.
Die Reise geht weiter. Wir nehmen die
Fähre nach Picton. Während wir auf sie warten, machen wir Witze, dass die Karre nicht
mehr anspringt, wenn wir auf die Fähre fahren müssen. Genau das geschieht. Einmal
mehr zeigt sich die unendliche Hilfsbereitschaft der Neuseeländer. Nur Sekunden später wird unser Auto überbrückt. Die Fähre
wartet natürlich auf uns, die beiden planlosen Schweizer.
Der Norden des Südens
ieren und dort die gewagtesten Sprünge zu
produzieren (siehe Waldhaus News vom Jan.
2008). Umgekehrt blitzt auch in seinem Reiseblog immer wieder der überzeugte GastroProfi auf. Alles für die Katz? Aber nein: auch
wir finden, Billy ist gut unterwegs!
Endlich hab ich es geschafft, von der
Schweiz abzuhauen. Ich reise jedoch nicht
ganz ohne Plan. Mein Cousin begleitet mich
die ersten zwei Monate. Am 2. April 2015
geht’s via Hong Kong für drei Monate nach
Neuseeland, wo wir mit einem Camper durch
die Nord- und Südinseln reisen werden zum
Surfen, Fotografieren, Filmen, Klettern,
Trekking und was sonst noch alles auf uns
zu kommt in diesem wunderschönen Land.
Indonesien steht als nächstes an. Ein bisschen surfen und dann nach Sumatra reisen,
um dort für die Eco Lodge von der Stiftung
Pan Eco den Service im neuen Restaurant zu
schulen. Weiter werde ich mit Motorproductions und einem Freund zusammen einen Film
über den Orang-Utan Coffee drehen.
Was danach kommt, hat noch keine Pläne…
mit meiner Liebe Indien und Nepal bereisen?
12-h-Stopover Hong Kong
Die Reise hat begonnen. Hong Kong, eine
Stadt, die lebt, bebt, arbeitet und nur selten
Ruhe findet. Die Kamera an der Schulter und
ein paar HK Dollars in der Tasche, ziehen wir
los. So viel als möglich von der Stadt sehen
und nur kleine Pausen einlegen: Damit wollen
wir unsere Müdigkeit vom schlaflosen Flug
ignorieren und ein Einschlafen vermeiden.
Nach sechsstündigem Sightseeing werden
unsere Augenlider schwer. Gehen ist schon
im Unterbewusstsein. Die Rückkehr zum Flughafen ist unser grösster Wunsch und wir
nehmen ein Taxi zur Central Station, wo der
Airport Train uns zum Flughafen bringt. Alles
geht schnell und unkompliziert. Noch wissen
wir nicht, dass unser grösstes Hindernis am
Flughafen auf uns wartet. Der Anschlussflug
Nun sind wir planlos, aber motiviert am
Flughafen. Als erstes suchen wir uns Internetzugang, um herauszufinden, wo wir
Unterkunft finden. Ein Auto muss auch so
schnell wie möglich her. Nach einer halben
Stunde ist alles organisiert. Wir staunen selber über uns. Eine kleine Shoppingtour, eine
Nacht im Backpackers und wir sind bereit,
uns um den Autokauf zu kümmern. Unser zukünftiges Auto, ein Honda Odyssey fährt direkt vor. Eine kleine Probefahrt, alles passt
und der Deal ist gelaufen.
High five und los geht’s!
Alejandro darf sich als erster mit dem
Linksverkehr vertraut machen. Wenn das
nur gut geht!? Erstes Ziel: Raglan! Der Ort
für Surfer schlechthin. Während der Fahrt
fällt es uns schwer, sich auf die Strasse zu
konzentrieren. Die Landschaft ist einfach
traumhaft! Bei Einbruch der Dunkelheit und
mit leerem Magen kommen wir im kleinen,
herzigen Dorf an. Bei unserem ersten Campingversuch direkt am Meer werden wir,
während wir unser Dinner zubereiten, von
einem sehr netten Polizisten darauf aufmerksam gemacht, nach unserem Festmahl
ein Camping aufzusuchen und die Nacht dort
zu verbringen. Er sagt, er wolle uns keine
Busse geben müssen, wünscht uns einen guten Appetit und verschwindet wieder. Die
Menschen hier in Neuseeland, selbst Polizisten, sind sehr, sehr freundlich und hilfsbereit. Nur 200 m entfernt finden wir einen
Campingplatz. Müde aber glücklich legen wir
uns im neuen Auto schlafen. Unerwartet bequem, so ein Honda…
Surf to South
Die Sonne geht auf und der Morgentau
bleibt nur noch im Schatten hängen. Eine
unbeschreibliche Morgenstimmung auf dem
Campingplatz, nur die Wellen vor der Bucht
von Raglan sind zu hören. Nach einem ausgiebigen Rührei mit Speck bei unserem Pick-
Wir beschliessen, den nördlichsten Punkt
auf der Südinsel zu erkunden. Man nennt ihn
Farewell Spit. Eine schmale Lagune, die sich
über 20 km ausstreckt.
In Puponga, der nördlichsten Ortschaft,
stehen auf einer Informationstafel über den
Farewell Spit die Regeln. Campen strengstens verboten. Doch wir haben einen Meisterplan und fangen an, unser Abendessen
vorzuproduzieren. Plan ist, am Ende dieses
Spits, also 20km nördlich vom Auto zu Campen. Logischerweise ist es unrealistisch, am
selben Tag zurück zu laufen.
Die Rucksäcke mit dem Nötigsten und
dem übermässig schweren Kameraequipment gepackt, kann unser erster Trip zu
Fuss losgehen.
Die Wolken ziehen dramatisch über uns
weg. Unwissend, verregnet zu werden und
fasziniert von der Landschaft ist das Wandern wiedermal automatisiert. Die Sonne
neigt sich dem Untergang zu und bald gilt
es, einen windgeschützten Platz für unser
Zelt zu suchen. Das Spiel von Sand und Licht
fasziniert mich derart, dass die Kamera nie
zur Ruhe kommt.
Der Platz fürs Zelt ist gefunden. Es windet stark… aber es klappt. Sandig und hungrig sind wir mit ein paar aggressiven Sandflöhen im Zelt.
Das Abendessen… wieder mal ein
Luxusdinner.
Am nächsten Morgen stellen wir fest, wie
schön es da eigentlich ist. Die Stimmung
wird gerade von ein paar Sonnenstrahlen
untermalt und es wird so richtig kitschig.
Wir brechen unser Lager ab und laufen weiter. Auf einem Hügel machen wir eine kleine
Frühstückspause, als wir von weitem zirka
hundert Vögel aller Arten auf einem Teich
sehen. Mit meinem super Feldstecher erkennen wir, wie sich gerade zwei schwarze
Schwäne paaren. Wir nähern uns, doch eine
Ente bemerkt uns und macht mit einem riesen Gequake auf uns aufmerksam. Alle Vögel
fliegen davon.
Das Wetter ist noch immer… und wir entscheiden uns, der Westküste entlang in den
Süden zu fahren.
