JANUAR 2016: DIE ZEITUNG FÜR DIE, DIE DAS WALDHAUS MITTRAGEN Von uns (siehe Seite 18!). Für alle. Zum vierzehnten Mal in ebenso vielen Jahren. Da noi (v. pagina 18!). Per tutti. Quattordicesima edizione annuale. From us (see page 18!). For everybody who may take an interest. Fourteenth annual edition. Bleibende Erinnerungen «In meiner Erinnerung gibt es Musik im Waldhaus praktisch nur mit Eugen Bitto». Am 10. Oktober 2015 spielte Eugen zum letzten Mal zum Tee in der Halle und zum Tanz in der Bar; jetzt ist er in Pension. Am 11. Juni 1980 hat Eugen Bitto zum ersten Mal als Cellist im damaligen Trio Farkaš gespielt. Sein Schwager Juraj Farkaš brachte den jungen Cellisten aus der Slowakei ins Waldhaus. Seit dann sind 35 Jahre vergangen, in denen Eugen 68 Saisons hier im Waldhaus gespielt hat. Mit Ausnahme von zwei kleinen Unterbrüchen also praktisch durchgehend. Für mich als nun bald 39-Jährigen gibt es in meiner Erinnerung Musik im Waldhaus praktisch nur mit Eugen Bitto. Eugen hatte schon immer die Gabe, die Kinder in seinen Bann zu ziehen, so dass er auch für mich als kleinen Jungen sofort «die Ansprechsperson» im Trio war. So wie mir ist es über die Jahrzehnte manchem Kind ergangen und es war schön, zu beobachten, wie auch meine Nichten und Neffen schnell einen Bezug zu Eugen fanden. Es war auch das Trio Farkaš, welches mithalf, mich in meine kurze und bescheidene musikalische Laufbahn zu lenken. Schon als Vierjähriger erhielt ich vom Trio eine erste Geige geschenkt und habe dann tatsächlich auch während der Schulzeit acht Jahre Geige gespielt. Die bleibendsten Erinnerungen aus dieser Zeit sind sicher das gemeinsame Musizieren mit meinem Grossvater, aber auch ein paar wenige Auftritte mit dem Trio Farkaš, für welche Juraj Farkaš einige Stücke aus ihrem Repertoire auf meine musikalischen Fähigkeiten umgeschrieben hat. Der Kontakt ist aber über die ganzen Jahre gut geblieben und so war es toll, dass ich die ersten Jahre in der Leitung des Waldhaus auch mit Eugen als Kapellmeister des WaldhausTrios bestreiten durfte. Nun geht eine Ära zu Ende. Etwas wehmütig darüber, dass Eugen nun nicht mehr im Waldhaus Musik macht und die vielen Kinder begeistert, aber auch froh für ihn, dass er nach so vielen Jahren weg von zu Hause nun mehr Zeit für seine Familie hat. Ich freue mich auf die «neue» Musik im Waldhaus und blicke dankbar zurück auf die vielen schönen Momente, welche Eugen mit seiner Musik dem Waldhaus geschenkt hat. Claudio Dietrich, 17.12.2015 Siehe auch «Leise Saitenhiebe», S. 14 Mi presento, sono il portiere del Bel-Etage Deutsch auf Seite 6 («Guten Tag!») Buongiorno, innanzitutto mi presento, sono il portiere del Bel-Etage. Lavoro in questa struttura da ormai due stagioni, e sono fiero di poter partecipare al team. Mi sembra doveroso, anche perché fino ad ora non mi è stato possibile, ringraziare tutta la governance della Waldhaus AG. Debbo dire, ho trovato un’accoglienza veramente fuori da ogni canone stilistico aziendale che io ho potuto conoscere sino ad oggi. Già dal primo giorno. Alla consegna del contratto di collaborazione mi è stata consegnata una cartellina gialla che conteneva una fotografia dei direttori del Waldhaus dove era scritto «Benvenuto Francesco»; ti fa sentire veramente qualcuno, e non il solito numero come capita spesso nelle aziende dove è impiegato molto personale. Da qui ho potuto capire perché molta gente delle zone limitrofe vorrebbe lavorare in questa struttura. Molta gente, sia in Engadina che in Italia, mi pone la classica domanda, «c’è lavoro?». Ovviamente la mia risposta affermativa è positiva; nonostante le crisi finanziarie che purtroppo hanno attaccato l’intero globo, e non da meno la svalutazione dell’euro sul franco svizzero, e quindi tutti settori economici in difficoltà, come l’hotel possa attrarre ancora così tanta clientela rispetto alla concorrenza, che non è poca? Si può pensare alle strategie commerciali, alle politiche di marketing… Secondo me non è solo questo, perché la concorrenza è al pari. La mia risposta, la governance ha creato il vero »Genivs loci» (Genius Loci). Lascio a Voi la ricerca, è una parola latina che veramente lascia esprimere ciò che si è creato negli anni all’Hotel Waldhaus. Questo vale sia per i clienti che per il personale, per questo che mi permetto di dirlo. Non posso tralasciare la governante, la signora che mi ha ingaggiato nel team dei portieri. A differenza di altre persone, io la vedo come un leader, non come un capo o chef, e vi spiego la sottile e sostanziale differenza in piccoli dettagli: il leader genera entusiasmo, non fa paura; il leader dice «noi» non «io»; il leader tende a sviluppare le persone, non solo usarle… Accetto qualsiasi confronto con chi afferma il contrario di ciò che dico. Spero di non avere annoiato nessuno con questo breve articolo, per alcuni noioso magari per altri interessante… conoscere il punto di vista di un dipendente penso sia sempre interessante. Cordiali saluti a tutti e buone vacanze per i clienti, e buon lavoro per i colleghi! Francesco, il portiere Francesco de Giambattista, Chiavenna Kevin Schrämli, Suvretta House und Paula Suhner, Waldhaus (2. Platz, ex aequo), Jennifer Sigg, Waldhaus (1. Platz) und Dino Rosano, Waldhaus (3. Platz) Das Rennen gemacht 2012 führte das St. Moritz Gourmet Festival erstmals einen Nachwuchswettbewerb für die KochLernenden im letzten Lehrjahr durch (auf Romanisch hübsch «Young Engadine Talents» genannt). Er wurde prompt vom Waldhaus-Lernenden Claudio Grüger gewonnen («Neuer Wein…», S. 9). Auch in den folgenden Jahren stammte stets mindestens ein(e) Ausgezeichnete(r) aus dem Waldhausteam. Im Januar 2015 waren nun gleich alle drei Podestplätze waldhausbesetzt (wobei der zweite Platz doppelt vergeben wurde). Engadiner Post/ pd, 31. Januar 2015 Jennifer Sigg ist Young-Talents-Siegerin Jennifer Fabienne Sigg, Kochlehrling bei Kurt Röösli im Waldhaus Sils, hat das Rennen gemacht. Zwölf Engadiner Kochlehrlinge im dritten Ausbildungsjahr nahmen diesmal teil. Dabei mussten sie aus einem festgelegten Warenkorb zwei Gourmetgerichte zaubern – nach dem Motto «Der Fantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt». Die Jungtalente überzeugten mit ihrem Können die Fachjury, der neben Küchenchef Bernd Ackermann vom Suvretta House auch Spitzenkoch Roland Jöhri sowie Martin Scherer, Direktor des Hotels Schweizerhof St. Moritz, angehörten. Alle zwölf Teilnehmer stellten ihr grosses Potenzial mit viel Freude unter Beweis und kreierten tolle Gerichte! In diesem Jahr lagen die hervorragenden Leistungen so nah beieinander, dass die Juroren gleich zwei Jungkochtalente auf den 2. Rang wählten: Paula Suhner aus dem Waldhaus Sils und Kevin Schrämli aus dem Suvretta House. Dino Rosano, ebenfalls Kochlehrling im Waldhaus, kam auf den 3. Rang. Die offizielle Siegerehrung erfolgte vor grossem Publikum am Great BMW Gourmet Finale, am Freitagabend, 30. Januar. Jennifer Sigg kann sich gleich über mehrere Preise freuen, darunter ein einwöchiger Ferienaufenthalt für Zwei im Fünf-SterneKempinski-Hotel Bahía in Marbella sowie ein Praktikumsaufenthalt bei Spitzenkoch Christian Geisler im «Kunsthof» in Uznach. Waldhaus-Küchenchef Kurt Röösli wurde für sein grosses Engagement in der Ausbildung junger Kochtalente am Finalabend mit einer ausserordentlichen Auszeichnung geehrt. In diesem Jahr haben es gleich drei Kochlehrlinge aus seiner Küche auf die ersten drei Ränge geschafft und bereits in allen Jahren seit der Wettbewerbsgründung befand sich immer auch ein Waldhaus-Auszubildender unter den Platzierten. Eine besondere Ehrung und Verdankung wurde auch dem Suvretta-House-Küchenchef Bernd Ackermann zuteil, der mithalf, den «Young Engadine Talents»-Wettbewerb ins Leben zu rufen und ihn seither mit grossem persönlichen Einsatz geleitet hat. Felix Dietrich textete per Mail in spontaner Freude: «Der Jugend gehört die Welt! Wir gratulieren ganz herzlich für diese tollen Leistungen und freuen uns mit Euch. Ein Dank und ein Kompliment gehört auch unsern Ausbildnern und allen, die mitgeholfen haben, dass Ihr so gute Leistungen abrufen könnt! Ein Kompliment auch allen für den grossen Einsatz während des Gourmet Festivals und für die vielen guten Rückmeldungen unserer Gäste und Journalistinnen und Journalisten!» Maria & Felix Dietrich Impressum Redaktion: Hubert Halter Zwischen und hinter den Zeilen: Urs Kienberger Druck und gute Hilfe: Gammeter Druck, St. Moritz 2 JANUAR 2016 «Einmal Nachtgespenst» Die meisten von uns machen unsere Arbeit am Tag und vor aller Augen. Der Nachtportier hingegen arbeitet weitgehend im Verborgenen, denn die meisten von uns sind dann nicht da. Dass man die Arbeit nicht sieht, macht sie aber nicht kleiner. Concierge Karl hat das in einem tapferen Selbstversuch erkundet. Er nennt seinen Bericht «ein ehrliches Fazit». Um 21.30 Uhr treffen wir uns an der Loge. Wir, das sind Giuseppe und ich. Er ist gut gelaunt, kommt gerade von zu Hause aus Casacalenda und beginnt den Abend, wie die meisten Abende als Nachtportier, mit einer routinierten Kontrollrunde durch die Stockwerke. Das ist mir bekannt und meine Müdigkeit, die ich trotz Vorschlafens nicht beseitigen konnte, nimmt unangenehme Ausmasse an. Nachdem der Chefconcierge in den Feierabend verabschiedet und die letzte Anreise gemacht ist und alle Gäste ins Bett gegangen sind, beginnt die Arbeit, von der ich berichten will: Der Sommerball steht ins Haus und in der Halle müssen Teppiche weggeräumt werden; Susi ist begeistert! Mit monotonem Summen und heftigem Geklapper, das dem Getriebeschaden meines ersten Autos gleicht, nimmt sie Nüssli, Steinchen und allerlei Unrat auf und verwahrt diese in ihrem orangenen Bauch. Susi, unser treuer Staubsau- ger, wird diese Nacht noch viel zu tun haben. Einmal sauber, werden die Teppiche aufgerollt und aufgrund mangelnder Helferhände an der Hallenwand deponiert. Die Sessel aus der Halle sind im Sunny Corner versorgt – es kann endlich geputzt werden. Meine Begeisterung hält sich weiterhin in Grenzen; die vier getrunkenen Kaffees müssen koffeinfrei gewesen sein, es ist Mitternacht und ein Bett scheint verlockender als die anstehende Arbeit. Die Umstellung von Tag- auf Nachtarbeit habe ich mir einfacher vorgestellt. Giuseppe schnappt sich einen Staubsauger ohne Namen. Ich nehme Susi und entschwinde in die Bibliothek. «Hach, ein übersichtlicher Raum. Der ist schnell gemacht», denke ich und beginne mit meinem Tag Nachtwerk. Die eingestellten Möbel machen ein rasches Vorankommen fast unmöglich. Da ich mir vorgenommen habe, zu putzen, als erwarte ich ein Rendezvous oder – schlimmer – die Schwiegermutter, räume ich die Einrichtung brav zur Seite und freue mich über die Falter- und Fliegenleichen, welche lautlos im Sauger verschwinden. Es ist 0.25 Uhr und das Felsenzimmer erwartet meinen Besuch. Ich denke wieder an die Schwiegermutter und bewege Stuhl für Stuhl, Tisch für Tisch, um nichts auszulassen. 0.40 Uhr, das Felsenzimmer darf den Besuch der Anverwandten erwarten. Das Fumoir riecht, als ob Churchill (der Politiker) gerade eine Churchill (-Zigarre) ausgemacht habe. Die Sessel stehen, wie sie stehen sollen, noch. Die gewaltigen Sitzgelegenheiten finden unter erheblichem Auf- wand einen anderen Platz und geben den Blick auf etwas Asche frei, die meine treue Begleiterin in sich aufnimmt. Mittlerweile geht mir die imaginäre Schwiegermutter ziemlich auf die Nerven und ich muss mich ermahnen, meine Vorsätze einzuhalten. Die Uhr schlägt 01.00 Uhr, als sich die Glastür hinter mir schliesst und ich mich frage, warum die lieben Kollegen von der Bar die Möbel so schön hinstellen, wenn das Nachtgespenst sie doch wieder umstellen muss… Giuseppe ist nicht zu sehen, sein namenloser Staubsauger aber zu hören. Sie sind in der Halle und bahnen sich den Weg durch die übriggebliebenen Sitzgruppen, ich stosse dazu. Sessel werden verschoben und Tische gerückt: Kein Nüsschen, kein Stäubchen soll sein Dasein weiterhin in der Halle fristen dürfen. Und das ist gar nicht mal so einfach. Die Sessel sind erfahrungsgemäss nicht handlich und auch nicht leicht. Die mittlerweile verhasste, erfundene Schwiegermutter kommt mir in den Sinn und ich wuchte die Rastmöglichkeiten von ihrem angestammten Standort auf freie Flächen. Nachdem sie wieder auf gewohntem Platz stehen, geht es den Fauteuils an das Innenleben – Susi lebt auf und scheint in Hochform: Als würden die Lottozahlen aus der gläsernen Trommel gezogen, klackert, kracht und schnorchelt es durch den Schlauch. Ganz klar: Hier muss etwas passieren. Manche Gäste scheinen Erdnüsse wie Eichhörnchen zu horten, für magere Zeiten, in den Spalten und Ritzen der üppigen Bestuhlung. Auch wenn ich Susi den Spass nicht verderben will – das geht so nicht. Jedes Polster anzuheben und Kissen abzusaugen, ist zwar nicht bequem, kann aber auch lukrativ sein! Die von mir gefundene 5-RappenMünze kann von Donnerstag bis Mittwoch an der Loge besichtigt werden (Gruppen bitte ich um vorherige Anmeldung). Während ich mich um die Sessel und Sofas gekümmert und der Schwiegermutter eine Wurzelbehandlung an den Hals gewünscht habe, hat sich Giuseppe durch Salon bleu und Bar gearbeitet. Die weiteren Kontrollgänge stehen an und der Nachtportier entschwindet für einige Zeit, aber ich bin ja da, er kann noch schnell die Waschmaschinen anstellen. Es ist 03.00 Uhr, die Reinigungsarbeiten sind mit erfreulichem Ergebnis beendet worden und meine Müdigkeit ist verschwunden, die Schwiegermutter kann kommen. Karl Ludwig Stolz – der Berliner ohne Grossstadtallüren – kam im Sommer 2004 erstmals als Praktikant ins Waldhaus. Seit fünf Jahren ist er der Stellvertreter an der Seite von Chefconcierge Arnold Giamara. Beide tragen sie die prestigeträchtigen «Clés d’Or» am Revers. Nachtportier Giuseppe Giammaria, im Waldhaus seit Dezember 2014, stammt aus der Region Molise am Übergang zwischen Mittelund Süditalien. Giamara – Giammaria: fast könnte man die beiden verwechseln. Aber nur, wenn man sie nicht kennt! Mon séjour à Bex pour apprendre le français Saalkellner Alessandro Buciol aus dem Friaul ist auch in seiner Freizeit immer für eine Überraschung gut. In den letztjährigen «News» erzählte er vom Swiss Irontrail (in 39 Std. von Samedan nach Davos… via Muottas Muragl, Fuorcla Surlej, Septimer, Savognin, Lenzerheide und Arosa). Und jetzt berichtet er uns, gleich schon auf Französisch, von einem recht ungewöhnlichen Sprachaufenthalt im Waadtland. Tout a commencé pendant un beau matin de l’hiver passé dans les sentiers de Sils Maria. Avec moi il y avait Hanna et Flurina. Nous avions organisé une sortie avec les raquettes à neige. Soudain Hanna m’a dit : « Et-ce que tu connais ce qu’ils font dans les WWOOF ? » ma réponse : « Quoi, Hanna…. WWOFF… sont-ils des chiens ? » et Hanna : « Non, non, il s’agit d’une Association de « Farms » où une personne est hébergée en échange de bénévolat pour 25 heures chaque semaine et … on apprend vraiment beaucoup… croyez-moi ! » Je ne suis pas resté indifférent … J’ai remercié Hanna et j’ai pensé de donner suite à cette chose. Dans une semaine j’ai reçu le dossier du « WWOOF » (acronyme de World Wide Opportunities on Organic Farms) avec toutes les « farms » qui se trouvent en Suisse. Je choisis la « Cave des Cimes », une petite « Farm BIO » avec 4 hectares de superficie dans le Canton de Vaud. Elle se trouve à Bex, sur la colline de Chiètre, au centre d’un cirque de montagnes. Bex béné- ficie d’un climat méditerranéen et ses vignobles, en plein sud face, produisent principalement Chasselas, Gamay et Pinot noir. Ce village exporte ses vins et son sel depuis des siècles. On peut aussi visiter les mines de sel. Le jardin botanique alpin de Thomasia aux pieds du Grand Muveran est un endroit idéal pour la marche. Je conseille aux lecteurs de cet article de visiter cette zone, qui se trouve près du Lac Leman avec la possibilité d’arriver à Lausanne et à Genève en peu de temps. Et voir… beaucoup de petits villages avec leur château bien conservé. Je suis arrivé à Bex le mardi 21 avril et après avoir laissé mes valises dans la chambre je suis allé tout de suite en cuisine pour préparer le dîner avec les autres volontaires. Mon travail a commencé le jour après…. Préparer les terrains pour l’ensemencement, décharger les composés pour les jardins.. tout selon les phases de la lune. Les semaines à venir avec la faux à la main pour couper l’herbe autour des vignobles, de la ciboulette, de la mélisse et surtout des fraises sauvages, qui sont vraiment très, très bonnes…. Jour après jour, nous arrivons à la moitié de mai juste pour semer le poireau et la salade… ensuite les tomates, les choux, la moutarde, les choux de Bruxelles, la citrouille et la camomille… La plantation est vraiment plus facile que de se lever tôt le matin à faire la guerre avec les escargots, qui mangent les légumes. Arroser souvent tout et, heureusement, quelque fois, il pleuvait. Être volontaire dans le « WWOOF » ne veut pas dire seulement travailler. On rencontre beaucoup de personnes de toutes les couleurs et avec elles on partage la vie quotidienne. On cuisine et on mange ensemble et donc il y a la possibilité de parler et d’écouter plusieurs langages. En bref, il s’agit d’une expérience merveilleuse. Je connais maintenant les valeurs des produits et, surtout, je ne tuerais plus les araignées… Hanna merci, merci, merci.. sans toi je n’aurais jamais fait cette grande expérience! Alessandro Buciol Alessandro Buciol stammt aus dem Friaul, mit Schweizer Wurzeln auf der Seite seiner Mutter. Er arbeitet seit dem Winter 2013/14 bei uns. Hanna Schlotterbeck, die Kollegin, die ihn zu dem Abenteuer in der Westschweiz motivierte (und selber letztes Jahr von ihren 2500 km zu Fuss von Homberg/ Bern bis Santiago de Compostela berichtete), war drei Saisons lang die rechte Hand von Chef-Pâtissier Renato. Jetzt ist sie in Kolumbien. JANUAR 2016 3 Einmaliges entsteht – ein Klassik-Jubiläum einmal anders 30 Jahre SINFONIA ENGIADINA! (Die schönen Jahresend-Konzerte in Zuoz, Pontresina, Sils und Celerina). Das Sinfonieorchester Engadin feierte mit einem Openair-Kammermusikkonzert am 19. Juli 2015 auf Clavadatsch bei Sils – das Waldhaus machte es möglich! Die teilweise weither angereisten Musiker konnten sich während mehreren Tagen im Waldhaus auf das ausserordentliche und unvergessliche Konzert vorbereiten. Wo sonst gibt es einen vergleichbaren Ort der Gastfreundschaft, des Wohlwollens und der Wertschätzung? Nur an einem solchen Ort kann Einmaliges entstehen! Durch die Verbundenheit und Begeisterung der Waldhaus-Direktionsfamilie und insbesondere durch die Grosszügigkeit von Felix Dietrich, dem langjährigen Präsidenten von SINFONIA ENGIADINA, wurde das schier Unmögliche möglich gemacht. Mit dem ganzen Team des Waldhaus hat er den Boden geebnet für unser Konzert zum 30-Jahr-Jubiläum der SINFONIA ENGIADINA. Wie können intensive Musikproben durchgeführt werden ohne Belästigung der Hotelgäste? Oder was, wenn das Wetter nicht mitspielt? «Dann findet das Konzert einfach bei uns in der Halle statt», so die lakonische Antwort von Felix Dietrich. Dass dieses «einfach» alles andere als einfach gewesen wäre, hat er auf sich genommen. Denn, wie kann ein Konzert im Waldhaus stattfinden, ohne den Hotelbetrieb an einem Sonntag Vormittag allzu stark zu stören? Diese Sorge haben die Organisatoren und Musiker aber nie zu spüren bekommen. Zum Glück war uns das Wetter hold – so mussten wir das Waldhaus im Ablauf nicht übermässig strapazieren. Während fünf Tagen durften wir im schönen Waldhaus leben und die Werke für das Openair-Konzert proben. «Wir» sind dreizehn Musiker der SINFONIA ENGIADINA: Willem Blokbergen und Cornelia MesserliOtt (Violine), Marie-Luise Hermann und Marlène Züsli-Spahr (Viola), Pi-Chin Chien und Gyula Petendi (Violoncello), Sylvie Dambrine (Flöte), Francesco Quaranta (Oboe), Xaver Fässler (Klarinette), Andreas Gerber (Fagott) sowie Christiaan Moolenaars, Peter Bromig und Ulrich Grau (Horntrio). Raphaël Vergères (Logistik) und Elisabeth MelcherArquint (Organisation) schufen den organi- satorischen Boden mit der nötigen Flexibilität und Wachsamkeit. Was am Schluss mit viel Genuss konsumiert werden darf, muss gut bedacht und geplant sein. Nach mehreren Monaten der «trockenen» Vorbereitung ist die Zeit endlich da: Ankunft der ersten Musiker am Mittwoch 15. Juli und durchgehende Proben bis zum Konzerttag. Vieles muss noch vorbereitet sein, damit rechtzeitig alles bereit steht: Sitzungen des Organisationskomitees, eine Besprechung auf der Bank, Stellprobe am Konzertort Clavadatsch: wie ist der Sonneneinfall, gibt es genügend Schatten, wo kann gekocht werden, wer bringt die Sitzbänke hoch, wer hat Wäscheklammern, damit die Musiknoten im Wind nicht wegfliegen etc. etc. Für uns als Organisatoren gibt’s dann noch einige Hektik: Einladung der Sponsoren, Terminabklärungen, noch schnell das Dirigentenpodest für die Winterkonzerte zur Reparatur bringen… und endlich alles im Kofferraum bereit und Ankunft vor dem Waldhaus – bei strömendem Regen! Da bleib ich lieber sitzen und warte mal ab, denke ich. Schon kommt der nette Portier mit einem riesigen Schirm, mit dem er mich trocken ins Foyer begleitet. Er allerdings ist ziemlich nass geworden, lässt sich aber nichts anmerken. Ich war schon oft hier, aber (leider) noch nie als Hotelgast. Das muss ein besonderer Ort sein, das war mir nach diesem Schirm-Empfang sofort klar. Die folgenden Tage haben es bestätigt: das Waldhaus IST ein besonderer Ort. Es gibt kein Problem, das nicht in liebevoller Weise von allen Beteiligten gelöst worden wäre. Hier gibt es keine Probleme, nur Herausforderungen, die gerne angenommen werden. Und dann, endlich ist der Konzerttag da. Und mit ihm die so sehnlichst erhoffte Sonne. Was für ein Tag, was für ein Glück! Der gemeinsame Spaziergang mit den Konzertgästen vom Waldhaus zum Konzertplatz auf Clavadatsch: Kinder, Hunde, Wanderer, Musikliebhaber, und zwischendurch die Musiker mit ihren Instrumenten, alle in erwartungsvoller Vorfreude. Und kein Anwesender wurde enttäuscht: für die rund 200 Konzertgäste war das Konzert ein unvergessliches Erlebnis. Eine Symbiose von Natur und Musik in einer einmaligen Alpenarena, wo auch der Vogel auf dem Baum seinem Ärger über die akustische «Störung» freien Lauf lassen durfte. Auch Wolfgang Amadeus Mozart, Samuel Barber und Piotr Tschaikowsky hätten helle Freude gehabt am genussvollen Konzert der Musiker der SINFONIA ENGIADINA. Abgerundet wurde das Gesamterlebnis durch den rustikalen Lunch mit hervorragender Polenta mit Engadiner Würsten und Käse, auf dem Feuer zubereitet von Hubi und liebevoll serviert von einem «Waldhaus»Team. Herrlich, herzlichen Dank! Wir danken den Gastgeberfamilien Dietrich und Kienberger und dem ganzen Waldhaus-Team sehr herzlich. Wir haben uns unglaublich wohl gefühlt bei Euch. Was uns persönlich in Erinnerung bleibt, im Rückblick auf die Zeit im Waldhaus? Zum Glück gibt es noch Orte, wo Gastfreundschaft gelebt wird, wo jeder Gast täglich Wertschätzung erfahren darf. Ein Ort, wo «Wertschätzung» eben vor «Wertschöpfung» steht. Ob dies das Geheimnis des Waldhaus ist? Davon sind wir überzeugt. Und wir freuen uns schon heute sehr auf unseren nächsten Besuch in diesem schönen Haus der Gastfreundschaft. Elisabeth Melcher-Arquint, Geschäftsführung/Organisation SINFONIA ENGIADINA Raphaël Vergères, Orchesterwart Academy of Hotel Excellence Bad Ragaz, 20. November 2015: Diplomfeier für das Diploma of Advanced Studies DAS der Academy of Hotel Excellence. Vorne und mitten drin Melinda Pinto. Die Academy of Hotel Excellence ist ein Joint Venture der Grand Resort Bad Ragaz AG und der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur zur berufsbegleitenden Weiterbildung in Management & Leadership in der (Fünfstern-) Hotellerie und im Tou- rismus. Auch das Waldhaus ist aktiv dabei, kompetent vertreten durch Sissi Röösli im Beirat der Academy. Der einjährige Lehrgang DAS (bzw. CAS, Certificate of Advanced Studies, für Absolventen ohne Diplomarbeit) wurde jetzt zum vierten Mal durchgeführt. Zu ihrer und unserer Freude mitten drin: Melinda Pinto, unser Stv. Chef de Réception. Die St. Moritzerin ist Diplomandin der Gastgewerblichen Fachschule Graubünden in Passugg und kam 2012 zum Waldhaus-Team. Stiftung Kultur im Waldhaus Sils Umsetzung eines lange gehegten Plans Für das, was es nicht braucht. In einem Wort: fürs Wichtigste Wenn unser Waldhaus über die Jahre zu einem eigentlichen kulturellen Leuchtturm geworden ist, zu einer Bühne und einem Ausgangspunkt für ein kulturelles Engagement, das in den ganzen Kanton und über dessen Grenzen ausstrahlt, dann eben gerade nicht, weil wir Kultur strikt und eng definiert und unser Engagement nur auf das ausgerichtet hätten, was mit dem Waldhaus zu tun hat und dem Waldhaus nützt. Jetzt erst recht nicht, der Zeit zum Trotz! Liebe Gäste und Freunde, die wir in den vergangenen Jahrzehnten mit unsern Projekten und Programmen erfreuen und begeistern durften: Ist nicht gerade in der heutigen, so unsteten Zeit eine Investition in die Entwicklung und Förderung der Kultur und die Förderung von denen, die sie schaffen, den Jungen zumal, ein sinnvoller Einsatz von «überzähligen» Mitteln? Kultur bewegt und kann vielen Menschen einen Mehrwert bringen! Spenden an unsere steuerbefreite Stiftung, seien sie klein oder gross, sollen nicht das Waldhaus an sich erhalten, wohl aber mit der gepflegten Kultur das Waldhaus auch weiter beleben können. Felix Dietrich, Stiftungspräsident Sils Maria, den 17. Dezember 2015 Stiftung Kultur im Waldhaus Sils Via da Fex 3, 7514 Sils/Segl Maria Der Stiftungsrat Claudia Carigiet Felix Dietrich, Präsident Arthur Godel Urs Kienberger Machen Sie mit? Der Stiftungsrat und die Stifter der ersten Stunde (zu denen auch Jürg Kienberger und Georg Kienberger gehören) stehen Ihnen gerne Red und Antwort! Stiftung Kultur im Waldhaus Sils IBAN-Nr. CH77 0077 4010 3142 9590 0 Graubündner Kantonalbank, 7002 Chur Fahnenwechsel Das Waldhaus am 1. April unter Österreicher Flagge und bei der Hochzeit von Claudio und Cornelia am 13. Juni! 4 JANUAR 2016 Nichtraucherreise – London Fortführung einer langen Tradition. Am Anfang unserer Lehre haben die Familien Dietrich und Kienberger uns ein Versprechen gegeben: Wenn wir während der ganzen Lehre nicht rauchen oder im ersten Lehrjahr damit aufhören, werden wir zu einer Reise in eine Stadt in Europa eingeladen. Diesen Frühling war es nun für acht ehemalige Lernende so weit. Wir wurden auf eine Dreitagesreise nach London eingeladen mit Cornelia Ryser und Claudio Dietrich als Begleitpersonen. Am ersten Tag galt es zuerst einmal diese eindrückliche Stadt etwas zu erkundigen und das bei sonnigem Wetter! Ein Besuch im Harrods war dabei ein fester Bestandteil – für alle sehr eindrücklich, aber ganz speziell für unsere drei Köche. Danach ging es weiter zu Covent Garden. Nach diesen ersten Eindrücken von London war es schon Zeit für das erste Pub. Da Herr Dietrich früher einmal in London lebte, konnten wir uns auf Insidertipps verlassen und wir wurden nicht enttäuscht. Am Abend gab es noch ein Treffen mit einem ehemaligen