Druckversion - Hanfanbau: Regierung plant Cannabis

13. Januar 2016, 13:27 Uhr
Hanfanbau
Regierung plant Cannabis-Agentur
Zur medizinischen Therapie konnten Patienten bisher nur per Sonderregelung Cannabis
erhalten - etwa zur Schmerzlinderung bei schweren Krankheiten. Zukünftig soll eine neu
gegründete Cannabis-Agentur das Verfahren vereinfachen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will die strengen Auflagen für die Verordnung von
medizinischem Cannabis lockern und Patienten leichter Zugang verschaffen. Laut einem Bericht der ARD
soll der Anbau und Vertrieb von einer neu gegründeten Cannabis-Agentur übernommen werden. Dafür
hat Gröhe einen Referentenentwurf vorgelegt. Die Agentur soll in Bonn beim Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt werden, zudem soll der Anbau unter
landwirtschaftlichen Betrieben ausgeschrieben werden.
"Das ist etwas komplett Neues. Die Landwirtschaft hilft uns, hier ein Produkt anzubauen, das sonst nicht
für den Verkauf angeboten werden darf. Das muss man auf eine rechtssichere Art und Weise machen,
damit das Ganze nicht beklagbar ist", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Karl
Lauterbach, dem Sender zu dem Entwurf. Die Cannabis-Agentur soll zudem die Qualität der Droge
überwachen und sicherstellen, dass er in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht sowie die
Belieferung mit Großhändlern übernehmen.
Cannabis kommt bei schweren Krankheiten wie Krebs oder Multipler Sklerose zum Einsatz. Bisher gibt es
einige wenige Präparate, die teilweise von Apotheken aus dem Ausland importiert werden mussten. In
Ausnahmefällen benötigen Patienten - derzeit sind es etwas über 500 in Deutschland - eine
Sondergenehmigung des BfArM, bevor sie Cannabis über eine Apotheke beziehen können. Das soll
künftig entfallen. Zudem war diese Regelung mit hohen Kosten verbunden. Viele Patienten setzen
deshalb auch auf einen Eigenanbau, bei dem die Dosis aber stark schwanken kann.
Das will Gröhe mit der Neuregelung verhindern. Zudem soll die Therapie mit Cannabis in ärztliche
Verantwortung gegeben werden, so die Idee. Die Opposition sieht den Vorstoß ab kritisch: "Gröhes
Vorschläge verbessern die Behandlungssituation von Betroffenen nur minimal. Cannabishaltige
Medikamente sollen weiterhin nur dann verschrieben werden dürfen, wenn die Betroffenen alle anderen
Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausprobiert haben. Zudem soll die Krankenkasse erst dann zahlen,
wenn sich die Betroffenen für die Forschung zur Verfügung stellen", so Harald Terpe, drogenpolitischer
Sprecher der Bundestagsfraktion von den Grünen.
Allerdings ist der Nutzen von Cannabis zu medizinischen Zwecken nicht vollständig geklärt und für viele
Bereiche bisher schlecht untersucht. Bei den bekanntesten Anwendungen von Cannabis, etwa der
Linderung von chronischen Schmerzen oder von Übelkeit im Rahmen einer Chemotherapie, gibt es einer
Studie zufolge Hinweise auf eine positive Wirkung. Bei vielen anderen Krankheiten ist die Wirkung jedoch
kaum untersucht. Viele Mediziner berichten von guten Erfahrungen mit der Anwendung.
joe
URL:
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/hermann-groehe-plant-cannabis-agentur-um-hanfanbauzu-regeln-a-1071790.html
Mehr auf SPIEGEL ONLINE:
Cannabis als Arznei: Viel Hype, wenig Substanz (24.06.2015)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/medizinisches-cannabis-was-aerzte-ueber-die-wirkungwissen-a-1040100.html
Israel: Tausende Patienten schwören auf Cannabis-Medikamente (17.06.2015)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-in-israel-jali-kichert-viel-a1039247.html
Strafrechtler für Cannabis-Freigabe: "Es gibt ein Recht auf Rausch" (14.06.2015)
http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/cannabis-strafrechtler-lorenz-boellinger-fordertlegalisierung-a-1038647.html
Deutschland: 382 Schwerkranke erhalten Cannabis als Medikament (04.03.2015)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-382-schmerzpatienten-erhaltenes-legal-a-1021659.html
Hunger-Schalter im Gehirn: Warum Cannabis Fressattacken auslöst (19.02.2015)
http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/cannabis-warum-marihuana-fress-attacken-ausloesta-1019059.html
Britische Studie: Konsum von starkem Cannabis kann Risiko für Psychose erhöhen (18.02.2015)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-erhoeht-kiffen-das-risiko-fuer-eine-psychosea-1018961.html
Schwerkranke Patienten: Endlich Cannabis auf Kosten der Kassen (03.02.2015)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-fuer-schwerkranke-krankenkassen-sollen-kostenuebernehmen-a-1016421.html
Wirkstoff THC: "Cannabis ist kein Wundermedikament" (17.09.2014)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/thc-in-der-medizin-cannabis-bei-touretteund-krebspatienten-a-991956.html
THC als Medizin: Apotheken-Cannabis könnte viel billiger sein (17.09.2014)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/medizinisches-cannabis-warum-der-preis-in-der-apothekeso-hoch-ist-a-991904.html
Droge als Arznei: Bei diesen Krankheiten kann Cannabis helfen (22.07.2014)
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-bei-krebs-ms-oder-aids-kann-die-droge-helfena-982282.html
Mehr im Internet
Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums
http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/c/cannabis/cannabis-als-medizin.html
SPIEGEL ONLINE ist nicht verantwortlich
für die Inhalte externer Internetseiten.
© SPIEGEL ONLINE 2016
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH