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Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) überprüft seit 1975 den
Finanzbedarf der Rundfunkanstalten und legt so indirekt die Höhe der
Rundfunkabgabe fest. Den Vorsitz der KEF hat Dr. Heinz Fischer-Heidelberger,
Präsident des Bayrischen Obersten Rechnungshof. Die Gesprächspartner der KEF
waren bisher nahezu ausschließlich Vertreter der Sender.
Produzent und DAFF-Vorstandsmitglied Gerhard Schmidt hatte im letzten Jahr als
erster Produzent die Gelegenheit, vor einem Ausschuss der KEF über die Aufgaben
eines Auftragsproduzenten ausführlich zu informieren und auf die generelle
Unterfinanzierung des Programms hinzuweisen.
Wir veröffentlichen hier das erste Kapitel zum Bereich „Entwicklung“ der
Verschriftlichung seines Referats
Das vollständige Referat mit den Kapiteln: Entwicklung, Kalkulation, Herstellung,
Verwertung kann angefordert werden über [email protected] .
KEF, Baden-Baden Kurzreferat Gerhard Schmidt:
Die deutschen Fernsehproduzenten, und mit ihnen die kreativen
Fernsehschaffenden, beobachten mit zunehmender Sorge eine immer grösser
werdende Diskrepanz zwischen dem was die Herstellung einer Fernsehproduktion
heute real kostet und dem was die ÖR Sender dafür zahlen wollen oder können.
Besonders im letzten Jahrzehnt sind die Ansprüche an die Qualität der Programme
und damit auch die Herstellungskosten deutlich gestiegen, dem hingegen hinken
die von den Sendern gezahlten Preise hinterher.
Um die Ursachen und Hintergründe dieses Dilemmas verständlicher zu machen,
folgt ein kurzer Überblick über Struktur und Ablauf einer Fernsehauftragsproduktion
am Beispiel eines 90 min Fernsehfilms. Was für den Fernsehfilm gilt, gilt aber
prinzipiell auch für alle anderen Genres der Fernsehprogrammherstellung.
Am Anfang jeden Fernsehprogramms steht eine Idee.
Beispiel: Ideen/Pitches für TV-Filme
Idiotentest
Drei Frauen, unterschiedlichen Alters und Herkunft treffen beim sog. „Idiotentest“
zusammen und helfen sich gegenseitig beim Test und bei der Bewältigung ihrer
kleinen und großen Krisen. (ZDF)
Ein großes Ding
Verfilmung der als „Gladebecker-Geiseldrama“ bekannten dramatischen Ereignisse.
(ZDF)
Frau Holle
Ein nach Scheidung von seinen Kindern getrennter Mann, verkleidet sich als als
Kindermädchen und heuert in der neuen Familie an, um seinen Kindern nahe zu
sein. (Einem US Kinofilm nachempfunden)
Besondere Schwere der Schuld
Ein wegen Besonderer Schwere der Schuld verurteilter Mörder kommt eines
Formfehlers wegen nach 25 Jahren frei, kehrt in sein Heimatdorf zurück. Dort wird er
Tag und Nacht auf Schritt und Tritt von der Polizei beobachtet und schafft es
dennoch zu beweisen, dass er seinerzeit unschuldig verurteilt wurde und überführt
den wahren Täter. (ARD)
Johann Holtrup
Aufstieg und Fall eines deutschen Top Managers auf der Basis des gleichnamigen
Romans von Rainald Goetze.
Diese Idee stammt heute in der Regel vom Auftragsproduzenten oder einem seiner
Mitarbeiter/Innen.
Eine Idee ist, sei sie nun originär, auf einer literarischen Vorlage basierend oder auf
einer wahren Begebenheit, aktuell oder historisch oder auch im In- oder Ausland
abgekupfert, sie ist zunächst an sich nichts wert und auch nicht schützbar.
Die Idee muss ausgearbeitet werden.
Deshalb beauftragt in der Regel der Produzent als Erstes einen Autor/in mit der
Ausarbeitung eines Exposees oder Pitchpapiers, in dem auf 2-5 Seiten die Story und
die Charaktere einer Handlung beschrieben werden.
Kosten für die Ausarbeitung eines Exposees: 2.000 – 6.000 €.
Der Produzent bietet das fertige Exposee der Redaktion eines Senders an und zwar
immer für einen ganz bestimmten Sendeplatz, eventuell schon mit Vorschlägen für
Darsteller, Autor, Regisseur, unter Umständen auch für eine Cofinanzierung.
Seite aus einem Treatment
Wenn die Redaktion interessiert ist, verabredet man, dass das Exposé zu einem
Treatment ausgearbeitet wird, im Treatment wird auf 10 – 20 Seiten der
Handlungsablauf detailliert, gegebenenfalls in einzelne Bilder aufgeteilt, beschrieben.
Kosten für die Ausarbeitung eines Treatments: 10.000 – 15.000 €
Wird das Treatment, nach dem es üblicherweise mehrfach überarbeitet wurde, dann
fertig vorgelegt, gibt es 2 Möglichkeiten:
Die Redaktion sagt nein und der Produzent muss 12.000 bis 20.000 € bis dahin
entstandene Entwicklungs-Kosten abschreiben.
Seite aus einem Drehbuch
Oder die Redaktion sagt ja: dann erteilt der Sender in der Regel einen bezahlten
Drehbuchauftrag (bei Serien muss der Produzent häufig auf eigenes Risiko weitere
Treatments oder Drehbücher entwickeln lassen).
Auch das Drehbuch wird mehrfach, ca. 4 – 10 mal bearbeitet , d.h. umgeschrieben.
Kosten für die Herstellung eines Drehbuchs ca 20.000 – 50.000 € , ist der Autor
derselbe, werden Exposee- und Treatmenthonorare angerechnet. Dazu kommen für
den Autoren im Falle der Realisation Wiederholungshonorar, Beteiligung am
Verkaufserlös oder eine einmalige Buyout-Zahlung.
Akzeptiert der Sender schließlich das Drehbuch, so ist ein Produktionsauftrag
wahrscheinlich - (vorbehaltlich der Zustimmung der Hauptabteilungsleitung, der
Gremien, der Berücksichtigung der Etatlage und der Einigung zwischen Produzent
und Sender über die Vertrags-Konditionen).
Das Risiko des Produzenten bis dahin:
Er muss die Kosten für eigenes Personal (zumindest für einen Producer) und die
Kosten für ein Entwicklungsbudget (Honorare, Recherchen, Reisekosten,
Rechtekosten) finanzieren.
Die Chance der Realisation eines Exposés zum vom Sender abgenommenen
Drehbuch ist ca. 1:10, beim Treatment wird durchschnittlich eins von fünf Treatments
realisiert. Beim Drehbuch eines von zweien.