Leseprobe - Linde Verlag

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Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG)
Bundesgesetz vom 19.2.1975 über die Gebühren der Zeugen und Zeuginnen, Sachverständigen, Dolmetscher, Geschwornen, Schöffen und Schöffinnen, BGBl 1975/136 idF BGBl 1979/358, 1982/343, 1987/177, 1989/343,
1992/214, 1994/623, II 1997/407, I 1997/140, I 2001/98, I 2004/1, I 2004/58,
I 2004/71, II 2007/134, I 2007/111, I 2009/30, I 2009/52, I 2010/52, I 2010/
111, I 2013/159, I 2013/190, I 2014/40 und I 2014/71).
I. Abschnitt
Anspruch
§ 1. (1) Natürliche Personen, die als Zeuginnen, Zeugen, Sachverständige,
Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Geschworene, Schöffinnen und Schöffen in
gerichtlichen Verfahren und in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft (§ 103 Abs. 2 StPO) tätig sind, haben Anspruch auf Gebühren nach
diesem Bundesgesetz. Dies gilt nicht für dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft vom Bundesministerium für Justiz oder in dessen Auftrag von der Justizbetreuungsagentur gemäß § 75 Abs. 4 ASGG oder § 126 Abs. 2a StPO zur
Verfügung gestellte Dolmetscherinnen und Dolmetscher.
(2) Soweit in diesem Bundesgesetz auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen
und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung der Bezeichnung auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu
verwenden.
Ziel des GebAG ist es, die Gebühren aller in gerichtlichen Verfahren tätig wer- 1
denden Personen in einem Gesetz gemeinsam zu regeln, und es wird der Anwendungsbereich des Gesetzes durch Anführung der Anspruchsberechtigten umschrieben. Als anspruchsberechtigt gelten aber auch Übersetzer, die den Dolmetschern gleichzuhalten sind (vgl § 53 Abs 2; s den Erl des BMJ BMJ-Pr85101/0006Pr 8/2011 und Sach 2011, 165). Der Justizausschuss stellte zum dritten Absatz der
Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1336 BlgNR 13. GP) zum § 1 fest, dass der
Anwendungsbereich des GebAG (dazu Steiner, ÖBA 2008, 749) nur dann über
den in § 1 genannten Personenkreis hinausreicht, wenn in gesonderten Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen Bestimmungen für andere, bei der Erfüllung
öffentlicher Aufgaben tätig werdende Personengruppen ausdrücklich für anwendbar erklärt worden sind (1463 BlgNR 13. GP). Die je nach der Eigenart der
Tätigkeit der Anspruchsberechtigten erforderlichen Unterscheidungen werden
in den einzelnen Abschnitten des GebAG getroffen. Soweit eine Gleichbehandlung geboten ist, werden die Bestimmungen über die Gebühren der Zeugen jeweils für die anderen Anspruchsberechtigten für anwendbar erklärt. Eine besondere Ausprägung erfahren die Bestimmungen über die Gebühren der SachverFeil, Gebührenanspruchsgesetz7
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ständigen und der Dolmetscher, da ihre Leistungen eigener Art sind. Das GebAG
regelt den Gebührenanspruch der in § 1 genannten Personen abschließend
(OLG Wien 21 Bs 13/11g = Sach 2011, 100). – Siehe Dokalik/Weber, Das Recht
der Sachverständigen und Dolmetscher (2013).
Im Disziplinarverfahren (DSt) sind nicht nur die materiellen, sondern auch die
formellen Bestimmungen des GebAG anzuwenden (OGH 5.7.2010, 16 Bkd 14/09).
2 Zeugen im zivilgerichtlichen Verfahren sind natürliche Personen, die dem
Richter idR mündlich über ihre Wahrnehmungen von „vergangenen Tatsachen
oder Zuständen“ (vgl § 350 ZPO) berichten und daher nicht ersetzbar sind. Nur
in Ausnahmefällen soll ein Zeuge über gegenwärtige Zustände (zB über andauernde Schmerzen) aussagen. Ein Zeuge soll nicht wie ein Sachverständiger Erfahrungssätze liefern und auch keine Tatsachen beurteilen. Zu seinen Aufgaben gehört auch nicht die Abgabe von Werturteilen und Schlussfolgerungen (dazu
Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht8 Rz 804). Unterliegt eine Person der öffentlich-rechtlichen Zeugnispflicht und liegt keine Ausnahme iSd § 328 Abs 2
ZPO vor, ist sie verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen. Diese Verpflichtung kann
vom Gericht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. § 333 ZPO knüpft überdies auch materielle Nachteile an das nicht entschuldigte Folgeleisten der Ladung.
