- Editorial - Zu dieser Broschüre... Diese Broschüre wurde mit dem Ziel zusammengestellt, über die Blockade von Abschiebungen zu informieren und somit zur Verbreitung dieser menschenfreundlichen Aktionsform beizutragen. Sie beginnt mit einem von mehreren Göttinger Gruppen gemeinsam getragenen Aufruf, in dem diese darlegen, warum sie den Widerstand gegen Abschiebungen für ebenso legitim wie notwendig erachten. Zusätzlich enthält dieses Heft verschiedene von der Basisdemokratischen Linken verfasste Beiträge. Im ersten Teil bemühen wir uns, häufig gestellte Fragen zu Abschiebeblockaden zu beantworten und rechtliche Rahmenbedingungen zu erläutern. In weiteren Artikeln gehen wir dann allgemeiner auf politische Hintergründe, das europäische Grenzregime, die Lebenssituation von Geflüchteten sowie die in den letzten Jahren gewachsene Protestbewegung ein. Die in dieser Broschüre vereinigten Beiträge sind jeweils in sich abgeschlossen und daher auch einzeln lesbar. Sie sind ihn ihrer ursprünglichen Form bereits vor der spektakulären Migrationsbewegung des Sommers 2015 und den kurz danach eingeleiteten Gesetzesverschärfungen entstanden. Wir haben uns bemüht, die Artikel soweit wie möglich zu aktualisieren und an die veränderten Bedingungen anzupassen. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass die Entwicklungen in diesem Bereich momentan so dynamisch sind, dass gedruckte Publikationen damit nur schwer Schritt halten können. Wir freuen uns, wenn Andere diese Broschüre als Ganze oder auch einzelne Texte daraus weiterverbreiten und damit zur Stärkung antirassistischer Politik beitragen. Wir hoffen, dass dieser Reader Interessierten vielfältige Anregungen bietet und dass wir uns demnächst auf der Straße wiedersehen. Basisdemokratische Linke Göttingen, Oktober 2015 2 Inhalt Abschiebungen stoppen 4 Rechtliche Rahmenbedingungen des Asylverfahrens 6 Wer nicht ertrinkt wird abgeschoben? 8 Häufig gestellte Fragen zu Abschiebeblockaden 12 Über vermeintliche Sachzwänge, Humanität und die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums 16 „Skrupellose Menschenhändler“ oder „Transportdienstleister“? 18 Abschottungspolitik und Verlagerung von Fluchtrouten 20 Desaströse Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den Erstaufnahmeländern 22 Lebensbedingungen von Geflüchteten in der Bundesrepublik 24 Flüchtlingsproteste und Kämpfe für gleiche Rechte 28 Wer ist die Basisdemokratische Linke? 31 3 Abschiebungen stoppen – Gemeinsam für ein besseres Leben Aktuell gibt es pro Jahr mehr als 10.000 Abschiebungen aus Deutschland. Jede dieser „Rückführungen“ bedeutet für die Betroffenen eine brutale Zerstörung von Lebensentwürfen, in vielen Fällen sogar eine existenzielle Bedrohung von Gesundheit und Leben. Doch Abschiebungen sind kein unabänderliches Schicksal: In verschiedenen Städten ist es engagierten Menschen gelungen, eine beachtliche Zahl von Abschiebungen zu verhindern. Seien auch wir Sand im Getriebe der Abschiebemaschinerie! Abschiebungen Als zuspitzung deR Alltäglichen entRechtung Abschiebungen sind die Zuspitzung der alltäglichen Entrechtung von Geflüchteten, die sich u.a. äußert in der Unterbringung in isolierten Lagern und maroden Wohnungen, der Verweigerung einer angemessenen Gesundheitsversorgung, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch die 4 sogenannte Residenzpflicht und weitgehenden Eingriffen in die eigene Lebensführung. Sie sind der Versuch der Behörden, sich ihnen unerwünschter Menschen dauerhaft und endgültig zu entledigen. Sie sind die offenste Form der Verweigerung eines menschenwürdigen und selbstbestimmten Lebens. Deshalb stellen wir sie ins Zentrum unseres Widerstands. unseRe solidARität ist unteilbAR In Zeiten, in denen sich das Kategorisieren von Menschen – die Unterscheidung von In- und „Ausländern“, aber auch die Gegenüberstellung von „echten“ und „Wirtschaftsflüchtlingen“ – höchster Beliebtheit erfreut, erklären wir, dass unsere Solidarität unteilbar ist. „Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einer das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, eine in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, eine zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“ Noch weniger wird rechtlich als Fluchtgrund anerkannt. Unser Kampf richtet sich gegen jede Form des Elends und dessen Ursachen. Wenn Menschen sich auf den Weg machen, weil sie sich ein besseres Leben, eine Existenz ohne Ausbeutung und Unterdrückung wünschen, dann haben sie unsere Unterstützung - denn diese Hoffnung ist auch die unsere. Wir wollen ein gutes Leben nicht nur für eine kleine privilegierte Minderheit. Wir wollen es für uns ebenso wie für unsere Freund_innen, Nachbar_innen, Bekannten, Kolleg_innen, Mitschüler_innen, Kommiliton_innen … - ob sie einen deutschen Pass besitzen oder nicht. Jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, wo und wie er oder sie leben will. Der Regulierung von Migration und der systematischen Verweigerung von Rechten setzen wir die Forderung nach Gleichheit in allen sozialen und politischen Belangen entgegen, nach der Respektierung der Menschenrechte jeder Person unabhängig von Herkunft und Papieren. Wir setzen ihr auch unsere praktischen Aktionen entgegen. Unsere Stadt als abschiebefreie Zone Wir erklären hiermit, dass wir Abschiebungen nicht länger ohne Widerstand hinnehmen, dass wir uns ihnen widersetzen werden, wann immer wir von ihnen erfahren. Wenn Flüchtlinge abgeholt werden sollen, werden wir uns in den Weg stellen, werden wir den Zugang zu Wohnungen und Häusern blockieren.Wir rufen andere auf, sich uns anzuschließen. Überwinden wir gemeinsam unsere Passivität, damit die Betroffenen ohne Angst vor Abschiebungen leben können. Dies ist ein Schritt, um der zunehmenden Aufteilung der Welt in Zonen des Reichtums und des Elends unsere eigene Raumordnung entgegenzusetzen: Machen wir unsere Stadt zur abschiebefreien Zone! 5 Rechtliche Rahmenbedingungen des Asylverfahrens Abschiebungen werden zu einem großen Teil bei Personen durchgeführt, die unter die sogenannten Dublin III-Verordnungen fallen. Diese Verordnungen regeln, dass geflüchtete Menschen nicht selbst bestimmen können, in welchem EU-Land sie ihren Asylantrag stellen, sondern dass dies in dem Land geschehen muss, das zuerst betreten wurde. Aus geographischen Gründen sind dies zumeist die Länder an den EU-Außengrenzen, wie zum Beispiel Italien, Griechenland oder auch Bulgarien. Aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen für Flüchtlinge in diesen Ländern ist es für viele jedoch unvermeidlich, die Flucht von dort aus fortzusetzen – ganz abgesehen davon, dass viele bereits von Anfang an ein ganz anderes Reiseziel haben, beispielsweise aufgrund von dort lebenden Verwandten. Wenn eine geflüchtete Person nach Deutschland einreist, muss sie sich innerhalb von sieben Tagen bei einer offiziellen Stelle (z.B. der Polizei oder direkt in einem Erstaufnahmelager) melden. In Niedersachsen befinden sich solche Erstaufnahmelager in Friedland, Braunschweig und Bramsche, wobei jedes Lager für Menschen aus bestimmten 6 Herkunftsländern zuständig ist. Der durchschnittliche Aufenthalt in der Erstaufnahmestelle betrug in der Vergangenheit zwei bis drei Wochen, hat sich allerdings inzwischen verlängert und soll nach dem Willen der Bundesregierung zukünftig mehrere Monate dauern. Erst danach findet eine Umverteilung in Unterkünfte in Städten und Kommunen statt. In den Erstaufnahmelagern findet eine erste Befragung über Herkunft und Fluchtgründe statt, es wird zudem eine vorübergehende Aufenthaltsbescheinigung ausgestellt. