Die Power entlassener Damen

Montag, 11. Januar 2016 / Nr. 7
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Obwalden/Nidwalden
13
Die Power entlassener Damen
Conrad Wagner,
Regierungsrats­
kandidat der
Grünen
Vermuten Sie ein
Manöver dahinter?
Kaum ist Conrad Wagner offiziell
als Regierungsratskandidat nominiert (siehe Ausgabe vom Samstag),
veröffentlicht der «Sonntagsblick»
ein Bild vom amtierenden Landratspräsidenten, wie er scheinbar betrunken an ein Holzgeländer lehnt.
Zufall oder nicht? Denn das Bild ist
nicht aktuell, sondern stammt vom
Rütlischiessen Anfang November.
NACHGEFRAGT
Können Sie uns sagen, wie das
unvorteilhafte Bild von Ihnen zu
Stande gekommen ist?
Conrad Wagner: Wer es geschossen
und in Umlauf gebracht hat, weiss
ich nicht. Es stimmt: ich habe am
Rütlischiessen zu viel Kafi Schnaps
erwischt und spürte die Folgen, als
wir auf das Schiff warteten. Klar, es
war ein Misstritt. Aber es gibt wohl
auch andere, die schon eine solche
Situation erlebt haben.
Apropos Kafi: Das Bild ist kalter
Kaffee, schon über zwei Monate
alt. Ausgerechnet jetzt wird die
Geschichte vom «Sonntagsblick»
wieder aufgewärmt. Vermuten Sie
ein politisches Manöver dahinter?
Wagner: Der Zeitpunkt nährt natürlich Spekulationen, dass man mir im
Wahlkampf schaden will. Wenn dem
wirklich so ist, schrecken gewisse
Leute offenbar vor nichts zurück. Ich
vermute aber, dass das unfaire Vorgehen nicht zur Wahlkampagne einer
ganzen Partei gehört, sondern Einzelpersonen dahinterstecken.
Wird sich Ihre Partei bei geeigneter Gelegenheit revanchieren?
Wagner: Nein, auf dieses Niveau
lasse ich mich nicht herab. Der
«Sonntagsblick»-Artikel hat aber auch
etwas Gutes: Offenbar nimmt man
uns als politische Gegner ernst, wenn
man mit so schwerem Geschütz auffährt.
OLIVER MATTMANN
[email protected]
Sind mit allen Wassern gewaschen (von links): Susanne Slanzi, Ingrid Zumstein und Edith Zumstein.
Bild Romano Cuonz
GISWIL Brillante Theater­
frauen spielen in der «Krone»
eine Stammtischkomödie
von Thomy Truttmann. Es
darf gelacht und ein wenig
geweint werden.
ROMANO CUONZ
[email protected]
Sie bilden ein «Trio infernal» im besten Sinne des Wortes: die Giswiler Theaterfrauen Susanne Slanzi, Edith Zumstein und Ingrid Zumstein. Beklatscht
hat man sie schon in einer deftig witzigen, mit einer tüchtigen Prise Erotik
gewürzten Komödie, aber auch in einem
mit rabenschwarzem Humor gespickten
Kurzkrimi. Nun haben sie in intensiver
Zusammenarbeit mit Autor und Regisseur Thomy Truttmann das neuste Stück
«Ehrend(r)amen» entwickelt.
Selbstverständlich fehlen die schrägen
Töne und die typischen Abrechnungen
mit dem männlichen Geschlecht nicht.
Doch für einmal bleibt es nicht dabei.
In ihrem gegenwärtigen Beizentheater
spielen sich – ganz unverhofft und plötzlich – auch echt menschliche Dramen
ab. Nicht umsonst hat der Autor in den
Titel noch ein «r» hineingeschmuggelt
und damit die Damen zu D(r)amen
gemacht.
Ein fulminanter Start
Alles beginnt damit, dass ein typischer
Macho – der Chef eines maroden Landhotels samt allem, was dazugehört –
seine drei treuesten, jahrzehntelang
beschäftigten «Mädchen für alles» mit
den Worten «So meine Damen ...» völlig
undankbar und ohne das nötige Feingefühl auf die Strasse stellt. Nochmals
schlüpfen die drei in ihre EhrendamenKostüme, die sie dem Chef zuliebe bei
so manchem Anlass getragen haben.
