Zur Am Sanierung Objekt Brandschutz im Bestand Alternative Lösungen für oftmals notwendige Abweichungen N eben der energetischen und bauphysikalischen Modernisierung spielt häufig die brandschutztechnische Ertüchtigung der bestehenden Bausubstanz eine entscheidende Rolle. Diese ist ohne Abweichungen vom aktuellen Baurecht allerdings kaum möglich und häufig müssen individuelle Lösungen gefunden werden. Grundsätzlich genießen rechtmäßig errichtete bauliche Anlagen Bestandsschutz. Wird ein Gebäude nicht verändert und weiterhin wie genehmigt genutzt, besteht keine Verpflichtung, das Objekt an geänderte brandschutztechnische oder baurechtliche Anforderungen anzupassen. Lediglich bei konkreter Gefahr für Leib und Leben der Nutzer besteht die Verpflichtung zur Verbesserung der Situation. Dies ist z. B. der Fall, wenn Aufenthaltsräume nicht über einen zweiten Rettungsweg verfügen oder notwendige Treppenräume nicht gegenüber den Nutzungseinheiten abgeschlossen sind. Häufig wird der Begriff „Bestandsschutz“ falsch interpretiert und ausschließlich auf die baulichen Anlagen bezogen. Tatsächlich gilt der Bestandsschutz aber nur für die Kombination aus rechtmäßig errichtetem Gebäude und der genehmigten Nutzung. Ein Gebäude, das baulich nicht verändert wird, jedoch anders genutzt werden soll, kann somit hierdurch seinen Bestandsschutz verlieren. breitung sein. In der Gebäudeklasse 4 werden hochfeuerhemmende (60 Minuten Feuerwiderstand), in der Gebäudeklasse 5 feuerbeständige (90 Minuten Feuerwiderstand) Decken gefordert. Lediglich bis zur Klasse 3 sind feuerhemmende Bauteile (30 Minuten Feuerwiderstand) ausreichend. Historische Holzbalkendecken, wie sie in üblichen Mehrfamilienhäusern noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eingebaut wurden, sind häufig unterseitig vollflächig verputzt. Diese Konstruktionen erreichen in aller Regel eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten und erfüllen somit nicht mehr die gesetzlichen Anforderungen in Gebäuden ab der Gebäudeklasse 4. Sofern die tragenden Wände und Stützen eine ausreichende Feuerwiderstandsdauer aufweisen, ist die Ertüchtigung dieser Konstruktionen relativ problemlos mit einer zusätzlichen Brandschutzunterdecke in Trockenbauweise möglich. Eventuelle Fehlstellen in der Putzfläche müssen zunächst fachgerecht durch Putz oder Gipskarton-Feuerschutzplatten geschlossen werden. Eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten kann durch eine von der Holzbalken- decke abgehängte geschlossene Unterdecke mit einer 20 mm (bzw. 2 x 12,5 mm) dicken Beplankung aus Gipskarton-Feuerschutzplatten und einer 50 mm starken Mineralwollauflage erreicht werden. Die Unterkonstruktion besteht dabei in der Regel aus Blechprofilen. Die Unterkonstruktion muss unmittelbar von den Deckenbalken abgehängt werden. Eine Verankerung in der historischen Putzschicht ist nicht ausreichend. Die Brandschutzdecken müssen öffnungslos hergestellt werden. Einbaustrahler, Lautsprecher und Ähnliches dürfen in die Unterdecke nicht eingebaut werden, weil ansonsten die schützende Wirkung verloren gehen würde. Müssen derartige Einbauteile in die Decke eingebaut werden, bestehen mehrere Möglichkeiten: So kann eine zusätzliche Sicht-Unterdecke (ohne brandschutztechnische Anforderung) unterhalb der Brandschutzdecke, angeordnet werden, in der beliebige Öffnungen hergestellt und gelochte Deckenplatten (z. B. aus akustischen Gründen) verwendet werden dürfen. Die Brandschutzdecke sowie die Geschossdecke müssen die zusätzliche Last jedoch aufnehmen können. Wird heute der überwiegende Teil der Gebäude mit Stahl- bzw. Stahlbetontreppen und massiven Geschossdecken errichtet, herrschte in der Vergangenheit die Verwendung von Holz für Decken und Treppen vor. Decken müssen gem. § 31 Musterbauordnung (MBO) als tragende und raumabschließende Bauteile zwischen Geschossen im Brandfall ausreichend lang standsicher und widerstandsfähig gegen die Brandaus- 20 Bild: © Bert Wieneke Holzbalkendecken (1) Werden Holzbalkendecken durch Unterdecken in Verbindung mit der Altbau-Holzbalkendecke ertüchtigt, müssen Fehlstellen im Putz behoben werden. der bauschaden | Juni / Juli 2015 Zur Am Sanierung Objekt