Die Dimension des Bösen

DIE DIMENSION DES BÖSEN
INFOS ZUM FILM UND DEN MATERIALIEN
Die Dimension des Bösen
Dokumentation von Rainer Fromm
Eine Produktion von Matthias-Film
30 Minuten
BRD 2015
FSK: Lehrmittelfreigabe
Einsatzbereiche
Eignung: Sekundarstufen I und II, empfohlen ab 15 Jahren (Kl. 9/10), außerschulische Bildungsarbeit,
Jugendarbeit, Lehrer Aus- und Weiterbildung
Fächerbezug: Ethik/Werte und Normen, Religion, Psychologie, Politik, Fächerübergreifender Unterricht
Stichwörter: Gut und Böse, Extremismus, Fundamentalismus, Teufel, Sünde, Recht und Unrecht,
Propaganda, Nationalsozialismus, Neonazis, Gewalt, Islamismus, Despotismus
Angebote der DVD educativ
DVD-Video-Ebene: Film in 7 Kapiteln
DVD-Rom-Ebene: Infos zum Film und den Materialien, Didaktisch-Methodische Tipps, 2 Textblätter, 6
Infoblätter, 6 Arbeitsblätter, 8 Szenenbilder, Making of, Medien- und Linktipps, Themen A-Z
Autoren:
Uwe Birnstein und Sonja Poppe
Redaktion:
Gabriele Blome
Producer:
Christian Egbers
Schlussredaktion:
Maike Siebold
Inhalt/Infos zum Film
Extremistische Terrorgruppen, fundamentalistische Selbstmordattentäter, Amokläufe, grausame Kriege – die
Nachrichten sind voll von Nachrichten dieser Art. Auch Kinder und Jugendliche werden durch Fernsehen und
Internet mit Auswüchsen des Bösen konfrontiert. Aber was genau ist eigentlich das Böse, woher kommt es?
Gibt es teuflische Mächte oder ist das Böse in der menschlichen Natur angelegt? Diesen Fragen geht Rainer
Fromm in seinem Film nach.
Er betrachtet die Lebensgeschichte zweier NSU-Mitglieder und Grausamkeit verherrlichende
Propagandafilme des Islamischen Staates, besucht einen Killerkunst-Händler, der von Schwerverbrechern
angefertigte Bilder verkauft. Experten unterschiedlicher Fachrichtungen beleuchten das Phänomen aus
theologischer, philosophischer, neurobiologischer, forensischer und filmwissenschaftlicher Sicht.
Deutlich wird: Das Böse schreckt und fasziniert Menschen gleichermaßen. Lange versuchte man, die Quelle
des Bösen in einem satanischen Wesen zu verorten, das einzelne Menschen zu Schreckenstaten verführte.
Inzwischen wird jedoch immer klarer, dass die Fähigkeiten zu Gut und Böse in jedem Menschen angelegt
sind.
Wer in einem Umfeld ohne liebevolle Bezugspersonen aufwächst und sich als ungeliebt oder überflüssig
empfindet, entwickelt häufig weder ein gesundes Selbstwertgefühl noch ein Gefühl für den Wert anderer.
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Auch die Fähigkeit zu Mitgefühl ist beeinträchtigt. Führer verschiedenster extremistischer oder
fundamentalistischer Gruppen machen sich das seit jeher zunutze. Sie bieten solchen Personen ein Umfeld,
in dem sie Bestätigung erfahren. An klaren Feindbildern lässt sich die eigene Stärke demonstrieren,
mitleidsloses Handeln gilt als Heldentat – je grausamer und kaltblütiger, umso beeindruckender.
Doch auch behütet aufgewachsene Durchschnittsbürger sind nicht frei von der Fähigkeit zum Bösen. Das
zeigte sich nicht nur im Mitläufertum zur Zeit des Nationalsozialismus, das schreckliche Auswüchse des
Bösen ermöglichte. Es zeigt sich auch heute noch immer da, wo Menschen meinen, die Wahrheit oder den
richtigen Weg für alle gefunden zu haben und dies mit Gewalt durchsetzen zu müssen. Der Film illustriert dies
vor allem am Beispiel des islamistischen Fundamentalismus. Dass Fundamentalismus nicht nur ein
Phänomen des Islam ist, sondern genauso im Christentum und in anderen Religionen zu finden ist, bleibt
unerwähnt, sollte aber bei der Auseinandersetzung mit dem Film deutlich gemacht werden.
Rainer Fromm beleuchtet in seinem Film viele Facetten des Bösen, wie es sich in unserer Zeit und in der
Vergangenheit in seinen drastischsten Formen zeigte und heute zeigt. Das Fazit: „Böses zu tun oder Gutes
zu tun, jeder Mensch hat eigentlich immer beide Möglichkeiten“ (Prof. Dr. Susan Neiman).
Inhalt der Filmkapitel
1. Was ist das Böse? (00:00 – 02:37)
Der Theologe Prof. Dr. Kurt Berner, der Filmwissenschaftler Dr. Marcus Stiglegger und die Forensikerin Dr.
