Erneuerbare Energien 45 ■ BAUERNBLATT | 23. Januar 2016 Zukunft Windenergieplanung in Schleswig-Holstein Albig informierte über weiteren Ausbau Die Windenergieplanung in Schleswig-Hostein wird derzeit neu ausgerichtet. Als Konsequenz aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig, bei dem die bisherigen Verfahren zur Ausweisung von Windeignungsgebieten für unwirksam erklärt wurden, hat die Landesregierung die Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes Schleswig-Holstein 2010 sowie die sachliche Teil aufstellung der Regionalpläne beschlossen. Ministerpräsident Torsten Albig und seine Fachleute von der Landesplanung hatten eingeladen, um über den geplanten weiteren Ausbau der Windenergienutzung im nördlichsten und windstärksten Bundesland zu informieren. Etwa 600 Windkraftbefürworter und Kritiker der Windenergienutzung füllten den großen Vortragsraum des Regionalen Bildungszentrums Wirtschaft (RBZ) am Kieler West ring. Die Pläne des Landes stoßen nicht bei jedem auf Akzeptanz. So bekam Albig auf dem Weg zu seinem Einführungsvortrag den lautstark vorgetragenen Unmut von etwa 150 Windkraftgegnern zu spüren, die sich bereits eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn mit zahlreichen Plakaten im Zugangsbereich des RBZ postiert hatten. Geordneter Ausbau Begleitet von zahlreichen Pfiffen und Zwischenrufen der Windkraftgegner informierte der Ministerpräsident über die Notwendigkeit der landesweiten Windkraftplanung. Wer einen ungesteuerten Ausbau nicht wolle, müsse rechtssicher planen. Dies sei erforderlich geworden, da das Oberverwaltungsgericht in Schleswig Anfang 2015 die bisherige Planung gekippt hat. Ohne konkrete Planung mit der Festlegung von Vorrang- und Ausschlussflächen für die Windenergienutzung in neu aufzustellenden Regionalplänen sei ein ungeordneter und extrem starker Ausbau in den kommenden Jahren zu erwarten, sagte Albig. Mit einem geordneten Ausbau der Stromerzeugenden Wind energieprojekte wolle das Land Schleswig-Holstein seinen Beitrag zur Energiewende leisten. Die neu- en Regionalpläne sind erst 2017 zu erwarten. Sie werden dann Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung enthalten. Außerhalb der Vorranggebiete wird es also keine Genehmigungen für einzelne große Windkraftanlagen oder Windparkprojekte geben. Die Vorranggebiete sollen über die Anwendung von Tabu- und Abwägungskriterien gefunden werden. Tabu sind zum Beispiel Naturschutzgebiete und Abstände von Wohngebäuden im Außenbereich unter 400 m. Von den Brutplätzen geschützter Großvögel, Wäldern, Straßen, Richtfunkstrecken und so weiter sind Mindestabstände einzuhalten. Belange des Denkmalschutzes sind zu berücksichtigen. Listen mit harten und weichen Tabuzonen sowie den Abwägungskriterien sind bereits vom Land veröffentlicht worden. Ebenfalls im Internet einsehbar und herunterzuladen sind seit Anfang November 2015 Karten für das ganze Bundesland mit Abwägungsbereichen. Die dort gelb markierten Suchräume mit einem Umfang von 7,8 % der Landesfläche sind noch keine Vorranggebiete. Sie werden im Rahmen der weiteren Abwägungen noch sehr stark reduziert, da nur 0,9 % der Landesfläche nicht von Abwägungskriterien betroffen sind. Es muss aber mehr als 0,9% der Landesfläche für die Windenergienutzung bereitgestellt werden, wenn die im Energiewende- und Klimaschutzbericht der Landesregierung für 2025 angestrebten Ziele erreicht werden sollen. Danach soll der Ausbau so erfolgen, dass 2025 in Schleswig-Holstein aus Erneuerbaren Energieträgern (Wind, Sonne und Biogas) 300 % des Strombedarfes erzeugt werden können. Der Bericht ist als Landtagsdrucksache 18/3074 im Internet einsehund herunterladbar. Der Ausbau geht weiter: Das Land Schleswig-Holstein richtet die Windenergieplanung