fact um März 2016, Jahrgang 19, EUR 0,50, P.b.b., Verlagspostamt 1080 Wien, Zulassungsnummer: GZ 02Z031827 M Foto: © Rich Herrmann/Flickr, CC BY-NC-ND 2.0 Die Zeitschrift des Umweltdachverbandes 1/2016 Dreck oder Leben? UNSER BODEN wurde vor allem im abgelaufenen Internationalen Jahr des Bodens auf vielfältige Weise beackert. Als Grundlage allen Lebens erfüllt er für den Menschen unzählige Funktionen und wird von unterschiedlichen Interessen stark geprägt. Wie schaut die Lage aktuell in Österreich aus? D as von der UNO ausgerufene Jahr des Bodens 2015 sollte unserem stummen Fundament endlich eine Stimme geben und Bewusstsein dafür schaffen, dass es nicht nur die Grundlage unserer Ernährungssicherung, sondern auch des Funktionierens von Ökosystemen ist. Auch 2016 darf das Thema nicht in den Hintergrund geraten. Nach wie vor stehen beim Umgang mit Boden meist ökonomische Interessen im Vordergrund. Allzu oft wird vergessen, dass er die Basis allen Lebens ist. Sehnsucht nach eigenem Haus im Grünen Der Traum vom Wohnen im Grünen ist in vielen von uns verankert, geht aber auf Kosten des Bodens. Durch die Widmung von neuen Wohnflächen und das Bauen „auf der grünen Wiese“ schreiten Zersiedelung und Versiegelung munter voran. Auch volkswirtschaftlich ist dies äußerst bedenklich, denn Baugründe für Einfamilienhäuser zu erschließen ist ungleich teurer als eine Nachverdichtung bestehender Flächen. Dass zum „Haus im Grünen“ ein Auto gehört, scheint die logische Schlussfolgerung und ist vielerorts auch Notwendigkeit, doch nachhaltig ist es nicht. Vorangetrieben wird die Zersiedelung durch eine unkoordinierte Raumplanung, welche die Interessen der BetreiberInnen von Einkaufszentren vor jene der LandwirtInnen und übrigen Bevölkerung stellt. Nebeneffekt: Ortskerne sterben weiter aus. editorial Werte Leserinnen und Leser! Michael ProschekHauptmann, Geschäftsführer Umweltdachverband Foto: © UWD/J. Bramer Europa läuft Gefahr, seine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz zu verlieren, konstatierte der renommierte Ökonom Stefan Schleicher Anfang März dieses Jahres. Wer hätte noch vor wenigen Monaten gedacht, dass Länder wie China und die USA klimapolitisch stark aufholen und dem europäischen Niveau immer näher kommen? Fest steht jedenfalls, dass die derzeitige Lähmung der Europäischen Union offenbar auch in Fragen des Klimaschutzes massiv zu Buche schlägt. Denn während Länder wie Deutschland auch in diesem Fall nach wie vor Rückgrat beweisen, bröckelt die Front der Begeisterung in den hinteren Reihen sehr rasch ab. Am Ende landet man bei den Klimaschutzverweigerern Großbritannien und Polen. Österreich reiht sich in dieser – nicht nur hinsichtlich des Umweltschutzes wichtigen Angelegenheit – im Mittelfeld der Engagiertheit ein und gibt nach außen vor, derzeit andere Probleme zu haben als die Klima- und Energiefragen zu lösen. Als überzeugter Europäer muss es mir hier er- laubt sein, Kritik an den europäischen Institutionen in die Diskussion einzubringen. Als Schlussfolgerung des derzeitigen Versagens Europas neuerlich nationalstaatliche Kleinkrämerei als Lösungsansatz zu propagieren erscheint mir nicht zielführend. Genauso wenig zweckdienlich ist es, die Tatsache zu verkennen, dass unsere globalen Probleme – vom voranschreitenden Klimawandel über die brennende Flüchtlingsthematik bis hin zum gesteigerten Ressourcenverbrauch – nur auf übernationaler Ebene zu lösen sind. Dieser Weg einer gemeinsamen Lösung, so mühsam er ist und so schwer eine Reform des europäischen Modells machbar erscheint, ist weiterhin ohne Alternativen. Es bleibt uns also keine andere Wahl! Das größte Friedensprojekt seit Beginn der Zweiten Republik hat definitiv das Potenzial, auch das größte Nachhaltigkeitsprojekt zu werden. Damit diese große Chance Wirklichkeit werden kann, muss man zuallererst