Vergabe von Planungsleistungen

Rundschreiben zum Kommunalen Auftragswesen im Land Brandenburg vom 17. März 2011; Gesch.Z.:
III/1-313-35/2011 (Stand: 23. September 2015)
Anhang Nr. 15
Kommunales Auftragswesen – Vergabe von Planungsleistungen
Ein gegenwärtiges EU-Pilotverfahren im Zusammenhang mit der Vergabe von Planungsleistungen,
wobei noch unklar ist, ob die EU Kommission bei dessen Abschluss ein förmliches EUVertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einleiten wird, gibt Veranlassung,
nochmals grundsätzliche Hinweise für die Vergabe von Planungsleistungen zu geben.
1.
Grundsätzliches
Planungsleistungen zählen zu den freiberuflichen Leistungen, da sie in der Regel vorab nicht eindeutig
und erschöpfend beschrieben werden können.
Die Vergabe freiberuflicher Leistungen muss in einem transparenten, diskriminierungsfreien und auf
Gleichbehandlung ausgerichteten Verfahren erfolgen.
(a)
Sofern die EU-Schwellenwerte erreicht bzw. überschritten werden, sind Aufträge über freiberufliche Leistungen, hier Planungsleistungen, gemäß § 3 Abs. 1 VOF grundsätzlich im Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme (EU-weiter Teilnahmewettbewerb) zu
vergeben.
Verhandlungsverfahren sind solche Verfahren, bei denen der Auftraggeber ausgewählte Personen anspricht, um mit ihnen über die Auftragsbedingungen, wie zum Beispiel Einzelheiten des zu vergebenden
Auftrags und die Preise, zu verhandeln.
Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb kommt nur aus den in § 3 Abs. 4 VOF abschließend aufgezählten Gründen in Betracht, wobei die einzelnen Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind.
(b)
Die Vergabe von Planungsleistungen unterliegt unterhalb der EU-Schwellenwerte weder der
VOF noch der VOL/A (§ 1 Satz 2 Nr. 2 VOL/A). Hier gilt für die Kommunen des Landes Brandenburg
das Haushaltsrecht, § 30 Abs. 1 KomHKV (siehe auch Pkt. 3).
2.
Vergabe von Planungsleistungen oberhalb von Schwellenwerten
Liegt der geschätzte Auftragswert oberhalb des EU-Schwellenwerts ist die VOF zwingend anzuwenden.
Wird ein Planungsauftrag direkt vergeben, führt das ggfs. zur Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages gemäß § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB.
Auch nach Ablauf der in § 101 b Abs. 2 GWB genannten Fristen erlangen europarechtswidrig abgeschlossene Verträge keine Bestandskraft, sondern können Gegenstand eines EU-Pilotverfahrens oder
eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens werden, mit der möglichen Folge, dass sie zu kündigen sind.
In welchem Umfang die VOF anzuwenden ist, bestimmt sich nach der Art der Dienstleistung entsprechend des Anhangs Teil A bzw. B zur VgV. Beispielsweise werden Architektenleistungen und gleichge-
lagerte Planungsleistungen vom Anhang 1 Teil A erfasst. Daher sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 VgV alle
Bestimmungen der VOF im Rahmen des Vergabeverfahrens anzuwenden.
Zur Entscheidung, nach welchem Vergabeverfahren die entsprechende Leistung vergeben werden
kann, ist es daher unabdingbar, den Auftragswert gewissenhaft und sachgerecht zu ermitteln, so dass
die Schätzung objektiv nachvollziehbar und plausibel ist.
Auftragswert im Sinne der VOF ist die geschätzte Gesamtvergütung, wobei auch alle Optionen oder
etwaige Vertragsverlängerungen (§ 3 VgV) zu berücksichtigen sind.
Bei der Berechnung des Auftragswertes im Bereich der VOF ist zu beachten, dass stets der geschätzte
Gesamtauftragswert „derselben freiberuflichen Leistung“ zugrunde zu legen ist.
Da sich die geschätzte Gesamtvergütung bei der Vergabe von Planungsleistungen grundsätzlich nach
der HOAI bestimmt, ist dann von „derselben freiberuflichen Leistung auszugehen“, wenn sie von
einem Leistungsbild der HOAI erfasst wird. Dies bedeutet, dass es sich nicht mehr um „dieselbe
freiberufliche Leistung“ handelt, wenn Leistungen von unterschiedlichen Leistungsbildern (z.B.
Gebäudeplanung, Tragwerksplanung, Planung der technischen Ausrüstung usw.) der HOAI erfasst
sind.
Daher ist bei der Frage, was der Auftragsgegenstand ist, auf den funktionalen Zusammenhang abzustellen.
