Rundschau 4892 8-9/2015 DIE FACHZEITSCHRIFT FÜR INTERNATIONALE HERRENMODE UND SCHNITT-TECHNIK AUSSTELLUNG Expo Milano SCHNITT-TECHNIK Slimline-Anzug IM BLICKPUNKT Philosophie der Patriarchen PITTI IMMAGINE UOMO FLORENZ FRÜHJAHR/SOMMER 2016 FARBENFROHE LEICHTIGKEIT AUSSTELLUNG Appell zum aktiven Mit-und Nachdenken N avyblauer Anzug zu einem hellblauen Hemd mit verdeckter Passe oder Anzugjacke mit beiger Hose als Casualversion – das ist die Managementkleidung für die etwa 20 Manager des deutschen Pavillons auf der EXPO 2015 in Mailand. Die 160 Hostessen und Hosts tragen helle Bekleidung in den Farben Weiß und Beige. „Die Tuche sind aus Recyclingstoffen, sehr angenehm zu tragen und ein Biosiegel zeichnet die Färbung aus“, erklärt Till Deininger, der beim deutschen Auftritt auf der EXPO 2015 als Presseassistent mitwirkt. CORPORATE FASHION: Die Schweizer Firma IMAGE WEAR legt bei der Team-Bekleidung großen Wert auf aktuelle Schnitte und modernes Design. Trendy blaue Strickblazer für die Männer, blaue Frescoblazer und Kleider für die Damen im Management, an den Ärmeln und Gürteln mit flamingofarbenem Edelweiß-Enblem versehen. Die Hosts und Hostessen trugen auf der Expo Outfits in Beige, Weiß, Blau. Für alle ein Strohhut als lässiges Accessoire und Sonnenschutz, passend zu den Farbtönen des im Holzbau konzipierten Pavillons. Herren-Rundschau 8-9/2015 Auch Dietmar Schmitz, Generalkommissar des deutschen Pavillons, weist auf die Wichtigkeit der Team-Bekleidung hin: „Das Auswahlgremium der EXPO hat einen Wettbewerb initiiert, bei dem ESMOD, die internationale Berliner Kunsthochschule für Mode, mit ihrer kreativen und innovativen Bekleidungskollektion erfolgreich war. Ausschlaggebend waren unter anderem die Nachhaltigkeit der Materialien und der Produktion. Farben und Formen greifen das Motto der EXPO „Nutrire il pianeta, en39 FOTOS: EXPO MILANO GMBH, SCHMIDHUBER/MILLA & PARTNER Team-Outfits von ESMOD AUSSTELLUNG ergia per la vita“ (Den Planeten ernähren – Energie fürs Leben) mit Themen wie Blättern oder Felder auf. Dieser Wiedererkennungswert schafft die Verbindung mit dem Pavillon und stärkt visuell das Gemeinschaftsgefühl des Teams.“ Ausgewählt wurden die Gewinner des Wettbewerbs im Berliner Greenshowroom, der sich auf nachhaltige High Fashion konzentriert, zusammen mit der Ethical Fashion Show Berlin, Europas größter Plattform für ökologische und fair produzierte Mode während der Berlin Fashion Week. Die erste EXPO mit zentralem Motto Zum ersten Mal, seitdem es die EXPO-Ausstellungen gibt, sollen die Länder ihre Pavillons nach einem vorgegebenen Thema ausrichten. Mit dem Motto „Den Planeten ernähren – Energie fürs Leben“ werden drängende Fragen angesprochen, die die ganze Menschheit betreffen. Die teilnehmenden Länder – 145 Nationen, Organisationen, wie auch multinationale Firmen (davon 53 mit eigenem Pavillon) – sollen aktuelle Technologien und Innovationen sowie Kulturen und Traditionen mit dem Thema Ernährung verbinden und neue Lösungsansätze für die brennenden Fragen der Nahrungssicherung präsentieren. Die EXPO soll ein Forum sein für einen Diskurs über Theorien, Konzepte und neue Technologien, die sich zum Ziel gesetzt haben, alle Menschen auf dieser Welt – die UNO rechnet mit 8 Milliarden im Jahr 2015 – gerecht, ausreichend und