Doch jetzt ziehen sie ihre eigene powervolle Show ab. Mit viel Sprachrhythmus,
mit fast choreografisch abgestimmter
Körper- und Bewegungssprache trumpfen Susanne Slanzi, Edith Zumstein und
Ingrid Zumstein auf.
Dazu kommen köstliche, von ihnen
selber produzierte perkussive Geräusche
wie singende Gläser, tanzende Mixbecher, klatschende Hände, stampfende
Füsse und eine hauende Fliegenklappe.
Gute Regiearbeit! Versteckte und offene
Anspielungen, viel listige und hinterlistige Weiblichkeit lassen das Publikum
grinsen, lauthals lachen und immer
wieder applaudieren. Dabei bekommt
der undankbare Chef genauso sein Fett
weg wie die in Selbstmitleid zerfliessenden Frauen selbst. Mit ihrem früheren
Leben geht es ab ins Brocki, zum Secondhand-Shop, ins Zeughaus oder auf
den Sperrmüll. Und mit dem Mann ab
zur Geliebten. Sie «denken positiv und
spazieren erfolgreich», haben den Jakobsweg zu Hause und gestehen am
Ende der Beichte: «Ich habe gelogen.
Gelogen beim Beichten!»
Turbulenzen in der Menopause
Apropos Beichte: Irgendwann ziehen
die drei Frauen ihre Ehrendamen-Kostüme aus. Jetzt kippt das Stück. Es
kommt zum Koller in der Menopause
und damit zu geradezu «dicken» Geständnissen und Enthüllungen. Nach
dem fulminanten Start ist, was jetzt
gespielt wird, oft schwer zu verdauen.
Glücklicherweise verstehen es die Frauen, ihre Minidramen stets auch noch
mit einer Portion Ironie und Schalk zu
garnieren: Die Erste (Edith Zumstein)
berichtet von ihrer Flucht auf Rollschuhen und einem böse endenden Seitensprung in Südfrankreich. Und wie sie es
deshalb als Poetin und Dichterin versucht habe. Die Zweite (Susanne Slanzi)
erzählt von gleich mehreren Totgeburten
und dass sie so von der Hebamme zur
Sterbebegleiterin geworden sei. Ihr lakonisches Fazit: «Ich will lebendig sterben und im Sarg zum letzten Mal reingelegt werden.» Am dicksten kommt es
bei der Dritten (Ingrid Zumstein), die
ihre Alkoholsucht jahrelang verheimlicht
und gar den Chef beklaut hatte. All das
habe damit zu tun, dass ihr Vater ...
nein, dieses Geheimnis soll hier nicht
verraten werden.
Wer diesem auf die Schliche kommen
möchte, geht am besten in die «Krone»
in Giswil, wo zum Beizentheater – wie
es sich gehört – ein köstliches Buffet
bereitsteht.
HINWEIS
«Ehrend(r)amen» – Stammtischkomödie von
Thomy Truttmann und Spielerinnen des Theaters
Giswil. Aufführungen als Beizentheater mit Buffet
in der Krone Giswil. Bis 30. Januar. Reservation
unter www.theater-giswil.ch
Betrug und Liebschaften am Fusse des Gletschers
ENNETBÜRGEN Nach mehreren Komödien zeigt
das Theater wieder ein Volksstück. «S’Gheimnis
überem Gletscher» ist eine tragische Geschichte,
der es aber nicht an Humor fehlt.
«Volksstücke faszinieren mich», sagt
Regisseur Franz Sigrist. «Die Zuschauer
mit guten Pointen zum Lachen zu bringen, das ist einfach, doch wenn das
Publikum vor Spannung mucksmäuschenstill ist, bringt mir das am meisten
Befriedigung.» Und an Spannung fehlt
es im Stück «S’Gheimnis überem Gletscher», das am Samstag Premiere feierte, nicht. Im Zentrum steht die Familie
Moser, die in einem Gletscherdorf ein
altes Bergrestaurant und ein paar Schafe besitzt. Gordula (Cornelia Röthlin),
die Tochter von Melk (Theo Risi) und
Ruth (Karin Anderhirsern), wird in sechs
Wochen ihren Verlobten René (Stefan
Amberg) heiraten.