Als Zeuge darf nur vernommen werden, wer nicht Partei ist oder nicht als Partei
vernommen werden muss (§ 373 ZPO). Ein gerichtlich mit der Erstellung eines
Gutachtens beauftragter Sachverständiger kann nicht durch spätere Ladung als
Zeuge zum (sachverständigen) Zeugen werden (LGSt Wien, 135 B l 39/14g = Sach
2014, 165).
Gerichtliches Verfahren iSd § 1 ist auch das gesamte Verlassenschaftsverfahren
nach den §§ 143 ff AußStrG, uzw auch dann, wenn der Gerichtskommissär Erhebungen (zB nach § 145 Abs 1 und 3 AußStrG) pflegt.
Nach § 31 Abs 1 AußStrG kann das Gericht nach seinem Ermessen (also auch
von Amts wegen) alle für die Feststellung des Sachverhalts geeigneten Beweismittel verwenden. Über eine Beweisaufnahme gegen den Willen einer oder mehrerer
Parteien muss kein gesonderter Beschluss ergehen: In den Fällen des § 33 AußStrG kann die Beweisaufnahme vom Gericht verweigert werden.
Ein sachverständiger Zeuge ist eine natürliche Person mit besonderer Sachkunde, die über streiterhebliche Tatsachen aussagen soll, ohne zu diesem Zweck vom
Gericht bestellt worden zu sein (Fasching, Lehrbuch2 Rz 969). Der sachverständige Zeuge ist daher als Zeuge nach den Bestimmungen der §§ 320 ff ZPO zu vernehmen (SZ 48/122 = EvBl 1976/243 = RZ 1976/57). Der sachverständige Zeuge
unterscheidet sich vom gewöhnlichen Zeugen nur durch seine besondere Sachkunde, die seine Bestellung zum Sachverständigen erlauben würde; dieser Zeuge
hat seine Sachkunde nur als Erkenntnisquelle für Tatsachen zu benützen und kei2
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ne Bewertungen vorzunehmen (8 Ob 110/02p). Ein Privatgutachter (das Privatgutachten hat nur den Rang einer Privaturkunde: EvBl 1975/80) kann sachverständiger Zeuge sein, wenn er streiterhebliche Tatsachen wahrgenommen hat
(8 Ob 110/02p). Ein sachverständiger Zeuge kann vom Gericht auch zum Sachverständigen bestellt werden (Rechberger in Rechberger ZPO2 § 350 Rz 3). Die
sachkundig vernommene Person hat bloß Anspruch auf Zeugengebühren, nicht
aber auf Sachverständigengebühren (Sach 1994/1/38).
In Strafverfahren unterscheidet § 151 StPO zwischen „Erkundigung“ (das ist 3
das Verlangen von Auskunft und das Entgegennehmen von Mitteilungen von
einer Person) und „Vernehmung“ (das ist das Befragen von Personen nach
förmlicher Information über ihre Stellung und ihre Rechte im Verfahren). Diese
beiden Arten dienen der Aufklärung einer Straftat und unterscheiden sich nur
durch die Zielsetzung. Die Erkundigung ist eine formlose Informationsaufnahme
und dient bloß der Vorbereitung einer Beweisaufnahme und der Klärung, wer in
welcher Eigenschaft prozessdienliche Angaben machen kann, die Vernehmung
(als Zeuge) ist schon eine Beweisaufnahme (siehe §§ 152 Abs 1 und 153 Abs 1
StPO). Bei der Erkundigung besteht kein Aussagezwang, sofern die Auskunft
nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung zu erteilen ist (§ 152 Abs 2
zweiter Satz StPO). Zeugen sind zu ihrer Vernehmung schriftlich vorzuladen
(§ 153 Abs 2 erster Satz StPO), es besteht Aussagepflicht (§ 154 StPO; Aussageverweigerung siehe §§ 157 und 158).
Gem § 103 StPO kann die Staatsanwaltschaft an Stelle der Kriminalpolizei auch
selbst Ermittlungen (§ 91 Abs 2 StPO) durchführen, Zeugen laden und Sachverständige bestellen (§ 126 Abs 3 StPO), wobei das GebAG für diese Fälle unmittelbar anzuwenden ist. Auch wenn der Gesetzgeber die eigenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht als Regelfall ansieht, betont er doch, dass es insbesondere bei Vernehmungen auf den persönlichen Eindruck von Beschuldigten
oder Zeugen ankommen kann. Wenn ihr die notwendigen Kenntnisse fehlen,
kann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auch von einem Sachverständigen
durchführen lassen. In diesen Ermittlungsverfahren vernommene Zeugen haben
Anspruch auf Zeugengebühren nach dem GebAG (§ 1 Abs 1 GebAG). Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bezieht sich nicht auf Geschworene
und Schöffen, ohne dass das im Gesetz ausdrücklich angeführt werden müsste,
weil diese vom Staatsanwalt allein nie bestellt und herangezogen werden können.
