e nl l We brecherin porträt e i D M Maya Gabeira, 23, surft als einzige Frau Wellen, die schon mal so hoch sind wie ein sechsstöckiges Haus. Ein Porträt über eine Draufgängerin, für die im Leben nur zwei Dinge wichtig sind: ihr Board und das Meer Fotos: tim Jones / BillaBongXXl.com; craig KolesKy / redBull PhotoFiles text: SolveIG Flörke eine Leidenschaft liegt da draußen“, sagt Maya GabeiGabeira und zeigt mit dem Finger aufs Meer hinaus. Vor ununseren Füßen branden Atlantikwellen an den Strand von Ipanema, die den meisten Urlaubern in Rio de Janeiro schon abenteuerlich vorkommen mögen, weil an ein entspanntes Sonnenbad auf der Luftmatratze gar nicht zu denken wäre. Aber Maya findet die tosenden Brecher allenfalls „niedlich“. Die 23-jährige Brasilianerin ist die beste Wellenreiterin der Welt. Sie surft als einzige Frau Wellen, die höher sind als mehrstöckige Häuser. Sie sei dabei zu übermütig, finden andere Profis, und sie mache sich über die Lebensgefahr viel zu wenig Gedanken. Tatsächlich sind sogenannte Big Waves, Wellen mit einer Höhe von 10 bis 20 Metern, eine Naturgewalt: Mit Geschwindigkeiten von 55 bis 75 Kilometern pro Stunde rollen sie durch die Ozeane, türmen sich auf und entwickeln einen tonnenschweren Druck. Jeder noch so kleine Fehler kann einen Big-Wave-Surfer das Leben kosten. Maya räumt ein, dass sie durchaus Angst vor den riesigen Wassermassen habe, richtig viel sogar. „Aber ich versuche, mich von der Angst nicht kontrollieren zu lassen, sondern sie zu nutzen, um meine Leistung zu steigern. Denn die Adrenalinschübe, die mir fast Nicht ganz das typische Girl von Ipanema. Die Brasilianerin Maya Gabeira reist um die Welt, immer auf der Suche nach der ultimativen Welle den Atem nehmen, lösen auch einen wahnsinnigen Konzentrations-Kick aus“, sagt sie. Mayas Eltern leben mit der ständigen Sorge, dass ihrer Tochter etwas zustoßen könnte. „Ich bin jedes Mal froh, wenn sie unversehrt wieder an den Strand zurückkehrt“, erzählt ihre Mutter. „Es ist nicht leicht mitanzusehen, wenn Maya allein da draußen ist. Aber es ist eben ihre Erfüllung.“ Die Tochter glaubt einfach fest daran, dass ihr schon nichts Schreckliches passieren wird. Und wenn doch, dann sei das eben Schicksal. Dutzende Male hat sie sich schon ihr Nasenbein gebro››› chen, vor vier Jahren schlug sie sich activelife 31 porträt Maya Gabeira ... 32 ... kam am 10. April 1987 in rio de Janeiro zur Welt. Heute lebt sie auf oahu, der Hauptinsel Hawaiis. leidenschaften neben ihrer liebe zu meterhohen Wellen? Sushi und Musik von Jack Johnson activelife 01—10 Fotos: carlos serraro / redBull-PhotoFiles; Brian Bielmann / redBull-PhotoFiles „Stell dir vor, du stemmst dich auf dem Fahrrad gegen einen Hurrikan, dann ahnst du, was Big-Wave-Surfer leisten“ auf der indonesischen Insel Sumatra den Kopf auf. „Ich habe aufgehört, die Narben an meinem Körper zu zählen“, sagt sie grinsend. Vor neun Jahren, damals war sie 14, nahm Maya Gabeira ihre ersten Surfstunden, hier am Strand von Ipanema. „Wenn dich die Leidenschaft fürs Wellenreiten einmal gepackt hat, dann verlangt sie immer mehr von dir“, erzählt sie. Sie nimmt nicht einmal für sich in Anspruch, viel Talent zu haben, dafür aber absoluten Kampfgeist. Unermüdlich trainiert sie, jeden Tag, fünf Stunden mindestens. Nicht nur auf dem Board, sondern sie schwimmt auch, fährt Rad, macht Yoga. Als 17-Jährige zog sie nach Hawaii, in das Mekka der Wellenreiter und Windsurfer, wo sie noch heute lebt. Gemeinsam mit ihrem Mentor, dem Brasilianer Carlos Burle, ist sie jeden Tag im Wasser. „Aber das normale Training auf Hawaii reicht nicht, um ganz vorn mit dabei zu sein“, sagt sie. „Du musst den Wellen hinterherreisen.