Manuskript Referat Br Süssli - Logistikbasis der Armee LBA

Manuskript der Rede von Brigadier Thomas Süssli,
Kommandant der Logistikbrigade 1, gehalten am
Brigaderapport vom 22. Januar 2016 in Ecublens VD (Auszug)
Geschätzte Kameradinnen und Kameraden
Am heutigen Brigaderapport geht es um Sie! Es geht im ersten Teil
darum, Ihre Leistungen 2015 zu würdigen.
Im zweiten Teil, geht es dann um unsere Ziele für das Jahr 2016.
Und es ist mir wichtig, dass Sie den Sinn dieser Ziele verstehen.
Sie erinnern sich an Professor Jenewein am Rapport vor einem
Jahr. Er hat uns die Golden Circles vorgestellt, die drei Kreise.
Aussen ist das Was, dann das Wie aber zuinnerst ist das ‚Warumʻ.
Der Sinn.
Ich nehme es schon vorweg. Die drei Ziele sind:
- Bereitschaft,
- Einsatzdiversität
- Leadership.
Vor einem Jahr wurde ich am Brigaderapport in Suhr von meinem
Vorgänger verabschiedet. Er erwähnte, dass mich die Armee im
Auge behalten würde.
In den letzten fünf Monaten habe ich mir vor Ort persönlich ein Bild
von ihrer guten Arbeit machen können. Ich traf sie bei
Stabsübungen und auf dem Feld bei Truppenübungen an.
Sie arbeiten ehrlich, ernsthaft und unaufgeregt. Das gefällt mir.
Unsere gemeinsame Aufgabe und die Begegnungen mit Ihnen
bestätigen mich darin, dass es richtig war, zurückzukommen.
Die Treffen mit ihnen haben mir Freude bereitet. Als neuer
Kommandant habe ich viele Fragen und sie haben mir diese
geduldig beantwortet. Ich danke Ihnen für diese Gelegenheit für die
Unterstützung.
Ich habe in der Einladung geschrieben, dass wir in einer der
spannendsten Zeit der Geschichte leben. Das gilt sowohl für die
Chancen, als auch für die Risiken.
Es ist nicht nur eine der spannendsten Zeiten, sondern auch eine
Zeit voller Spannungen. Es ist eine Vuca-Welt. Eine volatile,
unsichere, komplexe und vieldeutige Welt.
Nebst den sich täglich überschlagenden Vuca-Meldungen in den
Medien, sehen wir auch immer mehr Bilder von Armeen im Einsatz.
Gegen den Terror in Paris und Brüssel oder bei der Hilfe an die
Bevölkerung bei Überschwemmungen. Die Situation ist klar - wir
sind eine Einsatzarmee geworden. Der Einsatz steht im Zentrum.
Bei aller Vielfalt, wie wir heute hier versammelt sind, haben wir
etwas gemeinsam. Etwas, dass uns verbindet. Wir führen in dieser
Brigade. Es liegt in unseren Händen, 2016 eine Einsatzbrigade zu
werden.
Ich habe zu Beginn gesagt, dass es heute um Sie geht. Es geht
jetzt darum, Ihre Leistungen 2015 zu würdigen. Da wir eine
lernende Organisation sind, wird es sowohl um Ihre Erfolge gehen,
aber auch Punkte, die wir noch verbessern können.
Die an Sie gestellten Erwartungen waren auch im letzten Jahr
wieder hoch. Für die Erfüllung zahlreicher Einsätze wurde von
Ihnen Leistung auf Anhieb gefordert. Diese Leistung musste nicht
nur auf Anhieb sondern sogar auch aus dem Stand erbracht
werden.
Stellen Sie sich eine zivile Firma mit rund 500 Mitarbeitern vor, die
am Montag gegründet wird und bereits am Dienstag produktiv ist
und zuverlässig Leistungen erbringt. Das würden nicht viele
schaffen.
.
Auf Anhieb Leistungen erbringen ist eine grosse Stärke unserer
Milizarmee. Sie rücken in den WK oder einen Einsatz ein, sie
organisieren und rüsten sich aus, und dann bilden sie sich aus,
bevor sie ihre Tätigkeit aufnehmen. Die Milizarmee ermöglicht es,
die Mittel und Fachspezialisten schnell einzusetzen.
Schauen wir uns einige der Einsätze an, die Sie letztes Jahr
geleistet haben.
