Die Power entlassener Damen

Montag, 11. Januar 2016 / Nr. 7
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Obwalden/Nidwalden
Die Power entlassener Damen
Sind mit allen Wassern gewaschen (von links): Susanne Slanzi, Ingrid Zumstein und Edith Zumstein.
Bild Romano Cuonz
GISWIL Brillante Theater­
frauen spielen in der «Krone»
eine Stammtischkomödie
von Thomy Truttmann. Es
darf gelacht und ein wenig
geweint werden.
ROMANO CUONZ
[email protected]
Sie bilden ein «Trio infernal» im besten Sinne des Wortes: die Giswiler Theaterfrauen Susanne Slanzi, Edith Zumstein und Ingrid Zumstein. Beklatscht
hat man sie schon in einer deftig witzigen, mit einer tüchtigen Prise Erotik
gewürzten Komödie, aber auch in einem
mit rabenschwarzem Humor gespickten
Kurzkrimi. Nun haben sie in intensiver
Zusammenarbeit mit Autor und Regisseur Thomy Truttmann das neuste Stück
«Ehrend(r)amen» entwickelt.
Selbstverständlich fehlen die schrägen
Töne und die typischen Abrechnungen
mit dem männlichen Geschlecht nicht.
Doch für einmal bleibt es nicht dabei.
In ihrem gegenwärtigen Beizentheater
spielen sich – ganz unverhofft und plötzlich – auch echt menschliche Dramen
ab. Nicht umsonst hat der Autor in den
Titel noch ein «r» hineingeschmuggelt
und damit die Damen zu D(r)amen
gemacht.
Ein fulminanter Start
Alles beginnt damit, dass ein typischer
Macho – der Chef eines maroden Landhotels samt allem, was dazugehört –
seine drei treuesten, jahrzehntelang
beschäftigten «Mädchen für alles» mit
den Worten «So meine Damen ...» völlig
undankbar und ohne das nötige Feingefühl auf die Strasse stellt. Nochmals
schlüpfen die drei in ihre EhrendamenKostüme, die sie dem Chef zuliebe bei
so manchem Anlass getragen haben.
Doch jetzt ziehen sie ihre eigene powervolle Show ab. Mit viel Sprachrhythmus,
mit fast choreografisch abgestimmter
Körper- und Bewegungssprache trumpfen Susanne Slanzi, Edith Zumstein und
Ingrid Zumstein auf.
Dazu kommen köstliche, von ihnen
selber produzierte perkussive Geräusche
wie singende Gläser, tanzende Mixbecher, klatschende Hände, stampfende
Füsse und eine hauende Fliegenklappe.
Gute Regiearbeit! Versteckte und offene
Anspielungen, viel listige und hinterlistige Weiblichkeit lassen das Publikum
grinsen, lauthals lachen und immer
wieder applaudieren. Dabei bekommt
der undankbare Chef genauso sein Fett
weg wie die in Selbstmitleid zerfliessenden Frauen selbst. Mit ihrem früheren
Leben geht es ab ins Brocki, zum Secondhand-Shop, ins Zeughaus oder auf
den Sperrmüll. Und mit dem Mann ab
zur Geliebten. Sie «denken positiv und
spazieren erfolgreich», haben den Jakobsweg zu Hause und gestehen am
Ende der Beichte: «Ich habe gelogen.
Gelogen beim Beichten!»
Turbulenzen in der Menopause
Apropos Beichte: Irgendwann ziehen
die drei Frauen ihre Ehrendamen-Kostüme aus. Jetzt kippt das Stück. Es
kommt zum Koller in der Menopause
und damit zu geradezu «dicken» Geständnissen und Enthüllungen. Nach
dem fulminanten Start ist, was jetzt
gespielt wird, oft schwer zu verdauen.
Glücklicherweise verstehen es die Frauen, ihre Minidramen stets auch noch
mit einer Portion Ironie und Schalk zu
garnieren: Die Erste (Edith Zumstein)
berichtet von ihrer Flucht auf Rollschuhen und einem böse endenden Seitensprung in Südfrankreich. Und wie sie es
deshalb als Poetin und Dichterin versucht habe. Die Zweite (Susanne Slanzi)
erzählt von gleich mehreren Totgeburten
und dass sie so von der Hebamme zur
Sterbebegleiterin geworden sei. Ihr lakonisches Fazit: «Ich will lebendig sterben und im Sarg zum letzten Mal reingelegt werden.» Am dicksten kommt es
bei der Dritten (Ingrid Zumstein), die
ihre Alkoholsucht jahrelang verheimlicht
und gar den Chef beklaut hatte. All das
habe damit zu tun, dass ihr Vater ...
nein, dieses Geheimnis soll hier nicht
verraten werden.
Wer diesem auf die Schliche kommen
möchte, geht am besten in die «Krone»
in Giswil, wo zum Beizentheater – wie
es sich gehört – ein köstliches Buffet
bereitsteht.
HINWEIS
«Ehrend(r)amen» – Stammtischkomödie von
Thomy Truttmann und Spielerinnen des Theaters
Giswil. Aufführungen als Beizentheater mit Buffet
in der Krone Giswil. Bis 30. Januar. Reservation
unter www.theater-giswil.ch
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