Waldhausmitarbeiter, und wir liessen den Abend bei einem typischen englischen Abendessen ausklingen und gingen alle müde zurück ins Hotel. Der nächste Tag stand auch wieder ganz im Zeichen der Sonne. Unsere Sightseeingtour begann vor dem Big Ben und Westminster, danach weiter zum London Eye in London sehr viele Märkte gibt, war es unser Wunsch, einen solchen zu besuchen. Der Spitalfield Market war genau das Richtige. Zum Abschluss ging es noch Richtung China Town, wo wir das letzte gemeinsame Mittagessen mit den verschiedensten Dim Sum genossen. Die drei Tage waren voller Erlebnisse, aber auch schon fast zu Ende. In Zürich wieder angekommen, verabschiedeten wir uns und auf ein Wiedersehen im Waldhaus! An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei den Familien Dietrich und Kienberger für diese einmalige Reise bedanken. Es hat uns ehemalige Lernende in einer Form wieder zusammengebracht, die anders wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre! Wir schätzen diese Wertschätzung sehr! und dann der Themse entlang weiter. Gerade rechtzeitig für das Mittagessen waren wir beim Borough Market und hatten die Qual der Wahl bei dieser wunderbaren Auswahl. Danach ging es über die Millennium Bridge weiter, im Auge bereits die imposante St. Paul’s Cathedral. Damit war das Gruppenprogramm vorerst beendet und wir hatten Zeit, die Stadt und die Läden auf eigene Faust kennenzulernen. Nächster Treffpunkt war im Hotel – elegant gekleidet, denn wir gehen eher nobel essen, hiess es bei der Einladung. Als uns dann Herr Dietrich verriet, dass wir nun ins NOBU beim Hyde Park gehen, waren wir alle begeistert und freuten uns umso mehr auf den bevorstehenden Abend. Dank den guten Asienkenntnissen von Herrn Dietrich waren wir auch da wieder in guten Händen. Von Black Cod in Miso über Sake (Reiswein) und noch vieles mehr haben wir an diesem Abend serviert bekommen. Danach ging es typisch British weiter in ein Pub und dann für die einen weiter ins Nachtleben von London. Am nächsten Morgen waren aber doch alle fit und munter und bereit für die Stadt. Da es Sandra Rapold aus Winterthur wurde im Waldhaus 2010–2013 zur dipl. Kauffrau und braucht nun das Gelernte und mehr im Palace in St. Moritz. Claudio und Cornelias Einladung nach London folgten ausserdem – nach einem Abschluss mit Erfolg, aber ohne Schall und Rauch – die St. Galler Thomas Fuster aus Ernetschwil und Michael Haas aus Rorschacherberg und der Berner Jan Sutter aus Schüpfen (Küche; Abschluss 2014) sowie als Hotelfachfrau Yvonne Lüthi aus Hausen/Aargau, Melanie Braun aus Waldkirch/St. Gallen, Yasmin Brazerol aus Rhäzüns/Graubünden (alle mit Abschluss 2013) und Martina Reist aus Filzbach/Glarus (2012). Traumhafte Geschichte Maria und Felix Dietrich auf Familienbesuch in Fribourg an der Sarine bei Frédéric und Sandra Palli-Dietrich mit ihren Kindern Gion-Mattia und Flavia, die eben ein neues Zuhause am Schoenberg bezogen haben. Sie sind immer auf der Suche nach Ideen, was sie mit ihren Enkeln unternehmen könnten, wenn sie mal etwas grösser sind, und erinnerten sich an die Erzählungen ihrer Stammgäste aus Fribourg, die ihnen von einer grossen Passion erzählten, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen: «Der Kaeserberg, ein Kindertraum, den sich Marc Antiglio in seinem dritten Lebensabschnitt mit Phantasie, Willen und Geduld erfüllen konnte. Um die erträumte Modellbahnwelt zu realisieren, hat sich Marc Antiglio von Anfang an die Unterstützung und das Können von Jacques Cherbuin gesichert. Zusammen und mit einem Team talentierter Spezialisten konnte die Anlage gebaut, die Technik installiert und alles zuverlässig zum Laufen gebracht werden. Nach 17 Jahren sorgfältiger Arbeit wurde der Traum der Chemins de fer du Kaeserberg wahr, das Ziel erreicht.» Der Bubentraum unseres Freiburger Gastes wurde in diesem neu und spannend gestalteten Modell-Eisenbahn-Museum anschaulich verwirklicht und erfüllt. Mehrere Mitglieder unserer Familie haben dieses Museum besucht und sind begeistert. Marc Antiglio lässt seine Besucher auch «hinter die Kulissen» schauen und zeigt ihnen die verschiedenen Schritte, die es zur Entstehung dieses Museums brauchte. Seit diesem Sommer präsentiert sich die Anlage nunmehr auch in der «Nacht»: «Es ist elf Uhr und Freitag in den 90er-Jahren: Anfang Herbst, leicht bewölkt. Die Sonne scheint … Plötzlich fällt die Nacht über die Anlage – und damit über die imaginäre Schweiz am Kaeserberg. Die ganze Anlage hat kein Vorbild. Dennoch sind Landschaft und Eisenbahnbetrieb bis ins letzte Detail studiert und der Schweizer Wirklichkeit nachempfunden. Die Nacht zeigt eine neue magische Dimension. Das Detail der Landschaft weicht einem Relief aus Licht und Schatten. Ganz andere Geschichten werden wach.» Ein grosses Kompliment an Marc Antiglio und sein Team am Kaeserberg! – Wir kommen wieder und nächstes Mal bringen wir natürlich auch unsere Kinder und Enkel mit. Maria und Felix Dietrich Das Waldhaussilvester ist immer auch ein Affentheater Jedes Jahr in den letzten Tagen der Sommersaison trifft sich eine kleine Gruppe im Waldhaus, um den Silvesterball zu planen. Neben der Waldhauscrew mit der Familie Dietrich, dem Haustechniker Guido Schmidt und Anna Rosano, der Floristin, ist auch Peter Affentranger mit seiner Theaterwerkstatt «Affentheater» aus Winterthur mit im Team. Das Thema wird festgelegt, Dekoideen werden gesammelt und besprochen und die diversen Arbeiten aufgeteilt, damit aus dem Waldhaus ein Palast aus 1001 Nacht, eine Winterlandschaft, ein Ozeandampfer oder ein Zirkuszelt wird. In der Zwischensaison wird in der Waldhausschreinerei gezimmert und auch in der Theaterwerkstatt in Winterthur wird konstruiert, geschweisst, gesägt und gemalt. Pünktlich am 30. Dezember wird der Affentheaterbus mit grossen Kisten voller Scheinwerfer und den ganzen Dekorationselementen beladen, und auf geht’s ins Engadin. Im Sunny Corner entsteht ein grosses Lager, auf einmal stehen da Kamele, Palmen, Schiffskamine oder Schneemänner. Mitten in der Nacht vom 30. Dezember, wenn alle Gäste selig schlafen, werden die grosse Halle, die Bar und der Blaue Salon umgebaut. Viele fleissige Hände werken bis in die frühen Morgenstunden, um das Waldhaus für eine Nacht zu verwandeln. Während drinnen in der warmen Hotelhalle gearbeitet wird, stapfen die «Feuerwerker» im Schnee ums Waldhaus und installieren das Neujahrsfeuerwerk. Und so können die Waldhausgäste im Traum von 1001 Nacht, in einem Zirkuszelt oder an Bord der MS Amalie ins neue Jahr rutschen. Doch kaum liegt der letzte Gast in seinem Bett, trifft sich das Dekoteam wieder in der grossen Halle. Es wird demontiert, eingepackt, aufgeräumt, geputzt und alles wieder in den Bus geladen. Wenn die ersten Frühstücksgäste eintreffen, erinnert nichts mehr an das rauschende Fest. Müde, aber zufrieden reist das Affentheater wieder ab und auf der Heimfahrt flackern schon neue Ideen für künftige Silvesterbälle auf. Text: Natalie Péclard Fotos: Jennifer Sigg Jenny Sigg (siehe auch Seite 1) ist die Tochter von Natalie Péclard! Von «Scheherazade» (2012) bis «Circus» (2015): Die Silvesternächte im Waldhaus haben sehr an Fahrt gewonnen, seit die fünfte Waldausgeneration am Werk ist. Entscheidend dazu beigetragen hat neben Natalie Péclard (ausgebildete Couturière und Industrie-Schnitttechnikerin mit einem eigenen Kostümatelier für Theater- und Zirkusproduktionen in Winterthur) vor allem auch der nie um Ideen und Lösungen verlegene Theatertechniker Peter Affentranger vom www.affentheater.ch. Seit bald zwanzig Jahren ist er fast immer dabei, wenn’s im Waldhaus drunter und drüber geht (zum Beispiel auch beim grossen Marthaler-Jubiläumstheater von 2008 und unserem ersten Jubiläumstheater von 1998). JANUAR 2016 5 Der Dank der Havanna-Raucher Na 35 jaar weer terug in Hotel Waldhaus Im Oktober dieses Jahres durfte ich wieder mal ein paar Ferientage im Waldhaus verbringen. Nach den Abendessen habe ich mich auf eine gemütliche Zeit im Fumoir gefreut. Ich bin gut vorbereitet gekommen und habe angedenks dieser Stunden einige Havannas im Reisegebäck mitgebracht. Später entdeckte ich, dass ich diese auch im Waldhaus hätte besorgen können. Wie gesagt, sind meine Frau und ich abends ins Fumoir gezügelt und erlebten bei Wein, Bier und guter Background-Jazzmusik die gemütliche Atmosphäre in den Lederclubsessel. Schade, für den Kamin waren wir ein bisschen zu früh. Mit anderen Waldhausgästen hielten wir dort unser Tabakskollegium ab! Die Investition für dieses Fumoir war sicher «ein bisschen kostspielig», aber es muss sich gelohnt haben. Ich finde es eine tolle Sache, dass überhaupt ein Platz für diesen Raucherraum gefunden wurde. Die grosse Fensterfront mit der gesprengten Felswand macht den speziellen Reiz aus. Es wunderte mich, wie die ganze Situation entstanden ist und ich habe Patrick darauf hin angesprochen. Er schilderte mir die Entstehungsgeschichte. In der Deutsch zusammengefasst auf S. 17 ersten Zwischensaison wurde der Felsen neben dem Hotel gesprengt bis in den Keller runter. Auch musste jetzt zwischen Hotelgebäude und Felswand im Minimum ein Meter Abstand eingehalten werden zwecks Feuergesetz und Begehung. Die seitliche Mauer des Hotelgebäudes wurde neu aufgebaut und auch versiegelt wegen Grundwasser. In der zweiten Zwischensaison drehte man das bestehende Stübli hinter der Bar um 90 Grad, die Wände wurden wieder mit dem Originalholz in den Originalzustand zurück versetzt und ausgekleidet. Eigentlich eine unglaubliche und aufwendige Geschichte, den geeigneten Platz in diesem über hundert Jahre alten Komplex zu finden. Aber man kann die Rauchergäste, die an einen gewissen Standard gewöhnt sind, nicht einfach in den Keller, den Estrich oder sonstige Abstellräume schicken. Im Namen der Havanna-Raucher danke ich dem Hotel Waldhaus, dass auch an unsere Bedürfnisse gedacht worden ist und freue mich auf das nächste Mal im Fumoir im Waldhaus in Sils Maria. Freundlicher Gruss, Rinaldo Croci Der Nachportier von einst, der heute noch gerne mit dem Feuer spielt. (Siehe auch «Grossvater Rinaldo», S. 15) Alpiner Tourismus zwischen Dichtestress und Entschleunigung «Dichtestress» und «Siedlungsdruck» sind Unworte des Jahres. Anscheinend leiden immer mehr Menschen in den Ballungsräumen unter der Hektik, dem Lärm und – Folge unserer Smartphones – unter so genannter digitaler Übersättigung. Durchaus sinnbildlich bewegen sich dann viele dieser Menschen abgeschottet von der Aussenwelt in zigfach mit Airbags ausgerüsteten und zu eigentlichen Festungen gewordenen Autos von Stau zu Stau. Und dann sind manche dieser Leute bei uns in den Alpen, es sind unsere Gäste. Mit Helmen, Rückenpanzern, Airbags und – kein Scherz – Zahnschutz wett- bzw. ausgerüstet versuchen sie den Skitag heil zu überstehen … . So übertrieben sie erscheint, sollte uns doch diese Entwicklung zu denken geben. Haben wir nicht alle bereits von Leuten gehört, die das Skifahren aus Gründen der Sicherheit aufgegeben haben? Es ist an der Zeit, wieder vermehrt auf Gemütlichkeit, Genuss und auf Entschleunigung zu setzen. Schon heute besteht eine enorme Sehnsucht nach Ruhe und Entspannung für Geist, Auge und Ohr. Und diese Sehnsucht wächst. Befriedigt wird sie oft beim Schneeschuhlaufen, beim Winterwandern oder auch beim Skitourenfahren. Ohne Liftlärm und Mastenwald, ohne laute Dauerbeschallung aus Schneebars, ohne PommesGeschmack in der Luft und ohne Pistenkreuzungen. Der Winter an und für sich fasziniert wieder und bewegt viele Gäste in die Berge. Fast wie zu den Zeiten, als der Wintertourismus hier in der Schweiz erfunden wurde. Was heisst das nun? Haben wir alles falsch gemacht? Nein, aber nötig ist eine gute Balance zu finden zwischen top attraktiven, gut und bequem erschlossenen Pisten für den klassischen und sportlichen Alpinskifahrer und den heterogenen Bedürfnissen einer wachsenden Anzahl von Wintergästen, die anderen Disziplinen und Betätigungen den Vorzug geben. Schön, haben wir in Regionen wie dem Engadin das Privileg, den verschiedensten Bedürfnissen gerecht werden zu können. Urs Pfenninger, Tourismusdirektor Adelboden-Frutigen / ehemaliger Waldhauspraktikant, Stammgast und grosser Engadin-Fan Mijn naam is Elsö van den Bovenkamp en ik woon in Leeuwarden, in het noorden van Nederland. Ik ben nu 52 jaar oud. Toen ik 17 jaar oud was heb ik in Hotel Waldhaus een zomerseizoen en met Kerst en de jaarwisseling gewerkt als kelderpraktikant. Na enkele vakanties in Sils Maria wilde ik wel graag vakantiewerk gaan doen in het gezonde klimaat van Engadin. Na mijn eindexamen van de middelbare school had ik hier ook tijd genoeg voor. Herr Hein van der Rijst werkte al jaren in Hotel Waldhaus als chef van de receptie. En was betrokken bij het aannemen van nieuw personeel. Hij was ook mijn oom en aan hem heb ik gevraagd of ik de zomer van 1980 misschien kan komen werken in het hotel. En zo kreeg ik de mogelijkheid om als Kelner Praktikant in de leer te mogen in Hotel Waldhaus in Sils Maria. Herr Urs Kienberger, Herr Felix Dietrich en zijn vrouw Maria Dietrich-Kienberger waren destijds de leidinggevenden. In juni 1980 ben ik aangekomen in Sils net voor het begin van het seizoen. Voordat de gasten kwamen kon ik het hotel, de keuken en de ruimtes waar ik moest gaan bedienen al leren kennen. Allereerst moest ik met enkele collega’s schoonmaken, zoals het zilveren bestek en glazen poetsen. De glazen laten glimmen dat was oa. te taak van de kelners. Ik heb eerst gewerkt in de eetzaal en daar de basis van de bediening geleerd. Hier was mijn chef oberkelner Roberto Schilirò een hele geschikte en vriendelijk man. In de zaal werd het ontbijt en het diner geserveerd. Na een paar weken in de zaal te hebben gewerkt ben ik in de Arvenstube gaan bedienen met collega Aldevaro. Hier heb ik de kneepjes van het vak geleerd. Zoals oa. het serveren van heerlijke vleesgerechten, verse forel, zalm, het flamberen van Crêpes Suzette met Grand Marnier. En het sinaasappel schillen met mes en vork! Welke gewone burger doet zoiets. Maar in Waldhaus werd het zo bij de gasten gedaan. In de Arvenstube werd a la Carte geserveerd wat voor mij ook een heel leerzame ervaring was. Al die gevarieerde gerechten. Net als het serveren van de vele soorten hele goede wijn. Deze werden uit de wijnkelder van het het hotel gehaald. In de wijnkelder heb ik of en toe eens een kijkje mogen nemen met Herr Felix Dietrich. En nog steeds vind ik het leuk werk om lekkere gerechten te maken en mooi op te dienen, ook gewoon thuis voor familie en vrienden. Met de leden van muziek trio Farkas en barman Udo heb ik vele uren doorgebracht, omdat deze dicht bij de Stübli werkten. Maar natuurlijk ook met de andere kelners. Of ze nu uit Italië, Spanje, Portugal of elders kwamen. Enkele voornamen herinner ik mij nog wel: Pinto, Vasco, Manuel en Antonio. Maar ìk was destijds de enige uit Nederland. Van de Italiaanse collega’s heb ik ook geleerd hoe je spaghetti moet eten; vooral niet snijden, dat was oneerbiedig! De periode in Waldhaus waar ik geleerd heb om voor anderen klaar te staan en anderen te helpen heb ik nu nog profijt van. Het is de basis geweest voor de rest van mijn leven. Het werk in Waldhaus was een leerzame periode. Vooral het bedienen van de gasten gaf mij veel voldoening. Met Herr Felix Dietrich had ik inmiddels een goede band opgebouwd en hij heeft mij zelfs nog voorgesteld om in Zürich verder te leren als kelner aan de hogere hotelvakschool. Zodat ik langer in hotel Waldhaus kon gaan werken. Maar dat zag ik destijds niet als mijn toekomst. Mijn huidige beroep als analist dat was toen mijn doel. Aan het einde van het zomerseizoen ben ik in Nederland gaan studeren. Om in het winterseizoen terug te komen in Waldhaus. Toen heb ik nog een aantal weken in de Stübli met chef Aldevaro bediend. Vooral de Kerst en de jaarwisseling waren prachtig. Na 1980/1981 ben ik nog een paar keer terug geweest in Waldhaus om oud collega’s gedag te zeggen. Zelfs hebben wij er een keer overnacht met onze familie. Dat was toen mijn nicht Edith van der Rijst met haar man is getrouwd in Sils Maria. Zij vierden hun bruiloft in Waldhaus. Mijn neef Hanspeter van der Rijst komt op de fiets nog wel eens in Sils als hij een fietstocht maakt vanuit Chur. Nadat wij afgelopen winter in de bioscoop de film “Clouds of Sils Maria’’ hadden gezien. Hadden mijn vrouw ik besloten om deze zomer, tijdens onze vakantie in Zwitserland, weer eens een bezoek te brengen aan Waldhaus in Sils Maria. Zo zijn wij met onze dochter, schoonzoon en kleinzoon 16 juli naar Sils Maria gegaan en hebben wij met Herr Felix Dietrich geluncht. Samen op het buitenterras hebben wij heerlijk genoten van speciaal voor ons gemaakte gerechten. Hier hebben wij met Herr Felix prachtige herinneringen opgehaald. Met oude foto’s ed. Hij heeft ons daarna nog een rondleiding gegeven langs oa. de eetzaal, Stübe, Salon en keuken. De werkplekken waar ik 35 jaar geleden met zoveel plezier heb mogen werken. Met vriendelijke groet, Elsö van den Bovenkamp, (werknemer Hotel Waldhaus seizoen 1980/1981) 6 JANUAR 2016 Auch spiegelverkehrt: Graubünden ist mehr wert! Welche Freude, dass der NZZ vom 14. Juni eine gut gemachte Broschüre beiliegt, die für Ferien im Engadin wirbt. Allerdings macht mich das Titelbild etwas unsicher: Das ist doch der Silsersee mit der Halbinsel Chasté. Aber irgendetwas stimmt da nicht. Das sichtbare Waldhaus läge ja auf der falschen Talseite! Nach der ersten Verunsicherung wird mir klar: Das Bild ist spiegelverkehrt gedruckt worden. Als Oberengadin- und Waldhaus-Fan kann ich das nicht einfach schlucken. Wird wohl nichts mehr nützen, aber ich schreibe doch umgehend an die Macher/innen dieser Broschüre, «Graubünden Ferien». Um wenigstens als humorvoller Unterländer anzukommen, dichte ich noch etwas zu meiner Kritik: «Ihren Slogan «Graubünden ist mehr wert…» ergänze ich mit «… auch spiegelverkehrt!» Nicht schlecht staune ich, als ich wenig später eine Antwort bekomme: Ja, da sei tatsächlich ein Fehler passiert. Man werde die Broschüre nächste Woche noch einer anderen Zeitschrift beilegen, vorher aber den Fehler korrigieren. Jaja, denke ich mir: Wer’s glaubt, zahlt einen Taler! Trotzdem bin ich gwunderig und kaufe mir die erwähnte Zeitschrift – und man hat tatsächlich das Bild zurückgespiegelt und wohl aus grafischen Gründen die Steinböcke anders platziert. Zum Glück habe ich nicht gewettet, ich hätte den Taler zahlen müssen! Ein kleiner Nachsatz sei noch gestattet, da ich auch in diesem Heft ein Ärgernis fand, das vielleicht auch andere als solches empfinden. Auf der ersten Seite werden die Lesenden wie folgt begrüsst: «Willkommen in Engadin St. Moritz» (genau so geschrieben) Meinen Kommentar dazu haben die zuständigen Leute auch bekommen. Aber da wette ich nun leider fast auf sicher, dass sich nichts ändern wird: «Diese Anrede tut schon etwas weh. Erstens ist sie deutsch grauenhaft. Und zweitens schlucken alle Engadin-Gäste, die nicht nach St. Moritz in die Ferien gehen, sicher leer. Denn das Guten Tag! Siehe auf Italienisch S. 1 «Mi presento, sono il portiere del Bel-Etage» schönste Engadin liegt wohl unbestritten ober- und unterhalb von St. Moritz. Die Stadt mag wohl zum Einkaufen, Flanieren und Essen etwas bieten, aber sicher nicht für erholsame Wanderferien … Ich auf alle Fälle freue mich auf meine nächsten Ferien in engadin.sils.ch ! Fritz Zollinger, Otelfingen Spiegelverkehrt? Klarer Fall und herzlichen Dank für die Korrektur! (Auch das Festival Origen hat übrigens im Oktober 2015 mit einem schönen Waldhausbild den Süden zum Norden gemacht. Will man uns denn unbedingt dort haben, wo wir nicht sind?). Aber «Engadin St. Moritz»? Mit Verlaub: Das ist offiziell und hat gute Gründe. St. Moritz und Sils, St. Moritz und das Engadin, das gehört nun einmal fest zusammen. Natürlich sind wir stolz auf das, was Sils Maria ist und von anderen unterscheidet. Aber wir vergessen nicht, dass ein rechter Teil der Anziehungskraft von Sils auch von dem kommt, was in der Nähe liegt – auch und gerade St. Moritz mit seiner sicher nicht umwerfenden Architektur, aber auch all seinen Anlässen und Infrastrukturen und seiner weltweiten Bekanntheit. Umgekehrt ist auch gefahren: Kein Prospekt von St. Moritz kommt ohne Silsersee aus, ob seitenverkehrt oder nicht. Jedenfalls: Vor neun Jahren wurden – zum Glück – die ganzen lokalen Kurvereine zusammengelegt, damit wir uns gemeinsam besser bemerkbar machen können in der Welt. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie intensiv damals um den Namen der neuen Organisation gerungen wurde. Für die St. Moritzer war ganz klar, was zuerst käme (viele sind noch heute nicht versöhnt mit dem, was ist). Andere wollten sich umgekehrt möglichst distanzieren vom halb geliebten Zentrumsort. «Engadin St. Moritz» ist kein literarisches Wunder, aber ein guter Kompromiss. Also weiterhin ganz herzlich: Willkommen in Engadin St. Moritz! Zwischensaison ist nicht immer Ferien Sobald im Waldhaus jeweils am Ende einer Saison die Tore schliessen, fahren einige in ihre verdienten Ferien, andere machen sich an Unterhaltsarbeiten, zusammen mit unserm Technikteam und den Hausmalern. Wieder andere fahren zu ihren Familien und schauen zuhause zum Rechten, während eine beträchtliche Anzahl unserer Mitarbeitenden sich in der Zwischensaison auch weiterbildet. Die Lernenden werden aufgeboten an ihre Schulen, wo sie das Gelernte in der Praxis noch mit Allgemeinbildung und Theorie ergänzen. Im Hause selbst geht die kreative Arbeit weiter und wir betreuen Ausflug nach der IGEHO 2015 in Basel, zu unsern badischen Nachbarn im Hotel Hirschen in Sulzburg mit Einladung zur Spitzenköchin Douce Steiner – Felix und Maria Dietrich – Jürg und Claudia Kienberger Carigiet – Renato Pellegrinelli – Verena Godel – Kurt Röösli – Arthur Godel. das Haus auch in der Zwischensaison während sieben Tagen, beinahe Tag und Nacht. Zögern Sie also nicht, auch in dieser Zeit anzurufen oder uns zu schreiben! Nachfolgend einige Bilder aus dieser Zwischensaison vom November 2015 mit Bildern unserer Tätigkeiten und Weiterbildungen: Unsere Reise nach Rom, wo wir mit 250 Geladenen die Wintersaison eröffnen durften! Hier beim Empfang vor der Schweizer Botschaft mit dem Alphorn Ensemble aus St. Moritz. Felix Dietrich Guten Tag! Darf ich mich vorstellen? Ich bin der Etagenportier in der Bel Etage. Ich arbeite nun seit zwei Saisons in diesen Betrieb und bin stolz, zum Team zu gehören. Es scheint mir angebracht, auch weil ich es bis jetzt noch nicht tun konnte, dem ganzen Waldhaus-Management zu danken. Ich habe hier einen Empfang gefunden, der wirklich über jeden üblichen Unternehmensstil hinausgeht, wie ich ihn bis jetzt kennenlernen konnte. Schon gleich am ersten Tag bei der Übergage des Arbeitsvertrags erhielt ich eine Karte mit einer Fotografie der Waldhausdirektoren, auf der stand: «Willkommen, Francesco». Das gibt dir gleich das Gefühl, jemand zu sein und nicht bloss eine Nummer wie so oft in Betrieben mit viel Personal. Da habe ich verstehen gelernt, warum viele Menschen aus dem Grenzgebiet in diesem Betrieb arbeiten wollen. Im Engadin und in Italien stellen mir viele die klassische Frage: «Gibt’s überhaupt Arbeit?» Offensichtlich kann ich die Frage bejahen; trotz der wirtschaftlichen Krisen, die leider die ganze Welt betreffen, und gerade auch der Abwertung des Euros gegenüber dem Schweizer Franken. Wie schafft es das Hotel, im Vergleich zur grossen Konkurrenz immer noch so viele Gäste anzuziehen? Man denkt vielleicht an gewiefte wirtschaftliche Strategien, an die Marketingpolitik… Das hat die Konkurrenz auch. Meines Erachtens ist es mehr. Das Management hat hier einen wahren Genius Loci geschaffen. Ich lasse Euch selber nachforschen: Es ist ein lateinischer Begriff, der tatsächlich zum Ausdruck bringt, was im Waldhaus über die Jahre geschaffen worden ist. Das gilt gegenüber den Gästen ebenso wie gegenüber den Mitarbeitenden, darum will ich es sagen. Ich will hier die Gouvernante (Leiterin Hauswirtschaft) nicht auslassen, die Dame, die mich für das Etagenportier-Team engagiert hat. Für mich ist sie ein wahrer Leader, nicht einfach ein Boss oder ein Chef, und ich will euch den feinen und entscheidenden Unterschied erklären: Der Leader begeistert, er oder sie macht nicht Angst; der Leader sagt «wir» statt «ich»; der Leader will die Menschen entwickeln und nicht einfach ausnützen… Ich wehre mich gegen jeden, der das Gegenteil behauptet. Ich hoffe, niemanden zu langweilen mit diesem kurzen Beitrag, der einige irritieren und andere interessieren mag… Mir scheint es immer gut, die Meinung eines Mitarbeitenden zu wissen. Mit einem herzlichen Gruss an alle: Den Gästen wünsche ich einen schönen Urlaub und den Kollegen gutes Arbeiten. Francesco de Giambattista aus Chiavenna (z. T. in Venezuela und Australien aufgewachsen) hat schon vielerorts gelebt und gearbeitet, aber noch nie in Sils und noch nie in einem Hotel. Übersetzt von UK. JANUAR 2016 7 «Morgenstern» in Pension Plötzlich Grossvater statt Nachtportier. Aber der Morgenstern bleibt. An Adriaan und Christel van Wijngaarden (E-Mail vom 16.09.2015). Lieber Nachtschatten des Morgenstern, es sei Ihnen ein Gruss geschickt, der versucht, Ihrer würdig zu sein: Bremse quietscht. Es fährt ein Mann sein Rad und hält dann höflich an und steht, entschuldigt sich, und dann blicken dich Kinderaugen an, der Mund bleibt offen, spitzt sich zu im Nu und alsbald fühlst du Worte gaukeln, Schmetterlinge, die zu dir schaukeln, und staunend hörst du – er haucht es dir zu: «Klein Irmchen, sag mir, was ist die Zeit?» – «Sie ist wie der blaue Himmel so weit.» Die Zeit vergeht, das Fahrrad steht: wer weiss wohl, wie es weitergeht? Er blickt dich an, du blickst zurück, dann gehen wir zusamm ein Stück. mit herzlichem Gruss Euch beiden Siegfried und Vreni Müller, Grüsch Adriaan erklärt dazu Ich fahr mit dem Velo über die Äcker bei Grüsch und versuche vorsichtig ohne Lärm zu bremsen, aber Oha. Es quietscht natürlich, weil der Weg schon ein bisschen nass ist, wie ich langsam von Hinten näher an das Ehepaar Müller heranfahre! Und, wie oben beschrieben, steig ich vom Velo und wir unterhalten uns wunderbar, sehr morgensternsch! Nicht zu vermeiden, wir kennen ja den Adriaan! Wir stehen und stehen und endlich geht es dann über in Laufen! An einer Kreuzung, wo ich geradeaus hätte gehen können und sie nach rechts abgebogen, frag ich, ob ich noch ein Stück mit ihnen gehen darf. Wir laufen dann zusammen bis zu ihrem Haus, und aus einem Garten von guten Bekannten von Müllers bekomm ich dann noch einen Maiskolben und Salate, frisch abgeschnitten. Bei ihnen zuhause angekommen, bekomm ich noch von seiner Frau ein oben geholtes durchsichtiges Säckchen mit gemischten Teekräutern, die er kiloweise selber ums Haus im Garten und sonst zusammengesucht hat. Wir reden beim Gartentor noch eine Weile und ich darf am nächsten Tag bei Müllers vorbeikommen und meine fünf bis sechs Waldhaus-Morgensternblätter, vorn und hinten bedruckt, einem höchst interessierten Herr Siegfried Müller vorbeibringen! Also wieder eine liebe, interessante und besondere Begegnung «in Morgenstern» am Mittag. Was eine