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird ein Asylantrag gestellt. Nach ca. drei Monaten findet ein ausführliches Interview statt, in dem Fluchtgeschichte und -gründe nochmals detailliert dargelegt werden müssen. Diese Befragung stellt die Grundlage für die Entscheidung über den Asylantrag dar. Für die Dauer des Verfahrens wird den antragsstellenden Personen eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt. Stellt sich beim Abgleich der Fingerabdrücke der Person mit einer europäischen Datenbank allerdings heraus, dass er oder sie bereits im Einreiseland registriert wurde, so wird dieses Land für zuständig erklärt. Das Asylverfahren in Deutsch- land wird nicht fortgesetzt und der Staat bemüht sich, die Geflüchteten in das Erstaufnahmeland abzuschieben, ungeachtet der dort herrschenden Lebensumstände oder der individuellen Fluchtgeschichte, die in vielen Fällen Traumatisierung durch Erlebnisse in eben diesen Erstaufnahmeländern beinhaltet. Ähnliches gilt, wenn Personen aus sogenannten „sicheren Herkunfststaaten“ einreisen, die politisch festgesetzt und in Wahrheit oft alles andere als sicher sind. Seit April 2014 zählen auch Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Serbien offiziell zu den sogenannten sicheren Herkunftsländern – Länder, in denen die Auswirkungen der Jugoslawienkriege immer noch zu spüren sind und in denen ethnische Minderheiten nach wie vor politischer Verfolgung ausgesetzt sind. Im Frühherbst 2015 hat die Bundesregierung eine weitere Gesetzesverschärfung auf den Weg gebracht, in der zusätzlich Kosovo, Albanien und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten definiert werden. Sobald die Bearbeitung eines Asylantrags aufgrund der Dublin-Verordnungen abgelehnt wurde, hat das Bundesamt sechs Monate Zeit, um die Abschiebung in die Wege zu leiten. Häufig wird diese Frist z. B. aufgrund von bürokratischem Aufwand ausgereizt. Der genaue Ablauf einer Abschiebung ist dabei in jedem Bundesland anders geregelt und wird durch die lokalen Ausländerbehörden koordiniert. Die meisten Abschiebungen aus Deutschland erfolgen über den Luftweg von den Hauptabflughäfen Frankfurt am Main, Düsseldorf und Berlin-Tegel in andere Staaten Europas. Sind die sechs Monate abgelaufen, kann die Abschiebung nicht mehr vollzogen werden und Deutschland ist verpflichtet, das Asylverfahren zu bearbeiten. Auch wenn dies in der Praxis weitere Probleme aufwirft (das Asylverfahren wird de facto oft nicht fortgesetzt und es gibt keine Möglichkeit, die Wiederaufnahme einzuklagen), gibt der Fristablauf so doch eine minimale Existenzsicherheit. In Fällen, in denen die Sechsmonatsfrist zum Zeitpunkt der angekündigten Abschiebung fast abgelaufen ist, ist die Verhinderung der Abschiebung durch Blockaden ein wirksames Mittel. So wird den Betroffenen eine Chance gegeben, der erzwungenen Ausreise in die überforderten und für Flüchtlinge oft lebensgefährlichen Länder an den EU-Außengrenzen zu entgehen. Bei einer Blockade werden Haustür und Klingel der betroffenen Person unzugänglich gemacht, sodass die Polizei keine Möglichkeit hat, deren An- oder Abwesenheit festzustellen. Demzufolge gilt die Person nach einer verhinderten Abschiebung nicht als abgetaucht. Im Falle eines Untertauchens könnte die Dublin-Frist auf insgesamt 18 Monate erhöht werden. Zynischerweise wurden die Dublin III-Verordnungen unter anderem mit der Begründung beschlossen, dass man durch die Festschreibung, in welchem Land eine geflüchtete Person einen Asylantrag stellen kann, verhindern wolle, dass Personen zwischen EU-Ländern hin- und herreisen und sich kein Staat für sie zuständig fühlt. Darüber hinaus fußen die Verordnungen auf der Annahme, in allen EU-Staaten sei ein faires Asylverfahren gleichermaßen möglich. Die Realität sieht grundlegend anders aus. Die Dublin-Verordnungen führten dazu, dass Flüchtlinge ohne Ansehen ihrer Geschichte, Wünsche und Vorstellungen zwischen EU-Ländern hin- und hergeschoben werden. Jedes Land entzieht sich dabei mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln seiner Verantwortung und wälzt diese nach Möglichkeit auf einen anderen Staat ab. Die Aussichten auf ein faires Asylverfahren und ein menschenwürdiges Leben sind dabei in den verschiedenen EU-Ländern natürlich nicht auch nur annähernd vergleichbar. Am Beispiel von tschetschenischen Flüchtlingen, die in Österreich oder der Slowakei Asyl suchen, werden die unterschiedlichen Schutzniveaus der EU-Staaten besonders deutlich: Ein Asylantrag in Bratislava hatte im Jahr 2005 eine Erfolgsaussicht von weniger als einem Prozent (Anerkennungsrate). In Wien hingegen, 75 km entfernt, lag diese laut eines Berichts von Pro Asyl bei über 90 Prozent. Ebenso gravierend unterscheiden sich die Lebensbedingungen für Flüchtlinge zwischen den verschiedenen EU-Staaten. Doch auch wenn durchgesetzt wurde, dass das Asylverfahren in Deutschland durchgeführt wird, ist dies ist erst ein Teilsieg, ein nicht unbedeutender Teil der Asylanträge wird zunächst abgelehnt, sodass ein Kampf um den dauerhaften Aufenthalt erneut beginnt. Häufig kann auch bei abgelehnten Asylanträgen die Abschiebung nicht durchgeführt werden, da Dokumente fehlen, die Person nicht reisefähig ist oder das Herkunftsland in einem Kriegsgebiet liegt und nicht angeflogen wird. Eine vorübergehende Unmöglichkeit der Abschiebung und die Verlängerung der Duldung sind kurzfristig zwar ein Erfolg, stellen langfristig jedoch keine sichere Lösung dar. Duldungen werden, wenn Hinderungsgründe für die Abschiebung bestehen bleiben, immer wieder für kurze Zeiträume von wenigen Monaten ausgestellt und müssen ständig verlängert werden. Viele leben so über viele Jahre in Deutschland, doch die Verlängerung wird immer wieder neu entschieden. Eine Abschiebung ist auch für solche Menschen nicht dauerhaft ausgeschlossen. Ein langfristiges Aufenthaltsrecht ist für sie nur politisch durchsetzbar. 7 Wer nicht ertrinkt wird abgeschoben? Zur Verschärfung des Asylrechts 2015 Anfang Juli 2015 stimmte der Bundestag einer „Neuregelung des Bleiberechtes und der Aufenthaltsbeendigung“ und somit dem größten Einschnitt in die Flüchtlingsrechte seit dem „Asylkompromiss“ 1993 zu. Trotz bundesweiter Proteste wie Parteibürobesetzungen und Demonstrationen erlangte die Gesetzesveränderung bis kurz vor der Entscheidung nur wenig Aufmerksamkeit in den Medien und konnte letztendlich nicht verhindert werden. Von Seiten der Regierungsparteien werden marginale Verbesserung des Aufenthaltsrechtes für einzelne Gruppen von Geflüchteten in den Vordergrund gestellt. Für die Masse der Geflüchteten stellt die Neuregelung jedoch eine Verschlechterung ihrer rechtlichen Situation dar. Nur wenige Monate später hat die Bundesregierung mit dem „Asylbeschleunigungsgesetz“ weitere Änderungen auf den Weg gebracht, die erneut eine drastische Fortsetzung dieser Entrechtung bedeuten. Rückblick Schon seit den 70er Jahren gibt es Bestrebungen, das Asylrecht, das 1949 vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg im Grundgesetz (Artikel 16a) festgeschrieben wurde, zu beschränken. Vorerst betrafen die Restriktionen das Asylverfahren an sich. „Ziel war es, die immer größer werdende Zahl von Geflüchteten von der Einreise in die BRD abzuschrecken. – und zwar durch eine Beschleunigung der Verfahren, eine Erschwerung des Grenzübertrittes, die Verschärfung der Kriterien für das Recht auf Asyl und die Verschlechterung der Lebensumstände von Betroffenen. Bis in die 90er Jahre erfuhr das Asylgesetz weitere Beschneidungen. So wurden beispielsweise eine Regelunterbringung in „Gemeinschaftsunterkünften“, die Einführung der „Residenzpflicht“, Einschränkung der medizinischen Versorgung, Arbeitsverbote sowie Visasperren beschlossen. Zeitgleich mit den rassistischen Pogromen in Lichtenhagen, Solingen, Mölln und andernorts wurde 8 dann im Mai 1993 eine Grundsatzänderung und somit der „Asylkompromiss“ verabschiedet. Mit der Gesetzesänderung wurde das Recht auf Asyl nach dem Artikel 16a des Grundgesetzes praktisch abgeschafft, da sämtliche über „sichere Drittstaaten“ eingereiste Personen davon ausgenommen wurden. Mit einer Regelung über vermeintliche „sichere Herkunftsstaaten“ wurde den Behörden die Möglichkeit gegeben Asylgesuche von Menschen aus bestimmten Ländern kategorisch abzulehnen (siehe Artikel S.6.). Diese Entwicklung findet jedoch nicht allein in Deutschland statt. Sie ist verbunden mit einer durch die BRD seit den 90er Jahren stetig forcierten Vereinheitlichung der Migrationspolitik der EU-Staaten, die darauf abzielt die Fluchtwege für Menschen außerhalb des Schengengebietes zu verriegeln. Die schon weitgehende Entrechtung von Geflüchteten soll nun mit den Veränderungen weiter vorangetrieben werden. Die Kritik an den Neuregelungen wird anhand mehrerer inhaltlicher Punkte deutlich. Ausweitung der Abschiebehaft Als eine zentrale Konsequenz des im Juli 2015 beschlossenen Gesetzes wird die Ausweitung der Abschiebehaft befürchtet, welche Betroffenen droht, sobald nach Einschätzung der Ämter und Gerichte ein Verdacht auf Fluchtgefahr besteht. Die Verdachtsmomente sind dabei so formuliert, dass ein Großteil der Geflüchteten in der Praxis eines oder mehrere dieser im Gesetz genannten Kriterien erfüllt. Zu nennen wären hier beispielsweise die Umgehung von Grenzkontrollen bei der Einreise und die Vernichtung von Identitätsdokumenten. Abschiebehaft droht weiterhin, wenn Flüchtlinge ihre eigene Abschiebung nicht tatenlos hinnehmen wollen oder in der