Trotz ihrer organisatorischen Zuordnung zur Staatsfunktion Gerichtsbarkeit
sind Staatsanwälte keine Richter bzw Staatsanwaltschaften keine Gerichte (VfSlg
19.350; VfGH 3.3.2015, G 47/2015).
Dolmetscher iSd § 125 Z StPO ist eine Person, die auf Grund besonderer Kennt- 3a
nisse in der Lage ist, aus der Verfahrenssprache in eine andere Sprache oder von
einer anderen in die Verfahrenssprache zu übersetzen. Gem § 126 Abs 2a StPO ist
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als Dolmetscher von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht eine vom BMJ oder
in dessen Auftrag von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellte Person zu bestellen. Zur Gewährleistung der Übersetzungshilfe durch die Kriminalpolizei hat diese eine vom BMI oder in dessen Auftrag von einem Dienstleister
zur Verfügung gestellte geeignete Person zu bestellen. Für diese Dolmetscher gilt
§ 127 Abs 1 nicht; sie haben also keinen Anspruch auf Entlohnung nach dem GebAG (nach § 127 Abs 1 haben Dolmetscher, die vom Gericht oder von der Staatsanwaltschaft bestellt werden, Anspruch auf Gebühren nach dem GebAG). Steht
eine geeignete Person nach § 126 Abs 2a StPO nicht oder nicht rechtzeitig zur
Verfügung oder besteht Grund zur Annahme, dass hinsichtlich aller nach Abs 2a
in Betracht kommenden Personen einer der Gründe des Abs 4 (Befangenheit)
vorliegt, kann auch eine andere geeignete Person als Dolmetscher bestellt werden.
Dabei ist vorrangig eine in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§ 2 Abs 1 SDG) eingetragene Person zu bestellen, im Übrigen jedoch
nach Abs 2 letzter Satz vorzugehen. Wird eine solche Person von der Kriminalpolizei als Dolmetscher bestellt, richtet sich ihr Anspruch auf Abgeltung nach § 53b
AVG. – Siehe Lacom, Der Gerichtsdolmetscher – eine aussterbende Spezies?, AnwBl 2014, 559. – Siehe auch Rz 1, 7 und 8 zu § 53.
Dolmetscher, die dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft gem § 75 Abs 4 ASGG
oder § 126 Abs 2a StPO zur Verfügung gestellt werden, werden auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit dem BMJ oder der Justizbetreuungsagentur tätig, im Rahmen derer auch ihre Entlohnung zu regeln ist. Sie haben keinen Gebührenanspruch nach dem GebAG (981 BlgNR 24. GP 56).
Im Anwendungsbereich des AVG haben nichtamtliche Dolmetscher für ihre
Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die gem § 53b AVG durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen
sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den
Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs 2 GebAG mit den in § 53
Abs 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Unter nichtamtlichen Dolmetschern iSd AVG sind auch die nichtamtlichen
Übersetzer zu verstehen. § 53a Abs 1 letzter Satz und Abs 2 und 3 ist sinngemäß
anzuwenden (dazu auch BVwG 1.1.2015, W 147 2016689-1).
Im Anwendungsbereich der BAO ist gem § 313a BAO, wenn eine Partei im
mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien gehörlos oder hörbehindert ist, erforderlichenfalls ein Dolmetscher beizustellen. § 181 BAO gilt
sinngemäß für die Gebühr die Mühewaltung und richtet sich nach § 54 GebAG.
§ 313a BAO ist bei der Vernehmung als Zeuge (§ 169 BAO) oder Auskunftsperson (§ 143 BAO), bei Schlussbesprechungen (§ 149 BAO) und bei mündlichen
Verhandlungen (§ 274 BAO) anzuwenden. – Siehe Dokalik/Weber, Das Recht
der Sachverständigen und Dolmetscher3 (2014).