liebe Freundschaft geworden ist. Mit liebe Grüess an alli Adriaan Unser Sohn David wollte gern, dass wir in der Nähe von ihm und seiner Freundin Alexandra wohnen kämen. Am 15.5.15 sind wir nach Seewis-Schmitten umgezogen. Am 5. Juni haben David und Alexandra zivil und am 18. Juli kirchlich geheiratet. Und Alexandra war schon in Erwartung. Und am Freitag, 23. Oktober 2015, um 23.25 Uhr ist der Laurin Lucas van Wijngaarden-Casutt im Spital Fontana in Chur mit Kaiserschnitt geboren! Adriaan van Wijngarden ist nicht aus dem Katalog, aus dem die Menschen gemeinhin kommen mögen. Er und seine Frau betrieben lange einen kleinen Geschenkladen in Samedan. Vor zehn Jahren wurde die Liegenschaft, die nicht ihnen gehörte, verkauft und teuer um- und neugebaut. Mit 57 Jahren begann er mutig wieder von vorn und heuerte bei uns als Nachtportier an. Keine leichte Aufgabe, grösstenteils dann zu arbeiten, wenn die meisten anderen schlafen und einem damit doppelt fehlen – man kann sich nicht mit ihnen unterhalten und man kann keinen konsultieren, wenn etwas passiert. Doch er kam und tat’s. Was er natürlich mitbrachte, waren seine eigenen grossen Leidenschaften – allen voran für Morgenstern. Nur die hartnäckigsten und dickhäutigsten Waldhausgäste kamen fortan ganz ohne Morgenstern ins Bett. Nun ist Adriaan 67 geworden, und der Winter 2014–2015 war seine letzte Sai- son im Waldhaus. Er selbst hätte vielleicht noch weiter gemacht. Doch: Die Arbeit in der Nacht ist zwar oft banale Routine, kann aber von einem Moment zum anderen sehr anspruchsvoll werden, wenn etwas passiert und man als Erster richtig reagieren soll. Das verlangt eine grosse Belastbarkeit und Reaktionskraft. Wie lange darf man das von einem nicht mehr so jungen, dazu mit besessener Leidenschaft an seine Dichterverse denkenden Mann noch erwarten? Und die Leidenschaft, die gehört nun mal ganz fest zu Adriaan. Hoffentlich noch viele Jahre lang! UK Noch ein früherer Nachtportier als frisch gebackener Grossvater (siehe «Grossvater Rinaldo», S. 15)? Nun ja, es sind wahrscheinlich ideale Grossväter: schon bestens an den Nachtdienst gewöhnt! Alles Käse? Die vier «Creppun-Mutschli» auf dem Weg ins Waldhaus Es führen viele Wege ins Waldhaus. Bei Noëmi Hoessly aus dem Aargau, Spitzensportlerin und Studentin an der Sportmittelschule Academia Engiadina, war es ein Gastspiel bei einem grossen Waldhaus-Buffet für ihre Maturaarbeit. Das paradiesische Käsebuffet mit seinen verschiedenen Käsesorten und unterschiedlichen Gerüchen, Geschmäckern und Teigkonsistenzen ist eine Wissenschaft für sich. Dies wurde mir während den Nachspeisestunden am Gala Diner im Waldhaus noch einmal mehr bewusst. Überrascht war ich vom grossen Interesse und auch Wissen der Gäste über die verschiedenen präsentierten Käsesorten. Es wurde rege diskutiert und nachgefragt, was mir wiederum die Aktualität meiner Nachforschungen über die vier verschiedenen Sorten des «CreppunMutschli» zeigte. Mein Interesse für Käse blieb bis vor einem Jahr eher zurückhaltend. Ich mochte Käse zwar ausgesprochen gerne, jedoch zerschlug ich mir keinen Kopf über die Hintergründe einer Käseproduktion. Als Kindheitserlebnis blieb mir ein Alpbesuch inklusive einer Käsedegustation und dem anschliessenden Nachhausetransport des schweren Käselaibes präsent. Ein Lebensmittelbiolog der ETH Zürich und die Lataria Engiadinaisa (LESA) in Bever zeigten mir die Hintergründe vom Weg der Milch bis zum Käse. Anfangs war es mein Ehrgeiz und die Neugier, die mich in den Anfängen meiner Maturaarbeit an der Academia Engiadina in Samedan vorwärtstrieb. Neben dem Spitzensport wollte ich neue Ge- biete kennenlernen und auch eigenständig anpacken können. Bis anhin bestand meine Freizeit aus dem Eiskunstlaufen und nun wollte ich mich in ein anderes Themengebiet als den Sport vertiefen. Ich bewegte mich auf Neuland. Mit der LESA stellte ich im Weiteren vier verschiedene «Creppun-Mutschli» her. «Creppun-Mutschli» sind Halbhartkäse, die sich zum einen durch die Erhitzungstemperatur der Rohmilch und zum andern durch die Zugabe von Zitronenthymian unterscheiden. Den Zitronenthymian stellte mir Al Canton, ein biologischer Hof im Puschlav, der vor allem für seinen Tee bekannt ist, zur Verfügung. Anschliessend analysierte ich die Unterschiede bezüglich den koloniebildenden Einheiten zwischen den Käseproben unterschiedlicher Reifungsstadien und Sorten im Laboratory of Food Science in Zürich. In der Käserei sowie im Labor begegnete ich interessanten Menschen aus verschiedenen Berufsgruppen und lernte deren Alltag kennen. Um den Käse herzustellen, stand ich zum Beispiel um 3.00 Uhr in der Nacht auf und im Labor gehörten auch manchmal Überstunden dazu, weil ich mich verrechnete. Während meiner Arbeit machte ich neue, interessante Erfahrungen, die mir immer wieder neue Perspektiven der Lebensmittelherstellung zeigten. Schlussendlich trug ich all meine Erfahrungen, Methoden und Resultate in einer sechzigseitigen Arbeit zusammen. Es war nun nicht mehr der Wille, sondern eine grosse Portion Herzblut, die mich antrieb. Zum krönenden Abschluss durfte ich meine vier «Creppun Mutschli» nach Sils ans Gala Diner bringen. Anfangs war ich ein wenig nervös, denn ich hatte keine Erfahrung, wie es hinter den Küchentüren eines fünf Sterne Hotels ablaufen wird. Auf dem Weg von Bever nach Sils ereignete sich zu allem dazu zwischen Punt Muragl und Celerina ein Unfall und ich brauchte ganze 45 Minuten von Samedan bis nach St. Moritz. Janu, schlussendlich erreichte ich mit einer halben Stunde Verspätung das idyllisch gelegene Hotel Waldhaus. Schnell wurde ich durch die grosse Küche geführt und erreichte Jessica, die an diesem Abend für das Käsebuffet zuständig war. Sie klärte mich ganz unkompliziert über die nötigen Kenntnisse bezüglich einer Käsepräsentation auf und dann ging es auch schon los. Es bereitete mir grosse Freude, dass sich zahlreiche Gäste für die «Creppun-Mutschli» interessierten. Ich spürte, wie man sich hier im Waldhaus wohl fühlt und die Ferien geniessen kann. Die Atmosphäre strahlte Eleganz und Familiarität gleichzeitig aus. Vielen Dank für diesen Abend! Mutschli Creppun ist ein thermisierter Vollfett-Halbhartkäse der Lataria Engiadinaisa SA, Bever. www.lesa.ch 8 JANUAR 2016 Von Kindern, Ölen und einem Dreifranken-Arzt Nach ihrem eindrücklichen Freiwilligeneinsatz vom Herbst 2012 für die Shanti-Foundation, die sich um Slum-Kinder bemüht, kehrte Hauswirtschaftsleiterin Seraina Gaudenz im November nach Bangalore zurück. Bangalore (heute offiziell Bengalaru) liegt in Südindien und ist die drittgrösste Stadt des riesigen Landes. Hier ihre Impressionen von einem erlebnisreichen Monat. Bangalore Nach drei Jahren kehre ich in die Shanti-Foundation nach Bangalore zurück, um einen Teil meiner Ferienzeit mit Slum-Kindern zu verbringen, danach plane ich Tage im Ayurveda-Resort. Sasam ist ein behinderter Junge, der nicht sprechen kann. Er begrüsst mich am eindrücklichsten, springt auf mich zu, streckt seine Händchen nach mir aus und brüllt vor Freude. Ich bin den Tränen nahe. Die älteren Kinder strahlen, lächeln das indische Lächeln und haben Rosen aus Papier gezaubert, kuscheln sich an mich und weichen nicht mehr von meiner Seite. Bangalore hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, viele neue Geschäfte wurden eröffnet, einige Slums sind verschwunden, andere entstanden, manchen Menschen geht es besser, anderen schlechter. Dieses Jahr regnet es viel. Die Slums sind im Regen schlicht erschreckend, es ist schwer, sehr schwer vorstellbar, wie Menschen so leben können, leben müssen. Alles nur Pappe und Schlamm, es ist grauenhaft. Das Shoppingcenter Die Kinder lernen in der Schule, was ein Shoppingcenter ist, abends während der Aufgabenzeit zeigen die drei Mädchen, die durch mich und meine Freunde unterstützt werden, stolz auf dem Papier, wie ein Einkaufszentrum aussieht. Und schon ist die Idee entstanden, mit ihnen am Samstag, ihrem schulfreien Tag, eines dieser wie Pilze aus dem Boden schiessenden Center zu besuchen. Die Mütter bringen Aperna, Reena und Anitha zu uns, und wir ziehen mit einem Tuk-Tuk los. Die Mädchen sind glücklich und wollen mich alle drei an der Hand nehmen. Im Center schieben sie den Einkaufswagen vergnügt zu dritt. Andere Besucher merken, dass diese Mädchen eigentlich nicht hierher gehören, aber sie freuen sich mit ihnen. Das Strahlen der kleinen Gesichter steckt an. Wir gehen Mittag essen, alles wird auf Bananenblättern serviert, es schmeckt herrlich, wir essen und essen, immer mit der Hand, das macht Spass. Später, im nächsten Einkaufszentrum, gibt es Rolltreppen und Rollbänder. Nun gibt es kein Halten mehr, bis in den fünften Stock fahren die Mädchen hoch, und gleich wieder hinunter und noch einmal hinauf. Ein wenig Hilfe brauchen sie noch, und ich erinnere mich an meinen ersten Besuch im Shoppingcen- ter in Chur, die Freude damals war ähnlich gross. Auf dem Nachhauseweg schlafen alle drei im Tuk-Tuk in unseren Armen ein. Nicht nur sie sind todmüde. Das Mittagessen Heute ist Diwali, das Fest des Lichtes. Die Schulen sind geschlossen. Ich lade die grösseren Kinder zum Mittagessen ein, fünfzig kommen in das Restaurant. Gott spielt mit an diesem besonderen Tag, der Regen hört auf. Auch hier ziehen die Kinder ihre besten Kleider an. Die, welche Schuhe besitzen, versuchen es damit. Einer, er ist sehr klein, hat sich in viel zu grosse Schuhe gestellt, bequem wird es nicht sein, aber Schuhe mussten sein. Als das Essen aufgetischt wird, ist es fast beängstigend ruhig – wo es vor einer Minute noch zuging wie in einem Bienenhaus. Schön, diese Kinder glücklich und zufrieden zu erleben, ihrem harten Alltag für einen Moment enthoben. Nach Stunden herrscht sie mich an, ich solle gefälligst meine Nase auf der Toilette putzen gehen. Ich bin betroffen und verletzt, aber auch dankbar, etwas gelernt zu haben. Nie wieder werde ich in Indien vor anderen Menschen die Nase putzen! Im Resort Ich komme todmüde an und sehe nur weisse Menschen, höre Schweizerdeutsch, Deutsch und Russisch. Ein Schock! Es ist eine Anlage wie aus dem Bilderbuch. So habe ich noch nie Ferien gemacht. Ich glaube, das passt auch nicht zu mir. Doch dann beginnen die Massagen. Täglich zwei Stunden Synchron-Massagen, vier Hände bearbeiten meinen Körper, ein herrliches Gefühl. An einem Tag werde ich mit Kräuterwasser übergossen, es fühlt sich an, als ob jemand warme Suppe über mich leeren würde. Zuerst ist es eigenartig, aber bald angenehm und die Wirkung toll. Die Adoptivkinder An einem Tag geht es mit dem Bus zu der deutschen Stiftung Shishu Mandir ausserhalb Bangalores. Wir werden durch die Schule geführt, in der auch junge Leute zu Automechanikern oder Näherinnen oder Computerbedienern ausgebildet werden, ein halbes Jahr lang werden sie geschult, dann wird ihnen bei der Stellensuche geholfen, danach müssen sie auf sich selber vertrauen und auf Gott. Im anliegenden Heim werden Mädchen untergebracht, die keine Eltern haben oder wo es die Umstände nicht zulassen, dass sie zu Hause wohnen. Es ist ein ruhiger, schöner Ort, in dem auch Ramya, meine zweites Patenkind lebt. In einem Raum liegen kleine Kinder, drei sind gerademal zwei Wochen alt, sie wurden vor der Türe abgelegt. Entstanden mit dem falschen Mann, aus einer verbotenen Leidenschaft oder in einem grauenhaften Moment. Diese Kinder werden aufgepäppelt, dann den Indern zur Adoption angeboten, und wenn keiner sie will, werden sie nach Europa und in den USA zur Adoption freigegeben. Mir schnürt sich die Kehle zu, ich muss die Tränen zurückhalten. Die Winzlinge sind nicht grösser als eine grosse Hand, drei unschuldige Leben am Beginn eines langen Weges. Weiter weg spielen zwei Zweijährige, die nächste Woche nach Italien umziehen werden. Ich hoffe, dass sie ein schönes Leben bekommen werden, mit liebevollen Adoptiveltern. Ayurveda Zehn Stunden dauert die Zugfahrt von Bangalore nach Thrissur, wo das Ayurvedacenter ist. Zehn Tage Entspannung sind angesagt. Nach den intensiven Erlebnissen mit den Slumkindern bin ich reif dafür. Eine starke Erkältung plagt mich, ich habe Kopfschmerzen, verstopfte Stirn- und Nasenhöhlen. Eigentlich wollte ich 3. Klasse fahren, aber scheinbar gab es ein Missverständnis oder auch nur den Glauben, dass dies für eine Weisse nicht zumutbar oder angebracht sei. Jedenfalls sitze ich in der 2. Klasse in einem bequemen Sitz, leider mit Klimaanlage, ich hasse diese Dinger. Es regnet in Strömen, eine Dame, sicher aus einer höheren Kaste, setzt sich neben mich. Leute wie sie können durchaus arrogant sein. Ich wiederum bin die einzige Weisse und ich spüre, dass ich dieser Dame nicht passe, was jedoch auf Gegenseitigkeit beruht, zehn Stunden Unbehagen beiderseits. Um die Decke, die sie um sich legt, beneide ich sie allerdings, denn mir ist kalt. Sie schläft, ich fröstele und schneuze in mein Taschentuch. Der Dreifranken-Arzt Housekeeper unter sich Das Reinigungspersonal kommt und reinigt mein Zimmer. Ich frage, ob ich zusehen darf und erkläre, ich sei auch HeadHousekeeperin. Die Leute strahlen und reinigen auf hohem Standard, sie sind flink. Der Head-Housekeeper, Padmakumar, kommt mich besuchen und fragt, was ich sehen möchte. Mit einer riesigen Schachtel indischer Süssigkeiten (die sind köstlich) gehe ich ins Office des Housekeeper-Teams. An der Wäscherei bin ich auch interessiert. Da muss er erst den Direktor fragen. Es dauert nicht lange und ein 29-jähriger Direktor steht vor mir. Natürlich führt er mich persönlich durch die Wäscherei. Beinahe bin ich enttäuscht, denn auch die Wäscherei ist auf europäischem Standard. Die Maschinen stehen im Freien, aber es sind moderne Maschinen, gebügelt wird von Hand, getrocknet teilweise an der Sonne. Das ganze Resort erfährt in Windeseile, dass da eine HeadHousekeeperin aus Switzerland zu Gast ist, von da an geben sie sich noch mehr Mühe, im Service, an der Rezeption, in der Küche. Ich lächle für mich. Meine Ohren beginnen zu schmerzen, immer heftiger wird der Schmerz, ich kann kaum noch meine Brille ertragen. Die Ayurveda-Ärzte reagieren rasch und schicken mich ins Nachbardorf zum Ohrenspezialisten. Ein Tuk-Tuk bringt mich hin. Als ich in die Praxis eintrete, denke ich, hier werde ich bestimmt noch kränker. Mit einem grossen Stab geht der Arzt ins Ohr, Dr. Fazalmohammed verwendet Druckluft und diagnostiziert schnell eine Entzündung. Er stopft Medizin und Watte hinein und sagt, ich solle am nächsten Tag wiederkommen, wenn es nicht bessere. Ich frage ihn: «Darf ich ein Bild von Ihnen machen?» «Ja», antwortet er, «aber schreiben Sie nicht, ich sei ein Terrorist». Ich muss trotz der Schmerzen laut lachen und habe nun volles Vertrauen in diesen Arzt, dessen Praxis aussieht wie eine in der Schweiz vor hundert Jahren. Die Nacht ist qualvoll, ich bin mir sicher, dass sich die Bakterien sämtlicher Patienten in meinen Ohren tummeln. Punkt 8.00 Uhr stehe ich bei meinem Ayurvedaarzt im Zimmer. Ich höre beinahe nichts mehr. Er begleitet mich, wir nehmen das Hotelauto. Ja, die Infektion habe sich gesteigert, jetzt müssen Antibiotika her. «Und bitte, bitte Schmerztabletten», sage ich. Die Tabletten helfen rasch, aber die Dosis ist hoch. Selten habe ich Tabletten so gerne geschluckt, ich komme mir wie eine Abhängige vor. Habe Alpträume. Von nun an besuchte ich den Ohrenspezialisten jeden Tag, und jeden Tag reinigt er meine Ohren und gibt mir für den Flug weitere Medizin. Die erste Konsultation kostete 200 Rupien, das sind drei Franken. Danach hat er kein Geld mehr genommen. Diesem ehrlichen Mann werde ich mein Leben lang dankbar sein und ihn nicht vergessen. Er ist ein Arzt, wie mein Urgrossonkel einer war. Ein Arzt aus innerer Überzeugung. Seraina Gaudenz bleibt sich treu. Die waschechte Engadinerin aus Lavin, seit nunmehr vierzehn Jahren Hauswirtschaftsleiterin im Waldhaus hat auch in ihrer freien Zeit keine Scheu vor Herausforderungen. Davon zeugte auch ihr Bericht «Von den Eichhörnchen zu den Elefanten: Als ehrenamtliche Elefantenpflegerin auf Sri Lanka» in den letztjährigen Waldhaus News. JANUAR 2016 9 Reisen, reisen, reisen Ich war ein sehr beliebter Gast, da ich immer tolle Menus kreierte, um mich für die Gastfreundschaft zu bedanken. Claudio Grüger (1994) aus Undervelier im Kanton Jura kam ab Sommer 2011 für das letzte Jahr seiner Kochlehre ins Waldhaus, denn das Hotel in Davos, wo er seine Lehre begann, hatte nach einem Besitzerwechsel vorübergehend seine Tore geschlossen. meistens bei Freunden oder bei Menschen, mit welchen ich zuvor auf der Internetseite Couchsurfing Kontakt aufgenommen hatte, zu Gast. Ich war mit Menschen unterwegs, die an den Orten lebten, wo ich meine Ferien verbrachte. Diese lebten ihren normalen Alltag und ich begleitete sie und entdeckte neue Wege, wie man durchs Leben gehen kann. Ich war ein sehr beliebter Gast, da ich im- Es sind schon beinahe drei Jahre vergangen, seit ich die Kochlehre beendet habe. Unglaublich! Vieles habe ich erlebt und so manches sollte besser nicht in dieser Zeitung erscheinen. Seit ich das Waldhaus verlassen habe, war ich viel unterwegs. Zuerst ging ich einen Monat lang nach Deutschland in die Küche von Christian Bau (Drei-Sterne-Koch im Saarland. Die Redaktion). Es war streng. Für mich war es damals zu streng. Als ich das Praktikum beendete, gönnte ich mir eine Auszeit. Die Auszeit dauerte sieben Monate. Ich entdeckte in Marokko, Berlin, Paris, Marseille, im Jura bei meinen Eltern oder sonst unterwegs in der Schweiz eine neue Art, mein Leben zu leben – weit entfernt von der regen Betriebsamkeit der Gastronomie. Ich war mer tolle Menus kreierte, um mich für ihre Gastfreundschaft zu bedanken. Nach diesen schönen langen Ferien machte ich die Berufsmatura im Bildungszentrum Inforama Rütti in Zollikofen. Dies war eine Bedingung meinen Eltern gewesen, als sie mich mit 15 von zuhause fortgehen liessen, um meine Kochlehre zu beginnen. Das Leben eines Studenten neben dem Studium gefiel mir sehr. Ich lernte viele tolle Menschen in meinem Alter kennen. Das Studium an sich fand ich eher öde. Ich sass den ganzen Tag auf einem Stuhl und musste Wissen in meinen Kopf pressen. Ich schwelgte in tollen Erinnerungen und wollte so schnell wie möglich wieder reisen. Das Tollste an dem ganzen Schuljahr war die Maturareise nach Riga. Den Tag durch gingen alle Studenten in Museen, ans Meer, in eine Kathedrale, entdeckten die Stadt… Am Abend hatten wir frei. Wir spielten überall Frisbee, gingen in teure Restaurants essen und tanzten die Nächte lang in den unterschiedlichsten Clubs und Bars. Nachdem ich das Studium erfolgreich abgeschlossen hatte, machte ich meinen Führerschein. Danach reiste ich wieder viel durch Europa, manchmal mit Freunden, manchmal alleine. Das Leben eines Reisenden gefällt mir sehr. Zu guter Letzt ging ich noch einmal mit einem Freund für achtzig Tage nach Marokko. Seit einem Monat bin ich wieder in der Schweiz. In zwei Tagen beginne ich meine neue Stelle als Koch im Circus Monti. Ich freue mich schon jetzt wie ein kleines Kind auf die Stelle. Reisen und Kochen vereint: Wundervoll! ten, die sich für die Geschichte des Hauses interessieren, kleine Führungen angeboten. Von diesem Raum waren wir alle so beeindruckt, dass wir es schön fänden, wenn wir unseren Gästen die Geschichte des Badrutt’s Palace Hotels auf ähnliche Weise näher bringen könnten. Zimmern, welche zeitgemäss eingerichtet sind. Am meisten hat uns die Turmsuite fasziniert, von der man westlich einen atemberaubenden Ausblick auf den Silsersee und östlich auf den Silvaplanersee hat. Claudio Grüger, Kochlehrling von 2011 bis 2012. Die Sache mit dem (allzu) strengen Praktikum beim Drei-Sterne-Koch hatte er sich selbst eingebrockt. Beim Gourmet Festival St. Moritz 2012 gewann er den Hauptpreis des damals zum ersten Mal durchgeführten Nachwuchswettbewerbs «Young Engadine Talents» – und das war eben ein Praktikumsaufenthalt bei Christian Bau. Lehrlingsausflug ins Waldhaus Wie schon etliche Male, haben im letzten Sommer alle Waldhaus-Lernenden miteinander das Badrutt’s Palace besucht und die Palace-Lernenden machten dann einen Gegenbesuch. Der Witz der Sache: Gastgeber und Betriebsführer waren in beiden Fällen die Lernenden vom Ort. Hier das Echo vom Palace nach ihrem Besuch bei uns. Empfang Am 11. August 2015 durften wir Lehrlinge vom Badrutts’s Palace Hotel einen erlebnisreichen Ausflug ins Waldhaus Sils machen. Wir wurden von den 19 Lehrlingen des Waldhauses herzlich empfangen (*). Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begrüsste uns der ehemalige Hoteldirektor in der grossen Halle. Er erzählte uns einiges über die spannende Hotelgeschichte und die mysteriöse Sage des Waldhauses. Wir erfuhren, dass das Hotel 1908 eröffnet wurde und nun in den Händen der 5. Generation liegt. (*) So viel? Eigentlich sind es etwa 15. Des Rätsels Lösung: Im August waren bereits alle da, die gerade anfingen… aber auch einige, die ihre Lehre im Frühsommer abgeschlossen hatten. Anm. der Redaktion. Front Office und Büros Als Nächstes wurden wir zu den Büroräumlichkeiten und ans Front Office geführt. Im Gegensatz zu unserer traditionellen Rezeption, welche sich nahe am Eingang befindet, werden die Gäste des Waldhauses in einem der Büros etwas abseits des Eingangs empfangen. Dies war für uns etwas ungewohnt. Danach wurde uns der Personalbereich, inklusive der Lingerie, der Räumlichkeiten des Technischen Dienstes und der Kantine gezeigt. Wir durften sogar einen Blick in zwei der Personalzimmer werfen. In der Kantine offerierten uns die Lehrlinge Mango mit Büffelmozzarella, welche sie selbst zubereitet hatten. Küche Anschliessend brachten uns die Lehrlinge in die Küche. Wir waren äusserst beeindruckt von den hellen, modernen Räumlichkeiten, welche 2008 komplett renoviert wurden, jedoch noch einen antiken Ofen (genauer: Holzkohlengrill) von 1908 beinhalten. Der Gegensatz der Patisserien der beiden Hotels war sehr schnell zu bemerken, da die Patisserie im Waldhaus nur ein kleiner Raum neben der Küche ist, während im BPH die Patisserie komplett in die Hauptküche integriert ist. Von 20 Köchen im Waldhaus sind 9 Auszubildende, die ab dem zweiten Lehrjahr die grosse Verantwortung tragen, das Essen für das komplette Personal zu planen, zu organisieren und selbstständig zu zubereiten. Seit drei Jahren bildet das Badrutt’s Palace keine Koch-Lehrlinge mehr aus. Weinkeller Auch im Weinkeller war ein Unterschied festzustellen, als wir die Grösse des Weinkellers und die Anzahl der Flaschen verglichen. Im Waldhaus werden von rund 30‘000 Flaschen jährlich 20‘000 verkauft, ausser einer kleinen Auswahl an teuren Weinen lagern sie keine Weinflaschen (mit sehr alten Jahrgängen). Von vielen Weinen wird eine Anzahl Flaschen in der Kaffeeküche gelagert, da kein Lift vom Weinkeller ins Restaurant vorhanden ist und dies die Arbeit erleichtert. Im Weinkeller des Badrutt’s Palace Hotels werden um die 25‘000 Flaschen gelagert. Die Anzahl der Lagerweine ist bei uns höher als im Waldhaus. Museum Nach dem Weinkeller führten sie uns an einen sehr eindrücklichen Ort, das Museum, welches sich in der ehemaligen Bäckerei befindet. In dem kleinen Raum im Keller des Hauses befinden sich viele Antiquitäten, welche von einem Künstler mit verschiedenen Installationen und künstlerischen Effekten in Szene gesetzt wurden. Dies verleiht dem Raum eine mysteriöse Atmosphäre. Im Museum werden unter anderem den Gäs- F&B Outlets Der grosse Speisesaal mit den beachtlichen Fenstern, welche eine atemberaubende Aussicht bietet, hat uns alle sehr beeindruckt. Auch das moderne Bestellsystem über Tablet faszinierte uns sehr, da wir in den Restaurationen des BPH nicht mit Tablets arbeiten. Auch die grosse geräumige Bar hinterliess bei uns einen sehr guten Eindruck. Wir bekamen sogar ein kurzes Stück vom alleinspielenden Klavier zu hören. Zimmer Das Waldhaus verfügt über 140 Zimmer, welche in völlig verschiedenen Zimmerkategorien aufgeteilt sind. Von den traditionellen Zimmern mit restaurierten Original-Möbeln von 1908, bis zu den modernen Abschiedsapéro Als wir uns zu guter Letzt auf den Weg in Richtung Abschlussapéro machten, kamen wir am Wellnessbereich vorbei. Bedauerlicherweise konnten wir nur einen kleinen Blick zum Innenpool werfen. Schliesslich führte uns ein Teil der Lehrlinge durch die Passage zum grossen Garten, wo sich der andere Teil der Lernenden schon versammelt hatte und eifrig auf uns wartete. Sie hatten einen grandiosen Apèro mit leckeren Küchlein und Muffins vorbereitet, welche die Kochlehrlinge selbst zubereitet hatten. Es war für alle ein grossartiger Tag gewesen, mit vielen neuen Eindrücken. Ausserdem hat es uns sehr gefreut, dass wir diesen Ausflug machen durften. Auch das Vorstellen des BPH hat uns grosse Freude bereitet, und wir konnten auch einiges daraus lernen. Die Lehrlinge vom Palace St. Moritz 10 JANUAR 2016 Portugiesische Migranten im Engadin – Klein-Viseu in Sils Tarouca in Nordportugal pflegt seit Jahren eine symbiotische Beziehung mit Sils: Der Grossteil der portugiesischen Migranten im Oberengadin stammt von dort und kehrt jedes Jahr zurück. von Raffaela Angstmann. Neue Zürcher Zeitung, 7. März 2015. 