Das Wesentliche zuerst – Klug sein hat Vorteile (Predigt von Willi Beck) I. Einführung Ich stehe an der Tür und klingle: „Ja, Hallo.“ „Ich bin Willi Beck, bin Mitarbeiter bei einer Umfrageforschung und Ihr Haushalt wurde durch ein wissenschaftliches Auswahlverfahren ausgewählt. Ich würde gerne mit derjenigen Person in ihrem Haushalt reden, die zuletzt Geburtstag hatte.“ „Das bin ich. Warten Sie, ich komme runter.“ Kurze Zeit später steht der Mann neben mir: „Was war das noch Mal, was Sie da wollen?“ „Na ja, wir machen Interviews mit zufällig ausgewählten Personen und Sie gehören offensichtlich dazu. Wir forschen zum Thema Zukunft der Kirche, Mensch und Glauben.“ Ich beginne, ihm nebenbei das Listenheft zu zeigen, halte meine Umfragehilfen in der Hand und will ihm das Interview-Prozedere verklickern. Aber ich komme nicht weit: „Ich bin zwar katholisch“ entgegnet der Mann „aber ich glaube nicht an Gott. Bei so einer Kirchenumfrage mache ich nicht mit. Da müssen Sie sich andere Leute suchen, die gläubig sind und in die Kirche gehen.“ „Nein, nein, das interessiert uns gerade besonders, was Leute wie Sie zu Kirche und Glauben sagen und zu all den Fragen, die wir im Interview stellen. So bekommen wir Informationen, um uns…“ „Das können Sie vergessen, nach dem Tod ist sowieso alles aus. Religion ist etwas für Alte und Schwache und für Leute, die Blödsinn im Leben machen. Vergessen Sie es.“ Irgendwann muss man ein Nein akzeptieren und ich sage: „Gut, dann müssen wir es lassen. Schade. Vielen Dank, dass Sie mich angehört haben.“ Raus aus dem Interviewmodus, überkommt es mich dann doch, ein kleines inoffizielles Gespräch mit Herrn Müller weiterzuführen und ich frage: „Sagen Sie, darf ich Ihnen privat eine Frage stellen: Stellen Sie sich vor, Ihr Leben ist zu Ende, Sie begegnen Gott… und Jesus kommt Ihnen entgegen…“ Ich bin noch nicht fertig mit der Entfaltung meines Szenarios, das sicherlich ethisch-moralisch angreifbar gewesen wäre, wenn ich es hätte zu Ende führen können, als die Antwort, wie aus der Pistole geschossen kommt: „Ja, toll, was kann mir denn besseres geschehen! Dann findet sich da sicherlich auch ein Plätzchen für mich. Ich bin ein guter Mensch gewesen und ich habe niemandem etwas Böses getan. Wenn es Gott gibt, umso besser… dann reicht es immer noch.“ Die Frage ob es ein „Zu spät“ geben könnte, ob es hier ein Gericht gibt, ob das Leben irgendwie bilanziert wird, tangiert Herrn Müller nicht wirklich. Hinsichtlich der letzten Dinge ist der Mann hoch entspannt und ich bedanke mich für das Gespräch und ziehe ab. Der Mann ist getauft, hat Kommunion und Firmung hinter sich gebracht, ist selbstverständlich katholisch und will mit der religiösen Lebensaufgabe noch nichts zu tun haben. Müller hätte genauso gut evangelisch sein können. Wir hören den Predigttext – Matthäus 25,1–13. 1 Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen. 2 Aber fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. 3 Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit. 4 Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen. 5 Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. 6 Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen! 7 Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig. 8 Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen. 9 Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst. 10 Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen. 11 Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! 12 Er antwortete 1 aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. 