Nahlah Saimeh beschreiben das Böse einleitend als etwas sinnlos Zerstörerisches, das keine Hoffnung lässt
und zu dem im Grunde jeder fähig ist. Am Beispiel des Konzentrationslagers Buchenwald wird deutlich, dass
sich das Böse von der reinen Gewalt meist durch Spott, Obszönität und völlige Geringschätzung der Opfer
unterscheidet.
2. Der Ursprung des Bösen (02:38 – 07:43)
Dafür, dass das Böse die Oberhand gewinne, sei die große Zahl an gedankenlosen Mitläufern oft
ausschlaggebender als psychopathische Einzeltäter, stellt die Philosophin Prof. Dr. Susan Neiman fest.
Lange Zeit habe man es sich recht leicht gemacht, indem man das Böse in Gestalten wie Satan verortete, der
einzelne Personen zum Bösen verführe. Damit allerdings hätten die Menschen auch die Verantwortung für
das Böse von sich gewiesen, meint Prof. Dr. Kurt Berner.
Der Teufel als Figur habe inzwischen eine Wandlung durchgemacht, erklärt ein Sprecher: von der
Personifikation des Bösen sei er zu einer faszinierenden Figur voll hinterhältiger Intelligenz und sexueller
Freizügigkeit geworden. Das Böse aber existiere weiter. Die Frage nach dem Ursprung des Bösen müsse die
Menschen schon seit jeher beschäftigt haben. Gleich in den ersten Kapiteln der Bibel finde sich
beispielsweise die Geschichte Kains, der seinen Bruder Abel ermordete. Bemerkenswert daran, stellt der
forensische Psychologe Dr. Martin Rettenberger fest: Gott verstößt Kain zwar, aber er schützt ihn auch. Das
Böse scheint von Anfang an als eine Option des menschlichen Seins vorhanden gewesen zu sein.
3. Das Böse – menschlich oder unmenschlich? (07:44 – 16:53)
Gezeigt wird das Forensische Klinikum Eickelborn, in dem psychisch gestörte Rechtsbrecher untergebracht
sind. Dr. Nahlah Seimeh ist direktorische Leiterin der Klinik. Menschen entscheiden sich für das Böse oft, weil
sie unfähig sind, mit Problemen anders umzugehen, meint sie. Angelegt sei die Fähigkeit zum Bösen in
jedem, laufe alles in geregelten Bahnen, bleibe das jedoch meist verborgen. Doch wenn ein ordnender
Rahmen fehle, würden ganz normale Durchschnittsmenschen oder gar ganze Völker plötzlich zu grausamen
Gewalttätern. Eventuell, so vermutet Saimeh weiter, sei die Fähigkeit, Feindbilder aufzubauen einst
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überlebenswichtig gewesen, denn man könne andere, die eventuell den eigenen Clan bedrohen, nur dann
rücksichtslos bekämpfen, wenn man sich selbst nicht in ihnen wiedererkenne.
Der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüter dagegen betont, niemand werde böse geboren. Böses Verhalten sei
vielmehr eine Reaktion auf schwere Konflikte, mit denen ein Mensch in der Kindheit konfrontiert war.
Empfänden sich Kinder immer wieder als Objekt, als überflüssig, störend oder hin- und hergeschoben,
entwickelten sie oft kein großes Selbstwertgefühl, betont auch Saimeh. Sie seien auch später oft nicht in der
Lage, feste Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und es falle ihnen schwer, andere als wertvoll
wahrzunehmen.
Am Beispiel zweier Mitglieder der NSU-Terrorgruppe wird deutlich: Auch hier fanden sich Menschen
zusammen, die in ihrer Kindheit auf ähnliche Weise geprägt wurden. Erste Anzeichen dafür, dass solche
Kinder in der Gesellschaft nicht richtig Fuß fassen, seien meist schulische Probleme, erklärt Dr. Martin
Rettenberger. Damit entfernten sie sich immer weiter von den gängigen Möglichkeiten, ein Selbstwertgefühl
zu entwickeln. Eine Alternative böten dann oft extremistische Ideologien. Wer an einem zum Feind erklärten
Gegenüber Macht und Stärke demonstriere, ernte in der Gruppe Gleichgesinnter Anerkennung. Der Hass auf
andere, die meist nur noch als Objekte wahrgenommen würden, verschaffe den Tätern ein gutes Gefühl.
4. Propaganda – Wie Menschen zum Bösen verführt werden (16:54 – 20:38 )
Ein weiteres Beispiel – der Terror des Islamischen Staates. Mit gewaltverherrlichenden Propagandavideos
versucht die Organisation neue Mitglieder zu gewinnen. Die Täter zeigen keinerlei Skrupel, töten quasi
nebenbei und scheinen zufrieden mit ihren Taten.
Die Mitglieder des NSU zeigten keinerlei Mitgefühl, wenn sie ihre Opfer in einem Comicclip verhöhnten.