Vergangenheit für ihre Einreise „erhebliche Geldbeträge“ aufgewendet haben, also die Dienste von sogenannten „Schleppern“ für ihre Flucht in Anspruch nahmen. Mit diesen Paragraphen werden Maßnahmen kri- minalisiert, die Flüchtlinge ergreifen müssen, um die militärisch befestigten Außengrenzen Europas überhaupt überwinden zu können. Explizit genannt werden Geflüchtete, die sich im Dublin-Verfahren befinden, d.h. die in einem anderen europäischen Land registriert worden sind, bevor sie nach Deutschland kamen (siehe Artikel S.6.). Sie stehen als Gruppe unter Generalverdacht, da sie sich bereits einem Asylverfahren in dem jeweiligen Durchreiseland entzogen hätten. Das Gesetz bietet so die Grundlage, um gegen sie massenweise Abschiebehaft anzuordnen. Einreise- und Aufenthaltsverbote Durch das Gesetz wird die Verhängung von Einreise- und Aufenthaltsverboten von bis zu fünf Jahren gegen Geflüchtete möglich, die ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen oder deren Antrag auf Asyl als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde. Dies bedeutet, dass die Betroffenen zur Fahndung ausgeschrieben werden und sich bereits durch den bloßen Aufenthalt strafbar machen und zu Gefängnisstrafen verurteilt werden können. Eine solche Sperre gilt zudem nicht allein für das deutsche Bundesgebiet, sondern für den gesamten Schengenraum. Dieses Instrument ermöglicht es den Behörden das Recht der Flüchtlinge, nach einer Ablehnung des Asyls einen Nachfolgeantrag zu stellen, auszuhebeln und ungewollte Flüchtlinge für ihre Anwesenheit willkürlich zu kriminalisieren. Politisch wird diese Schikane mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Sozialleistungen begründet. Dieser wird Flüchtlingen – insbesondere denjenigen aus den „sicheren Herkunftsstaaten“ – unterstellt, deren Fluchtgründe nicht anerkannt werden. 9 AusWeisungsinteResse Dem vermeintlich privaten Interesse der Geflüchteten auf ein Bleiberecht wird zudem ein öffentliches Abschiebeinteresse des Staates entgegengestellt. Dieses sogenannte Ausweisungsinteresse besteht der Gesetzesänderung nach nicht nur bei Straftaten der Geflüchteten, sondern auch bei politischer Betätigung, die die „freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik“ oder die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ gefährden. Die entsprechenden Paragraphen könnten in ihrer Konsequenz ein politisches Betätigungsverbot bedeuten. Schon die Selbstorganisation von Flüchtlingen, die für ihr Bleiberecht streiten und Flüchtlingscamps oder Hungerstreiks organisieren, kann zukünftig ein erhebliches Ausweisungsinteresse und die baldige Abschiebung begründen. lAgeRunteRbRingung, „physisches existenzminimum“, „sicheRe heRkunfststAAten“ und unAngekÜndigte Abschiebungen Während die bislang beschriebenen Änderungen bereits im Juli 2015 verabschiedet wurden, hat die Bundesregierung die mediale Inszenierung der „Flüchtlingskrise“ genutzt, um nur wenige Monate später Gesetzesverschärfungen vorzulegen, die fast alle früheren Angriffe auf das Asylrecht in den Schatten stellen. Die geplanten Maßnahmen zielen sehr offen darauf ab, Flüchtlinge abzuschrecken, sie durch soziale Entrechtung zur „freiwilligen Ausreise“ zu nötigen und Abschiebungen zu erleichtern. Unter anderem sollen Geflüchtete nun gezwungen werden, bis zu sechs Monate in den Erstaufnahmelagern zu bleiben. Damit werden sie nicht nur besonders schlechten Lebensbedingungen ausgesetzt, sondern auch von der restlichen Bevölkerung und potentiellen Unterstützer_innen isoliert. Für viele Flüchtlinge sieht das Gesetz zudem die Absenkung der Sozialleistungen auf das „physische Existenzminimum“ vor. Die Regierung setzt damit auf eine völlig unverdeckte Verelendungsstrategie, mit der unerwünschten Menschen der weitere Aufenthalt in der BRD unerträglich gemacht werden soll. In Bezug auf Abschiebungen beinhaltet das Gesetz das Verbot, den Abschiebetermin den Betroffenen bekannt zu geben. Abschiebungen sollen also völlig unangekündigt und jederzeit erfolgen können. Schließlich wird auch noch die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ um das Kosovo, Albanien und Montenegro erweitert, so dass die Asylanträge von Flüchtlingen aus diesen Ländern als „offensichtlich unbegründet“ ohne weitere Prüfung abgelehnt werden können. 10 WAs nun? Mit den Neuregelungen werden Gesetzesverschärfungen geschaffen, die Flüchtlinge weiter kriminalisieren, systematisch entrechten und ihre politische Betätigung zu unterbinden versuchen. Angesichts dieser massiven Angriffe auf die Rechte der Geflüchteten ist es umso wichtiger, konsequente Gegenwehr zu organisieren und die Umsetzung dieser Maßnahmen zu verhindern. Blockaden bleiben in jedem Fall ein sinnvolles Mittel um Abschiebungen zu verhindern und Widerstand gegen das rassistische Migrationsregime der BRD zu leisten. WeiteRe infoRmAtionen: http://stopasyllaw.blogsport.eu/ www.nds-fluerat.de 11 Häufig gestellte Fragen zu Abschiebeblockaden Wie läuft eine Abschiebung Ab? Die Verantwortung für die Durchführung von Abschiebungen liegt bei der lokalen Ausländerbehörde, beteiligt ist aber oft auch die Polizei. Zumeist erscheinen die Beamt_innen in den frühen Morgenstunden an der Unterkunft der betroffenen Person und überprüfen ihre Anwesenheit durch Klingeln oder Klopfen an der Tür. Wird ihnen geöffnet, vollziehen die Beamten den „Abtransport“. Sind Personen nicht auffindbar, besteht u.U. die Gefahr, dass ihre Nichtanwesenheit als Untertauchen gewertet wird. In Dublin-Fällen können sich dadurch wichtige Fristen verlängern (siehe Artikel S.6). Es besteht zudem die Gefahr, dass die Person zur Fahndung ausgeschrieben wird. Da der konkrete Zeitpunkt den Betroffenen zukünftig nicht mehr im Vorfeld mitgeteilt werden soll, kann es auch unter anderen Umständen zu überraschenden Abschiebeversuchen kommen. Ein Risiko besteht für gefährdete Personen z.B. dann, wenn diese Termine bei der Ausländerbehörde wahrnehmen müssen. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass die Behörden solche Gelegenheiten nutzen, um die Abschiebung unmittelbar einzuleiten. Es ist daher wichtig, dass Flüchtlinge mit einem hohen Abschieberisiko bei 12 solchen Behördenbesuchen von anderen Personen begleitet werden, die im Notfall direkt intervenieren oder andere Unterstützer_innen alarmieren können. WAs kAnn gegen die dRohende Abschiebung unteRnommen WeRden? Die ersten Schritte gegen eine angesetzte Abschiebung erfolgen in der Regel auf dem juristischen Weg. Eine rechtliche Beratung sollte eingeholt werden, um zu prüfen, ob die Abschiebung juristisch überhaupt durchgeführt werden kann. So muss bei einer attestierten gesundheitlichen Reiseunfähigkeit die Abschiebung verschoben werden und bei langfristiger Unfähigkeit ist das Beantragen einer Aufenthaltserlaubnis ein möglicher Schritt. Wichtig ist, dass dieser Prozess durch politischen Druck begleitet wird. Dieser kann sich erheblich auf die juristischen Entscheidungen und das Vorgehen der Behörden auswirken. Auch können sich dadurch ganz andere Optionen öffnen, wie bspw. die Anordnung eines Abschiebestopps für bestimmte Flüchtlingsgruppen. In einigen Fällen kann auch ein Kirchenasyl in Be- tracht kommen. Doch der auf diesem Weg von religiösen Gemeinschaften gewährte Schutz gilt nur für die kirchlichen Räumlichkeiten. Dies ist weder für die von Abschiebung bedrohte Person noch für die Kirche eine langfristige Lösung, schafft aber Zeit. Die letzte Möglichkeit, eine Abschiebung zu verhindern, ist eine Blockade vor Ort. Dadurch werden die Beamt_innen davon abgehalten die betroffene Person abzuschieben bzw. überhaupt erst zu deren Wohnung zu gelangen. Um einen weiteren Abschiebeversuch durchzuführen, bedarf es einiger Organisation. Blockaden können Zeit schaffen, um eine Ausschöpfung juristischer Mittel zu ermöglichen, eine politische Lösung durchzusetzen oder Dublin-Fristen zu überbrücken. So können Flüchtlinge, die unter das Dublin-Verfahren fallen, nur innerhalb der ersten sechs Monate in ein anderes EU-Erstaufnahme-Land abgeschoben werden. Danach wird ihr Asylantrag in Deutschland geprüft (siehe Artikel S.6). WAs ist bei blockAden zu beAchten? Wichtig ist, dass der betroffenen Person nicht vorgeworfen werden kann, dass sie sich selbst ihrer Abschiebung entzogen oder sonstwie an der Vereitelung der Abschiebung beteiligt hätte. Deswegen ist es bei Blockaden eigentlich immer entscheidend, dass die Polizei nicht bis zur Klingel durchkommt, da sie so nicht nachweisen kann, dass die Person Aufforderungen der Behörden nicht nachgekommen ist. Gut ist also, wenn die Blockade draußen vor dem Hauseingang/der Klingel stattfindet. Allerdings sollte auch geklärt werden, ob es evtl. mehrere Zugangswege zur Wohnung der Betroffenen gibt, um diese u. U. auch im Blick zu behalten bzw. zu blockieren (insbes. Hinter- und Kellereingänge). Außerdem ist es wichtig, sich nicht einschüchtern zu lassen und stehen zu bleiben. Da Abschiebeversuche nicht mehr angekündigt werden, kann es sein, dass wir in Zukunft manchmal erst dann von einer Abschiebung erfahren, wenn diese bereits eingeleitet ist. Das heißt, dass wir erst nach Polizei und Ausländerbehörde vor Ort eintreffen und nicht mehr verhindern können, dass diese bis zu den betroffenen Personen gelangen. Auch in solchen Fällen können wir aber versuchen, durch Blockaden den Abtransport von Geflüchteten zu verhindern und die Beamt_innen durch unsere Anwesenheit zum Abbruch der Abschiebung zu bewegen. Auf ähnliche Weise können wir handeln, wenn Behördenbesuche für überraschende Abschiebeversuche genutzt werden. 