neu aus und stellte in einer Informationsveranstaltung die neue Teilfortschreibung der Regionalpläne vor. Foto: Walter Eggersglüß Außenbereich und 800 m zu Ortschaften nicht erhöhen, wie von zahlreichen Kritikern gefordert wird. Die Grenzwerte der Technischen Anleitung zum Schutz ge- gen Lärm (TA Lärm) müssen allerdings immer eingehalten werden, was bei einigen Windparkprojekten in den Nachtstunden eine schallreduzierte Betriebswei- ) Mindestabstände bleiben Die Stromerzeugung durch Windenergieanlagen an Land ist dafür innerhalb der nächsten zehn Jahre zu verdoppeln. Das Land will deshalb die Mindestabstände von Wind energieanlagen zur Wohnbebauung von dreifacher Anlagen-Gesamthöhe beziehungsweise 400 m zu Wohnbebauung im Hanseatisches Schlackenkontor t ARGE V Vertrieb ti b ������� ������������ � ���������������������� � ��������������������� 46 Erneuerbare Energien se erfordert. Würden die von einigen Initiativen geforderten Mindestabstände zu jeglicher Wohnbebauung von 2 km eingehalten, bliebe nur eine Landesfläche von 0,001 % für die Windenergie übrig. Auch ein Mindestabstand von 1 km zu jeglicher Wohnbebauung würde zu einer nutzbaren Fläche von nur 0,8 % der Landesfläche führen, sodass laut Landesplanung die gesteckten Ziele für 2025 nicht erreichbar wären. Die Landesplanung will bis zur Jahresmitte 2016 Planentwürfe erarbeiten, die vom Landesplanungsrat und dem Kabinett zügig verabschiedet werden sollen, sodass im August 2016 das Beteiligungsverfahren beginnen kann. Bereits im Frühjahr 2016 soll in Regionalveranstaltungen dazu öffentlich informiert werden, und die aktuellen Dokumente werden auf den Landesseiten im Internet einsehbar sein. Bis zum 5. Juni 2017 sind neue Windparks allgemein unzulässig, aber es sind Ausnahmen möglich. Ab dem ersten Regionalplanentwurf und der ersten Anhö- BAUERNBLATT | 23. Januar 2016 ■ 0,9 % der Landesfläche muss für die Windenergienutzung bereitgestellt werden, um die Klimaziele zu erreichen. Foto: nordex/Francis Cormon rung werden nur die neuen Projekte auf Ausnahmefähigkeit überprüft, die in den 2012 ausgewiesenen Flächen liegen und nicht von den aktuellen Tabukriterien betroffen sind. Hunderte Windkraft- anlagen Schleswig-Holsteins sind 15 Jahre und länger in Betrieb. In den vergangenen Jahren wurde der Ersatz von Altanlagen durch weniger, aber leistungsfähigere Neuanlagen gefördert. Zukünftig soll es keine Sonderrechte mehr geben. Die Ersatzanlagen sind in den neuen Vorrangflächen zu installieren und werden wie sonstige Neuanlagen behandelt. Das wird besonders die älteren Bürgerwindprojekte treffen, die ihre Anlagen ja bewusst in der Heimatgemeinde platziert haben. Sie sind beim Anlagenaustausch wenig flexibel in der Standortwahl. Insgesamt sieht die zukünftige Planung des Landes neben den Veröffentlichungen im Internet weiterhin eine Einbeziehung der Öffentlichkeit durch Auslegung der Planentwürfe bei Kreisen und Ämtern vor. Jeder kann sich mit einer Stellungnahme einbringen. Ablehnende Beschlüsse der Gemeinden oder negative Bürgerentscheide werden aber zukünftig weniger Bedeutung haben, denn gemäß des OVG-Urteils sind bloße Bekundungen ohne fachlich fundierte Begründungen unbeachtlich. FAZIT Der Ausbau der Windenergie nutzung wird auch in Schleswig-Holstein weitergehen, dings aktuell mit deutaller lich reduziertem Umfang. Das Land wird dabei versuchen, mit gerichtsfesten Mitteln ordnend einzugreifen, um den Wildwuchs zu verhindern und die mehrheitlich vorhandene Akzeptanz der Bevölkerung nicht zu gefährden. Das kostet Zeit vor dem Hintergrund eines noch 2016 in Kraft tretenden EEG mit Ausschreibungsverfahren. Bürgernahe Projekte sind dann noch schwieriger umzusetzen. Walter Eggersglüß Landwirtschaftskammer Energietechnik Stellungnahme