auch an sie glauben. Ich tue das nach wie vor! Österreich ist Meister im Zubetonieren Diese scheinbaren Luxusprobleme können künftig zu realen Versorgungsengpässen führen. Dann nämlich, wenn Boden infolge Versiegelung nicht mehr zur Nahrungsproduktion zur Verfügung steht. Die Landwirtschaft ist Täterin und Opfer dieser Entwicklung. Denn einerseits verursacht sie Probleme wie Erosion und Bodenverdichtung, andererseits werden der Lebensmittelproduktion allein in Österreich täglich ca. 20 ha an Boden weggenommen und für Siedlungsoder Verkehrsflächen verwendet. Dazu UWD-Präsident Franz Maier: „Österreich ist Europameister beim Zubetonieren fruchtbarer Böden. Jahr für Jahr werden doppelt so viele Agrarflächen verbaut wie z. B. in Deutschland. Mit 1,8 m² hat Österreich außerdem die höchste Supermarktfläche pro Kopf, in Italien etwa ist es nur 1 m². Auch bei den Verkehrsflächen sind wir mit über 15 m Straße pro Kopf negativer Spitzenreiter. So kann es mit der Bodenvergeudung nicht weitergehen, denn wir haben weder eine zweite Welt noch ein zweites Österreich.“ Bodenschutz ist Klimaschutz Umdenken ist also vonnöten, denn Lebensgrundlagen wie sauberes Trinkwasser, Luft zum Atmen und Essen auf dem Tisch verdanken wir nicht zuletzt dem Funktionieren des Systems „Boden“. Durch seine Filterwirkung reinigt er Wasser und wirkt bei der Ablagerung zersetzten organischen Materials in Form von Humus als zweitgrößter Kohlenstoffspeicher nach den Ozeanen. Wird Boden nicht nachhaltig bewirt- schaftet, besteht die Gefahr, dass aus einem Speicher eine Quelle für Treibhausgase wird. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, erklärt: „Wir warnen schon seit einiger Zeit vor den katastrophalen Folgen der voranschreitenden Bodenverbauung in Österreich. Wenn wir nicht aufhören, unser schönes Land zuzubetonieren, ist es bald zu spät. Boden ist wertvoller CO2- und Wasserspeicher – fehlt er, beschleunigt das die Erderwärmung und Überschwemmungsschäden nehmen zu. Zudem ist er die Grundlage für die heimische Lebensmittelversorgungssicherheit. Wenn wir weiterhin 0,5 % der Agrarflächen jährlich durch Verbauung zerstören, haben wir in 200 Jahren keine Landwirtschaft mehr und damit keine regionalen Lebensmittel. Das dürfen wir nicht zulassen.“ Wie geht es weiter? International ist der Kampf gegen Bodenverschlechterung in einem der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) verankert. In Österreich plant heuer u. a. das Netzwerk Zukunftsraum Land Aktivitäten für Bodenschutz – und hat dabei starke Partner an seiner Seite. Gemeinsam mit der LK OÖ und der Boden-Wasserschutz-Beratung wird Mitte September ein Fachseminar veranstaltet, welches das Thema ganzheitlich betrachtet und dabei den Schwerpunkt auf Bodenschutz legt. Weiters werden Bewusstseinsbildung für Bodenkohlenstoff, Nährstoffeffizienz – Stichwort Phosphor –, Problematiken wie Erosion und Bodenverdichtung u. v. m. thematisiert. l Liebe BriefträgerInnen! Falls verzogen, bitte mit neuer Anschrift retour an: Umweltdachverband Strozzigasse 10/7-9 1080 Wien fact.um | 2 „Wandel ist nicht linear, braucht Zeit und man muss mit Widerstand rechnen“, lautet eine der Kernaussagen der letztjährigen Welt-Umweltbildungskonferenz in Göteborg. Wir befinden uns generell in einer Zeit des Wandels – gesellschaftlich, politisch und auch ökologisch. Das aktuelle Jahrbuch „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ des FORUM Umweltbildung legt den Schwerpunkt auf ausgewählte Aspekte dieses Wandels, wie etwa informelles Lernen, Obsoleszenz, Medienkompetenz, Leben auf dem Land sowie Integration. Das Jahrbuch liefert auf rund 200 Seiten einen umfangreichen und vielseitigen Mix aus Artikeln, aktuellen Forschungsberichten, Interviews und Reportagen. Prädikat: nachhaltiger Lesestoff! l Foto: © NPKalkalpen/Mayrhofer buch- und broschürentipps