LEUCHTEN AM HIMMEL HOMO SAPIENS ZEITSTRAHL Wir schreiben das Jahr 2115. Ein Tag wie jeder andere. 8 Uhr abends, du stehst am Fenster und starrst nach draußen. Gedankenlos. Du versuchst deine Gedanken zu fassen – es ist wie der Moment kurz vor dem Einschlafen, wenn man über etwas nachdenkt – und schon ist der Gedanke wieder weg. Lässt sich nicht fassen, nicht festhalten, nicht zu Ende denken. Was ist eigentlich Fühlen? Was ist gut, was ist schlecht? Bist du glücklich, bist du traurig? Du weißt es nicht, hast du es vergessen? Gefühllos. Es ist eine Leere in dir. Eine Leere, die sich nicht beschreiben lässt. Es ist als wärst du nur eine Hülle, ein Schatten deiner selbst, einfach nicht richtig da. Gedankenlos. Gefühllos. Wie jeden Abend. Du willst dich gerade abwenden, als du irritiert inne hältst: DER HIMMEL LEUCHTET HELLER ALS SONST! Was in den nächsten Minuten passieren wird, wird die Welt um dich herum auf den Kopf stellen. Was du bisher für erstrebenswert hieltst, wird unwichtig werden. Es wird den Zeitgeist deiner Gesellschaft verändern. Es wird dich verändern. JÄGER UND SAMMLER 100 JAHRE ZUVOR Ein Tag wie jeder andere. 8 Uhr abends, die Menschen stehen im Feierabendverkehr im Stau. Wie jeden Abend. Unsere Atmosphäre hält dieser Luftverschmutzung schon lange nicht mehr stand. Die Menschheit hat sich in eine kritische Situation gebracht. Maschinen und Technologien fügen unserem Planeten erheblichen Schaden zu. Wenn wir so weiter machen, werden die Ressourcen der Erde bald erschöpft sein. Es ist an der Zeit umzudenken. UNERSCHÖPFLICHE INFORMATIONEN Das Potenzial dazu haben wir. Denn wir befinden uns in einer Gesellschaft, in der jeder uneingeschränkten Zugang zu Informationen hat. Durch das Internet steht uns eine unerschöpfliche Masse an Informationen nahezu jederzeit und überall zur Verfügung. Gleichzeitig macht das Internet einen Austausch mit Personen weltweit möglich (vgl. UNRIC, 2005). Doch was nützen diese Informationen, wenn jeder die gleichen hat, und zwar gleich schnell? Im Vorteil ist dann nur, wer es schafft diese Informationen neu zu vernetzen und daraus Ideen zu spinnen. Denn nur wer kreativ ist und Ideen hat, ist auch in der Lage, neue Lösungen zu entwickeln. Und nur mithilfe dieser neuen, kreativen Lösungen können wir AGRARGESELLSCHAFT die Zerstörung des Planeten aufhalten. Creator NETZWERKE ALS IDEENMASCHINEN Diese Mission gilt den kreativen Menschen. Allein Owner sie geben die Impulse, ein Umdenken zu neuen Mustern in Gang zu setzen. Der Organisationspsychologe Prof. Dr. Peter Kruse beschreibt sie als “Creator”, die durch Störungen Spannung ins bestehende System INDUSTRIEGESELLSCHAFT bringen. Diese Störer lassen sich von der Diversität in ihrem Umfeld inspirieren. In einer diversen Gesellschaft entstehen schnell Disharmonien und Widersprüche. In diesen instabilen Phasen stehen die Chancen besonders gut für Prozessmusterwechsel, also für Problemlösungen. Ein Störer allein schafft jedoch noch keine kreative Lösung. Das gelingt erst durch die Vernetzung mit anderen Denktypen: Der „Broker“ bildet die vermittelnde Instanz zwischen dem Kreativen und dem “Owner”, dem Wissenden. Dieser liefert dem Kreativen die nötigen Informationen, die zum umfassenden Verständnis und damit zur Lösungsfindung notwendig sind. Die gegen- DIENSTLEISTUNGSGESELLSCHAFT Broker seitige Befruchtung dieser drei Denktypen ist essenziell, um Kreatives und Neuartiges hervorzubringen (vgl. Kruse, URL1). Unsere heutige Informationsgesellschaft entwickelt sich bereits schrittweise in