Aufgezogen und geschlachtet in und außerhalb der EU

ZWISCHENRUF
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Dr. Annette Rexroth
Aufgezogen und geschlachtet
in und außerhalb der EU
Neues zur Fleischkennzeichnung
Foto: © iStock.com/Stephan Zabel
Seit 1. April 2015 – und das ist kein Aprilscherz! – muss
bei frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine-,
Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch – ähnlich wie bei
Rindfleisch – verbindlich erkennbar sein, aus welchem
Land das Fleisch stammt („Aufgezogen in: (Name des
Mitgliedstaates oder Drittlandes)“. Das fordert die neue
Durchführungsverordnung (EU) Nummer 1337/2013
(ABl. L 335 vom 14. Dezember 2015, S. 19).
Da viele Schlachttiere zwar auf ein kurzes, aber bewegtes Leben zurückblicken, gestalten sich die Regelungen
im Einzelnen als komplex.
Für die Angabe des Herkunftslandes ist je nach Tierart
das Schlachtalter, bei Schweinen zusätzlich das vor der
Schlachtung erreichte Lebendgewicht sowie die Dauer
der letzten Aufzuchtphase maßgebend. Werden die angegebenen Kriterien in keinem der Länder, in denen das
Tier aufgezogen wurde, erfüllt, so muss hilfsweise die
Angabe „Aufgezogen in mehreren Mitgliedstaaten der
EU“ oder „Aufgezogen in mehreren Nicht-EU-Ländern“
erfolgen. Die entsprechenden Länder können auch explizit aufgezählt werden, wenn der Unternehmer die Aufzucht hinreichend nachweist.
Anders als bei Rindfleisch ist die Angabe des Geburtsorts der Tiere nicht vorgeschrieben – jedoch die Angabe des Landes, wo das Tier geschlachtet wurde: „Geschlachtet in: (Name des Mitgliedstaates oder Drittlandes)“. Ist das Tier nachweislich in einem Land geboren,
aufgezogen und geschlachtet worden, so ist die Angabe „Ursprung: (Name des Mitgliedstaates oder Drittlandes)“ ausreichend.
Schließlich muss das Fleisch auch die Partienummer tragen. Ergänzende freiwillige Angaben zur Herkunft des
Fleisches, etwa auf eine bestimmte Region, sind erlaubt,
sofern sie der obligatorischen Kennzeichnung nicht widersprechen.
Sind die Informationen für Fleisch, das aus einem Drittland importiert wird, nicht verfügbar, so kann dieses
die Angaben „Aufgezogen außerhalb der EU“ und „Geschlachtet in: (Name des Drittlandes)“ tragen.
Für Hackfleisch und Fleischabschnitte liegen Ausnahmeregelungen vor: Hier können die Angaben „Ursprung
EU“, „Aufgezogen und geschlachtet in der EU“, „Aufgezogen und geschlachtet außerhalb der EU“, „Aufgezogen
außerhalb der EU“ oder „Aufgezogen und geschlachtet
in und außerhalb der EU“ lauten. Letztere Angabe ist zulässig, wenn das Erzeugnis aus Fleisch hergestellt wurde,
das von Tieren stammt, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten aufgezogen und geschlachtet wurden, sowie
aus Fleisch, das in die EU eingeführt wurde. Alternativ
kann das Fleisch auch von Tieren stammen, die in die EU
importiert und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten
geschlachtet wurden.
Klar soweit?
Ob der seit dem vollumfänglichen Inkrafttreten der Lebensmittelinformationsverordnung mit Kennzeichnungselementen bereits reichlich bedachte Verbraucher nun
den Durchblick bei der Fleischkennzeichnung hat? – Das
ist zu bezweifeln.
Die Autorin
Dr. Annette Rexroth ist Diplom-Chemikerin und staatlich geprüfte
Lebensmittelchemikerin. Als Referentin für Rückstände und Kontaminanten in Lebensmitteln ist sie beim Bundesministerium für E­ rnährung
und Landwirtschaft in Bonn tätig.
Dr. Annette Rexroth
Oedinger Straße 50
53424 Remagen
[email protected]
15-07–08 | 15 Ernährung im Fokus