Nationalparks reloaded: 2020+ webtipp: www.umweltbildung.at WEITE STEPPEN, Ur- und Auwälder, Kalkgebirge und Gletschereis: Die ökologische Vielfalt unserer Nationalparks ist eindrucksvoll. Eine ambitionierte Strategie soll auch dem organisatorischen Rahmen dieser Naturjuwelen Schliff verleihen. F ür zwei der sechs heimischen Nationalparks ist 2016 ein Jubiläumsjahr: Wir feiern 35 Jahre Hohe Tauern und 20 Jahre Donau-Auen. Doch gibt es für unsere hochrangigen Schutzgebiete insgesamt wirklich Grund zu jubeln? Nach wie vor kommen sie unter Druck, wie dies jüngste Pläne für Wasserkraftwerke, Schigebietserweiterungen oder Infrastrukturprojekte zeigen. Zudem wurden gesetzlich festgelegte Erweiterungspflichten bis dato nicht erfüllt. Naturschutzziele, die ins Auge gefasst wurden, harren der Verwirklichung, Managementpläne der rechtlichen Verbindlichkeit. Ein einheitliches Zonierungssystem ist ausständig. Gründe genug für eine Neuauflage der Nationalpark-Strategie. Die Schwarze Sulm zählt zu den letzten ursprünglichen Gebirgsgewässern Österreichs. Ihr wildes Wasser tobt auch in entlegenen Abschnitten über Katarakte und Kaskaden. Ihre Schluchtwälder sind Kristallisationspunkte des Europaschutzgebietes „Schwarze und Weiße Sulm“ und Teil des europaweiten Natura 2000-Netzwerkes. Die Koralpe, ihr Einzugsgebiet, beherbergt an die 80 Subendemiten und Endemiten, wie etwa die gelb blühende SturzbachGämswurz. Daneben gibt es weitere Besonderheiten, wie den Echten Speik, die Verschiedenblatt-Nabelmiere oder die Widder-Brombeere. Johannes Gepp, Präsident des Naturschutzbund, Landesgruppe Steiermark, und der Geologe Walter Postl haben diesen eindrucksvollen Lebensraum in einem 288 Seiten starken Bildband eingefangen. Das Werk zeigt die Einzigartigkeit und Ursprünglichkeit des Naturjuwels mit seinen mannigfachen Naturschätzen und bietet mit 860 Farbfotos Einblick in die Landschaft, ihre BewohnerInnen, sowie die Tier-, Pflanzen- und Gesteinswelt. l Nationalparks Austria ziehen an einem Strang Die 1. Österreichische Nationalpark-Strategie wurde 2010 mit einem Fünf-Jahres-Horizont verabschiedet. Unter dem Motto „Alle ziehen an einem Strang“ sollten Effizienz und Effektivität in der Zusammenarbeit gesteigert werden. Die in der Strategie skizzierten Zielsetzungen, wie die Etablierung der Dachmarke Nationalparks Austria, wurden u. a. im Projekt „Nationalparks Austria Öffentlichkeitsarbeit“ umgesetzt. Weiters wurde das Management aller Nationalparks einer umfassenden, externen Evaluierung unterzogen. Der Begleitausschuss „Beirat Nationalparks Austria“ hat zudem mehrere zukunftsweisende Positionspapiere beschlossen. Nach fünf Jahren gilt es nun, die 1. Strategie auf den Prüfstand zu stellen und basierend darauf die Zukunft der Nationalparks weiter zu denken. webtipp: www.naturschutzbund- steiermark.at Einheitliche Nationalparkstandards erforderlich Die aktuell in Erarbeitung befindliche NationalparkStrategie 2020+ wird wie ihre Vorgängerin vom BMLFUW, den Ländern, Naturschutz-NGOs und den Nationalparkverwaltungen getragen. Sie soll für die Zukunft der Nationalparks eine klare Richtung vorgeben: Voraussetzung dafür ist die Definition von messbaren Zielen und konkreten Maßnahmen sowie die Festlegung von Indikatoren. Die Evaluierung der Nationalparks zeigte, dass grundlegende und einheitliche Instrumente für die Umsetzung wesentlicher Nationalpark-Zielsetzungen fehlen. Von UWD-Präsident Franz Maier wurde daher im Nationalparks Austria-Beirat eine Bundesrahmengesetzgebung für Nationalparks angeregt, die insbesondere im Nationalparkrecht die Verankerung einheitlicher Standards in unterschiedlichen Managementbereichen erwirken könnte. Rechtliche Verbindlichkeiten festschreiben Wesentlicher Kritikpunkt an den derzeitigen Rahmenbedingungen ist u. a. der Mangel an rechtlicher Verbindlichkeit