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Natürliche Personen, die über wahrgenommene Tatsachen berichten sollen, sind 4
von der Verwaltungsbehörde als Zeugen zu vernehmen und nicht formlos zu befragen. In Verwaltungsverfahren ist ein Zeuge verpflichtet, einer behördlichen
Ladung (§ 19 AVG) Folge zu leisten und eine wahrheitsgemäße vollständige Aussage zu machen. Nach § 19 AVG kann grundsätzlich jeder Mensch von der Behörde, in deren Amtsbereich er seinen Aufenthalt hat, zum persönlichen Erscheinen und zur Aussage als Zeuge aufgefordert werden. Das persönliche Erscheinen
eines Zeugen kann durch die Anwendung von Zwangsmitteln, die in einem allfälligen Ladungsbescheid angedroht wurden (§ 19 Abs 3 AVG), erzwungen werden.
Verweigert ein Zeuge die Aussage ohne Angabe von Gründen oder unter Anführung nicht gerechtfertigter Gründe, kann über ihn eine Ordnungsstrafe (§ 34
AVG) verhängt werden (§ 49 Abs 5 AVG). Nach § 51a AVG haben Zeugen, die
im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu Beweiszwecken vernommen
werden oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, Anspruch auf
Gebühren nach § 2 Abs 3 und §§ 3 bis 18 GebAG, die Gebühr ist gem § 19 GebAG
beim vernehmenden Verwaltungsgericht geltend zu machen. Der Gebührenanspruch nach dem GebAG besteht auch dann, wenn der Zeuge im Wege der Amtshilfe (§ 55 AVG) vernommen wird. § 20 GebAG gilt nach § 51b AVG mit den in
Z 1 bis 3 genannten Maßgaben. Die Gebühr ist dem Zeugen nach § 51c AVG kostenfrei zu zahlen bzw auf Grund einer Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts nachzuzahlen. Wird vom Rechtsmittelgericht eine niedrigere Gebühr bestimmt, ist der Zeuge zur Rückzahlung der Gebühr verpflichtet. – Siehe Funk,
Sachverständigenbeweis in der Verwaltungsgerichtsbarkeit neu – Punktation,
Sach 2012, 2; Strobel-Langpaul, Verwaltungsgerichtsbarkeit – alles neu ab 2014,
DAG 2013/19, 36. Obermaier, Kostenseitig. GGG; GebAG; GEG; Geo. Zur Novellierung des GEG, des GebAG, der Geo und des GGG durch das Verwaltungsgerichtbarkeits-Anpassungsgesetz – Justiz (VAJU) – Teil 1, ÖJZ 2013/116, 992;
Elhenicky/Mayer/Daniel/Stuefer, Der Sachverständige im Gerichts- und Verwaltungsverfahren. Eine praktische Einführung (2014).
Im Anwendungsbereich der BAO haben Zeugen gem § 176 Abs 1 BAO Anspruch auf Zeugengebühren, die den Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß, wie sie Zeugen im gerichtlichen Verfahren zustehen, sowie den Ersatz der notwendigen Barauslagen umfassen. Gem
§ 176 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden. Das Verfahren für die Zuerkennung bzw Nichtzuerkennung einer Zeugengebühr richtet sich ausschließlich nach der BAO, sodass im
Streitfall Bescheide ergehen müssen. Für die Erhebung der Zeugengebühren auf
Grund von Einvernahmen und Vorladungen vor Verwaltungsgerichten gelten
die Bestimmungen des § 176 Abs 2 iVm § 2a BAO sinngemäß, sodass die Geltendmachung der Zeugengebühr beim jeweiligen Verwaltungsgericht zu erfolgen
hat. Bei Streitigkeiten über den Anspruch oder die Höhe der Zeugengebühr entFeil, Gebührenanspruchsgesetz7
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scheidet der Einzelrichter oder Berichterstatter mit Beschluss, wobei § 287 BAO
mit der Maßgabe anzuwenden sein wird, dass eine Abgabenbehörde bestimmt
wird, der die Einhebung oder zwangsweise Einbringung dieser Zeugengebühr obliegt (Fischerlehner, Das neue Abgabenverfahren § 176 Anm 4).
Die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen hat dem Sachverständigen gegenüber den Charakter eines verfahrensrechtlichen Bescheides, gegenüber
der Partei aber nur den Charakter einer Verfahrensanordnung (VwGH 8.6.2005,
2002/03/0076 = ZfVB 2007/209).
Gem § 108 Abs 1 FinStrG haben Zeugen im Finanzstrafverfahren Anspruch auf
Ersatz von Reise- und Aufenthaltskosten und Entschädigung für Zeitversäumnis
unter gleichen Voraussetzungen und in gleichem Ausmaß wie Zeugen im gerichtlichen Verfahren. Nach § 99 Abs 1 FinStrG gilt die Bestimmung des § 108 leg
cit sinngemäß auch für Auskunftspersonen (VwGH 25.4.2001, 2001/13/0052 =
SWK 2001, R 95 = ÖStZB 2001/361, 471 = ARD 5352/22/2002).