365 Treppenstufen führen zur Kirche von Lamego im Norden Portugals. Es kann zehn Minuten dauern, dort hinaufzusteigen. Gläubige aus der Umgebung kommen oft hierher. Manche quälen sich, um Versprechen zu besiegeln, auf Knien die Treppen hoch. Oft liegen noch Kieselsteine auf den Stufen. Olga Maria Gomes da Silva erinnert sich noch genau daran. Sie hat diesen Ort nur ungern verlassen. Heute wohnt sie mit ihrem Mann und ihren Töchtern auf einer Anhöhe des Ortsteils Sils Maria. Sils, eine Gemeinde im Oberengadin von fast schon dichterischer Schönheit, hat nicht einmal 1000 ständige Einwohner. Gemäss dem Staatssekretariat für Migration leben derzeit 142 Portugiesen hier. Davon sind ein Drittel Kurzaufenthalter. Im Kanton Graubünden leben rund 9400 Portugiesen. Die meisten, die sich in Sils niedergelassen haben, kommen aus Nachbardörfern rund um Tarouca im Distrikt Viseu im Norden Portugals. Die Grösse Taroucas ist knapp vergleichbar mit derjenigen von St. Moritz. Die Italiener halfen Nach dem Ende der Salazar-Diktatur Mitte der 1970er-Jahre kehrten viele Portugiesen aus den Kolonien in ihr Land zurück, alleine aus Angola kamen 750 000. Wegen der Rückkehrer fehlte es an Arbeitsplätzen im Norden des Landes, eine Migrationswelle setzte ein. Seither immigrieren Portugiesen auf Arbeitssuche unter anderem in die Schweiz. In portugiesischen Bergdörfern wie Granja Nova oder Lamego wurden Stellenangebote ausgehängt. Es waren vor allem die italienischen Grenzgänger, die den Portugiesen den Zugang zur Arbeit in der Schweiz durch die Sprache erleichtert haben, da den Portugiesen das Italienische liegt. Viele sind noch jung, wenn sie auswandern. Nebst Familienmitgliedern folgen ihnen oft Freunde und Bekannte. Ob jüngere oder ältere Jahrgänge: Alle kehren mindestens einmal im Jahr ins Heimatdorf zurück. Die Bergdörfer Nordportugals leben unter anderem von diesem Tourismus der Emigranten. Valdemar Pereira ist der Bürgermeister von Tarouca. Pereira war 1992 selbst als Saisonnier im Hotel Waldhaus in Sils tätig. Er war nur 30 Tage dort als Commis de Salle. (Weil er sich nach einem Monat beim Fussballspielen das Bein brach. Anm. d. Waldhaus-Redation). «Mir war es wichtig, einmal zu sehen, wie man im Ausland arbeitet und wie das Leben eines Emigranten aussieht», sagt der 56-Jährige. Vor seinem kurzzeitigen Aufenthalt in der Schweiz war er bereits Bürgermeister seines kleinen Heimatdorfes Ferreirim im Kreis von Lamego, nahe Tarouca, gewesen. Viele Arbeitsmigranten besässen auch ein Haus in Tarouca. «In den Ferien kommen sie wieder zurück und geben hier ihr Geld aus. In der Krise wird sonst nicht mehr viel gekauft.» Pereira vermutet, dass in Tarouca allein in den vergangenen 30 Jahren hundert emigrierte Portugiesen zurückgekehrt sind. In den letzten zehn Jahren seien die meisten Geschäfte, Hotels und Restaurants von Rückkehrern eröffnet worden. Alle träumten nach ihrer Pensionierung von der Rückkehr. «Jetzt emigrieren wieder die Jungen», sagt Pereira. Von denen würden wohl nicht mehr so viele ihren Wohnsitz zurückverlegen. Ein Grossteil habe schon Familie und Freunde im Ausland. So auch Cassiano Morais Gil. Der 50-Jährige ist ein schüchterner Mann mit dunklem Haar, rundlichem Gesicht und schläfrigen Augen. Gil ist der Gärtner des Waldhauses und der Mann für alles. Er steht jeden Morgen um 6 Uhr 30 auf. Mit grösster Sorgfalt pflegt er den Kräutergarten für die Hotelküche, putzt die Gehwege und baut, was gerade gebraucht wird. Er lebt schon seit fast dreissig Jahren mit seiner Frau im nahe gelegenen Samedan. Aufgewachsen sind sie in Mondim da Beira, einem kleinen Dorf, nur drei Kilometer von Tarouca entfernt. Jeden Mai fährt die ganze Familie für einen Monat in die Heimat zurück. Seine damalige Nachbarin sorgte dafür, dass Gils Frau im Engadin eine Stelle gefunden hat. Später holte sie ihren Mann hinzu. Vieles läuft über private Kontakte. Weil der Familiennachzug vor 2002 noch erschwert war, verbrachte ihr Sohn die ersten acht Jahre seiner Kindheit bei der Grossmutter in Portugal. Verliebt in der Schweiz Nur fünf Kilometer von Tarouca entfernt liegt Vila Chã da Beira, wo José Manuel Dos Santos Ferreira aufgewachsen ist. Auch in der Schweiz wohnen der 37-Jährige und seine Familie unweit von Gil, nämlich in einem dem Hotel zugehörigen Wohnkomplex. Dort bewohnen Ferreira und Olga Maria Gomes da Silva mit ihren beiden Kindern eine gemütliche Wohnung – bunt dekoriert mit Zeichnungen der Töchter. Die ältere ist neun und heisst Nina. Die jüngere, die zweijährige Yara, quietscht vergnügt, während der Hund unter dem Tisch herumstreunt. Ferreira hat eine tiefe, raue Stimme, seine dichten, buschigen Augenbrauen fallen einem sofort auf – genau wie die glänzend weissen Zähne von da Silva. Sie spricht Italienisch mit einer zarten, feinen Stimme. Manchmal verirren sich auch portugiesische Begriffe in ihre Erzählungen. Beide stammen aus der Nähe von Tarouca. Nach dem Schulabschluss leistete er Militärdienst. Da Silva half damals noch den Eltern auf ihrem Land und kümmerte sich um ihren Bruder. Das Paar war in der Jugend unabhängig voneinander für einige Monate zum Traubenschneiden in den Weinbergen Frankreichs. Die Freundin einer Cousine besorgte da Silva die Stelle als Zimmermädchen. Sie erinnert Olga Maria Oliveira Santos (links) arbeitet im Waldhaus in der Cafeteria, José Manuel Dos Santos Ferreira ist Chef de Service und Cristina Maria Sorrilha Ferreira die zweite Gouvernante. (Bilder: Adrian Baer / NZZ) sich noch genau an den Tag der Abreise: «Ich bin am 15. Mai 1995 in Sils angekommen. Die ganze Fahrt hierher habe ich geweint.» In den ersten Jahren hatte sie starkes Heimweh. Mit der Geburt der ersten Tochter habe sich das aber schnell geändert. Im Dezember 1995 kam Ferreira ins Engadin. Nach ihrer ersten Begegnung an einem Dorffest in Tarouca lernten die beiden sich erst im Engadin richtig kennen. Sie war damals 18 Jahre alt. Ferreira hat als Chef de Service eine Jahresstelle, da Silva hingegen nur während der Saison. Jeweils zwei Monate bevor die Zwischensaison beginnt, muss sie bereits anfangen, fürs Arbeitslosenamt zu stempeln. «Manchmal fahre ich lieber nach Hause, um mir diese Demütigung zu ersparen», erklärt sie. Dabei spielt sie unruhig mit ihren Fingern. Teilweise bekomme sie harsche Antworten in den Geschäften, in denen sie nach Arbeit fragt: «Geh zurück in dein Land, wo du herkommst», wird ihr gesagt. Cousinen haben versucht, sie nach Genf zu locken, aber das Paar schwärmt vom Heimatgefühl, das bei ihnen im Dorf Sils aufkommt. Sie lieben die Ruhe auf dem Land. Das Grossfamilienglück Ferreira kam auf Empfehlung seines zehn Jahre älteren Bruders nach Sils Maria. Seine Wohnung liegt nur einen Stock tiefer. Domingos Ferreira Dos Santos ist nun schon sein halbes Leben in der Schweiz wohnhaft. Nicht nur die Verwandtschaft, sondern auch einige zufällige Parallelen prägen und verbinden die Familien. Dos Santos’ Frau heisst Olga Maria Oliveira Santos. Auch sie haben zwei Töchter mit ähnlichem Altersabstand wie die Cousinen. Alessia ist vier-, Jessica schon elfjährig. Das Paar wartete einige Jahre nach der Geburt Jessicas mit dem Auswandern, damit ihre Älteste nicht alleine bei der Grossmutter bleiben musste. Santos wuchs in Salzedas, nördlich von Tarouca, auf. Beide möchten eines Tages gerne in ihre Heimat zurück. Ob das jemals möglich sein wird, ist aber fraglich. Ihren Kindern wollen sie diese Entscheidung eines Tages selber überlassen. Cristina Maria Sorrilha Ferreira steht in einem Hotelzimmer und prüft, ob es ausreichend geputzt wurde. Sonderwünsche der Gäste gehen an sie: Verlangt wird nach frischen Blumen, zusätzlichen Kissen, Radios. Seit vier Jahren ist sie die zweite Gouvernante im «Waldhaus». Alle paar Minuten geht bei ihr der Beeper los, und sie springt zum nächsten Telefon. Die 42-Jährige hat sich hochgearbeitet. Angefangen hat sie in der Wäscherei, danach war sie 18 Jahre lang Zimmermädchen. Sie zählt ihre verbrachten Jahre im Engadin in Saisons – 53 sind es bis jetzt. Als 17-Jährige folgte sie dem Ruf ihres Bruders von Granja Nova nach Sils. «Wenn man jung ist, denkt man nicht viel nach. Man will nur arbeiten und Geld verdienen», begründet sie ihre damalige Entscheidung. Ihren Mann hat sie hier kennengelernt und zu Hause geheiratet. «Ich möchte sicher wieder zurück nach Portugal», sagt sie. Fünf ihrer sieben Geschwister leben ebenfalls in der Schweiz. Umdenken bei den Jungen Traum von der Rückkehr Sie alle verbringen ihre Ferien immer in Portugal. Jährlich reisen sie zu den Verwandten in die Heimatdörfer und in die Ferienhäuser am Meer. In Viseu sind ihre Nachbarn aus der Schweiz jeweils nur wenige Kilometer von ihnen entfernt. Oft begegnet man sich dort zufällig. Obwohl von der älteren Generation alle sicher sind, eines Tages in Portugal alt zu werden, scheint die Bereitschaft zur Rückkehr bei den Jüngeren nachzulassen. Bei manchen aus monetären Gründen, wie bei einigen jungen Männern, die in Silvaplana arbeiten. Sie sind in ihren Zwanzigern und flüchteten vor der Krise in ihrem Land. Sie sparen für die jährliche Heimreise, aber auch für ein besseres Leben. Bei anderen verflüchtigt sich der Bezug zum Herkunftsland der Eltern. Wie bei Nina: «Ich mag die Schweiz lieber. Alle meine Freunde sind hier.» Sie ist in der Schweiz aufgewachsen. Nebst Portugiesisch spricht sie Rätoromanisch, Deutsch und ein wenig Italienisch – eine richtige Engadinerin. Der «Presidente» weiss nicht, wie viele Leute aus Tarouca zurzeit in der Schweiz sind. Er schätzt die Zahl auf ungefähr 50. In Portugal fehlt es an genauen Studien und Zahlen zur Migration. Bürgermeister Seit 1974 sind zusammengezählt über 200 portugiesische Mitarbeitende ins Waldhaus gekommen, ob für eine kurze Saison oder für ein halbes Leben. Von links nach rechts: Olga Maria Oliveira Santos, Alessia, Jessica, Domingos Dos Santos Ferreira, José Manuel Dos Santos Ferreira, Yara, Nina, Olga Maria Gomes da Silva. JANUAR 2016 11 Kurts fünfzigster Geburtstag 04.09.1965 … 04.09.2015. Kurt Röösli war erst 26, als er ins Waldhaus kam und noch nicht 31, als er Waldhaus-Küchenchef wurde (man rechne). Das Waldhaus ist stolz und dankbar, dass er da ist! Wie kann man jemanden überraschen?! Wie kann man in einem Hotel anreisen, ohne vorher erkannt zu werden?! Ganz einfach, man hat einen Verbündeten. Und wenn der Verbündete der Direktor selber ist, dann ist es umso leichter. Doch möchte ich mit der Geschichte vorne beginnen. Ganz vorne. Alles begann vor mehr als 20 Jahren. Da waren wir im Waldhaus junge Köche. Ein Team, Freunde und eine Familie waren wir. Aus diesem Grund habe ich letztes Jahr einen Artikel für die Waldhaus News geschrieben. Ich schrieb von Freundschaft und von Zusammenhalt. Daraufhin meldete sich Sonja Zumstein, gebürtige Burch, bei mir und hatte die grossartige Idee, dass wir zum Geburtstag von Kurt Röösli sowas wie eine Überraschung für Kurt und ein Treffen von ehemaligen Waldhausköchen organisieren könnten. Sogleich begannen wir, ehemalige Kolleginnen und Kollegen unserer damaligen Generation zu kontaktieren, von denen wir noch die Adressen kannten. Ausserdem sollte ja alles geheim bleiben. Rööslis durften auf keinen Fall davon erfahren. Also wurden Claudio und Patrick Dietrich in den Plan eingeweiht und sie waren von der Idee ebenso überzeugt wie wir und unterstützten uns tatkräftig bei unserem Vorhaben. Fiktive Namen wurden ausgedacht, um ja nichts durch die Ankunftsliste zu verraten. Mitstreiter wieder mal zu sehen. Es ist einfach so, wie ich schon im letzten Jahr schrieb. Das Waldhaus verbindet… auf ewig. Meloni alias Marco Mazzonetto UK: Sie unterschreiben mit «Meloni», als den wir Sie ja alle kennen und schätzen. Woher eigentlich? Kurt glaubt, es hätte etwas mit dem Inspektor Maloney von Radio SRF 3 zu tun. War’s eine frühe Vorahnung Ihrer jetzigen Arbeit? Oder liegt die Erklärung im persönlichen Charakter von Philipp Maloney?? Die SRF-Webseite redet von seinen «haarsträubenden Fällen» und sagt, er ermittle «mit Schalk, Charme und unverkennbarer Raubeinigkeit». So reisten die Familie Porsche und Goldberg an, welche eigentlich Hornstein und Schaefer heissen. Von allen, die wir anschrieben, schafften es vier Partien an das Treffen. Wie schon erwähnt, die Hornsteins, die Schaefers, die Zumsteins und ich mit meiner Freundin. Lange wussten wir nicht, ob die Rööslis an dem besagten Tag überhaupt da sind?! Schliesslich wird man nur einmal fünfzig! Doch wir hatten Glück! Die Familie blieb in Sils Maria und so konnte die Direktion ihnen sagen, dass es gut wäre, wenn sie um 15.30 Uhr zu Hause sein könnten. Klar ahnten die Rööslis, dass da ein paar vom Waldhaus kämen, um Kurt zu gratulieren. Dass aber ein paar Minuten später auch wir noch aufkreuzen würden, damit haben sie wahrlich nicht gerechnet. Die Überraschung glückte, die Augen waren gross und die Verwunderung perfekt. Die ganze Mühe hatte sich gelohnt. Es klappte alles perfekt und wie am Schnürchen. Am Nachmittag blieben wir zu einem Drink noch bei Kurt und was ganz toll war, er fand Zeit, mit uns zusammen im Waldhaus das Abend-Menü zu geniessen. Es war ein herrlicher, schmackhafter und gemütlicher Abend. Alte Freunde, die sich trafen und ihre Geschichten erzählten, alte und neue. Die Köche kamen dann auch noch, um Kurt ein Ständchen zu singen. Es war einfach schön, für uns alle!! Zwei Nächte blieben wir im Waldhaus. Es war ein geglücktes Wochenende. Alles stimmte, es war wie «ein nach Hause kommen». Gleich fühlten wir uns alle wohl und es war irgendwie so, als wären wir nie weg gewesen. Es war so schön, die ehemaligen MM: Tatsächlich wegen dem Privatdetektiv. Als ich im Schloss Herblingen arbeitete, war es für mich fast ein «Muss», die Serie zu hören. Ich fand es spannend und witzig! Deshalb nannten meine Kollegen mich so und meinten auch, ich hätte etwas gemeinsam mit ihm … ob es der Zynismus, Humor oder der Scharfsinn ist D, weiss ich nicht mehr. Marco Mazzonetto aus Schaffhausen war 1992–2000 in der Waldhausküche, lange als Sous-Chef. Heute ist er bei der Kantonspolizei am Flughafen Zürich. Das Waldhaus hat er aber nicht vergessen. Sonja Burch (Zumstein) arbeitete 1993– 1997 vier Saisons hier, Christian Schaefer zwölf Saisons zw. 1992 und 2003, seine Frau Esther Meier sechs Saisons zw. 1996 und 2000 und schliesslich Alex Hornstein sieben Saisons zw. 1992 und 1997. Esther begann mit einer Service-Lehre und stieg zur zweiten Oberkellnerin auf, die anderen hatten verantwortliche Positionen in Küche und Pâtisserie. Einblick in das Leben eines vielseitigen Kulturmenschen Luis Coray im Gespräch mit Arthur Godel im Hotel Waldhaus Sils Er komponiert und singt Lieder, malt selber und bringt es anderen bei. Er weiss, wie man Sprachstörungen behebt und wirkt als Musikpädagoge: Luis Coray ist vielseitig begabt. von Marie-Claire Jur, Engadiner Post/Posta Ladina, 8. Oktober 2015 Vorgestern Abend unterhielt sich Arthur Godel, ehemaliger Programmdirektor von Radio SRF2 «Kultur und Klassik» mit dem Künstler, Maler und Kulturvermittler Luis Coray. Workshop-Leiter Luis Coray bei seinem Auftritt im Silser Hotel Waldhaus. Godel leitet derzeit im Hotel Waldhaus eine Leserunde für Mitglieder des DRS2Kulturclubs, Coray gibt ebendort Kindern und Jugendlichen einen Malkurs. Bereits zum zehnten Mal. Und mit erfreulichen Ergebnissen, wie eine projizierte Fotoreportage aus diesem Malatelier aufzeigte. Ob abstraktes Aktionsbild in knalligen Farben oder besinnliche Seenlandschaft im Herbst: Die «Jungkünstler» müssen super begabt sein oder haben im Workshop-Leiter ein pädagogisches Genie gefunden. Vielleicht trifft beides zu, jedenfalls wollte man angesichts der gezeigten Bilder gerne wieder Kind und Workshop-Teilnehmer sein. Nebst fotografischen Einblicken in den Workshop und in Luis Corays Atelier in der Churer Villa Fontanta zeigte der einstündige Treff vor allem eines auf: die unglaubliche Vielseitig- keit des Künstlers. Zu sehen an den vor Ort präsentierten Bildern, über die sich Godel und Coray unterhielten, aber auch zu hören in den musikalischen Einlagen. Coray trug drei romanische Lieder vor mit Gitarrenbegleitung, Mundharmonika-Soli und Skat-Gesang. Ob Eigenkomposition oder Vertonung von Gedichten eines Felix Giger oder Gion Derungs: Die Lieder hatten etwas Geheimnisvolles an sich, waren melancholisch und teils etwas surreal. Elemente, die auch in Gemälden des Künstlers zu finden sind, beispielsweise in solchen, die nach einer Überschwemmung in Berlin entstanden sind oder im Gemälde «La Barca da musica» ausgemacht werden können: Drei Frauen in einem kleinen Ruderboot auf dem Caumasee, mitsamt Cello und Notenständer. Es ist fraglich, (Foto: Marie-Claire Jur) ob dieser romantisch inszenierte Ausflug so idyllisch endet wie er angedacht war… Im Verlauf der Bilderbesprechung nannte Coray auch einige seiner Künstlervorbilder, darunter Augusto Giacometti – «den finde ich super». Die Art und Weise, wie dieser Bergeller Maler mit Farbe und Form umging, ist für Coray wegweisend – auch heute noch. Unverkrampfter Romane Moderator Godel sprach auch Corays Verhältnis zur rätoromanischen Sprache an. Coray sieht sich als Weltbürger und ist gleichzeitig in Graubünden verwurzelt. Den immer wieder in der Rumantschia aufflackernden Sprachenstreit bezeichnete er pointiert als «maladie imaginaire des minorités», als eingebildete Krankheit von Minderheiten. Er selber sei kein (Sprachen)-Chauvinist, betonte er und vermische die Idiome. Der 1954 in Laax geborene und aufgewachsene Luis Coray ist in einer romanisch sprechenden Bauernfamilie gross geworden und hat erst in der Klosterschule von Disentis Deutsch gelernt – kein leichtes Unterfangen für ihn und seine im Romanischen verwurzelten Kameraden. Noch heute hadere er manchmal mit den Artikeln im Deutschen. «Ich kann mit den Portugiesen nachfühlen», sagte Coray mit Bezug auf diese Minorität und ihre sprachliche Integration. An der Klosterschule hat Coray Förderung durch seinen Zeichenlehrer erfahren und studierte nach der Matura in Zürich Kunstgeschichte, wo er auch den Vorkurs an der Hochschule für Gestaltung besuchte. Bedingt durch den frühen Tod des Vaters sah sich Coray verpflichtet, als «Zwangsbauer» auf dem elterlichen Bauernhof mitzuarbeiten. Seine Ausbildung setzte er fort und entschied sich für ein Studium der Logopädie an der Uni Fribourg, das ihm nebenher genug Zeit für seine künstlerischen Aktivitäten liess. Monografie und Einzelausstellung Coray sieht sich als Autodidakt, er hat sich aber immer wieder weitergebildet. Für sein Schaffen wurde er mehrfach mit Beiträgen des Kantons Graubünden, der Stadt Chur und der Pro Helvetia unterstützt. 2016 wird eine Monografie erscheinen, die Leben und Werk des Malers, Performers, Liedermachers, Logopäden und Musikpädagogen vorstellt. Geplant ist zudem eine Einzelausstellung in Chur. 12 JANUAR 2016 «Resonanzen Sils»: Unerhörtes in Wort und Musik Vom 13. bis 19. September 2015 erfuhr das Internationale Kulturfest «Resonanzen» seine Zweitauflage in Sils. Unser Gast Ellinor von Kauffungen hat ein paar Impressionen gesammelt. «Resonanz (von lateinisch resonare «widerhallen») – so lese ich in Wikipedia – ist in Physik und Technik das verstärkte Mitschwingen eines schwingfähigen Systems, wenn es einer zeitlich veränderlichen Einwirkung unterliegt. Dabei kann das System um ein Vielfaches stärker ausschlagen als beim konstanten Einwirken der Anregung mit ihrer maximalen Stärke… Die im Resonanzfall anwachsenden Ausschläge entstehen dadurch, dass das System bei jeder Schwingung erneut Energie aufnimmt und speichert.» Übertragen auf die Silser «Resonanzen» heisst das: Wir schwangen mit, wurden angeregt, haben Energie aufgenommen und vielerlei Eindrücke gespeichert. Beispiele gefällig? Schwingend und energiegeladen bereits der Auftakt am Sonntag 13.09. mit zwei Quintetten: jenes von Ralph Vaughan Williams (für viele eine Entdeckung) sowie die hinreissende Wiederbegegnung mit Schuberts Forellenquintett. Schlechtes Wetter am Montag, 14.09.: Zeit zum Ausspannen, Lesen und Lauschen – sei dies in Bad und Sauna oder in der Halle zu den Weisen des hauseigenen Trios. Während Gottfried Schatz die Silser Kinder mit Musik und Chemie verzaubert. Und abends in der Silser Kirche zwei junge Preisträgerinnen des Rahn-Kulturfonds auf Violine und Cello ihr beachtenswertes Können – einfühlsam befragt von Moderator Kurt Aeschbacher – zum Klingen bringen. Am Dienstag, 15.09. eine bewölkte, aber regenfreie Kulturwanderung ins südliche Bergell entlang lauschiger Natursteinmauern und Kastanien, mit nassen Füssen, der Geschichte eines verheerenden Bergsturzes, der Entdeckung des Palazzo Vertemate, des traurigen Schicksals der von 17-jährigen Satanistinnen ermordeten Suor Maria Laura und der durch die Alpenübergänge bedeutenden Stadt Chiavenna mit ihrem reichen Stadtkern. Abends Josef Brustmanns feinsinnige kabarettistische Anregungen zum Freisein («Freiheit ohne Bindung gibt es nicht») und die Erkenntnis, dass es uns die Bayern ausser in der Politik auch mit ihrer Sprache nicht immer leicht machen. Mittwoch, 16.09. per Postauto und Zug ins unerwartet sonnige Unterengadin. Mirella bringt uns die (italienisch inspirierte) Kunst der Sgraffiti in Guarda und Ardez näher, verwoben mit der bewegenden Geschichte der Künstlerfamilie Könz/Chönz. Abends dann im wahrsten Sinn des Wortes ein schwingender «Ausschlag», wo die Streicher um Kamilla Schatz und das Quatuor sine nomine mit der barfüssigen und fast gehörlosen Perkussionistin Evelyn Glennie Unerhörtes von Vivaldi und Fabian Müller zu Gehör und das Publikum zum Staunen bringen. Trotz Regen geht’s am Donnerstag, 17.09. ins obere Bergell. Joachim lässt uns zwischen Vicosoprano und Stampa rätseln und schaudern angesichts seiner Hexengeschichten, bevor wir völlig durchnässt den Spuren der Giacomettis durchs enge Tal folgen und uns Mirella im Talmuseum näher mit Varlin und den Giacomettis vertraut macht. Das Postauto bringt uns sicher wieder nach Hause – kurz bevor die Strasse wegen eines Erdrutsches verschüttet wird. Abends Einblicke in die «Zeit – was sie mit uns macht und was wir mit ihr machen»: Rüdiger Safranski liest Kostproben aus seinem neuesten Buch zur Langeweile und wie der Zeitbegriff durch die Kunst zum Stillstand kommt. Freitag, 18.09. geht’s mit der UNESCOWeltkulturerbe-Bahn über den Berninapass nach Poschiavo. Staunen über dieses Meisterwerk der Technik und des touristischen Weitblicks, über die wechselvolle Geschichte des Tals, des venezianisch angehauchten Hauptorts inklusive Einblicke in Leben und Wirken des Malers und Schriftstellers Wolfgang Hildesheimer, der hier seinen Lebensabend verbrachte. Ein Abschied ganz besonderer Art war am Samstag 19.09. Gottfried Schatz’ eingängige, schelmisch und druckreif vorgetragene Exegese zur Herkunft der menschlichen Spezies. Es war nicht nur ein Abschied von einer Woche voller Anregungen und Schwingungen, Widerhall und Beifall, Nachklang und Echo, es war auch ein endgültiger Abschied von diesem bemerkenswerten Wissenschafter und Wissensvermittler. Wenige Tage später, am 1. Oktober 2015, ist Gottfried Schatz gestorben. Wir werden sein Vermächtnis in Ehren halten. Ellinor von Kauffungen Resonanzen 2015: Kurt Aeschbacher moderiert das Kinderprogramm. Sonntag, 18. September Begrüssungsaperitif, ab 16 Uhr J. S. Bach, Sonate für Violine solo Nr. 5, BWV 1005 David Grimal (Violine) Brahms, Klavierquartett Nr. 2, Op. 26 Benjamin Engeli (Klavier), Kamilla Schatz (Violine), Alfredo Zamarra (Viola), Alexander Hülshoff (Cello) 17 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 45.–) Internationales Kulturfest Resonanzen, zum dritten Mal in Sils Montag, 19. September Kulturwanderung Preda–Bergün (Weltkulturerbe Albulabahn) voraussichtlich CHF 60.– (inkl. Lunchpaket) Zum dritten Mal erfreuen und begeistern uns renommierte Künstler und aufstrebende junge Nachwuchstalente mit einem ausgewählten Programm. Kinderkonzert mit Alexander Hülshoff 14 Uhr (für Kinder von 4 bis 10 Jahren) «Next Generation»-Konzert: Preisträger des Migros Kulturprozent Kammermusik-Wettbewerbs 20.45 Uhr, Offene Kirche Sils (CHF 25.–) Dienstag, 20. September Kulturwanderung Geschichtsträchtiges Chiavenna CHF 70.– (inkl. Lunchpaket, aber ohne Fahrkarte) Donna Leon (auf Englisch), «25 Jahre Commissario Brunetti» 21.15 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 25.–) Mittwoch, 21. September Charles Ibert, Trio für Harfe, Violine und Violoncello Marie-Pierre Langlamet, David Grimal, Alexander Hülshoff Sebastian Currier, «Night Time» Marie-Pierre Langlamet (Harfe), Kamilla Schatz (Violine) Ernest Chausson, Konzert für Klavier, Violine und Streichquartett Benjamin Engeli, David Grimal und das Schumann Quartett (Erik und Ken Schumann, Violinen; Liisa Randalu, Viola; Mark Schumann, Violoncello) 21 Uhr, Hotel Edelweiss (CHF 45.–) Donnerstag, 22. September Kulturwanderung Davos, nicht nur auf Kirchners Spuren voraussichtlich CHF 60.– (inkl. Lunchpaket) Bruno Ganz liest Robert Walser 21.15 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 25.–) Freitag, 23. September Kulturwanderung ins untere Puschlav CHF 45.– (inkl. Lunchpaket, aber ohne Fahrkosten) Mozart, Streichquartett in F-Dur, KV 590 Schumann Quartett Debussy, «Danses sacrée et profane» Marie-P. Langlamet (Harfe) und das Schumann Quartett Dvořák, Streichquintett in Es-Dur, Op. 97 Schumann Quartett und Alfredo Zamarra (Viola) 21 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 45.–) Gottfried Schatz (18.8.1936 bis 1.10.2015) am 19.9.2015 im Waldhaus. Resonanzen 2016 Samstag, 24. September Vortrag Lutz Jäncke, «Musik und das plastische Gehirn» 10.30 Uhr, Hotel Waldhaus (CHF 15.–) Wieder vereinen sich musikalischer Hochgenuss und literarische Höhepunkte mit Kulturwanderungen durch die alpine Natur. Debussy, Brahms, Dvořák u. mehr, vorgetragen von exzellenten Musikern wie dem Schumann Quartett, der Harfenistin MariePierre Langlamet und der Organisatorin selbst, Kamilla Schatz (Violine). Moderation und Hintergrundinformation: Kurt Aeschbacher und Arthur Godel. Kulturwanderungen: Mirella Carbone und Joachim Jung Donna Leon feiert mit ihrem Commissario Brunetti ein spezielles Jubiläum. Bruno Ganz entführt unseren Geist mit Liebesgeschichten von Robert Walser. Den Bogen zurück zur Musik schlägt mit seinem Abschlussvortrag Prof. Lutz Jäncke (Neuropsychologe und Hirnforscher). Karten bei uns und den Infostellen Engadin St. Moritz (Kulturwanderungen ausschliesslich über das Waldhaus). JANUAR 2016 Wir schicken Sie nicht in die Wüste ... Seit fünf Jahren veranstaltet Marmite, die «Schweizer Zeitschrift für Ess- und Trinkkultur», einen jährlichen landesweiten Wettbewerb für Jungköche bis dreissig. 2014 erstmals auch im Service: «Gastgeber/Gastgeberin des Jahres». Voraussetzung ist eine abgeschlossene Lehre oder ein Hotelfachschulabschluss. Aus den Bewerbern wählt eine hochkarätige Fachjury eine Spitzengruppe von zehn Kandidaten, denen dann ein intensiver und sorgfältig strukturierter Testbesuch eines Zweierteams der Juroren am Arbeitsplatz gilt. Daraus ergeben sich schliesslich die Schlussränge. 