Barbara FRALE, L'ultima battaglia dei Templari. Dal codice ombra d'obbedienza militare alla costruzione del processo per eresia (I libri di Viella 25) Roma 2001, Viella, XE u. 337 S., ISBN 88-8334-037-X, EUR 24,79. - Die Grundeinstellung der Autorin zum Prozeß gegen die Templer wird im Vorwort genannt: sie hält den Orden für unschuldig im Sinne der Anklage und sieht politisch-ökonomische Gründe verantwortlich für seinen letztlichen Untergang. Hauptquellen des Werkes sind die Monographien von Malcolm Barber, Alain Demurger und Peter Partner, sowie eine EDV-unterstützte systematische Auswertung der Prozeßprotokolle. - Die Autorin gibt zunächst (Kapitel l und 2) einen historischen Überblick über das Papsttum, die französische Monarchie und den Orden bzw. seine Führung im Vorfeld der Ereignisse. Sie charakterisiert die dramatis personae, wobei ihr eine Differenzierung der gängigen Meinung gelingt. Der Aspekt der Dipolarität zwischen dem Ordensvisitator Perraud und dem Ordensmeister Molay wird eingehend untersucht und als einer der internen Gründe für den Fall des Ordens vorgeführt. Nicht genug ausgeleuchtet erscheinen mir die Hintergründe der zeitgenössischen Kritik am Orden; im Wesentlichen werden hier die Quellen referiert. - Die Behandlung des juristischen Hintergrunds der Verfahren (Kapitel 3) folgt im Wesentlichen den Bahnen von Henry Ch. Lea. Eine genaue zeitliche Einordnung der Entwicklung der benannten Prozeßarten und insbesondere des Inquisitionsrechtes wäre wünschenswert gewesen, zumal während des Templerprozesses die Rechtslage keinesfalls klar war. Eine deutliche Unterscheidung zwischen den Provinzialkommissionen und der Allgemeinen Untersuchungskommission, die über den Orden als Gesamtheit inquirieren sollte, fehlt. Kapitel 4 und 5 stehen unter dem Thema der eigentlichen Prozeßanalyse. In ihnen offenbaren sich drei zentrale und schwerwiegende Probleme: 1. Die Autorin konzentriert sich vor allem auf die im französischen Raum durchgeführten Verfahren. 2. Sie greift Einzelaussagen als Exempel heraus. 3. Sie führt keinerlei Vergleich der Mehrfachaussagen einzelner Zeugen durch, noch prüft sie den Hintergrund eingehend ab, vor dem die einzelnen homogenenAussagen entstanden. Und dies, obwohl sie eines der Verfahren, nämlich jenes in Südfrankreich, durchaus als präjudizierend identifiziert und auf die Fingierung der Protokolle hinweist (S. 245). Gemäß dieser Vorgehensweise, die gerade anhand der vorgenommenen EDVtechnischen Auswertung nur zu einer Bestätigung der ,Schuld' (sprich einer realen Existenz von Mißbräuchen im Orden) führen konnte, erfolgt der ,Schuldspruch' durch die Autorin (S. 169 f.). Sie erkennt zwar, daß die Inkohärenz der Aussagen kein Verdikt wegen Häresie zuläßt - insofern Orden und Mitglieder also ,unschuldig' sind -, meint aber, daß durchaus pervertierte Rituale zur militärischen Initiation gedient hätten, und zwar ordensweit. Nicht eingegangen wird auf die Widersprüche, die einer solchen Annahme innewohnen und die sich zum Beispiel in den Mehrfachaus sagen einiger Zeugen stellen. In Kapitel 6 widmet sich die Autorin einer ge naueren Betrachtung der Anklagepunkte, die gegen die Templer ins Feld geführt wurden. Der häresiologischen Tradition, in der diese stehen, ist jedoch nicht tief genug nachgegangen worden. Ebenso zeigt sich eine Unkenntnis der Observanzen ma. Orden. Gerade ein Vergleich mit der monastischen Praxis anderer Orden hätte jedoch dazu beigetragen, einige im Templerorden geübte Bräuche vom Hauch des Absonderlichen und Mysteriösen zu befreien. Im ab schließenden Kapitel 7 stellt die Autorin den Templerprozeß den zeitgenössi schen Prozessen gegen Papst Bonifaz VU[. und Bischof Guichard von Troyes gegenüber und macht die Parallelen und die Technik der Anklageformung deutlich. Sie betont noch einmal, daß der Prozeß gegen die Templer als ein Element des Kampfes um die europäische Hegemonie zwischen französischem König und Papst zu sehen ist. Ein Anhang mit den verschiedenen Versionen der Anklagepunkte und anderen zentralen Dokumenten des Prozesses in italie nischer Übersetzung beschließt das Werk. Fazit: Eine lesenswerte Arbeit, die durch die zahlreichen ausführlichen Quellenzitate an Farbigkeit gewinnt. Die Einordnung des Templerprozesses in die Reihe politisch motivierter Prozesse ist deutlich, die Schlußfolgerung hinsichtlich der Schuldfrage ist jedoch auf grund der oben genannten Probleme fragwürdig. Anke Krüger Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Bd. 58,2 (2002)
© Copyright 2024 ExpyDoc