Die Aufteilung der Aufträge derselben freiberuflichen Leistung auf verschiedene Auftragnehmer zu
dem Zweck, den EU-Schwellenwert zu unterschreiten, ist unzulässig. Daher muss der Auftragswert,
soweit die zu vergebende Leistung in mehrere Teilaufträge derselben freiberuflichen Leistung aufgeteilt wird, bei der Berechnung des geschätzten Gesamtwertes grundsätzlich addiert werden (§ 3 Abs.
7 Satz 3 VgV).
Die Option der Aufteilung innerhalb eines Leistungsbildes ist in der Vergabedokumentation in jedem Fall
zu begründen.
Gemäß dem Aufteilungsverbot nach § 3 Abs. 2 VgV ist es somit auch unzulässig, an denselben Auftragnehmer zunächst nur einen Teil der zu beauftragenden Leistungen zu vergeben und ihm später
weitere Teilaufträge zu erteilen, um auf diese Weise den Gesamtauftrag in Teillose zu stückeln, die
einzeln betrachtet unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen.
Demgegenüber sind Auftragswerte nicht zu addieren, wenn verschiedene freiberufliche Leistungen
an verschiedene Auftragsnehmer vergeben werden.
Sollen dagegen verschiedene freiberufliche Leistungen an nur einen Auftragnehmer vergeben
werden, so ist der Wert der einzelnen Teilaufträge wieder zu addieren, da die VOF auf den Auftrag und
nicht auf den Auftragnehmer abstellt.
Achtung!
In Fällen, bei denen die Entscheidung, ob weitergeplant wird, vom Ergebnis der zunächst in Auftrag
gegebenen Planung abhängt, gilt Folgendes zu beachten:
Für den ersten Planungsteil (Vorplanung), dessen Auftragswert für sich betrachtet den EUSchwellenwert meist nicht erreicht, ist kein förmliches VOF-Verfahren durchzuführen.
Wird jedoch die Planung weiterverfolgt, müssen die Grundsätze der Vergabe von Planungsaufträgen
beachtet werden.
Überschreitet der aktualisierte „Restauftragswert“ den EU-Schwellenwert, so ist für die Vergabe dieses
Auftrages ein Vergabeverfahren gemäß den Regelungen der VOF durchzuführen.
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3.
Vergabe von Planungsleistungen unterhalb von Schwellenwerten 1
Gemäß geltendem Haushaltsrecht im Land Brandenburg erlangt § 30 Abs. 1 KomHKV für die Vergabe
von Planungsleistungen unmittelbare Bedeutung.
Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit sowie das Gebot der öffentlichen Ausschreibung.
Gemäß § 30 Abs. 1 KomHKV muss der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
Die Vergabe von Planungsleistungen unterhalb der Schwellenwerte darf somit grundsätzlich erst nach
öffentlicher Ausschreibung erfolgen.
Eine öffentliche Ausschreibung in diesem Zusammenhang liegt dann vor, wenn einem nicht begrenzten
Adressatenkreis die Vergabeabsicht in geeigneter Form bekannt gemacht wird.
So kann es bei der Vergabe von Planungsleistungen ausreichend sein, lediglich die Absicht der Vergabe mit Mindestangaben im geeigneten Medium bekannt zu geben, um der öffentlichen Ausschreibung in
diesem Sinne nachzukommen.
Um einer Vielzahl von Bewerbungen mit unterschiedlichen qualitativen Inhalten als Ergebnis einer Bekanntmachung der bloßen Vergabeabsicht, die nur das Mindestmaß an Angaben enthält, zuvorzukommen, wird empfohlen, bereits in der Ausschreibung die Aufgabenbeschreibung so weit wie möglich hinreichend konkret, wenn auch nicht eindeutig und erschöpfend möglich, zu beschreiben und ggfs. die
Wertungskriterien bzw. die Zusammensetzung der Wertungspauschalen zu benennen. Das bedeutet, je
konkreter die Ausschreibung formuliert ist, desto eingeschränkter wird der Bewerberkreis sein.
Auf eine öffentliche Ausschreibung – Bekanntmachung der Vergabeabsicht – kann gemäß § 30 Abs. 1
Satz 2 KomHKV verzichtet werden, wenn die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine
Ausnahme rechtfertigen.
Eine solche Ausnahme und damit die Möglichkeit für eine freihändige Vergabe ist immer dann gegeben, wenn gemäß § 3 Abs. 4 VOF für Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte eine Auftragsvergabe
ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb zulässig ist.
Darüber hinaus kann auch von einer öffentlichen Ausschreibung – Bekanntmachung der Vergabeabsicht – abgesehen werden, wenn der geschätzte Auftragswert die Wertgrenze von 100 000 Euro nicht
überschreitet.
Siehe auch Rundschreiben zum Kommunalen Auftragswesen im Land Brandenburg vom 17. März 2011, Anhang 13 (Stand
30.September 2014)
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