For sc h u ng For sc h u ng Zur Person Friedrich Stiefel wurde in Wädenswil (ZH) geboren. Nach dem Medizinstudium an der Universität Zürich ergänzte er seine klinische Ausbildung in Innerer Medizin, Onkologie, Palliativpflege und Psychiatrie mit einem zweijährigen Forschungsaufenthalt an der Abteilung für Psycho-Onkologie am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, unterstützt durch die KLS. Er ist heute Leiter der Abteilung für Liaisonpsychiatrie am Universitätsspital CHUV und Professor an der biologischen und medizinischen Fakultät in Lausanne. Er ist auch Präsident des Ethikausschusses des CHUV und Mitglied der wissenschaftlichen Kommission der KLS. Bessere Kommunikation in der Onkologie Seit über zehn Jahren führt die Krebsliga Schweiz (KLS) Kommunikationsseminare für in der Onkologie tätige Ärzte und Pflegende durch. Die spezielle Beziehung zwischen Ärzten/Pflegenden und Patienten wird von Professor Friedrich Stiefel im Rahmen von Forschungsarbeiten untersucht. 8 «Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind. Wir sehen die Dinge so, wie wir sind», sagte Anaïs Nin. Das Gleiche gilt bei der Kommunikation zwischen Ärzten/Pflegenden und Patienten, aber auch anderswo, wenn Menschen sich austauschen. Dieser Austausch wird bestimmt durch unsere Überzeugungen und Werte, unsere Erwartungen und Ansprüche an uns selber und unsere Gesprächspartner. Bei einer Krankheit gestaltet sich dieser Dialog mit dem verunsicherten Patienten, der von den Behandelnden umfassendes Wissen und Antworten erwartet, noch schwieriger. In der Onkologie müssen häufig belastende Gespräche geführt werden, beispielsweise beim Mitteilen von Diagnosen oder Untersuchungsergebnissen oder beim Besprechen des therapeutischen Vorgehens. Man weiss, dass die medizinische Kommunikation die Lebensqualität des Patienten, seinen Umgang mit der Krankheit oder die Art und Weise, wie er die Behandlung befolgt, beeinflusst. Aus diesem Grund führt die KLS seit 1999 Seminare zur Förderung der Kommunikationskompetenz durch. Die dreitägigen Kurse für jeweils zehn Ärzte und Pflegende basieren auf Rollenspielen und Analysen von gefilmten Gesprächen mit Schauspielern, die Patienten mimen, gefolgt von sechs individuellen Supervisions sitzungen. Ärzte und Pflegende Parallel zu dieser Weiterbildung, für die Professor Friedrich Stiefel in der Westschweiz die Verantwortung übernommen hat, führt er ein Forschungsprojekt durch mit dem Ziel, die Hindernisse in der Kommunikation zwischen Ärzten/Pflegenden und Patienten besser zu verstehen, insbesondere die Abwehrmechanismen, die bei beiden Gesprächspartnern aktiviert werden (siehe Kasten). «Seltsamerweise hat man sich bislang vorwiegend auf den Patienten konzentriert: was er versteht, wie er mit Emotionen umgeht … Dem Verhalten der Ärzte und Pflegenden wurde hingegen kaum Beachtung geschenkt. Aber auch sie reagieren natürlich auf Stress erzeugende Gespräche.» Während bei den Betreuern Einfühlungsvermögen bei der Begegnung mit einem traurigen Patienten entsteht, ist es für sie schwierig, angesichts eines wütenden Patienten nicht selber von starken Emotionen überwältigt zu werden. «Die Reaktionen der Ärzte und Pflegenden werden durch ihren Charakter, ihre Erlebnisse und Ängste und ihre Lebensgeschichte beeinflusst: ein Arzt, der defensiv kommuniziert, lässt dem Patienten nicht genügend Raum oder nimmt nicht wahr, was er mit Worten oder im Schweigen ausdrückt. Auf diese Weise wird Kommunikation unterbrochen und die Beziehung kann nicht wachsen», fasst der Psychiater zusammen. Text: Magali Corpataux; Foto: Andreas Schwaiger Abwehrmechanismen, ein Schutzschild gegen die Angst Der Mensch ist in der Lage, mit einem gewissen Grad von Angst umzugehen. Wird diese Grenze überschritten, entstehen unbewusst Abwehrmechanismen, dank denen ein wieder erträglicheres Mass an Angst hergestellt wird. Verleugnen, Rationalisieren, Verschieben sind Beispiele für Abwehrmechanismen, die eingeteilt werden können, je nachdem wie stark sie die Realitätswahrnehmung einschränken. 9
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