Richtung der oben beschriebenen Ideengesellschaft: Verknüpfungen sind wichtiger als die dahinterstehende, für alle zugängliche Information allein (vgl. Horx, URL). DER WEG IN DIE HARMONIE Die drei Denktypen werden zukünftig in der Lage sein, sukzessiv sämtliche Probleme, die unsere Gesellschaft und Umwelt belasten, zu lösen. In einigen Jahren wird somit ein harmonischer Zustand erreicht sein, in dem die Menschen das natürliche Ökosystem der Erde wieder hergestellt haben. Ziel dieses harmonischen Systems ist INFORMATIONSGESELLSCHAFT der Erhalt dieses Zustandes. Es werden keine wachstumsorientierten Maßnahmen mehr angestrebt. Zentrales Merkmal dieser neuen Struktur ist die absolute Effizienz. Widersprüche gibt es nicht mehr. Dieses Fehlen von Disharmonie führt dazu, dass keine Prozessmusterwechsel mehr stattfinden. Der Creator, der kreative Störer, welcher die Gesellschaft erst in diesen friedlichen Zustand der hocheffizienten Harmonie geführt hat, ist nun arbeitslos. Sein Schaffen gleicht dem eines Helden, der sich selbstlos geopfert hat. Denn Kreativität wird einfach nicht mehr gebraucht. Heldentod: In 50 Jahren hat Kreativität ihr eigenes Grab geschaufelt - mit der Schaffung der harmonischen Welt. DAS HARMONISCHE ZEITALTER Die ersten Generationen leben in dem Bewusstsein, dass diese 2015 sichere, harmonische Welt ein großes Geschenk ist. Sie kennen die früheren Probleme noch aus eigener Erfahrung, müssen sich aber keine Sorgen mehr darüber machen. Nachkommende Generationen werden all diese Probleme und Ängste nur noch aus Geschichten kennen. Von der “Kreativität” wissen sie nur, dass sie der Held war, der alle gerettet hat. Was Kreativität jedoch genau ist, werden sie von Generation zu Generation vergessen. Die Gehirnfunktion, die einst für die Entstehung von kreativem, schöpferischem Handeln zuständig war, wird verkümmern. Aus dieser evolutionären Entwicklung wird eine neue Spezies von Mensch hervorgehen: der Homo Automatus. IDEENGESELLSCHAFT 2025 DIE NEUE SPEZIES In der Ideengesellschaft haben Wachstum, Weiterentwicklung und Interesse an neuen Dingen eine große Rolle gespielt. Dies ist in der harmonischen und effizienten Welt nicht mehr der Fall. In diesem neuen System folgt der Mensch den bereits vorgefertigten Problemlösungsmustern. Sein Leben und seine Verhaltensweisen sind voll automatisiert und von Effizienz dominiert. Darum nennen wir ihn Homo Automatus – lateinisch für automatisch. Alles was im Widerspruch zu diesem Effizienzgedanken steht ist verschwunden. Dies bedeutet auch eine Verkümmerung seiner Sozialkompetenz. Fehlende soziale Kon- HARMONIEGESELLSCHAFT 2065 takte und routinierte Handlungen ohne Überraschungen führen dazu, dass die Emotionen des Homo Automatus langsam abstumpfen. Ausgelassene Freude, Spontaneität und Individualität haben in dieser harmonischen Welt ebenso wenig Platz wie Frust und Zorn. Durch diese einschneidenden Veränderungen seiner Emotionen tritt die dominierende Eigenschaft des Homo Automatus zu Tage: die geistige Trägheit. Er wird zum passiven Zuschauer seines eigenen Lebens. Der Homo Automatus lebt in einer Welt, in der alle Risiken und Gefahren eliminiert wurden. Dadurch bilden sich alle Sinnesorgane des Menschen, mit Ausnahme der Augen, zurück. Die Augen werden zum ausgeprägtesten Organ. Effiziente Umwelt und Alltag werden weitestgehend maschinell gesteuert. Damit fallen Tastsinn und die Fähigkeit der Finger zum präzisen Erkennen der Umwelt dem neuen System zum Opfer. Der Homo Automatus verlernt das motorische Be-greifen