13 Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde. Ein Text mit Schockcharakter. Ich sehe die 5 klugen Brautjungfern. Müssten die nicht in der Selbstreflexion über ihr egoistisches Verhalten stolpern und mit schlechtem Gewissen beim Feiern sitzen? Ist am Ende dann doch jeder sich selbst der Nächste, fromm hin oder her? Wären nicht die inhumanen sogenannten Klugen abzustrafen, die alles vergessen haben, was man auch als Nächstenliebe beschreiben könnte? Sind die Klugen, so besehen, nicht die eigentlich Törichten? Ich sehe den Bräutigam. Kann man denn so hartherzig sein? Ist es nicht besser spät, als gar nicht? Gibt es denn da kein Mitleid, keine Einfühlsamkeit, kein Nothilfeprogramm für die sogenannten Törichten? Das würde man doch gerade auch im Kontext des menschgewordenen Gottes, an dem uns die Liebe zum Menschen in unglaublicher Dichte bis zum Tod am Kreuz entgegentritt, erwarten. Wäre am Ende nicht der Bräutigam in seiner „Unchristlichkeit“ in Frage zu stellen? Ich sehe die törichten Brautjungfern. Ich sehe sie vor der verschlossenen Tür stehen und frage mich: Womit haben die das verdient? Und überhaupt, wie kann man sich nur auf diese Kategorisierung in töricht und klug einlassen? Das also sind die Guten und das die Bösen? Welche Bewertungskriterien liegen zu Grunde? Wem kann das nicht passieren, das Öl vergessen und dann nachjustieren, improvisieren? Das macht sie doch irgendwie sympathisch, menschlich. Dann hören wir die Bitte an der Tür und man müsste schwach werden. Aber hier wird keiner schwach: Draußen bleiben! „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ sagt man. Das Gleichnis macht keinen Hehl daraus und diese Lebenserfahrung kennen vermutlich alle. Der Flieger ist weg, das Schiff hat abgelegt, der Zug ist schon raus, die Stelle weg… zu spät. Dass das in geistlichen Dingen keine Ausnahme sein soll, muss man erst verarbeiten. II. Himmelreich und Hochzeit – an Ihm führt kein Weg vorbei Man muss den Text ein zweites Mal lesen, ihn im Kontext des Evangeliums wahrnehmen und dann Jesus fragen: Wozu hast Du uns dieses Gleichnis mit auf den Weg gegeben? Der erste Vers setzt uns auf die Spur: „Mit dem Himmelreich ist es, wie mit 10 Brautjungfern, die ihre Lampen nehmen und dem Bräutigam entgegengehen.“ Darum also geht es. So ist das mit dem Himmelreich. Ein orientalischer Hochzeitsbrauch wird zum Vergleich herangezogen (Grundmann 1975:518f.; Maier 2000:313f.).i Das Kommen des Bräutigams assoziiert ein Mehrfaches. 10 Brautjungfern, das heißt, Du und ich, wir als Synode, die Kirche, wir sind vom Herrn der Kirche zur Hochzeit, zum Freudenfest eingeladen. 1. Ich werde zunächst an die Wiederkunft Jesu Christi am Ende der Tage erinnert. Das ist eine Dimension kosmischen Ausmaßes. Das ist die verheißene Zukunft. Wir gehen ihm entgegen und er wird kommen. Nichts geht hier ins Ungewisse. Es gibt Hoffnung am Ende der Tage. 2. Ich assoziiere zweitens, die Bewegungsrichtung meines kleinen Lebens und erkenne im Weckruf, dass der Bräutigam kommt, das Ende meiner individuellen Lebenszeit. Er kommt mir entgegen und ich gehe jetzt auf ihn zu. Ein Freudenfest am Tisch des Bräutigams kommt auf mich zu. Nichts geht ins Ungewisse. Es gibt Hoffnung am Ende meiner Tage. 3. Zum Dritten wird mir dieses Bild in den gegenwärtigen Mühen des Alltages zur Ermutigung. Ja, ich rechne damit, dass der Weckruf ertönt und der Bräutigam plötzlich in meine und Deine Welt tritt, Zeichen und Wunder seiner Gegenwart geschehen und die Dinge sich verändern an denen wir uns abmühen. Das Himmelreich ist zwar noch nicht aber doch auch schon hier. Ich will damit rechnen, dass wir die Atmosphäre eines verheißenen Hochzeitsfestes im Hier und Heute erleben können und den Geist des Reiches Gottes spüren. Gerade auch im Angesicht der Tagesordnung der Welt, inmitten von Krieg und Terror, Tod und Sterben. Es gibt Hoffnung mitten in unseren Tagen. 