2015 kam Beatrice Anderes vom Waldhaus in die Top Ten und ist nun sogar auf dem zweiten Schlussrang. «Marmite» (Salome In-Albon) schreibt über Beatrice und über den ganzen Service-Wettbewerb: Die Schweiz, eine Servicewüste? Nicht doch! Zum zweiten Mal zeigt die marmite youngster selection, wo die aufblühenden Oasen zu finden sind: Diese zehn GastgeberInnen sind gewiss keine Fata Morgana. Mit Intuition und Instrument Wie beurteilt man etwas, das aus dem Innersten kommt? Herzlichkeit, Hingabe, Gastfreundschaft? Dafür gibt es keine Skala. Es braucht Gespür. Und Erfahrung. Also eine Jury, wie sie für die marmite youngster selection unterwegs ist. Das sind zehn Fachleute, die den Service leben. Die den Sinn für die Gastronomie verinnerlicht haben. Selbstverständlich kommt die Jury dennoch nicht ohne Instrument aus, um die oder den beste/n Gastgeber/in der Schweiz zu finden. Ein System, das fair ist und die Ausgangslage für Teilnehmende so einheitlich wie möglich gestaltet. Konkret läuft das so ab: Mit System Zunächst studiert und beurteilt die Jury alle eingereichten Dossiers nach festgelegten Kriterien und wählt so die Top 10. Wer es ins Finale schafft, wird von der Jury 13 Aus der Vergangenheit in Zweierteams im Betrieb besucht. Bei den angemeldeten Besuchen schätzt jeder Juror/ jede Jurorin die Kompetenzen (unter anderem zu Fachwissen, Auftreten und Verkaufsmanagement) der Servicetalente ein. Logisch arbeiten bei diesen Tests auch die geschulten Service-Sensoren auf Hochtouren – was wäre der Mensch ohne Intuition? Eben. Mit Bedacht und Kenntnis vergibt die Jury ihre Punkte nach einem definierten Fragenkatalog. Wer die höchste Punktzahl erreicht, ist marmite youngster 2016. Mit Vision Wir sind überzeugt: Eine Stimme für den Service ist unabdingbar, denn da draussen geben so viele junge Gastgeberinnen und Gastgeber tagtäglich alles, um ihren Gästen ein einmaliges Erlebnis zu bieten. Wir möchten dieses Wirken sichtbar machen, diesem Einsatz Wertschätzung zollen und vor allem den Berufsstolz und das Feuer dahinter auszeichnen. Unser Bauchgefühl sagt uns: wir sind auf dem richtigen Weg. Das Energiebündel Zweiter Platz: Beatrice Anderes! Arbeitsort: Hotel Waldhaus, Sils-Maria. Position: Chef de Rang / stv. Chef Arvenstube. Gärtnerin. Detailhandelsfachfrau. Coiffeuse. Restaurationsfachfrau. Floristin. Ein ganzes Bouquet an Berufen, das sich Beatrice Anderes hätte vorstellen können. Aber es war die Spannung, die Eleganz, die Geschwindigkeit des Service, die sie nicht mehr losliessen. «Ich bin ein Energiebündel. Im Service kann ich Hände, Füsse und mein Herz voll einsetzen.» Energiebündel? Und wie! Um sie vibriert es. Am liebsten würde sie während dem Gespräch aufstehen und etwas um-, ver- oder wegräumen, jedenfalls irgendwie die Hände beschäftigen. Der Puls der Arbeit schlägt bis in die Fingerspitzen. Bis in die lebhaften Gesten, mit denen sie ihre Erzählungen unterstreicht. Sie berichtet von ihrer grössten Freude: mit Freunden essen gehen, für sie kochen und sie als Gäste bewirten. Dann wird der Tisch hergerichtet, ein besonderer Wein erlesen und aufwändig gekocht. Am liebsten asiatisch und mexikanisch. Marmite schreibt zu diesem Bild: Wer an der Front täglich Haltung beweist und Contenance bewahrt, ist nicht gewohnt, auszuflippen. Wir haben unsere Top Ten dennoch dazu bewogen, für einmal alle Formalitäten abzulegen und ihren Siegesschrei in die Welt zu schmettern. Bild Bruno Bolinger Aber kein Fleisch. «Ich bin Vegetarierin. Schon mein Leben lang.» Und sie doppelt gleich nach: «Aber nicht aus ethischen Gründen. Ich brauche es einfach nicht.» Als sie ein Jahr im Welschland lebte, ass sie ein Jahr lang Fleisch. Und wenn es ums Probieren geht, verkostet sie auch Fleisch. «Ich bin auf dem Bauernhof aufgewachsen und alles andere als kompliziert.» Sie lacht – gerne und viel. Auch das mit einer Energie, die irgendwoher aus einem unerschöpflichen, inneren Quell aufzusteigen scheint. Ganz klar: was sie sich vornimmt, zieht sie mit Vollgas durch. So etwa die Ausbildung zur Bereichsleiterin Restauration oder eine Stelle im Ausland. Und bestimmt die vertiefte Auseinandersetzung mit Wein; ein Thema, das sie genauso wenig loslässt, wie der Service. www.marmite.ch marmite-youngster.ch Es liegt auf der Hand, dass das Waldhaus Freude hat an dieser Auszeichnung. Freude macht uns aber auch der ganze Ton der Zeilen aus der «Marmite»-Küche. Es klingt in ihnen ein Engagement, eine Überzeugung, eine Sympathie für die Arbeit im Service mit, die unserem Fach gut tut. Sabrina Ott, Oscar Comalli mit der Preisträgerin «Wir hoffen, dass Food-Begeisterte noch öfter sagen werden: Ich muss dir etwas Spannendes erzählen, das ich gerade im ‚Marmite’ gelesen habe», sagt Chefredaktor Andrin C. Willi – und in der Tat: die sechs Mal jährlich als Magazin erscheinende Zeitschrift für Ess- und Trinkkultur ist innovativ, informativ und lesenswert, für interessierte Geniesser/innen nicht weniger als für uns Gastro- und Weinprofis. Doch Marmite ist unter Willis Aegide zu weit mehr geworden als einer blossen Zeitschrift. Zum Beispiel mit den Anlässen und Gesprächen im neuen Marmite Food Lab in Zürich, ebenso wie mit dem grossen Nachwuchswettbewerb, in dem jetzt Beatrice Anderes zu besonderen Ehren gekommen ist. Februar 2015, aus: Leader, Ostschweizer Unternehmer-Magazin, www.leaderonline.ch Martel Weine (Martel AG St. Gallen, www. martel.ch) ist ein Familienunternehmen, dessen Wurzeln noch drei Jahrzehnte weiter zurückreichen als die unseren. Für uns und unseren Keller ist Martel seit Langem ein wichtiger Geschäfts- und Ansprechspartner – «eine erste Adresse für erste Adressen» für erstklassige Weine aus Österreich, Italien, Spanien, Australien und den USA, aber ganz besonders aus dem Burgund und selbst für bestimmte Schweizer Spitzenproduzenten. Besonders zur Geltung kommen die Martellschen Schätze bei einem zur schönen Tradition gewordenen grossen Weinabend im Rahmen des St. Moritz Gourmet Festivals. «Himmlische Weine» verspricht Jan Martel im Waldhaus denn auch wieder am 26. Januar 2016. Im kleinen, exklusiven Kreis (max. 40 Teilnehmer) stellt er bei Kerzenschein zum Degustieren Charakterweine von Weltformat vor, von Gütern wie Romanée-Conti, Jean-Louis Chave, Bodegas Roda, Castello di Ama und Ridge Vineyards, gefolgt von einer «Table d’Hôte» mit vier erlesenen Gängen von Kurt Röösli und seinen Könnern und begleitet von weiteren edlen Martel-Tropfen. (CHF 250.– pro Person inkl. Getränke, bei Waldhaus-Halbpension CHF 200.–). 14 JANUAR 2016 Engadin: Leise Saitenhiebe Adorno, Chagall, Dürrenmatt, Einstein und Hesse schätzten Grandeur und Gemütlichkeit dieses Hotels: Das Waldhaus im Engadin gönnt sich bis heute ein eigenes Klaviertrio. Von Julius Schophoff (Bilder: Urs Homberger) Aus der ZEIT vom 22.1.2015. Verhaltener Applaus beim Teekonzert in der Halle, der Cellist Eugen Bitto verbeugt sich, nach rechts, zur Mitte, nach links, dann geht er die zwei Schritte hinüber zum Flügel. Er blättert in den Noten und schimpft kurz auf Slowakisch, sodass nur die beiden anderen Musiker ihn verstehen. Seine helle Stimme ist bis zu den Sesseln in der Saalmitte zu hören. Der Geiger antwortet etwas, der Pianist schweigt. Kopfschüttelnd packt Bitto die Notenhefte des Walzers Herbstweisen ein und verteilt neue: Beethoven, Trio in G-Dur, Opus 1. Es ist nicht leicht, im Waldhaus zu spielen, sagt Eugen Bitto. Hier muss man alles spielen können, Brahms und Bach, die Beatles und Elvis, zum Essen was Leichtes, am Abend was zum Tanzen, Tango, Rumba, ChaCha-Cha. Ein Riesenrepertoire. Aber der Pianist ist erst seit vier Jahren hier, der Geiger seit fünf, das ist nichts, nicht hier, im Waldhaus! Er, Eugen Bitto, Kapellmeister des Waldhaus-Trios, geht in seine 35. Saison. Das Grandhotel Waldhaus thront über dem Dorf Sils-Maria wie ein Schloss, zwischen zwei silbernen Seen, in Sichtweite des schillernden St. Moritz, Oberengadin, Ostschweiz. Die Halle, in der das Trio spielt, ist der Gesellschaftsraum des Hotels, ein Wohnzimmer mit 130 Sitzplätzen. Die Gäste lehnen in Samtsesseln, auf den Teetischen glänzen silberne Kännchen, unter der hohen Stuckdecke hängen vergoldete Kristallkronleuchter. Ein Kellner fliegt durch den Saal, hoch zugeknöpft, mit langen Schritten und erhobenem Kinn. Er balanciert ein Tablett zu einem der Tische, an einem anderen schenkt er Wasser nach, eine Hand hinterm Rücken. So muss es auf der Titanic gewesen sein. Nur dass das Waldhaus nicht auf einen Eisberg zusteuert, sondern sich langsam, Stück für Stück, in den Berg bricht. Immer wieder sprengen sie den Fels, um sich Platz zu verschaffen: in den 1920ern für ein Lesezimmer, Tennisplätze und Garagen, 1970 für das Hallenbad, 1991 für den Anbau der Halle, 2012 für das neue Fumoir. Im Dezember 2016 soll das Spa eröffnet werden, die Grube ist schon fertig. Vier Monate im Jahr bleibt das Hotel geschlossen, aber wirklich zur Ruhe kommt das Waldhaus nie. Es wird angebaut, umgestaltet, restauriert – und die Gäste sagen jedes Jahr: Wie schön, dass sich bei euch nichts ändert! Es soll alles so bleiben wie damals, als Richard Strauss hier Champagner schlürfte und Hermann Hesse ganze Sommer Briefe schreibend im Lesezimmer verbrachte. Die Gästeliste, ein Alphabet der grossen Geister: Adorno, Beuys, Chagall, Dürrenmatt, Einstein. Was sie anzog, war wohl schon immer diese Mischung aus Grandeur und Gemütlichkeit, aus fünf Sternen und familiärer Atmosphäre. Es waren die Ururgrosseltern der heutigen Direktoren, die das Waldhaus vor 107 Jahren gebaut haben. Und schon damals spielte, wie einst in jedem guten Haus, um vier Uhr nachmittags ein Trio zum Teekonzert. Einen Pianisten findet man noch heute in mancher Hotelbar – aber ein fest angestelltes Trio? Das gibt es wohl nur noch im Waldhaus. Am Vormittag blickte man durch die halb runde Fensterfront der Halle noch auf ein silberblaues Alpenpanorama. Nun fliegen die Schneeflocken fast waagerecht, der Wind schüttelt die kahlen Lärchen, dahinter verschwimmen die Konturen der Gipfel. Das Trio spielt Rossini, Il barbiere di Siviglia, Ouvertüre. Eugen Bitto, klein, rund, bronzener Teint, 62 Jahre alt, hält das Cello im Arm wie eine Geliebte. Sein Blick wandert durch die Lesebrille über das Notenblatt, in kniffligen Momenten zieht er die Brauen hoch, zuckt mit den Mundwinkeln. In seinem Rücken sitzt Peter Gul’as, gross und blass, 42 Jahre alt, mit durchgedrücktem Rücken am Flügel, den Kopf zur Seite geneigt, die Augen halb geschlossen. Rechts, vorm Flügel, streicht Ernest Patkoló, 65 Jahre alt, lächelnd über die Saiten der Violine. Seine Finger tanzen in Windeseile über den Steg, in seiner Miene liegt eine unerschütterliche Ruhe. Grüezi! Ciao! Salut! Klingende Sektgläser, klirrende Untertassen. Die Halle des Waldhauses ist kein Konzertsaal. Ein Mann blättert in der Neuen Zürcher Zeitung: Der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo liegt erst drei Tage zurück – doch es ist, als dringe der Aufschrei, der durch Europa hallt, nicht durch die schwere, gläserne Drehtür des Hotels. Als prallten die Schockwellen einfach ab an den Mauern dieser Festung der Musse. So ist das Waldhaus: Wer drin ist, ist drin; was draussen ist, bleibt draussen. Der Schriftsteller Martin Mosebach hat geschrieben: «Das Weltende könnte stattfinden, und man würde davon im Waldhaus erst eine Woche später erfahren, durch eine unaufgeregte Information des Portiers.» Kurz vor 18 Uhr endet das Teekonzert. Die drei Musiker stehen auf, Bitto verbeugt sich, nach rechts, zur Mitte, nach links. Gul’as, der Pianist, schliesst seinen Flügeldeckel und geht, wie immer als Erster, wortlos und aufrecht. Patkoló, der Geiger, winkt einem Kleinkind mit seinem Bogen zu, dann packt er die Violine ein und geht, wie immer als Zweiter, lächelnd. Eugen Bitto bleibt, wie immer, noch etwas da. Ein Junge, etwa acht, kommt auf ihn zu, die Mutter hinterher, mit einer Digitalkamera in der Hand. Bitto hilft dem Jungen auf seinen Stuhl, drückt ihm sein Cello und den Bogen in die Hand, legt den Arm um ihn, klick. Er kennt den Jungen und seine Mutter schon lange, sie sind Stammgäste. Wie fast alle hier: der gebräunte Mann in Fleecejacke und Schneehose, Typ Willy Bogner; das ältere Paar, er mit Einstecktuch und silbern gewelltem Haupt, sie in Kostüm und mit hochgebundenen Haaren wie Brigitte Bardot; der auffällige Herr mit dem Halstuch und dem langen, gelockten Haarkranz und seine grosse, schlanke Frau, die auf hohen Absätzen einen Kinderwagen durch den Saal schiebt; die Grossfamilie in bunten Pullovern und Turnschuhen, drei Generationen, zwei Kinder, ein Hund. Er vergisst nie, sagt Bitto, welcher Gast sich welches Lied gewünscht hat. Wenn die Gäste jedes Mal zu ihm kommen müssten, fühlten sie sich vernachlässigt. Er merkt sich, wozu ein Paar abends in der Bar tanzt; und wenn er ihre Namen nicht kennt, weil sie sich nicht vorgestellt haben, vergibt er Spitznamen: Tangomann. Frau Cha-Cha-Cha. Den Herrn, der immer das Lied aus dem Film Der Dritte Mann hören will, nennt er – wie sonst? – den dritten Mann. Der nächste Tag, ein Spaziergang den Hang hinterm Hotel hinauf. Bitto stapft durch den Schneematsch. Dann klackern Hufe, Glöckchen läuten, eine Pferdekutsche trägt in Lammfell gehüllte Urlauber bergan. Bitto tritt zur Seite und grüsst. Man muss alles tun, damit die Gäste sich wohlfühlen, sagt Bitto. Aber es gibt eine Grenze, die man nicht überschreiten darf. Dann steckt er sich eine an und erzählt, wie er diese Grenze überschritten hat, gleich in seiner ersten Saison. Sie war 16, er war 28. Sie stand da und starrte ihn an, ein Mädchen aus Luxemburg, eine zarte Schönheit hinter dicken Brillengläsern. Er sprach kaum Deutsch, doch er spielte, nur für sie. Ein paar Jahre darauf heirateten sie, bekamen zwei Kinder. Im Sommer zog die Familie ins Waldhaus, in der Zwischensaison fuhr Bitto nach Luxemburg. Doch die längste Zeit des Jahres war er allein. Er versuchte, eine Anstellung in einem Orchester in Luxemburg zu bekommen, in dem er ein paarmal eingesprungen war, zweites oder drittes Pult. Es war eigentlich schon geregelt, sagt er, doch dann lief alles schief. Intrigen, sagt Bitto, die Atmosphäre war vergiftet. Später Vielleicht werde ich hundert Jahre alt Violinist Ernest Patkolo, dessen Qualitäten als Mensch und Musiker Julius Schophoff so schön und treffend schildert, erlitt zwei Monate danach einen ganz plötzlichen Herztod. Er kam um vier nicht zum Teekonzert, da ging Eugen Bitto in sein Zimmer und fand ihn tot auf dem Bett. Es war ausserordentlich traurig – zumal er sich schon entschieden hatte, nun definitiv bereits nach dieser Saison aufzuhören und nicht erst nach dem Sommer. Abschied von Ernest Patkolo (1949– 2015) in der Waldhauskapelle, 22.3.2015 Der hier anwesende Sohn, Roman Patkolo, der in Zürich wohnt und arbeitet, möchte in Erinnerung an seinen Vater in Kürze die für ihn und seine Familie wichtigen Momente und Aussagen für uns festhalten: Ernest Patkolo war der beste Vater und Ehemann, den wir uns hätten wünschen können! Er war für uns immer eine grosse Unterstützung, er brachte gute Laune und positive Energie in unsere Familie und beschenkte uns stets mit seiner Liebe und Fürsorge. Wir konnten uns auf ihn verlassen und er stand uns von klein auf bei unsern ersten Schritten und Tritten bei, half uns Probleme anzugehen und zu lösen, unterrichtet uns mit Musik und gab uns die Freude zur Musik. Er lehrte uns, die Menschen zu achten, zu ehren und zu lieben. Er konnte niemandem etwas Schlechtes tun und war ein sehr friedfertiger Mensch. 30 Jahre lang war er Konzertmeister des Opern- sowie des Sinfonie-Orchesters und hatte nie mit jemandem einen Konflikt erlebt – er war im Kollektiv sehr beliebt und geschätzt. Er hatte immer gute Laune und verfügte über eine besondere Herzlichkeit und hatte stets ein Lächeln im Gesicht. Ernest war ein bescheidener Mensch und hat uns gelehrt, Freude an Kleinigkeiten zu finden und diese Freude zu verbreiten. Er war hier im Waldhaus zwischen Euch allen glücklich und hat sich über den Besuch seiner Frau, unserer Mutter, immer sehr gefreut und ging gerne mit ihr im Wald spazieren. Er hat Euch alle, die Direktion und seine Kollegen sehr geliebt und hat immer sehr positiv über Madame Vera, die «Mutter vom Pacific» gesprochen, die dort für einen guten Geist sorgt. Er war für uns ein wahrer Engel und dies muss wohl der Grund gewesen sein, dass ihn unser Herrgott vorgestern zu sich gerufen hat. Wir hoffen sehr, ja wir sind überzeugt, dass er uns auch von oben weiterhin als Fürbitter begleiten wird und wir sind froh, einen so guten Schutzengel im Himmel zu haben! Roman Patkolo Ernest Patkolo war musikalisch wie auch menschlich eine grosse Bereicherung unseres Hausorchesters und wurde von Gästen, Mitarbeitenden und der Direktion gleichermassen geschätzt. Mit seiner Ruhe und seinem liebevollen Wesen hat er dem Trio oft den nötigen Ausgleich gegeben und bleibt ein grosses Vorbild! Wir danken ihm und seiner Familie von Herzen für die wertvollen Jahre und seine Zeit im Waldhaus, aber auch für die Entbehrungen, die seine Familie durch diese Tätigkeit in Kauf nehmen musste. Wir werden Ernest Patkolo in bester Erinnerung behalten. Der Herr lasse ihn ruhen in Frieden! Felix Dietrich JANUAR 2016 unterrichtete der Konzertmeister des Orchesters Bittos Sohn. Wenn Bitto ihn traf, fragte der Konzertmeister immer: Was? Du spielst immer noch im Waldhaus? Im Norden reisst eine Wolke am Gipfel des Piz Lagrev, ringsum glänzen die verschneiten Hänge. Friedrich Nietzsche, Stammgast in Sils-Maria, nannte das Fextal die «Wiege aller Silbertöne». Eugen Bitto sagt: Das hier ist mein goldener Käfig. Die Landschaft ist atemberaubend, aber sie liegt abgeschieden; das Waldhaus ist ein Palast, aber keine Heimat. Abseits der Bühne gehen die drei Musiker ihre eigenen Wege, ausserhalb der Auftritte trifft man sie nur selten. Sie leben in einer Fünf-Sterne-Einsamkeit. Zurück im Hotel. Am Ende eines langen Flures, neben dem Lesesaal mit den alten Sekretären, liegt das Foyer. In einer Ecke stehen zwei rote Samtsessel. Bitto holt alte Schwarz-Weiss-Fotos hervor: Männer mit dunklen Anzügen, Hüten und Geigen. Urgrossvater, Grossvater, Vater, drei Onkel, alles Musiker. Sein Vater, erzählt Bitto, spielte Violine, ein Virtuose, Bratislavaer Boheme, er verliess die Familie, als der Sohn noch ganz klein war. Mit vier Jahren, erzählt Bitto, hielt er zum ersten Mal eine Geige in der Hand. Seltsam, habe der Grossvater gesagt, der Junge macht ja überhaupt nichts verkehrt! Zum Cello kam er durch seinen Schulfreund Igor, da muss er ungefähr acht gewesen sein. Igor, spiel Eugen etwas vor!, sagte dessen Mutter, KZ-Tätowierung am Arm. Er wird diesen Tag nie vergessen. Nicht wegen Igors Spiel, sondern wegen des heissen Kakaos, dem ersten seines Lebens. Nach dem Cello-Studium wollte Bitto in einem Theater-Orchester in Bratislava anfangen. Doch dann kam das Angebot aus der Schweiz, und seine Mutter fragte: Was verdienst du hier? Was verdienst du da? Also ging er. Viertel nach neun am Abend, Barmusik. Getäfelte Wände, rot gepolsterte Holzstühle, Kaminfeuer. Fast alle Plätze sind leer, viele Gäste sind nebenan, bei einem Vortrag über Antoine de Saint-Exupéry. Der Pianist sitzt wieder am Flügel, der Geiger streicht seine Violine, Eugen Bitto aber spielt jetzt nicht mehr Cello, sondern E-Bass. Hinter ihm steht ein Verstärker, das Schlagzeug kommt aus dem Keyboard vor ihm. Das Waldhaus-Trio spielt Arrangements von Evergreens, Beatles, Elvis, Sinatra. Strangers in the Night. Eugen Bitto zupft an den Saiten seiner Bassgitarre, sein Blick wandert über die Noten. Ernest Patkoló, der Geiger, lässt die Beine vom Hocker baumeln, mühelos streicht er mit dem Bogen auf und ab. Peter Gul’as, der Pianist, hat kein Notenblatt vor sich. Sein Blick schweift, während er spielt, durch den Raum, aus dem Fenster, zum runden Kronleuchter an der Decke. Er improvisiert. Bitto blickt über seine Lesebrille zu ihm hinüber und schüttelt den Kopf. Bitto sagt: Die Gäste wollen Melodien hören, die sie kennen. Das sind Standards, wir müssen die Lieder so spielen, wie sie gehören. Aber der Pianist macht, was er will. Er spielt wie ein Kleinkind, und ich muss mir das anhören. Peter Gul’as, 42 Jahre alt, hat in Bratislava Komposition studiert, danach Historische Tasteninstrumente am Konservatorium in Amsterdam, mit der, wie er sagt, besten Abschlussnote seit zehn Jahren. Er hat promoviert, in Basso continuo, dem harmonischen Gerüst der Barockmusik. Zu Hause in Bratislava spielt er, während das Hotel geschlossen ist, im Orchester Musica Aeterna auf alten Instrumenten. Seinen Flügel, eine Nachbildung von 1805, bringt er in jeder Saison mit ins Waldhaus. Wenn er nicht gerade auftritt, übt er in seinem Zimmer unter der Küche, zwei, drei Stunden am Tag. Alte Musik, neu interpretiert. Gul’as sagt: Ich brauche keine Noten, ich gehe nie verloren. Die Akkorde sind in mir. Das ist wie ein Kompass, selbst wenn du tief in den Wald gehst, du verirrst dich nicht. Aber Bitto wird nie mit mir zufrieden sein. Weil ich nicht Farkaš bin. Für ihn ist es immer noch Farkaš’ Flügel, und ich sitze an Farkaš’ Platz. Juraj Farkaš, auch er war auf den alten Fotos zu sehen: ein Koloss am Klavier, mit einer Frisur wie Johnny Cash. Er war Bittos Schwager, der Mann seiner grossen Schwester, zehn Jahre älter als er. Er war es, der Bitto ins Waldhaus holte, 30 Jahre lang war er der Kapellmeister. Farkaš war Bittos Chef, sein Mentor, sein bester Freund. Wenn Bitto heute vom Wir spricht, vom Uns, dann meint er nicht das Waldhaus-Trio, wie es heute heisst, sondern das FarkašTrio, bestehend aus ihm, seinem Schwager und dem Geiger, mit dem sie 17 Jahre lang spielten. Für Bitto war das Farkaš-Trio Heimat. 2010 ging Farkaš, schwer krank. 2012 ist er gestorben. Die Bar füllt sich, der Literaturvortrag ist zu Ende. Auf dem Flügel steht eine CD, die Farkaš komponiert hat. Das WaldhausTrio spielt ein Arrangement, das Farkaš geschrieben hat. Yesterday. Bitto folgt den Noten, Gul’as spielt nach Gefühl. Nach dem Lied will Bitto ihn zurechtweisen, doch Gul’as hört nicht hin. Wie in jeder kurzen Pause zwischen zwei Liedern ist er gleich nach dem letzten Ton aufgestanden und hat sein Tablet auf den Flügel gelegt. Er steht da und liest, Stuart Isacoff, A Natural History of the Piano. Er will auf der Bühne nicht reden, sagt Gul’as. Was er zu sagen hat, sagt er durch sein Spiel. Manchmal scheint er Bitto eine Weile zu imitieren, spielt einen sturen Rhythmus, demonstrativ stereotyp. Dann, plötzlich, schlägt er eine sehr tiefe Taste an, bricht er aus, schweift ab, die Klaviatur rauf und runter, bis in die höchsten Töne. La Cucaracha. Bitto und Gul’as, Cello gegen Piano, es wäre wohl nicht zu retten. Wäre da nicht Ernest Patkoló, Violine. Zwanzig Jahre lang war er Konzertmeister am Kammerorchester in Žilina, zehn Jahre erster Konzertmeister an der Oper in Istanbul, Chef von 95 Musikern. Verstehen Sie bitte, sagt Patkoló, ich bin ein sehr ruhiger Mann. Ich habe nie viel gesagt. Musik ist Diplomatie. Moon River. Bei Ernest Patkoló wirkt jeder Strich perfekt. Manchmal folgt er den Noten, manchmal nicht. Es ist, als schlage er mit seinem Bogen die Brücke zwischen dem treuen Takt von Bitto und der wilden Improvisation von Gul’as. Nicht Bitto, der Kapellmeister, hat im Waldhaus-Trio das Sagen, auch nicht Gul’as, der Rebell am Piano, sondern Patkoló, der Schlichter an der Geige. Ernest Patkoló wird im Februar 66. Im Sommer spielt er seine letzte Saison, dann will er sich mit seiner Frau einen Bungalow in der Türkei kaufen, am Meer. Vielleicht werde ich hundert Jahre alt, sagt er. Eugen Bitto weiss noch nicht, wann er aufhört. Oder wo er hinsoll. In Luxemburg fühlt er sich nicht zu Hause. In Bratislava hält er es keine fünf Tage mehr aus. Meine Frau will reisen, sagt er, Paris, Venedig. Er zuckt mit den Schultern. Peter Gul’as, eine Generation jünger als die anderen, würde gerne noch lange bleiben. Falls das Waldhaus ein neues Trio aufbaut, mit ihm als Kapellmeister, würde er tun, was sie hier schon immer getan ha- ben: anbauen, umgestalten, restaurieren. Er würde die alten Arrangements sprengen. Manche Lieder würden auf dem Sperrmüll landen, anderen würde er einen neuen Anstrich verpassen. Er würde das Repertoire renovieren. Natürlich müsste er dabei so behutsam vorgehen, dass das alte Waldhaus-Gefühl bleibt: Wie schön, dass sich bei euch nichts ändert! Das letzte Lied ist verklungen, Are You Lonesome Tonight? Als Erster geht, wie immer, Peter Gul’as, Piano, der Rücken steif, der Blick stolz, das Tablet unterm Arm. Als Zweiter geht, wie immer, Ernest Patkoló, Violine. Gemächlich steigt er von seinem Hocker und schleicht davon, lächelnd. Als Dritter geht, wie immer, Eugen Bitto, Cello. Zögerlich legt er sein Instrument in den Cello-Koffer, dann hievt er sich den Kasten auf den Rücken. Von der Bar klingt der Abwasch der letzten Gläser, in der Halle ist das Licht erloschen, die Tische sind gewischt, die Samtsessel rangeschoben. Eugen Bitto, der unter seinem Cello-Koffer fast verschwindet, grüsst den Nachtportier und drückt den Knopf am Lift. Zimmer 140, seit zehn Jahren. Über dem Fahrstuhl hängt eine alte Wanduhr, Magneta 1908. Für einen Moment sieht es aus, als stehe sie still. Der Lift kommt, Eugen Bitto steigt ein, die Türen schliessen. Dann, plötzlich, bewegt sich der grosse Zeiger. Und jetzt? Die Zukunftsmusik Nicht nur Ernest Patkolo wird fehlen. Eugen Bitto ist im Oktober in Pension gegangen (siehe «Bleibende Erinnerung», S. 1). Auch jetzt bleibt das Waldhaus aber nicht ohne sein Trio, und weiterhin sind es Musiker aus der Slowakei (plus ein Pole, der uns bereits gut kennt). Für den Winter 2015/16 gilt erstmals ein Stafettensystem. Zehn gute Musiker lösen sich so ab, dass stets ein gutes Trio vor Ort ist. Ab Saisonanfang bis in den Januar hinein wird’s eine reine Familiensache. Tomas Cseh (ausgesprochen als «Tschech»), unser hervorragender junger Violinist vom letzten Sommer, musiziert mit seiner Frau Hiromi Cseh Ishiguri (Piano) und seinem Bruder Alexander (Kontrabass). Im Januar werden sie nacheinander in fliegendem Wechsel abgelöst von Pianist Peter Gul’as (siehe Haupttext), vom polnischen Violinisten Marzin Danilewski und vom Kontrabassisten Michal Vavro. Ab 22. Februar wird’s dann wieder zu einer Familiensache mit dem Ehepaar Arpad und Aniko Patkolo (Violine und Piano; er ist ein Cousin des Verstorbenen) und Robert Vizvari, Kontrabass. Dann ist es wieder Peter Gul’as am Flügel, mit Gabriel Szathmary (Violine) und Michal Vavro (Kontrabass). Was auf jeden Fall bleibt: montags die Harfenklänge von Martha Kaszap aus Ungarn. Es ist ein Experiment, auf das wir uns freuen und sehr gespannt sind. Vielleicht ist es tatsächlich leichter und reizvoller für die Zuhörer wie für die Musiker, nicht mehr eine ganze lange Saison in der gleichen Besetzung zu spielen. Und Kontrabass statt Cello? Für die Salonmusik eine rechte Herausforderung, jedenfalls sicher ein Gewinn für die Musik in der Bar. Für die letzten Tage der Saison, ab 3. April, sind wir wieder in der guten musikalischen Obhut von Jazzpianist Gigi Marson aus Mailand, bzw. aus dem Val d’Aosta. 15 Grossvater Rinaldo Rinaldo und Viola. Wir freuen uns mit unserem frischgebackenen Grossvater. Rinaldo Croci (Nachtportier 2003 bis 2005 – nur echt mit der markanten Fliege!). Dennis dankt Dennis Brunner bedankt sich mit einem selbstgemachten Herzzopf bei der Wäscherei für die saubere Wäsche in der Küche. Lappen, Schürzen, Torchons, Moltons, Geschirrtücher, Kochjacken, Kochhosen… Täglich wäscht und bügelt die Wäscherei zehn bis 20 Kilogramm Küchen-Wäsche. Der Zopf schmeckte köstlich. Cornelia + Claudio Bis 12. Juni 2015: Cornelia Ryser und Claudio Dietrich. Ab 13. Juni: Claudio und Cornelia Dietrich. 