möglichst gesund zu ernähren. Während sich die wohlsituierten Länder und multinationalen Firmen ihre eigenen Pavillons leisten, gruppieren sich die ärmeren Länder auf 40 neun Clustern, organisiert nach Produktionsschwerpunkt und Region. Dort werden die Produktionsketten von Kaffee bis Reis, von Obst bis Getreide, sowie die Bedeutung der Ökosysteme für die Landwirtschaft thematisiert. Wasser, Klima, Artenvielfalt lfalt und Konsumverhalten will der deutsche Pavillon die Besucher informieren und zugleich motivieren, durch umsichtiges Handeln einen Beitrag zu einer besseren en und nachhaltigen Zukunft zu leisten.“ Be Activ Das Pavillondach wird d zu Vintage-Taschen Kunst und Kultur der einzelnen Länder haben seit der ersten EXPO in London im Jahr 1851 immer eine große Rolle gespielt. Sie waren Träger von Botschaften, im Falle des Pariser Eiffelturms (1889) oder des Brüsseler Atomiums (1958) Ausdruck des technischen Fortschritts. In Mailand will man mit dem ausgewählten Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit ein Zeichen setzen. Daran hat sich der deutsche Pavillon gehalten. Generalkommissar Dietmar Schmitz erklärt, dass mit den Thema „Fields of Ideas – Be Activ“ gezeigt werden soll, wie wichtig es ist, „mit den natürlichen Ressourcen unserer Erde und mit unserer Umwelt behutsam umzugehen. Durch eine gezielte Auswahl mit guten Erklärungen zu den Themen Bodenkultur, Innovativ ist das „SeedBoard“ eine Informationsplattform, plattform, auf der Besucher wichtige ge Informationen über die deutsche Wissenschaftslandndschaft, die sich mit Themen rund um die Natur als Grundlage der Ernährung beschäfftigt, abrufen kann. Auch die innovative, sehr ästhetisch gestaltete Photovoltaik-Anlage in Form stilisierter Pflanzen, die als „Ideenkeimlinge“ aus dem Boden wachsen und den Strom in den Wurzeln speichern, um nachts die Fassaden zu beleuchten, hat es bisher noch nicht in dieser Form gegeben. Darüber wölbt sich ein Membrandach, das nach der EXPO wahrscheinlich zu VintageTaschen verarbeitet wird. In allen Facetten des Auftritts spiegelt der Pavillon ein offe- nes, sympathisches und humorvolles Deutschlandbild wider. „Ein junges, innovatives, aufgeschlossenes Potential an kreativen Menschen ist die beste Visitenkarte für Deutschland“, meint Presseassistent Till Deininger. Die Besucher bekommen am Anfang ihrer Reise das „Seedboard“ in der gewünschten Sprache. An den verschiedenen eigens dafür eingerichteten Stationen können sie spielerisch innerhalb einer Herren-Rundschau 8-9/2015 Das Wiener Modelabel SUPERATED entwickelte eine frisch elegante Kollektion in den Farbtönen des Waldes. Satte Grün-Grau-Töne mit luftigem Blattblau, dabei kombiniert das Unternehmen gekonnt klassische Berufsbekleidung wie zum Beispiel den Arbeitsoverall mit Zitaten des heimischen Steiererjankers. Auch hier spiegelt die Teambekleidung die Idee des Expo-Pavillons wieder. Der Wiener Starfotograf Udo Titz hat die Hosts und Hostessen dem österreichischen Motto gemäß wirkungsvoll in Szene: luftig-leicht. großen Themenvielfalt navigieren. Am Ende der Reise erreicht man einen kleinen Show-Raum, wo zwei stilisierte Video-Bienenaugen über die Landschaft fliegen, so dass man die Bundesrepublik mit deren Augen sieht. Dabei sorgen zwei Musiker mit ihrer Live-Musik für derart gute