4. Viertens erkenne ich: Alles geht ihm entgegen. In ihm ist das Himmelreich mitten unter uns. Vom Himmelreich reden heißt vom Bräutigam, von einer Person, heißt von, Jesus Christus reden. Alles geht ihm entgegen, die 10 Brautjungfern, die Synode, die Welt da draußen, die Müllers, Du und 2 ich. An Ihm führt kein Weg vorbei – ob man das will oder nicht. Zum Glück muss alles an IHM vorbei, an der personifizierten Liebe Gottes, am Gekreuzigten und Auferstandenen, der für eine verkorkste Welt stirbt deren Abgründe uns täglich vor Augen stehen, um Erlösung uns Befreiung zu stiften. Es gibt Hoffnung – ER kommt! Wie dem auch sei: Freudig aufgebrochen mit Träumen, aufgebrochen mit der Zusage, dass die Hochzeit ansteht, das Leben endgültig zum Fest wird und sich das Himmelreich ereignet, auch schon hier und heute, sind sie wohl alle. Hätte es nur die elende Warterei nicht gegeben. Und warten ist tückisch. Wenn die Erfüllung von Hoffnungen auf sich warten lässt, strapaziert das die Begeisterung und das Durchhaltevermögen. Die Tagesordnung der Synode kostet Kraft, der Gemeindealltag ist oft nur mit einer hohen Frustrationstoleranz zu überstehen und der anhaltende Überlebenskampf mit den vielfältigen Lebensaufgaben macht sowohl die potenzielle als auch die aktive Jüngerschaft müde. Eine eigenartige Warte-Dramatik entfaltet sich. Alle werden müde und schlafen ein. Dabei ist das Einschlafen ansich nicht das Problem. Das Himmelreich-Problem entsteht an der Art und Weise, wie die Brautjungfern ihren Warteprozess gestalten, wie sie im Hier und Heute aufgestellt sind. Himmelreich ereignet sich also an der Qualität der Wartezeit, des Interims zwischen schon und noch nicht. An dieser Qualität entscheidet es sich, ob man uns zu den Klugen oder Törichten zählt. So ist das mit dem Himmelreich. Klug sein im Wartestatus hat Himmelreichscharakter. Was immer das auch bedeuten mag, auf der Seite der Klugen zu stehen erscheint mir attraktiver. Aber was macht die Klugen nun zu Klugen und die Törichten zu Törichten? Wir könnten lange über die Törichten, ihren Öl-Stand, die leeren Reservekanister, sinnieren. Aber das wollen wir nicht. Es ist plausibel: eine effektive Identifizierung von Falschgeld funktioniert nicht dadurch, dass man den Fahndern alle möglichen „Blüten“ vor die Nase hält, die sich diese einzuprägen haben. Im Gegenteil: Wenn Du das Original in- und auswendig drauf hast, fällt Dir die Fälschung schon fast von alleine auf. Eigentlich logisch. Wir wollen also zunächst die Klugen etwas genauer betrachten. Himmelreich, wir kommen. III. Die Klugheit der Klugen – die Positionierung stimmt 1. Will man die Bewegung des Gleichnisses recht verstehen, wird man die erste Seligpreisung erinnern (Mt. 5,3): „Selig sind die geistlich Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Glücklich sind diejenigen, die geistlich leer, arm sind, nichts zu bringen haben. Diejenigen, die in geistlichen Dingen eben gerade keine Helden und keine Reichen sind, sondern die darum wissen, dass sie nichts besitzen, was es wert wäre Gott vorzulegen. Die wissen, was mir hilft ist NUR allein Christus, allein die Heilige Schrift, allein der Glaube und allein die Gnade. Kompromisslos. Diejenigen werden in Jesu Augen seliggepriesen, die Geistliches nur erwarten können, die sich darüber im Klaren sind, wenn sie nichts geschenkt bekommen, haben sie nichts. Das sind die eigentlichen Klugen, die ihr Leben der Gnade aussetzen – jeden Tag neu. Wo nichts ist, kann man nichts teilen. Den geistlich Armen gehört das Himmelreich. 2. Die Klugen erinnern mich an die Auslegung Karl Barths zu Römer 12, 1-3 (Barth 1984:416).ii Dort heißt es: „Ich ermahne euch, liebe Geschwister, bei den Erbarmungen Gottes, dass ihr eure Leiber Gott hingebt, als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer.” Barth kommentiert dieses Wort in phantastischer Klarheit: „Gnade heißt, dass weniger als alles nicht genommen wird.