für zentrale Nationalpark-Schutzinstrumente. Der UWD fordert eine solche insbesondere für die Erstellung von Managementplänen und für die Erreichung von 75 % Prozessschutzflächen. Denn gemäß den internationalen Vorgaben sind 75 % der Nationalparkfläche spätestens 30 Jahre nach Gründung in eine vom Menschen nicht mehr wirtschaftlich genutzte Zone überzuführen. Ein Ziel, welches bis dato nur im Nationalpark Thayatal realisiert wurde. Nationalparkverwaltungen stärken Neben der Stärkung der Stellung der Nationalparkverwaltung als eigenständige Rechtsperson in öffentlichrechtlichen Verfahren, die den Nationalpark und/oder seine Region betreffen, muss die Sicherstellung der Qualität des Nationalparkmanagements ein weiterer Eckpunkt der Nationalpark-Strategie sein. Dies kann nur durch enge Zusammenarbeit der Nationalparkverwaltungen gewährleistet werden. Innerhalb einzelner Nationalparks wären zudem enorme Effizienzpotenziale durch die Zusammenlegung von Verwaltungsstrukturen vorhanden. Außerdem ist es dem UWD ein Anliegen, die länder- und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Nationalparkverwaltungen sowie die Entwicklung bundesländerübergreifender Konzepte in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung, BesucherInnenlenkung, Forschung und Dokumentation in der Strategie 2020+ zu institutionalisieren. Mission zur Vision 2020+ Der zeitliche Horizont der Nationalpark-Strategie 2020+ deckt sich mit jenem der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+. Mit starken Maßnahmen zur Bewahrung der Kostbarkeiten aus Flora und Fauna können auch die Nationalparks einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der Biodiversitätsziele leisten. Variatio delectat! Präziser Feinschliff der neuen Strategie ist gefragt. l webtipp: www.umweltdachverband.at/themen/ naturschutz/nationalparks-und-co aktuelles aus EU-Umweltbüro & CIPRA Österreich No time to waste | Workshop Energieprotokoll M Produkten braucht es außerdem verbindliche Vorgaben. Schlussfolgerungen dazu will die niederländische Präsidentschaft beim Umweltrat im Juni 2016 verabschieden. Foto: Pixabay, CC0 itte Februar wurde im Rahmen der Veranstaltung „No time to waste“ des EU-Umweltbüros und des BMLFUW das neue Kreislaufwirtschaftspaket (Circular Economy Package) der EU-Kommission diskutiert. Ziel der Kommission war ein ambitionierteres Paket, welches den Fokus weg von der reinen Abfallentsorgung stärker hin zur Kreislaufwirtschaft legt. Der Lebenszyklus von Materialien und Produkten soll demnach von der Herstellung über den Gebrauch bis hin zum Recycling und zur Entsorgung abgedeckt werden. Österreich begrüßt das Kreislaufpaket prinzipiell, will es aber verbessern und die Deponierung von Siedlungsabfällen stärker beschränken. Für Wiederverwendung und Recycling von 21. April 2016: Energieprotokoll der Alpenkonvention im Fokus Angesichts des steigenden Energiebedarfs und der ökologischen Sensibilität des Alpenraumes zielt das Energieprotokoll der Alpenkonvention darauf ab, wirtschaftliche Interessen mit ökologischen Erfordernissen in Einklang zu bringen. Das Protokoll enthält Vorschriften zur Einsparung von Energie, zur Rationalisierung ihrer Erzeugung sowie zu Energietransport und -verwendung. Dazu findet am 21. April in Salzburg ein Work- shop der CIPRA Österreich und des Instituts für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Uni Innsbruck in Zusammenarbeit mit der Rechtsservicestelle Alpenkonvention statt. Ziel ist es, die Bedeutung und Anwendbarkeit des Energieprotokolls aus rechtlicher Sicht unter die Lupe zu nehmen. Damit wird in diesem Workshop Neuland betreten, da sich nur wenige verwaltungsbehördliche und gerichtliche Entscheidungen mit diesem internationalen Vertrag auseinandersetzen. Zu den ReferentInnen zählen u. a. Peter Haßlacher, Ewald Galle, Sebastian