Knotentheorie und das Jones-Polynom

Knotentheorie und das Jones-Polynom
Chr. Deninger, J. Scholbach
WWU Münster, Wintersemester 2015/2016
In diesem Seminar wollen wir einige Elemente der Knotentheorie kennenlernen. Knoten sind aus dem Alltag
bekannt, spielen aber z.B. auch in der Genetik eine Rolle. Innerhalb der Mathematik sind sie in der Topologie
angesiedelt. Sie lassen sich einerseits geometrisch sehr einfach zeichnen. Die naheliegende Frage jedoch, wann zwei
Knoten stetig ineinander verformt werden können, ist keineswegs trivial und harrt bis heute einer vollständigen
Lösung. Im Laufe der Zeit wurden jedoch immer feinere Invarianten von Knoten entdeckt, die zudem oft den
Vorzug haben, sehr elementar zugänglich zu sein.
Interessentenkreis: Das Seminar richtet sich Bachelor-Studierende (Lehramt). Als Vorkenntnisse wird nur (geometrische) lineare Algebra vorausgesetzt.
Zeit und Ort: Mittwochs 14-16 Uhr im SR 4
Kontakt: [email protected], Tel. 83-33735.
Literatur
[Bar02] Dror Bar-Natan. On Khovanov’s categorification of the Jones polynomial. Algebr. Geom. Topol., 2:337–
370, 2002.
[Hat02] Allen Hatcher. Algebraic Topology. 2002. Frei verfügbar unter https://www.math.cornell.edu/ hatcher/AT/ATpage.html.
[JS06]
Jens Carsten Jantzen and Joachim Schwermer. Algebra. Berlin: Springer, 2006.
[Liv95] Charles Livingston. Knotentheorie für Einsteiger. Wiesbaden: Vieweg, 1995.
[Lü97] Wolfgang Lück. Das Jones-Polynom und Entwirrungs-Invarianten in der Knotentheorie. Math. Semesterber., 44(1):37–72, 1997.
[Oss92] Erich Ossa. Topologie. Wiesbaden: Vieweg, 1992.
[Sch]
Markus Schmetkamp. Khovanov-Homologie. Bachelorarbeit Universität Münster 2014, bitte bei mir
erfragen.
[Tur]
Paul Turner. Five lectures on Khovanov homology. http://arxiv.org/abs/math/0606464v1.
Vortragsthemen
1
Knoten und Äquivalenz von Knoten [Liv95, §2, §3.1], Valentin Böswald,
13.4.16
Wir legen fest, was ein Knoten (für uns) sein soll und stellen uns die Frage, wann man Knoten ineinander verformen kann. Wie sich zeigt, sind drei mögliche Manipulationen, die sog. Reidemeister-Bewegungen, die einzigen
Möglichkeiten, wie man Knoten in äquivalente Knoten überführt.
• Definiere die Begriffe Knoten, Unknoten, Verschlingung, Äquivalenz von Knoten. Illustriere sie jeweils mit
geeigneten Beispielen.
• Definiere reguläre Projektion und zeige Satz 2.3. (Es genügt hierbei, wenn die Idee der im Beweis verwendeten
Sätze 2.1, 2.2 durch geeignete Illustrationen erläutert wird.)
• Definiere die Reidemeister-Bewegungen und zeige Satz 3.1.
1
2
Etikettierungen modulo p [Liv95, §§3.3–3.4], Miriam Klein, 20.4.16
Eine Möglichkeit, Knoten zu unterscheiden, ist ihre Kanten mit 0, 1, . . . , p − 1 zu beschriften, wobei p eine
Primzahl ist und gewisse natürliche Regeln befolgt werden müssen. Je nach Knoten und je nach p ist dies möglich
oder nicht. Die Lösbarkeit dieses Etikettierungsproblems lässt sich mittels linearer Algebra sehr konzise erfassen.
