NeinSagen zu Alkohol Alkohol ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, Trinkanlässe gibt es immer und überall. Wenn Sie den Wunsch haben, ein Alkoholproblem zu überwinden, brauchen Sie darum auch eine Strategie, Trinkangebote abzulehnen. Wir möchten Ihnen mit dieser Broschüre Anregungen und Möglichkeiten zeigen, wirksam „Nein“ zu sagen. Trinkanlässe gibt es überall In der deutschen Öffentlichkeit ist die Auseinandersetzung mit Alkohol für Sie unvermeidbar, z. B. bei Sportveranstaltungen, Stadtfesten, öffentlichen Ehrungen und Empfängen, in Geschäften und in der Werbung. Auch bei privaten Anlässen wie Familienfeiern und Treffen im Freundeskreis wird meist Alkohol getrunken. Es ist nicht möglich und auch nicht wünschenswert, alle Situationen, in denen Sie mit Alkohol konfrontiert werden, aus Ihrem Leben auszuschließen. Umso mehr brauchen Sie einen Weg, mit dem allerorts bestehenden (Über-) Angebot von Alkohol in der Gesellschaft umzugehen. Trinkaufforderungen ablehnen Manchen Menschen fällt es schwer, die Bitte eines Anderen abzuschlagen. Etwa wegen der Befürchtung, ausgeschlossen und nicht mehr gemocht zu werden. Aber irgendwann kommt für fast jeden der Punkt, an dem er eine Bitte ablehnen muss. Solch ein berechtigtes „Nein“ auszusprechen, müssen viele lernen. Dies gilt insbesondere für alkoholabhängige Menschen. Sie müssen sich aus eigenem Interesse deutlich von Trinkaufforderungen abgrenzen. Dabei spielt die eigene Befindlichkeit eine wichtige Rolle. Dürfen Sie als Betroffene/r in diesem Fall auch ausweichen? Wie können Sie „Nein“ sagen, dabei standfest bleiben und sich wohl fühlen? Tipp Überlegen Sie sich schon vor einer Feierlichkeit, wie Sie die Zeit gestalten möchten: Auf wen könnte ich zugehen und ein Gespräch beginnen? Gibt es etwas, das ich mir dort anschauen möchte? Kann man tanzen oder umhergehen? Sollte ich einen Zeitpunkt planen, zu dem ich die Veranstaltung verlasse? Unter Bekannten, Freunden oder Kollegen kann es schon mal vorkommen, dass sich ein Enthaltsamer isoliert fühlt. In solchen Momenten gilt es, Aufmerksamkeit für sich und seine Gefühle zu üben, um nicht vom Trinkverlangen überwältigt zu werden. Jeder muss selbst entscheiden, ob er die eigene Suchterkrankung öffentlich macht – oder nicht. Besonders, wenn Sie noch nicht lange abstinent sind, kann es schwer fallen, sich von Trinkaufforderungen abzugrenzen. Diese ungeübte Situation kann unangenehm sein. Doch Sie können darin schnell Sicherheit gewinnen. Ausweichen Dabei ist auch Ausweichen erlaubt: „Mir geht es heute nicht so gut“, „Ich nehme Medikamente“, „Ich muss noch fahren“ oder „Alkohol schmeckt mir nicht“. Niemand kann Sie zu einem Bekenntnis in jeder Situation zwingen – und es ist auch nicht immer angebracht. Gegen das Ausweichen spricht allerdings: Viele Abhängige haben in ihrer „Trinkzeit“ oft mit Unwahrheiten gelebt. Deswegen kann Ausweichen als Rückfall in dieses Verhalten erlebt werden. Muss es aber nicht. Gaby K. sagt klipp und klar: „Notlüge? Ist in Ordnung, solange man sich selbst gegenüber ehrlich bleibt“. Tipp Entscheiden Sie sorgfältig, wem Sie sagen, dass Sie alkoholabhängig sind. Unterscheiden Sie nach Familie, Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen und Fremden. Es sollten Menschen sein, denen Sie vertrauen können. Auszuweichen ist gerade bei flüchtigen Begegnungen durchaus angebracht und keine Verleugnung der Suchterkrankung. Wenn Sie die Person nicht kennen und sie wahrscheinlich auch nicht wiedersehen, müssen Sie sich nicht erklären. Dann reicht es zu sagen: „Ich trinke keinen Alkohol.“ oder „Ich vertrage keinen Alkohol.“ Offen und ehrlich Hilfreich ist eine Strategie, die vermeidet, dass immer wieder Alkohol angeboten wird. Die Abhängigkeit offen zu machen, kann in diesem Sinne auch dem Selbstschutz dienen. Das Bekenntnis zur Suchterkrankung erleichtert vielen den eigenen Weg. Gerhard F. sagt dazu: „Gerade das Wissen vieler Menschen um mein Problem hat mir schon zu Anfang meiner Abstinenz viel Druck und mühseliges Herauswinden erspart. Das war für mich eine große Erleichterung.