Datum: 21.12.2015 Der Bund 3001 Bern 031/ 385 11 11 www.derbund.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 44'411 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Themen-Nr.: 833.009 Abo-Nr.: 833009 Seite: 25 Fläche: 40'133 mm² Der Luftibus und sein tragischer Rivale Ebenso unterhaltsam wie abgründig: Katharina Rupp inszeniert am Theater Biel-Solothurn Peter Shaffers «Amadeus». Charles Linsmayer Peter Shaffers Stück «Amadeus», uraufgeführt 1979 im Londoner Nationaltheater, hat insbesondere durch Milos For- Ende im Namen der Mittelmässigen die- Joseph, Mario Gremlich als korrupter Operndirektor, Jan-Philip Walter Heinser Welt denn auch verflucht. zel als pompöser Nationalbibliothekar Eingebettet in den abendfüllenden Mo- und Wolfram Schneider-Lastin als in die mans Verfilmung 1984 einen ganz nolog Salieris müssten es die übrigen Jahre gekommener Kapellmeister. Mit Schalk und Witz neuen, populären Mozart kreiert, der Beteiligten eigentlich schwer haben, Ein homogenes Ganzes bis in die Mode und die Rockmusik hin- sich in Szene zu setzen, und doch ge- Zwischen dem «Confutatis» aus dem Reein Spuren hinterliess. Vom Denkmal heruntergeholt, treibt da ein frecher, schamloser junger Mann seinen Schabernack; unter den Zeitgenossen kann einzig der weit weniger be- lingt es der Inszenierung - zwischen Sa- quiem, mit dem der Abend beginnt, und lieris Tragödie und den Auftritten Mo- den schweren leisen Tönen aus der gleizarts, der noch im Tod über seinen hin- chen Totenmesse am Schluss erlebte ein terhältigen Gegner triumphiert - eine zunehmend begeisterter wirkendes schöne Balance zu halten. Das ist zum einen der klug dosierten Konkurrent Antonio Salieri erkennen, Einspielung von Mozarts Kompositionen dass sich hinter dem Luftibus ein Jahr- zu verdanken, die für sich selbst spregabte, von Neid auf den Rivalen geplagte hellwaches Publikum am Samstagabend in Solothurn eine Premiere, bei der man tausendgenie verbirgt. Für diesen Sa- chen, zum anderen verdankt es sich lieri hält Peter Shaffers Stück denn auch aber auch der Art und Weise, wie Mat- nicht wusste, was man mehr bewundern sollte: die in sich geschlossene, temperamentvoll und stilsicher ihren Gang gehende Gesamtleistung eines bestens disponierten Ensembles oder die Tragödie dieses unglücklichen Sa- eine absolute Glanzrolle bereit - und Regisseurin Katharina Rupp hat gut daran getan, sie mit dem Charakterkopf Günter Baumann zu besetzen, der darin sein ganzes, beträchtliches Können einzusetzen versteht. «Warum um alles in der Welt sollte er so etwas tun», fragen sich die zwei witzigen, dem Abend eine komödiantische thias Schoch diesen Mozart darstellt: mit Schalk und Witz, herzlichem Gelächter, nicht unterzukriegender, froher Laune und einer unverfänglichen Arglosigkeit, die das Publikum immer stärker für ihn einnimmt. Sympathie erregen auch die traurigzärtliche, noch in Mozarts Todesstunde innig-glaubwürdige Liebesgeschichte lieri. Günter Baumann weiss seiner Figur alle nur denkbaren Facetten zu verleihen: das Tückisch-Verzweifelte von Paul Scofield bei der Londoner Aufführung von 1979, die innere Zerrissenheit von Wolfgang Reichmann bei der Schweizer Note vermittelnden «Venticelli» (Lou mit der von Natalina Muggli hinreissend Erstaufführung im Schauspielhaus ZüElias Bihler, Dimitri Stapfer), als sie das gespielten Konstanze und sein lustiges rich von 1982 und nicht zuletzt auch jeGerücht von Mozarts Ermordung durch Techtelmechtel mit Atina Tabe als nes Verhalten-Beseelte, wie es der unSalieri in die Welt setzen. So wie Katha- ebenso leichtsinniger wie stimmgewalti- vergessene Siegfried Meisner der Figur rina Rupp das Stück umsetzt, beantwor- ger Salieri-Schülerin Katharina. Nicht 1999 im Berner Effingertheater zu vertet die Aufführung die Frage psycholo- zuletzt aber profitiert der jugendlich un- mitteln wusste. gisch: Nicht gegen Mozart kämpft der verfrorene Komponist vom wunderbar gläubige Christ Salieri letztlich, sondern komödiantisch ausgefeilten Gegensatz Premiere in Biel: 7. Januar 2016 gegen Gott, der ihm das Signum der Ge- zum steif-konventionellen Hofstaat: Tim nialität verweigert hat und den er am Mackenbrock als gravitätischer Kaiser Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 60114432 Ausschnitt Seite: 1/2 Bericht Seite: 4/40
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