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Neuerscheinung im Frühjahr 2016:
Gernot Gricksch
GHETTO BITCH
320 Seiten. Gebunden. Ab 14 Jahren
Hamburg: Dressler Verlag 2016
ISBN 978-3-7915-0006-5
14,99 €(D) / 15,50 €(A)
Erscheinungstermin: 9. Mai 2016
Die 15-jährige Nele wohnt mit ihrer Familie im schicken Hamburg-Poppenbüttel und führt ein
unbeschwertes Leben. Doch das ändert sich von einem Tag auf den anderen: Neles Vater
stirbt und hinterlässt Berge von Schulden. Neles Mutter ist gezwungen, mit ihr und ihrem 14jährigen Bruder das Villenviertel gegen eine Hochhaussiedlung in Hamburg-Steilshoop einzutauschen. Schnell ist Nele hier die arrogante Zicke vom Dienst und lässt kein Fettnäpfchen
aus. Als sich Nele mit der leicht durchgeknallten Ginny und dem coolen Nick anfreundet,
gelingt es ihr immer besser, sich in ihr neues Umfeld zu integrieren. Doch dann tauchen auf
einmal ihre alten Freunde aus Poppenbüttel wieder auf und bringen alles durcheinander.
Und auch ihr Bruder Timo, der zunächst froh war, dem fiesen Poppenbütteler Schnösel
Rafael entronnen zu sein, gerät in Schwierigkeiten, weil er sich mit den falschen Leuten angefreundet hat…
Gernot Gricksch schreibt ironisch, frech und balanciert bravourös zwischen Tragik und Komik, voller Liebe zu seinen schrägen Figuren. Mit „Ghetto Bitch“ ist dem Hamburger Autor
ein rasanter und witziger Jugendroman voller Tiefgang gelungen.
Gernot Gricksch, geboren 1964, ist Kolumnist, Kinokritiker und
Autor von Romanen, Sachbüchern und Drehbüchern. Er ist einer
der meistverfilmten deutschen Autoren und lebt mit seiner Familie
in Hamburg. Zu Gernot Grickschs größten Erfolgen gehören „Die
denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande“ und „Freilaufende Männer“. Sein Roman „Robert Zimmermann wundert sich
über die Liebe“ wurde von Leander Haußmann verfilmt und mit dem
Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. „Freilaufende Männer“ und
„Das Leben ist nichts für Feiglinge“ wurden mit Wotan Wilke Möhring verfilmt. Im Dressler Verlag hat Gernot Gricksch mit „Die Paulis
außer Rand und Band“, „Im Tal der Buchstabennudeln“, „Nicht drücken!“ und „Die Paulis im Tatukaland“ bislang vier Kinderbücher
veröffentlicht. „Ghetto Bitch“ ist sein erstes Jugendbuch.
©Dressler, Jörg Schwalfenberg
Dressler Verlag GmbH  Poppenbütteler Chaussee 53  22397 Hamburg  www.dressler-verlag.de
Pressestelle: Judith Kaiser  Tel: 040/607 909-765  Fax: 040/607 909-22765  [email protected]
„Wenn ich es schaffe,
die Leser gleichzeitig zu rühren und zu amüsieren,
dann bin ich glücklich“
Interview mit Gernot Gricksch zu „Ghetto Bitch“
Wie entstand die Idee zu „Ghetto Bitch“?
Vor allem suche ich als Autor ja erstmal eine Prämisse, in der ich mich so richtig schön austoben kann und die gleichzeitig ganz nah an der Lebenswirklichkeit junger Menschen ist.
Was treibt junge Menschen heute um? Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich habe das
Gefühl, Geld und sozialer Status spielen für die heutige Teenager-Generation eine viel, viel
größere Rolle als das zu meiner Jugendzeit der Fall war. Ich bin in den späten 70ern und
frühen 80ern erwachsen geworden und das war eine Zeit großer sozialer Sicherheit. Man
musste seine Pubertät nicht damit belasten, dass man über seine Karriere und sein späteres
Auskommen nachdachte. Heute ist das anders, der Konkurrenzkampf ist enorm. Kostspielige
Statussymbole sind fast überlebenswichtig. Dass ein Mädchen, das sich um materielle Dinge
nie Sorgen machen musste, über Nacht ins Prekariat abrutscht, ist deshalb ein großes Drama. Und bietet gleichzeitig auch viel Raum für Komik, denn die Bewohner beider Welten –
Hochhausghetto und Villen-Vorort – begegnen einander ja nie wirklich und haben deshalb
nichts als Vorurteile über einander.
