Therapiekonzepte bei orofazialen Dyskinesien (myofunktionelle

Therapiekonzepte bei orofazialen Dyskinesien (myofunktionelle Therapie)
Geschichte der Myotherapie
Rogers 1910
• erkannte Bedeutung der Muskulatur bei der Behandlung von Gebißanomalien
• rein myofunktionelle Behandlung der Distalbißgruppe ohne apparative Unterstützung
• Kaumuskulatur und mimische Muskulatur sind lebende Regulierungsapparate („living
orthodontic appliances“)
Entwicklung der Myotherapie
Lippentraining/Orbikularisübungen:
•Kräftigung der Lippenmuskulatur bei offenem Biß durch den Lippenaktivator nach Dass
•Festhalten einer Spielkarte als Übung bei Distalbiß nach Duyzings
Newell 1912
Mundvorhofplatte zur Umstellung auf Nasenatmung
Körbitz/Schönherr
Lippenformer - über diesen Umweg beeinflußt die Mund- bzw. Zungenmuskulatur die
Zahnstellung
Morbus Down (1966) (Down-Syndrom, Trisomie 21)
Symtomatik
• rundlicher Minderwuchs
• Brachyzephalie (Breitschädel)
• schräge Augenstellung
• Epikanthus (Hautfalte am medianen Winkel des Oberlides)
• Hypertelorismus
• breite Nasenwurzel
• tief ansetzende Ohren
• offener Mund mit erhöhtem Speichelfluß
• Makroglossie
Anomalien im Zahnsystem
• Nichtanlage von Zähnen
• eigenes Wachstumsmuster d. Gesichtsschädels mit geringer posteriorer Gesichtshöhe
• Zungenfehllage, geringer Zungentonus
Problematik:
– Zungenlage und Tonus führen zu einer Abdeckung der UK-Zahnreihe
– erhöhter Speichelfluß - Rhagaden
– retardierter Gesichtsausdruck
Ober- und Unterkiefer
– zunächst gute Stellung zw. OK und UK bzw. UK erscheint kleiner als OK
– während der Entwicklung verändert sich die Stellung der Kiefer, Vorverlagerung des UK
bis hin zur Progenie
Kopf- und Körperhaltung
– Hypotonie und visuelle Problematik
– Kopf rekliniert, dies verstärkte Halswirbelsäulen-lordose, Schultern protrahiert, dies führt
zur ausgeprägten Dorsalkyphose, Lumballordose verschwindet und führt zu einer
anormalen Sitzhaltung
– Kopfreklination begünstigt Mandibulavorverlagerung, weitere Faktoren sind Mundatmung,
Schlaffheit der Kiefergelenkbänder und Hypotonie der Mm. temporalis und masseter
Atmung
– ausschließlich Mundatmung, deshalb offene Mundhaltung
– Nasenatmung unmöglich, da eine Schleimhaut-hypertrophie der Nasenmuschel vorliegt
und somit die Choanen verlegen und damit das Lumen des Luftweges vermindern
Therapie
therapeutischer Ansatz: Mobilitätsschulung der Zunge um funkt. Mundschluß zu erreichen
• Konzept (Reiztherapie) nach Castillo-Morales
• frühzeitig Stimulationsplatten (Platten mit Reizkörpern zur taktilen Stimulation) zur
Normalisierung der Zungenlage (Mundschluß ermöglicht) um eine physiolog. Entwicklung zu
gewährleisten
• komplexe Rehabilation: KFO, Logopädie, Physiotherapie, Pädiatrie, Orthopäden usw.
• Stimulationskörper an OK-Platte weit dorsal
• 3-5 mm über Platte hohllegen, Durchm. ca. 3-4mm
• Platten alle 3-4 Mo. neu, dabei Stimulationskörper langsam Richtung anterior bewegen um
die Zungenspitze immer mehr zu trainieren und eine bessere Schluck- und Sprechfunktion zu
erreichen, Harmonisierung Kiefer/ Gesichtsbeziehungen
• zusätzliche Pelotten zur Stimulation der periorbicullären Muskulatur (Lippen, Mundschluß
usw.)