Eine ungeahnte Wendung
Doch alles kommt anders. Anita (Karin Huser), die ältere Tochter der Familie, kommt unerwartet aus Amerika
zurück. Durch eine Erbschaft ist sie zur
Multimillionärin geworden. Dennoch
macht sie keine Anstalten, ihrer Familie
in der finanziellen Not beizustehen. Ihr
Interesse gilt etwas ganz anderem: dem
Verlobten ihrer Schwester. Durch ihre
Arroganz und eine schlaue Intervention
bringt sie die ganze Gemeinschaft
durcheinander.
Im selben Dorf lebt auch die alte
Salome (Maria Bissig), die seit dem Tod
ihres geliebten Martin vor vielen Jahren
verstummt ist und nun jeden Tag auf
den Gletscher schaut, der ihn begraben
hat. «Sie wartet auf jemanden, der nie
mehr zurückkommt. Oder doch?», gibt
der Erzähler am Anfang des Stücks
bekannt. Ein ungeahntes Ereignis ändert
alles auf einen Schlag und bringt ein
schreckliches Geheimnis ans Licht.
Stück. «Eine tragische Rolle zu spielen,
kann sehr anstrengend sein, weil man
das ganze Spiel mit seiner Figur emotional mitlebt. Doch mir gefällt es, weil
diese Stücke viel tiefgründiger sind.»
Ein Traum wurde Realität
Theaterpräsident Roli Gabriel, der die
Rolle des Seilwarenhändlers Dominik
übernimmt, sass vor 30 Jahren im Publikum, als das Theater Ennetbürgen
«S’Geheimnis überem Gletscher» zum
Imposantes Bühnenbild
Trotz der Tragik kommt der Humor
in diesem Stück nicht zu kurz. Dafür
sorgen vor allem Anitas «rabenschwarzer» Diener Charlie (Fredy Gabriel) und
der gutmütige, aber schrecklich dumme
Walter (Walti Gut). Für einen Applaus
gleich nach dem Öffnen des Vorhangs
sorgte das Bühnenbild. Eggi Gabriel aus
Ennetbürgen hat in zahlreichen Nachtschichten ein wahres Kunstwerk auf die
Bühne gebracht.
Cornelia Röthlin, die auch im Vorstand des Ennetbürger Theaters ist, spielt
heuer zum ersten Mal in einem ernsten
Melk (Theo Risi) und
Ruth (Karin Anderhirsen) empören sich über
die Aussagen ihrer
Tochter Anita (Karin
Huser), die in Amerika
durch ein Erbe zur
Multimillionärin
geworden ist.
Bild Kurt Zumbühl/PD
ersten Mal aufführte. Er freut sich: «Für
mich geht ein Traum in Erfüllung, weil
ich nun selber Teil des Stücks sein kann.»
Bemerkenswert ist, dass vier der damaligen Spieler auch dieses Jahr wieder
im selben Stück auftreten. Fredy Gabriel hat seinen Part als Charlie sogar
behalten können. Auch Franz Sigrist
bedeutet die aktuelle Aufführung viel.
Er hat schon vor 30 Jahren in Udligenswil für «S’Gheimnis überem Gletscher»
Regie geführt. Der 75-Jährige blickt auf
eine mehr als 50-jährige Theaterkarriere zurück, die heuer ihr Ende nimmt.
CARINA ODERMATT
[email protected]
HINWEIS
«S’Gheimnis überem Gletscher» – Volksstück
von Josef Brun. Weitere Aufführungen in der
Mehrzweckhalle Ennetbürgen bis 30. Januar.
Mehr Infos: www.theatergruppe-ennetbuergen.ch.
Telefonische Reservation unter 079 643 72 52
(Dienstag von 13 bis 15 Uhr, Donnerstag von
17 bis 19 Uhr)