Die Dialoge der Jugendlichen in den verschiedenen Cliquen sind sehr glaubwürdig in Tonfall
und Sprache. Woher nehmen Sie Ihr „Material“?
Ich habe einen 19jährigen Sohn und eine 15jährige Tochter. Das hilft. Ich fahre außerdem
fast täglich mit der U-Bahn und bin ein ziemlich guter Beobachter und Belauscher. Ich finde
Slang toll. Mich fasziniert es sehr, wie schnell sich Sprache verändert, wie sich jede Generation ihren eigenen Duktus erschafft. Die Lyriker von heute machen Hiphop, die schönsten
Metaphern erfinden Menschen unter 20. Diese Sprache muss ich bei einem Buch wie „Ghetto Bitch“ natürlich benutzen. Der Trick ist aber, die Dialoge im Roman so authentisch wie
möglich zu schreiben, sich aber andererseits nicht mit übertrieben cooler Jugendsprache bei
den Lesern anzubiedern.
In Ihrem Buch werden ziemlich viele Drogen konsumiert (Alkohol, Hasch). Befürchten Sie
nicht, dass sich jugendliche Leser ein Beispiel daran nehmen könnten?
Ach, ich glaube nicht, dass ein 16jähriges Mädchen erst durch mein Buch motiviert wird, einen Wodka-Grapefruit zu trinken oder einen Joint zu rauchen. Da kommen die im Allgemeinen schon ganz von selbst drauf.
Trotz der ernsten Themen wie Mobbing, Gewalt, Drogen, Armut, Zwangsverheiratung etc. ist
Ihr Buch unterhaltsam und humorvoll. Wie schaffen Sie das?
Dramen können ganz schön nerven, wenn in ihnen nichts als gelitten wird. Ich habe jedenfalls keine Lust, mich 300 Seiten lang durch nichts als Unbill, Tristesse und Verzweiflung zu
kämpfen. Auch im wirklichen Leben hat so mancher Schicksalsschlag schließlich seine
(schwarz-)humorigen Elemente. Es ist allerdings ein ziemlich schmaler Grat, auf dem man
sich da als Autor bewegt. Generell gestehe ich mir aber das Recht zu, erst einmal in nahezu
allem Schrecklichen auch etwas Kurioses zu entdecken, was für einen befreienden Lacher
taugt. Die große Herausforderung besteht darin, den schrecklichen Teil dabei nicht zu baga-
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tellisieren und die Figuren nicht für den Gag zu verraten. Wenn ich es schaffe, die Leser
gleichzeitig zu rühren und zu amüsieren, dann bin ich glücklich.
In „Ghetto Bitch“ nehmen Sie über weite Strecken die Perspektive eines 16jährigen Mädchens ein. Ist das für einen Autor kein Problem oder inwiefern ist das doch auch eine Herausforderung?
Das ist eine Frage, die ich nur schwer beantworten kann. Ich habe schon in mehreren Büchern die weibliche Erzählperspektive gewählt und bin wirklich stolz darauf, dass mir viele
Leserinnen dabei eine große Glaubwürdigkeit bescheinigt haben. Tatsächlich bin mit Frauen
aber immer schon ein wenig besser klargekommen als mit vielen Männern, was wohl eine
Zwangsläufigkeit ist, wenn man sich weder für Autos noch für Fußball interessiert. Aber am
Ende des Tages denke ich, ein Autor ist einfach einer, der versucht die Menschen und das
Menschsein zu begreifen. Und deshalb muss er vor allem neugierig sein und zuhören können. So gesehen, ist es sogar leichter Frauen zu verstehen als Männer, weil Frauen meist
offener über ihre Gedanken und Gefühle sprechen.
Welche Ihrer Figuren liegt Ihnen besonders am Herzen?
Ich liebe immer alle meine Figuren. Der Lieblingscharakter fast aller Leute, die bislang „Ghetto Bitch“ gelesen haben, ist die großmäulig-durchgeknallte Ginny. Mein Herz schlägt aber
ganz besonders für Timo. Weil es im wirklichen Leben so viele Timos gibt. Fast bei jeder
Kinderbuchlesung entdecke ich einen oder zwei solch männliche oder weibliche Timos im
Publikum: Die scheuen Außenseiter am Rand, die Kinder ohne Freunde und ohne rechtes
Selbstbewusstsein. Die rühren mich dann immer und ich würde sie am Liebsten zur Seite
nehmen und ihnen erklären, dass die Eigenschaften, die sie momentan so einsam machen,
dieselben Eigenschaften sind, die womöglich später die spannendsten Erwachsenen aus
ihnen machen. Denn das wissen wir doch alle: Die populären Alpha-Kids der Schule werden
später oft die banalsten Spießer. Ich liebe Figuren (und Menschen), die ihren eigenen Weg
gehen. Denn wie heißt es doch so schön: Das Schaf, das der Herde folgt, sieht nichts als
Ärsche.
