PI-Symposium „Spuren hinterlassen...“, 27. & 28.10.2015

Bildung und Sport
PI-Symposium „Spuren hinterlassen...“, 27. & 28.10.2015
Schriftliche Workshopdokumentation
Workshop Nr.: 8
Thema:
Feedback lern- und entwicklungsförderlich gestalten
Referent:
Prof. Dr. Klaus Zierer
Diese Dokumentation ist im Rahmen eines Kooperationsprojekts des Pädagogischen
Instituts mit der KSFH München und der LMU München entstanden.
Die nachfolgenden Aufzeichnungen geben den Eindruck der AutorInnen wieder und
sind nicht mit den Referierenden der Workshops abgestimmt.
AutorInnen: Miriam Schroll
Pädagogisches Institut • Symposium 2015 • Dokumentation • Workshop: Feedback lern- und entwicklungsförderlich gestalten
1. Wissenschaftlicher Hintergrund zum Workshop
Der aus der Kybernetik und Systemtheorie entliehene Feedbackbegriff ist eine auf Daten basierende Rückmeldung zwischen Personen, die in der Regel darauf abzielt, einen bestimmten IstZustand mit einem zuvor festgelegten Soll-Zustand zu vergleichen (vgl. Krause 2007, S. 46).
Im Zentrum eines effektiven Feedbacks steht somit aus kognitivistischer Perspektive die Frage
nach der Art der Zielerreichung, gleichzeitig werden auf diese Weise eventuell bestehende
Diskrepanzen zwischen einem zuvor angestrebten Ziel und der tatsächlich erbrachten Leistung
aufgedeckt. Feedback nimmt allerdings auch in der verhaltenstheoretischen Perspektive eine
bedeutende Rolle ein, denn es liefert eine direkte Rückmeldung über Wirkung und Wirksamkeit
des eigenen Verhaltens auf Dritte. Es ermöglicht, bei Unstimmigkeiten zwischen Selbst- und
Fremdwahrnehmung korrigierend einzugreifen. Aus konstruktivistischer Perspektive bewirkt
Feedback zudem eine individuelle Repräsentation vergangener Lerninhalte. Auf diese Weise
werden unter anderem Motivation und konkrete Bemühungen eines Lernenden im Rahmen seines Lernprozesses sichtbar. Die Verbindung der einzelnen Positionen spiegelt die hohe Bedeutung einer Feedbackimplementierung am Lern- und Lebensort „Schule“ wider und ermöglicht
gleichzeitig einen Überblick über wesentliche Zielsetzungen von Feedback, welche da sind:
- Transparenz von Lernfortschritten und -erfolgen
- Rückmeldung über bestehende Wissenslücken
- positive Verstärkung (z.B. durch Lob, Motivation, aber auch konstruktive Kritik)
- Förderung einer objektiven Reflexion des eigenen Lernverhaltens
- Verkleinerung von bestehenden Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung (vgl.
ebd., S. 46 ff.)
Feedback übernimmt dabei verschiedene Aufgaben im schulischen Bereich. Es bewertet nicht
nur vergangene Lernleistungen, sondern analysiert gleichzeitig den vorherrschenden IstZustand des Lernenden und bietet auf Basis dieser Erkenntnis individuelle Hilfestellungen, um
den Lernprozess weiter optimieren zu können. Umgekehrt erhalten auch Lehrkräfte notwendige
Rückmeldungen zu ihren Lehrmethoden (vgl. Hattie 2015, S. 206ff.). Die Art des Feedbacks
kann sich dabei auf unterschiedliche Inhalte beziehen: die Aufgabe an sich, den Prozess des
Lernens, die Selbstregulation des Lernenden sowie auf die Person des Lernenden selbst. Je
nach Feedbackabsicht werden beispielsweise der Erfolg der Lernleistung oder die Vorbereitung
und Gestaltung des gesamten Lernprozesses bewertet, eine gezielte Veränderung des gezeigten Lernverhaltens angeleitet oder personenbezogene Rückmeldungen gegeben (vgl. Hattie
2014, S. 131ff.). Feedback sollte dabei in Bildungseinrichtungen nicht lediglich spontan erfolgen, sondern sich im besten Fall aus einer allgemein vorherrschenden Feedbackkultur ergeben,
die alle am Schulleben beteiligten Personen (Schüler_innen, Lehrkräfte, Schulleitungen, Eltern
und zuständige Behörden) integriert und sich an deren Bedarfen orientiert (vgl. Zierer 2015, S.
124f.).
Das Quadrantenmodell nach Ken Wilber sieht Feedback in diesem Zusammenhang als erfolgsversprechendes Instrument, um sowohl subjektive Interessen der einzelnen Zielgruppen als
auch objektive Bedarfe einer Einrichtung zu messen und konsequent in den Schulalltag einzubinden. Weitere bedeutende Merkmale beziehen sich auf die kulturelle und funktionale Passung
der Feedbackkultur an die Institutionsmitglieder. Hier stehen beispielsweise die Schaffung einer
demokratischen und positiven Einstellung gegenüber Feedback und die Beziehungsgestaltung
zwischen den einzelnen Feedbackebenen im Zentrum der Bemühungen (vgl. ebd., S. 97ff.).