“ Deshalb checkt Maya Gabeira im Internet weltweit die Vorhersagen für den „swell“, die Wellenaktivität, die sich weit draußen auf dem Meer entwickelt. Türmen sich in einem Ozean XXL-Wellen auf, dann fliegt sie mit ihrer Trainingsgruppe sofort an den Ort, an dem sie sich brechen werden – egal ob Tahiti, Costa Rica oder Australien. Manchmal, wenn sie mal wieder in Brasilien ist, besucht sie Familien und Schulen in den Favelas, den Armenvierteln am Stadtrand, um so die sozialen Projekte ihrer Sponsoren zu unterstützen. Ihr Vater, Fernando Gabeira, ist Abgeordneter für die Grünen in Rio de Janeiro und einer der prominentesten Politiker des Landes. Als Kind war Maya mit ihm viel unterwegs und hat sogar mal ein Jahr in Berlin gelebt, wo ihr Vater als Korrespondent gearbeitet hat. Doch sein politisches Engagement ist nicht ihre Mission: Sie lebt für den perfekten Wellenritt. Maya Gabeira ist die weltbeste Wellenreiterin. Bis dahin war es ein harter kampf: mit den Wellen, gegen die Angst und gegen die Machos unter den Profis, die sie nicht bei den Wettkämpfen dabeihaben wollten Wenn Maya als winzige Gestalt im Neoprenanzug von einem Jet-Ski hinaus aufs Meer gezogen wird, klammert sie sich mit aller Kraft am Zugseil fest. Diese sogenannte Towin-Technik ist die einzige Möglichkeit, die Big Waves abzureiten. Sie sind zu groß und schnell, als dass die Surfer sie noch selbst anpaddeln könnten. Ist die ideale Ausgangsposition erreicht, ist Maya komplett auf sich allein gestellt: Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde geht es zuerst steil bergab. „Ein gigantischer Moment“, sagt Maya. Pfeilschnell surft sie unter dem Bogen der Monsterwelle hindurch, die hinter ihr in sich zusammenbricht. Eine tonnenschwere Wand aus Wasser, die unaufhaltsam voranrast. „Du weißt, wie es sich anfühlt, sich auf dem Fahrrad gegen den Wind zu stemmen“, versucht sie die Kräfte zu erklären, „jetzt stell dir vor, du fährst gegen einen Hurrikan an, dann hast du eine Ahnung, was Big-Wave- Surfer leisten.“ Sie surft auf einem Spezialbrett mit integriertem Metallstab, denn normale Boards würden diesen Belastungen gar nicht standhalten können. Mayas private Board-Kollektion besteht aus knapp 20 Exemplaren, die meisten in ihrer Lieblingsfarbe Pink. Der Hersteller ist einer ihrer Sponsoren, denn anders als viele ihrer Kollegen kann Maya Gabeira gut vom Surfen leben. Seit sie vor vier Jahren den „XXL Big Wave Award“ gewann, einer Art Oscar der Surfwelt, ist sie bestens im Geschäft – nicht nur der sportlichen Erfolge wegen. Ihr hübsches Gesicht und der durchtrainierte Körper sind ihr Kapital, ihr Ruf als rebellische Draufgängerin das werbewirksame Image. Rebellin in einer Männerwelt hin oder her – an einem Punkt ist Maya Gabeira ganz Mädchen: „Meine Haare werden immer struppiger. Ich verbrauche jede Woche unendlich viele Kurpackungen, aber gegen Sonne und Salzwasser komme ich einfach nicht an.“ activelife 33
© Copyright 2025 ExpyDoc