Einer von zwölf Flüchtlingen, die 2015 in die Schweiz kamen, wurde
von der Logistik-Bereitschaftskompanie104 transportiert. Die
Angehörigen der Log Ber Kp 104 fuhren 26 mal um die Erde, ohne
nennenswerte Unfälle. Zuverlässig wie ein Mammut.
Die Leistung der Log Bat zu Gunsten der Logistikbasis der Armee
entspricht ca. 120 Vollzeitstellen.
Effizienz versus Flexibilität - Effizienz für die ordentliche Lage - die
Armee braucht Sie für die ausserordentliche Lage!
Das Feedback ist gut, sehr gut und teilweise sogar hervorragend.
Bei all den positiven Rückmeldungen, die mich sehr freuen und die
ich gerne an Sie weitergebe, gab es eine kleine Handvoll negativer
Rückmeldungen. Was mich betrübt ist, dass diese alle mit unserer
Führung zu tun hatten. Es kann nicht sein, dass unsere
Leistungsbezüger für die Armee Proviant oder Schlafplätze
organisieren müssen. Das ist Sache des Chefs. Das müssen Sie
korrigieren. Ich weiss, dass Sie das besser können.
Die Gesamte Transportmenge des VT-Bataillons und der
Logistikbataillone entsprechen 110 Kampfpanzern Leo oder 605
IVECO 4x4 Lastwagen. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine
starke Leistung.
Die 1'169 Tage von den Spitalbataillonen geleisteten Tage
entsprechen ca. 250 Vollzeit Pflegehelfern für alle vier Bataillone.
Die Spitalbataillone sind für Krisen und Katastrophe die Reserve im
Gesundheitswesen.
Die vom Sanitäts-Logistikbataillon geleisteten Stunden zu Gunsten
der Armeeapotheke entsprechen zirka einer halben Million Franken
Lohnkosten.
Ich danke Ihnen im Namen der Armee für diese Leistung. Sie dürfen
stolz auf sich sein. Sie können Stolz sein, dass Sie alle Einsätze
erfüllt haben.
Mit diesen Leistungen brauchen wir uns nicht zu verstecken. Wir
müssen bei jeder Gelegenheit die Botschaft hinaustragen, was wir
können. Und dies in einfachen Worten. Wenn Sie heute Abend
nach Hause kommen schauen Sie sich die heute aufgeschaltete
neue Web-Seite der Logistikbrigade an. Sie werden einfache
Botschaften finden, die den Menschen in unserem Land die
Armeelogistik erklären.
Positive Auftritte schaffen Vertrauen bei unser Bevölkerung.
Um dieses Vertrauen zu wahren braucht es aber auch tadelloses
Auftreten. Oder würden Sie sich in einem Flugzeug sicher fühlen, in
dem der Pilot schmuddlig aussieht und seine Uniform nachlässig
trägt? Würden Sie sich von einem Arzt behandeln lassen, der
ungepflegt ist? Oder haben Sie schon einmal einen Polizisten mit
unkorrektem Tenue gesehen?
Ich danke allen Bataillonen für die gelungenen Fahnenanlässe und
Auftritte in der Öffentlichkeit.
Mein Vorgänger und ich haben dieses Jahr alle Bataillone in
Stabsübungen, Strabsrahmenübungen oder Volltruppenübungen
beübt. In dieser Übung „Condotta Due“ ging es darum, während
einer Mobilmachung die Lage zu verfolgen und gleichzeitig eine
Aktion zu planen. Die parallele Lageverfolgung und Aktionsplanung
war noch neu und so haben wir viel gelernt.
Besondere Erwähnung verdient die Übung „Condotta Due“ mit dem
Logistik-Bataillon 52. Es ging um die materielle Bereitstellung eines
Aufklärungsbataillons und die Zusammenarbeit mit der Ter-Region.
Aus der Aktionsnachbearbeitung dieser Übung haben wir viele
Massnahmen erkannt und diese werden in das
Mobilmachungskonzept einfliessen.
Ich danke an dieser Stelle dem Brigadestab und allen
Übungsgehilfen für die grosse Unterstützung für diese Übungen.
Ohne Sie wäre es nicht möglich, zwölf Übungen pro Jahr
durchzuführen.