Dies ist gleichzeitig eine schöne Motivation dafür, dass in der linearen Algebra beliebige Körper (für uns der Körper
mit p Elementen) betrachtet werden.
• Definiere Etikettierbarkeit modulo p und zeige den Etikettierungssatz 3.3. (Der Fall p = 3 wird vorher unter
dem Namen “Färbung” besprochen, vgl. Satz 3.2. Bei Zeitnot genügt die Betrachtung einer Reidemeisterbewegung im Beweis.)
• Illustriere den Nutzen des Konzepts mit Aufgabe 3.18 (zwei der drei Knoten genügen uns).
• Setze die Etikettierbarkeit und die Lösbarkeit des durch den Knoten bestimmten Gleichungssystems in
Beziehung (Satz 3.4; die Überlegungen vor diesem Satz sollten als Teil des Beweises sorgfältig ausgearbeitet
werden)
3
Determinante und Rang eines Knotens, Laura Lockhorn, 27.4.16
Aus der linearen Algebra sind Determinante und Rang einer Matrix bekannt. Diese beiden Konzepte werden nun
auf die Matrix, die im vorigen Vortrag zu einem Knoten assoziiert wurde, angewendet.
• Definiere Determinante und Rang(defekt) eines Knotens und zeige ihre Wohldefiniertheit [Liv95, Satz 3.5]
(die benötigten Tatsachen aus der linearen Algebra sollten klar benannt und möglichst nochmals begründet
werden, im Sinne von [Liv95, Aufgabe 3.21])
• Diskutiere Beispiele, z.B. wie in [Liv95, Aufgabe 3.20]
4
Das Alexander-Polynom, Theresa Brümmer, 4.5.16
Das Alexander-Polynom ist eine weitere Invariante, um Knoten zu unterscheiden. Wie zuvor ist zu prüfen, dass es
tatsächlich konstant bleibt, wenn man den Knoten in einen äquivalenten Knoten überführt. Es berechnet sich als
Determinante einer ähnlichen Matrix wie in den vorigen beiden Vorträgen.
• Definiere orientierte Knoten und Verschlingungen und orientierte Äquivalenz [Liv95, §2.5]
• Definiere das Alexander-Polynom einer orientierten Verschlingung (d.h. wir können von Anfang an davon
ausgehen, dass die Verschlingung orientiert ist)
• Zeige, dass das Alexander-Polynoms eines orientierten Knotens wohldefiniert ist ([Liv95, Satz 3.6], als Beispiel
sollte wenigstens eine Reidemeister-Bewegung im Detail überprüft werden)
• Zeige, dass das Alexander-Polynom einen Knoten und seine Spiegelung nicht unterscheidet [Liv95, Aufgabe
3.30]
5
Die Knotengruppe, Dustin Hoppius, 11.5.16
Wir verlassen die Welt der linearen Algebra und wenden uns der Gruppentheorie zu. Die Knotengruppe wird
wieder über ein elementares Rezept definiert. Im Vergleich zu den bisherigen Invarianten ist es jedoch nicht so
einfach zu zeigen, dass die Knotengruppe äquivalenter Knoten gleich ist. Daher werden wir uns in diesem Vortrag
ausnahmsweise nur der Beschreibung dieser Gruppe widmen.