16 JANUAR 2016 Ein Hotel wie kein anderes Seit 20 Jahren wird in der Schweiz das «Historische Hotel des Jahres» ausgezeichnet. Zum Jubiläum gibt es einen Sonderpreis. Er geht an das «Waldhaus Sils». Mit gutem Grund. von Ruth Spitzenpfeil, aus der NZZ vom 28. August 2015 Manchmal passiert es, dass sich Reisende in das «Waldhaus» nach Sils Maria verirren, die einfach auf der Suche nach einem Luxushotel in der Gegend von St. Moritz sind. «Solche Gäste müssen wir dann behutsam an die Hand nehmen und ihnen zeigen, dass bei uns alles ein bisschen anders ist», sagt Urs Kienberger, der sich selbst als «CIO» – Chief Intellectual Officer – des Familienunternehmens bezeichnet. Viele Hotels mit langer Geschichte haben ihre schrulligen Seiten, die von Stammgästen geliebt und von Neuankömmlingen als irritierend empfunden werden. Doch im «Waldhaus Sils» ist die Eigenwilligkeit Programm. Die weisse Burg hoch über dem weiten Talgrund des Oberengadins bietet allen Luxus eines modernen Fünf-Sterne-Hauses, ist aber gleichzeitig eine Zeitmaschine, welche ihre Passagiere mehrmals täglich ein Jahrhundert vor und zurück fliegt. Warum etwas wegwerfen, wenn es noch schön ist? Zimmermobiliar im «Waldhaus Sils» (Bild: Christian Mathis / NZZ) Es ist kein Wunder, dass die Schweizer Landesgruppe der Icomos, der Unterorganisation der Unesco für Denkmäler und historische Stätten, genau dieses Hotel für eine besondere Ehrung ausgewählt hat. Seit 20 Jahren gibt es die Wertung des «Historischen Hotels des Jahres», und das «Waldhaus» erhält nun den zu diesem Anlass geschaffenen Jubiläumspreis. Die reguläre Auszeichnung geht gleichzeitig an das urchige Berghotel Waldrand-Pochtenalp im Berner Oberland. «Historisches Restaurant des Jahres» wird der mehr als 200-jährige Gasthof «Rössli» in Balgach. Was die Icomos-Juroren am «Waldhaus Sils» besonders beeindruckt, erfährt jeder Gast schon bei der Ankunft. Hier wird man nicht «eingecheckt» sondern willkommen geheissen – und zwar immer von einem Mitglied der Besitzerfamilie. Inzwischen hat nach den Gigers und Kienbergers die fünfte Generation das Ruder übernommen. Die Brüder Claudio und Patrick Dietrich setzen eine unvergleichliche Familientradition fort, die von manchen Gästen fast mit religiöser Inbrunst gelebt wird. Hier wird nicht gehetzt und mit geschäftlichen oder sportlichen Grosstaten geprahlt; man pflegt die geistvolle Konversation und achtet darauf, zur Teestunde zu den Klängen eines leibhaftigen Salonorchesters die richtige Lektüre mitzubringen. Im Zweifelsfalle Proust: «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit». Von den alten Zeiten verloren gegangen ist im «Waldhaus» nur wenig. Die Vergangenheit begegnet einem in zahlreichen hinreissenden Details. Trotzdem ist das Hotel nie stehengeblieben. Gerade wird in einen grosszügigen Wellness-Bereich investiert, der ohne Zweifel ganz «Waldhaus» sein wird: nicht zu protzig, manches vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicher mit Stil. Und wenn dann beim Abendessen sich der Kellner auf Anhieb an den Lieb- Hier an diesem Platz in der Bibliothek des Hotels Waldhaus könnte schon Thomas Mann geschrieben haben. (Christian Mathis / NZZ) Das Waldhaus war 2005 «Historisches Hotel des Jahres», nun hat es zudem den einmaligen «Jubiläumspreis 2016» erhalten. Die Jury unter Präsident Gerold Kunz verlieh die Auszeichnung nicht nur aus Freude am «ausserordentlichen Original» und seiner Erhaltung, sondern gerade auch für seine Fortschreibung. Die Jury habe beabsichtigt, den Jubiläumspreis einer Person oder einem Betrieb zu verleihen, der auch für die nächste Zukunft als beispielhaft betrachtet wird. Denn der Betrieb in Sils zeichne sich durch drei Komponenten aus: Erhalt, Betrieb und Weiterentwicklung. Tourismus. Aus dieser Gründerzeit hat sich ein unvergleichliches Erbe an touristischen Traditionen, Bauten und Infrastrukturen erhalten… auf das die Schweiz aber lange Zeit gar nicht richtig stolz war. Man wollte nicht altmodisch sein, und fand zudem ohnehin, allem Touristischen hafte immer auch ein Hauch von unauthentischer Show und blossem Theater an. Ob dieser Geringschätzung und verlegenen Vernachlässigung drohte das wertvolle Erbe mehr und mehr zu verschwinden. Es ist das grosse Verdienst der Landesgruppe Schweiz von ICOMOS, diese Gefahr vor zwei Jahrzehnten erkannt und mit der Prämierung von historischen Gastbetrieben und anderen Aktivitäten energisch Gegensteuer gegeben zu haben. Ob unserer Freude über die Auszeichnung und all die schönen Berichte, die sie zur Folge hatte, möchten wir den eigentlichen Grund für diesen Jubiläumspreis nicht vergessen: Zwanzig Jahre «Historische Hotels des Jahres». Bis zur brutalen Zäsur von 1914 spielte die Schweiz eine enorm grosse Rolle im frühen Für uns, die im Waldhaus aufgewachsen sind und ihm unser Leben widmen, liegt das genau richtig. Und wir möchten den vielen Applaus, den wir zu unserer Freude heute kriegen, gerne mit einem schönen alten Kristallspiegel zurückspiegeln auf die, die sich darum so verdient gemacht haben! lingswein vom letzten Jahr erinnert, dann ist die Welt in Ordnung. Waldhaus-Ausbildungsprogramm 2015: Expo Milano Ein- oder mehrmals im Jahr organisiert die Direktion einen Lehrlingsausflug. Einen spannenden Tag zu erleben, das Kennenlernen der neuen Lernenden und natürlich der Spass stehen dabei im Vordergrund. Dieses Jahr ging es an die Weltausstellung Expo in Milano. Die Expo 2015 präsentierte das perfekte Thema für einen Ausflug von Gastronomiebetrieben wie dem unseren: «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben». Es soll Technologie, Innovation, Kultur, Tradition und Kreativität mit den Themen Ernährung und Essen verbinden. Angesichts neuer globaler Szenarien und aktueller Probleme liegt der Schwerpunkt auf dem Recht aller Menschen auf gesunde und ausreichende Nahrung. Die fünfzehn Lernenden inklusive der drei Begleiter der Direktion trafen sich pünktlich um 06.10 Uhr, um mit dem organisierten Car Richtung Milano zu reisen. An Reiseproviant in Form von diversen Sandwiches und Getränken fehlte es keineswegs. Nach fast drei Stunden Fahrt kamen wir in Milano an. Dass das Expogelände riesig ist, war schon von weitem ersichtlich. Zum Glück wurden gute Schuhe geschnürt, denn heute werden wohl einige Kilometer zurückgelegt. Auf einem übergrossen Parkplatz für Cars waren wir beinahe das erste Fahrzeug. «Auch schön, wenn es heute nicht so viele Be- sucher hat». Diese Aussage war definitiv zu voreilig, wie man im Verlauf des Tages merkte. Jeder hatte seine Eintrittskarte und ein grosszügiges Essensgeld von 30 Euro erhalten. Dass eine Ausstellung in diesem Grössenausmass nicht mit einer Gruppe von 18 Personen zu begehen ist, war klar. Es wurden kleine Gruppen gebildet, in denen jeweils das gleiche Interesse bestand. Klar war auch, dass ein Tag nicht reichen würde, um alle ca. 145 Länderpavillons besichtigen zu können. Man einigte sich auf einige interessante Länder oder spazierte einfach mal drauflos. Der Tag war sehr eindrücklich. Der ganze Aufbau des Expogeländes gab zu staunen. Eine Stadt wurde innert kürzester Zeit errichtet. Nebst den teils sehr kunstvoll errichteten Pavillons vollendeten Grünflächen, künstliche Flüsse und Bäume die Gesamtansicht. Einige Länder haben leider das Ziel etwas verfehlt und glichen mehr einem Reisebüro mit Souvenirmarkt als einer landeseignen Ausstellung zum Thema Ernährung und Essen. Dafür punkteten Eigenausteller wie das Label «Slowfood» und Coop mit interessanten Pavillons und vielen interaktiven Möglichkeiten, was bei den Länderpavillons leider auch selten oder gar nicht vorkam. Auch waren wir etwas enttäuscht, dass das Essen überhaupt nicht promoted wurde, wie wir uns das vorgestellt haben. Jedes Land bot seine Köstlichkeiten im Pavillon selbst an, einen Verkauf über die Gasse in Form von kleinen Ständen gab es aber fast gar nicht. Pünktlich traf man sich wieder beim Ausgang, und nach einem letzten Gruppenfoto stiegen wir in den Car ein und fuhren nach Hause. Schliesslich stand noch eine längere Heimreise an und die meisten arbeiteten am nächsten Tag wieder. Fazit eines gelungenen Ausflugs: Sehr viele interessante Sachen gesehen und gelernt, (zu) viel verschiedene köstliche Gerichte aus aller Welt gegessen und das gute Schuhwerk hat sich mehr als gelohnt ;). Es war ein super Tag! Besten Dank nochmal im Namen aller Lernenden/Praktikanten für dieses Erlebnis. Das ist nicht selbstverständlich! Marlene, Mascha, Valentin, Mathias Alle vier, die Engadinerin Marlene Oliveira als Hotelfachfrau sowie die Walliserin Mascha Jordan, der Zürcher Valentin Minder und der Solothurner Mathias Müller in der Küche stehen am Anfang ihrer Lehre im Waldhaus. Von der Direktion dabei: Carla Lehner, Claudio und Cornelia Dietrich. JANUAR 2016 Zwei Frauen in der Küche Wir haben gemeinsam im Waldhaus unsere Kochlehre begonnen. Obwohl wir ziemlich verschiedene Persönlichkeiten sind, hat uns diese Zeit verbunden und wir sind nun sehr gute Freundinnen. In den vergangenen drei Jahren haben wir zusammen gearbeitet und im gleichen Haus gewohnt, sind gemeinsam in die Schule gegangen, verbrachten die Freizeit zusammen und hatten dasselbe Ziel: einen erfolgreichen Abschluss! Der Weg war des Öfteren holprig, aber mit einer Verbündeten fällt es einem viel leichter. Der Höhepunkt unserer gemeinsamen Zeit war das letzte halbe Jahr vor der LAP (Lehrabschlussprüfung). Rückblickend betrachtet waren wir von Januar bis Ende Mai nie länger als zwei Tage getrennt. Anfang dieses Jahres fingen wir noch während der Saison mit den ersten Prüfungsvorbereitungen an. Im März, einige Wochen vor dem Saisonende, rückten wir nach Weggis in die Berufsschule ein. Gemeinsam teilten wir uns dort ein Zimmer. Am Wochenende gingen wir auf den Markt und kochten zuhause. Die Karteikärtchen waren stets dabei, fühlten sich aber des Öfteren etwas links liegen gelassen. Vier Wochen vor der LAP benötigten wir eine Auszeit zum Durchatmen. Deshalb flogen wir am letzten Tag der Schule nach Spanien. Das Wochenende verbrachten wir in Madrid. Unter völliger Ausblendung der anstehenden Prüfungen. Am Sonntag ging es dann mit dem Zug nach Malaga, wo uns eine Woche im Kempinski Hotel Bahia erwartete. Diesen Aufenthalt haben wir beim Engadin Young Talent Wettbewerb im Februar gewonnen (siehe hier S. 1, «Das Rennen gemacht». Anm. der Redaktion). Jeden Morgen gab es ein fantastisches Frühstück auf der Terrasse mit Meeresblick. Die LAP rückte immer mehr in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz kamen die Karteikarten mit ganz viel guter Absicht mit an den Strand, wo sie jedoch auch nur die Sonne genossen. Um wenigstens einen Teil unserer Berufswürde zu wahren, diskutierten wir ausgiebig über die Qualität unserer Abendessen. Fazit: In Spanien sollte man keine Pasta bestellen, sie verstehen «al dente» nicht. Von Panna Cotta sollte man die Finger lassen und die beste Paella gibt es für zwei Euro von der Nonna am Stadtfest in Estepona. Die sechs Tage vergingen wie im Flug. Die Heimreise fiel uns dementsprechend schwer, vor allem, weil uns plötzlich klar wurde, dass es nun nur noch drei Wochen bis zur Prüfung waren. Auf direktem Weg vom Flughafen Zürich nach Sils, standen wir mit FlipFlops und Shorts am recht kühlen St. Moritzer Bahnhof. Unser Taxi-Chauffeur des Vertrauens fuhr uns trotz seiner Ferien noch ins Hotel. Nach Sonnenschein und Sandstrand brachte uns das leere Hotel zurück in die Realität. Die nächsten zwei Wochen kochten wir am Mittag für die Bauarbeiter, ausschliesslich die klassischen Prüfungsgerichte: Kalbs-Tendron, gefüllter und geschmorter Lattich, Osso Buco, mit Dörrfrüchten gefülltes Schweinsnierstück und alles, was Poulet betrifft. Für diese zwei Wochen hatten wir unser eigenes Restaurant und durften sämtliche Lebensmittel bestellen, die wir dafür benötigten. Am Nachmittag trainierten wir unsere individuellen LAP-Menüs. Wir waren jeden Tag rund zwölf Stunden in der Küche. Am Abend wollten wir mit vielen guten Absichten erneut mit den Karteikarten lernen, entschieden uns aber des Öfteren für einen Filmabend. Nach dieser sehr langen, intensiven gemeinsamen Zeit und der bevorstehenden Prüfung fingen wir an, uns gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Denn fünf Monate ohne Pause gemeinsam zu verbringen ist eine Herausforderung an sich. Die letzte Woche verbrachte jeder für sich zuhause und lernte mit Karteikarten und Zusammenfassungen. Am Sonntag, einen Tag vor der theoretischen Prüfung, trafen wir uns in Zürich und besuchten die «Chef des Alpes». Eine Kochmesse, bei der mehrere Sterneköche aus der ganzen Welt Vorträge über ihre Prinzipien und Art der Küche hielten. Um halb zwölf in der Nacht trafen wir erschöpft im Waldhaus ein. Doch am nächsten Morgen brachen wir schon um sechs Uhr früh auf, um die schriftliche Prüfung in Samedan zu absolvieren. Nach der Prüfung reisten wir völlig fertig und mit einem mulmigen Gefühl ins Unterland. Am nächsten und übernächsten Tag standen die praktischen Prüfungen an. Wir waren mehr als erleichtert, alles hinter uns zu haben. Das Hotel öffnete, und wir waren wieder im Berufsalltag. Mitte Juli dann bekamen wir die Einladung zur Diplomfeier, bei der wir nicht wussten, was wir zu erwarten hatten. Wir wurden mit extrem guten Noten überrascht und haben unser Ziel gemeinsam übertroffen. Rückblicken betrachtet, gab es in den vergangenen drei Jahren viele Herausforderungen, Erlebnisse und Eindrücke. Kurzum aber eine Zeit, an die man sich sehr gerne erinnert. Unser Dank gilt vor allem Kurt Röösli, der uns gefördert und immer unterstützt hat. Sowie auch der Direktion, die keine Kosten gescheut hat und uns somit die gute Vorbereitung ermöglich hat. Ende dieser Saison (Sommer 2015) verlässt Paula das Waldhaus, während Jennifer die nächste Saison bei Renato in der Patisserie verbringt. Die Trennung wird uns sehr schwer fallen. Doch Wiedersehen macht bekanntlich Freude. Jennifer Sigg / Paula Suhner Jennifer kommt als Vollprofi in die Pâtisserie; die Lehre bei uns war nicht der erste Fachabschluss, den sie mit Bravour bestand. Davor machte sie bei Honold in Zürich eine Lehre als Konditor/Confiseur. Paula Suhner aus Thusis beginnt gerade eine neue Stelle bei Globus in Chur. 17 Nach 35 Jahren wieder zurück in Hotel Waldhaus, Sils Maria «Das Waldhaus war der Anfang meines Erwachsenwerdens», schreibt Elsö van den Bovenkamp in der deutschen Zusammenfassung seines niederländischen Berichts (siehe S. 5). Zuerst möchte ich Herrn Felix Dietrich herzlich danken für die Gastfreundlichkeit, die wir am 16. Juli erfahren haben. Es war eine grosse Freude, mit Herrn Dietrich zu Mittag gegessen haben. Meine Ehefrau, Tochter, Schwiegersohn, mein Enkelkind Lukas und natürlich ich selber haben die Führung, die er uns durch das Waldhaus gegeben hat, sehr genossen. So hat meine Familie sehen können, wo ich vor 35 Jahre gearbeitet habe: das Stübli, der Speisesaal, der Salon, die Küche und so mehr. Es war wunderbar, die Räume und die Sphäre wieder zu erfahren. Vor 35 Jahren habe ich als 17-jähriger Junge eine Sommer- und Wintersaison im Waldhaus gearbeitet. Gerne möchte ich noch mal auf meine Erfahrungen zurückblicken. Mein Onkel, Herr Van der Rijst, arbeitete im Jahr 1980 schon seit einigen Jahren im Hotel, ich hatte ihm damals gefragt, ob ich vielleicht im Hotel arbeiten kann. Ich möchte gerne das gesunden Klima im Engadin geniessen, das ich schon von verschiedenen Urlauben bei meinen Verwandten in Sils Maria kannte. Mein Onkel fragte nach und ich bekam die Chance, nach meinem Abitur im Hotel als Kellner-Praktikant zu arbeiten. Hier habe ich vieles gelernt, Sachen, die ich nie gedacht habe zu lernen. Vor Anfang der Sommersaison habe ich mit Arbeiten angefangen, ich lernte die Küche und verschiedene Säle kennen. Oberkellner Roberto Schilirò hatte mich die Basis der Bedienung gelernt. Auch sollte ich das Silberbesteck und die Gläser putzen, Tische vorbereiten, die Gerichte auswendig lernen und so weiter. Nach einigen Wochen im Speisesaal durfte ich auch im Arvenstübli die Gäste bedienen, Aldevaro war hier mein direkter Kollege, von ihm habe ich viele Fachtricks gelernt: Servieren von frischer Forelle oder Krebs, Flambieren mit Grand-Marnier oder das Schälen von Apfelsinen mit Messer und Gabel. In der Arvenstube wurde à la carte serviert, für mich wieder eine total neue Erfahrung: was für Variationen in Gerichten und Weinen! Noch immer mache ich zu Hause gerne leckere und gut aussehende Menüs für Verwandte und Freunde. Damals war ich der einzige Kellner aus den Niederlanden, viele Kellner kamen unter anderem aus Portugal, Italien oder Spanien. Von meinen italienischen Kollegen habe ich gelernt, dass man vor allem Spaghetti nicht schneiden dürfe, das war undenkbar für sie! Das Arbeiten im Waldhaus war eine schöne Erfahrung, das Waldhaus war der Anfang meines Erwachsenwerdens. Herr Felix Dietrich hatte damals vorgeschlagen, dass ich in Zürich die Hotelfachschule machen soll, aber ich wollte gerne Chemielaborant werden, ein Beruf, den ich noch immer ausübe. Vor allem an Weihnachten und Silvester habe ich erfahren, wie besonders es war, hier in Waldhaus arbeiten zu können. Die Schweiz (und vor allem Graubünden und das Engadin) hat mein Herz erobert. Noch viele Male sind wir hier heimgekehrt, mit meinen Eltern und später mit meiner Ehefrau, die ich in Davos kennengelernt habe, und Familie. Auch hat meine Cousine Edith van der Rijst mit ihrem Mann im Waldhaus ihre Hochzeit gefeiert! Es war eine wunderbare Zeit, die ich in Waldhaus verbracht habe. Letzten Sommer haben wir mit Herrn Felix Dietrich über diese Zeit wieder gesprochen. 35 Jahre später, aber die Erinnerung bleibt! Mit herzlichen Grüssen Elsö van den Bovenkamp (im Waldhaus im Sommer 1980 und Winter 1980/81) Der Bericht gilt auch zwei Menschen, die dem Waldhaus fast ihr ganzes Arbeitsleben gewidmet haben und denen wir viel verdanken. Hein Van der Rijst (1934–1997) aus Utrecht in den Niederlanden war schon in seiner Jugend als Pflegekind in eine Silser Familie gekommen. Er litt an Asthma, und das Bergklima sollte ihm Linderung bringen. Später kam er als Chasseur (Hotelpage) zu uns ins Chantarella in St. Moritz und ins Waldhaus, wo Rolf Kienberger schnell entdeckte, dass der junge Mann noch ganz andere Talente hatte. Er arbeitete ihn als Réceptions- und Reservationsmitarbeiter ein, und Hein Van der Rijst wurde für viele Jahre unser Chef de Réception (mit vielen Nebenpflichten wie der ganzen Personaladministration). Roberto Schilirò, der heute seinen Lebensabend in Lodi und Nuova Olonio in Italien verbringt, kam mit 18 zum ersten Mal ins Waldhaus aus seinem heimatlichen Sizilien, als Hilfskellner zuerst, stieg aber Rang um Rang auf und bald war er der Erste, der Maître d’Hôtel, was er viele Jahre lang blieb. Insgesamt 69 Saisons war er im Waldhaus. Walter Nana wurde 1996 sein direkter Nachfolger. Roberto Schilirò und Hein Van der Rijst: Sie haben unser Haus mitgeprägt. Das Waldhaus ist nicht nur das unsere, sondern auch das ihre. 18 JANUAR 2016 Mitarbeitende Wintersaison 2015/16 Land Chef de Réception CH Stv. Chef de Réception CH Einkauf + Kasse + «News»-Redaktion CH Verantwortl. Kultur & Events DE Sales Manager CH Leitung Human Resources AT/CH Ass. HR/ Buchhaltung/ Gästebetreuung CH Ass. Kultur & Events CH Ass. Sales & Marketing/ design. Spa-Leiterin CH 1. Réceptionistin CH Kassabüro Teilzeit IT Front Office CH Front Office CH Praktikant Front Office CH 3. Lehrjahr (Kauffrau) CH 1 8 63 9 4 30 5 5 16 5 33 1 1 2 6 Loge Giamara Arnold Stolz Karl-Ludwig Copes Oreste Rosano Giovanni Giammaria Giuseppe Dennler Andreas Boschini Maddalena Christofoletti Ivan Schuhmann Hennes Chef-Concierge 2. Concierge 2. Concierge Winter 1. Chauffeur Nachtportier Nachtportier Logentournante Logentournant Logentournant CH DE IT IT IT CH IT IT DE 24 14 53 56 3 2 7 3 2 Etage Gaudenz Seraina Sorrilha Ferreira Cristina Maria Simão Morais Adérito Paiva Morais Carlos Spechtenhauser Christoph Parraguês Machado José Manuel De Giambattista Francesco Gomes da Silva Olga Maria Pinto dos Santos Hostilina Lomazzi Laura Pereira Godinho Adriana R. Tavasci Jessica Matumona Gracia Da Costa Torres Bernardina Tewolde Araya Mihret Mastai Lucineia Santos Costa Ana Isabel Daniel Andemeskel Maekele Ghirmay Guedes Pereira Nuno Miguel Ribeiro Dos Santos Helder Daniel Leiterin Hauswirtschaft 2. Gouvernante Etagenportier Etagenportier Etagenportier Portier/ Wäscherei Etagenportier Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau Zimmerfrau «Zimmermann» «Zimmermann» «Zimmermann» «Zimmermann» CH PT PT PT IT PT IT PT PT IT PT IT AO PT ER/IT IT PT ER ER PT PT 29 57 56 31 9 4 3 34 31 19 7 7 5 4 3 3 1 13 11 4 2 Strimer Madlaina Schnyder Tabea Fliri Jessica Oliveira Marlene 3. 2. 2. 1. CH CH CH PT Bar / Halle / Arvenstube Schukraft Jakob Iorizzo Maria Dos Santos Ferreira José Manuel Nägele Lisa Cristiano Luca Schneider Sandy Famulari Carmelo Luchin Roberto Schukraft Cathrin Gianera Gabriele Michnova Lenka Santos Carvalho Nuno Miguel Marongiu Silvia Muggiasca Tosca F&B Koordinator Chef de Bar Chef Arvenstube Barkellnerin Barkellner Barkellnerin Barkellner Barkellner Barkellnerin Chef de rang Chef de rang Commis Arvenstube Commis de bar Praktikantin DE 6 IT 6 PT 34 DE 3 CH 8 DE 1 CH/IT 1 IT 1 DE 9 IT 11 SK 2 PT 31 IT 1 CH 1 Meier Sin Yie 3. Lehrjahr (Restaurationsfachfrau) CH 6 Saal / Etagenservice Nana Walter Comalli Oscar Santoro Giuseppe Anderes Beatrice Maître d’Hôtel Sommelier & Weineinkauf 2. Maître d’Hôtel 2. Sommeliere IT IT IT CH 57 47 36 8 Dos Santos Ferreira Domingos Da Silva Teixeira João Manuel Chef d’Etage Commis d’Etage PT PT 43 25 Morfuni Bruno Adrega Pereira Helder A. Mofreita Vaz Sergio Donato Giovambattista Dulaj Marek Nepras Milan Passidomo Vito Oliveira Carvalho Antonio Perdicaro Carmelo Ko incová Veronika Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellner Saalkellnerin IT PT PT IT SK SK IT PT IT SK 35 30 27 26 18 11 13 27 2 9 Lehrjahr Lehrjahr Lehrjahr Lehrjahr (Hotelfachfrau) (Hotelfachfrau) (Hotelfachfrau) (Hotelfachfrau) Land Anzahl Saisons Büro Unternährer Martin Pinto Melinda Halter Hubert Boddenberg Daniela Caviezel Flurina Röösli-Stadler Sissi Dietrich-Ryser Cornelia Stoffels Corina Lehner-Dietrich Carla Ott Sabrina Ruffatti Luisa Nägeli Marina Villinger Manuela Hauser Sandro Walther Valeria 6 4 4 2 Anzahl Saisons Pellegrinelli Matilde Weinkellnerin und Hallenbad/Kiosk CH/ES 48 Buciol Alessandro Rosina Eleonora Buonadonna Francesca Tafuri Paolo Paladino Antonino Tabacchi Debora Di Maria Salvatore Commis Commis Commis Commis Commis Commis Commis IT/CH IT IT IT IT IT IT Economat Oliveira Santos Olga Maria Aversa Marco Passidomo Caterina Santos Taveira Gloria Lemnos Virginie Vicino Carmela Pereira Teixeira Silvia Dos Santos Silva Rui Adelino Dias Barros Ivo Dos Santos Silva Dimas Rodrigues Correia Paulo Vicino Giuseppe Pinto Ribeiro Fabio 1. Economat-Angestellte Kellermeister + Economat Economat-Angestellte Economat-Angestellte Economat-Angestellte Mitarbeiterservice Mitarbeiterservice Verantw. Reinigung Küche + Office Reinigung Küche + Office Reinigung Küche + Office Reinigung Küche + Office Reinigung Küche + Office Reinigung Küche + Office PT IT IT PT CH IT PT PT PT PT PT IT PT 41 13 3 25 8 5 2 19 5 1 15 8 1 Küche Röösli Kurt Pellegrinelli Renato Brunner Dennis Remo Marolf Fabian Bohni Micha Maffi Giovanni Zimmermann Mattia Enzenhofer Mathias Neuenschwander Marcel Sigg Jennifer Isler Myriam Nägele Laura Siegl Moritz Stöppelmann Nico Meier Xenia Küchenchef Chef Pâtissier Sous-Chef Junior Sous-Chef Chef Entremetier Chef Saucier Chef Gardemanger Demi-Chef Gardemanger Demi-Chef Saucier Commis Pâtissière Commis de cuisine Commis de cuisine Commis de cuisine Commis de cuisine Commis de cuisine CH CH AT CH CH IT CH AT CH CH CH DE DE DE CH 48 50 22 9 3 7 9 4 1 6 3 1 1 1 1 Könz Luca Liebster Luc Lehmann Felix Indermühle Samuel Herzog Patrick Jordan Mascha Müller Mathias Minder Valentin Koch-Lernender, 3. Jahr Koch-Lernender, 3. Jahr Koch-Lernender, 3. Jahr Koch-Lernender, 2. Jahr Koch-Lernender, 2. Jahr Koch-Lernende, 2. Jahr Koch-Lernender, 1. Jahr Koch-Lernender, 1. Jahr CH CH CH CH CH/HK CH CH CH 6 6 6 4 4 3 2 2 Lingerie und Wäscherei Fallini Lucia Aquistapace Cinzia Bini Bruna Adrega Dias Jorge Manuel Pinheiro d. Santos Maria Manuela Teixeira Soares Elisabete Maria Materese Marco Colturi Pamela Rodriguez Maria Clara Gebrezghi Semhar 1. Glätterin Lingerie / Etage Tournante Lingerie / Etage Tournante Wäscher Lingerieangestellte Lingerieangestellte Lingerieangestellter Lingerieangestellte Lingerieangestellte Lingerieangestellte IT IT IT PT PT PT IT IT IT/RA ER 23 29 3 17 27 26 18 5 7 5 de de de de de de de Salle Salle Salle Salle Salle Salle Salle Wellness und Gästebetreuung Millar Edith Hallenbad / Kioskleiterin CH/CA Neprasova Monika Angestellte Hallenbad/Kiosk CZ Halter-Frei Michèle Angestellte Hallenbad/Kiosk CH Guiance Fernandez Josefa Angestellte Hallenbad ES Bulach Maria Masseurin CH/AT Kalberer Jacqueline Masseurin CH Cagnoni Cristina Masseurin CH Bryner Anita Kinderbetreuerin CH Wallnöfer Elisabeth Ablöse Kinderbetreuung CH Rosano-Gredig Anna Floristin / Gärtnerin CH Maschler Franz Tennis- und Skilehrer IT Wanderleiter Sommer, im Turnus: Giovanoli Cécile (14 Saisons), Zinsli Werner (3), Gantenbein Beatrice und Erwin (3), alle CH 6 5 3 5 3 4 1 39 10 33 3 2 2 1 46 30 50 63 Musik: siehe Seite 15 («Zukunftsmusik») Handwerker und Diverse Schmidt Guido Tognetti Michele Levi Michele Morais Gil Cassiano Brülisauer Andrea Haustechnik und Sicherheit Hauselektriker Hausschreiner Gärtner / Schneeräumung Allrounder CH IT IT PT CH 75 16 10 62 3 Dietrich Claudio Dietrich Patrick Direktion / Essen & Trinken Direktion / Beherbergung CH CH .. .. Kienberger Urs Dietrich Maria Dietrich Felix VR; Kommunikation + Strategie CH VR; Ausgleich + Buchhaltung CH VR; Kultur, Spezialaufgaben, Aussenbez. CH .. .. .. JANUAR 2016 19 Man kann in ein Hotel gehen oder ins Waldhaus «Per qualche dollaro in più» «Es stand in alten Zeiten ein Schloss, so hoch und hehr, Weit glänzt es über die Lande bis an das blaue Meer…» Diese Worte Ludwig Uhlands müssen mir aus ferner Erinnerung zugeflogen sein, als ich das Waldhaus zum ersten Mal aus der Ferne erblickte. Wohl darum ist das Waldhaus für mich unausgesprochen, aber umso dauerhafter auch heute noch das «Schloss», und wer möchte nicht wenigstens einmal im Leben in einem Schloss wohnen? Es war im Jahr 1964, als ich das Glück hatte, mit meinen Eltern im Hotel Alpenrose die Sommerferien verbringen zu dürfen, wenigstens am Fusse des «Schlosses», wie es sich für einen nicht Blaublütigen eben ziemt. Aus mir heute nicht mehr bekannten Gründen entschieden sich meine Eltern, die Ferien im folgenden Jahr im Hotel Margna zu verbringen. Nichts gegen das «Margna», aber jetzt hatte ich das Schloss auf Schritt und Tritt im Gesichtsfeld, als wollte es mir sagen: «Hier oben wird die Musik gespielt». Anlässlich der Rückkehr von einem Fextalausflug geschah es dann, dass ich wie von einem Magnet angezogen das Strässchen verliess, die Freitreppen des Schlosses hinaufstieg und mutig zur Loge vordrang. Eine livrierte Respektsperson übergab mir wunschgemäss den Hotelprospekt samt diskret hineingelegter Preisliste. Mit diesen Unterlagen trat ich dann den Rückweg an, jedoch nicht ohne zu bemerken, dass tatsächlich «die Musik dort oben spielte». Von einem gepflegten Orchester wurde für die in grossen Fauteuils einer grosszügig dimensionierten Halle den «Four O’Clock Tea» geniessenden Hotelgäste gerade eine beschwingt-nostalgische Melodie intoniert und all das unter dezenter Beleuchtung eines Riesenkristallleuchters. Liebe Leserschaft, lache jetzt nicht, aber in diesen Sekunden begann für mich eine neue Zeitrechnung. Beim Abendessen dieses Tages erfolgte dann eine kurze Diskussion mit meinem Vater, welche darin bestand: – ihn zu fragen, wieso wir unsere Ferien nicht im Schloss verbringen könnten – ihm anhand der Waldhaus-Preisliste zu beweisen, dass dies mit einer Mehrausgabe von Fr. 5.