• logopäd. Begleittherapie ( einschl. Mundschlußübungen)
Gewöhnung an die Platte
• vorsichtig und mit Gefühl einsetzen
• größere Kinder bekommen Platte zum Spielen
• Platte über Tag verteilt 4-6 Stunden mit 2 Stunden Pause eingesetzt
• beim Essen wird Platte herausgenommen
• in der Nacht zur Beruhigung der Eltern nicht tragen
• im 1.Lebensjahr sind 4 Platten nötig, die alle 3 Monate erneuert werden müssen
• Plattenkontrolle unerläßlich
• genaue Aufklärung der Eltern über Ziel und Neben-wirkung der Platte, um evt. frühere
Kontrolltermine zu vereinbaren
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Platte haftet am Gaumen, selten Haftmittel nutzen
bei Zahndurchbruch werden Perforationen in Platte nötig
bei kompletten Zahndurchbruch werden Halteklammern aus Metall genutzt
exakte Indikation, nie als Prophylaxeplatte nutzen
bei älteren Kindern kieferorthopädische Kombinations-behandlung möglich, z.B.
Gaumenexpansion
Pierre Robin-Syndrom (1929) (kongenitale Mikrogenie)
Entstehung
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Urrückbiß nicht ausgeglichen
durch Gaumenspalte keine Vorentwicklung und -verlagerung der Zunge, Wachstumsschub für
UK fehlt
Symptomatik
• lebensbedrohliche Zustände durch Glossophtose (sofortiges pädiatrisches Eingreifen nach der
Geburt erforderlich, Zunge nach vorn verlegt)
• Atembehinderung mit typischen Stridor
Therapie
• Gefahr: akute Erstickung durch Glossophtose
• Kfo - sofortige Abdeckung der meist stark ausgeprägten Gaumenspalte durch Trinkplatte mit
taktilen Zusatzbehelfen als Stimulationsplatte
• wenn kein Selbstausgleich der UK-Rücklage durch die Zungenstimmulation und vorverlagerung erfolgt, Frühbehandlung zur sagittalen Nachentwicklung des UK nach
Gaumenverschluß (Frühbehandlungsgerät nach Fränkel)
• begleitende myofunktionelle Therapie
Grundregeln einen Ablaufkonzeptes
Instruieren
Sensibilisieren
Mobilisieren
Koordinieren
Motivieren
Orientieren
Eutonisieren
Habitualisieren
Formenraten
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Zungentraining zum Erkennen von Fremdkörpern im Speisebolus
mit Hilfe von Übungskörpern
1-2-3-Übung
•Zunge hält den Ring genau auf den Punkt (Pap. Incisiva)
•Seitenzähne aufeinanderlegen - Lippen offen lassen
•Schlucken
Dicke Lippe
Weil die Unterlippe ständig zwischen die Zähne rutscht oder gegen die unteren Schneidezähne
drückt und damit das ganze Gebiß schief werden läßt, soll sie lernen, wo sie eigentlich hingehört.
Zu diesem Zweck haben wir uns die Rolle ausgedacht. Wenn sie zwischen Zähnen und Lippe
klemmt, kann nichts Böses mehr passieren, und die Lippe kann sich langsam daran gewöhnen,
wo sie eigentlich sein soll. Und damit sie sich auch richtig daran gewöhnen kann, muß man das
Röllchen natürlich so oft wie möglich im Mund haben, immer an der richtigen Stelle. Später muß
man dann üben, wie es auch ohne geht.
Gorilla
• Der UK senkt sich, die Lippen bleiben während der gesamten Übung geschlossen.
• Die Zungenspitze schiebt sich über die Schneidekanten der unteren Frontzähne hinweg in das
Vestibulum und drückt gegen das Gewebe.
• Die Kinnmuskulatur wird möglichst nicht angespannt, die Stellung wird zählend gehalten.
Dann zurück zum Ausgang.