Franz Josef und Fuchs
Die Küste ist eigentlich wunderschön,
doch ein Sturm zieht auf, während wir gerade die Pancake Rocks anschauen. Dramatisch und kitschig zugleich. Verregnet kehren
wir zum Auto zurück. Wir wollen endlich die
Berge sehen. Die Fahrt geht weiter…
Nach unbedeutenden 24 Stunden nähern
wir uns dem Franz Josef Gletscher. Wieder eine Touristenattraktion, aber diesmal
hält das Wetter und wir sind motiviert wie
noch nie. Wir überreden uns gegenseitig
zu einem Helikopterflug: Wenn einmal Helikopter fliegen, dann hier in Neuseeland über
einen Gletscher. Drei Stunden später sitzen
wir im Helikopter und es geht los…
Mirror Lake
Immer noch vom Gletscherflug geflasht,
sitzen wir nun wieder im Auto. Unterwegs
kommt eine Abzweigung zum Mirror Lake.
Überrascht laufen wir Richtung See in einen
wunderschönen, dicht verwachsenen Wald.
Auf dem Pfad finden wir einen blauen Pilz.
So blau, dass der bestimmt gut einfahren
würde, wenn man ihn isst. Die Sonne steht
schon ziemlich tief. Das Licht streift quer
durch den Wald… geniale Verhältnisse für
Naturfotografen. Wie verzaubert stolpern
JANUAR 2016
21
mationen unbedingt bei Mondlicht sehen. Es
ist schon eindrücklich, vor diesen 25 Millionen Jahre alten Felsen zu stehen.
Christchurch
wir durch den Wald, als auf einmal der See
zu sehen ist. Ein normaler Bergsee mitten im
Dschungel. Nur auf einer Seite grenzt kein
Wald ans Ufer und das ist die, wo das Alpenpanorama zu sehen ist. So entstehen ganz
einfach kitschige Postkarten-Fotos.
Nach zirka 1000 WOWs kehren wir zurück
und machen uns auf den Weg zum Beach. Wir
treffen einen überfüllten Campingplatz an,
doch wir finden gerade noch einen Platz.
Dieser Wahnsinns-Tag wird nun mit Joggen
am Strand bei Sonnenuntergang abgerundet und zum Schluss ein Dinner à la haute
cuisine…
Purakaunui Friends
In Curio Bay lernen wir Thomy (CA) und
Cecilia (GB) kennen, bevor wir nach Norden fahren. Sie fahren ebenfalls in dieselbe Richtung. Am späten Nachmittag finden
wir zur traumhaften Bucht von Purakaunui.
Links erstrecken sich ca. 200 m hohe Felsen der Küste entlang. Die Aussicht ist ein
Traum und die Möglichkeit, frei zu campen,
gefällt uns auch sehr. Wir lernen nette Leute kennen, mit denen wir über den Surfspot
plaudern. Am späteren Abend tauchen auch
Thomy und Cecilia auf.
Am Morgen, bevor die Sonne aufgeht,
scheint es, als seien alle National Geographic Fotografen in die Bucht gefahren, um
ihr bestes Foto zu schiessen. Okay, das Licht
ist wirklich speziell und die Bucht sowieso
und natürlich ich komme wieder mal zu spät
mit meiner Kamera für das perfekte Bild.
Mein Fokus liegt auch eher beim Surfen.
Der Morgensurf ist endlich Wirklichkeit und
macht Spass, bis ein Seelöwe, der seit Beginn der Session mit uns friedlich im Wasser
schwimmt, Cecilia und Thomy attackiert und
sie beide um ihr Leben paddeln müssen und
glücklicherweise dem Seelöwen entkommen.
Daz, ein Südafrikaner, kommt nach dem
Surf mit der guten Idee, auf die Felsklippen
zu laufen. Das Wetter könnte nicht besser
sein und der Anstieg nicht steiler. Auf der
Klippe kommen wir auf ein riesiges Plateau
mit grüner Wiese, Schafen und Kühen. Der
Ort ist einmal mehr magisch.
Der zweite Morgen scheint nur noch wenige Fotografen zu interessieren, obwohl der
Himmel noch spektakulärer wirkt. Diesmal
habe ich die Kamera bereit, während die National Geographic Phototouristen bestimmt
an einem noch exklusiveren Ort sind.
Der Surf scheint nicht zu funktionieren
in der Bucht und ich schlage vor, Long Point
zu checken. Vorschlag angenommen und Long
Point ist nun endlich zu sehen. Ich bin mir
nicht ganz sicher, diese grosse Welle zu surfen. Alleine auf keinen Fall, zumal ich den
Spot nicht kenne und alle Locals mich vor
den Gefahren warnten.
Ein Engländer kommt dazu, als wir uns gerade bereit machen. Er hat es sehr eilig und
möchte nicht auf uns warten zum Rauspaddeln. Letzteres muss gewusst sein wie, sonst
kommt man da nicht raus. So scheint es dem
Engländer zu ergehen und er entscheidet
sich, sich doch uns anzuschliessen. Die Session ist der wahre Wahnsinn. Die Wellen nahezu perfekt, so, dass ich jedes Mal Gänsehaut bekomme, wenn ein grosses Set kommt.
Haifische sind längst vergessen. Während
dem Surf kann ich die Grösse der Wellen
nicht einschätzen, doch an den langen Distanzen, die wir zurück paddeln, merkt man,
wie die Welle einem nach vorn katapultiert.
Nach sieben perfekten Rides bin ich ausgepowert und überglücklich. Hungrig zurück
beim Auto, kämpfe ich mich mit letzter Kraft
aus dem Wetsuit.
Es fängt an zu regnen und unsere Reise
geht weiter an der Ostküste nach Norden.
Versteinerte Elefanten
Die Fahrt führt durch Dunedin, wo wir
zwei Nächte am Long Beach bleiben. In der
Murderers Bay gibt’s eine Weltklasse-Welle, wo 200 Meter Rides garantiert sind. Der
Spot ist sehr crowded, jedoch verteilt sich
die Menge auf der grossen Distanz, wo gesurft wird.
Die Stadt, die 2011 von einem Erdbeben
zerstört wurde. Es kommt einem vor, als wäre
das Stadtzentrum dem Boden gleich gemacht
worden. Nur wenige historische Gebäude
sind stehengeblieben. Alles andere liegt
brach, ist in Planung oder bereits willkürlich aus dem Boden gestampft worden. Die
Katastrophe ist deutlich spürbar.
Alejandro, Thomy und ich spazieren durch
die Stadt und realisieren, wie schwer der
Wiederaufbau sein mag. Irgendwie ist da
kein Leben mehr. Still ist es hier. Ein asiatisches Paar, das sich anscheinend verlaufen hat oder einfach das Smartphone als Attraktion sieht. Die Zerstörung wirkt teilweise wie inszeniert, einfach da liegen gelassen als Touristenattraktion. Jungs, die sich
ihre Fussgelenke beim Skaten zertrümmern,
springen eine Treppe hinunter und landen
selten auf dem Brett. Ein Foto von den Skater-Jungs. Wir laufen weiter. Die Idee, in
solchen Katastrophengebieten als Zwischennutzung ein Einkaufszentrum aus Cargo-Containern zu errichten, kommt nicht von ungefähr. Später kommen wir tatsächlich an
einem solchen vorbei. Es heisst ‹Re:START›.