Daraus ergeben sich verschiedene Handlungsempfehlungen, die im Rahmen von Feedback
Beachtung finden sollten. Zum einen stellt Feedback stets eine Herausforderung für die Beziehung zwischen Feedback-Nehmer_innen und Feedback-Geber_innen dar und fordert somit die
konsequente Schaffung einer allgemein positiven Atmosphäre. Zum anderen impliziert es meist
einen weiteren Lernprozess, der den/die Feedbackempfänger_in zur Optimierung seiner/ihrer
bisherigen Leistungen motivieren sollte. Dies geschieht beispielsweise durch die Vermittlung
eines positiven Fehlerverständnisses oder eine konsequente Orientierung der Feedbackmetho-
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Pädagogisches Institut • Symposium 2015 • Dokumentation • Workshop: Feedback lern- und entwicklungsförderlich gestalten
den an den bestehenden Bedarfen der Lernenden (z.B. durch sprachliche Anpassung im Rahmen der Feedbackmethode). Eine effektive Feedbackkultur ist somit als kontinuierlicher Prozess zu verstehen, der wirksame Handlungsansätze zu einem schlüssigen Gesamtkonzept verknüpft und stets eine Verbesserung der bestehenden institutionellen Verhältnisse anstrebt (vgl.
ebd., S.107ff.).
2. Wesentliche Thesen und Ergebnisse des Workshops
Einleitend stand vor allem die Bedeutung von Feedback in Lehr- und Lernprozessen im Fokus
des Austausches innerhalb der Gruppe. Die Teilnehmer_innen des Workshops beschrieben
Feedback aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen als wichtigen Lernimpuls, der ihrer Meinung
nach sowohl den Zusammenhalt innerhalb des Klassenverbands, als auch die Kommunikation
und das Empathievermögen unter den Schüler_innen nachweislich stärkt. Während Feedback
zwischen Lehrkraft und Schüler_in durch die Teilnehmenden einheitliche Anerkennung fanden,
herrschte auch Einigkeit darüber, dass bei weiteren Varianten der Erfolg eines Feedbacks je
nach Qualität der Anleitung variiert. Feedback sollte ihrer Meinung nach deshalb lediglich gezielt eingesetzt werden, um zeitlich begrenzte Ressourcen nicht zu verschwenden.
In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage nach möglichen Schwerpunktsetzungen
innerhalb eines Feedbackprozesses und der Objektivität eines erfolgten Feedbacks. Prof. Dr.
Zierer entgegnete, dass sich Feedback in diesem Bereich zwar größtenteils auf subjektive
Wahrnehmungen der Schüler_innen beschränkt, effektives Feedback in der Regel allerdings
durch relativ homogene Bedürfnisse der Lernenden sichergestellt werden kann. Des Weiteren
dienen derartige Rückmeldungen seiner Meinung nach als wichtige Hilfestellungen für Zielformulierungen und Inhaltsbestimmungen einer individuellen Unterrichtsgestaltung. Laut Einschätzungen des Referenten bleiben dabei allerdings auch mögliche Fehlerquellen bestehen. Als
Beispiele hierfür nannte er mangelhafte Feedbacksettings oder eine Verwechslung von Feedback und Kritik. In diesem Zusammenhang betonte er, dass Feedback stets positiv-zielsetzend
formuliert werden sollte, um den Anschein einer negativen Intention zu vermeiden. Auch sollte
die Umsetzung einer erfolgreichen Feedbackkultur innerhalb einer Einrichtung nicht von heute
auf morgen initiiert werden, sondern im Rahmen einer steigenden Veränderung der strukturellen
Gegebenheiten erfolgen.
Im Workshop wurden des Weiteren praxisnahe Umsetzungsbeispiele präsentiert und direkt umgesetzt. So wurden die Teilnehmer_innen beispielsweise in zwei Gruppen geteilt, um eine
Feedbackzielscheibe zu erstellen, mit deren Hilfe der Workshop im Anschluss bewertet werden
sollte. Die Teilnehmenden hatten auf diese Weise die Möglichkeit, aktiv-lernend tätig zu werden
und sich innerhalb der Kleingruppe auf die Formulierung geeigneter Feedbackitems zu spezialisieren. Die anschließende Auswertung im Plenum ergab, dass eine spezifische Definition der
einzelnen Feedbackmerkmale sich zunächst als schwierig erwies, allerdings im Laufe der gemeinsamen Interaktion zunehmend klarer wurde.