13 WAs pAssieRt nAch eineR veRhindeRten Abschiebung? Im Nachhinein ist es wichtig, dass Geflüchtete Kontakt mit ihren Rechtsbeiständen aufnehmen, um eine Einschätzung bzgl. der Gefährdungslage und dem weiteren Vorgehen zu bekommen. Gerade auch die Verlängerung der Duldung sollte innerhalb der nächsten Tage geschehen, da ansonsten wieder ein Untertauchen unterstellt werden kann. Gegebenenfalls kann versucht werden, Sozialleistungen und Duldungsverlängerungen über bevollmächtigte Vertrauenspersonen abholen zu lassen. Leider halten sich die Behörden nicht immer an die offiziellen Regeln und registrieren die Person dennoch als untergetaucht. Generell ist es daher wichtig, auch den Prozess nach einer verhinderten Abschiebung politisch zu begleiten. Gibt es ein Risiko für Aktivist_innen? Ziviler Ungehorsam wirkt besonders in der Masse. So kann eine Menge vor einem Haus die Beamt_innen dazu bewegen, gar nicht erst aus ihrem Dienstwagen auszusteigen. Sind jedoch nur wenige Aktivist_innen vor Ort, steigt das Risiko. Wenn die Polizei die Abschiebung trotz einer Blockade durchsetzen will, kann die Situation eskalieren. Es ist daher wichtig, sich im Vorhinein klarzumachen, wo die eigenen Grenzen liegen und wie lange man da bleiben möchte. Wie kRieg ich die info, dAss eine blockAde stAttfindet? Um die Information zu erhalten, dass eine Abschiebung angesetzt ist bzw. stattfindet, brauchst du dich nur auf unsere Telefonliste setzen lassen. Da auch immer alternative Möglichkeiten zur Verhinderung ausgeschöpft werden und Abschiebungen seitens der Behörden nicht mehr angekündigt werden, ist meist erst kurzfristig klar, ob eine Blockade tatsächlich erforderlich ist. Aufgrund der kurzen Vorwarnzeiten muss die Information schnell übermittelt werden, daher eignet sich eine SMS statt einer E-Mail. Weitere Hintergrundinformationen lassen sich allerdings über diesen Weg in der Regel nicht mitteilen. Zur Eintragung in die Alarmliste für Göttingen und Umland schreib eine Mail mit Deiner Handynummer (und möglichen Fragen) an die folgende Adresse: [email protected] Außerdem gibt es einen Emailverteiler, über den ausführlichere Informationen zur Verfügung gestellt werden. Auch hier kannst du dich unkompliziert selbst eintragen: <www.autistici.org/mailman/listinfo/abschiebungenstoppen> Wie kAnn ich dARÜbeR hinAus AntiRAssistische ARbeit unteRstÜtzen? Auch nach einer verhinderten Abschiebung geht der Kampf der Geflüchteten für ihr Bleiberecht weiter. Sie sind zumeist zahlreichen Schikanen vonseiten der Behörden ausgesetzt. Erfolgreiche Abschiebeverhinderungen und zunehmend viele Dublin III Verfahren stellen eine große finanzielle Herausforderung dar. Um diese Kosten gemeinsam zu schultern rufen wir dazu auf: Spendet an den Arbeitskreis Asyl Göttingen e.V. oder werdet gleich Mitglied. Dies ist wichtig, um ein unabhängiges und funktionstüchtiges Netzwerk für Flüchtlinge, MigrantInnen und Illegalisierte in der Region Göttingen auszubauen und aufrechtzuerhalten. 14 spenden können Auf dAs folgende konto ÜbeRWiesen WeRden: Arbeitskreis Asyl Goettingen e.V. Sparkasse Goettingen IBAN: DE03 2605 0001 0001 0775 02 Mitgliedsanträge gibt es auf der Internetpräsenz: http://papiere-fuer-alle.org/mitgliedschaft.html 15 Über vermeintliche Sachzwänge, Humanität und die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums Die Abschaffung aller Abschiebungen, ein Bleiberecht für alle und die Öffnung der europäischen Grenzen – was wir fordern, mag vielen zunächst absurd, zumindest aber völlig unrealistisch erscheinen. Tatsächlich stehen unsere Forderungen im Widerspruch zu vielen populären Argumenten, die in der öffentlichen Debatte um Flüchtlinge immer wieder vorgebracht werden. Diesen Widerspruch wollen wir nicht negieren, vielmehr geht es uns darum zu zeigen, dass die vermeintlichen Sachzwänge, die für eine restriktive Migrationspolitik angeführt werden, so nicht existieren und dass die entscheidenden Fragen nicht gestellt werden. Wenn es um Flüchtlinge geht, wird gerne das Bild eines kaum zu bewältigenden Ansturms gezeichnet: Wohnraum wird knapp, es fehlt an Geld und die Sozialsysteme werden überfordert – „Europa kann nicht die Probleme der Welt lösen“, heißt es immer wieder. Solche Positionen wurden seitens der etablierten Politik und Medien schon in den letzten Jahren vehement vertreten, als die Zahlen der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge noch deutlich unter denen der 1990er Jahre lagen. Wenn es momentan in einigen Orten tatsächlich zu temporären Engpässen bei der Unterbringung kommt, so ist dies keineswegs das Ergebnis einer naturwüchsigen Entwicklung, sondern die Folge der verfehlten Politik der letzten Jahre: In Zeiten sinkender Flüchtlingszahlen wurden Unterkunftskapazitäten abgebaut und gleichzeitig der Bestand des sozialen Wohnungsbaus insgesamt drastisch reduziert. Beides ist die Konsequenz politischer Entscheidungen und als solche auch politisch umkehrbar. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass es darüber hinaus auch kurzfristige Lösungsmöglichkeiten gäbe, die bewusst nicht genutzt werden. Statt konsequent gegen Wohnungsleerstand anzu16 gehen und weitere Unterbringungsoptionen zu prüfen, setzt die offizielle Politik auf die zynische Inszenierung überfüllter Unterkünfte. Dass es angesichts 20000 leerstehender Wohnungen in Dresden notwendig sein soll, dort eine Zeltstadt aufzubauen, oder dass es in München, das jährlich über 13 Millionen Übernachtungen von Tourist_innen verzeichnet, keine andere Möglichkeit gibt, als Geflüchtete auf dem Bahnhofsboden schlafen zu lassen, mag glauben, wer will. Anzumerken bleibt auch, dass andere Länder deutlich mehr Flüchtlinge als Deutschland aufnehmen – sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Einwohner_innenzahl. Besonders ressentimentgeladen wird die Diskussion oft, wenn über Geld und staatliche Transferleistungen für Flüchtlinge gesprochen wird. Einerseits werden hier generell immense Kosten suggeriert. Andererseits halten sich hartnäckig Vorurteile und Neiddebatten, die eine sozialrechtliche Besserstellung von Geflüchteten und eine damit verbundene Benachteiligung deutscher Leistungsbezieher_innen behaupten. Gerade letzteres ist schlichtweg absurd: Der eigentliche Skandal besteht darin, dass Flüchtlinge sogar weniger erhalten als das für Deutsche gesetzlich festgelegte Existenzminimum. Antirassistische Organisationen fordern daher seit Jahren die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), das diese rassistische Sonderregelung beinhaltet. Auch insgesamt kann von hohen oder sogar nicht zu bewältigenden Kosten keine Rede sein: Lediglich 1,5 Mrd. Euro gab der deutsche Staat laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2013 für Leistungen nach AsylbLG aus. Selbst wenn diese Ausgaben mit höheren Flüchtlingszahlen deutlich ansteigen, sind sie im Vergleich zu anderen Posten immer noch sehr gering: Für Rüstung und Militär wendet die BRD jährlich 33 Mrd. Euro auf, allein bis 2019 ist in diesem Bereich eine weitere Erhöhung um 8 Mrd. Euro geplant. Ob Mittel für Panzer und Drohnen oder für Flüchtlinge genutzt werden, ist kein Sachzwang, sondern eine rein politische Entscheidung. In jedem Fall besteht kein logischer Zusammenhang zwischen der Höhe der Zahlungen für deutsche Empfänger_innen von Sozialleistungen und dem Geld, das für Geflüchtete zur Verfügung steht. Erschreckend ist, dass es in der Debatte um vermeintliche Kosten in der Regel völlig ausgeblendet wird, dass es hier um das Leben und Überleben