Wir sind froh, am nächsten Tag nach Castle
Hill zu fahren. Ein Tal in den Southern Alps,
wo Steine und Felsformationen wie vom
Himmel gefallen da liegen. Prädestiniert für
Boulderer und Kletterer, ein magischer Ort
für all jene, die raue Natur mögen und keine
Angst vor grossen Steinen haben.
Castle Hill
Auf dem Camping in Castle Hill lernen
wir Hans kennen. Ein junger, starker Kletterer aus Deutschland, der sich eine Climb
around the World Reise gönnt. Er kennt sich
besser aus und wir lassen uns von ihm durch
die Irrgärten von Steinen führen. Thomy
ist ebenfalls dabei und als wir eines Morgens aufwachen, regnet es und wir fangen
an, einen Song zu produzieren. Die Melodie
kommt von Thomy, der auf seiner TenorUkulele spielt. Ein wenig Beatbox von Hans,
eine Basslinie von mir und zusammen mit
der Audienz (Ambiance?) dieses idyllischen
Orts entsteht die passende Musik für einen
kleinen Surffilm. Natürlich drehen wir ein
paar Szenen mit Thomy und seiner Ukulele,
als die Sonne hervorkommt und der Dampf
durch den Wald zieht. Dieses Projekt ist jedoch noch pendent und braucht seine Zeit,
bevor ich den Film veröffentliche.
Bevor das unendliche Regenwetter kommt,
gehen wir mit Hans zum Bouldern nach Flock
Hill. Wir alle geniessen es so, dass wir kaum
eine Pause machen und uns bald die Muskeln
schmerzen. Doch Hans kennt kein Ende und
zeigt uns zum Schluss den vielleicht coolsten Boulder, den ich je gesehen habe. Davon drehen wir ein Video, damit auch er ein
kleines Andenken hat. Tja, Hans, der kanns.
Kaikoura
Nach einem ganzen Tag Surfen geht‘s weiter an einen Ort, wo Steine wie Elefanten auf
der Wiese stehen. Es soll ein guter Ort zum
Bouldern sein. Auf halber Strecke schauen
wir uns die Moeraki Boulders an. Rundgeformte Felsen an einem Strand mit ca. 1000
Japanern, die stolz versuchen, mit einem Selfiestick ein Foto von sich, den anderen 999
Japanern und den Steinen zu machen. Ja, die
haben definitiv eine neue Herausforderung
der Fotografie entdeckt. Und meine Herausforderung ist ein Foto von den Steinen mit
möglichst wenig Japanern.
Bei Dunkelheit kommen wir bei den Elephant Rocks an und ich möchte die Felsfor-
Die Castle Hills sind wegen des Regenwetters nicht mehr geniessbar. Wir brechen
auf, zurück nach Christchurch. Eine Nacht im
Airbnb, um alle Akkus aufzuladen, bequem
zu schlafen und fein, ja ganz fein zu kochen.
Am nächsten Morgen nach einem delikaten
Frühstück geht die Reise weiter. Das Ziel
ist Kaikoura. Wieder ein Ort, wo die Berge
im Meer versinken, der Surf und die Wellen
aber sehr gelungen sind.
Mein Cousin surft noch nicht, also gehen
wir die Seehunde besuchen. Dieses faule,
süsse Haifischfutter, das sich an Land sonnt,
wird relativ schnell langweilig, doch die
Felsformationen, auf denen sie liegen, sind
spannend, denn die sind uralt und sehen ge-
fährlich aus. Naja, Surfen macht mehr Spass
und da kommt alles zusammen. Seehunde, die
einem jagen, die jedoch von Haifischen gejagt werden, und zum Schluss der Surfsession kommt der etwas schwierige und gefährliche Ausstieg an der Brandung, die aus
Felsen und Steinen besteht.
On the way back to Auckland
Der Winter ist present und es wird uns
langsam zu kalt hier im Süden. Zurück in
Picton nehmen wir die überteuerte Fähre
zurück auf die Nordinsel. Die Fähre schlängelt sich durch die wunderschönen Fiords
und die Morgenstimmung ist sehr dramatisch… unsere Kameras glühen. Eine kleine
Pause in Wellington und wir fahren weiter
Richtung Rotorua: das Mountainbike-Paradies schlechthin, mit heissen Quellen, die
nach Schwefel riechen. Wir mieten vollgefederte Mountainbikes und geniessen für
ein paar Stunden die endlosen Trails durch
die dicht verwachsenen Wälder. Wir lassen
uns andere Attraktionen empfehlen und eine
davon ist die Schweizer Bäckerei. Siehe da:
«En Zürcher wo Ciabattabrötli bacht, feine
Kafi chan er au no mache und lueg det… dä
hät no e Beckerei Schuel!»
Nach einem Spa in den heissen Quellen
sind wir erholt und bereit, die Mission ‚How
to Surf‘ anzugehen. Mount Maunganui sollte
der perfekte Beachbreak sein, um Alejandro
das Surfen beizubringen. Als wir am Abend
ankommen, sehen die Wellen perfekt aus, um
eine der schwierigsten Sportarten zu erlernen. Am nächsten Morgen ist das Meer fast
so glatt wie ein Spiegel. Die grössten Wellen sind vielleicht 30cm gross oder klein.
Alejandro wirkt auf jeden Fall schon nach
der ersten Welle angefressen. Seine Augen
leuchten nach jeder Welle mehr und mehr…
Vielleicht ist mein Cousin schon bald im Lineup in Bali anzutreffen.
Als mich ein Fisch in den Fuss beisst und
ich aufspringe, wird die Angst vor hungrigen
Fischen grösser als die Lust, noch eine Welle
zu kriegen. So hat der Surf auch sein Ende.
Hobbitton, das Dorf der Hobbits steht als
nächstes auf dem Programm. Die Nacht verbringen wir auf dem Hobbitton Parkplatz.
Wir wollen die Ersten sein, die am Morgen
früh Bilbo Beutlin auf einen Kaffee besuchen,
doch wir stellen fest, dass Hobbiton nur mit
einer Führung besucht werden kann. Diese
kostet so viel, wie wenn man alle Filme aus
dem Auenland im Kino schauen und sich mit
Popcorn vollstopfen würde, ein Vermögen.
(Fortsetzung Seite 22)
22
JANUAR 2016
Ein romanisches Menu
Wir trafen kurz vor dem «Ausbruch» der
Bündner Jagd im Waldhaus ein. Der erste
Gang führte selbstverständlich in den wunderbaren Lese-Salon, die altmodische Bibliothek, in der man sich fühlt wie eine Aladina im Wunderland. Zuoberst auf einem noch
nicht wieder in die Schränke eingeräumten
Bücherstoss lag verführerisch die «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für ihre Freunde»
(Luchterhand). Herausgeber sind die WahlSenter Angelika Overath, die kürzlich den
Bündner Literaturpreis bekam, und Manfred
Koch. Der letzte Beitrag heisst «Suppe, Huhn
und Zauberzahl. Ein romanisches Menü».