5 Sachverständige sind Personen, die im Zivilprozess dem Richter kraft ihrer be-
sonderen Sachkenntnis die Kenntnis von Erfahrungssätzen vermitteln, daraus
Schlussfolgerungen ziehen oder zufolge ihrer Sachkenntnis streiterhebliche Tatsachen (ausnahmsweise auch Rechtsnormen des ausländischen Rechts [§ 4
IPRG]) feststellen sollen (Fasching Lehrbuch2 Rz 996; Rechberger/Simotta, ZPR6
Rz 809). Auch über Gewohnheitsrechte, Privilegien und Statuten (siehe § 271
ZPO) können Sachverständige dem Gericht (auch der Staatsanwaltschaft: § 103
StPO) Kenntnisse vermitteln. Der Sachverständige hat Tatsachen klarzustellen
und auf Grund seiner Sachkenntnisse deren allfällige Ursachen oder Wirkungen
festzustellen. Der Sachverständige muss immer im Bereich der Tatsachen bleiben,
darf keine Rechtsfragen lösen und keine Fragen der Beweiswürdigung erörtern. –
Siehe Kerschner, Aktuelle Rechtsfragen für den Sachverständigen – 2010 –, Sach
2010, 123; Schwarzinger, Kinderbeistand – Kindercoach. Prozessbegleitende
Sachverständigentätigkeit, AnwBl 2010, 480.
Ein iSd §§ 351 ff ZPO notwendiges Gutachten kann nicht hat durch ein Privatgutachten ersetzt werden. Denn Privatgutachten sind nicht mehr als Urkunden,
die die Meinung ihres Verfassers wiedergeben, wobei dieser Verfasser nicht den
Pflichten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen unterliegt. Sie sind daher
nach der Rechtsprechung nicht geeignet, in einer Sachverständigenfrage „für sich
allein die Entscheidung zu stützen“. Sofern die Ansicht vertreten wird, ein Privatgutachten könne unter gewissen Umständen als „urkundlich belegtes Sachvorbringen“ verwertet werden, kann das nur dann gelten, wenn dieses Sachvorbringen wegen einer Außerstreitstellung für wahr zu halten ist, wofür nach § 367 ZPO in Ausnahmefällen auch das Fehlen einer substantiierten Bestreitung genügen kann.
Erhebt der Gegner aber substantiierte Einwände, wäre es eine Umgehung der Regeln über den Sachverständigenbeweis, wenn das Gericht das Privatgutachten
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dennoch seiner Entscheidung zugrunde legte. Im Ergebnis würde das Gericht damit in einer Sachverständigenfrage die Richtigkeit von – wenngleich „urkundlich
belegten“ – Sachvorbringen auf Grund eigener Fachkunde bejahen, was im Widerspruch zu § 364 ZPO stünde (OGH 12.4.2011, 17 Ob 21/10b = Zak 2011/378, 198
= Sach 2011, 148 [Krammer] = ecolex 2011/271, 711 = RZ 2011/EÜ 149, 173 = JBl
2011, 455 = RZ 2011/27, 287 = ÖBl 2012/8, 31 = SZ 2011/49). – Siehe Oberlaber,
Die gerichtliche Verwertung von Privatgutachten, Sach 2014, 23.
Im Außerstreitverfahren gestaltet sich das Beweisverfahren formfreier als im Zivilprozess, sodass das Gericht auch ohne Einvernahme der Parteien einen Sachverständigen bestellen kann (sonst richtet sich das Bestellungsverfahren aber infolge des Verweises in § 35 AußStrG nach der ZPO). Allfällige Einwände gegen
die Person des Sachverständigen können daher nur im Nachhinein angebracht
werden, indem die Enthebung beantragt wird. Für andere Einwände ist die Partei
auf die Bekämpfung der Entscheidung in der Sache verwiesen (Feil, AußStrG2
§ 31 Rz 5 mwN). – Siehe Böheim/Reidlinger, Der kartellgerichtliche Sachverständige: Reformüberlegungen auf der Grundlage einer kritischen Bestandsaufnahme, wbl 2013, 493.
