Die Rache des kleinen Prinzen Frontwork CIS «Das war jetzt Diebstahl Nummer drei», konstatierte Fibbs, während unter seinen Augen Tuckie akribisch Spuren aufnahm am Ort des Geschehens. Einem Tatort an der Peripherie der grössten Stadt der Schweiz, welche man gerne auch als «Trend-Quartier» bezeichnete. «Was haben wir?» «Na ja, dasselbe wie die letzten Wochen: nichts. Und solange die Leitung dieses wunderschönen Gebäudes auf ein dichteres Netz an Überwachungskameras verzichtet, werden die Kunsträuber auch in Zukunft leichtes Spiel haben.» Die Leitung des Gebäudes stellte dem Team einen Raum neben der Bibliothek zur Verfügung. Dort hatte Fibbs nun sein Team versammelt. «NiDozzo, McFee! Wie sieht‘s denn aus? Was zeigen die Aufnahmen der Kameras der letzten Nacht? Habt ihr was?» Fibbs zeigte offen seine Ungeduld. Er wollte Resultate – klar, umfassend, schnell. «Nein, Boss, wir müssen dich enttäuschen. Nix, nix, nix. Wir haben Gabby die Aufnahmen der Überwachungskameras an den Eingängen übermittelt. Bis anhin hat sie nichts entdeckt. Die Räuber scheinen spurlos zu verschwinden, wie in den vorangegangenen Fällen.» Es war nicht so, dass es sich bei den gestohlenen Kunstwerken um Picassos, Rembrandts oder Monets handelte – samt und sonders waren es dreidimensionale Exemplare neuzeitlicher, unbekannter Künstler, deren Werke sich wertmässig im vierstelligen Franken-Bereich bewegten. Doch in der Kunst kann das bekanntlich schnell ändern, innert kurzer Frist der Wert eines Werks sich verzehnfachen. Jedenfalls erklärte dies der umtriebige Direktor der Anlage dem Frontwork CIS-Team. «Na ja, diese eigenartigen Elemente, welche man als Kunstwerk betitelt, waren noch nie mein Ding. Ich kann nicht verstehen, wie jemand dafür bezahlt», sagte McFee. «Selbst wenn sie sich an einem Ort befindet, der meinem Vornamen Ehre macht: für mich muss Kunst Ausstrahlung haben. Und die richtigen Masse. 90 – 60 – 90.» Der grinsende NiDozzo war wieder mal bei seinem Lieblingsthema gelandet; wofür er von der anwesenden Assistentin des Direktors einen strafenden Blick erhaschte. «Kamerabilder haben wir keine. Dafür Ideen. Stimmt‘s, NiDozzo?» Was Fibbs sich ausgedacht hatte, war so unkonventionell wie zielgerichtet. «Die Diebstähle fanden alle in kurzer Kadenz statt, jeweils in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Also sind wir auch kommenden Donnerstag auf Freitag vor Ort. Genau hier.» McFee hatte sein Fragezeichen förmlich auf der Stirn eingebrannt. «Vor Ort? Genau hier? Wo wir eher unschwer zu entdecken sind? Wie soll denn das gehen?» «Tarnung», entgegnete Fibbs. «Perfekte Tarnung.» Eine Woche später, gegen 23 Uhr, huschten zwei Gestalten durch den Gebäudekomplex. Ihr Ziel: das Kunstwerk, welches am selben Nachmittag, nur wenige Stunden zuvor, in der Nähe der Mensa aufgestellt worden war. Das Kunstwerk war eine Statue, welche von der Ausdrucksweise und Haltung ein bisschen an Michelangelos <David> erinnerte. Das war‘s dann allerdings schon mit den Gemeinsamkeiten: das Mannsbild, welches hier auf dem Sockel stand, war eher zierlich gebaut. Es war mit dunkelrotem Samt überzogen und erinnerte nicht nur wegen der Beschaffenheit des Stoffes an einen Prinzen oder Herrn im Adelsstand – an der linken Hüfte war ein längerer Stock 1 befestigt, ebenso mit Samt überzogen. Dieses Element symbolisierte sichtlich einen Degen, wie ihn die Herren zu Zeiten des 17. und 18. Jahrhunderts zu tragen pflegten. Auf dem Kopf der Figur ein Hut mit neckischer Schleife, ein sogenannter Dreispitz, auf einer überdimensionierten, langlockigen Allonge-Perücke; beides ebenso Elemente aus der Barockzeit. Der eigentliche Blickfang trohnte aber am Fusse der Statue: unverkennbar die Atrappe einer elektrischen Gitarre, welche offensichtlich einen Kontrast zu all den Symbolen der Frühen Neuzeit bildete. Am Sockel war ein Schild befestigt mit dem eher einfältigen Titel des Kunstwerks – auch wenn dieser sinngemäss Aufklärung in Sinn und Zweck betrieb: <Barock‘n Roll 2015>. Die zwei Nachtbuben näherten sich vorsichtig dem Objekt der Begierde. Hatten sie es auf die Statue abgesehen? Oder nur auf die Gitarre? Die Diebe packten die Statue an den Beinen, wollten sie offensichtlich hochheben. Nur hatten sie die Rechnung ohne den Herrn im samtenen Rot gemacht: dieser stürzte sich mit einem Schrei auf den verdutzten Mann zu seiner Linken und riss ihn zu Boden. Im selben Moment öffneten sich die Türen der Mensa. Fibbs und NiDozzo kamen angerannt, überwältigten den zweiten Dieb. Währenddessen hatte die Statue – alias McFee – mit geübtem Griff ihren Gegner bereits in Handschellen gelegt. Mit dieser eher rustikalen, jedoch äusserst wirksamen Methode, hatte das Team von Frontwork CIS wieder mal ganze Arbeit geleistet. Nur McFee wünschte sich, er hätte eine weniger tragende Rolle bei der Auflösung des Falles gespielt: NiDozzo verpasste die darauffolgenden Wochen keine Gelegenheit, bei jeder und jedem über die nächtliche Heldentat seines Kollegen zu schwadronieren – die Rache des kleinen Prinzen. 2 frontwork ag hertistrasse 25 postfach ch-8304 wallisellen tel +41 44 802 80 10 [email protected] auffallendanders.ch
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