Der Autor einer magischen Kocherei ist Leo
Tuor (*1959), der Philosoph und Gemsjäger
und Schriftsteller aus der Surselva. Seine
Rezepte sucht er im «Cudisch de Cuchinar»
mit einer Nadel… Es gibt, numerologisch
aufgeladen, Suppa castrada aus Gerste und
Bohnen, Cots barsai (gebratene Hähnchen)
und Compot de tscharieschas verdas, ein
Kompott aus grünen Kirschen.
Iso Camartin (*1944) stiftet «Dunna Irmas
Froschschenkel»: «Es war immer im späten
Frühling und meistens an einem Freitag,
wenn mein Vater beim Mittagessen auf die
Idee kam, er wolle sich umsehen, ob er für
den kommenden Freitag vielleicht Frösche
besorgen könne. Man war katholisch (in
Disentis), an Freitagen gab es mittags Fisch
oder Mehlspeisen. Im Sommer ab und zu
eine Forelle, im Winter meistens Sardinen
oder Stockfisch…‚ ‹Scarun› – wie die rotfleischige Lachsforelle bei uns hiess – kam
nur selten auf den Mittagstisch, und so war
die Ankündigung von Froschschenkeln für
den kommenden Freitag eine unerwartete
echte Vorfreude. Damals waren die Frösche
noch keine seltene und zum Fangen verbotene Tierart…».
Ein Kochbuch braucht man im Waldhaus
eigentlich so notwendig wie Sand in der
Wüste, denn man wird legendär lukullisch
bekocht von Kurt Röösli und seinem Team.
Und wer seinem Hotelier Felix DietrichKienberger glaubt, der nimmt nicht einmal
zu, wenn er «Halbpension» bucht. Wenn da
nicht auch noch der Chef-Sommelier Oscar
Comalli wäre, seit 20 Jahren Herr über rund
25 000 Flaschen – eine Entdeckung war
der Pinot Noir von Thomas Studach,
Malans.
Zurück zur «Tafelrunde». Am nächsten
Morgen trafen wir zufällig Angela Overath
am Morgenbuffet, symbiotisch mit ihrem
Ehemann Manfred Koch, der an der Universität Basel Literaturwissenschaft doziert.
Sie recherchierte gerade eine «Gebrauchsanweisung fürs Engadin», die bei Piper erscheinen wird. Und sie steht unter Druck,
denn demnächst fliegt sie für ein paar Wochen nach Istanbul. Beide freuen sich, dass
der erste Roman ihrer Tochter Silvia, «Robbe schwimmt rückwärts», eben im Rotpunktverlag erschienen ist.
Menschen im Hotel: Die Autorin Vicky
Baum (1888–1960) fände im Waldhaus Jahrzehnte nach dem Erscheinen ihres Bestsellers von 1929 Material zuhauf. Gast war sie
zwar, verbrieft, im Literatencafé Odeon in
Zürich. Aber nicht im Waldhaus, nicht wie
Theodor W. Adorno, Albert Einstein, Thomas
Mann, Hermann Hesse, Donna Leon, Martin
Mosebach und viele andere.
Eindrücklich war auch die Begegnung mit
Fritz Stern (*1926), dem amerikanischen StarHistoriker deutscher Herkunft. Seine Werke,
die teils vor Jahrzehnten herauskamen, gelten heute noch als bahnbrechend, seine Ratschläge an die Politik – an die US-Regierungen ebenso wie an deutsche Staatsmänner
(Staatsleute?) – einzigartig. Unvergessen der
als Buch erschienene Dialog mit Alt-Bundeskanzler Schmidt, und sein jüngstes Werk, die
Biographie «Fünf Deutschland und ein Leben»
(C. H. Beck Verlag) rundet auch das wissenschaftliche Leben ab. Stern ist langjährigster
Stammgast im Waldhaus. An der diesjährigen
Summer School der Schweizerischen Studienstiftung thematisierte der emeritierte Professor der Columbia University New York zusammen mit Professor Norbert Frei, der an der
Friedrich-Schiller-Universität in Jena lehrt,
«Die Demokratien des Westens im frühen
21. Jahrhundert».
Vor Jahren erzählte Fritz Stern einem jüngeren Historiker-Kollegen in Zürich anlässlich
einer Recherche in der ETH-Bibliothek launig von seinem Traumberuf: Briefträger in
Sils hätte er werden wollen. Aber heute kutschiert der soignierte ältere Herr souverän
seinen mit Zeitungen voll beladenen Rollator
durch die Silser Hotelgänge. Sein Charisma
schmälert dies nicht.
Esther Scheidegger Zbinden, Zürich
Meine Route führt direkt zum Surfspot Manu-Bay. Thomy scheint überrascht, wie bald
ich von Auckland hierher gekommen bin. Ja,
ich pass mich der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an. Ausser Ort ist diese 100 km/h,
selbst wenn die Strasse sehr enge Kurven hat.
Mit einem entsprechend sportlichen Auto kann
man also sehr viel Spass haben in Neuseeland.
Thomy und ich gehen surfen und treffen
Joe im Line-up. Joe (GB) arbeitet seit sechs
Monaten in Raglanin, einem coolen Kaffee,
wie man es in Zürich als Szenenlokal be-
re an der Hotelfachschule Thun beginnen. Das
Küchenpraktikum absolvierte ich im Schweizerhof in St. Moritz und das Junior Management Praktikum im Badrutt’s Palace Hotel.
Die Wochen und Monate waren ausgefüllt mit
hartem Lernen, vielen Prüfungen und Herausforderungen. Aber mit riesiger Freude konnte
ich mein Diplom in Empfang nehmen.
Nach der Hotelfachschule Thun fragte mich
der Personalchef vom Badrutt’s Palace Hotel
an, ob ich während der Sommersaison bei
ihm im Personalbüro arbeiten möchte. Da
musste ich nicht lange überlegen, ich packte
die Chance. Als der Sommer langsam zu Ende
ging, kam die Entscheidung, zurück ins Unterland oder den Winter in St. Moritz verbringen. Ich blieb im Engadin und arbeitete als
Gouvernante im Badrutt’s Palace Hotel. Doch
langsam hatte ich Heimweh nach dem Unterland. Durch gute Freunde in Zürich bekam ich
eine Stelle als Restaurant Supervisor im Hotel
Four Points by Sheraton, Shilcity in Zürich.
Nach einem Jahr erhielt ich die Möglichkeit, als Chef de Service in der Opernhaus
Gastronomie in Zürich tätig zu sein. Ein solches Angebot liess ich mir nicht entgehen.
Seit 11. August 2014 arbeite ich nun mit viel
Freude und Motivation im Opernhaus. Im März
2015 wurde mir die Stelle als Restaurantleiterin angeboten. Nach kurzer Bedenkzeit
nahm ich die grosse Herausforderung an. Ich
trage nun die Verantwortung für das Restaurant Belcanto, das Bistro, das Bernhard
Theater, die Pausengastronomie und die
Durchführung von Banketten. Ich schreibe Arbeitspläne für die Festangestellten und koordiniere die Aushilfen, dass alle zur richtigen
Zeit am richtigen Ort sind. Betreuung der
Lernenden, Reservationen annehmen, Abonnenten anschreiben, Abos ins Book a Table
eintragen und noch ganz viele Tätigkeiten
gehören dazu. Mein ganzer Stolz sind die
Mitarbeiter. Die grossartige Zusammenarbeit gibt mir jeden Tag viel Freude und Kraft.
