Head of Research Uwe Burkert Chefvolkswirt + 49 / (0) 7 11/ 1 27–7 34 62 [email protected] Autor Matthias Krieger Senior Economist Sovereigns/Subsovereigns/Agencies + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 30 36 [email protected] abgeschlossen: 31.03.2016 Emerging Markets – Flow of Funds und Hintergründe Seite 1 © Landesbank Baden-Württemberg Inhalt. Seite 1. Einleitung 3 2. Emerging Markets: „Flow of Funds“ 4 3. Einflussfaktoren 16 4. Exkurs: Droht eine zweite Asien- bzw. EM-Krise ? 23 5. Fazit 34 Ansprechpartner Disclaimer Seite 2 © Landesbank Baden-Württemberg 36 37 Einleitung. Eine ganze Reihe von Faktoren haben in den vergangenen Quartalen dazu geführt, dass ausländische Investoren sich mit Anlagen in den Schwellenländern zunehmend zurückhielten und die Kapitalflüsse in die Emerging Markets darüber tendenziell rückläufig wurden bzw. netto sogar Kapital aus diesen Staaten abgezogen wurde. Zum einen verunsicherten die schon seit geraumer Zeit im Trend fallenden Rohstoffpreise die Investoren. In zahlreichen Schwellenländern basieren Wirtschaft und Außenhandel stark auf dem Export von Rohstoffen, so dass ein nachhaltiger Rückgang der Ausfuhren im Zuge einer schwachen weltwirtschaftlichen Rohstoffnachfrage bzw. fallender Rohstoffpreise hier deutlich negative gesamtwirtschaftliche Rückwirkungen zeitigt. Belastend kam die von der US-Notenbank eingeleitete Zinswende hinzu, die bereits im Vorfeld Ängste schürte, Zinsanlagen in den Schwellenländern könnten gegenüber solchen in den USA weniger attraktiv werden, wenn die US-Leitzinsen kräftig angehoben würden. Darüber hinaus erhöhten geopolitische Spannungen die weltweite Risikoaversion (Ukraine/Russland-Konflikt, Syrien, Irak, Nordafrika etc.). Durch schwache Konjunkturdaten in China wurde dann auch noch ein Einbruch der chinesischen Aktienkurse ausgelöst, der nachfolgend einen weltweiten Kursrutsch bei Aktien zur Folge hatte. Stark verunsichert zeigten sich die internationalen Kapitalgeber zuletzt insbesondere vom massiven Kapitalabfluss aus China, der vereinzelt sogar Vergleiche mit der „Asienkrise“ von 1997/98 heraufbeschwor. Diese Publikation soll helfen, ein wenig Licht ins Dunkel der Kapitalströme im Zusammenhang mit den Schwellenländern zu bringen und aktuelle Trends und Entwicklungen zu beleuchten. Seite 3 © Landesbank Baden-Württemberg Emerging Markets: „Flow of Funds“. Seite 4 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Fonds ziehen derzeit im Trend Kapital ab. Flow of Funds aus Investitionen in Anleihen & Aktien (Mrd. USD) von EM-Fonds § Vorwiegend in Emerging Markets (EM) investierende Fonds zogen laut IIF bzw. EPFR zuletzt netto Kapital aus den Schwellenländern ab. § Dies betraf sowohl Anleihen als auch Aktien. § Im Trend verlor der Abzug von ausländischem Kapital durch in die EM investierende Fonds zuletzt aber spürbar an Dynamik. Quelle: IIF, EPFR, LBBW Research Seite 5 © Landesbank Baden-Württemberg China: Starke Kapitalabflüsse. China: Ausländische Kapitalzu- bzw. -abflüsse (Mrd. USD/Monat) § China verzeichnete allerdings auch in den letzten Monaten exorbitant hohe Abflüsse von Kapital ins Ausland. Quelle: IIF, LBBW Research Seite 6 © Landesbank Baden-Württemberg China: Starker Kapitalabzug, aber kein Risiko für die Realwirtschaft. China: FX-Reserven (Mrd. USD) und USDCNY Rückgang FX-Reserven = Abfluss von Kapital § Der Kapitalabfluss aus China stellt aber KEINEN Abzug ausländischer Portfolioinvestitionen dar: § Über Jahre tauschten Unternehmen Devisen aus den hohen Exportüberschüssen bei der PBoC gegen CNY. Dieser wertete damals quasi garantiert zum USD auf und war besser verzinst. Darüber stiegen die Reserven. § Aktuell präferiert die PBoC aber einen schwächeren CNY. Exportüberschüsse z.B. in USD werden nun im Ausland belassen und umgekehrt CNY bei der PBoC gegen USD zurückgetauscht und im Ausland investiert. Die FX-Reserven fallen und Kapital fließt ab. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 7 © Landesbank Baden-Württemberg § Auf die Realwirtschaft hat dies aber keinen Einfluss, da hierdurch keine Finanzierungen gefährdet sind und der schwächere CNY eher stützt. Mit dem Kapitalabzug verbundene Sorgen sind u.E. deutlich übertrieben. EM: Zufluss von ausländischen Portfolioinvestitionen zuletzt öfter negativ. EM: Netto-Zuflüsse an Portfolioinvestitionen (Mrd. USD/Monat) 50 40 12 Monate 30 § Gleichwohl: Netto war in den letzten 12 Monaten zumeist ein Abzug von ausländischen Portfolioinvestitionen (Aktien + Anleihen) aus den EM zu verzeichnen. 20 § Mit Werten zwischen 2 Mrd. USD und 15 Mrd. USD pro Monat kann aber kaum von einem „Exodus“ von Kapital aus den EM gesprochen werden - die Zuflüsse in den Monaten zuvor beliefen sich hier auf teilweise über 30 Mrd. USD pro Monat. 10 0 -10 -20 -30 IIF: Net Portfolio Flows Tracker (bn. USD): Debt + Equity § Im März 2016 lag der Zufluss bereits wieder über 35 Mrd. USD. Quelle: IIF, LBBW Research Seite 8 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Portfolioinvestitionen nach Anleihen und Aktien. EM: Netto-Zuflüsse Portfolioinvestitionen - Anleihen & Aktien (Mrd. USD/Monat) 50 12 Monate 40 30 20 § In den vergangenen 12 Monaten waren die Zuflüsse bei den Anleihen netto zumeist negativ oder marginal. Vor allem die Furcht vor einer USZinswende scheint in dieser Zeit gewirkt zu haben. § Die Engagements in Aktien wurden in dieser Zeitspanne zumeist moderat zurückgefahren. Hier wirkten wohl vor allem die hohe Verunsicherung im Zusammenhang mit der unklaren konjunkturellen Entwicklung in China, sowie der Abwärtstrend bei den Rohstoffpreisen nach. 10 0 -10 -20 -30 IIF: Net Portfolio Equity Flows Tracker (bn. USD) IIF: Net Portfolio Debt Flows Tracker (bn. USD) § Im März 2016 waren die Zuflüsse in die Aktien- und Anleihemärkte der EM aber schon wieder signifikant positiv. Quelle: IIF, LBBW Research Seite 9 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Portfolioinvestitionen in Aktien nach Regionen. EM: Netto-Zuflüsse Portfolioinvestitionen nach Regionen - Aktien (Mrd. USD/Monat) § Der Kapitalabzug aus Aktienmärkten betraf vor allem EM in Asien. Mit Abstrichen waren auch Lateinamerika und Osteuropa negativ betroffen. 20 15 10 § Vor allem in Asien finanzieren sich Unternehmen recht umfangreich durch Aktienemissionen. 5 0 -5 -10 -15 Emerging Asia (bn. USD) Latin America (bn. USD) Emerging Europe (bn. USD) Africa & Middle East (bn. USD) Quelle: IIF Reuters, LBBW Research Seite 10 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Portfolioinvestitionen in Bonds nach Regionen. EM: Netto-Zuflüsse Portfolioinvestitionen nach Regionen - Anleihen (Mrd. USD/Monat) § In Lateinamerika und Osteuropa greifen sowohl Unternehmen als auch Staaten relativ stärker auf Anleihen als Finanzierungsinstrument zurück. 