Außerdem muss eine ausreichende Aufbauhöhe zur Verfügung stehen. Bild: © Fa. KAISER GmbH & Co. KG Einbauteile wie Lautsprecher oder Einbaustrahler in der Brandschutzdecke können alternativ durch eine Abkastung oberhalb des Einbauteils in gleicher Qualität wie die Brandschutzdecke gesichert werden. Die Industrie bietet für diesen Zweck auch spezielle Einbaugehäuse für Lampen und Lautsprecher an, die oberhalb der Brandschutzdecke montiert werden und im Brandfall aufschäumen. (2) Brandschutzgehäuse für Halogenleuchte in einer F 30-Unterdecke Die Brandschutzdecken müssen geschlossen ausgeführt werden. Gelochte Platten zur Verbesserung der Raumakustik sind nicht zulässig. Dazu ist zusätzlich zur Brandschutzunterdecke eine weitere Akustikdecke – „Decke unter Decke“ – erforderlich. derten Feuerwiderstandsklasse F 90-A) aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein bestehendes Gebäude handelt, eine Zulassung. Sofern Holzbalkendecken zwingend zu einer F 90-A-Konstruktion ertüchtigt werden müssen, bestehen folgende Möglichkeiten: • Austausch der Holzbalkendecke gegen eine Stahlbetondecke • Austausch der tragenden Holzbalken gegen Stahlträger • Einbau einer F 90 allein von unten als F 90 klassifizierten freitragenden Unterdecke aus A1-Baustoffen, die allseitig an feuerbeständige Wände anschließt. Nicht immer ist es möglich, Holzbalkendecken durch Brandschutzunterdecken zu ertüchtigen, weil die vorhandenen Konstruktionen die zusätzlichen Lasten nicht aufnehmen können. In diesem Fall ist eine freitragende Unterdecke, die zwischen den angrenzenden Wänden frei gespannt wird und keine Verbindung zur eigentlichen Geschossdecke aufweist, eine Lösungsmöglichkeit. Die Spannweiten sind jedoch auf maximal 4,50 bis 4,75 m begrenzt. Holztreppen Die tragenden Teile notwendiger Treppen müssen gem. § 34 Abs. 4 MBO aus nicht- brennbaren Baustoffen bestehen und in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 zusätzlich mindestens feuerhemmend sein. Die im Bestand vielfach anzutreffenden Holztreppen erfüllen die bauordnungsrechtlichen Anforderungen nicht. In der Vergangenheit wurde häufig als Verbesserungsmaßnahme eine unterseitige Verkleidung der Treppenläufe mit Gipskarton-Feuerschutzplatten ausgeführt. Diese Form der Ertüchtigung bestehender Holztreppen ist jedoch weitgehend wirkungslos. Um bei einem Brand in einer an den Treppenraum angeschlossenen Nutzungseinheit eine Brandübertragung auf die Holztreppe im Treppenraum wirkungsvoll zu behindern, ist das Nachrüsten der bestehenden Zugangstüren zum Treppenraum mit Türschließern sinnvoll. Dies haben Auswertungen von Brandversuchen in leerstehenden Häusern durch die Materialforschungs- und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig e.V. – MFPA – bereits im Jahr 1986 ergeben: „Die Auswertung in Leipzig im Jahre 1986 durchgeführter Originalbrandversuche an Holztreppen ergab, dass es durch die unterseitige Verkleidung lediglich zu einer verzögerten Brandweiterleitung in den Treppenraum kommt. Dabei wurde als kritischer Fall ein Wohnungsbrand bei geöffneter Wohnungseingangstür simuliert. Dieser Fall tritt als Panikhandlung beim Verlassen einer • Die tragenden und aussteifenden Teile müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. • Es muss eine in Bauteilebene durchgehende Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden sein. Die Bauaufsichtsbehörde erteilt in der Regel für die Abweichung (Ertüchtigung der Geschossdecke in F 90-B anstatt der gefor- der bauschaden | Juni / Juli 2015 Bild: © Bert Wieneke Die mit einer Unterdecke ertüchtigte Holzbalkendecke weist eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten auf, erfüllt jedoch nicht die Anforderung an feuerbeständige Bauteile im Sinne der Musterbauordnung (MBO), weil die tragenden Teile der Decke weiterhin aus brennbaren Baustoffen bestehen. Gemäß § 26 Abs. 2 MBO müssen feuerbeständige Bauteile neben einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten weitere Anforderungen erfüllen: (3) Historische Holztreppe mit nachträglicher Verkleidung der Unterseite und Treppenwange. Die Maßnahme ist weitgehend wirkungslos. 21
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