Seit meiner Lehre als Gastronomiefachassistentin ist der Service immer noch die
grösste Leidenschaft. Die Betreuung der Gäste, das Spiel zwischen den Weinen und den
verschiedenen Speisen.
Auch wurde ich in diesem Jahr vom Kanton
Zürich für die Tätigkeit als Prüfungsexpertin
in meinem Traumberuf gewählt.
Herzlichen Dank an Familie Dietrich und
das Waldhaus-Team.
Reise ohne Ziel
(Fortsetzung von Seite 21)
Enttäuscht und etwas verärgert fahren wir
nach Auckland, zurück in das Hostel, wo wir
die Reise begonnen haben.
Mad Max ist die Rettung des Tages und
die Krönung der Ferien meines Cousins. Der
Film hat uns umgehauen und wir laufen beide
sprachlos durch Auckland, zurück ins Hostel.
Am nächsten Tag bringe ich Alejandro
zum Flughafen und verabschiede mich…
Jetzt habe ich endlich den ganzen Platz für
mich im Auto und meine Surfbretter werden
den Platz von Alejandro einnehmen. Schon
komisch, mit zwei Surfbrettern im Bett zu
schlafen, aber auf jeden Fall schnarchen
und furzen sie nicht. Nun bin ich alleine
und mein innerer Kompass führt mich zurück
nach Raglan, wo Thomy und Joe und die Wellen schon auf mich warten…
19.7. Raglan again
schreiben würde. Der grosse Unterschied
ist der Kaffee. Er ist einfach viel besser als
in Zürich. Wie schon erwähnt, bin ich hell
begeistert von der Kaffeekultur in Neuseeland. Jedes Kaffeelokal hat einen oder eine
ausgebildete/r Barista hinter der Kaffeemaschine. Joe ist einer und macht mir am
Morgen einen superfeinen Long black. Bei
uns würde man einen Kaffee crème verstehen, doch in Neuseeland ist es ein Doppio
Espresso mit etwas mehr Wasser oder auch
als double shot Americano bekannt.
Joe ist unsere gute Fee, ja, er hat sogar
blonde Locken, singt wie ein nicht bekiffter
Milky Chance und spielt die Gitarre, als wäre
er mit Liebeskummer geboren. Er gibt uns immer wieder eine Schlaf- oder Parkmöglichkeit
und stellt uns seine Arbeitskollegin vor, die
froh ist, wenn jemand mit ihrem Hund spazieren geht. Arlo ist ein junger, verspielter
Knuddelmuddel … und der Spaziergang am
Beach ist einfach nur lustig. Dieser Hund ist
der Frauenmagnet schlechthin, was Thomy
sehr gefällt. Ich hingegen versuche eine etwas ältere Frau abzuschütteln, die sich offensichtlich zu fest für mich interessiert und
mit mir über Kunst und alles, was mich interessieren könnte, plaudert, ja, eine Plaudertante. Glücklicherweise kann ich ihr nett
erklären, dass ich den richtigen Moment erwischen muss, um das Licht einzufangen und
von Arlo ein paar Schnappschüsse zu machen…
phuuu, da bin ich nochmal davon gekommen.
Aus Platzgründen etwas redigiert.
Martina machts
Am 26. Juli 2004 begann ich meine Lehre
als Gastronomiefachassistentin im Waldhaus
Sils. Ich durchlief fast alle Abteilungen mit
viel Freude und grosser Motivation. Von der
Hauswirtschaft, Zimmer putzen, Aufgaben als
Portier, Economat mit Frühstücksbuffet, Käseplatten, Butterblümchen und vieles mehr.
Das Arbeiten in der Bar, Cocktails zubereiten, Gästebetreuung in der Lobby, einzigartig. Der Service im Restaurant war etwas
ganz Besonderes und Spannendes. Da lernte
ich die verschiedenen Speisen mit Wein zu
kombinieren. Ich durfte mit wunderbaren
Mitarbeitern aus verschiedenen Nationen
zusammenarbeiten. Das begeisterte mich jeden Tag und es ergaben sich Freundschaften
fürs ganze Leben.
Nach drei Jahren Lehre und einem weiteren Sommer und noch einem Winter im Waldhaus war es für mich Zeit, etwas Neues kennen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln.
Ich freute mich auf eine neue Arbeitsstelle
im The Dolder Grand in Zürich. Im Garden
Restaurant konnte ich das Gelernte einsetzen und meine Berufskenntnisse erweitern.
Am 1. Oktober 2009 erfüllte sich mein
Traum. Ich durfte die Ausbildung als Hoteliè-
Martina Pfister kommt aus Obererlinsbach
im Aargau. Mit siebzehn kam sie zu uns. Und
sie bleibt nicht stehen.
JANUAR 2016
23
Neuer Wein in alten Mauern
Samuel Graber aus dem Restaurant zum
Löwen in Messen (Solothurn) war 2004–2007
zur Kochlehre im Waldhaus. Der denkmalgeschützte und quicklebendige «Löwen» ist
seit fast 200 Jahren in Familienhand. Zuerst
als Zimmerei mit etwas Landwirtschaft, später und bald einmal als Schenke und Gasthof.
Jetzt ist auch Samuel wieder dort – aber
nicht als Wirt (das macht der Bruder), sondern mit einem ganz neuen Projekt für den
Familienbetrieb.
Samuel schrieb uns im Herbst:
Wir hatten letzten Montag 21. September
einen wunderschönen Tag, denn wir sind
(die ganze Familie) nach Ligerz an den Bielersee unsere ersten Trauben ernten.
Die Trauben waren in einem sehr schönen
Zustand und es hatte fast keine faulen Beeren. Wir ernteten den ganzen Morgen und
konnten so 420 kg Pinot Noir Trauben nach
Messen bringen.
Durch den heissen Sommer hatte das
Traubengut einen Oechslegehalt von 97°,
das ergibt einen Alkoholgehalt von ca. 13%
Vol. Ich und meine Partnerin sind somit sehr
zufrieden.
Und die az nordwestschweiz/ Solothurner
Zeitung vom 15.8.2015 liefert den Kontext
(Urs Byland):
In Messen macht sich Wirtesohn Samuel Graber auf
ein zusätzliches Standbein dem Restaurant zum Löwen zu sichern. Auf Landwirtschaftsland der Familie entsteht ein Rebberg mit 23 Aren. Im Frühling 2016 wird
angepflanzt.
Der Hag-Acker, der künftige Rebberg, kam
im Laufe der letzten Güterzusammenlegung
in den Besitz der Familie und liegt in der
Landwirtschaftszone. Samuel Grabers Vorfahren bewiesen bereits eine Leidenschaft
für die Rebe oder den Wein. Der Urgrossvater Ernst Schori nutzte als Letzter den HagAcker mit einer Apfelplantage und züchtete
Madoussou Cherif und ihr Partner Samuel Graber.