40 30 20 § Vor allem Osteuropa musste im Zuge der Russland/Ukraine-Krise Abflüsse von in Anleihen investiertem Kapital verkraften. Aber auch aus Lateinamerika floss zeitweise Anleihekapital ab. 10 0 -10 § Marginal waren hier dagegen die Kapitalabflüsse aus Asien. -20 Emerging Asia (bn. USD) Latin America (bn. USD) Emerging Europe (bn. USD) Africa & Middle East (bn. USD) Quelle: IIF, LBBW Research Seite 11 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Neuemissionen Anleihen & Aktien. EM: Neuemission von Anleihen und Aktien (Mrd. USD) § Die Emissionstätigkeit bei Anleihen und Aktien gab in den Schwellenländern zeitweise zwar etwas nach, dies ist aber eher der schwachen Konjunktur und den kräftig gefallenen Rohstoffpreisen geschuldet, welche die Investitionsbereitschaft dämpfen. § Trotz Zurückhaltung der EM-Fonds kann von einem „Käuferstreik“ aber keine Rede sein. Nach wie vor gelingt es den EM bei Bedarf, Anleihen und Aktien zu platzieren, wie vor allem die Entwicklung in den beiden letzten Monaten belegt. Quelle: IIF, Thomson One, LBBW Research Seite 12 © Landesbank Baden-Württemberg Ausstehende EM-Bonds von „Non Financials“ nach Währungen. EM: Ausstehende Anleihen von „Non-Financials“ nach Währungen (Bio. USD) § Der Unternehmenssektor (die „NonFinancials“) hat derzeit kaum Probleme bei der Kapitalbeschaffung über die Finanzmärkte. § Der Löwenanteil der Emissionen lautet nach wie vor auf Lokalwährung. § Aber auch die Emission von Anleihen auf USD oder EUR ist möglich und über die Jahre zunehmender Refinanzierungsbestandteil. Quelle: IIF, LBBW Research Seite 13 © Landesbank Baden-Württemberg EM-Sovereigns: Neuemissionen zuletzt vorwiegend in Lokalwährung (LC). EM: Emission von Sovereigns nach Währungen (Mrd. USD) § Seit dem Frühjahr 2014 emittieren auch EM-Staaten ihre Bonds vorwiegend in lokaler Währung (LC). § Die Entwicklung funktionierender nationaler Kapitalmärkte in den EM seit der Asienkrise zahlt sich hier aus. Die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalgebern ist hier heute deutlich geringer als vor der „Asienkrise“. Quelle: IIF, Thomson One, LBBW Research Seite 14 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Die Exporte wachsen ähnlich schnell wie das Volumen ausstehender internationaler Anleihen EM: Ausstehende „International Bonds“ versus Exporte (Mrd. USD) § Das ausstehende Volumen – auf Fremdwährung lautender – internationaler EM-Anleihen steigt zwar kontinuierlich an. § Eine allgemeine „Überschuldung“ in Fremdwährung lässt sich daraus u.E. aber nicht ableiten. Denn die Exporte der EM, d.h. deren Fähigkeit, Deviseneinnahmen zu generieren, nehmen ähnlich schnell zu. § Bei einzelnen Ländern kann dies aber anders aussehen. Quelle: BIZ, Thomson Reuters, LBBW Research Seite 15 © Landesbank Baden-Württemberg Einflussfaktoren Seite 16 © Landesbank Baden-Württemberg Ausländische Direktinvestitionen (FDI). EM: Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen nach Regionen (Mrd. USD p.a.) § Die Zuflüsse von FDI in die Schwellenländer nehmen im Trend weiter zu. § FDI sind eine recht trendstabile Größe. Auch krisenhafte Zuspitzungen wie etwa in den Jahren ab 2008 hatten hier nur kurze Rücksetzer zur Folge. § FDI folgen längerfristigen Strategien und werden kaum von der Volatilität der Finanzmärkte affiziert. § Nach Lateinamerika flossen zuletzt wegen des Rohstoffpreisverfalls weniger FDI. Im Trend steigen die Zuflüsse aber auch hier. § Die Region Ostasien ist weiterhin äußerst attraktiv für ausl. Investoren. § Eine „Austrocknung“ der EM infolge eines generellen Abzugs von Auslandskapital ist nicht zu konstatierten. Quelle: UNCTAD, LBBW Research Seite 17 © Landesbank Baden-Württemberg Rohstoffpreise kräftig gefallen. Rohstoffpreise § Nach einem rasanten Anstieg bis ins Frühjahr 2011 hinein korrigierten die Rohstoffpreise massiv und bewegen sich derzeit auf den Ständen des Jahres 2007. verbliebener Anstieg Start Rohstoffhausse „High“ § Dies belastet zahlreiche Rohstoffe exportierende Emerging Markets und dämpft die Investitionstätigkeit in diesen Staaten. Entsprechend fließt hier weniger Kapital zu bzw. wird netto sogar Kapital abgezogen. § Das Rohstoffpreisniveau liegt aber noch immer deutlich über dem Stand vor Beginn der Rohstoffpreishausse im Jahr 2003. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 18 © Landesbank Baden-Württemberg „Tapering“: Bilanzsummen der großen Notenbanken. Bilanzsummen: US Fed, EZB und BoJ (Mrd. USD) § Während die US Fed zwar den Ankauf von US-Staatsanleihen eingestellt hat, Mittel aus fällig werdenden Papieren aber nach wie vor reinvestiert, also keine Liquidität aus dem Markt nimmt, weiten die EZB und die BoJ ihre Bilanzsumme weiter kräftig aus, d.h. pumpen zusätzliche Liquidität in die internationalen Finanzmärkte. § Ein weltweiter Mangel an Liquidität ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen und steht u.E. bis auf Weiteres auch nicht zu befürchten. § Das „Tapering-Risiko“ wird u.E. überschätzt. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 19 © Landesbank Baden-Württemberg „Tapering“: Zinsvorsprung von EM-Anlagen weiterhin beträchtlich. Leitzinsen: USA versus Brasilien, Indonesien & Südafrika (%) § Die hohe Liquidität (USD, Euro, Yen, GBP, CHF) hält die Zinsen bei Anlagen in Hartwährungen niedrig, während die Zinsen auf Anlagen in Lokalwährung der EM weiterhin ein sehr attraktives Niveau aufweisen. § Die Gefahr eines Kapitalabzugs z.B. in die USA wegen der dort ansteigenden Anlagezinsen wird u.E. überschätzt, zumal die Fed vorerst sehr vorsichtig mit dem Instrument „Zinserhöhung“ umgehen dürfte. § Abgesehen von geopolitischen Risiken und der Gefahr eines unerwartet starken Einbruchs der Konjunktur in China und/oder den USA resultiert das Risiko eines Kapitalabzugs aus den EM u.E. eher aus einem negativen Bonitätstrend (z.B. Verlust des Investment-Grades in Brasilien), ist also länderspezifisch. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 20 © Landesbank Baden-Württemberg Ratings (LCR & FCR) mit Ausblick. Ratings und Ausblick Local Currency (LCR) Brasilien Fitch BB+ NEG S&P BB NEG Moody's® Ba2 NEG Philippinen Foreign Currency (FCR) Fitch BB+ NEG S&P BB NEG Moody's® Ba2 NEG China Fitch S&P Moody's® A+ AAAa3 STABLE STABLE NEG Fitch S&P Moody's® A+ AAAa3 STABLE STABLE NEG Indien Fitch S&P Moody's® BBBBBBBaa3 STABLE STABLE POS Fitch S&P Moody's® BBBBBBBaa3 STABLE STABLE POS Indonesien Fitch BBBSTABLE S&P BB+ POS Moody's® Baa3 STABLE Fitch BBBSTABLE S&P BB+ POS Fitch BB+ NEG S&P BB NEG Moody's® Ba2 NEG Fitch BB NEG S&P BB NEG Kroatien Malaysia Mexiko Fitch BBB POS Polen Fitch A STABLE Rumänien Fitch S&P Moody's® BBB BBBBaa3 STABLE STABLE POS Fitch ASTABLE S&P BBB+ NEG Moody's® A2 STABLE Fitch S&P Moody's® BBBBBBBaa3 STABLE STABLE POS S&P BBBNEG Moody's Ba1 0,00 Fitch BBBNEG S&P BB+ NEG Moody's Ba1 0,00 Südafrika Fitch BBB STABLE S&P BBB+ NEG Moody's® Baa2 0,00 Fitch BBBSTABLE S&P BBBNEG Moody's® Baa2 0,00 Moody's® Baa3 STABLE Thailand Fitch S&P Moody's® AABaa1 STABLE STABLE STABLE Fitch S&P Moody's® BBB+ BBB+ Baa1 STABLE STABLE STABLE Moody's® Ba2 NEG Tschechien Fitch S&P Moody's® AAAA A1 STABLE STABLE STABLE Fitch S&P Moody's® A+ AAA1 STABLE STABLE STABLE Fitch BBBSTABLE Türkei Fitch BBB STABLE Fitch S&P Moody's® AA A3 STABLE STABLE STABLE Fitch S&P Moody's® BBB+ BBB+ A3 STABLE STABLE STABLE Ungarn Fitch BBBPOS Venezuela Fitch CCC 0,00 © Landesbank Baden-Württemberg Moody's® A2 