Schmid, Teresa Weber und Christian Baumgartner. l webtipps: www.eu-umweltbuero.at; www.cipra.at 1/2016 3 | fact.um DIE PARISER KLIMAKONFERENZ übertraf die meisten Erwartungen. Doch egal, ob man sich über das Ergebnis freut oder die zweifellos vorhandenen Mängel kritisiert: Den Worten müssen nun Taten folgen, auch in Österreich. Im Rahmen der 70. UN-Generalversammlung wurden im Herbst 2015 die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) beschlossen. Damit macht die internationale Gemeinschaft deutlich, wie wichtig es ist, entschieden gegen Armut, Ungleichheit, die Zerstörung der Ökosysteme und den Klimawandel vorzugehen und soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit zu fördern. In einer vernetzten Welt müssen Probleme zudem gemeinsam angegangen werden. Die aktuelle Flüchtlingssituation zeigt, was passiert, wenn bei der Lösung globaler Fragen nicht alle an einem Strang ziehen. Die Umsetzung der SDGs ist auch in Österreich eine gesamtstaatliche Aufgabe, die alle Ressorts betrifft, sowohl in der Innenpolitik als auch im auswärtigen politischen Handeln. Bundes- Foto: © UNFCCC/Flickr, CC BY 2.0 195 Länder – ein Ziel! bildung für nachhaltige entwicklung Sustainable Development Goals umsetzen präsident Heinz Fischer führte bei der UN-Generalversammlung selbst die österreichische Delegation an und trat für eine Verabschiedung der SDGs ein. In einem gemeinsamen Schreiben forderten nun 95 NGOs – darunter auch der Umweltdachverband – die Österreichische Bundesregierung auf, sich für die vollständige Umsetzung der 2030 Agenda und ihrer Ziele einzusetzen und diese bestmöglich in der österreichischen und europäischen Politik zu verankern. Als zentralen Schritt hierfür muss die Bundesregierung einen gemeinsamen, umfassenden und ambitionierten Umsetzungsplan erarbeiten und umgehend entsprechende neue Maßnahmen zu setzen. l webtipp: www.globaleverantwortung.at Flagge zeigen mit nachhaltigen Initiativen Z uerst die gute Nachricht: Im Rahmen des Klimagipfels COP21 in Paris haben sich die 195 teilnehmenden Länder auf rechtsverbindliche gemeinsame Ziele zum Einbremsen des Klimawandels geeinigt. Der Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur soll auf „deutlich unter zwei Grad“ gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden, angestrebt werden sogar 1,5 Grad. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sollen die globalen Netto-Treibhausgasemissionen auf Null gesenkt werden. Besonders erfreulich ist es, wie die Einigung zustande gekommen ist. Denn sie basiert auf Zusagen der teilnehmenden Staaten, die zudem schon im Vorfeld der Konferenz nationale Ziele beschlossen hatten. Die schlechte Nachricht: Diese nationalen Zusagen reichen nur für eine Begrenzung der Erderwärmung auf etwa 3 Grad. Sofern sie überhaupt eingehalten werden. Good COP oder bad COP? Paris stellt einen Wendepunkt dar. Bei vorangegangenen Konferenzen hatte die Spaltung zwischen Industrieund Entwicklungsländern eine Einigung noch verhindert, in Frankreich konnte diese überwunden werden. Während die Industriestaaten ihre Verantwortung anerkennen und eine Vorreiterrolle bei der Verringerung des Treibhausgasausstoßes einnehmen wollen, sollen auch Schwellen- und Entwicklungsländer im Rahmen ihrer Möglichkeiten beitragen. Dabei werden sie wiederum von den reicheren Staaten unterstützt: Die schon 2009 in Kopenhagen getroffene Zusage, die am meisten vom Klimawandel betroffenen Staaten von 2020 bis 2025 mit jährlich 100 Milliarden Dollar zu unterstützen, wurde in Paris bestätigt, die Finanzierung allerdings offengelassen. Ebenso wenig findet sich ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus der Verwendung von fossilen Energieträgern und Atomkraft im Abkommen – nur einer von vielen Kritikpunkten. So fehlen Sanktionsmöglichkeiten für Zielverfehlungen einzelner