Als ich selber noch Bataillonskommandant war, habe ich mich bei
meiner Auftragsanalyse gefragt, was es denn braucht für diese
Auftragserfüllung auf Anhieb. Es braucht die entsprechenden
Fähigkeiten bei der Truppe. Es braucht gründliche Planung und
Vorbereitung. Es braucht aber vor allem regelmässiges und
anspruchsvolles Training im Verband. Wir müssen unseren
Unterstellten in diesem Training auch die Möglichkeit geben, Fehler
zu machen um aus diesen zu lernen. Das braucht Vertrauen und
Mut. Aber das ist Fehlerkultur und macht uns besser. Fehlerkultur
ist so mächtig, weil wir am nachhaltigsten aus Fehlern lernen. Und
meistens wissen wir ja selber am besten, was nicht gut ging. Aus
Fehler lernen muss nach jedem Einsatz und nach jeder Übung
systematisch erfolgen.
Der Nachbearbeitung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Nur
wenn wir systematisch auswerten, was wir beim nächsten Mal
besser machen können, dafür Massnahmen definieren und diese
konsequent umsetzen, machen wir Fortschritte und können
gewinnen.
Wenn wir von der Armee sprechen, kommen uns Bilder von Waffen,
Fahrzeugen, Flugzeugen, Geräten in den Sinn. Das ist nicht die
Armee. Wir sind die Armee. Schweizer Bürger in Uniform. Es sind
Menschen, die diese Geräte bewegen, die führen und planen. Für
diese Aufgaben müssen wir jeweils die Besten motivieren und
gewinnen können. Ich bin stolz, dass es uns auch dieses Jahr
wieder gelungen ist, die Besten für neue Funktionen und Ämter zu
finden.
Bis in die 80er Jahre war die grösste sicherheitspolitische
Bedrohung für die Schweiz eine grosse rote Kugel, die von Osten
nach Westen über die Weltkarte gerollt wäre. Die Herausforderung
für unsere Armee war, diese Kugel ab der Landesgrenze zu
verlangsamen und schliesslich zu stoppen. Diese grosse Kugel ist
zum Glück Ende der 80er Jahre zerbrochen. Damit fiel auch die
Mauer und der bipolare Ost-West-Konflikt endete. Wir erlebten in
den 90er Jahren eine Zeit der Entspannung, der Öffnung, der
Freiheit. Mit dem Schengen Abkommen wurden Grenzen in Europa
abgebaut. Im Hinblick auf eine offene und friedliche Welt wurden die
Armeen abgebaut.
Im Vergleich zu dieser einen, grossen, roten Kugel, sehen wir heute
viele kleine Kugeln. Viele von denen rollen nicht mehr, sondern sie
fliegen oder bewegen sich im Cyberspace. Die Kugeln sind
schneller, dynamischer und interagieren miteinander. Auch die
Grundplatte, sozusagen das Spielfeld, auf dem sich diese Kugeln
bewegen hat sich verändert. Durch Urbanisierung,
Wirtschaftswachstum hat sich das Zentrum der Welt verschoben.
Auf dieser neuen Weltkarte ist nicht mehr Europa in der Mitte,
sondern der Pazifik.
Diese neue Welt ist volatiler, unsicherer, komplexer und vieldeutiger
geworden.
Wir haben in den letzten Wochen in den Medien unzählige Bilder
gesehen, wie Polizei und Armee gemeinsam zur Sicherheit der
Bevölkerung beitragen. Wir haben in Frankreich und Belgien
gesehen, wie die Polizei und Armee Seite an Seite die Bevölkerung
vor Terroristen schützen. Wir haben die gesehen, wie die Armee bei
den Überschwemmungen im Norden von England geholfen hat.
Und die Zustimmung der Schweizer Bevölkerung zur Armee war
noch nie so hoch wie jetzt. 80% Prozent der Schweizer erachten die
Armee als notwendig. Und wenn wir es besser erklären, diese
Bilder verankern, dann sind es vielleicht sogar noch mehr. Und
sogar bei den sonst eher kritischen jungen Generation, den 20-29
Jährigen, ist die Zustimmung auf rund 75% gestiegen. Bemerkung
zu der Altersstruktur im Saal.
Wir wissen nicht, ob uns eine der Vuca-Kugeln treffen wird. Wir
wissen nicht, wann und wo. Viele dieser Kugeln können uns ohne
Vorwarnzeit treffen. Das heisst, wir müssen jederzeit bereit sein. Im
ganzen Land.