Musik spielt in Ihrem Buch eine große Rolle. Gleich zu Beginn des Buches besucht Nele mit
Freunden ein Konzert von Lisa T, einer bekannten Rapperin, die mit ihrem Hit „Ghetto Bitch“
den Saal zum Kochen bringt. Am Ende des Buches spielt Neles Bruder Timo mit seiner Metal-Band sein erstes Konzert. Machen Sie selbst auch Musik?
Vor langer, langer, langer Zeit war ich tatsächlich Sänger und Bassist in Rock- und PunkBands mit launigen Namen wie „Creme Extrem“ und „Typen, Tresen, Temperamente“. Ich
hatte allerdings deutlich mehr Spaß als Talent. Musik ist dennoch ein wichtiger Teil meines
Lebens und spielt auch in vielen meiner Bücher eine große Rolle. Ich höre auch beim
Schreiben immer die passende Musik. Und durch meinen Sohn, der ein sehr guter Schlagzeuger ist und in zwei Bands spielt, bekomme ich ständig den musikalischen Horizont erweitert. Ich habe ihn früher mit gutem Jazz und Leuten wie Tom Waits und Philip Glass bekannt
gemacht hat, er hat mich dann im Gegenzug gelehrt, dass Metal keineswegs nur stupider
Krawall ist, sondern dass es da hochkomplexe und faszinierende Varianten gibt. All die Metal-Bands, die in „Ghetto Bitch“ erwähnt werden, würde ich ohne meinen Sohn nicht kennen.
Bei uns in der Familie ist es ein Ritual, dass wir vor langen Autofahrten Musikmixe zusammenstellen, zu denen alle Familienmitglieder ihre aktuellen Lieblingssongs beitragen. Da
hören wir dann auf dem Weg in Urlaub wild durcheinander düstere Emo-Rocker und herzige
Singer-Songwriter, Free-Jazz und Balkan-Pop, 70er Jahre-Prog, Technical Death Metal,
Folkpop und Klezmer. So viel neuer Input – ich liebe es!
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Schreiben Sie eher für Frauen oder für Männer?
„Ghetto Bitch“ wird sich sicher eher von Mädchen als von Jungen gelesen werden, obwohl
ich glaube, dass auch Jungs ihren Spaß daran hätten. Doch der Anteil männlicher Leser aller
Altersgruppen sinkt ja bedauerlicherweise stetig. Ich versuche aber nicht für eine “Zielgruppe“ zu schreiben sondern einfach eine gute Geschichte zu erzählen. Irgendwelche marktstrategischen Überlegungen beim Verfassen eines Romans sind der beste Weg einer Geschichte die Seele zu rauben.
Wie unterscheidet sich das Schreiben eines Drehbuchs vom Schreiben eines Romans oder
Jugendbuchs?
„Ghetto Bitch“ ist mein erstes Jugendbuch und anfangs hatte ich Sorge, ob ich den richtigen
Tonfall treffen werde. Aber letztlich ist es dann doch kaum anders als für Erwachsene zu
schreiben: Wenn ich meine Leser ernst nehme und ihnen auf Augenhöhe begegne, gibt es
wenig Probleme. Und eine kluge, nette Lektorin hilft natürlich bei der einen oder anderen
kniffligen Fragestellung. Den ersten Sex meiner jungen Hauptfigur Nele zu erzählen – davor
hätte ich mich zum Beispiel gern gedrückt. Durfte ich aber nicht. Und die Szene hat dann ja
auch ganz gut geklappt, hoffe ich.
Drehbücher dagegen sind etwas ganz anderes als Romane. Da gibt es keine inneren Monologe, für jede Emotion muss ein Bild gefunden werden, jeder Dialog muss einen dramaturgischen Zweck erfüllen und mehr als 100 Seiten sollten es möglichst auch nicht sein. Das ist
eine fast schon mathematische Aufgabe und eine stete Übung in Sachen Selbstdisziplin und
Selbstbeschränkung. Aber was ich über das Drehbuchschreiben gelernt habe, macht sich
natürlich auch in meinen Romanen bemerkbar. Meine Romane lesen sich angeblich ziemlich
schnell und cineastisch – und werden deshalb auch oft verfilmt. Auch die Filmrechte für
„Ghetto Bitch“ sind ja bereits vergeben, was mich natürlich riesig freut.
Das Interview führte Judith Kaiser (Dressler Verlag) im März 2016
ABDRUCK HONORARFREI – BELEGE ERBETEN
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