“ Das hat mich schon vor Jahren tief bewegt und nicht mehr losgelassen. Alles, die Hingabe des ganzen Lebens ist das Thema. Gnade heißt, dass er nicht die Hälfte, nicht 90 %, nicht 99% nimmt, dass er mich mir nicht lassen will. Das wäre ja nun das Törichte und Gnadenlose, wenn Gott mit weniger als allem zufrieden wäre und er mir dann nicht alles schenken könnte. Das geistlich arme Leben, das aus sich selbst heraus nichts zu bringen hat, gefangen in Schuldverstrickungen, erlösungsbedürftig aus vielfältigen Fesseln, will Gott ganz und gar. Ja doch, ganz oder gar nicht, alles oder nichts. Zum Glück wird hier nicht weniger als alles genommen – um unseretwillen und um Gottes willen. 3 Paulus jubelt im Galaterbrief: „Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal. 2,20). Luther spricht vom „fröhlichen Tausch“iii des Lebens (1964:169). Es geht um eine heilsame Lebensübergabe, einen Herrschaftswechsel. Zum Glück bin ich mich los. So reden wir von vollen Ölgefäßen – im fröhlichen Tausch der geistlich Armen. Eine Anekdote erzählt, Satan hätte an die Haustür Luthers geklopft:iv „Wohnt hier der Doktor Luther?“ „Nein, der ist schon lange gestorben.“ „Ja, aber wer wohnt denn dann hier?“ „Der Herr, Jesus Christus“, antwortete Luther. Daraufhin hätte sich der Teufel davon gemacht (Kettling 1992:21). So tickt das bei den Klugen. 3. Es wird deutlich, wir wollen nicht darüber befinden, was man tun kann um den Öl-Stand auf ein angemessenes Niveau zu bringen, damit es zum Entgegengehen reicht? Wir wollen keine Statistik zitieren, um zu berechnen, wieviele geistliche Übungen wir benötigen und wo die Versäumnisse liegen, die man durch geistlich-therapeutische Maßnahmen beheben könnte. Wir wollen den Ölstand nicht daraufhin überprüfen, ob das Gebetsleben defizitär ist, der Gottesdienstbesuch nachgelassen hat oder unser Dienst an der einen oder anderen Stelle nachgebessert werden könnte, um vom Status des Törichten in den Status des Klugen zu wechseln. So sehr uns diese Fragen im Alltag begegnen, für die Bewegungsrichtung des Gleichnisses klingen sie fast banal (Schlatter 1987:368).v Das ganze Leben erhebt sich. Das ganze Herz gehört ihm. Das ganze Sein ist begeistert vom Herrn der Herren, vom kommenden Bräutigam, von der Hoffnung, dass das Leben ein Fest ist in Ewigkeit. Das ganze Leben brennt für diesen Herrn. Das ganze Leben ist Gebet. Das Leben pulsiert an Gottes Herzschlag. Das Feuer der Begeisterung lodert – auch im Schlaf! Natürlich – konsequente Lebensübergabe und weniger als alles wird nicht genommen, was sonst. Dann sind die Gefäße voll mit Öl! Das Hier und Heute hat Himmelreichscharakter. So muss das sein. IV. Die Torheit der Törichten – und der göttliche Weckruf Mit einem Seitenblick – ganz kann man sich dem nun doch nicht verwehren – erhärtet sich dieser evangelische Blick auf diese Gleichnisrede Jesu. 1. Die Tür schließt. Die törichten Jungfrauen kommen zu spät. „Herr, Herr!“ rufen sie und klopfen. Die Tür öffnet sich, der Bräutigam blickt heraus: „Huch, wer seid ihr denn? Ich kenne Euch nicht!“ Was für ein Schock. Das ist das Problem im Status der Torheit: „Ich kenne Euch nicht.“ Die Beziehung zum Bräutigam fehlt. Nur Angehörige und Freunde feiern mit. Die Törichten gehören nicht dazu! Das sind die geistlich vermeintlich Reichen, die Selbstherrlichen und Selbstgerechten, die vergesslichen geistlichen Aktivisten und die entspannten inmitten ihrer Gottvergessenheit. Getauft, konfirmiert, formale Mitgliedschaft, eingeschlafen und geistlich abgehängt. Manches wurde von den Vögeln gefressen, vieles fiel unter Hecken, anderes auf den Weg. Aber es bleibt dabei: Wer an den vier reformatorischen Soli scheitert, wer keine Lebensübergabe vollzogen hat, dessen Öl-Gefäß ist leer. Weniger als alles wird nicht genommen. Halbherzigkeiten tragen nicht durch, wenn Gottes Advent beginnt. Ach ja, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. An Jesus vorbei kommst Du nicht hinein. Und ohne Beziehung läuft nichts. So ist das mit dem Himmelreich – in der Wartezeit. 