(Bild: Hans Ulrich Muelchi)
nebenbei Bienen. Der Urgrossvater hatte
schon einen Bezug zur Weinproduktion. «In
den Kellern des Restaurants verwandelte er
Most aus dem Waadtland in Wein», berichtet Samuel Graber. Seine Grossmutter Elisabeth Graber pflanzte kurzerhand einige
Chasselas-Trauben. Und sein Vater Andreas
hatte die Idee, am Hang Reben anzupflanzen.
«Er reichte früher schon ein Gesuch ein, auf
dem Hag-Acker Reben zu pflanzen. Weil aber
das Restaurant als Gewerbe- und nicht als
Landwirtschaftsbetrieb galt, erhielt er die
Bewilligungen nicht.»
Traumhafte Kombination
«Es ist mein grosser Traum, dass wir unser Land wieder nutzen können», sagt Samuel Graber. Nur wie. Das Landstück ist
eher klein und war bisher mit Obstbäumen
bestückt. Von seinem Vater liess sich Samuel Graber für den Rebbau begeistern. In
Kombination mit dem Restaurant schien die
Weinproduktion Potenzial zu haben. «Wir
kochen sehr regional. Da passt ein eigener
Wein bestens.»
Damit der Plan funktioniert und das Projekt eines Rebberges eine Chance haben soll,
absolvierte der gelernte Koch eine dreijährige Ausbildung zum Winzer. Das war Vorgabe des Kantons und ein Teil des Puzzles,
den Hag-Acker in einen Rebberg zu verwandeln. Als Fachmann mit Landwirtschaftsbetrieb darf er nun Reben auf dem Hag-Acker
anpflanzen. «Inzwischen habe ich alle Bewilligungen vom Kanton. Die Weinproduktion
wird als landwirtschaftlicher Nebenerwerb
anerkannt.» Als landwirtschaftlicher Betrieb
gilt das von seinen Eltern vor drei Jahren erworbene Gebäude, ein 1844 erbautes Weinhaus mit einer Weinhandlung, das im Dorf
steht. Dieses ist mit vier Gewölbekellern, die
miteinander verbunden sind, ausgestattet.
«Dort im Weinhaus wollen wir die Trauben
verarbeiten und Wein herstellen.»
Gemeinsam mit der Partnerin
Der 29-jährige Samuel Graber hat auch
eine Rebbaufläche von rund zehn Aren Quadratmetern in Ligerz gepachtet. Seit einem
Jahr bewirtschaftet er diese und bald kann
er dort seine ersten Trauben (Pinot Noir)
ernten. «Ein älteres Ehepaar, das oft bei
uns im Gasthof speiste, wollte die Arbeit
altershalber abgeben und hat mich angefragt.» Die Trauben von Ligerz will er in
seinem Weinhaus verarbeiten. Mit seiner
Partnerin Madoussou Cherif hat er auch
im Rebberg eine grosse Unterstützung, die
ihm bei der Arbeit hilft. Nächsten Frühling
werden die 1600 Rebstöcke gepflanzt. Der
grösste Teil ist ebenfalls die Traubensorte
Pinot Noir, ein kleinerer Teil soll die Neuzüchtung Gamaret sein. Pro Rebstock rechnet
Graber mit einer Flasche Wein Ertrag. «Ich
will eher weniger Ertrag machen, dafür von
besserer Qualität.»
Weitere Rebflächen in Aussicht
Wer Interesse hat, kann eine Rebstockpatenschaft, die über fünf Jahre läuft, erwerben. Es locken verschiedene Anlässe und
die Aussicht, den Rebstock von der Pflanzung
bis zum Ertrag mitzuverfolgen. Die Idee kam
Samuel Graber, als er seinem 2013 geborenen Göttikind 16 Rebstöcke pflanzte, damit
dieser an seinem 16. Geburtstag seine erste
Flasche Wein von seinen Trauben erhalten
wird. Graber will Patenschaften weiteren
Interessierten anbieten.
Ein Verlustgeschäft soll die Winzerei
nicht werden. «Im Gegenteil, es ist ein Nebenerwerb für mich und meine Partnerin.»
Bereits hat er weiteres Land in Aussicht. Von
einem Nachbarn könnte er nochmals 3000
Quadratmeter dazupachten. Und auch am
Bielersee lockt ebenfalls eine zusätzliche
Pacht.
www.loewen-messen.ch
«Der Film»: eine Nachlese
Erfolgreicher EMBA an der EHL
«Sils Maria», bzw. «Die Wolken von Sils
Maria» (2014/ gedreht 2013): Wir kennen
mehr als einen Waldhausgast und mehr als
einen Freund, dem es Olivier Assayas’ raffinierter Film mit dem genialen Titel D nicht
leicht gemacht hat. Le Monde (20.8.2014),
die New York Times (9.4.2015) und der New
Yorker waren allerdings sehr angetan. Hier
als kleiner Rückblick eine Kurzkritik aus
der NZZ anlässlich des Erscheinens der DVD
(inzwischen, als englische Originalversion
oder auf Deutsch, auch im Waldhausbüro
zu kaufen):
Da denkt man eigentlich nicht
ans Waldhaus. Und doch:
Die hotel revue htr vom
16.9.2015 meldet:
Beziehungsdrama
Die Krise einer Diva
von Hay. NZZ vom 22.9.2015
Olivier Assayas’ Film «Die Wolken von Sils
Maria» spürt der diffizilen Beziehung einer
alternden Schauspielerin (Juliette Binoche)
zu ihrer Assistentin (Kristen Stewart) nach.
Fast zwei Stunden wohnen wir den Dialogen zwischen einer alternden Schauspielerin und ihrer Assistentin über ein Theaterstück namens «Malojaschlange» mit grösster
Aufmerksamkeit bei. Dass beim Zuschauer
keine Langeweile aufkommt, verdankt sich
zum einen dem sogartigen Spiel der beiden Hauptakteurinnen Juliette Binoche und
Kristen Stewart, zum anderen der so dichten wie virtuosen Komposition, die Olivier
Assayas in seinem just auf DVD erschienenen
Werk «Die Wolken von Sils Maria» gelungen
ist. Wir befinden uns im graubündnerischen
Gebirge, wo die Leinwandkönigin Maria En-
ders durch das Reden über ihre einstige
Glanzrolle in dem besagten Bühnenstück
in eine Identitätskrise gerät. Wie sich der
herbstliche Nebel über den Alpen ausbreitet, so überlagert die Fiktion allmählich die
Realität. Die Geschichte, die von weiblicher
Verführung zwischen Jung und Alt erzählt
und nun um eine Fortsetzung ergänzt werden soll, spiegelt die inneren Selbstzweifel einer in die Jahre gekommenen Grande
Dame des Kinos. Indem der Regisseur die
Landschaft mit Barockmusik kontrastiert,
findet er dabei eine überzeugende Formsprache für den in Enders ausgetragenen
Konflikt zwischen Natur und Kultur – eine
graziöse Parabel auf Showbusiness, Kunst
und die Condition humaine.
Und, ja:
Critics for the New York Times
select their favorites from
2015
(«Standing out in a crowd», 12.12.2015
in der internationalen Ausgabe).