– pro Tag und Zimmer gegenüber dem Margna-Tarif möglich wäre – ihm das Versprechen abzuringen, unseren nächsten Ferienaufenthalt im Waldhaus zu buchen, wozu es überraschenderweise gar keiner grossen Überredungskunst bedurfte... Die Erinnerungen an die dann folgenden Ferienaufenthalte, die ich mit meinen Eltern und später mit meiner Frau zu allen Jahreszeiten im Schloss verbringen durfte, fliessen allmählich ineinander über, was fünfzig Jahre nach dem ersten Kontakt verständlich erscheint. Einige Höhepunkte, die mir immer in der Erinnerung bleiben werden: Um das Jahr 1967 durfte ich anlässlich eines Umtrunks in der Arvenstube, an dem neben meinen Eltern das «Schlossherrenehepaar» der dritten Generation Kienberger und ein weiteres Hotelierehepaar aus Sils teilnahmen, als Hoffotograph fungieren. Rein zufällig befand ich mich einmal im Entrée des Schlosses, als von einer darüber liegenden Etage eine Mischung aus weiblichem Angstgeschrei, wutentbranntem Hundegebell und einer zuschlagenden Türe hörbar wurde. Mir ahnte Übles, denn an der Art des Gebells erkannte ich, dass es vom Dackel meiner Eltern stammte, welcher während der Essenszeit jeweils allein im Zimmer war. Ich rannte, zwei Stufen aufs Mal nehmend, in die erste Etage hoch, traf eine Angestellte des Etagendienstes völlig aufgelöst und hinter der Türe des Elternzimmers den Dackel, welcher der Tonlage seines Gebells zufolge kurz vor dem Durchdrehen stand. Glücklicherweise war ihre Begegnung mit dem Dackel, der sein Revier verteidigte, unblutig verlaufen. Das Tier konnte allmählich beruhigt und die schockierte Dame darauf hingewiesen werden, dass an der Türe ein gut lesbares Schild «Bitte nicht stören» hing. Vor fünfzig Jahren: die Eltern des Fotografen; Rita Kienberger; die früheren AlpenroseHoteliers Albert und Cathi Knaus. Von hinten: Rolf Kienberger. Musiker: Bruno Kneitz, Rudi Knina. Aufnahme Peter S. Ein besonderes Beispiel der im Schloss gepflegten Gastfreundschaft erlebten wir, als wir kurzfristig ein bestimmtes Zimmer zu buchen wünschten und nicht nur dieses, sondern sämtliche Zimmer belegt waren. Die an Flexibilität kaum zu überbietende Lösung bestand darin, dass wir die erste Nacht in einem Personalzimmer in der obersten Etage verbringen durften. Am folgenden Tag erfolgte dann der Umzug in ein inzwischen frei gewordenes Zimmer und am dritten Tag der Wechsel ins von uns ursprünglich gewünschte Zimmer. Ein wenig Stolz schwang mit, als ich einer sympathischen Schauspielerin die ihr entfallene Schlusszeile der im NietzscheStein eingemeisselten Zarathustra-Verse, welche sie in kleiner Runde rezitierte, aus dem Stegreif ergänzen konnte. Als ich einmal einen besonderen Fotowunsch hatte, begleitet mich ein Mitglied des Schlosspersonals ein weiteres Mal auf die Zinne. Ein anderes Mal wurde mir der Besuch der Zinne des Schlosses durch persönliche Begleitung von Co-Schlossherr der vierten Generation Felix Dietrich ermöglicht. Mein Ziel war die Abklärung der Empfangsmöglichkeit eines mich speziell interessierenden UKW-Senders. Unvergessen bleibt die Teilnahme am mehrtägigen Seminar, welches anlässlich der Präsentation des vom Schlossmechanikus Guido Schmidt in jahrelanger Arbeit restaurierten Welte Mignon Klaviers stattfand. Herr Schmidt war es auch, der mir eine Saison später einen seiner Belichtungsmesser auslieh, ohne den es mir nicht möglich gewesen wäre, unseren damaligen Abstecher ins Südtirol fotographisch qualitativ einwandfrei zu dokumentieren. Zu den Erinnerungsstücken meiner Frau Karin gehört das Menu vom Dienstag, dem 12. Oktober 1999. Darauf habe ich, wohl durch den reichlichen Genuss des «Fruttaio Cà Rizzieri» genannten Sforzatos befeuert, notiert: Man kann in ein Hotel gehen Und schon wieder eine Dietrich! Selena Inglina erfreut uns seit dem 9. Mai 2015. Auf dem Bild mit Elias. Edward, 15.07.2015, Sohn von Laura Lomazzi. Ein Prinz aus dem Morgenland, Bewohner des Nachbarzimmers, fragte meine Eltern, ob sein Gitarrenspiel den Dackel stören würde. Gitarrenklang würde vom Dackel goutiert, war die Antwort. Bei Klarinette wären die Dinge anders gelegen. Eine Schauspielerin, mit welcher ich bei ihrem Arrivée in der Empfangshalle ins Gespräch kam, äusserte sich in breitestem Basler Dialekt über die Stimmung im Hotel. Als sie Worte wie Friedhofsatmosphäre und lebendige Leichname zu verwenden begann, fühlte ich mein Schloss angegriffen und liess die zwischen den Gästen des Schlosses übliche Zurückhaltung mit folgender Aufforderung fallen: «Fahren Sie mit dem Lift bis zur oberste Etage, setzen Sie sich dort aufs Treppengeländer und rutschen Sie auf diesem bis in die Empfangshalle hinunter. Die vermisste Stimmung wird umgehend aufkommen und ein Applaus wird Ihnen gewiss sein.» Schade, sie wollte nicht. oder ins Waldhaus! Diese Worte erklären die Art des Verhältnisses zu meinem unter dem Namen «Waldhaus» bekannten Schloss am trefflichsten. Peter Schleuss, im Herbst 2015 Etwas Geschichte zur Geschichte: Die Alpenrose, deren zunächst bescheidener Anfang als Hotel auf 1862 zurückgeht, war der älteste und nach einem meisterhaften Um- und Ausbau durch Arch. Nicolaus Hartmann jun. um 1907 wohl architektonisch überzeugendste Hotelbau von Sils, mit ähnlichen Gästen wie das Waldhaus. Albert und Cathi Knaus führten es von 1936 bis etwa 1964. Albert Knaus, geb. 1904, starb erst wenige Wochen vor seinem 99. Geburtstag in St. Moritz. Der Alpenrose ging es weniger gut. Bis fast zuletzt nur im Sommer offen, verkümmerte das Hotel allmählich. 1973 wurde es von seinen Engadiner Besitzern an den Meistbietenden verkauft. Der wollte gross neu bauen, die Gemeinde und die Öffentlichkeit wollten das bestehende Hotel erhalten. Jahrzehntelang zerfiel das leerstehende Juwel und wurde schliesslich um 2000 als reines Apartmenthaus wieder aufgebaut; nur der Kopfbau an der Dorfstrasse blieb äusserllch erhalten. Auf Insistieren der Gemeinde hat’s immerhin ein gutes Restaurant und einen Erstwohnungsanteil von 25 Prozent. Das Bild erinnert uns auch an Rudi Knina, unseren legendären Waldhaus-Kapellmeister von damals samt Cello, Schlagzeug, Harmonika und unvergessenem Charme. Kindersegen Leonardo, 18.11.2015, Sohn von Carmelo Famulari. Eldana, die Tochter von Ghirmay 20 JANUAR 2016 Eine Reise ohne Ziel war schon immer mein grosser Traum Bilder und Geschichten aus Billy Bühlers Reiseblog billytheblog.ch War alles für die Katz? Da kommt einer jung ins Waldhaus, macht’s gut und kann’s gut, wird zum geschätzten Mitarbeiter und tollen Kollegen, zum Fachmann und (fast) erwachsen. Und dann schreibt er später: «Endlich habe ich es geschafft, aus der Schweiz abzuhauen!» Nun: Billy Bühler aus dem Zürcher Weinland, der 2005–2008 seine Servicelehre hier machte, sprühte schon damals (nicht nur bei der Arbeit) vor Tatkraft und Unternehmungslust, zum Beispiel, als er und ein Freund Tonnen von Schnee schaufelten, um sich einen Fun-Park fürs Snowbike zu kre- darf mich nicht mitnehmen, da ich ohne Retourticket nach NZ einreisen will. Um die ganze Schikane zu erzählen, müsste ich ein Buch schreiben. Wichtig ist, wir haben es geschaft und sitzen verschwitzt, müde, froh und hungrig im Flieger nach NEW ZEALAND… 9. Mai: Angekommen in Neuseeland Die neuseeländische Fluggesellschaft ist mit Abstand die coolste in meiner Reisekarriere. Das Flugpersonal ist so freundlich und aufgestellt, das Essen so schmackhaft, dass man am liebsten weiterfliegen würde. Wir steigen aber aus. Das Klima ist herrlich, unerwartet warm und das Licht so dramatisch, als könnte man gleich den vierten Teil der Herr der Ringe drehen… nick-Platz am Meer fahren wir ins Dorfzentrum, um uns Kaffee zu holen und uns über den Surf zu informieren. Ich muss endlich aufs Brett! Die Wellen sehen sehr klein, aber lustig aus. Gut genug, um Spass zu haben. Ab aufs Brett! Das Surfen hab ich nicht verlernt und die Crowd im Line-up ist auch sehr cool. 350 km Das Wetter ist mittlerweile beschissen. Es wird immer kälter und der Regen machts auch nicht besser. Wir sind in New Plymouth. Es ist schon dunkel. Eine Nacht im Holidaypark und wir fahren weiter, wir fahren durch bis Wellington. Dort haben wir Tickets für das Jurassic 5 Konzert und können es kaum erwarten, die Oldschool Jungs auf der Bühne zu sehen. Das Konzert ist der Hammer! Die Menge tobt und die Stimmung ist nicht zu vergleichen mit Hip Hop Konzerten in der Schweiz. Die Reise geht weiter. Wir nehmen die Fähre nach Picton. Während wir auf sie warten, machen wir Witze, dass die Karre nicht mehr anspringt, wenn wir auf die Fähre fahren müssen. Genau das geschieht. Einmal mehr zeigt sich die unendliche Hilfsbereitschaft der Neuseeländer. Nur Sekunden später wird unser Auto überbrückt. Die Fähre wartet natürlich auf uns, die beiden planlosen Schweizer. Der Norden des Südens ieren und dort die gewagtesten Sprünge zu produzieren (siehe Waldhaus News vom Jan. 2008). Umgekehrt blitzt auch in seinem Reiseblog immer wieder der überzeugte GastroProfi auf. Alles für die Katz? Aber nein: auch wir finden, Billy ist gut unterwegs! Endlich hab ich es geschafft, von der Schweiz abzuhauen. Ich reise jedoch nicht ganz ohne Plan. Mein Cousin begleitet mich die ersten zwei Monate. Am 2. April 2015 geht’s via Hong Kong für drei Monate nach Neuseeland, wo wir mit einem Camper durch die Nord- und Südinseln reisen werden zum Surfen, Fotografieren, Filmen, Klettern, Trekking und was sonst noch alles auf uns zu kommt in diesem wunderschönen Land. Indonesien steht als nächstes an. Ein bisschen surfen und dann nach Sumatra reisen, um dort für die Eco Lodge von der Stiftung Pan Eco den Service im neuen Restaurant zu schulen. Weiter werde ich mit Motorproductions und einem Freund zusammen einen Film über den Orang-Utan Coffee drehen. Was danach kommt, hat noch keine Pläne… mit meiner Liebe Indien und Nepal bereisen? 12-h-Stopover Hong Kong Die Reise hat begonnen. Hong Kong, eine Stadt, die lebt, bebt, arbeitet und nur selten Ruhe findet. Die Kamera an der Schulter und ein paar HK Dollars in der Tasche, ziehen wir los. So viel als möglich von der Stadt sehen und nur kleine Pausen einlegen: Damit wollen wir unsere Müdigkeit vom schlaflosen Flug ignorieren und ein Einschlafen vermeiden. Nach sechsstündigem Sightseeing werden unsere Augenlider schwer. Gehen ist schon im Unterbewusstsein. Die Rückkehr zum Flughafen ist unser grösster Wunsch und wir nehmen ein Taxi zur Central Station, wo der Airport Train uns zum Flughafen bringt. Alles geht schnell und unkompliziert. Noch wissen wir nicht, dass unser grösstes Hindernis am Flughafen auf uns wartet. Der Anschlussflug Nun sind wir planlos, aber motiviert am Flughafen. Als erstes suchen wir uns Internetzugang, um herauszufinden, wo wir Unterkunft finden. Ein Auto muss auch so schnell wie möglich her. Nach einer halben Stunde ist alles organisiert. Wir staunen selber über uns. Eine kleine Shoppingtour, eine Nacht im Backpackers und wir sind bereit, uns um den Autokauf zu kümmern. Unser zukünftiges Auto, ein Honda Odyssey fährt direkt vor. Eine kleine Probefahrt, alles passt und der Deal ist gelaufen. High five und los geht’s! Alejandro darf sich als erster mit dem Linksverkehr vertraut machen. Wenn das nur gut geht!? Erstes Ziel: Raglan! Der Ort für Surfer schlechthin. Während der Fahrt fällt es uns schwer, sich auf die Strasse zu konzentrieren. Die Landschaft ist einfach traumhaft! Bei Einbruch der Dunkelheit und mit leerem Magen kommen wir im kleinen, herzigen Dorf an. Bei unserem ersten Campingversuch direkt am Meer werden wir, während wir unser Dinner zubereiten, von einem sehr netten Polizisten darauf aufmerksam gemacht, nach unserem Festmahl ein Camping aufzusuchen und die Nacht dort zu verbringen. Er sagt, er wolle uns keine Busse geben müssen, wünscht uns einen guten Appetit und verschwindet wieder. Die Menschen hier in Neuseeland, selbst Polizisten, sind sehr, sehr freundlich und hilfsbereit. Nur 200 m entfernt finden wir einen Campingplatz. Müde aber glücklich legen wir uns im neuen Auto schlafen. Unerwartet bequem, so ein Honda… Surf to South Die Sonne geht auf und der Morgentau bleibt nur noch im Schatten hängen. Eine unbeschreibliche Morgenstimmung auf dem Campingplatz, nur die Wellen vor der Bucht von Raglan sind zu hören. Nach einem ausgiebigen Rührei mit Speck bei unserem Pick- Wir beschliessen, den nördlichsten Punkt auf der Südinsel zu erkunden. Man nennt ihn Farewell Spit. Eine schmale Lagune, die sich über 20 km ausstreckt. In Puponga, der nördlichsten Ortschaft, stehen auf einer Informationstafel über den Farewell Spit die Regeln. Campen strengstens verboten. Doch wir haben einen Meisterplan und fangen an, unser Abendessen vorzuproduzieren. Plan ist, am Ende dieses Spits, also 20km nördlich vom Auto zu Campen. Logischerweise ist es unrealistisch, am selben Tag zurück zu laufen. Die Rucksäcke mit dem Nötigsten und dem übermässig schweren Kameraequipment gepackt, kann unser erster Trip zu Fuss losgehen. Die Wolken ziehen dramatisch über uns weg. Unwissend, verregnet zu werden und fasziniert von der Landschaft ist das Wandern wiedermal automatisiert. Die Sonne neigt sich dem Untergang zu und bald gilt es, einen windgeschützten Platz für unser Zelt zu suchen. Das Spiel von Sand und Licht fasziniert mich derart, dass die Kamera nie zur Ruhe kommt. Der Platz fürs Zelt ist gefunden. Es windet stark… aber es klappt. Sandig und hungrig sind wir mit ein paar aggressiven Sandflöhen im Zelt. Das Abendessen… wieder mal ein Luxusdinner. Am nächsten Morgen stellen wir fest, wie schön es da eigentlich ist. Die Stimmung wird gerade von ein paar Sonnenstrahlen untermalt und es wird so richtig kitschig. Wir brechen unser Lager ab und laufen weiter. Auf einem Hügel machen wir eine kleine Frühstückspause, als wir von weitem zirka hundert Vögel aller Arten auf einem Teich sehen. Mit meinem super Feldstecher erkennen wir, wie sich gerade zwei schwarze Schwäne paaren. Wir nähern uns, doch eine Ente bemerkt uns und macht mit einem riesen Gequake auf uns aufmerksam. Alle Vögel fliegen davon. Das Wetter ist noch immer… und wir entscheiden uns, der Westküste entlang in den Süden zu fahren. Franz Josef und Fuchs Die Küste ist eigentlich wunderschön, doch ein Sturm zieht auf, während wir gerade die Pancake Rocks anschauen. Dramatisch und kitschig zugleich. Verregnet kehren wir zum Auto zurück. Wir wollen endlich die Berge sehen. Die Fahrt geht weiter… Nach unbedeutenden 24 Stunden nähern wir uns dem Franz Josef Gletscher. Wieder eine Touristenattraktion, aber diesmal hält das Wetter und wir sind motiviert wie noch nie. Wir überreden uns gegenseitig zu einem Helikopterflug: Wenn einmal Helikopter fliegen, dann hier in Neuseeland über einen Gletscher. Drei Stunden später sitzen wir im Helikopter und es geht los… Mirror Lake Immer noch vom Gletscherflug geflasht, sitzen wir nun wieder im Auto. Unterwegs kommt eine Abzweigung zum Mirror Lake. Überrascht laufen wir Richtung See in einen wunderschönen, dicht verwachsenen Wald. Auf dem Pfad finden wir einen blauen Pilz. So blau, dass der bestimmt gut einfahren würde, wenn man ihn isst. Die Sonne steht schon ziemlich tief. Das Licht streift quer durch den Wald… geniale Verhältnisse für Naturfotografen. Wie verzaubert stolpern JANUAR 2016 21 mationen unbedingt bei Mondlicht sehen. Es ist schon eindrücklich, vor diesen 25 Millionen Jahre alten Felsen zu stehen. Christchurch wir durch den Wald, als auf einmal der See zu sehen ist. Ein normaler Bergsee mitten im Dschungel. Nur auf einer Seite grenzt kein Wald ans Ufer und das ist die, wo das Alpenpanorama zu sehen ist. So entstehen ganz einfach kitschige Postkarten-Fotos. Nach zirka 1000 WOWs kehren wir zurück und machen uns auf den Weg zum Beach. Wir treffen einen überfüllten Campingplatz an, doch wir finden gerade noch einen Platz. Dieser Wahnsinns-Tag wird nun mit Joggen am Strand bei Sonnenuntergang abgerundet und zum Schluss ein Dinner à la haute cuisine… Purakaunui Friends In Curio Bay lernen wir Thomy (CA) und Cecilia (GB) kennen, bevor wir nach Norden fahren. Sie fahren ebenfalls in dieselbe Richtung. Am späten Nachmittag finden wir zur traumhaften Bucht von Purakaunui. Links erstrecken sich ca. 200 m hohe Felsen der Küste entlang. Die Aussicht ist ein Traum und die Möglichkeit, frei zu campen, gefällt uns auch sehr. Wir lernen nette Leute kennen, mit denen wir über den Surfspot plaudern. Am späteren Abend tauchen auch Thomy und Cecilia auf. Am Morgen, bevor die Sonne aufgeht, scheint es, als seien alle National Geographic Fotografen in die Bucht gefahren, um ihr bestes Foto zu schiessen. Okay, das Licht ist wirklich speziell und die Bucht sowieso und natürlich ich komme wieder mal zu spät mit meiner Kamera für das perfekte Bild. Mein Fokus liegt auch eher beim Surfen. Der Morgensurf ist endlich Wirklichkeit und macht Spass, bis ein Seelöwe, der seit Beginn der Session mit uns friedlich im Wasser schwimmt, Cecilia und Thomy attackiert und sie beide um ihr Leben paddeln müssen und glücklicherweise dem Seelöwen entkommen. Daz, ein Südafrikaner, kommt nach dem Surf mit der guten Idee, auf die Felsklippen zu laufen. Das Wetter könnte nicht besser sein und der Anstieg nicht steiler. Auf der Klippe kommen wir auf ein riesiges Plateau mit grüner Wiese, Schafen und Kühen. Der Ort ist einmal mehr magisch. Der zweite Morgen scheint nur noch wenige Fotografen zu interessieren, obwohl der Himmel noch spektakulärer wirkt. Diesmal habe ich die Kamera bereit, während die National Geographic Phototouristen bestimmt an einem noch exklusiveren Ort sind. Der Surf scheint nicht zu funktionieren in der Bucht und ich schlage vor, Long Point zu checken. Vorschlag angenommen und Long Point ist nun endlich zu sehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, diese grosse Welle zu surfen. Alleine auf keinen Fall, zumal ich den Spot nicht kenne und alle Locals mich vor den Gefahren warnten. Ein Engländer kommt dazu, als wir uns gerade bereit machen. Er hat es sehr eilig und möchte nicht auf uns warten zum Rauspaddeln. Letzteres muss gewusst sein wie, sonst kommt man da nicht raus. So scheint es dem Engländer zu ergehen und er entscheidet sich, sich doch uns anzuschliessen. Die Session ist der wahre Wahnsinn. Die Wellen nahezu perfekt, so, dass ich jedes Mal Gänsehaut bekomme, wenn ein grosses Set kommt. Haifische sind längst vergessen. Während dem Surf kann ich die Grösse der Wellen nicht einschätzen, doch an den langen Distanzen, die wir zurück paddeln, merkt man, wie die Welle einem nach vorn katapultiert. Nach sieben perfekten Rides bin ich ausgepowert und überglücklich. Hungrig zurück beim Auto, kämpfe ich mich mit letzter Kraft aus dem Wetsuit. Es fängt an zu regnen und unsere Reise geht weiter an der Ostküste nach Norden. Versteinerte Elefanten Die Fahrt führt durch Dunedin, wo wir zwei Nächte am Long Beach bleiben. In der Murderers Bay gibt’s eine Weltklasse-Welle, wo 200 Meter Rides garantiert sind. Der Spot ist sehr crowded, jedoch verteilt sich die Menge auf der grossen Distanz, wo gesurft wird. Die Stadt, die 2011 von einem Erdbeben zerstört wurde. Es kommt einem vor, als wäre das Stadtzentrum dem Boden gleich gemacht worden. Nur wenige historische Gebäude sind stehengeblieben. Alles andere liegt brach, ist in Planung oder bereits willkürlich aus dem Boden gestampft worden. Die Katastrophe ist deutlich spürbar. Alejandro, Thomy und ich spazieren durch die Stadt und realisieren, wie schwer der Wiederaufbau sein mag. Irgendwie ist da kein Leben mehr. Still ist es hier. Ein asiatisches Paar, das sich anscheinend verlaufen hat oder einfach das Smartphone als Attraktion sieht. Die Zerstörung wirkt teilweise wie inszeniert, einfach da liegen gelassen als Touristenattraktion. Jungs, die sich ihre Fussgelenke beim Skaten zertrümmern, springen eine Treppe hinunter und landen selten auf dem Brett. Ein Foto von den Skater-Jungs. Wir laufen weiter. Die Idee, in solchen Katastrophengebieten als Zwischennutzung ein Einkaufszentrum aus Cargo-Containern zu errichten, kommt nicht von ungefähr. Später kommen wir tatsächlich an einem solchen vorbei. Es heisst ‹Re:START›. Wir sind froh, am nächsten Tag nach Castle Hill zu fahren. Ein Tal in den Southern Alps, wo Steine und Felsformationen wie vom Himmel gefallen da liegen. Prädestiniert für Boulderer und Kletterer, ein magischer Ort für all jene, die raue Natur mögen und keine Angst vor grossen Steinen haben. Castle Hill Auf dem Camping in Castle Hill lernen wir Hans kennen. Ein junger, starker Kletterer aus Deutschland, der sich eine Climb around the World Reise gönnt. Er kennt sich besser aus und wir lassen uns von ihm durch die Irrgärten von Steinen führen. Thomy ist ebenfalls dabei und als wir eines Morgens aufwachen, regnet es und wir fangen an, einen Song zu produzieren. Die Melodie kommt von Thomy, der auf seiner TenorUkulele spielt. Ein wenig Beatbox von Hans, eine Basslinie von mir und zusammen mit der Audienz (Ambiance?) dieses idyllischen Orts entsteht die passende Musik für einen kleinen Surffilm. Natürlich drehen wir ein paar Szenen mit Thomy und seiner Ukulele, als die Sonne hervorkommt und der Dampf durch den Wald zieht. Dieses Projekt ist jedoch noch pendent und braucht seine Zeit, bevor ich den Film veröffentliche. Bevor das unendliche Regenwetter kommt, gehen wir mit Hans zum Bouldern nach Flock Hill. Wir alle geniessen es so, dass wir kaum eine Pause machen und uns bald die Muskeln schmerzen. Doch Hans kennt kein Ende und zeigt uns zum Schluss den vielleicht coolsten Boulder, den ich je gesehen habe. Davon drehen wir ein Video, damit auch er ein kleines Andenken hat. Tja, Hans, der kanns. Kaikoura Nach einem ganzen Tag Surfen geht‘s weiter an einen Ort, wo Steine wie Elefanten auf der Wiese stehen. Es soll ein guter Ort zum Bouldern sein. Auf halber Strecke schauen wir uns die Moeraki Boulders an. Rundgeformte Felsen an einem Strand mit ca. 1000 Japanern, die stolz versuchen, mit einem Selfiestick ein Foto von sich, den anderen 999 Japanern und den Steinen zu machen. Ja, die haben definitiv eine neue Herausforderung der Fotografie entdeckt. Und meine Herausforderung ist ein Foto von den Steinen mit möglichst wenig Japanern. Bei Dunkelheit kommen wir bei den Elephant Rocks an und ich möchte die Felsfor- Die Castle Hills sind wegen des Regenwetters nicht mehr geniessbar. Wir brechen auf, zurück nach Christchurch. Eine Nacht im Airbnb, um alle Akkus aufzuladen, bequem zu schlafen und fein, ja ganz fein zu kochen. Am nächsten Morgen nach einem delikaten Frühstück geht die Reise weiter. Das Ziel ist Kaikoura. Wieder ein Ort, wo die Berge im Meer versinken, der Surf und die Wellen aber sehr gelungen sind. Mein Cousin surft noch nicht, also gehen wir die Seehunde besuchen. Dieses faule, süsse Haifischfutter, das sich an Land sonnt, wird relativ schnell langweilig, doch die Felsformationen, auf denen sie liegen, sind spannend, denn die sind uralt und sehen ge- fährlich aus. Naja, Surfen macht mehr Spass und da kommt alles zusammen. Seehunde, die einem jagen, die jedoch von Haifischen gejagt werden, und zum Schluss der Surfsession kommt der etwas schwierige und gefährliche Ausstieg an der Brandung, die aus Felsen und Steinen besteht. On the way back to Auckland Der Winter ist present und es wird uns langsam zu kalt hier im Süden. Zurück in Picton nehmen wir die überteuerte Fähre zurück auf die Nordinsel. Die Fähre schlängelt sich durch die wunderschönen Fiords und die Morgenstimmung ist sehr dramatisch… unsere Kameras glühen. Eine kleine Pause in Wellington und wir fahren weiter Richtung Rotorua: das Mountainbike-Paradies schlechthin, mit heissen Quellen, die nach Schwefel riechen. Wir mieten vollgefederte Mountainbikes und geniessen für ein paar Stunden die endlosen Trails durch die dicht verwachsenen Wälder. Wir lassen uns andere Attraktionen empfehlen und eine davon ist die Schweizer Bäckerei. Siehe da: «En Zürcher wo Ciabattabrötli bacht, feine Kafi chan er au no mache und lueg det… dä hät no e Beckerei Schuel!» Nach einem Spa in den heissen Quellen sind wir erholt und bereit, die Mission ‚How to Surf‘ anzugehen. Mount Maunganui sollte der perfekte Beachbreak sein, um Alejandro das Surfen beizubringen. Als wir am Abend ankommen, sehen die Wellen perfekt aus, um eine der schwierigsten Sportarten zu erlernen. Am nächsten Morgen ist das Meer fast so glatt wie ein Spiegel. Die grössten Wellen sind vielleicht 30cm gross oder klein. Alejandro wirkt auf jeden Fall schon nach der ersten Welle angefressen. Seine Augen leuchten nach jeder Welle mehr und mehr… Vielleicht ist mein Cousin schon bald im Lineup in Bali anzutreffen. Als mich ein Fisch in den Fuss beisst und ich aufspringe, wird die Angst vor hungrigen Fischen grösser als die Lust, noch eine Welle zu kriegen. So hat der Surf auch sein Ende. Hobbitton, das Dorf der Hobbits steht als nächstes auf dem Programm. Die Nacht verbringen wir auf dem Hobbitton Parkplatz. Wir wollen die Ersten sein, die am Morgen früh Bilbo Beutlin auf einen Kaffee besuchen, doch wir stellen fest, dass Hobbiton nur mit einer Führung besucht werden kann. Diese kostet so viel, wie wenn man alle Filme aus dem Auenland im Kino schauen und sich mit Popcorn vollstopfen würde, ein Vermögen. (Fortsetzung Seite 22) 22 JANUAR 2016 Ein romanisches Menu Wir trafen kurz vor dem «Ausbruch» der Bündner Jagd im Waldhaus ein. Der erste Gang führte selbstverständlich in den wunderbaren Lese-Salon, die altmodische Bibliothek, in der man sich fühlt wie eine Aladina im Wunderland. Zuoberst auf einem noch nicht wieder in die Schränke eingeräumten Bücherstoss lag verführerisch die «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für ihre Freunde» (Luchterhand). Herausgeber sind die WahlSenter Angelika Overath, die kürzlich den Bündner Literaturpreis bekam, und Manfred Koch. Der letzte Beitrag heisst «Suppe, Huhn und Zauberzahl. Ein romanisches Menü». Der Autor einer magischen Kocherei ist Leo Tuor (*1959), der Philosoph und Gemsjäger und Schriftsteller aus der Surselva. Seine Rezepte sucht er im «Cudisch de Cuchinar» mit einer Nadel… Es gibt, numerologisch aufgeladen, Suppa castrada aus Gerste und Bohnen, Cots barsai (gebratene Hähnchen) und Compot de tscharieschas verdas, ein Kompott aus grünen Kirschen. Iso Camartin (*1944) stiftet «Dunna Irmas Froschschenkel»: «Es war immer im späten Frühling und meistens an einem Freitag, wenn mein Vater beim Mittagessen auf die Idee kam, er wolle sich umsehen, ob er für den kommenden Freitag vielleicht Frösche besorgen könne. Man war katholisch (in Disentis), an Freitagen gab es mittags Fisch oder Mehlspeisen. Im Sommer ab und zu eine Forelle, im Winter meistens Sardinen oder Stockfisch…‚ ‹Scarun› – wie die rotfleischige Lachsforelle bei uns hiess – kam nur selten auf den Mittagstisch, und so war die Ankündigung von Froschschenkeln für den kommenden Freitag eine unerwartete echte Vorfreude. Damals waren die Frösche noch keine seltene und zum Fangen verbotene Tierart…». Ein Kochbuch braucht man im Waldhaus eigentlich so notwendig wie Sand in der Wüste, denn man wird legendär lukullisch bekocht von Kurt Röösli und seinem Team. Und wer seinem Hotelier Felix DietrichKienberger glaubt, der nimmt nicht einmal zu, wenn er «Halbpension» bucht. Wenn da nicht auch noch der Chef-Sommelier Oscar Comalli wäre, seit 20 Jahren Herr über rund 25 000 Flaschen – eine Entdeckung war der Pinot Noir von Thomas Studach, Malans. Zurück zur «Tafelrunde». Am nächsten Morgen trafen wir zufällig Angela Overath am Morgenbuffet, symbiotisch mit ihrem Ehemann Manfred Koch, der an der Universität Basel Literaturwissenschaft doziert. Sie recherchierte