Stimmung, dass die Besucher den Pavillon in bester Laune verlassen. Ungezügelter Appetit Die Gefahr liegt nahe, dass aus dem anspruchsvollen Thema „Den Planeten ernähren“ der Slogan wird „Die Besucher ernähren“. Wer kostenlos einen Happen möchte, der sollte den Schweizer Pavillon besuchen. Doch aufgepasst! Die Schweiz möchte die Besucher während des Rundganges durch die vier mit typisch schweizerischen Lebensmitteln gefüllten Türme dazu anregen, über ihr eigenes Konsumverhalten nachzudenken. Das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen entscheidet darüber, wie lange und wie viel für die Herren-Rundschau 8-9/2015 anderen übrig bleibt. Die Besucher gelangen mit Aufzügen auf die vier Türme, wo sie sich mit Kaffee, Wasser, Apfelringen und Salz bedienen dürfen. Die Kalkulation war, dass diese Produkte bis zum Ende der EXPO für alle Besucher ausreichen, aber schon drei Wochen nach der Eröffnung sieht es mit diesem Ziel schlecht aus: Jeder denkt nur an sich und seinen Appetit – der Egoismus dominiert! Nach der EXPO 2015 werden die Türme als urbane Gewächshäuser genutzt. Tief durchatmen Viel Holz finden die Besucher im österreichischen Pavillon. Die gesamte Ausstellungsfläche im Innern ist offen und mit bis zu zwölf Meter hohen Bäumen bepflanzt. Manche der 60 großen Bäume sind bereits 30 Jahre und älter. „Breathe.austria“, diese Oase mit einzigartigem Frischekick füllt die Lungen mit herrlicher Frischluft. Luft wird so als das Lebensmittel Nummer 1 erlebbar, ohne das es kein Leben auf der Erde gibt. Gemeinsam produzieren alle Pflanzen in einer Stunde frischen Sauerstoff für 1.800 Besucher. Zugleich binden sie jeden Tag insgesamt 92 kg Kohlendioxid. An der Luft-Bar im Pavillon laden Gaumenfreuden aus dem Wald zur Verkostung ein. Unter den Pavillons sind einige sehr interessante Konstruktionen zu entdecken, denn renommierte Architekten sind im Spiel wie Daniel Libeskind (China Pavillon) oder Norman Foster (Dünenpark, Vereinigte Arabische Emirate). Avantgardearchitektur auf 33 Fußballfeldern Da die Pavillons nach 184 Tagen wieder abgebaut werden müssen, verwenden viele Holz, um die Forderung auf Nachhaltigkeit zu respektieren. Bahrein bietet einen arabischen Garten mit kostbaren archäologischen Ausgrabungen, der nach der EXPO in Bahrein wieder aufgebaut wird. Daneben gibt es eher kitschig verspielte Architek- tur wie bei Turkmenistan, Ungarn, Oman und Rumänien. Deutschland, Russland und Japan bieten die schönsten Terrassen. Der 35 Meter hohe „Baum des Lebens“ vor dem italienischen Pavillon (Marco Balich), der in der Krone Michelangelos Bodenmuster des römischen Kapitols zitiert, erinnert eher an einen umgekippten Regenschirm. Insgesamt umfassen die Pavillons eine Fläche von 33 Fußballfeldern, viel Raum, um eine intellektuelle und zugleich kulinarische Reise zu präsentieren, die die unterschiedlichsten Düfte und Genüsse, aber auch das aktuelle und innovative Wissen und die Errungenschaften von 145 Nationen erlebbar macht. Dazu braucht es nicht mehr als eine Eintrittskarte und, wer auch dem kulinarischen Genuss zollen möchte, ein gut gefülltes Portemonnaie. Benigna Mallebrein Die Weltausstellung bleibt bis zum 31. Oktober geöffnet. www.expo2015.com, www.expo2015-germany.de 41
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