Bundesverband Windenergie Offshorebilanz 2015 Ausbaudynamik nicht gefährden Rekordjahr für Windindustrie auf See Der Bundesverband Windenergie (BWE) fürchtet eine falsche Weichenstellung der schleswig-holsteinischen Landesregierung beim Ausbau der Windenergienutzung. Im Zuge der Auftaktveranstaltung der Landesregierung zur neuen Regionalplanung in Kiel forderte der BWE-Landesvorsitzende Reinhard Christiansen das Land dazu auf, die Ausbaudynamik nicht länger zu gefährden. „Die Windenergie sichert in Schleswig-Holstein mehr als 9.000 Menschen eine fair gezahlte Beschäftigung. Sie sorgt darüber hinaus auch für Finanzflüsse, von denen Kommunen und Land deutlich profitieren. Dies unterstreicht: Mit der Energiewende gewinnt Schleswig-Holstein an Anziehungskraft. Kristallklar Solarreinigung mit entmineralisiertem Wasser PV-Werterhalt + Pflege Telefon 01 76 - 62 63 57 65 Solarreinigung + Service Nord Nachhaltige Entfernung von Algen, Moosen und Flechten Tel. 0160/9849-4208 www.srnord.de Diese Fakten lassen sich nicht wegwischen. Wir fordern deswegen die Landesregierung auf, endlich den Fuß von der Bremse zu nehmen“, erklärte Reinhard Christiansen in einer Pressemitteilung der BWE-Landesgeschäftsstelle Schleswig-Holstein. „Windkraftanlagen gehören inzwischen wie die Windmühlen im 18. Jahrhundert zum festen Bestandteil der heimischen Kulturlandschaft. Dabei stehen diese heute auf lediglich 1,7 % der Landesfläche. Über 98 % des Landes leisten also keinen Beitrag zur Gewinnung der preiswerten Windenergie an Land. Die Landesregierung darf die ökologischen und ökonomischen Vorteile der kostengünstigsten Energiegewinnung bei der Regionalplanung nicht aus den Augen verlieren“, betonte Christiansen weiter. Für 2016 sind keine weiteren Windkraftprojekte geplant, „das ist ein Rückschlag für die Branche“, erklärte Nicole Knudsen von der BWE-Landesgeschäftsstelle Schleswig-Holstein. Und auch im geplanten Ausschreibungsverfahren sehe sie Nachteile für Bürgerwindprojekte. Das gefährde die Akzeptanz in der Bevölkerung. „Wir wollen eine echte Energiewende, das geht nur mit einem planbaren Ausbau der Windenergie.“ pm Vergangenes Jahr speisten 546 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 2.282,4 MW in Deutschland erstmals ins Netz ein. Damit waren zum 31. Dezember 2015 insgesamt 792 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3.294,9 MW am Netz. liegenden Jahres als Ausnahmeerscheinung. Das führt sie darauf zurück, dass es bei der Fertigstellung von Offshore-Netzanschlüssen seit 2013 zu Problemen und Verzögerungen kam, die sich erst im vergangenen Jahr auflösen konnten. Die Branche prognostiziert für 2016 einen Zubau von rund 700 MW. Der Grundstein für einen nachhaltigen Heimatmarkt wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 gelegt. Ein kontinuierliches jährliches Ausbauvolumen von mindestens 900 MW ab 2021 würde die Grundlage dafür bilden, die Kosten der Offshore-Windenergie zu senken und einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. pm Weitere 41 Anlagen mit 246 MW Leistung wurden vergangenes Jahr vollständig errichtet, warteten aber Ende 2015 auf See noch darauf, ans Netz angeschlossen zu werden. Weiter wurden 122 Fundamente errichtet, die der Installation der Windenergieanlagen im Jahr 2016 dienen werden. Laut der AG Energiebilanzen wurden im vergangenen Jahr auf See über 8 TWh Strom produziert. Dies entspricht dem Strombedarf von über zwei Millionen Haushalten oder etwa 1,4 % der Bruttostromversorgung in Deutschland. Die Offshore-Wind energiebranche bewertet den un- Den Rekordzubau von Offshoreanlagen bewertet die gewöhnlich hohen Branche als Ausnahmeerscheinung. Zubau des zurück- Foto: bwe/Christian Hinsch
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