Eine Frage von Leben und Tod

Lungenkrebs
Dass Jean-Jacques Baume
aus Basel trotz metastasierendem ­Lungenkrebs
noch lebt, verdankt er
dem Tumorzentrum des
­Universitätsspitals Basel
und einer neuartigen Immuntherapie.
Foto: Peter Hauck
Eine Frage von Leben und Tod
Jean-Jacques Baume: «Dank
der Immuntherapie bin ich
schon fast wieder der Alte.»
Er war dipl. Maschineningenieur ETH. Bildete sich in den USA in Management Science
und Kybernetik weiter. Arbeitete erfolgreich
als selbständiger Unternehmensberater im
Financial Engineering. Zu seinen Hobbies
gehörten Skifahren und Autorennen. Er
war verheiratet, hat zwei Töchter und drei
Enkelkinder. Vor sieben Jahren starb seine
Frau. An Brustkrebs. Aus nächster Nähe hat
er damals gesehen, wie machtlos die Medizin
sein kann, wenn es das Schicksal anders will.
Jetzt, nur ein paar Jahre später hat auch
er ein schweres Krebsleiden, nämlich Lungenkrebs, die weltweit häufigste krebsbedingte Todesursache. Es sterben mehr Menschen an Lungenkrebs als an Brustkrebs,
Dickdarmkrebs, Bauchspeicheldrüsen- und
Prostatakrebs zusammen. In der Schweiz
erkranken jedes Jahr rund 2500 Männer und
1500 Frauen neu an Lungenkrebs.
Seit Januar weiss Jean-Jacques Baume,
dass er Lungenkrebs hat. Symptome verspürte er keine, wie so viele Betroffene. Es
war eine Zufallsdiagnose. Ein Fuchs rannte
über die Strasse, als er mit dem Auto unterwegs war. Er kam von der Fahrbahn ab, der
Airbag ging los. Verletzungen trug er keine
nennenswerten davon. Doch man ging auf
sicher und machte im Spital ein Röntgenbild
zur Kontrolle. Mit dem niederschmetternden Befund: metastasierender Lungenkrebs.
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Prof. Alfred Zippelius, stellvertretender Chefarzt Onkologie,
Leiter Labor Tumorimmunologie, Universitätsspital Basel.
Und das aus heiterem Himmel, ohne jede
Vorwarnung.
Natürlich hatte er viel geraucht, aber
schon vor dreissig Jahren damit aufgehört.
«Das ist doch nicht möglich – nach all diesen
Jahren Lungenkrebs? Ich konnte es einfach
nicht glauben.» Im selben Augenblick erwachte sein Kampfgeist. Tatenlos hinnehmen wollte er diese Diagnose nicht.
Im Universitätsspital Basel folgten Chemotherapie und Bestrahlung. Mitten in der
Nacht musste er unters Messer. Es war ein
Notfalleingriff, so schlecht war es um ihn
bestellt. Das Krebsgewebe war von Bakterien durchseucht. Es drohte eine Blutvergiftung. «Mein Zustand war miserabel. Ich
hatte keine Kraft mehr und musste mit dem
Schlimmsten rechnen.»
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Trotz Chemotherapie und Bestrahlung
verschlechterte sich sein Zustand. Deshalb
schlug ihm Prof. Alfred Zippelius vom Tumorzentrum Universitätsspital Basel eine
bahnbrechende, neue immunonkologische
Therapie vor. Damit gelingt es erstmalig,
die bisher bescheidenen Überlebensaussichten von Lungenkrebspatienten markant
zu verbessern oder sie in bestimmten Fällen sogar zu heilen. Die Ärzte bezeichnen
die Immuntherapie als den neuen grossen
Hoffnungsträger in der Krebsbehandlung,
zuerst beim Melanom, und jetzt auch beim
Lungenkrebs.
Mit immunologisch aktiven Antikörpern
bringt man den Körper dazu, selbst die Arbeit zu machen, das heisst die Krebszellen
anzugreifen und zu vernichten. Das gelingt,
indem man an den sogenannten Checkpoints des Immunsystems mit Hilfe der
Antikörper die Signalsysteme so verändert,
dass die Krebszellen als fremd erkannt und
beseitigt werden können. Viele Krebszellen
entgehen nämlich der Vernichtung, weil sie
sich geschickt tarnen und die angreifenden
Immunzellen täuschen. Mit Hilfe der immunologisch aktiven Proteine lassen sich die
Krebszellen nun enttarnen.
Bei Jean-Jacques Baume schlug die Immuntherapie voll ein. «Es ging mir vom ersten Moment an sofort besser. Es war eine
Wende von 0 auf 100. Für meinen Zustand
vorher gab es nur ein Wort: elend. Heute bin
ich schon fast wieder der Alte. Dabei bin ich
mir voll bewusst, es war eine Frage von Leben und Tod. Wenn ich diese Therapie nicht
bekommen hätte, wäre ich schlicht nicht
mehr da. Auch für meine behandelnden
Ärzte grenzt das an ein Wunder.»
Jean-Jacques Baume will mit seiner Geschichte dazu beitragen, dass sich die Patienten heute vollumfänglich informieren, auch
über den medizinischen Fortschritt, und
für ihre Rechte kämpfen. Und er wünscht
allen Krebspatienten, dass sie ebenso gute
Erfahrungen machen wie er im Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel: «Ich selber und auch meine Angehörigen waren
begeistert, wie vertrauensvoll, überlegt und
zuvorkommend die behandelnden Ärzte
waren und uns über jeden Schritt umfassend
informierten. Nie hat sich jemand von uns
alleingelassen oder hilflos gefühlt.» |
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