Eine weitere Übung, in der theoretische Inhalte logisch nachvollziehbar angewendet wurden,
war die sogenannte „Feedbackmatrix“. Die Teilnehmer_innen bekamen den Arbeitsauftrag, das
Feedbackmodell nach John Hattie auf ihren Arbeitsplatz zu übertragen. Dies erfolgte in Einzelarbeit und bot den Teilnehmenden somit die Möglichkeit, die zuvor gelernten Inhalte auf individuelle Bereiche anzuwenden und vergangene Feedbackmethoden in ihrer Einrichtung zu reflektieren. Als letzte praktische Einheit wurde die Auswertung eines Probenblattes gewählt und daraus resultierende Feedbacks kurz erläutert. Diese Methode wurde durch die Teilnehmer_innen
zwar als äußerst aufwendig bewertet, führt bei einer konsequenten Umsetzung nach Einschätzungen des Referenten allerdings zu einem enormen Zeit- und Nutzengewinn. Abschließend
wurden die theoretischen Inhalte nochmals wiederholt und mithilfe einer kurzen Übung visualisiert. Der Referent bot in diesem Zusammenhang nochmals die Möglichkeit, offene Fragen und
individuelle Anliegen zu klären.
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3. Erlebte Wirksamkeitsfaktoren im Workshop
Neben ausführlichem fachlichem Input des Referenten bot der Workshop zudem die Möglichkeit, wichtige Thesen im Plenum zu diskutieren, um einen konsequenten Theorie-PraxisTransfer zu gewährleisten. Die vorgegebenen Wirksamkeitsfaktoren als Grundlage des Symposiums fanden ausnahmslos Beachtung und haben den Workshop somit nicht nur in das Gesamtkonzept des Bildungssymposiums integriert, sondern gleichzeitig auch eine Vertiefung der
vorliegenden Zielsetzung ergeben. Im Zentrum stand dabei vor allem die Metakognition der
Teilnehmer_innen über ihren individuellen Erfahrungsschatz und den bestehenden Erwartungen
an das Seminar. Zu diesem Zweck hatten die Teilnehmenden zunächst Gelegenheit, eigene
Wünsche und Vorstellungen an den Referenten zu äußern, die im weiteren Ablauf des Workshops auch intensiv bearbeitet wurden. Zu den Erwartungen zählten u.a. der Wunsch nach geeigneten Methoden und wirksamen Anwendungsbeispielen, Visualisierungsmöglichkeiten und
Erfolgsaussichten von Feedback. Auf diese Weise konnten die Teilnehmer_innen die ausführlichen theoretischen Inhalte stets mit persönlichen Praxisbeispielen verknüpfen und individuelle
Anwendungsmöglichkeiten entwickeln. Dies förderte nicht nur den persönlichen Lernerfolg,
sondern trug auch maßgeblich dazu bei, dass die Teilnehmer_innen miteinander ins Gespräch
kamen und Gelegenheit hatten, sich über Inhalte des Workshops auszutauschen. Zum
Schluss des Workshops konnten die Teilnehmer_innen mithilfe ihrer selbst entworfenen Feedbackzielscheiben Rückmeldungen an den Referenten geben, wodurch sie die Möglichkeit hatten, ihre Gruppenarbeit nochmals zu reflektieren und die Methode pädagogisch zu erleben.
Der Workshop wurde einheitlich positiv bewertet und als äußerst gewinnbringend bezeichnet.
Die Teilnehmenden gaben zudem an, dass die theoretischen Inhalte nicht nur zu aufschlussreichen neuen Erkenntnissen führten, sondern auch Unsicherheiten im Umgang mit Feedback erfolgreich abbauen konnten.
4. Offene Fragen
Da sich der Workshop stets an den Fragestellungen der Teilnehmer_innen orientierte, blieben
zum Schluss keine Fragen offen. Abschließend erhielten die Teilnehmer_innen ein Skript mit
weiteren praktischen Übungen, das ihren Lernfortschritt nochmals unterstreichen sollte und das
Gesamtkonzept des Workshops sinnvoll abrundete.
5. Weiterführende Literatur
Berger, R.; Granzer, D.; Looss, W.; Waack, S. (2013): „Warum fragt ihr nicht einfach uns?“ Mit
Schüler-Feedback lernwirksam unterrichten. Weinheim [u.a.]: Beltz-Verlag
Buhren, C. G. (2015): Handbuch Feedback in der Schule. Weinheim [u.a.]: Beltz-Verlag
Hattie, J. (2014): Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen- Überarbeitete deutschsprachige
Ausgabe von „Visible Learning for Teachers besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer.
Baltmannsweiler: Schneider-Verlag
Hattie, J. (2015): Lernen sichtbar machen- Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von
„Visible Learning“ besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag
Hiebl, P.; Seitz, S. (2014): Feedbackkultur in Schulen etablieren- So gelingt der konstruktive
Austausch mit Eltern, Schülern und Kollegium. Köln: Link-Verlag
Krause, U.-M. (2007): Feedback und kooperatives Lernen. München [u.a.]: Waxmann-Verlag
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Pädagogisches Institut • Symposium 2015 • Dokumentation • Workshop: Feedback lern- und entwicklungsförderlich gestalten
Zierer, K. (2015): Hattie für gestresste Lehrer- Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen
aus John Hatties „Visible Learning“ und „Visible Learning for Teachers“. Baltmannsweiler:
Schneider-Verlag
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