Im Strafverfahren ist nach § 125 Z 1 StPO „Sachverständiger“ eine Person, die
auf Grund besonderen Fachwissens in der Lage ist, beweiserhebliche Tatsachen
festzustellen (Befundaufnahme) oder aus diesen rechtsrelevante Schlüsse zu ziehen und sie zu begründen (Gutachtenserstattung). Im Ermittlungsverfahren haben Sachverständige die Aufgabe, der Staatsanwaltschaft das erforderliche Wissen zu vermitteln, um beweiserhebliche Tatsachen feststellen oder würdigen zu
können. Der Sachverständige ist daher im Ermittlungsverfahren für die Befundoder Beweisaufnahme zu bestellen, wenn weder Staatsanwalt noch Kriminalpolizei die erforderlichen Kenntnisse haben (§ 125 Abs 1 erster Satz StPO). Dabei genügt die bloße Behauptung einer Geistesstörung des Beschuldigten nicht, um
eine Verpflichtung zur Bestellung eines Sachverständigen anzunehmen. Es müssen vielmehr objektive Momente vorliegen, die die geistige Gesundheit des Beschuldigten in Frage stellen (EvBl 1975/120). Enthält das amtsärztliche Gutachten
der Polizei Anhaltspunkte für eine volle Berauschung, ist die Beiziehung eines
Sachverständigen angezeigt. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen
kommt allein dem Gericht zu; eine Hilfestellung durch Sachverständige ist die
Ausnahme, und zwar bei Vorliegen von Entwicklungsstörungen oder geistigen
Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen (JBl 2012, 132 [Kert]). Der Umstand, dass ein Sachverständiger bereits im Ermittlungsverfahren tätig war, stellt
im Hauptverfahren im Allgemeinen keinen Befangenheitsgrund dar (§ 126 Abs 4
dritter Satz StPO; EvBl 2014/48 = JBl 2014, 336 [Schmoller]; 13 Os 55/13g). Soweit Sachverständige befangen sind oder an ihrer Sachkunde berechtigte Zweifel
bestehen, sind sie von Amts wegen oder auf Grund von Einwänden zu entheben
(§ 126 Abs 3 und Abs 4 erster Satz StPO).Sachverständige haben gem § 127 Abs 1
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StPO Anspruch auf Gebühren nach dem GebAG. – Siehe auch § 50 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl 1957/1 idgF; Tanczos in Krammer/Schiller/Schmidt/Tanczos, Sachverständige und ihre Gutachten (2012); Nimmervoll,
Zur Befundaufnahme des Sachverständigen im Strafverfahren, Sach 2014, 19;
Riffel, Die Entscheidung 12 Os 90/13x, RZ 2014, 238; derselbe, Der Sachverständigenbeweis und die diesbezüglichen Garantien der aktuellen StPO zur Wahrung
der Verfahrensfairness, RZ 2013, 232; Lewisch, Der Sachverständige im Strafprozess, in WiR, Sachverstand und Wirtschaftsrecht 77; Ratz, Zur Stellung von Sachverständigen im Strafverfahren nach der StPO, in Sach-Sonderheft 2012, 34; derselbe, Die „Grundrechtsbeschwerde“ im Strafverfahren, in Vogl/Wenda, Neue
Herausforderungen für den Rechtsschutz (2013) 167; derselbe, Der neue Sachverständigenbeweis nach dem StPÄG 2014, ÖJZ 2015/5; Stuefer, Das Rad nicht
rückwärts drehen – Zur Frage der Bestellung von Sachverständigen im Strafverfahren, JSt 2012, 71; Riffel, Die Entscheidung 12 Os 90/13x = RZ 2014, 238; Mayer/
Haidenhofer, Der Sachverständige als Gehilfe des Staatsanwalts im Strafprozess,
AnwBl 2014, 100; Hinterbauer, Mitwirkungspflicht – eine juristische Abhandlung über Rechte und Pflichten des Untersuchten, DAG 2014/24, 51; Schwaighofer, Die Rolle des Sachverständigen vor und nach dem StPRÄG 2014 (2014). –
Siehe auch Rz 1, 2a und 2b zu § 25.
Es ist dem „pflichtgemäßen“ (also nur auf Willkür überprüfbaren) Ermessen der
Tatrichter anheimgestellt, neue Befunde oder Gutachten zur Überprüfung früherer abzufordern. Ein Recht, eine über die Befragung von Sachverständigen hinausgehende Beweisaufnahme über die Befundgrundlagen zu erwirken, ist weder
in der StPO vorgesehen noch durch Art 6 Abs 3 lit d MRK oder Art 6 Abs 1 garantiert. Die Überzeugungskraft eines iSd § 127 Abs 3 erster Satz StPO mängelfreien Befundes oder Gutachtens unterliegt nämlich der freien Beweiswürdigung
des erkennenden Gerichts (OGH 1.4. 2014, 14 Os 2/14x). – Siehe Krammer/
Schiller/Schmidt/Tanczos, Sachverständige und ihre Gutachten2 (2013).