gerade eine «Gebrauchsanweisung fürs Engadin», die bei Piper erscheinen wird. Und sie steht unter Druck, denn demnächst fliegt sie für ein paar Wochen nach Istanbul. Beide freuen sich, dass der erste Roman ihrer Tochter Silvia, «Robbe schwimmt rückwärts», eben im Rotpunktverlag erschienen ist. Menschen im Hotel: Die Autorin Vicky Baum (1888–1960) fände im Waldhaus Jahrzehnte nach dem Erscheinen ihres Bestsellers von 1929 Material zuhauf. Gast war sie zwar, verbrieft, im Literatencafé Odeon in Zürich. Aber nicht im Waldhaus, nicht wie Theodor W. Adorno, Albert Einstein, Thomas Mann, Hermann Hesse, Donna Leon, Martin Mosebach und viele andere. Eindrücklich war auch die Begegnung mit Fritz Stern (*1926), dem amerikanischen StarHistoriker deutscher Herkunft. Seine Werke, die teils vor Jahrzehnten herauskamen, gelten heute noch als bahnbrechend, seine Ratschläge an die Politik – an die US-Regierungen ebenso wie an deutsche Staatsmänner (Staatsleute?) – einzigartig. Unvergessen der als Buch erschienene Dialog mit Alt-Bundeskanzler Schmidt, und sein jüngstes Werk, die Biographie «Fünf Deutschland und ein Leben» (C. H. Beck Verlag) rundet auch das wissenschaftliche Leben ab. Stern ist langjährigster Stammgast im Waldhaus. An der diesjährigen Summer School der Schweizerischen Studienstiftung thematisierte der emeritierte Professor der Columbia University New York zusammen mit Professor Norbert Frei, der an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena lehrt, «Die Demokratien des Westens im frühen 21. Jahrhundert». Vor Jahren erzählte Fritz Stern einem jüngeren Historiker-Kollegen in Zürich anlässlich einer Recherche in der ETH-Bibliothek launig von seinem Traumberuf: Briefträger in Sils hätte er werden wollen. Aber heute kutschiert der soignierte ältere Herr souverän seinen mit Zeitungen voll beladenen Rollator durch die Silser Hotelgänge. Sein Charisma schmälert dies nicht. Esther Scheidegger Zbinden, Zürich Meine Route führt direkt zum Surfspot Manu-Bay. Thomy scheint überrascht, wie bald ich von Auckland hierher gekommen bin. Ja, ich pass mich der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an. Ausser Ort ist diese 100 km/h, selbst wenn die Strasse sehr enge Kurven hat. Mit einem entsprechend sportlichen Auto kann man also sehr viel Spass haben in Neuseeland. Thomy und ich gehen surfen und treffen Joe im Line-up. Joe (GB) arbeitet seit sechs Monaten in Raglanin, einem coolen Kaffee, wie man es in Zürich als Szenenlokal be- re an der Hotelfachschule Thun beginnen. Das Küchenpraktikum absolvierte ich im Schweizerhof in St. Moritz und das Junior Management Praktikum im Badrutt’s Palace Hotel. Die Wochen und Monate waren ausgefüllt mit hartem Lernen, vielen Prüfungen und Herausforderungen. Aber mit riesiger Freude konnte ich mein Diplom in Empfang nehmen. Nach der Hotelfachschule Thun fragte mich der Personalchef vom Badrutt’s Palace Hotel an, ob ich während der Sommersaison bei ihm im Personalbüro arbeiten möchte. Da musste ich nicht lange überlegen, ich packte die Chance. Als der Sommer langsam zu Ende ging, kam die Entscheidung, zurück ins Unterland oder den Winter in St. Moritz verbringen. Ich blieb im Engadin und arbeitete als Gouvernante im Badrutt’s Palace Hotel. Doch langsam hatte ich Heimweh nach dem Unterland. Durch gute Freunde in Zürich bekam ich eine Stelle als Restaurant Supervisor im Hotel Four Points by Sheraton, Shilcity in Zürich. Nach einem Jahr erhielt ich die Möglichkeit, als Chef de Service in der Opernhaus Gastronomie in Zürich tätig zu sein. Ein solches Angebot liess ich mir nicht entgehen. Seit 11. August 2014 arbeite ich nun mit viel Freude und Motivation im Opernhaus. Im März 2015 wurde mir die Stelle als Restaurantleiterin angeboten. Nach kurzer Bedenkzeit nahm ich die grosse Herausforderung an. Ich trage nun die Verantwortung für das Restaurant Belcanto, das Bistro, das Bernhard Theater, die Pausengastronomie und die Durchführung von Banketten. Ich schreibe Arbeitspläne für die Festangestellten und koordiniere die Aushilfen, dass alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Betreuung der Lernenden, Reservationen annehmen, Abonnenten anschreiben, Abos ins Book a Table eintragen und noch ganz viele Tätigkeiten gehören dazu. Mein ganzer Stolz sind die Mitarbeiter. Die grossartige Zusammenarbeit gibt mir jeden Tag viel Freude und Kraft. Seit meiner Lehre als Gastronomiefachassistentin ist der Service immer noch die grösste Leidenschaft. Die Betreuung der Gäste, das Spiel zwischen den Weinen und den verschiedenen Speisen. Auch wurde ich in diesem Jahr vom Kanton Zürich für die Tätigkeit als Prüfungsexpertin in meinem Traumberuf gewählt. Herzlichen Dank an Familie Dietrich und das Waldhaus-Team. Reise ohne Ziel (Fortsetzung von Seite 21) Enttäuscht und etwas verärgert fahren wir nach Auckland, zurück in das Hostel, wo wir die Reise begonnen haben. Mad Max ist die Rettung des Tages und die Krönung der Ferien meines Cousins. Der Film hat uns umgehauen und wir laufen beide sprachlos durch Auckland, zurück ins Hostel. Am nächsten Tag bringe ich Alejandro zum Flughafen und verabschiede mich… Jetzt habe ich endlich den ganzen Platz für mich im Auto und meine Surfbretter werden den Platz von Alejandro einnehmen. Schon komisch, mit zwei Surfbrettern im Bett zu schlafen, aber auf jeden Fall schnarchen und furzen sie nicht. Nun bin ich alleine und mein innerer Kompass führt mich zurück nach Raglan, wo Thomy und Joe und die Wellen schon auf mich warten… 19.7. Raglan again schreiben würde. Der grosse Unterschied ist der Kaffee. Er ist einfach viel besser als in Zürich. Wie schon erwähnt, bin ich hell begeistert von der Kaffeekultur in Neuseeland. Jedes Kaffeelokal hat einen oder eine ausgebildete/r Barista hinter der Kaffeemaschine. Joe ist einer und macht mir am Morgen einen superfeinen Long black. Bei uns würde man einen Kaffee crème verstehen, doch in Neuseeland ist es ein Doppio Espresso mit etwas mehr Wasser oder auch als double shot Americano bekannt. Joe ist unsere gute Fee, ja, er hat sogar blonde Locken, singt wie ein nicht bekiffter Milky Chance und spielt die Gitarre, als wäre er mit Liebeskummer geboren. Er gibt uns immer wieder eine Schlaf- oder Parkmöglichkeit und stellt uns seine Arbeitskollegin vor, die froh ist, wenn jemand mit ihrem Hund spazieren geht. Arlo ist ein junger, verspielter Knuddelmuddel … und der Spaziergang am Beach ist einfach nur lustig. Dieser Hund ist der Frauenmagnet schlechthin, was Thomy sehr gefällt. Ich hingegen versuche eine etwas ältere Frau abzuschütteln, die sich offensichtlich zu fest für mich interessiert und mit mir über Kunst und alles, was mich interessieren könnte, plaudert, ja, eine Plaudertante. Glücklicherweise kann ich ihr nett erklären, dass ich den richtigen Moment erwischen muss, um das Licht einzufangen und von Arlo ein paar Schnappschüsse zu machen… phuuu, da bin ich nochmal davon gekommen. Aus Platzgründen etwas redigiert. Martina machts Am 26. Juli 2004 begann ich meine Lehre als Gastronomiefachassistentin im Waldhaus Sils. Ich durchlief fast alle Abteilungen mit viel Freude und grosser Motivation. Von der Hauswirtschaft, Zimmer putzen, Aufgaben als Portier, Economat mit Frühstücksbuffet, Käseplatten, Butterblümchen und vieles mehr. Das Arbeiten in der Bar, Cocktails zubereiten, Gästebetreuung in der Lobby, einzigartig. Der Service im Restaurant war etwas ganz Besonderes und Spannendes. Da lernte ich die verschiedenen Speisen mit Wein zu kombinieren. Ich durfte mit wunderbaren Mitarbeitern aus verschiedenen Nationen zusammenarbeiten. Das begeisterte mich jeden Tag und es ergaben sich Freundschaften fürs ganze Leben. Nach drei Jahren Lehre und einem weiteren Sommer und noch einem Winter im Waldhaus war es für mich Zeit, etwas Neues kennen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Ich freute mich auf eine neue Arbeitsstelle im The Dolder Grand in Zürich. Im Garden Restaurant konnte ich das Gelernte einsetzen und meine Berufskenntnisse erweitern. Am 1. Oktober 2009 erfüllte sich mein Traum. Ich durfte die Ausbildung als Hoteliè- Martina Pfister kommt aus Obererlinsbach im Aargau. Mit siebzehn kam sie zu uns. Und sie bleibt nicht stehen. JANUAR 2016 23 Neuer Wein in alten Mauern Samuel Graber aus dem Restaurant zum Löwen in Messen (Solothurn) war 2004–2007 zur Kochlehre im Waldhaus. Der denkmalgeschützte und quicklebendige «Löwen» ist seit fast 200 Jahren in Familienhand. Zuerst als Zimmerei mit etwas Landwirtschaft, später und bald einmal als Schenke und Gasthof. Jetzt ist auch Samuel wieder dort – aber nicht als Wirt (das macht der Bruder), sondern mit einem ganz neuen Projekt für den Familienbetrieb. Samuel schrieb uns im Herbst: Wir hatten letzten Montag 21. September einen wunderschönen Tag, denn wir sind (die ganze Familie) nach Ligerz an den Bielersee unsere ersten Trauben ernten. Die Trauben waren in einem sehr schönen Zustand und es hatte fast keine faulen Beeren. Wir ernteten den ganzen Morgen und konnten so 420 kg Pinot Noir Trauben nach Messen bringen. Durch den heissen Sommer hatte das Traubengut einen Oechslegehalt von 97°, das ergibt einen Alkoholgehalt von ca. 13% Vol. Ich und meine Partnerin sind somit sehr zufrieden. Und die az nordwestschweiz/ Solothurner Zeitung vom 15.8.2015 liefert den Kontext (Urs Byland): In Messen macht sich Wirtesohn Samuel Graber auf ein zusätzliches Standbein dem Restaurant zum Löwen zu sichern. Auf Landwirtschaftsland der Familie entsteht ein Rebberg mit 23 Aren. Im Frühling 2016 wird angepflanzt. Der Hag-Acker, der künftige Rebberg, kam im Laufe der letzten Güterzusammenlegung in den Besitz der Familie und liegt in der Landwirtschaftszone. Samuel Grabers Vorfahren bewiesen bereits eine Leidenschaft für die Rebe oder den Wein. Der Urgrossvater Ernst Schori nutzte als Letzter den HagAcker mit einer Apfelplantage und züchtete Madoussou Cherif und ihr Partner Samuel Graber. (Bild: Hans Ulrich Muelchi) nebenbei Bienen. Der Urgrossvater hatte schon einen Bezug zur Weinproduktion. «In den Kellern des Restaurants verwandelte er Most aus dem Waadtland in Wein», berichtet Samuel Graber. Seine Grossmutter Elisabeth Graber pflanzte kurzerhand einige Chasselas-Trauben. Und sein Vater Andreas hatte die Idee, am Hang Reben anzupflanzen. «Er reichte früher schon ein Gesuch ein, auf dem Hag-Acker Reben zu pflanzen. Weil aber das Restaurant als Gewerbe- und nicht als Landwirtschaftsbetrieb galt, erhielt er die Bewilligungen nicht.» Traumhafte Kombination «Es ist mein grosser Traum, dass wir unser Land wieder nutzen können», sagt Samuel Graber. Nur wie. Das Landstück ist eher klein und war bisher mit Obstbäumen bestückt. Von seinem Vater liess sich Samuel Graber für den Rebbau begeistern. In Kombination mit dem Restaurant schien die Weinproduktion Potenzial zu haben. «Wir kochen sehr regional. Da passt ein eigener Wein bestens.» Damit der Plan funktioniert und das Projekt eines Rebberges eine Chance haben soll, absolvierte der gelernte Koch eine dreijährige Ausbildung zum Winzer. Das war Vorgabe des Kantons und ein Teil des Puzzles, den Hag-Acker in einen Rebberg zu verwandeln. Als Fachmann mit Landwirtschaftsbetrieb darf er nun Reben auf dem Hag-Acker anpflanzen. «Inzwischen habe ich alle Bewilligungen vom Kanton. Die Weinproduktion wird als landwirtschaftlicher Nebenerwerb anerkannt.» Als landwirtschaftlicher Betrieb gilt das von seinen Eltern vor drei Jahren erworbene Gebäude, ein 1844 erbautes Weinhaus mit einer Weinhandlung, das im Dorf steht. Dieses ist mit vier Gewölbekellern, die miteinander verbunden sind, ausgestattet. «Dort im Weinhaus wollen wir die Trauben verarbeiten und Wein herstellen.» Gemeinsam mit der Partnerin Der 29-jährige Samuel Graber hat auch eine Rebbaufläche von rund zehn Aren Quadratmetern in Ligerz gepachtet. Seit einem Jahr bewirtschaftet er diese und bald kann er dort seine ersten Trauben (Pinot Noir) ernten. «Ein älteres Ehepaar, das oft bei uns im Gasthof speiste, wollte die Arbeit altershalber abgeben und hat mich angefragt.» Die Trauben von Ligerz will er in seinem Weinhaus verarbeiten. Mit seiner Partnerin Madoussou Cherif hat er auch im Rebberg eine grosse Unterstützung, die ihm bei der Arbeit hilft. Nächsten Frühling werden die 1600 Rebstöcke gepflanzt. Der grösste Teil ist ebenfalls die Traubensorte Pinot Noir, ein kleinerer Teil soll die Neuzüchtung Gamaret sein. Pro Rebstock rechnet Graber mit einer Flasche Wein Ertrag. «Ich will eher weniger Ertrag machen, dafür von besserer Qualität.» Weitere Rebflächen in Aussicht Wer Interesse hat, kann eine Rebstockpatenschaft, die über fünf Jahre läuft, erwerben. Es locken verschiedene Anlässe und die Aussicht, den Rebstock von der Pflanzung bis zum Ertrag mitzuverfolgen. Die Idee kam Samuel Graber, als er seinem 2013 geborenen Göttikind 16 Rebstöcke pflanzte, damit dieser an seinem 16. Geburtstag seine erste Flasche Wein von seinen Trauben erhalten wird. Graber will Patenschaften weiteren Interessierten anbieten. Ein Verlustgeschäft soll die Winzerei nicht werden. «Im Gegenteil, es ist ein Nebenerwerb für mich und meine Partnerin.» Bereits hat er weiteres Land in Aussicht. Von einem Nachbarn könnte er nochmals 3000 Quadratmeter dazupachten. Und auch am Bielersee lockt ebenfalls eine zusätzliche Pacht. www.loewen-messen.ch «Der Film»: eine Nachlese Erfolgreicher EMBA an der EHL «Sils Maria», bzw. «Die Wolken von Sils Maria» (2014/ gedreht 2013): Wir kennen mehr als einen Waldhausgast und mehr als einen Freund, dem es Olivier Assayas’ raffinierter Film mit dem genialen Titel D nicht leicht gemacht hat. Le Monde (20.8.2014), die New York Times (9.4.2015) und der New Yorker waren allerdings sehr angetan. Hier als kleiner Rückblick eine Kurzkritik aus der NZZ anlässlich des Erscheinens der DVD (inzwischen, als englische Originalversion oder auf Deutsch, auch im Waldhausbüro zu kaufen): Da denkt man eigentlich nicht ans Waldhaus. Und doch: Die hotel revue htr vom 16.9.2015 meldet: Beziehungsdrama Die Krise einer Diva von Hay. NZZ vom 22.9.2015 Olivier Assayas’ Film «Die Wolken von Sils Maria» spürt der diffizilen Beziehung einer alternden Schauspielerin (Juliette Binoche) zu ihrer Assistentin (Kristen Stewart) nach. Fast zwei Stunden wohnen wir den Dialogen zwischen einer alternden Schauspielerin und ihrer Assistentin über ein Theaterstück namens «Malojaschlange» mit grösster Aufmerksamkeit bei. Dass beim Zuschauer keine Langeweile aufkommt, verdankt sich zum einen dem sogartigen Spiel der beiden Hauptakteurinnen Juliette Binoche und Kristen Stewart, zum anderen der so dichten wie virtuosen Komposition, die Olivier Assayas in seinem just auf DVD erschienenen Werk «Die Wolken von Sils Maria» gelungen ist. Wir befinden uns im graubündnerischen Gebirge, wo die Leinwandkönigin Maria En- ders durch das Reden über ihre einstige Glanzrolle in dem besagten Bühnenstück in eine Identitätskrise gerät. Wie sich der herbstliche Nebel über den Alpen ausbreitet, so überlagert die Fiktion allmählich die Realität. Die Geschichte, die von weiblicher Verführung zwischen Jung und Alt erzählt und nun um eine Fortsetzung ergänzt werden soll, spiegelt die inneren Selbstzweifel einer in die Jahre gekommenen Grande Dame des Kinos. Indem der Regisseur die Landschaft mit Barockmusik kontrastiert, findet er dabei eine überzeugende Formsprache für den in Enders ausgetragenen Konflikt zwischen Natur und Kultur – eine graziöse Parabel auf Showbusiness, Kunst und die Condition humaine. Und, ja: Critics for the New York Times select their favorites from 2015 («Standing out in a crowd», 12.12.2015 in der internationalen Ausgabe). KRISTEN STEWART, «Clouds of Sils Maria». She was a strong complement to Julianne Moore in “Still Alice”, but here, Ms. Stewart manages to be even more emotionally intelligent running lines with Juliette Binoche. No young actor (she’s 25) is growing with this kind of sensual intensity. With age comes restraint, guile and variation. Her instincts have always been sharp. But now she would make the Swiss Army nervous: That sharpness comes in a variety of blades. 26 Absolventinnen und Absolventen der Ecole Hôtelière de Lausanne erhielten Anfang September ihr Executive MBA-Diplom in Hospitality Administration. Fünf davon wurden zusätzlich für hervorragende Leistungen ausgezeichnet – einer davon, Ruedi Göldi aus Zürich, erhielt die Bestnote für sein «Capstone-Projekt» über das Hotel Waldhaus in Sils-Maria. Der EMBA-Lehrgang an der Ecole Hôteliere de Lausanne ist traditionell international ausgerichtet. Entsprechend waren unter den 26 Absolventinnen und Absolventen 16 Nationen vertreten. Die Besten erhielten ausserdem prestige-trächtige Auszeichnungen. Die beste Abschlussnote erreichte Wei Kai Low, die zweitbeste Studentin war Chloé Perrin-Mcgaw, Egor Kisenko machte den drittbesten Abschluss. Die beste Note im Finanzwesen hatte Yi Ren. Das beste «Capstone-Projekt» hatte Ruedi Göldi abgegeben – dieses drehte sich um das Hotel Waldhaus in Sils-Maria. «The New Waldhaus Spa – a Strategic Investment» war eine Umsetzungsstudie im Auftrag des Fünf-Sterne-Hauses. Für sein «herausragendes Engagement» erhielt er die Bestnote, erläutert die EHL. Der 38-jährige Zürcher hatte vor seinem EMBAStudium als Portfolio Manager gearbeitet. Die Preise für die EMBA-Diplomverleihung der EHL wurden dieses Jahr von Baume & Mercier, Citizen M Hotels, Edmond de Rothschild Suisse, RHI Hotels & Resorts, Hotela, Hyatt International und der Jumeirah Group gesponsert. Die besten EMBA-Absolventen in Hospitality Administration der EHL: Egor Kisenko, Chloé Perrin-Macgaw, Wei Kai Low, Ruedi Göldi. (Bild: zvg) Die EHL, die berühmte Ecole Hôtelière de Lausanne, ist auch die Alma Mater von Claudio Dietrich und seinem Vater Felix Dietrich. «Capstone Projects» geben den EHL-Studenten, die sich auf einen Executive MBA vorbereiten, die Chance, als MBA-Arbeit ein Problem, eine Aufgabe aus der wirklichen Welt zu bearbeiten und das Können und Wissen, das sie im Studium erwerben, schon konkret und praktisch anzuwenden. Das hat Ruedi Göldi exemplarisch getan, in engem Kontakt mit uns und seinen Professoren in Lausanne. 24 JANUAR 2016 Drei Tage mit Elias Canetti Helen Stark-Towlson, Bern «SRF2 Kultur»-Seminarteilnehmerin Erster Tag Der Zug fährt und fährt. Ich lehne mich zurück, den Blick gespannt auf eine immer wilder, gigantischer werdende Berglandschaft gerichtet. Die Durchsage vom UNESCO Weltkulturerbe der Albula- und Berninalinie wird im Wagen laut. Alle Reisenden rennen an die Fenster, fotografieren pausenlos. Ob Canetti diese berühmte Strecke gekannt hat? Wie hätte er sie beschrieben? frage ich mich, während um mich herum endlos geknipst wird. Hätte der Autor sie tatsächlich beschrieben? Hätte er sie nicht vielmehr als Symbol wahrgenommen? Als Übergang in eine andere Welt ? Fragen, denke ich, die vielleicht noch heute im Canetti-Seminar zur Sprache kommen. Dr. Arthur Godel, der kompetente Leiter, wird unseren Kurs in das Leben und Werk des berühmten Autors einführen und uns mit dem ersten Band seiner Kindheits- und Jugenderinnerungen – «Die gerettete Zunge» – bekannt machen. Ich freue mich sehr darauf, wobei das Wort nicht ganz zutrifft. Etwas fehlt. Es fehlt noch die Essenz namens Waldhaus, ohne die der Kurs nicht denkbar wäre. Hotel Waldhaus! Klingt märchenhaft. Weckt Bilder von Grosszügigkeit, von Herzlichkeit, von Geborgenheit, Wärme und Schutz. Der Empfang ist – wie immer – sehr persönlich. Auf dem Tisch im hübschen Zimmer liegt neben dem Früchteteller eine Willkommenskarte mit den Wünschen des Direktors, Patrick Dietrich, mein Aufenthalt im Waldhaus möge interessant und erfolgreich sein. In welchem Hotel wird der Gast heute noch so empfangen? In der Bar findet anschliessend der Begrüssungsapéro statt. Ein Gedächtnis für fünfundzwanzig Namen müsste man haben, denke ich, während ich fünfundzwanzig Hände schüttle und fünfundzwanzig Mal meinen Namen nenne. Wahrlich, der Kurs ist gefragt! Und besetzt! Und Elias Canetti? Noch schweigt er. – dass er 1905 im bulgarischen Rustschuk als Sohn einer spanisch-jüdischen Familie geboren wurde. – dass er 1911 mit der Familie nach Manchester zog, wo der Vater ein Jahr später überraschend starb. – dass Canetti mit seiner Mutter und den zwei jüngeren Brüdern zunächst nach Wien umzog und auf dem Weg dahin zum ersten Mal Zürich sah, die Stadt, die später zum Paradies seiner Jugend werden sollte. – dass 1916–1920 Canettis Mutter an der Scheuchzerstrasse in Zürich eine Wohnung für die Familie fand und Canetti danach in Zürich allein zurückblieb, um das Gymnasium zu beenden, danach in Frankfurt, anschliessend in Wien lebte, bevor er 1938 nach London floh, wo er dreissig Jahre verbrachte. – dass 1963 Canettis Frau Veza starb und er 1971 die Restauratorin Hera Buschor heiratete. stillt. Sie ist es aber auch, die ihren ältesten Sohn massregelt, immer wieder korrigiert, ermahnt und zu einem Gehorsam zwingt, der die mütterliche Wärme vermissen lässt. «Den Terror, in dem ich lebte, hielt sie für pädagogisch», äussert sich Canetti einmal über sie. Dennoch bewundert er ihre Haltung und ihre Ansichten, auch als er älter und kritischer wird. Seine Liebe zu ihr ist ambivalent. Einmal manifestiert sie sich in seiner rührenden Fürsorge während ihrer Krankheit, das andere Mal weigert er sich, ihren Erwartungen im Deutschunterricht zu entsprechen. Ein anstrengendes Hin und Her der Gefühle, das seine psychischen Kräfte herausfordert und oft über Gebühr strapaziert. Was sich in Canetti mehr und mehr entwickelt, ist sein beispielloser Hass auf den Tod – seine Antwort auf das frühe Ableben des Vaters. Wo immer er dem Tod begegnet, reagiert er distanziert, als wollte er Canetti-Tage! Waldhaus-Tage! Eine gedankenreiche, anregende Zeit, herausgefordert von Ideen und Ansichten eines grossen Künstlers, glücklich über eine lebendige, herzliche Kurs-Gemeinschaft, dankbar für die Aufzeichnung von Canetti: «Wozu erinnerst du dich? Lebe jetzt! Lebe jetzt! Aber ich erinnere mich doch nur, um jetzt zu leben.» Helen Stark-Towlson im Waldhaus im September 2015 (beileibe nicht zum ersten Mal) zu einer von Dr. Arthur Godel geleiteten dreitägigen Leserunde für Mitglieder des SRF Kulturclubs rund um den faszinierenden ersten Band von Elias Canettis Lebenserinnerungen. Hundertzweiundzwanzig Tage mit Elias Canetti Wir erinnern uns noch gern an den sympathischen und geschätzten Gast, der uns in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren immer wieder besuchte, mit seiner Frau und nach ihrem Tod auch noch ganz allein: Elias Canetti (1895–1986) aus Suresnes bei Paris, geboren in Rustchuk. «Oh ja, Sie haben von ihm gehört?», sagte er uns. «Ja, er ist mein Cousin.» Arthur Godels Leserunden für den SRFKulturclub haben dank dem belesenen und eloquenten Musik- und Literaturwissenschaftler, dem ehemaligen langjährigen Programmleiter von Radio SRF2, schon lange einen festen und oft ausgebuchten Platz im Waldhausprogramm. In ihrem dreizehnten Jahr sind die Leserunden für den Herbst 2016 auf den 21.– 24.9./ 26.–29.9./ 2.–5.10./ 6.–9.10./ 11.–14.10. angesetzt. Diesmal stehen Robert Walser, Tschechow und Alice Munro auf der Agenda. Ausgeschrieben werden die Seminare im Spätwinter: srf.ch/ radio-srf-2-kultur/srf-kulturclub, bzw. SRF Kulturclub, Postfach, 4002 Basel. Zweiter Tag An Schlaf ist hier in der ersten Nacht nicht zu denken. Zu viele Eindrücke mischen sich in die nächtliche Stille. Und der Wind tut das Seine dazu. Er schüttelt die Lärchen hinter dem Haus, pfeift Geschichten ins Zimmer und spielt sein Spiel mit Vorhang und Fensterladen. Die Frühstückskellner tragen keine Hosenträger mehr, diese farbig bestickten, lustigen Wunder, stelle ich fest, als ich im Speisesaal das Angebot feinster Morgenherrlichkeiten überblicke. Sie tragen neuerdings modische Jacken, die ihnen gut stehen, mit der Eigenwilligkeit der früheren Hosenträger aber nicht Schritt halten können. Um halb zehn ist es so weit. Im Kursraum, in dessen Mitte jedes Jahr ein prächtiger Blumenstrauss überrascht, sitzen alle Kursteilnehmer/innen im Kreis beisammen. Das Canetti-Seminar kann beginnen. Gleich stellt sich die Frage des gegenseitigen Kennenlernens. Dr. Arthur Godel findet jedes Jahr eine zündende Idee. Diesmal schlägt er vor, uns auf eine kleine Episode mit einem früheren Lehrer zu besinnen. Es wird gelacht. Erinnerungen werden wach, mehr oder weniger angenehme. Nach fast einer Stunde wissen alle etwas Pikantes oder Aufregendes zu berichten. Nur von Elias Canetti wissen wir nichts. Noch nichts. Doch bald lernen wir das Gerüst seines Lebens kennen: Kolorierte Zeichnung: Ruth Bauer – dass Canetti dem Stadtpräsidenten Thomas Wagner im Jahr 1988 einen Brief schrieb, in dem steht, es sei sein tiefer Wunsch, seine Tage in Zürich zu beschliessen, der Stadt, die er seit seiner Kindheit liebe. – dass Canetti 1994 starb und auf dem Friedhof Fluntern neben dem Grab von James Joyce begraben wurde. Dritter Tag Ein Föhnsturm wütet über Sils-Maria, wie ich noch keinen erlebt habe. Er schüttelt die ganze Natur, verfärbt die Luft, saust ums Hotel, raubt den wenigen Fussgängern draussen Sicherheit und Atem und verleiht ihnen das verrückte Gefühl des Davonfliegens. Wie schön, in unserem Kursraum zu bleiben und in das Leben Canettis einzutauchen, dem wissbegierigen, hochsensiblen Kind zu begegnen, das, erst siebenjährig, schon den Tod des Vaters erleben muss und von da an unter dem starken Einfluss der Mutter zum Jungen heranwächst. Die Mutter ist es, die dem Sohn den Weg in die Literatur weist, ihm die deutsche Sprache beibringt und seinen unersättlichen Bildungshunger ihn totschweigen, nicht wahrhaben, ihn aus der Welt schaffen. Er hätte gerne ein Buch über den Tod geschrieben, doch kam es nie zustande. Das Thema sass zu tief, als dass es das Licht der Öffentlichkeit ertragen hätte. Im Jahr 1960 erscheint «Masse und Macht», Canettis wichtigstes, anspruchsvollstes Buch, das mit der Behauptung beginnt: «Nichts fürchtet der Mensch mehr als die Berührung durch Unbekanntes» und im Kurs spannende Diskussionen auslöst. 1967 erscheint «Die Stimmen von Marrakesch», eine Sammlung von Erinnerungen an eine Reise, die Canetti 1950 unternimmt. Das Jahr 1981 schliesslich ist das Jahr, da Canetti der Nobelpreis für Literatur verliehen wird. Eine Auszeichnung für sein schriftstellerisches Werk, «geprägt von Weitblick, Ideenreichtum und künstlerischer Kraft», so die Laudatio. Ein Ereignis, das Canetti zum Anlass nimmt, in seiner Ansprache den Satz zu wagen: «Wenn es ginge, würde ich den Tod abschaffen.» Heute – ein paar Wochen später und wieder in Bern – blicke ich auf drei ausserordentliche Tage zurück. Eigentlich sehen wir es im Waldhaus nicht so gern, wenn sich jemand aufs hohe Ross setzt. Und doch haben wir uns sehr gefreut, als Valeria Walther am 1. August 2015 bei einem der Wettbewerbe des 20. St. Moritzer SommerConcours den ersten Preis gewann. Die junge Engadinerin, aufgewachsen in dem Hotel in Pontresina, das bereits ihren Namen trägt, ist im dritten und letzten Jahr ihrer Lehre als Kauffrau im Waldhaus.
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