• Erinnere im Laufe des Vortrags kurz an die Begriffe Gruppe, Konjugation, Erzeuger einer Gruppe, Darstellung einer Gruppe mittels Erzeugern und Relationen (diese sind alle in [Liv95] oder alternativ einem
beliebigen Buch über Gruppen enthalten)
• Definiere die Etikettierung eines Knotens mit einer Gruppe G [Liv95, S. 80]; erläutere, dass der Fall G = Z/p
der Etikettierung modulo p entspricht
• Erkläre ein Beispiel (Bild 5.2)
2
• Formuliere [Liv95, Satz 5.2] (ohne Beweis)
• Definiere die Gruppe G, die zu einem Knotendiagramm assoziiert ist
• Bestimme die Gruppe des Knotens in Bild 5.8 und vereinfache sie wie auf S. 90 angegeben
6
Das Jones-Polynom I, Melina Schlawne, 25.5.16
Das Jones-Polynom ist eine weitere, besonders einfach zu definierende, und dennoch aussagekräftige Knoteninvariante. Z.B. ist es, im Gegensatz zum Alexander-Polynom, (prinzipiell) in der Lage, einen Knoten von seinem
Spiegelbild zu unterscheiden! Der Rest des Seminars befasst sich direkt oder indirekt mit diesem Polynom. Zunächst
definieren wir das Jones-Polynom und etablieren erste Eigenschaften.
• Definiere die Kauffman-Klammer mittels der rekursiven Formeln in [Sch, Definition 2.1] oder [Tur, Lecture
1, §2] und davon ausgehend das Jones-Polynom
• Illustriere es am Beispiel des rechts- und linkshändige Kleeblattknotens (am besten selbst berechnen, vgl.
auch [Lü97, vor Def. 1.19], beachte die unterschiedlichen Notationen)
• Zeige die geschlossene Formel (Zustandssummenformel) für das nicht normierte Jones-Polynom, d.h. erläutere
[Sch, Bemerkung 2.6] bzw. [Tur, Exercise 2.1]
7
Das Jones-Polynom II, Jana Reher, 1.6.16
Wie bei den vorigen Invarianten überzeugen wir uns, dass es sich tatsächlich um eine Invariante des Knotens
handelt. Außerdem überlegen wir uns, dass das Beispiel aus dem vorigen Vortrag mit dem Kleeblattknoten und
seiner Spiegelung kein Zufall war.
• Zeige, dass das Jones-Polynom invariant unter Reidemeisterbewegungen ist [Sch, Satz 1] oder [Lü97, Abschnitte 1.16-1.17] (wir folgen der Notation in [Sch] bzw. [Tur])
• Diskutiere das Verhalten des Jones-Polynoms unter Orientierungsänderung bzw. Spiegelung [Lü97, Satz 1.18],
der Beweis für die Spiegelungsaussage sollte erbracht werden
8
Euler-Charakteristik und Kettenkomplexe I, Maurice Krause, 8.6.16
Unser Ziel ist die Verfeinerung des Jones-Polynoms, indem wir es als sog. Euler-Charakteristik eines bestimmten
Kettenkomplexes ansehen (der sog. Khovanov-Komplex). Hierzu benötigen wir zunächst einige Begriffe aus der
sog. homologischen Algebra, dies ist für unsere Belange nicht mehr als geschickt arrangierte lineare Algebra.
• Definiere Kettenkomplexe, Zykel, Ränder, Homologie ([Oss92, §5.2] oder [Hat02, S. 106], wir können anstelle
von abelschen Gruppen Vektorräume nehmen)
• Zeige folgendes Lemma: Sei C ein beschränkter Komplex
(d.h. fast alle P
Cn = 0) so dass außerdem Cn
P
i
ein endlich-dimensionaler Vektorraum ist. Dann gilt (−1) dim Hi (C) = (−1)i dim Ci [Hat02, Theorem
2.44].
• Erkläre ∆-Komplexe (die präzise Definition ist z.B. in [Hat02, Section 2.1], wir sind aber nicht interessiert
an den technischen Verwickelungen, sondern es genügt hier, die Intuition des Begriffs zu vermitteln
• Definiere den Komplex ∆n (X) [Hat02, S. 105, Lemma 2.1] und definiere die simpliziale Homologie, berechne
sie in einigen Beispielen (z.B. ein Tetraeder und ein Torus [Hat02, Example 2.3])
9
Euler-Charakteristik und Kettenkomplexe II, Jonas Hilbert, 15.6.16
Wir vertiefen den vorigen Vortrag durch weitere Beispiele für Homologien. Für später stellen wir noch einen
wichtigen algebraischen Begriff bereit.