Ein weiterer Sachverständiger ist im Strafverfahren nur beizuziehen, wenn das
bereits vorliegende Gutachten mangelhaft iSd § 127 Abs 3 erster Satz StPO ist
und diese Bedenken durch nochmalige Befragung des bestellten Sachverständigen nicht behoben werden können (OGH 28.8.2014, 12 Os 59/14i).
Im Anwendungsbereich der BAO fallen unter den Begriff der Sachverständigen
nicht nur die gem § 2 Abs 1 SDG allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, die im Rahmen jenes Fachgebiets tätig werden, für welches
sie eingetragen sind (siehe § 177 BAO). Als Sachverständiger kann eine Person
bestellt werden, die zur Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellt ist oder die Wissenschaft, Kunst oder das Gewerbe, deren/dessen
Kenntnis Voraussetzung für die Begutachtung ist, öffentlich als Erwerb ausübt
oder zu deren Ausübung öffentlich bestellt oder ermächtigt ist. Für die Bezeichnung einer Person als Sachverständiger steht also die fachliche Befähigung und
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allenfalls die berufrechtliche Berechtigung im Vordergrund (VwGH 21.2.2007,
2003/06/0083). Öffentlich bestellte Sachverständige iSd § 177 Abs 1 BAO sind
Sachverständige nach § 2 Abs 1 SDG. Einen „Amtssachverständigen“ kennt die
BAO nicht (dazu VwGH 28.1.2002, 2001/17/0143) Die Bestellung eines Sachverständigen hat nur diesem gegenüber den Charakter eines verfahrensrechtlichen
Bescheides und berührt die verfahrensrechtliche Rechtsstellung der Parteien des
Verwaltungsverfahrens nicht, sodass eine Anfechtung durch die Parteien des
Verwaltungsverfahrens ausgeschlossen ist. Gem § 181 Abs 1 BAO haben Sachverständige Anspruch auf Sachverständigengebühren, die zu den sonstigen Ansprüchen auf Geldleistung iSd § 3 Abs 1 gehören (für alle Fischerlehner, Das neue
Abgabenverfahren Anm 1 zu § 181). Die Bestimmungen der §§ 24 bis 52 GebAG
sind nur hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe maßgeblich.
– Siehe Urtz, Übersicht über das neue verwaltungsgerichtliche Verfahren nach
der BAO, ÖStZ 2014/6, 3; derselbe, So funktioniert das neue verwaltungsgerichtliche Verfahren nach der BAO, PVP 2014/6, 14.
Mit der Eintragung in die Sachverständigenliste (und mit der gerichtlichen Zer- 6
tifizierung) wird zwar grundsätzlich keine bestimmte Befugnis verliehen, die Eintragung für ein bestimmtes Fachgebiet hat aber Indizwirkung. Das Gericht,
aber auch ein privater Auftraggeber kann davon ausgehen, dass der Eingetragene
auf dem Fachgebiet, für das er allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert ist,
die von einem Fachmann zu erwartende Fachkunde (§ 1299 ABGB) aufweist und
daher für gerichtliche Gutachten auf diesem Gebiet vornehmlich in Frage
kommt. Die konkrete Entscheidung, welcher Fachmann dann als gerichtlicher
Sachverständiger herangezogen werden soll, hat im Einzelfall ausschließlich das
Gericht (§ 351 Abs 1 ZPO) – unter Berücksichtigung der für den anstehenden
Fall geforderten Sachkompetenz – zu treffen (Sach 1999, 162). Die gerichtlichen
Sachverständigenverzeichnisse, die iSd § 351 Abs 1 letzter Satz ZPO die „öffentlich bestellten Sachverständigen“ auflisten, geben eine wertvolle Hilfestellung.
Entscheidend ist aber immer die konkrete Sachkunde im Einzelfall. Um Auseinandersetzungen über die Sachkunde und damit verfahrensrechtliche Irritationen
zu vermeiden, sollten Fachgebietsüberschreitungen tunlichst vermieden werden
(Krammer, Sach 1999, 164). Aus § 8 Abs 5 SDG ist kein Verbot, sondern im Gegenteil sogar die gesetzliche Anordnung, das Siegel des allgemein beeideten und
gerichtlich zertifizierten Sachverständigen bei Unterfertigung eines Privatgutachtens zu verwenden, abzuleiten (dazu Schmidt, Privatgutachten im Spannungsfeld von Standesregeln, Wirtschaftlichkeit, Beweismaß und Rechtsrahmen,
Sach 2010/1/1; Missbrauch der Bezeichnung als Gerichtssachverständiger: UVS
Wien, Sach 2010/1/31). – Siehe Oberlaber, Die gerichtliche Verwertung von Privatgutachten, Sach 2014, 23.
Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass die Vertrauenswürdigkeit
Feil, Gebührenanspruchsgesetz7
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§1
bei Eintragung in die Sachverständigenliste nicht gegeben war oder später weggefallen ist (VwGH 26.6.2008, 2008/06/0033 = Sach 2008, 195 =ZfVB 2009/534;
dazu auch ZfVB 2007/2245 = VwSlg 17.124 A). – Siehe auch bei § 25 DSG.
7 Zwischen dem Bund und dem bestellten Sachverständigen kommt kein privat-
rechtlicher Vertrag zustande (dazu auch OGH 3 Ob 79/10d = Sach 2011/1/29).
Der Gebührenanspruch des Sachverständigen ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der sich nur gegen den durch das Gericht repräsentierten Staat richtet
(Fasching, Lehrbuch2 Rz 1002). Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger ist
nach hA kein Organ iSd § 1 Abs 2 AHG; er haftet für den durch ein unrichtiges
Gutachten verursachten Schaden einer Partei und allen Beteiligten (Sach 2003,
157 = MietSlg 44.182) unmittelbar und persönlich (SZ 50/98; JBl 2001, 788 [Rummel] = ecolex 2001/304, 834 = RdW 2001/11, 10 = Sach 2001, 131 [Krammer] =
Sach 2002, 173 [Rummel] = EvBl 2000/206, 892 = SZ 73/96 = RdW 2000, 661; Zak
2008/646, 374 = Zak 2008/635, 367 [Schrammel] = SWK 2008, 1136; RdM-LS
2009/53, 223; Karner in KBB2 § 1299 ABGB Rz 10 mwN; kritisch Schilcher in
FS Jelinek [2002] 241 ff). Der Sachverständige haftet nicht, wenn ein nach den
Regeln der Wissenschaft erarbeitetes Gutachten in der Folge nicht standhält und
der Gerichtssachverständige zu einem anderen Ergebnis kommt (ecolex 2009/
146, 406 = ZVR 2009/174, 340). Reischauer in Rummel3 § 1299 Rz 33) meint, dass
kein zwingender Grund für die Annahme besteht, auf den gerichtlich bestellten
Sachverständigen das AHG anzuwenden, da das AHG an der Anwendbarkeit des
§ 1299 ABGB nichts ändere, sondern nur den Zugriff des Geschädigten auf das
Organ hindere. – Siehe Schilcher, Dogmatische und pragmatische Überlegungen
zur Haftung des Gerichtssachverständigen, FS Jelinek (2002) 241; Schmidt, Sachverständige im Spannungsfeld Beschleunigung Effizienz Wirtschaftlichkeit Qualitätssicherung, Sach 2005, 11; Schmidt, Haftpflichtversicherung für Sachverständige – neue Rahmenvereinbarung, Sach 2011/1/2; derselbe, Haftpflichtversicherung für Sachverständige, Sach 2011/1/18. – Siehe auch OGH 4.8.2010, 3 Ob 79/
10d = Sach 2011/1/30: Sachverständigenhaftung für ein Privatgutachten über die
Mündelsicherheit von Wertpapieren. – Machold, Zur Haftung eines Sachverständigen nach § 1300 S 1 ABGB. Aus Anlass von 9 Ob 49/09k = Zak 2010/649, 378,
Zak 2010/636, 371 = Zak 2010/705, 407 [Hackl].
Nicht jeder, der zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben beiträgt, ist Organ iSd § 1
Abs 2 AHG. Es gibt Aufgaben, die zwar eindeutig der Vollziehung von hoheitlichen Aufgaben dienen, aber durch hoheitlichen Akt, durch ein Gesetz oder durch
eine Verordnung aus der Vollziehung ausgeschieden und Außenstehenden unter
eigener Verantwortung aber ohne Einräumung der Möglichkeit, selbst Hoheitsakte zu setzen, übertragen werden. Die Außenstehenden sind dann nicht Organe iSd § 1 Abs 2 AHG (RS0049954). Einem Prüfer (Flugprüfer nach § 32 Abs 2
LFG) kommen keine hoheitlichen Befugnisse zu. Selbst bei nicht bestandener
praktischer Prüfung obliegt die Beurteilung der fachlichen Befähigung der Behör10
Feil, Gebührenanspruchsgesetz7