Als Soldaten ist es nicht unsere Verantwortung darüber zu urteilen,
wie wahrscheinlich ein Einsatz der Armee ist. Die Rollen sind klar
verteilt. Wir unterstehen dem Primat der Politik. Wir, die Armee,
setzen uns nicht selber ein und drängen uns nicht auf. Werden wir
aber eingesetzt, sind die Erwartungen unserer Bevölkerung an uns
hoch. Wenn wir aufgeboten werden, sind Krise oder Katastrophe
schon da. Krisen und Katastrophen gibt keine Vorwarn- oder
Aufwuchszeit. Übrigens auch bei Kriegen nicht mehr. Aus der Taktik
wissen wir, dass die Reserve ausgelöst wird, um eine Entscheidung
herbeizuführen. Die Armee ist die sicherheitspolitische Reserve der
Schweiz. Wenn wir ausgelöst werden, sind die zivilen Mittel mit
grösster Wahrscheinlichkeit erschöpft oder deren
Durchhaltefähigkeit gefährdet. Es wird von uns erwartet, dass wir
rasch Wirkung erzielen. Wirkung in Schutz oder Hilfe unserer
Bevölkerung.
Die Erkenntnis aus allem, was wir heute gehört haben liegt auf der
Hand: Wir sind eine Einsatzarmee!
Diese rasche Bereitschaft erreichen wir nur mit entsprechender
Vorbereitung. Die Wiederholungskurse sind dafür da, um diese
Bereitschaft zu erreichen und zu erhalten. Wir müssen die
Mobilmachung mit direktem Übergang in einen Einsatz jeden WK
üben. In jedem WK. Dabei müssen wir gleichzeitig Einsätze führen,
eine Lage verfolgen und unsere nächste Aktion planen können.
Bereitschaft heisst aber auch, die eigene Handlungsfreiheit zu
wahren.
Eigenschutz ist nicht etwas, was man dann schon kann, wenn man
es braucht. Eigenschutz ist ein Standardverhalten, denn die
Bedrohung ist weder heute noch im Einsatz sichtbar.
Wir wissen auch nicht, welche der Vuca-Kugeln uns trifft. Eine?
Mehrere gleichzeitig? Lösen Cyberattacken einen Stromausfall aus
und aufgrund der Folgen eine Epidemie? Wie reagieren wir, die
Bevölkerung auf Notlagen? Sind es Bilder wie im Buch ‚Blackoutʻ,
bei denen die Menschen die Würde verlieren?
Es ist ein Denkfehler, sich lediglich auf den Normalfall
vorzubereiten. Wir müssen vielseitige Einsätze flexibel leisten
können. Die Armee kommt zum Einsatz, wenn die zivilen Mittel
nicht mehr ausreichen, im ausserordentlichen Fall. Die Bewältigung
genau dieser Lagen ist eine Kernkompetenz der Armee. Es geht
darum, unser Handwerk auch in schwierigen Situationen
auszuüben. Wenn nötig sogar unter Einsatz unseres Lebens.
Wir schulden es unserer Truppe, sie für den Einsatz richtig
auszurüsten. Deshalb ist die Weiterentwicklung der Armee (WEA)
richtig und wichtig. Als Kommandanten und Kader schulden wir
unserer Truppe, sie genügend auf den Einsatz vorzubereiten. Diese
Vorbereitung bedarf, dass wir hart trainieren und lernen. Dieses
Training erfolgt immer im Rahmen von Übungen und
Verbandstraining. In diesem Training sind im Rahmen eines
realistischen Szenarios Dilemmata zu bewältigen. ‚Schmutzige
Gedankenʻ sind hier durchaus erlaubt. Was, wenn das
Armeelogistikcenter (ALC) während der Mobilmachung von aussen
beschossen wird? Was, wenn der Strom im ALC ausfällt? Was,
wenn die Truppe das im ALC bereitgestellte Material nicht holen
kann? Was, wenn die Struktur des Spitals, welches wir unterstützen
sollen, beschädigt ist?