von Menschen geht. Dass solche Kosten-„Argumente“ überhaupt auf größere Resonanz stoßen können, hängt auch damit zusammen, dass die soziale Frage und die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums insgesamt – auch von der politischen Linken – zu wenig thematisiert werden. Das gilt sowohl in Bezug auf die Bundesrepublik als auch mit Blick auf die weltweiten Verhältnisse. In Deutschland verfügen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über etwa zwei Drittel des Gesamtvermögens. Global gesehen sieht es noch dramatischer aus: Das oberste Prozent besitzt in etwa gleich viel wie der Rest der Weltbevölkerung zusammen. Wir widersprechen denjenigen Stimmen, die z. B. ALG-II-Empfänger_ innen und Flüchtlinge gegeneinander ausspielen wollen – also Verteilungskämpfe zwischen denen, die fast nichts und denjenigen, die noch weniger haben, propagieren. Wir bestehen auf der Möglichkeit emanzipatorischer Umverteilung und der Schaffung einer gesellschaftlichen Ordnung, die allen ein menschenwürdiges Leben bietet. Die notwendige gesellschaftliche Umgestaltung kann, wenn sie der Humanität verpflichtet ist, in keiner Form an nationale Grenzen gebunden sein. Zum einen, weil es kein vernünftiges Argument gibt, mit dem sich die Benachteiligung eines Menschen rechtfertigen ließe, nur weil diese oder dieser nicht über ein bestimmtes Papier, einen bestimmten Pass verfügt. Zum anderen sind Ausbeutung und Unterdrückung im 21. Jahrhundert global organisiert, d. h. dass vor allem westliche Firmen von den Ausbeutungsbedingungen in den Herkunftsländern profitieren. Deshalb lässt sich also gar kein Trennstrich zwischen den Problemen der „Welt“ und der Situation hierzulande ziehen. Das europäische Grenzregime stabilisiert diese Verhältnisse, indem es den Menschen die Möglichkeit nimmt, sich diesen Bedingungen in den Herkunftsländern zu entziehen und dazu beiträgt, dass Migration extrem kostspielig und lebensgefährlich wird. Zugleich zwingt die Entrechtung der Flüchtlinge in Europa diese dazu, in den Zielländern besonders schlecht bezahlte bzw. vielfach auch nicht legale (sogenannte ‚Schwarzarbeit‘) und rechtlich nicht abgesicherte Arbeitsverhältnisse einzugehen. All dem wollen wir uns gemeinsam entgegenstellen. Die Blockade von Abschiebungen ist dazu ein erster kleiner Schritt. Was wir fordern, mag momentan unrealistisch erscheinen. Aber es ist das, was Vernunft und Menschlichkeit gebieten. Und wenn es unrealistisch ist, dann nicht aufgrund unabänderlicher Gegebenheiten, sondern weil der politische Druck fehlt. Damit dieser Druck entsteht, damit unsere Forderungen realistisch werden, müssen wir uns gemeinsam mit vielen anderen Menschen in Bewegung setzen. 17 „Skrupellose Menschenhändler“ oder „Transportdienstleister“? Der „Kampf gegen Schlepperbanden“ und das europäische Grenzregime Tagtäglich sterben Menschen beim Versuch die europäischen Außengrenzen zu überwinden – die meisten weitgehend unbeachtet und anonym, fernab medialer Aufmerksamkeit. Nur, wenn katastrophale Einzelereignisse derartige Ausmaße annehmen, dass sie sich auch medial nicht ignorieren lassen, dringt die Situation an der Grenze in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. Die offizielle Politik äußert zu solchen Anlässen gerne große Betroffenheit, ohne dass jedoch auch nur ein Wort zur Rolle des europäischen Grenzregimes fällt. Stattdessen sind die Schuldigen schnell ausgemacht: „Kriminelle Schlepperbanden“, gegen die man im Zweifel sogar militärisch vorgehen sollte. Dieses Stichwort wird gerne aufgegriffen, während die entscheidenden Frage nicht gestellt werden: Warum wählen Flüchtlinge überhaupt so riskante Reisewege und begeben sich in die Hände der vehement angeprangerten „skrupellosen Menschenhändler“? Die Antwort auf diese Frage ist das Grenzregime selbst: In den letzten Jahrzehnten hat die EU faktisch alle Möglichkeiten einer legalen Einreise für Flüchtlinge abgeschafft und gleichzeitig Milliar18 den für die militärische Abschottung ihrer Außengrenzen ausgegeben. Aber an der Notwendigkeit zu flüchten ändern diese Maßnahmen selbstverständlich nichts. Die Fluchtgründe der Menschen, die in die europäischen Staaten gelangen wollen, bleiben bestehen. Da die verhältnismäßig sicheren Möglichkeiten des Grenzübertritts systematisch verbaut werden, müssen Flüchtlinge immer längere und gefährlichere Wege nutzen. Viele sind dadurch über mehrere Jahre auf der Flucht und müssen sich immer wieder in Lebensgefahr begeben. Durch ihre Abschottungspolitik hat die EU die wesentlichen Grundlagen für das Geschäftsfeld „Schleppen“ selbst geschaffen. Es ist faktisch unmöglich, in die „Festung Europa“ einzudringen, ohne die Dienste von Schlepper_innen in Anspruch zu nehmen. Das „Schleppen“ als solches ist daher zunächst auch alles andere als moralisch verwerflich, sondern eine dringend benötigte Dienstleistung, auf die Flüchtlinge unter den gegebenen Bedingungen zwingend angewiesen sind. Auch die „Schlepper“ sind keineswegs durchgängig finstere Gestalten, sondern eine durchaus heterogene Gruppe: Oft sind es z. B. ehemalige afrikanische Fischer_innen, denen ihre bisherige Existenzgrundlage genommen wurde, weil europäische Schiffe ihre Fanggebiete leergefischt haben, oder Flüchtlinge, die an einem bestimmten Ort hängengeblieben sind und sich auf diese Weise ihre Weiterreise finanzieren. In vielen Fällen haben die „Schlepper“ auch selbst ein großes Interesse daran, dass ihre Kund_innen so sicher wie möglich an den Zielort gelangen, da Informationen über die Qualität der Fluchthilfe unter Flüchtlingen zirkulieren und ein guter Ruf für das Geschäftsmodell wesentlich ist. Da sich mit dem „Schleppen“ insgesamt viel Geld machen lässt und die Überwindung der abgeschotteten Grenzen eine immer komplexere Organisation erfordert, kann man allerdings davon ausgehen, dass mafiöse Strukturen und Akteur_innen, die die Notlage der Flüchtlinge schamlos ausnutzen, in diesem Geschäftsfeld inzwischen eine wichtige Rolle spielen. Durch den „Kampf gegen die Schlepperbanden“ wird dieses Problem aber nicht behoben, sondern verschärft: Mit dem Risiko für die im Verborgenen agierenden Transportunternehmer_innen steigen auch die Preise. Flüchtlinge, die diese nicht bezah- len können, müssen dann verstärkt auf Anbieter zurückgreifen, die weniger auf langfristige Geschäftsbeziehungen setzen als auf schnelle Gewinne und dafür eine erhöhte Gefährdung der geschleusten Personen in Kauf nehmen. Die Mobilisierung gegen „Schlepper“ kann daher nicht als humanitäre Maßnahme gelten, sondern vor allem als geschicktes Ablenkungsmanöver von Politiker_innen, die mindestens so skrupellos sind, wie die Schlimmsten der von ihnen als Feindbild auserkorenen Transportunternehmer_innen. Wer die Leben von Flüchtlingen retten will, kann nicht den Kampf gegen diejenigen unterstützen, auf deren Dienstleistungen diese aktuell zwingend angewiesen sind, sondern muss für die Zerschlagung des Grenzregimes und die Eröffnung sicherer Passagen und Einreisemöglichkeiten eintreten. Richtig bleibt daher, was antirassistische Aktivist_innen schon lange fordern: Fähren statt Frontex! 19 Abschottungspolitik und Verlagerung von Fluchtrouten Die Abschottung der europäischen Außengrenzen liegt nicht in der alleinigen Verantwortung einzelner Staaten, sondern wird durch eigens eingerichtete EU-Institutionen koordiniert und gefördert. Eine zentrale Rolle spielt dabei die im Jahr 2004 entstandene „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union“, die in der Öffentlichkeit fast nur unter ihrem Kürzel „Frontex“ bekannt ist. Die zentrale Aufgabe von Frontex besteht darin, die Lage an den Außengrenzen zu analysieren und Abschottungsmaßnahmen gezielt voranzutreiben. Die auf diese Weise intensivierte Schließung relativ sicherer Zugangswege in die EU ist ein wesentlicher Faktor für die Verlagerung von Fluchtbewegungen auf immer gefährlichere Routen. 