KRISTEN STEWART, «Clouds of Sils Maria». She was a strong complement to Julianne Moore in “Still Alice”, but here, Ms.
Stewart manages to be even more emotionally intelligent running lines with Juliette
Binoche. No young actor (she’s 25) is growing with this kind of sensual intensity. With
age comes restraint, guile and variation. Her
instincts have always been sharp. But now
she would make the Swiss Army nervous:
That sharpness comes in a variety of blades.
26 Absolventinnen und Absolventen der
Ecole Hôtelière de Lausanne erhielten Anfang September ihr Executive MBA-Diplom
in Hospitality Administration. Fünf davon
wurden zusätzlich für hervorragende Leistungen ausgezeichnet – einer davon, Ruedi Göldi aus Zürich, erhielt die Bestnote
für sein «Capstone-Projekt» über das Hotel
Waldhaus in Sils-Maria.
Der EMBA-Lehrgang an der Ecole Hôteliere
de Lausanne ist traditionell international
ausgerichtet. Entsprechend waren unter den
26 Absolventinnen und Absolventen 16 Nationen vertreten. Die Besten erhielten ausserdem prestige-trächtige Auszeichnungen.
Die beste Abschlussnote erreichte Wei Kai
Low, die zweitbeste Studentin war Chloé
Perrin-Mcgaw, Egor Kisenko machte den
drittbesten Abschluss. Die beste Note im
Finanzwesen hatte Yi Ren. Das beste «Capstone-Projekt» hatte Ruedi Göldi abgegeben
– dieses drehte sich um das Hotel Waldhaus
in Sils-Maria. «The New Waldhaus Spa – a
Strategic Investment» war eine Umsetzungsstudie im Auftrag des Fünf-Sterne-Hauses.
Für sein «herausragendes Engagement» erhielt er die Bestnote, erläutert die EHL. Der
38-jährige Zürcher hatte vor seinem EMBAStudium als Portfolio Manager gearbeitet.
Die Preise für die EMBA-Diplomverleihung
der EHL wurden dieses Jahr von Baume &
Mercier, Citizen M Hotels, Edmond de Rothschild Suisse, RHI Hotels & Resorts, Hotela,
Hyatt International und der Jumeirah Group
gesponsert.
Die besten EMBA-Absolventen in Hospitality Administration der EHL: Egor Kisenko,
Chloé Perrin-Macgaw, Wei Kai Low, Ruedi
Göldi. (Bild: zvg)
Die EHL, die berühmte Ecole Hôtelière de
Lausanne, ist auch die Alma Mater von Claudio Dietrich und seinem Vater Felix Dietrich.
«Capstone Projects» geben den EHL-Studenten, die sich auf einen Executive MBA
vorbereiten, die Chance, als MBA-Arbeit
ein Problem, eine Aufgabe aus der wirklichen Welt zu bearbeiten und das Können
und Wissen, das sie im Studium erwerben,
schon konkret und praktisch anzuwenden.
Das hat Ruedi Göldi exemplarisch getan, in
engem Kontakt mit uns und seinen Professoren in Lausanne.
24
JANUAR 2016
Drei Tage mit Elias Canetti
Helen Stark-Towlson, Bern
«SRF2 Kultur»-Seminarteilnehmerin
Erster Tag
Der Zug fährt und fährt. Ich lehne mich
zurück, den Blick gespannt auf eine immer
wilder, gigantischer werdende Berglandschaft gerichtet. Die Durchsage vom UNESCO
Weltkulturerbe der Albula- und Berninalinie
wird im Wagen laut. Alle Reisenden rennen
an die Fenster, fotografieren pausenlos.
Ob Canetti diese berühmte Strecke gekannt hat? Wie hätte er sie beschrieben?
frage ich mich, während um mich herum
endlos geknipst wird. Hätte der Autor sie
tatsächlich beschrieben? Hätte er sie nicht
vielmehr als Symbol wahrgenommen? Als
Übergang in eine andere Welt ?
Fragen, denke ich, die vielleicht noch
heute im Canetti-Seminar zur Sprache
kommen.
Dr. Arthur Godel, der kompetente Leiter,
wird unseren Kurs in das Leben und Werk
des berühmten Autors einführen und uns
mit dem ersten Band seiner Kindheits- und
Jugenderinnerungen – «Die gerettete Zunge» – bekannt machen.
Ich freue mich sehr darauf, wobei das
Wort nicht ganz zutrifft. Etwas fehlt. Es fehlt
noch die Essenz namens Waldhaus, ohne die
der Kurs nicht denkbar wäre. Hotel Waldhaus! Klingt märchenhaft. Weckt Bilder von
Grosszügigkeit, von Herzlichkeit, von Geborgenheit, Wärme und Schutz.
Der Empfang ist – wie immer – sehr persönlich. Auf dem Tisch im hübschen Zimmer
liegt neben dem Früchteteller eine Willkommenskarte mit den Wünschen des Direktors,
Patrick Dietrich, mein Aufenthalt im Waldhaus möge interessant und erfolgreich sein.
In welchem Hotel wird der Gast heute
noch so empfangen?
In der Bar findet anschliessend der Begrüssungsapéro statt. Ein Gedächtnis für
fünfundzwanzig Namen müsste man haben,
denke ich, während ich fünfundzwanzig Hände schüttle und fünfundzwanzig Mal meinen
Namen nenne.
Wahrlich, der Kurs ist gefragt! Und besetzt! Und Elias Canetti? Noch schweigt er.
– dass er 1905 im bulgarischen Rustschuk
als Sohn einer spanisch-jüdischen Familie
geboren wurde.
– dass er 1911 mit der Familie nach Manchester zog, wo der Vater ein Jahr später
überraschend starb.
– dass Canetti mit seiner Mutter und den
zwei jüngeren Brüdern zunächst nach Wien
umzog und auf dem Weg dahin zum ersten
Mal Zürich sah, die Stadt, die später zum
Paradies seiner Jugend werden sollte.
– dass 1916–1920 Canettis Mutter an der
Scheuchzerstrasse in Zürich eine Wohnung für
die Familie fand und Canetti danach in Zürich
allein zurückblieb, um das Gymnasium zu beenden, danach in Frankfurt, anschliessend in
Wien lebte, bevor er 1938 nach London floh,
wo er dreissig Jahre verbrachte.
– dass 1963 Canettis Frau Veza starb und
er 1971 die Restauratorin Hera Buschor
heiratete.
stillt. Sie ist es aber auch, die ihren ältesten
Sohn massregelt, immer wieder korrigiert,
ermahnt und zu einem Gehorsam zwingt,
der die mütterliche Wärme vermissen lässt.
«Den Terror, in dem ich lebte, hielt sie
für pädagogisch», äussert sich Canetti einmal über sie. Dennoch bewundert er ihre
Haltung und ihre Ansichten, auch als er älter und kritischer wird. Seine Liebe zu ihr
ist ambivalent. Einmal manifestiert sie sich
in seiner rührenden Fürsorge während ihrer
Krankheit, das andere Mal weigert er sich,
ihren Erwartungen im Deutschunterricht zu
entsprechen. Ein anstrengendes Hin und Her
der Gefühle, das seine psychischen Kräfte herausfordert und oft über Gebühr strapaziert.