Die Trainingsziele 2016 lauten wie folgt:
Schnellstmöglich nach der Mobilmachung:
- das ALC in der logistischen EEB 100ʼ000 unterstützen und
zusammen Dilemmata lösen;
- bei einer Katastrophe mehrere ziv Leistungsbezüger mit San D
Leistungen gleichzeitig unterstützen;
- als primäres Nachrichtenbeschaffungsorgan die Lage in einem
Schadensraum aufnehmen;
- rund um die Uhr produzieren und Distribution unterstützen
- die Führungsfähigkeit der Brigade sicherstellen;
- Führungs- und logistische Infrastruktur schützen.
Wir dürfen Stolz sein. Stolz auf die erfüllten Aufträge. Bei allem
Erfolg dürfen wir aber nicht vergessen, dass es letztlich nicht wir
sind, die die Arbeit machen. Es ist die die Truppe. Wir sorgen durch
Planung und Führung dafür, dass die richtigen AdA zur richtigen
Zeit am richtigen Ort sind, mit der richtigen Ausrüstung und
Ausbildung. Aber etwas fehlt. Etwas bestimmtes scheinen wir
unsern Bürgern in Uniform nicht mitzugeben. „Schweizer Soldaten
sehen keinen Sinn in der Armee.“ Schlagzeilen wie diese sind
schmerzhaft. Was mich aber viel mehr schmerzt ist, dass wir jedes
Jahr hunderte AdA an den Zivildienst verlieren. Und damit Sie mich
richtig verstehen. Das Problem ist nicht der Zivilschutz. Dieser ist in
Verfassung und Gesetz verankert. 48% aller Abgänge in den
Zivildienst verlassen die Armee nach der Rekrutenschule.
Einsatzbereite, fertig ausgebildete Soldaten. AdA aus dieser
Brigade, aus unseren Bataillonen, Kompanien, Zügen. AdA, die aus
der Armee wollen, weil ihnen der Sinn fehlt.
Die Zustimmung der Armee in der Bevölkerung ist hoch wie nie und
dennoch verlieren wir jedes Jahr rund 2500 ausgebildete AdA, die
den Sinn nicht sehen. Ich würde nun selber gerne glauben, dass
uns dies nicht betrifft. Schauen wir uns aber das Resultat der
Umfragen bei den AdA unserer Brigade an, sehen wir das folgende
Bild: Die Kameradschaft ist gut, auch mit der Ausbildung und
Führung sind sie zufrieden, aber der Sinn, der Sinn der fehlt.
Kameradinnen und Kameraden, das ist ein Problem. Das bereitet
mir Sorgen. Und es sind nicht nur die Umfrageresultate. Immer
öfters bekommen wir konkretes Feedback von Soldaten und
Angehörigen zu den WK. Solche Briefe lösen auf allen Stufen
Frustration aus. Sie investieren als Milizkader viel Zeit und Herzblut
für die Vorbereitung der WK's und solches Feedback ist sicher nicht
das, was Sie erwarten. Es ist nicht das, was sie verdienen.
Auf einem meinen Besuchen letztes Jahr bei der Truppe fragte ich
einen unseren Soldaten auf der Wache, was denn sein Auftrag sei.
Er antwortete mir, er müsse diesen Eingang bewachen. Ich sagte
ihm, ‚das sehe ichʼ, und fragte warum er diesen Eingang bewachen
müsse. Er wusste es nicht. Er wusste nicht warum, er wusste nicht,
auf was er besonders acht geben muss, was die Bedrohung ist.
Und das Schlimmste, er wusste nicht, was der Sinn ist. Und das
unmittelbar nach den Brandanschlägen von Hinwil.
Die Frage stellt sich jetzt natürlich, was wir dagegen unternehmen.
Denn wir „müssen“ etwas machen.
Jemand von Ihnen hat die Lösung besser formuliert, als dass ich
das jemals hätte machen. Es ist ein Oberleutnant aus dieser
Brigade. Jemand mit Führungserfahrung als Zugführer. Er hat es
die Grundsätze für die beste Armee der Welt genannt.
Was wir alle brauchen, ist der Sinn, das ‚Warumʻ. Und für uns als
Chefs gilt, wer Leistung will muss Sinn geben. Wer Leistung will,
muss Sinn geben.
Dass die Vermittlung von Sinn möglich ist, zeige ich Ihnen gerne an
einem konkreten Beispiel aus der Brigade. Sie sehen die Resultate
der Umfrage, wie wir sie vorhin auch gesehen haben. Es sind zwei
Kompanien in dieser Brigade.