2. Aber dann höre ich den Bräutigam noch sagen: „Seid wachsam. Niemand weiß Tag noch Stunde.“ Ich höre den schöpferischen Imperativ Gottes mitklingen, der ins Leben ruft und das menschlich Unmögliche möglich macht. Ich höre die ersten Sätze auf der ersten Seite der Bibel: „Und Gott sprach: ´Es werde Licht – und es ward Licht!`“ Ich höre das schöpferische Wort: „Seid wachsam“ und glaube, dass es in Existenz bringt, was es befiehlt. 3. Das ist es doch, warum Jesus dieses Gleichnis erzählt, dass einer wartenden, törichten Jüngerschaft und einer müden, schwächelnden Kirche am Ende des Kirchenjahres ein Umkehrruf zugemutet wird, der Torheit zu entfliehen. Dass das Erschrecken über ein „Ich kenne Dich nicht“ mit seiner Aufforderung „Wachet“ (gregoreite) zur Besinnung und Umkehr führt und das Feuer neu entfacht. Gottes schöpferischer Imperativ kann das Zuspät in Evangelium verwandeln und eine Jüngerschaft und Kirche die sich im Unwesentlichen zu verlieren droht neu auf das Wesentliche ausrichten. So wird die Verkündigung eines Zuspät, zur Gnade der Ermahnung, 4 damit es kein Zuspät gibt. Das wäre die Liebe im Gericht. Das brauchen wir am Ende des Kirchenjahres. Der Ruf an die törichten Jungfrauen. Zum Glück geschieht er. V. Die Wachsamkeit der Synode – das Wesentliche zuerst Zum Schluss wird die Synode zur Wachsamkeit gerufen. So wird man die Botschaft von Jesus zu verstehen haben: Besinnt euch auf das Wesentliche. Seid wachsam. Die Tagesordnung ist randvoll. Verzettelt Euch nicht in all den Aufgaben, der Advent kommt. Haushalt, Finanzen, Flüchtlinge, Terror, Atomenergie, Strukturreformen… ja, das ist alles wichtig, das sind alles Aufgaben die in der Zeit des Wartens irgendwie zu erledigen sind – beim Entgegengehen und Müdewerden. Die entscheidende Frage aber wird sein: Wird man darin, in all den Wichtigkeiten, das Wesentliche finden? Wird die Hauptsache die Hauptsache bleiben? Stützen wir uns, dass unsere Beziehung zu Jesus ihre Leidenschaft nicht verliert? Nehmen wir unsere Verantwortung als Kirche Jesu Christi wahr, mitzuhelfen, dass Menschen aus unterschiedlichsten Milieus und Lebenswelten ihr Leben Jesus Christus anvertrauen und dass der in der Taufe proklamierte Herrschaftswechsel in Erinnerung gerufen wird? Rufen wir Menschen heraus aus der Torheit ihres Lebens? Wachet auf ruft uns die Stimme. Lasst uns Menschen nicht um Gott betrügen, der kommt und dem wir entgegengehen, der die Hoffnung ist, wenn diese Welt zu Ende geht, der die Hoffnung ist, am Ende meiner Tage und inmitten schwerer Tage und Mühen der Tagesordnung des Lebens. Kluge haben Vorteile - das Wesentliche zuerst. Amen. i Vgl. Grundmann, Walter 1975: Das Evangelium nach Matthäus. Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament. 4. Auflage. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt. Maier, Gerhard 2000: Matthäus-Evangelium, 2. Teil. 2. Auflage. Holzgerlingen: Hänssler. ii Barth, Karl 1984. Der Römerbrief. 13. unveränd. Abdr. d. neuen Bearb. von 1922. TVZ: Zürich. iii Luther, Martin 1964. Von der Freiheit eines Christenmenschen [1520]. Fünf Schriften aus den Anfängen der Reformation. Calwer Luther-Ausgabe 2, Herausgegeben von Wolfgang Metzger. Siebenstern Taschenbuch Verlag: Hamburg. iv Kettling, Siegfried 1992: Typisch evangelisch. Grundbegriffe des Glaubens. TVG: Gießen und Wuppertal. v Vgl. auch Schlatter, Adolf 1987: Das Evangelium nach Matthäus. Erläuterungen zum Neuen Testament. Band 1. Stuttgart: Calwer Verlag. 5
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