• Konstatiere die Eulersche Polyederformel E − K + F = 2 für konvexe zusammenhängende Polyeder. Skizziere
den Beweis.
3
• Erläutere die Konstruktion des Torus und von Flächen mit höherem Geschlecht wie in [Hat02, S. 5], berechne
allgemein die simpliziale Homologie einer solchen Fläche [Hat02, Example 2.36]
• Definiere Homotopieäquivalenz von Kettenkomplexen. Zeige, dass die Homologie von homotopie-äquivalenten
Komplexen isomorph ist [Oss92, 5.2.13 und 5.2.14]
10
Das Tensorprodukt, Claudia Kons, 22.6.16
Um den Khovanov-Komplex einführen zu können, benötigen wir den Begriff des Tensorprodukts.1 Aus der linearen
Algebra ist bereits die direkte Summe V ⊕W bekannt, sie erfüllt dim(V ⊕W ) = dim V +dim W . Das Tensorprodukt
ist quasi das “Produkt” von Vektorräumen, im Sinne von dim(V ⊗W ) = dim V ·dim W . Dieser Vortrag ist klassische
lineare Algebra und unabhängig von den bisherigen Vorträgen.
• Definiere das Tensorprodukt V ⊗W zweier Vektorräume (in [JS06] wird das Tensorprodukt für Moduln über
einem kommutativen Ring definiert, für unsere Zwecke genügt es, überall das Wort “Ring” durch “Körper”
und “Modul” durch “Vektorraum” ersetzen)
• Zeige die Existenz des Tensorprodukts und die Eindeutigkeit bis auf eindeutigen Isomorphismus
• Gegeben eine Basis von V und W , gib die Basis von V ⊗W an. Folgere dim(V ⊗W ) = dim V · dim W
• Gegeben zwei Abbildungen f : V → V 0 , g : W → W 0 , erkläre f ⊗g : V ⊗V 0 → W ⊗W 0
11
Die Kategorifizierung des Jones-Polynoms I [Tur, Lecture 1, §3], Anna
Gesa Kuhlmann, 29.6.16
Die folgenden beiden Vorträge hängen eng zusammen. Unser Ziel ist es, nicht nur das Jones-Polynom zu erhalten,
sondern einen Komplex, dessen (graduierte) Euler-Charakteristik das Jones-Polynom ist.
• Definiere graduierte Vektorräume und qdim, berechne qdim(V ⊗k ) [Tur, Exercise 3.1]
• Definiere den Khovanov-Komplex C ∗,∗ (D) eines Verschlingungsdiagramms D
• Illustriere es mit einem (einfachen) Knoten als Beispiel
• Zeige, dass sich das Jones-Polynom aus C ∗,∗ (D) berechnen lässt
12
Die Kategorifizierung des Jones-Polynoms II [Tur, Lecture 1, §3], Philipp
Geiger, 6.7.16
• Zur Motivation: gib zwei Knoten an, für welche das Jones-Polynom gleich ist, die Khovanov-Homologie jedoch
nicht [Bar02, S. 357] (die Berechnungen müssen hier nicht im Detail erläutert werden)
• Skizziere, dass es sich beim Khovanov-Komplex in der Tat um einen Komplex handelt [Tur, Proposition 3.3]
• Skizziere, dass der Khovanov-Komplex bis auf Homotopieäquivalenz nur von der Äquivalenzklasse des Knotens abhängt und damit (siehe Vortrag 9) seine Homologie nur vom Knoten bis auf Äquivalenz abhängt [Tur,
Lecture 2, Proposition 2.1]
1
Eine Referenz für diesen Vortrag wird noch bereit gestellt. Das Material ist in jedem Buch über (lineare) Algebra enthalten, siehe
z.B. [JS06, Kapitel 10, S. 180]
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