Der Unterschied zwischen den beiden Resultaten ist nicht die
Truppe, es ist nicht der Zeitraum des WK, nicht der Auftrag. Es ist
die Führung. Was hat der Kommandant auf der rechten Seite
anders gemacht? Er hat von vorne geführt. Als ich ihn besuchte,
war er bei der Truppe. Dort, wo er am meisten Einfluss nehmen
konnte. Er hat sein Kader und somit auch die Truppe vor Ort
mitgerissen. Er hat viel gefordert. Sein eigener Auftrag war
herausfordernd, er hat aber auch von seiner Truppe viel gefordert.
Aber der Hauptunterschied war, dass er seiner Truppe den Sinn
des Einsatzes vermittelte.
Als ich wiederum mit einem Soldaten auf der Wache sprach, konnte
dieser mir die allgemeine Lage der Übung, welche übrigens
zwischenzeitlich nicht mehr von der Realität entfernt liegt, schildern.
Er wusste, was die Bedeutung seines Auftrags für die Kompanie
und Armee ist. Und nicht zuletzt hat man ihm im Detail geschildert,
auf was er genau achten muss und was die Bedrohung auf seiner
Stufe ist. Sie erinnern sich. Es ist unverantwortlich, einen Soldaten,
einen Bürger in Uniform, auf die Wache zu stellen ohne ihm genau
zu erklären, auf was er achten muss und was die Gefahren sind.
Dieser Kommandant ist nur ein Beispiel. Ich bin sicher, jeder von
uns kennt aus seiner Erfahrung solche Beispiele. Erinnern Sie sich
an einen Vorgesetzten, welcher Sie besonders motiviert hat. Er hat
Ihnen vertraut, Ihnen anspruchsvolle Aufgaben übertragen und
Ihnen den Sinn vermittelt. Die gute Nachricht ist, Sie können für Ihre
Unterstellten genau dieser Vorgesetzte sein.
Wer Leistung will muss Sinn geben und Sinn ist das Verständnis
des eigenen Beitrages zum Ganzen.
Wir sind eine Einsatzarmee:
- Gehen Sie nach der Mobilmachung schnellstmöglich in den
Einsatz;
- Trainieren Sie bei jeder Gelegenheit hart, realitätsnah und
fordern Sie Ihre Truppe;
- Seien Sie Leaders, führen Sie mit Aufträgen und vermitteln Sie
den Sinn
- kämpfen, schützen, helfen - die Logistik machtʼs möglich
Dieses kommende Jahr wird anspruchsvoll. Die Dynamik geht
weiter. Genauso wenig wir die Annektion der Krim, den
sogenannten Islamischen Staat, den Terrorismus in Europa oder
die grossen Flüchtlingsströme vorausgesehen haben, wird auch
2016 ein Vuca-Jahr. Es wird auch 2016 wieder zu Terroranschlägen
kommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass uns einige davon nahe
kommen. Das Klima wird sich weiter verändern und Menschen die
Lebensgrundlage entziehen. Das sind keine hellseherischen
Voraussagen, sondern eine realistische Erwartung in dieser VucaWelt. Wir hoffen das Beste und rechnen mit dem Schlimmsten.
Ich freue mich auf viele persönliche Gespräche mit Ihnen in diesem
Jahr. Ich freue mich auf unser gemeinsames Werk. Es wird
herausfordernd und motivierend sein. Und ich bin überzeugt, dass
wir gemeinsam auch in diesem Jahr unsere Aufträge erfolgreich
absolvieren werden.
Ich habe Ihnen zu Beginn gesagt, dass es um die Ziele für 2016
geht. Das 'Was' ist das Ziel, eine Einsatzbrigade zu werden. Das
'Wie' sehen Sie vor Ihnen. Es geht um Bereitschaft, um
Einsatzdiversität und Leadership. Das 'Warum' haben Sie heute
gehört, weil wir in dieser Vuca-Welt bereit sein müssen, unserem
Land und Leuten zu helfen, sie zu schützen oder dafür zu kämpfen.
Unser Land und Leute erwarten, dass wir helfen, schützen und
kämpfen wenn es und braucht. Und dies rasch, wirkungsvoll und
entschlossen. Erstellen Sie die Bereitschaft, trainieren Sie hart und
anspruchsvoll und vor allem - geben Sie Ihren Unterstellten Sinn.