STABLE S&P Moody's BBB Baa2 STABLE STABLE Fitch BBBNEG Fitch S&P Moody's® AAA3 STABLE STABLE STABLE Seite 21 S&P ANEG Fitch BBBPOS Russland Fitch S&P Moody's® A A A3 STABLE STABLE STABLE Quellen: Moody’s®, S&P, Fitch S&P Moody's BBB Baa2 STABLE STABLE S&P BBBNEG Moody's® Baa3 NEG S&P Moody's® BB+ Ba1 STABLE POS S&P CCC NEG Moody's® Caa3 NEG Fitch BB+ POS Fitch CCC 0,00 S&P BB+ NEG Moody's® Baa3 NEG S&P Moody's® BB+ Ba1 STABLE POS S&P CCC NEG Moody's® Caa3 NEG Abhängigkeit von ausländ. Portfolioinvestitionen. Zufluss ausländischer Direktinvestitionen + Leistungsbilanzsaldo (% BIP) „negativ“: Investitionen (% BIP), die durch ausländ. Portfolioinvestitionen finanziert werden 6% 5% 4% 3% 2% 1% Risikobereich 0% -1% -2% -3% -4% -5% -6% Mittelwert 3 Jahre: Ausländische Direktinvestitionen (netto) + Leistungsbilanzsaldo (% BIP) § Im Falle einer Zunahme geopolitischer Risiken oder einer starken Zunahme der Risikoaversion infolge eines unerwarteten Einbruchs der Konjunktur in China, den USA oder dem Euroraum, wären zunächst Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten negativ vom Abzug von Portfolioinvestitionen betroffen, die dieses Defizit nicht durch „robuste“ Direktinvestitionen finanzieren, sondern durch „flüchtige“ ausländische Portfolioinvestitionen. § Diese Länder laufen bei steigender Risikoaversion Gefahr, aufgrund von Kapitalabflüssen einen Teil ihrer Investitionen nicht mehr finanzieren zu können. Hier droht dann zuerst ein wirtschaftlicher Abschwung. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 22 © Landesbank Baden-Württemberg Exkurs: Droht eine zweite Asien- bzw. EM-Krise ? Seite 23 © Landesbank Baden-Württemberg Die Asienkrise 1997/98: Der Fluch fixer Wechselkurse. Wechselkurs zum USD: Thailand, die Philippinen und Indonesien § Alle von der „Asienkrise“ ab 1997 am schwersten betroffenen Länder hatten vor Ausbruch der Krise ein ggü. dem USD fixiertes Wechselkursregime. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 24 © Landesbank Baden-Württemberg Beispiel Thailand: Stark defizitäre Leistungsbilanz bis zur Krise. Thailand: Leistungsbilanz (% BIP) § Die fixe Währungsanbindung führte später aufgrund relativ hoher Inflationsraten (Inflation>US-Inflation) in den Krisenländern zu einem schleichenden Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, weil der starke Preisanstieg nicht durch eine Abwertung der Währung ausgeglichen werden konnte. § Verschärft wurde dies dadurch, dass andere wichtige Währungen in den 1990er Jahren zum USD abwerteten. § Die Folge waren hohe Defizite in der Leistungsbilanz, die mit einer permanent ansteigenden FX-Verschuldung einher gingen. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 25 © Landesbank Baden-Württemberg Beispiel Thailand: Fremdwährungsverschuldung. Thailand: Fremdwährungsverschuldung (Mrd. USD) § Unternehmen und Banken dieser Länder konnten sich zudem in USD erheblich günstiger verschulden als in Heimatwährung und nutzten dies weidlich aus, da ja vermeintlich kein Währungsrisiko bestand. Ausbruch der Krise § Die Fremdwährungsverschuldung stieg in diesen Ländern infolge dessen kräftig an. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 26 © Landesbank Baden-Württemberg Beispiel Thailand: FX-Reserven während der Krise. Thailand: Devisenreserven (Mrd. USD) und USDTHB § Zweifel am Aufschwung (Leerstände am Immobilienmarkt) führten zu ersten Kapitalabflüssen. Um den fixen Wechselkurs aufrecht zu erhalten, musste die Notenbank die Währung auf Kosten der FX-Reserven stützen. Dies nährte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit auf FX-Verbindlichkeiten. § Als der Bestand der FX-Reserven eine kritische Grenze unterschritten hatte, musste die Währungsanbindung aufgegeben werden. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 27 © Landesbank Baden-Württemberg § Folge: - dramatische Abwertung des THB - „Aufblähung“ des Wertes der USDVerschuldung von Unternehmen & Banken gerechnet in Lokalwährung. - Kollaps des Unternehmens- und Bankensektors. EM: Abwertung zum USD und zum CNY Währungsentwicklung des USD gegenüber EmMa-Währungen (indexiert) § Nach der Asienkrise flexibilisierten die meisten Länder ihre Währungssysteme. Dies kann zwar zu starken Abwertungen mit unerwünschten Folgen wie einer steigenden Inflation führen. Die Abwertungen gleichen aber einen Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit aus und beugen so Zahlungsbilanzkrisen vor. § In den letzten Jahren haben viele EMWährungen zum USD und auch zum CNY deutlich abgewertet, was hier eine Verfestigung außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte und einen damit einhergehenden überproportionalen Anstieg der Auslandsverschuldung verhindert hat. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 28 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Hohes Polster an Devisenreserven Devisenreserven (Mrd. USD) § Viele EM verfügen heute darüber hinaus über dicke Polster an Devisenreserven, die dank flexibler Wechselkurse nicht zur Verteidigung eines Wechselkursziels verbraucht werden müssen. § Lediglich Russland hat zur Stützung des Rubel vorübergehend FX-Reserven in größerem Maße aufgewendet. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 29 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Trend der Auslandsverschuldung uneinheitlich Auslandsverschuldung (% BIP) § Während in Asien die Auslandsverschuldung in Relation zum BIP im Trend abnimmt, hat dieser in Lateinamerika vor allem vor dem Hintergrund stark gefallener Rohstoffpreise allerdings wieder nach oben gedreht und muss von Land zu Land daher genau beobachtet werden. § Grund zur Sorge liefert hier derzeit aber eher die Entwicklung in einigen Ländern Osteuropas. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 30 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Zinsbelastung auf Auslandsschulden in Relation zu den Exporten rückläufig. Zinszahlungen auf Auslandsschulden in % der Exporte § Die Zinszahlungen in Relation zu den Exporten sind vor dem Hintergrund extrem niedriger USD-, EUR- und JPYZinsen generell rückläufig, d.h. die Zahlungsfähigkeit auf Auslandsschulden generell scheint in den EM bis auf weiteres nicht gefährdet zu sein. § In einzelnen Staaten ist die Lage aber deutlich brisanter (z.B. Venezuela und Ukraine). Hier können auch Zahlungsausfälle auf z.B. in USD, EUR oder JPY denominierte Sovereigns nicht ausgeschlossen werden. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 31 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Inländische Verschuldung Privater steigt. Inländische Kredite Privater (% BIP; ohne „High-Income-Länder“) § Was recht deutlich zugenommen hat, ist die inländische Verschuldung der Privaten in Ländern, die nicht zu den „High-Income-Ländern“ zählen. Vor allem in Asien sind hier teilweise recht hohe Werte erreicht. § Dies erhöht in einigen Staaten den Konsolidierungsbedarf und dürfte so auch das BIP-Wachstum mittelfristig dämpfen. § Aufgrund einer hohen inländischen privaten Verschuldung kann zudem dem Bankensystem Gefahr drohen, wenn ein größerer Teil der Kredite notleidend werden sollte. Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research Seite 32 © Landesbank Baden-Württemberg EM: Non Performing Loans laut IWF (% des ausstehenden Kreditvolumens). NPL-Quote Asien/Pazifik NPL-Quote Länder Osteuropas NPL-Quote Lateinamerika § Die NPL-Quote in Asien ist allerdings nicht bedenklich hoch. Quelle: Thomson Reuters, IWF, LBBW Research Seite 33 © Landesbank Baden-Württemberg § Mit Blick auf die NPL und die hohe Auslandsverschuldung scheint derzeit ein gewisses Risiko eher für einzelne Staaten Osteuropas zu bestehen. Dies gilt allerdings auch für einzelne Staaten in anderen Regionen (z.B. Venezuela). Fazit. Seite 34 © Landesbank Baden-Württemberg Fazit. Der Abzug ausländischen Kapitals aus den Schwellenländern bezieht sich im wesentlichen auf die „flüchtigen“ Portfolioinvestitionen. Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) werden dagegen eher von längerfristigen strategischen Überlegungen bestimmt und sind eine trendstabile Größe, die nur verhalten auf kurzfristige Trends an den Finanzmärkten reagiert. Der FDI-Zufluss in die Emerging Markets hat im Zeitablauf deutlich zugenommen und auch im Krisenjahr 2009 nur einen kurzen „Rücksetzer“ erfahren. Mit Blick auf den Zustrom ausländischen Kapitals insgesamt steht eine „Austrocknung“ der Schwellenländer insofern nicht zu befürchten. Der kräftige Abzug von Kapital aus China geht zulasten der immensen Devisenreserven und hat kaum realwirtschaftliche Auswirkungen. Der Einbruch der Rohstoffpreise, eine erhöhte Risikoaversion (geopolitische Krisen, Konjunktur in China, „Brexit“, Euro-Krise etc.) sowie Ängste im Zusammenhang mit der US-Zinswende haben aber zu einem zeitweisen Abzug von ausländischen Portfolioinvestitionen aus den EM geführt. Von einem wirtschaftlichen Abschwung infolge eines solchen Kapitalabzugs sind insbesondere Länder bedroht, die ein hohes Leistungsbilanzdefizit aufweisen und dieses nicht durch „robuste“ FDI, sondern durch „leicht flüchtige“ Portfolioinvestitionen decken. Bleiben Letztere aus oder werden diese gar in größerem Umfang abgezogen, können Teile der Investitionen nicht mehr finanziert werden. Zu einem erneuten Abzug von Portfolioinvestitionen könnte es z.B. im Zuge einer Zunahme der Risikoaversion aufgrund geopolitischer Spannungen oder eines unerwartet starken wirtschaftlichen Einbruchs in China, den USA oder dem Euroraum bzw. der EU kommen. Einzelne Staaten würden z.B. im Falle einer ungünstigen Bonitätsentwicklung von einem raschen Abzug ausländischer Portfolioinvestitionen betroffen sein. Eine erneute „Emerging Markets Krise“ droht u.E. aber nicht. Flexible Wechselkurse, extrem niedrige Zinsen auf Schulden in Hartwährung, hohe Devisenreserven und eine i.d.R. moderate Verschuldung (Auslandsverschuldung, inländische Verschuldung Privater, Staatsverschuldung) lassen die Zahlungsfähigkeit der meisten Schwellenländer als gegeben erscheinen. Ausnahmen bestehen aber (z.B. Venezuela). In Osteuropa ist zudem die Auslandsverschuldung insgesamt recht hoch und im Trend ansteigend. Belastend hinzu kommen hier noch z.T. hohe NPL-Quoten. Seite 35 © Landesbank Baden-Württemberg Ansprechpartner. Sales Sales Sparkassen + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 75 65 Sales Banks & Frequent Borrowers +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 56 70 Sales Asset Manager +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 53 22 Sales Institutionals +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 52 91 Sales Regionalbanken +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 