20 Dass sich Flüchtlinge überhaupt auf die hoch riskante Reise in Booten oder maroden Schiffen über das Meer begeben, liegt hauptsächlich daran, dass ihnen legale Möglichkeiten des Zugangs zur EU verwehrt werden. So könnte für viele Flüchtlinge die Einreise per Flugzeug oder Fähre eine sichere (und kostengünstigere) Alternative bieten. Die EU weigert sich jedoch, Flüchtlingen die notwendigen Visa zu erteilen. Zusätzlich verpflichtet sie die Beförderungsunternehmen, die gesamten Kosten für den Rücktransport zu tragen, wenn Flüchtlinge nicht ins Zielland einreisen dürfen. Aufgrund dieses finanziellen Risikos weigern sich Flugunternehmen und Fährgesellschaften, Flüchtlinge überhaupt an Bord zu nehmen. Neben solchen Regelungen setzt die EU auch darauf, bisher viel genutzte Routen zu zerschla- gen, die zwar nicht legal, aber relativ risikoarm waren. Beispielsweise war es bis vor kurzem für viele noch möglich, über die grüne Grenze auf dem Landweg aus der Türkei nach Griechenland und Bulgarien zu gelangen. Inzwischen haben aber beide EU-Staaten ihre Grenzanlagen durch meterhohe Zäune und NATO-Draht so stark ausgebaut, dass es zunehmend notwendig wird, gefährlichere Ausweichrouten wie den Seeweg über die Ägäis zu nutzen. nun auf wesentlich längere Wege über den Atlantik aus, um so weiter westlich gelegene Bereiche des spanischen Festlandes oder die Kanarischen Inseln zu erreichen. Ein anderer Teil versucht die Flucht über das zentrale Mittelmeer, insbesondere nach Lampedusa. Gerade in diesem Seegebiet sind in den vergangenen Jahren tausende Menschen ertrunken. Die Toten im Mittelmeer sind eine direkte Konsequenz der durch die Abschottungspolitik erzwungenen Verlagerung von Fluchtrouten. Ein anderes Beispiel ist die Meerenge von Gibraltar, die nur wenige Kilometer breit ist und deshalb lange Zeit einen wichtigen Fluchtweg nach Europa bildete. Durch den Aufbau einer hochtechnisierten und fast lückenlosen Überwachung in diesem Bereich hat diese Route erheblich an Bedeutung verloren. Ein Teil der Flüchtlinge weicht 21 Desaströse Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den Erstaufnahmeländern Die meisten Abschiebungen in Deutschland werden aufgrund des Dublin-Abkommens durchgeführt, weil dieses beinhaltet, dass Flüchtlinge nur in dem Land Asyl beantragen können, in welchem sie erstmals europäischen Boden betreten haben. Dies sind in der Regel südliche Küstenländer und EU-Länder in Osteuropa, während Deutschland durch seine geografische Lage abgeschirmt ist.1 In erstgenannten Ländern droht vielen Flüchtlingen aufgrund noch unfaireren Asylverfahren erst recht die Abschiebung, hinzu kommen häufig desaströse Lebensbedingungen.1 In Italien haben 85.000 Bootsflüchtlinge im Jahr 2014 das Festland erreicht, von denen jedoch nur 30% einen Asylantrag stellten. Nach wenigen Tagen ziehen die meisten Flüchtlinge von den Erstaufnahmeeinrichtungen (CPSA), in denen die Lebensbedingungen besonders schlecht sind, in eines der neun Aufnahmezentren für Asylbewerber_innen (CDA oder CARA), die in verschiedenen Regionen Italiens verteilt sind und in denen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren (der Bearbeitungszeitraum ihres Asylverfahrens) leben müssen. Während dieser Zeit stehen ihnen in Italien nur 2,50 Euro „Taschengeld“ pro Tag zur Verfügung. Der Rest der 30-34 Euro, die Italien pro Flüchtling am Tag ausgibt, geht an Einrichtungen in privater Trägerschaft, welche die Aufnahme von Flüchtlingen zu einem lukrativen Geschäft gemacht haben und keine Rücksicht auf deren Bedürfnisse nehmen. Hinzu kommt die Überlastung der Flüchtlingsheime, denn während die Aufnahmekapazität der CARA nur bei 9.000 Menschen liegt, leben in ihnen 11.000 Menschen. Die Anzahl der Flüchtlinge in leerstehenden Gebäuden, wie Schulen und Kirchen, wird auf noch einmal 40.000 geschätzt.2 Viele Menschen werden nach dem Verlassen der CPSA aber auch obdachlos und sich selbst überlassen, was häufig eine Verelendung zur Folge hat und dazu führt, dass der Asylbescheid gar nicht übermittelt werden kann, wenn das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist. Ein Beispiel für die desolate Situation in Italien ist die Fluchtgeschichte der achtköpfigen afghanischen Familie Tarakhel. Sie kam im Sommer 2011 in einem desaströsen Zustand mit dem Boot in Italien an, wo sie zunächst provisorisch in einer Schule untergebracht wurde, um dann in eine Unterkunft mit 50 weiteren Flüchtlingen auf kleinstem Raum zusammengepfercht leben zu müssen. Ein von Zigarettenrauch durchtränkter Raum, in dem die sechs kleinen Kinder der Familie unter sehr schlechten hygienischen Bedingungen nun leben sollten. Nur zwei Matratzen fungierten als Bett für die gesamte Familie, die sich daraufhin entschloss, die weitere Flucht über Österreich in die Schweiz anzutreten. Aus der Schweiz sollte die Familie per Schnellverfahren zurück nach Italien abgeschoben werden. In ein Land, in dem nicht nur die Unterkünfte überfüllt und die Gefahr Opfer von Gewalt zu werden groß ist, sondern in dem auch die Familie getrennt werden könnte. Getrennt, weil in den normalen Flüchtlingsunterkünften keine kindgerechte Unterbringung möglich ist und die Kinder in ein separates Kinderheim kommen könnten. Auch die Möglichkeit, dass der Vater in ein Männerwohnheim überführt werden könnte, besteht.3 Die Familie klagte gegen die bevorstehende Abschiebung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dieser entschied, dass sie nur abgeschoben werden dürfe, wenn Italien die Garantie für eine kindgerechte Unterkunft sowie die Wahrung der Familieneinheit übernehme.4 Unabhängig vom Urteil des EGMR sind wir der Meinung, dass Menschen selbst bestimmen dürfen sollen, wo sie leben möchten und dies unabhängig 1 Vgl. http://www.migazin.de/2014/12/11/kampf-abschiebung-bundesamt-fluechtlinge-kirchenasyl/, zugegriffen am 27.04.2015. 2 Vgl. http://mediendienst-integration.de/artikel/fluechtlinge-italien-aufnahme-einrichtungen-cpsa-cara-sprar.html , zugegriffen am 28.04.2015. 3 Vgl. http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/sind_abschiebungen_nach_italien_menschenrechtswidrig/, zugegriffen am 29.04.2015. 4 Vgl. http://skmr.ch/de/themenbereiche/migration/artikel/egmr-tarakhel-gegen-schweiz.html?zur=39, zugegriffen am 29.04.2015. 22 von ihrer Nationalität. Noch schlimmer ist die Situation für Flüchtlinge, die über die Türkei nach Griechenland flüchten, denn hier sind systematische Menschenrechtsverletzungen, überfüllte Haftlager und ein nicht funktionierendes Asylsystem bittere Realität. Aufgegriffene Flüchtlinge werden hier in Haftlagern interniert, in welchen sie nicht einmal einen Schlafplatz erhalten, was per Definition einer inhumanen und erniedrigenden Behandlung im Sinne Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonventionen entspricht.5 Die Abschiebung von Flüchtlingen aus Deutschland nach Griechenland ist daher nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2011 untersagt worden.6 Ein Beispiel für die unmenschlichen Lebensbedingungen, unter denen Flüchtlinge in Griechenland zu leiden haben, gibt die Geschichte eines Flüchtlings, der aus dem Irak über die Türkei erst nach Griechenland und schließlich weiter nach Belgien geflüchtet ist. Er war Polizist im Nordirak und politischer Ver5 Vgl. http://www.proasyl.de/de/themen/eu-politik/situation-in-griechenland/, zugegriffen am 29.04.2015. 6 Vgl. http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/eugh_bestaetigt_ keine_abschiebung_nach_griechenland/, zugegriffen am 29.04.2015 folgung ausgesetzt, die in einem Mordversuch mündete. In Griechenland behandelte man ihn wie einen Verbrecher, nahm zunächst seine Fingerabdrücke und sperrte ihn anschließend ohne Übersetzer_in und Anwält_in in eine Zelle. Nachdem er zurück nach Istanbul abgeschoben wurde, brachte ihn ein Schlepper nach Belgien, wo er gegen seine erneute Abschiebung, diesmal aufgrund des Dublin-Abkommens nach Griechenland, klagte.7 Beide Beispiele führen vor Augen, wie nationale Grenzen zum Mittel von Abschottung und Ausgrenzung werden. Nicht einmal menschenunwürdige Lebensbedingungen, überlastete Flüchtlingsunterkünfte und desaströse Versorgungsverhältnisse hindern die deutschen Behörden daran, Abschiebungen in sogenannte Erstaufnahmeländer anzuordnen. 7 Vgl. http://www.zeit.de/campus/2013/04/erstes-mal-anwaeltin-europaeischer-gerichtshof, zugegriffen am 29.04.2015. 23 Lebensbedingungen von Geflüchteten in der Bundesrepublik Flüchtlinge sind nicht nur dem Druck von Abschiebungen ausgesetzt; die Ungleichbehandlung und Diskriminierung erstreckt sich vielmehr über alle Lebensbereiche. Ausschluss vom öffentlichen Gesundheitssystem, willkürliche Streichungen von Geldern noch unter das gesetzliche Existenzminimum, Lagerunterbringung, gesundheitsschädigende Wohnsituationen, das Gutscheinsystem oder die Residenzpflicht B . erzählt von seinem gesundheitlichen Zustand: B hat seit Langem eine Augenkrankheit. Er ist beim Augenarzt gewesen, der ihm bestätigt hatte, dass er dringend operiert werden sollte. Mehr als drei Monate sind seitdem vergangen und bis jetzt hat er noch keinen Überweisungsschein von der Ausländerbehörde ausgestellt bekommen. „Die Ausländerbehörden ignorieren meinen gesundheitlichen Zus tand, weil ich als Geduldeter permanent nach dem Asylbewerberleistungsge setzt bestraft und sanktioniert werden soll. Gesundheit steht jedem Menschen zu, egal welche Papiere und Aufenthalt srechte er besitzt.