Was sich in Canetti mehr und mehr entwickelt, ist sein beispielloser Hass auf den
Tod – seine Antwort auf das frühe Ableben
des Vaters. Wo immer er dem Tod begegnet, reagiert er distanziert, als wollte er
Canetti-Tage! Waldhaus-Tage!
Eine gedankenreiche, anregende Zeit,
herausgefordert von Ideen und Ansichten
eines grossen Künstlers, glücklich über eine
lebendige, herzliche Kurs-Gemeinschaft,
dankbar für die Aufzeichnung von Canetti:
«Wozu erinnerst du dich? Lebe jetzt! Lebe
jetzt! Aber ich erinnere mich doch nur, um
jetzt zu leben.»
Helen Stark-Towlson im Waldhaus im September 2015 (beileibe nicht zum ersten
Mal) zu einer von Dr. Arthur Godel geleiteten dreitägigen Leserunde für Mitglieder des SRF Kulturclubs rund um den faszinierenden ersten Band von Elias Canettis
Lebenserinnerungen.
Hundertzweiundzwanzig Tage
mit Elias Canetti
Wir erinnern uns noch gern an den sympathischen und geschätzten Gast, der uns in
den späten 70er- und frühen 80er-Jahren
immer wieder besuchte, mit seiner Frau
und nach ihrem Tod auch noch ganz allein:
Elias Canetti (1895–1986) aus Suresnes bei
Paris, geboren in Rustchuk. «Oh ja, Sie haben von ihm gehört?», sagte er uns. «Ja, er
ist mein Cousin.»
Arthur Godels Leserunden für den SRFKulturclub haben dank dem belesenen
und eloquenten Musik- und Literaturwissenschaftler, dem ehemaligen langjährigen Programmleiter von Radio SRF2,
schon lange einen festen und oft ausgebuchten Platz im Waldhausprogramm. In
ihrem dreizehnten Jahr sind die Leserunden für den Herbst 2016 auf den 21.–
24.9./ 26.–29.9./ 2.–5.10./ 6.–9.10./
11.–14.10. angesetzt. Diesmal stehen
Robert Walser, Tschechow und Alice Munro auf der Agenda. Ausgeschrieben werden die Seminare im Spätwinter: srf.ch/
radio-srf-2-kultur/srf-kulturclub, bzw.
SRF Kulturclub, Postfach, 4002 Basel.
Zweiter Tag
An Schlaf ist hier in der ersten Nacht
nicht zu denken. Zu viele Eindrücke mischen
sich in die nächtliche Stille. Und der Wind
tut das Seine dazu. Er schüttelt die Lärchen
hinter dem Haus, pfeift Geschichten ins Zimmer und spielt sein Spiel mit Vorhang und
Fensterladen.
Die Frühstückskellner tragen keine Hosenträger mehr, diese farbig bestickten,
lustigen Wunder, stelle ich fest, als ich im
Speisesaal das Angebot feinster Morgenherrlichkeiten überblicke. Sie tragen neuerdings modische Jacken, die ihnen gut stehen,
mit der Eigenwilligkeit der früheren Hosenträger aber nicht Schritt halten können.
Um halb zehn ist es so weit. Im Kursraum, in dessen Mitte jedes Jahr ein prächtiger Blumenstrauss überrascht, sitzen alle
Kursteilnehmer/innen im Kreis beisammen.
Das Canetti-Seminar kann beginnen. Gleich
stellt sich die Frage des gegenseitigen
Kennenlernens.
Dr. Arthur Godel findet jedes Jahr eine
zündende Idee. Diesmal schlägt er vor, uns
auf eine kleine Episode mit einem früheren
Lehrer zu besinnen. Es wird gelacht. Erinnerungen werden wach, mehr oder weniger
angenehme. Nach fast einer Stunde wissen
alle etwas Pikantes oder Aufregendes zu berichten. Nur von Elias Canetti wissen wir
nichts. Noch nichts.
Doch bald lernen wir das Gerüst seines
Lebens kennen:
Kolorierte Zeichnung: Ruth Bauer
– dass Canetti dem Stadtpräsidenten Thomas Wagner im Jahr 1988 einen Brief schrieb,
in dem steht, es sei sein tiefer Wunsch, seine Tage in Zürich zu beschliessen, der Stadt,
die er seit seiner Kindheit liebe.
– dass Canetti 1994 starb und auf dem
Friedhof Fluntern neben dem Grab von James
Joyce begraben wurde.
Dritter Tag
Ein Föhnsturm wütet über Sils-Maria, wie
ich noch keinen erlebt habe. Er schüttelt die
ganze Natur, verfärbt die Luft, saust ums Hotel, raubt den wenigen Fussgängern draussen Sicherheit und Atem und verleiht ihnen
das verrückte Gefühl des Davonfliegens.
Wie schön, in unserem Kursraum zu bleiben und in das Leben Canettis einzutauchen,
dem wissbegierigen, hochsensiblen Kind
zu begegnen, das, erst siebenjährig, schon
den Tod des Vaters erleben muss und von
da an unter dem starken Einfluss der Mutter zum Jungen heranwächst. Die Mutter ist
es, die dem Sohn den Weg in die Literatur
weist, ihm die deutsche Sprache beibringt
und seinen unersättlichen Bildungshunger
ihn totschweigen, nicht wahrhaben, ihn aus
der Welt schaffen. Er hätte gerne ein Buch
über den Tod geschrieben, doch kam es nie
zustande. Das Thema sass zu tief, als dass es
das Licht der Öffentlichkeit ertragen hätte.
Im Jahr 1960 erscheint «Masse und
Macht», Canettis wichtigstes, anspruchsvollstes Buch, das mit der Behauptung beginnt: «Nichts fürchtet der Mensch mehr als
die Berührung durch Unbekanntes» und im
Kurs spannende Diskussionen auslöst.
1967 erscheint «Die Stimmen von Marrakesch», eine Sammlung von Erinnerungen
an eine Reise, die Canetti 1950 unternimmt.
Das Jahr 1981 schliesslich ist das Jahr,
da Canetti der Nobelpreis für Literatur
verliehen wird. Eine Auszeichnung für sein
schriftstellerisches Werk, «geprägt von
Weitblick, Ideenreichtum und künstlerischer
Kraft», so die Laudatio. Ein Ereignis, das Canetti zum Anlass nimmt, in seiner Ansprache
den Satz zu wagen: «Wenn es ginge, würde
ich den Tod abschaffen.»
Heute – ein paar Wochen später und wieder in Bern – blicke ich auf drei ausserordentliche Tage zurück.
Eigentlich sehen wir es im Waldhaus
nicht so gern, wenn sich jemand aufs
hohe Ross setzt. Und doch haben wir
uns sehr gefreut, als Valeria Walther
am 1. August 2015 bei einem der Wettbewerbe des 20. St. Moritzer SommerConcours den ersten Preis gewann. Die
junge Engadinerin, aufgewachsen in
dem Hotel in Pontresina, das bereits
ihren Namen trägt, ist im dritten und
letzten Jahr ihrer Lehre als Kauffrau
im Waldhaus.