Über das Anfertigen wissenschaftlicher Hausarbeiten in der Sprachwissenschaft: einige Ratschläge Die Form Die Zahl der formalen Mängel ist umgekehrt proportional zum Wohlwollen, mit dem ich den Inhalt bewerte! Formale Defizite können durchaus den objektiven Blick auf den Inhalt trüben. Achten Sie bitte deshalb besonders auf: - korrekte Zitierweise und korrekte Quellenangaben (siehe style sheet); - ein einheitliches Literaturverzeichnis (geben Sie alle Angaben, die notwendig sind, um das Werk problemlos zu finden - nicht weniger, aber auch nicht mehr; schreiben Sie die Vornamen immer aus oder nie, geben Sie den Verlagsnamen immer an oder nie usw.); - ein vollständiges Literaturverzeichnis, das sämtliche von Ihnen benutzte Quellen enthält, gleich ob diese gedruckt oder im Internet vorliegen; sollten Sie im Internet auf einschlägige Haus- oder Examensarbeiten stoßen, dürfen Sie sie verwenden, vorausgesetzt, Sie geben die Quelle (Internetadresse) an; - Überschriften und Seitenzahlen auch im Text; - Rechtschreibung, Trennung und Zeichensetzung (es gilt der alte oder der neue DUDEN; ach ja: es gibt im Deutschen keinen 'sächsischen Genitiv'; kennzeichnen Sie fremdsprachliche Ausdrücke, z.B. durch kursive Schrift); - einen breiten Rand (mindestens 4 cm) rechts, auf eine (für mich ohne Brille noch) lesbare Schriftgröße (nicht kleiner als 12) und einen 1½-zeiligen Abstand; - einwandfreies Englisch (Grammatik, Wortwahl, Rechtschreibung, Stil), falls Sie die Arbeit in englischer Sprache verfassen (am besten von einem native speaker durchsehen lassen). Und noch etwas: verwenden Sie immer das englische Original! Zitieren Sie also z.B. niemals aus der deutschen Übersetzung einer englischen Arbeit. Der Aufbau - Vor der Einleitung steht das Inhaltsverzeichnis mit den Seitenzahlen. - Das 1. Kapitel, also die Einleitung, enthält den Gegenstand (was Sie auf welcher Datengrundlage beschreiben), Ihr Vorgehen (wie Sie dies methodisch tun), Ihr Erkenntnisinteresse (warum Sie es tun: was ist daran neu, welches sind Ihre Ziele, Ausgangsfragen, Hypothesen, wieso handelt es sich um ein interessantes und wichtiges Thema). - Wenn Sie zwei (oder mehr) Hauptteile haben, schließen Sie zunächst einen Hauptteil mit einer Zusammenfassung ab und leiten Sie dann zum nächsten über. - Das letzte Kapitel ist keine Zusammenfassung der gesamten Arbeit, sondern ein Fazit (conclusion), in dem Sie Ihre Ergebnisse zu den im Eingangskapitel genannten Zielen, Fragen, Hypothesen in Beziehung setzen. Die Darstellung - Führen Sie Ihre Fachtermini ein, wenn Sie sie das erste Mal verwenden; m.a.W., geben Sie Ihre eigene Definition oder übernehmen Sie eine fremde (natürlich unter Hinweis auf die Quelle)! - Die Linguistik ist eine empirische Wissenschaft: verwenden Sie Beispiele, Beispiele und nochmals Beispiele! - Argumente sind immer zu belegen; stellen Sie Behauptungen nicht einfach in den Raum, sondern führen Sie Gründe, Beispiele, Textstellen an! - Übernehmen Sie Behauptungen nicht ungeprüft aus der Sekundärliteratur: was dort 'schwarz auf weiß' steht, kann durchaus völliger Blödsinn sein! - Achten Sie auf Ihren Stil! Verschachtelte, überlange, im Ausdruck geschwollene Sätze legen den Verdacht nahe, daß hier nur Wissenschaftlichkeit und Tiefsinn vorgetäuscht werden sollen; drücken Sie sich so klar aus, daß auch Erstsemester Ihre Arbeit (weitgehend) verstehen können! - Vermeiden Sie 'Bildzeitungsstil' (jeder Satz ein Absatz)! - Schließen Sie nicht ein Kapitel abrupt an das vorhergehende an, sondern leiten Sie von einem zum anderen über! - Führen Sie Ihre LeserInnen ("im folgenden werde ich zunächst ... und danach ...", "bisher habe ich ..., dem stelle ich im nächsten Kapitel ... gegenüber"). - Auch Zitate müssen stilistisch glatt in Ihren Text eingebaut werden, so daß der Lesefluß nicht gestört wird. - Es muß immer erkennbar sein, inwiefern das gerade Gesagte relevant für das Thema Ihrer Arbeit ist: lassen Sie alles weg, was irrelevant ist, auch wenn Sie es sich so mühsam angelesen haben; (betrifft auch Kleinigkeiten wie das Nennen von Vornamen: "Michael Stubbs hat ..."). - Allerdings gibt es Grade von Relevanz: weniger Relevantes gehört in die Fußnote. - Machen Sie von Zitaten sparsamen Gebrauch! - Zitate dürfen keinesfalls Ihre eigene Argumentation, Definition, Erläuterung ersetzen: flüchten Sie sich nicht in Zitate (Sie lösen dadurch nur die Vermutung aus, daß Sie das Zitierte nicht verstanden haben)! - Reihen Sie keinesfalls Zitate aneinander, sondern geben Sie mit Ihren eigenen Worten wieder, was Sie gelesen haben! - Auch eine freie Übersetzung von Teilen der englischen Sekundärliteratur muß als solche gekennzeichnet werden, sonst werte ich das als Versuch, mich hinters Licht zu führen; dabei gibt es natürlich Grade der Textübereinstimmung: bei sehr freien Wiedergaben genügen Hinweise wie "s. dazu ...", "ich folge Lyons (1980: 34 f) und unterscheide zwischen ...", "so schon/ähnlich ...". Der Inhalt - Die Arbeit muß eine erkennbare wissenschaftliche Eigenleistung sein! - Es reicht keinesfalls aus, das Gelesene lediglich zu referieren (wozu sollte man dann noch Ihre Arbeit lesen?). Vielmehr müssen Sie das Gelesene hinterfragen, problematisieren, kritisieren, kommentieren, gegenüberstellen, an authentischem Sprachmaterial überprüfen, ergänzen usw. - Bringen Sie doch Ihre eigene Meinung zum Ausdruck! - Verwenden Sie das, was Sie im Seminar gelernt haben; ich setze voraus, daß Sie den gesamten im Seminar erarbeiteten Stoff kennen und ihn Ihrer Arbeit zugrundelegen können. - Denken Sie immer daran, daß es sich um eine sprachwissenschaftliche Arbeit handelt; machen Sie also bitte von Ihrem linguistischen Wissen Gebrauch!
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