und Er-fassen mithilfe seiner Finger. Durch diese Rückentwicklung wird auch die ganz besonders enge Verbindung der menschlichen Spezies zwischen Hand und Gehirn gekappt (vgl. Fincke, 2001). Be-greifen und er-fassen fällt somit auch dem Gehirn schwerer. Seine Intelligenz verblasst nach und nach. Sensorische und responsive Systeme lassen Sprache als Mittel zur Verständigung verkümmern. Individuelle Stile passen ebenfalls nicht in die Welt der Effizienz. Wollen wir das wirklich? Menschen ohne Emotionen, einen Alltag ohne Überraschungen, eine Welt ohne Kreativität? Nein! Unsere Vision ist eine Welt voll Kreativität. HOMO AUTOMATUS Unsere Mission ist es, zu stören. WIR SCHREIBEN DAS JAHR 2115... DER HIMMEL LEUCHTET HELLER ALS SONST. 2115 98, 99, 100... DISRUPT! ... und eine Kapsel landet direkt vor deinen Füßen. Eine Zeitkapsel – eine Störung. Diesen Störfaktor deponieren wir bereits jetzt, im Jahr 2015, im Weltall – so stoppen wir die Rückentwicklung der Menschheit. Unsere Zeitkapsel ist an einem Ballon befestigt, der sich in genau 100 Jahren zersetzen und so zur Erde sinken wird. Wärme- und Lichtsensoren der Kapsel lenken sie auf Ballungsräume. Ihr Leuchten spricht das stärkste Sinnesorgan des Homo Automatus, die Augen, an. Um zu garantieren, dass die träge Spezies an den Inhalt der Kapsel gelangt, öffnet sie sich bereits bei Berührung durch Körperwärme automatisch. HOW TO DISRUPT Bewegung in diese träge Gesellschaft kann nur die Kreativität zurückbringen. Und wir ziehen die Fäden – in drei Schritten: Harmonie stören, Neugier wecken, schöpferische Kräfte reaktivieren. Um den trägen, passiven Menschen aufzurütteln, verfolgen wir mit der Kapsel folgende Ziele: Sie will irritieren, Emotionen wecken, Sinne reaktivieren, will Fantasie anregen, Vielfalt kreieren und den Wunsch nach Selbstverwirklichung erwecken. Da die harmonische Welt und der Homo Automatus sich voll und ganz am Prinzip der Effizienz orientieren, wird der Inhalt unserer Zeitkapsel genau das Gegenteil verkörpern: Er kann unpraktisch, zu schwer oder auch viel zu leicht, zu langsam, zu schnell, verschwenderisch, aus ungeeignetem Material, unbequem, sinnlos, unbrauchbar, ja vielleicht sogar nervtötend sein und wahnsinnig machen – wahnsinnig kreativ. All diese Aspekte können den trägen Homo Automatus nämlich stören, ihn aufrütteln, frustrieren und am Ende aber vor allem eines: neugierig machen. Denn nur wenn das Interesse des Homo Automatus entfacht wird, wird dies auch seine Eigeninitiative wieder wecken und ihn dazu motivieren, seine schlummernden, schöpferischen Kräfte wiederzubeleben. Wir sind die Basis, denn wir haben erkannt, dass wir heute schon Vorkehrungen für die Zukunft treffen müssen. Darum unser Aufruf: Nutze heute die Gelegenheit deine Zukunft zu formen. Es ist an uns allen, die Kreativität in 100 Jahren wieder auferstehen zu lassen. Denn sind wir ehrlich zu uns selbst: Wer möchte schon in einer Welt des Homo Automatus leben? Fülle jetzt, in Gedanken mit uns, die Kapsel mit deinem persönlichen Störfaktor, deiner eigenen kreativen Antriebskraft. Denn was dir heute die Kraft gibt, deine Kreativität sprühen zu lassen, ist genau das, was auch in 100 Jahren wieder den Funken der Kreativität überspringen lässt. Heute oder morgen, in der nächsten Schaffenskrise oder kreativen Flaute, deine Zeitkapsel ist dein Disrupt und wird dich wieder in die richtige Spur lenken. Stell dir selbst die Frage: Was ist in deiner Zeitkapsel - Was ist dein Disrupt?
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