“ Unterscheiden Sie, wem Sie sich offenbaren Nicht jedem Fremden müssen Sie dabei von Ihrer Sucht erzählen. Je näher Ihnen die Person steht, umso ehrlicher und ausführlicher können Sie sein, und Ihre Alkoholabhängigkeit erwähnen. Selbstsicher mitteilen Ein bereits seit längerer Zeit trockener Alkoholiker tritt meist selbstbewusster auf und sagt eindeutig: „Ich trinke keinen Alkohol.“ Reinhard P. ist früher auch ausgewichen. Dann gelangte er zu der Überzeugung, dass es für ihn nur noch eine Aussage gibt: „Ich trinke keinen Alkohol.“ Er erklärt: „Alles, was diesem Satz noch hinzugefügt wird, weicht die Aussage nur auf. Eine Begründung ist nicht notwendig, weil dann ganz schnell eine Situation entsteht, in der ich mich rechtfertigen muss.“ Mit Humor Wenn Ihnen Alkohol angeboten wird, können Sie entgegnen: „Ich hab in meinem Leben schon genug getrunken, ich brauch nichts mehr“, oder etwa: „Ich hab jetzt schon einen Dickkopf.“ „Einen Kater als Haustier kann ich nicht gebrauchen.“ „Ich muss mir niemanden mehr schön trinken.“ Für diese Strategie braucht es sicher einen gewissen Abstand zur „nassen“ Phase, eine zufriedene Abstinenz – und die Fähigkeit, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Die Antwort auf „Nein“ Die Strategie „Ich trinke keinen Alkohol“ funktioniert fast immer und wird meist ohne Rückfragen akzeptiert. Eine Begründung ist in der Regel nicht erforderlich. Auch »dumme Sprüche« gibt es dazu nur selten. Wenn jemand behauptet: „Na, ein Glas wird ja nicht schaden“, kann der Angesprochene antworten: „Doch, ich vertrage keinen Alkohol“, oder etwa „Manchmal schon“. Tipp Lassen Sie sich unter keinen Umständen überreden. Wenn Sie bedrängt werden, sollten Sie die Situation oder auch die Personen so weit wie möglich meiden. In der Selbsthilfegruppe Anna H.: „Dass manche die Situation nicht verstehen wollen, können wir nicht ändern. Aber wir müssen uns auch nicht darüber aufregen. Bleiben wir einfach bei uns.“ Auch bei diesem Thema wirkt das Prinzip Selbsthilfe: Jedes Gruppenmitglied wird durch die Beispiele und Erfahrungen der anderen Gruppenmitglieder gestärkt. Das Gespräch unter gleichermaßen Betroffenen hilft auch, wenn sich vielleicht Bedauern einstellt, Alkohol nicht mehr trinken zu können. Die Schilderungen der unterschiedlichen Erlebnisse sind so vielfältig, dass sich jedes Gruppenmitglied daraus ein eigenes Bild machen und seinen eigenen Weg finden kann. Die Gruppenarbeit stärkt die Persönlichkeit und schärft die Beobachtungsgabe. Der vertrauensvolle Austausch untereinander schafft neue Klarheit über sich – und auch über gesellschaftliche Einflüsse. Wir wünschen Ihnen auf Ihrem abstinenten Weg viel Erfolg, Mut, Ausdauer und Freude! Informationen und Hilfe bekommen Sie bei folgenden Verbänden: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. Blücherstr. 62/63, 10961 Berlin Tel. + 49 30 26309-157 [email protected] www.awo.org Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche e. V. Julius-Vogel-Straße 44, 44149 Dortmund Tel. + 49 231 5864132 [email protected] www.bke-suchtselbsthilfe.de Blaues Kreuz in Deutschland e. V. Schubertstr. 41, 42289 Wuppertal Tel. + 49 202 62003-0 [email protected] www.blaues-kreuz.de Deutsches Rotes Kreuz – Suchtselbsthilfegruppen – Am Treppenweg 8, 64711 Erbach Tel. + 49 6062 60760 [email protected] www.drk-selbsthilfegruppen.de Guttempler in Deutschland Adenauerallee 45, 20097 Hamburg Tel. + 49 40 24588-0 [email protected] www.guttempler.de Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe e. V. Bundesverband Untere Königsstr. 86, 34117 Kassel Tel. + 49 561 780413 [email protected] www.freundeskreise-sucht.de Kreuzbund e. V. Bundesverband Münsterstraße 25, 59065 Hamm Tel. + 49 2381 67272-0 [email protected] www.kreuzbund.de Westenwall 4 | 59065 Hamm Tel. + 49 2381 9015-0 Fax + 49 2381 9015-30 [email protected] | www.dhs.de Hier finden Sie die nächste Selbsthilfegruppe: Text Gunhild Ahmann, Dr. Raphael Gaßmann Redaktion Regina Müller Grafik STADTLANDFLUSS Auflage Erste Auflage 2016 1.50.01.16 Diese Broschüre wird gefördert durch die DAK-Gesundheit. Für den Inhalt ist die DHS verantwortlich. Etwaige Leistungsansprüche gegenüber den Krankenkassen sind hieraus nicht ableitbar.
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