2 82 22 Sales Short Term Products +49 / (0) 711/ 1 27 – 75 74 International Sales +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 88 47 Sales Spezial- & Publikumsfonds +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 53 58 Research Sovereigns/Financial Research Head of Research Uwe Burkert Group Chief Economist + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 34 62 [email protected] Head of Sovereigns/Financial Research Dr. Thomas Meißner Managing Director + 49 / (0) 7 11/ 1 27-73574 [email protected] Sovereigns/Subsovereigns/Agencies Jan Hofmeister Group Head + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 93 92 [email protected] Dirk Chlench USA, UK, Australia, Canada + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 61 36 [email protected] Team Economics Dr. Guido Zimmermann Senior Economist + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 16 40 [email protected] Matthias Krieger Japan, South Korea, South-East Asia, South Africa, Argentina, Brazil, Venezuela + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 30 36 [email protected] Dr. Jens-Oliver Niklasch Eurozone, ECB + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 63 71 [email protected] Dr. Katja Müller Switzerland, Nordics + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 4 21 06 [email protected] Julian Trahorsch Eurozone, China + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 66 83 [email protected] Manfred Wolter Eastern Europe (ex Eurozone), Russia + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 4 28 16 [email protected] Torben Skopnik Subsovereigns, Supranationals, Agencies Germany, Netherlands, Austria, Spain + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 4 21 13 [email protected] Bloomberg: LBBK <go> Seite 36 © Landesbank Baden-Württemberg Tobias Kelle-Chong, CFA Subsovereigns, Supranationals, Agencies France, Belgium, Nordics + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 19 70 [email protected] Sales Capital Markets London +44 / (0) 20 / 78 26 – 81 75 Sales Corporates +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 53 00 Financials/Covered Bonds Research Alexandra Schadow, CPA Group Head Financial Institutions & Covered Bonds Netherlands, Regulation + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 89 51 [email protected] Eugen Eichwald Financial Institutions & Covered Bonds Belgium, Denmark, Finland, Norway, Sweden + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 4 92 01 [email protected] Ingo Frommen Financial Institutions Germany + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 46 48 [email protected] Anna-Joy Kühlwein Financial Institutions Ireland, Portugal, Spain, UK + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 4 21 14 [email protected] Corporate Capital Markets +49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 87 46 Debt Capital Markets +49 / (0) 711/ 1 27 – 7 88 25 Brigitte Martineau-Trauner Financial Institutions Austria, France, Covered Bonds France + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 41 52 [email protected] Martin Peter Financial Institutions & Covered Bonds Australia, Canada, Switzerland, USA + 49 / (0) 7 11 / 1 27 – 4 27 46 [email protected] Karsten Rühlmann Financial Institutions Germany, Covered Bonds Germany, UK + 49 / (0) 7 11 / 1 27 – 7 03 18 [email protected] Werner Schirmer Insurance Companies, Financial Institutions Italy + 49 / (0) 7 11/ 1 27 – 7 78 89 [email protected] Disclaimer. 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