“ sind nur einige Beispiele dafür, wie Geflüchtete gesellschaftlich isoliert und in den elementarsten Bedürfnissen eingeschränkt werden. Diese erniedrigenden und menschenverachtenden Lebensbedingungen werden durch ein ganzes Sammelsurium an Gesetzen und Vorschriften zementiert und von den zuständigen Behörden in der alltäglichen Arbeit umgesetzt. Die Solidarität mit den Geflüchteten darf sich deswegen nicht 24 allein auf die Verhinderung von Abschiebungen beschränken, sondern bedeutet auch den Kampf gegen diese inhumane Ordnung. Im Folgenden werden die wesentlichen Elemente dieser Diskriminierung und ihre Bedeutung für Geflüchtete skizziert. Asylbewerberleistungsgesetz Mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) von 1993 wurden Geflüchtete von dem Bezug allgemeiner Sozialhilfe (nach SGB II) ausgeschlossen. Die Regelungen dieses Gesetzes sind darauf angelegt, die Leistungen noch unter das Niveau des gesetzlich garantierten Existenzminimums zu drücken und die Geflüchteten vom Gesundheitssystem weitestgehend auszuschließen. Medizinische Flüchtlingshilfen fordern seit langem die Abschaffung dieses Sonderrechts für Geflüchtete, das einzig und allein der zusätzlichen Drangsalierung von Geflüchteten und der Beschneidung ihrer Rechte dient.1 Betroffen vom AsylbLG sind geduldete Menschen und Personen mit Aufenthaltsgestattung (für die Dauer des Asylverfahrens). Die Einschränkung gegenüber Sozialhilfeleistungen wird mit einer angenommenen geringen Aufenthaltsdauer gerechtfertigt. Dies ist aber irreführend, da die Mehrzahl der bloß geduldeten Flüchtlinge über Jahre hinweg in Deutschland bleibt.2 Leistungskürzungen Zudem wird im Gesetz die Möglichkeit zusätzlicher Leistungskürzungen gegeben. 1 Vgl. Kampagne zur Abschaffung des AsylbLG: http://stopasylblg.de/ 2 Vgl. Die Stellungnahme von ProAsyl zur Gesetzesänderung 2014: „Von den ca. 90.000 Geduldeten leben mehr als die Hälfte bereits länger als sechs Jahren in Deutschland” (Quelle: <http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/asylblg/ PROASYL_AsylbLG_BMAS_2014.pdf>, Seite 3. Dies beträfe diejenigen Personen, „die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen” (AsylbLG §1a). Ein solcher Vorwurf kann von den Behörden erhoben werden, wenn Flüchtlinge bspw. angeben, dass sie in ihrem Herkunftsland in Armut lebten oder ihre sonstigen Fluchtgründe nicht anerkannt bzw. angezweifelt werden. Ebenso sind Personen davon betroffen, die der Verzögerung von „aufenthaltsbeendende[n] Maßnahmen” (ebd.), d. h. ihrer Abschiebung, beschuldigt werden. Eine von der Bundesregierung im Herbst 2015 vorgelegte Gesetzesänderung3 beinhaltet in diesem Bereich weitere Verschärfungen: Für vollziehbar Ausreisepflichtige, d.h. Personen die ihrer Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihnen gesetzten Frist nachgekommen sind und deren Ausreise keine aufenthaltsrechtlichen Hindernisse entgegenstehen, ist eine Kürzung auf das „physische Existenzminimum“ vorgesehen. Das gleiche soll auch für Dublin-Flüchtlinge 3 Vgl. den Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen, Stand 29.09.2015: http://dip21.bundestag.de/dip21/ btd/18/061/1806185.pdf A, ein Mitbewohner, erzählt: „Wir wohnen zu acht in einer Wohnung, die aus zweieinhalb Zimmern besteht. Wir sind acht Männer mit verschiedenen National itäten auf engstem Raum. Wir haben eine Kochplatte und eine Toilette und Dusche. Diese beengte Wohnsituation nimmt mir, und meinen Mitbewohnern ähnlich, jeden Freiraum und jede Rückzugsmöglichkeit. Außerdem sind die sanitären Einrichtun gen der Häuser in katastrophalem Zus tand – von Schimmel bis Kälte. Das gefährdet unsere Gesundheit.“ gelten sowie für solche Geflüchtete, die per EU-Entscheidung einem anderen Mitgliedsstaat (bspw. per Quotenregelung) zugeteilt worden sind. Gutscheinpraxis und Sachleistungen Vielerorts – und von 1998 bis 2013 auch in Göttingen – werden die Sozialleistungen den Flüchtlingen nicht in Form von Geldbeträgen, sondern lediglich in Form von Gutscheinen, für welche nur ein eingeschränk25 tes Warensortiment in einer begrenzten Anzahl von Geschäften erstanden werden kann, sowie von Sachleistungen, zur Verfügung gestellt. Die von der Bundesregierung im Herbst 2015 auf den Weg gebrachte Gesetzesverschärfung sieht die erneute Einschränkung von Geldleistungen und die Ausweitung der Sachleistungspraxis vor. Dieses aufwendige System dient allein dem Ziel der Kontrolle und der Stigmatisierung Geflüchteter. In Einzelfällen wie nach einer verhinderten Abschiebung greift auch die Stadt Göttingen auf die Austeilung von Gutscheinen zurück, was einer individuellen Bestrafung der Geflüchteten gleichkommt. Gesundheitsversorgung Ein Anspruch auf medizinische Behand lung besteht allein bei akuten Erkrankun gen und dadurch verursachten Schmerz en, während die Behandlung chronischer Krankheiten ver weigert wird. Sämtliche Behandlungen und ärztliche Überweisun gen müssen von den Sozialbehörden genehmigt werden. In der Praxis werden 26 oftmals nötige Überweisungsscheine nicht ausgestellt oder der gesundheitliche Zustand der Geflüchteten ignoriert. Auch die durch die Prüfung entstehende Verzögerung kann eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Geflüchteten bewirken. Durch die Nichtbehandlung chronischer Krankheiten entstehen den Betroffenen langfristige gesundheitliche Schäden, die mitunter zum Tod führen können. Wohnsituation Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, werden nach ihrer Registrierung in einem der Erstaufnahmelager auf die Bundesländer und dort auf die einzelnen Kommunen verteilt. Die Bedingungen dieser Unterbringung reichen von der Kasernierung in Massenunterkünften wie Lagern und Heimen bis zur Zuweisung von Sozialwohnungen. Die Unterbringung von Geflüchteten gehört zu den medial präsentesten Aspekten der Migrationspolitik. So wird beispielsweise durch die örtliche Konzentration vieler Flüchtlinge in zu kleinen Unterkünften das Bild eines nicht zu bewältigenden Ansturms erzeugt. In der Stadt Göttingen gab es zwar bislang keine Lager, dennoch folgt die Unterbringung von Flüchtlingen auch hier grundsätzlich ähnlichen Prinzipien. Wie Geflüchtete in einem Protestschreiben darlegen, steht ihre Wohnsituation in eklatantem Widerspruch zum grundlegenden Recht auf ausreichenden und menschenwürdigen Wohnraum. Viele Flüchtlinge werden von der Stadt in maroden Häuserblocks im Rosenwinkel und im Neuen Weg untergebracht. Daneben gibt es inzwischen eine Reihe von Sammelunterkünften. Sie befördern tendenziell die Isolation von der sonstigen Stadtbevölkerung und den Ausschluss vom sozialen und kulturellen Leben. Seit Jahren sind solche Sammelunterkünfte zudem für ihre miserablen Wohnbedingungen bekannt. Diejenigen Flüchtlinge, die sich selbst eine Wohnung suchen dürfen, haben bei Vermieter_innen keine Chance, weil sie keinen festen Aufenthaltsstatus, sondern nur kurzfristige Duldungen erhalten. Behördliche Schikanen, die Verknappung von Wohnraum im unteren Mietpreissegment und in vielen Fällen auch rassistische Einstellungen seitens potentieller Vermieter_innen greifen nahtlos ineinander. bAnkkonten Ein Konto zu besitzen erscheint als alltägliche, geradezu selbstverständliche Angelegenheit. Ob beim Eintritt in den Beruf, das Eingehen eines Mietverhältnisses oder bei einer einfachen Bestellung im Internet, an wie vielen Stellen führt heutzutage kein Weg an der Angabe eines Kontos vorbei. Dennoch stehen Flüchtlinge in Deutschland vor massiven Schwierigkeiten, wenn sie versuchen wollen, ein eigenes Konto einzurichten. Dies hängt damit zusammen, dass die Banken ihre Ausweisdokumente (Aufenthaltsgestattungen bzw. Duldungen) für nicht ausreichend erachten. Sie verweisen in diesem Zusammenhang u.a. auf das sogenannte Geldwäschegesetz, also eine gesetzliche Regelung, die offiziell dem Kampf gegen organisierte Kriminalität (nämlich dem “Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten”) dienen soll. Hier wird sie aber als pauschaler Vorwand und Legitimation genutzt, um einer Personengruppe die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verweigern. Aus diesen Benachteiligungen ergibt sich auch die diskriminierende Praxis der monatlichen Barauszahlung der Sozialleistungen. In Göttingen müssen die Betroffenen Monatsende für Monatsende – in einzelnen Fällen auch Woche für Woche – bei den Behörden vorsprechen, um dort die ihnen zustehenden Geldbeträge abzuholen. Das stundenlange Warten im tristen Eingangsbereich des Rathauses mit über hundert Personen stellt insbesondere für Eltern oder Kranke eine extrem stressige Situation dar. C, ein weiterer Bewohner des Hauses, sagt: „Am schlimmsten ist es, den ganzen Tag nichts zu tun und keinen Kontakt zu anderen Menschen zu haben. Hinzu kommt bei allem noch die ungewisse Zukunft, das Warten auf die Bearbeitung ihres Asylantrags und die Angst vor Abschiebung. Viele von uns haben psychische Probleme mit Folge von Depressionen.