„Das Erleben der eigenen Mitleidslosigkeit ist auch ein Erleben eigener Stärke“, könne aber auch eine
„Spielwiese für sadistische Täter“ sein, versucht Dr. Nahlah Saimeh die unfassbare Grausamkeit zu erklären.
Prof. Dr. Susan Neiman fügt hinzu, es sei ein Merkmal des Bösen, dass Gerechtigkeitsfragen und ähnliche
Überlegungen bei derlei Taten überhaupt keine Rolle mehr spielten.
In den aufwändig inszenierten IS-Propagandavideos (blutrote Wellen, Täter schießen mit einer Hand, schon
Kinder werden zu Kämpfern ausgebildet…) wird die Zerstörung anderer als Spaß dargestellt, Gewalt wird
zum „ultimativen Kick“, der offensichtlich viele Menschen dazu bewegt, sich solchen Gruppen anzuschließen.
5. Faszination des Bösen / Kult um böse Vorbilder (20:39 – 26:23)
Wie sehr das Böse die Menschen auch fasziniert, erkennt man nicht nur daran, dass Filme über besonders
grausame Straftäter sich immer wieder gut verkaufen. Auch Kleidung, Mousepads oder gar Kaffeetassen mit
dem Konterfei oder Namenszug von Amokläufern, Mördern oder grausamen Diktatoren wie Hitler oder Stalin
scheinen gefragt zu sein.
Sogar mit Gemälden und Zeichnungen von Gewaltverbrechern lassen sich Geschäfte machen. Rainer
Fromm besuchte den Amerikaner William Harder, der im Internet sogenannte Killerkunst versteigert –
grausame oder, noch makaberer, kindlich naive Bilder. Dr. Marcus Stiglegger meint, mit dem Erwerb solcher
Werke, verschafften sich Menschen das Gefühl, ein Teil von etwas Größerem zu sein, das man anders nicht
erreiche, und bezeichnet das Verhalten als eine „negative Form“ der Reliquienverehrung.
Killerkunstauktionator William Harder stellt einfach fest: „Der Mensch mag Gewalt“.
6. Wahrheitswahn – Wenn aus gut böse wird (26:24 – 28:35)
Manchmal treten böse Gestalten zunächst auch als Problemlöser auf oder meinen wie Mao Zedong gar
selbst den einzig wahren Weg für alle gefunden zu haben. Deshalb, so Prof. Dr. Kurt Berner, entstehe das
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Böse oft auch erst dadurch, dass Menschen glaubten, das Gute gefunden zu haben, das sie dann
kompromisslos durchzusetzen versuchten.
Wann aber schlägt das Gute um ins Böse? Das sei gar nicht so einfach zu entscheiden, fährt Berner fort.
Osama bin Laden beispielsweise sei ein Verbündeter der USA gewesen, bevor er zum Erzfeind wurde. Was
gut ist und was böse, das stehe immer nur für eine bestimmte Zeit lang fest, meint Dr. Martin Rettenberger;
ob die Definitionen von heute in einigen Jahren noch gültig seien, könne man nie wissen, denn sowohl das
Gute als auch das Böse seien immer ein Teil der Gesellschaft, in der man lebe.
7. Fazit: Jeder Mensch kann sich entscheiden (28:36 – 29:20
Die Antwort auf die Frage nach dem Bösen liege allein in uns selbst, lautet das Fazit des Films, denn dem
Menschen stehe es immer offen, sich für das Böse oder das Gute zu entscheiden. Prof. Dr. Susan Neiman
fasst das so zusammen: „Böses zu tun oder Gutes zu tun, jeder Mensch hat eigentlich immer beide
Möglichkeiten.“
Überblick über die Materialien
Infos zum Film und den Materialien
Didaktisch-methodische Tipps
Textblätter
1
Selbstdefinition christlicher Fundamentalisten
2
Der Mensch: Von Natur aus gut? – Von Natur aus böse?
Infoblätter
1
Unfassbar – das Böse
2
Moralentwicklung nach Kohlberg
3
Das banale Böse
4
Religiöser Fundamentalismus
5
Rechtsextremismus
6
Propaganda
Arbeitsblätter
1
Was ist das Böse?
2
Das Böse – menschlich oder unmenschlich?
3
Das banale Böse
4
Fundamentalismus, Extremismus
5
Wie kann ich gut sein?
6
Propaganda
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INFOS ZUM FILM UND DEN MATERIALIEN
Szenenbilder
1
Der Teufel – eines der vielen Gesichter des Bösen
2
Kain erschlägt Abel, Tiziano Vecellio (ca. 1543)
3
Motiv aus einem IS-Propagandafilm
4
IS-Propaganda: Massenhinrichtung
5
IS-Propaganda: Massenhinrichtung
6
IS-Propaganda: Schlussmotiv
7
Mitglieder der rechtsextremen terroristischen Vereinigung NSU
8
Besichtigung des Grauens: Tote KZ-Häftlinge
Making of
Themen A–Z
Medien- und Linktipps
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