EMIR – Kundeninformation Oktober 2015 S Sparkasse KölnBonn Die europäische Derivateverordnung Als eine Reaktion auf die Finanzkrise wurden beim G20-Treffen im September 2009 Ziele zur Verbesserung der Markttransparenz, der Eindämmung von systemischen Risiken und dem Schutz vor Marktmissbrauch formuliert. Dieser Auftrag wurde mit der europäischen Marktinfrastruktur-Verordnung EMIR (European Market Infrastructure Regulation) umgesetzt, die am 16.08.2012 in Kraft getreten ist. Diese enthält Vorschriften, die nicht nur Banken und Sparkassen betreffen, sondern auch jedes europäische Unternehmen, das börsengehandelte oder außerbörsliche Derivategeschäfte (Over-the-Counter = OTCDerivate) abgeschlossen hat oder künftig abschließt. EMIR = European Market Infrastructure Regulation 1. Wer ist von den EMIR-Regelungen betroffen? Die Vorschriften der EMIR gelten für alle Unternehmen mit Sitz in der EU. Hierzu zählen: finanzielle Gegenparteien, wie z. B. Wertpapierfirmen, Kreditinstitute und Versicherungen nicht-finanzielle Gegenparteien, u. a.: privatrechtlich verfasste Unternehmen (insbesondere Kapitalgesellschaften) privatrechtlich verfasste Unternehmen der öffentlichen Hand Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform unternehmerisch tätige Personen und Personengesellschaften (z. B. GbR, Freiberufler, Einzelkaufleute usw.) EMIR betrifft Unternehmen und Kreditinstitute, die Derivate abschließen. EMIR unterscheidet finanzielle Gegenparteien nicht-finanzielle Gegenparteien Für Kunden, die keine Unternehmen im Sinne der EMIR sind, gelten die Anforderungen der EMIR nicht. 2. Pflichten für Unternehmen Mit Ausnahme der Meldung an Transaktionsregister (siehe 2.4) gelten die folgenden Pflichten nur für OTC-Derivategeschäfte. 2.1. Pflicht zur Nutzung zentraler Gegenparteien (Clearingpflicht) Unternehmen, deren Derivatevolumen bestimmte Schwellenwerte übersteigt, müssen eine zentrale Gegenpartei in ihre Transaktionen einbeziehen (sog. Central Counterparty Clearing), sofern sich das Geschäft auf ein standardisiertes Derivat bezieht. WICHTIG! Die Clearingpflicht besteht, wenn diese Schwellenwerte überschritten werden: 1 Mrd. EUR bei Aktien- oder Kreditderivaten bzw. 3 Mrd. EUR bei Zins-, Devisen- oder Warenderivaten. Besonderheiten: Transaktionen von Mitgliedern desselben Konzerns werden einander zugerechnet. Geschäfte, die objektiv messbar der Absicherung von Risiken aus der Geschäftstätigkeit des Unternehmens dienen, sind nicht mitzuzählen. Die Prüfung, ob diese Schwellenwerte überschritten werden, obliegt der nichtfinanziellen Gegenpartei. Clearingpflicht: Werden bei standardisierten Derivategeschäften bestimmte Volumina überschritten, muss eine zentrale Gegenpartei einbezogen werden. EMIR – Kundeninformation Oktober 2015 S Sparkasse KölnBonn 2.2. Maßnahmen der Risikominderung Bei Geschäften ohne Eintritt einer zentralen Gegenpartei, also solchen, die wie bisher rein bilateral zwischen Bank oder Sparkasse und ihren Kunden zustande kommen, müssen verschiedene Verfahren zur Risikominderung beachtet werden. Folgende Maßnahmen sind von allen europäischen Unternehmen, die bilaterale Derivategeschäfte abschließen, zu ergreifen: Rechtzeitige Vertragsbestätigung Derivategeschäfte müssen seit dem 15. März 2013 innerhalb bestimmter Fristen rückbestätigt werden. Diese betragen einen oder zwei Arbeitstage, je nach Derivatevolumen der beteiligten nicht-finanziellen Gegenpartei. Ist der Geschäftsabschluss nach 16:00 Uhr Ortszeit erfolgt, verlängert sich die jeweilige Bestätigungsfrist um einen Arbeitstag. Periodischer Bestandsabgleich Je nach Anzahl der miteinander geschlossenen ausstehenden Derivatetransaktionen müssen die Vertragsparteien seit dem 15. September 2013 einen periodischen Bestandsabgleich vornehmen. Für nicht-finanzielle Gegenparteien unterhalb der Clearingschwelle beträgt das Intervall zwischen zwei Prüfungen ein Jahr und bei mehr als 100 Verträgen drei Monate. Bei Derivategeschäften, die zwischen Kreditinstituten und ihren Kundengeschlossen werden, müssen die Vertragspartner Maßnahmen zur Risikominderung treffen: Rechtzeitige Vertragsbestätigung Periodischer Bestandsabgleich Prüfung einer Portfolioverkleinerung Vereinbarung eines Schlichtungsverfahrens Prüfung einer Portfolio-Verkleinerung Bei 500 oder mehr miteinander geschlossenen bilateralen Derivategeschäften haben die Parteien seit dem 15. September 2013 zweimal jährlich zu prüfen, ob ihr gemeinsames Portfolio verkleinert werden kann. Vereinbarung eines Schlichtungsverfahrens Ebenfalls seit dem 15. September 2013 müssen sich die Parteien vor dem Abschluss eines Derivategeschäfts auf ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten verständigt haben. Die o. g. Maßnahmen werden über en sog. EMIR-Anhang zum Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte geregelt. Unternehmen, die die oben genannten Schwellenwerte bei ihren Derivategeschäften überschreiten (Clearingpflicht), unterliegen auch im Rahmen der bilateralen Risikosteuerung strengeren Anforderungen als nicht-finanzielle Gegenparteien unterhalb dieser Freigrenzen: Sie müssen zusätzlich eine tägliche Bewertung und eine Besicherung ihrer Positionen vornehmen. Darüber hinaus gelten für diese Unternehmen kürzere Fristen bei Bestätigung und Bestandsabgleich. Für clearingpflichtige Unternehmen gelten strengere Maßnahmen zur Risikominderung. 