“ Die meisten Behörden (wie hier in Göttingen) legen die ohnehin rassistische Gesetzgebung so restriktiv wie möglich aus. Dies treibt die Flüchtlinge in eine Lage der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung und soll sie dazu bringen, ihre Ansprüche auf Asyl, auf ein menschenwürdiges Leben und auf die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse aufzugeben. Die ohnehin schon sehr geringen Sozialleistungen werden häufig als Druckmittel genutzt, um eine sogenannte „freiwillige Ausreise“ zu erzwingen. Auch Arbeitsverbot, Verwehrung von Deutschkursen für Geflüchtete ohne anerkanntes Bleiberecht sowie Lagerunterbringung stehen dem Aufbau eines selbstbestimmten Lebens im Weg. Wenn in der Politik und in den Medien über das Für und Wider von Lagerunterbringung, die Vor- und Nachteile eines Arbeitsverbots, der Freizügigkeit, der medizinischen Versorgung, der Isolation ohne Rücksicht auf die Perspektive der Betroffenen debattiert wird, spielen die Bedürfnisse und Wünsche der Geflüchteten keine Rolle. 27 Flüchtlingsproteste und Kämpfe für gleiche Rechte Mit Protestzelten und -märschen, Besetzun gen und Hungerstreiks bringen Flüchtlinge in der gesamten Bundesrepublik diese men schen ver achtende Politik und deren Auswirkungen in das Bewusstsein der Gesellschaft. Sie haben sich entschlossen, die rassistische Diskriminierung und Entrechtung, der sie zum Teil seit Jahren ausgesetzt sind, nicht länger hinzunehmen. Gemeinsam mit Unterstützer_innen aus unterschiedlichen politischen Spektren kämpfen sie für Bleiberecht und gleiche Rechte. Eine neue Protestdynamik Proteste gegen das europäische Grenz- und Abschieberegime sowie gegen rassistische Sondergesetze sind in der BRD kein neues Phänomen. Bereits seit Jahrzehnten setzen sich Betroffene sowohl gegen die mörderische Abschottung der europäischen Außengrenzen, als auch gegen die entwürdigenden Bedingungen zur Wehr, unter denen sie hierzulande nach dem Willen der Behörden leben sollen. Auch in Göttingen war es nie wirklich ruhig. Vor allem der Kampf gegen Abschiebungen und das Gutscheinsystem erlangte hier zwischenzeitlich 28 immer wieder große Intensität und konnte neben vielen bitteren Niederlagen auch einige Erfolge vorweisen. Obwohl es ähnliche Aktivitäten also schon recht lange gibt, lassen sich seit einiger Zeit dennoch Veränderungen konstatieren: Seit etwa 2012 haben die Kämpfe von Geflüchteten in ganz Deutschland an Dynamik gewonnen. Mit mitunter spektakulären Aktionen, die teilweise – wie die Initiative „Lampedusa in Hamburg“ oder die Besetzung des Oranienplatzes in Berlin – bundesweite Aufmerksamkeit fanden, haben Flüchtlinge an zahlreichen Orten deutlich artikuliert, dass sie sich nicht mehr zum Schweigen bringen lassen. Eine wichtige Rolle in diesem neuen Protestzyklus spielt die Inbesitznahme von stark frequentierten Plätzen. Mit der dauerhaften Präsenz im öffentlichen Raum machen die Aktivist_innen unmissverständlich deutlich, dass das Thema Flüchtlingsrechte nicht von der Tagesordnung verschwinden wird. Auch Geflüchtete aus Göttingen und Umgebung sind mit einem Protestzelt in der Innenstadt, Kundgebungen und Demonstrationen sichtbarer Teil dieser erstarkten Bewegung geworden. youR libeRAtion is bound up With mine Konflikte um die Kontrolle von Migration sind mit anderen gesellschaftlichen Feldern auf das engste verknüpft. Das zeigt sich auch daran, dass der Umgang mit Flüchtlingen immer wieder als Experimentierfeld für Zumutungen dient, die danach auf weitere Bevölkerungsgruppen ausgedehnt werden. So wurden z.B. einige im Zuge der Hartz IV-Gesetze umfassend etablierte Maßnahmen (u.a. Ein-EuroJobs, Gutscheine statt Bargeld als Sanktionsmittel) in ähnlicher Form zuvor vor allem an Geflüchteten ausprobiert. Die Auseinandersetzungen, die die Geflüchteten aktuell führen, erweisen sich als ein Element weltweiter Kämpfe für ein besseres, ein menschenwürdiges, ein Leben ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Die nationalen Grenzen gehören zu den Orten, an denen der Kapitalismus sein menschenfeindliches Gesicht am offensten zeigt. Im Kontext von Migration wird der Kampf um Würde immer häufiger zum Kampf um das Leben selbst. Doch was sich hier in extremer Zuspitzung zeigt, besitzt eine Vielzahl von Bezügen zu anderen gesellschaftlichen Konflikten. Wer sich eine bessere Zukunft nicht nur für eine kleine privilegierte Minderheit wünscht, ist gut beraten, Flüchtlinge bei ih- ren Aktionen zu unterstützen, auch wenn er oder sie nicht direkt selbst von rassistischen Sondergesetzen betroffen ist: Nicht nur aus Empathie, Gerechtigkeitssinn, Mitgefühl oder Nächstenliebe, sondern auch im eigenen Interesse. Denn den Kampf um Befreiung können wir nur gemeinsam führen. Viele Flüchtlinge sind bereits in ihren Herkunftsländern politisch aktiv gewesen. Gerade ihre Kontakte bieten ein enormes Potential, um das Aufbegehren gegen die herrschenden Verhältnisse auch über Ländergrenzen hinweg zu verbinden. 29 Bildverzeichnis Zoriah: https://flic.kr/p/6CQpbW (CC BY-NC 2.0) Editorial. Murplejane: https://flic.kr/p/5HDcrC (CC BY-SA 2.0) , S.17. Fibonacci Blue: https://flic.kr/p/snPbPd (CC BY 2.0) Cover. Brian Auer :https://flic.kr/p/5vHibf (CC BY-NC-ND 2.0), S.19. Franz Joachim: https://flic.kr/p/z7vJRm (CC BY-NC-ND 2.0), S.4-5. Mstyslav Chernov: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_line_of_Syrian_refugees_crossing_the_border_of_Hungary_and_Austria_on_their_way_to_Germany._Hungary,_Central_Europe,_6_September_2015.jpg. S20-21. Daniel Müller: https://flic.kr/p/fdc4AR (CC BY-NC-ND 2.0), S.6. Moody College of Communication : https://flic.kr/p/xwqZRd (CC BY-SA 2.0), S.9. Michael Gubi: https://flic.kr/p/yh6kep (CC BY-NC 2.0), S.23. Daniel Müller: https://flic.kr/p/gyKYJZ (CC BY-NC-ND 2.0), S.10-11. Michi: https://flic.kr/p/nVuvwu (CC BY-NC-SA 2.0), S.25. hom 26: https://flic.kr/p/dPMFRx (CC BY-NC-ND 2.0), S.12-13. Michi: https://flic.kr/p/nF4o12 (CC BY-NC-SA 2.0), S.26. Michi: https://flic.kr/p/mpnWJn (CC BY-NC-SA 2.0), S.14. Jan Truter: https://flic.kr/p/n1N4RS (CC BY-NC-ND 2.0), S. 29. darren brooks: https://flic.kr/p/b6aXZ (CC BY 2.0) , S.15. philippe leroyer: https://flic.kr/p/4FybUV (CC BY-NC-ND 2.0) Cover. 30 Wer ist die Basisdemokratische Linke? Die Basisdemokratische Linke Göttingen existiert in der heutigen Form seit dem November 2013 und ist aus einem Zusammenschluss verschiedener Basisgruppen und Einzelpersonen entstanden. Der Hauptansatzpunkt unserer Politik besteht darin, Basiskämpfe zu organisieren bzw. uns in diese im Rahmen unserer Möglichkeiten einzubringen, um gemeinsam mit den jeweils Betroffenen aktiv zu werden. Das heißt hier konkret: Menschen mit gefährdetem und unsicherem Aufenthaltsstatus in ihrem Kampf um Bleiberecht und ihrem Streben nach einem lebenswerten Leben aktiv zu unterstützen. Unser Ziel bleibt es, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Die Auseinandersetzung darum beginnt für uns aber nicht in einer fernen Zukunft, sondern im Hier und Jetzt. Es ist uns wichtig emanzipatorische Politik über die lokale Ebene hinaus zu etablieren und über eine gemeinsame linksradikale Organisierung eine größere Wirkmächtigkeit zu erreichen. Nur wenn wir mehr werden, solidarisch sind, nur wenn wir überregional gemeinsame Strategien und Perspektiven entwerfen, ist die Umwälzung der herrschenden Verhältnisse möglich. Deshalb sind wir Teil der Interventionistischen Linken, eines Zusammenschlusses von Gruppen und Einzelpersonen aus der undogmatischen und emanzipatorischen Linken. Wir freuen uns immer über neue Leute, die daran interessiert sind bei uns dauerhaft und verbindlich mitzuarbeiten. Erreichen könnt ihr uns per mail oder über unser Postfach im Roten Buchladen. Basisdemokratische Linke Göttingen c/o Roter Buchladen Nikolaikirchhof 7 37073 Göttingen [email protected] www.inventati.org/blgoe 31
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