2.3. Nachweispflicht Ab einem außerbörslich gehandelten OTC-Derivatevolumen von 100 Mio. Euro Gesamtnominale oder mehr als 100 OTC-Derivategeschäften haben sich nicht-finanzielle Gegenparteien, die als Kapitalgesellschaft verfasst und keine kleinen Kapitalgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuches sind, durch einen Wirtschaftsprüfer bescheinigen zu lassen, dass sie die Anforderungen der EMIR einhalten können. Entsprechendes gilt für nicht-finanzielle Gegenparteien in Form offener Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften im Sinne des § 264a Abs. 1 HGB. Ab einem bestimmten OTCDerivatevolumen müssen sich Kapitalgesellschaften durch einen Wirtschaftsprüfer bescheinigen lassen, dass sie die Anforderungen der EMIR einhalten können. 2.4. Meldung an Transaktionsregister Alle Derivategeschäfte – unabhängig ob börslich oder außerbörslich zustande gekommen – müssen an ein Transaktionsregister gemeldet werden. Diese Pflicht trifft auch alle nicht-finanziellen Gegenparteien. Jedes Derivategeschäft muss an ein Transaktionsregister gemeldet werden. EMIR – Kundeninformation Oktober 2015 S Sparkasse KölnBonn Delegation der Meldepflicht Die Erfüllung der Meldepflicht kann auf die andere Vertragspartei oder einen Dritten delegiert werden. Jedoch bleibt der Meldepflichtige auch nach einer solchen Delegation rechtlich verantwortlich dafür, dass die Meldungen seiner Geschäfte ordnungsgemäß erfolgen. Die Sparkasse KölnBonn kann die Meldung für ihre Kunden übernehmen. Voraussetzung hierfür ist der Abschluss eines entsprechenden Meldevertrages. Umfang der Meldepflicht Von der Meldepflicht erfasst sind in sachlicher Hinsicht alle Derivatetransaktionen, ganz gleich, ob sie OTC oder an Börsen zustande kommen, und in zeitlicher Hinsicht alle Geschäfte, die bei Inkrafttreten der EMIR am 16. August 2012 noch ausstanden oder seitdem geschlossen wurden. Die Meldefrist beträgt jeweils einen Arbeitstag nach dem Abschluss, der Änderung oder Beendigung eines Derivategeschäfts. Alle Derivate, die am 16. August 2012 bestanden oder danach vereinbart wurden, müssen gemeldet bzw. nachgemeldet werden. Beginn der Meldepflicht Der Beginn der Meldepflicht war für alle Derivateklassen einheitlich der 12.02.2014. Meldepflicht für OTC-Derivate seit 12.02.2014 Nachmeldefristen Für Geschäfte, die früher geschlossen wurden, ist eine Nachfrist vorgesehen. Sie beträgt 90 Tag für Transaktionen, die bei Beginn der Meldepflicht noch ausstehen und drei Jahre für solche, die bis dahin ausgelaufen sind. Nachmeldefristen gelten für Geschäfte, die vor Beginn der Meldepflicht geschlossen wurden. Transaktionskosten der Meldungen Die Sparkasse KölnBonn stellt ihren Kunden für die Durchführung der Meldung zunächst keine Kosten in Rechnung. Legal Entity Identifier (LEI) Teil des Meldesatzes ist eine Kennnummer zur Identifizierung der an dem Derivategeschäft beteiligten Vertragsparteien. Standard ist der sog. Legal Entity Identifier (LEI), mit dem sich ein Unternehmen weltweit ausweisen kann. Für die Meldung benötigt jedes Unternehmen eine Firmenidentifikationsnummer, den Legal Entity Identifier (LEI) WICHTIG! LEI beantragen und regelmäßig verlängern Jedes Unternehmen muss seinen LEI selbst beantragen – unabhängig davon, ob die meldepflicht delegiert wird oder nicht. Die Zuteilung des LEI erfolgt durch den von der BaFin autorisierten Anbieter WM Datenservice und ausschließlich im Internet unter www.geiportal.org. Die Bezeichnung auf der Website von WM Datenservice lautet "GEI". Beantragen Sie jetzt Ihren LEI unter www.geiportal.org Um zeitliche Engpässe bei der Vergabe des LEI zu vermeiden, sollte dieser frühzeitig beantragt werden. Kosten des LEI Derzeit kostet die Beantragung des GEI einmalig 158,50 EUR zzgl. USt. Für die Verwaltung und jährliche Verlängerung fallen aktuell zusätzlich 108,50 EUR zzgl. USt. pro Jahr an. 3. Weitere Informationen Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.sparkasse-koelnbonn.de/emir. Die Beantragung des LEI und seine Verwaltung/ jährliche Verlängerung sind kostenpflichtig.
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