Staaten. Über- haupt ist die erste formelle Überprüfungsrunde der Klimaschutzanstrengungen erst für das Jahr 2023 geplant. Wesentliche Gründe für die Erderwärmung werden im Text nicht klar angesprochen, z. B. der globale Handel, steigende Fleisch- und Palmölproduktion sowie die Luft- und Schifffahrt. Und schließlich werden auch bedenkliche Technologien wie etwa unterirdische Kohlenstoffspeicherung (CCS) als möglicher Beitrag zur Erreichung des Emissionsziels nicht ausgeschlossen. Versprochen ist versprochen Der Vertrag von Paris ist nicht mehr als ein Versprechen. Will man es halten, so müssen den in Le Bourget mit Standing Ovations bedachten Worten Taten folgen. Für Österreich stellt sich die Frage, ob man dabei Vorreiter, Trittbrettfahrer oder Nachzügler sein will. Die aktuelle Treibhausgasinventur des Umweltbundesamtes lässt leichten Optimismus aufkommen: Im Jahr 2014 wurden in Österreich insgesamt 4,7 % weniger Treibhausgase emittiert als im Jahr zuvor, womit man erstmals auch wieder unter der Marke von 1990 lag. Für das Zwischenziel 2030 besteht allerdings noch akuter Handlungsbedarf, immerhin wird das Kyoto-Ziel (-13 % Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990), das bereits Ende 2012 hätte erreicht werden sollen, immer noch deutlich verfehlt. Dementsprechend dringend appelliert Stefan Nohel, Klima- und Energieexperte des Umweltdachverbandes, an die Regierung: „Um wirksame Maßnahmen und einen breiten Konsens über das nachhaltige Vorgehen für eine klimagerechte Zukunft zu erzielen, wird es nicht ausreichen, engagierte unabhängige ExpertInnen und NGOs nur im Rahmen von Konsultationen einzubinden. Denn sonst werden neuerlich kurzfristige wirtschaftliche Interessen dem effektiven Kampf gegen den Klimawandel im Weg stehen.“ l Von Upcycling-Workshops und interkulturellen Straßenfesten über Umwelt Poetry Slams, CSR-Circle und Stakeholderdialoge bis zu BürgerInnenräten: Die Palette der Aktivitäten, Projekte und Veranstaltungen, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, ist bunt und vielfältig. Die Aktionstage Nachhaltigkeit 2016, welche heuer von 25. Mai bis 10. Juni stattfinden, haben das Ziel, all diese Initiativen vor den Vorhang zu holen und dabei die Bandbreite der Aktivitäten im Bereich der nachhaltigen Entwicklung sowie die Gestaltungsmöglichkeiten der österreichischen AkteurInnen auf regionaler sowie Landes- und Bundesebene aufzuzeigen. In diese Aktion eingebettet ist zudem die „Europäische Nachhaltigkeitswoche“, die von 30. Mai bis 5. Juni 2016 veranstaltet wird. Bei beiden Nachhaltigkeitsinitiativen werden NGOs, Unternehmen, Studierende, Vereine, Gemeinden, Privatpersonen und weitere AkteurInnen mit Veranstaltungen, Projekten und Konzepten ihr Engagement sichtbar machen. TrägerInnen der österreichischen Initiative sind die NachhaltigkeitskoordinatorInnen aller Bundesländer sowie das BMLFUW. An den Aktionstagen können alle mitmachen, die sich in Österreich für eine lebenswerte Zukunft engagieren. Mit einem einfachen Interneteintrag werden Aktionen der TeilnehmerInnen für alle Interessierten sichtbar. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ soll damit im Bewusstsein der Gesellschaft gestärkt und der Wert der nachhaltigen Entwicklung für den Erhalt unserer Lebensqualität deutlich gemacht werden. l webtipps: www.nachhaltigesoesterreich.at; www.esdw.eu Wer fürchtet sich vorm Mediendschungel? In unserer multimedialen, vernetzten Welt ist kritischer und kompetenter Umgang mit Informationen und Wissen ein wichtiges Rüstzeug, um zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen. Das zu lernen und zu vermitteln, ist angesichts der Komplexität dieses Themas nicht immer einfach. Die Publikation „Stimmt das? Über den kritischen Umgang mit Informationen und Medien“ des FORUM Umweltbildung zeigt, wie man im medialen Alltag bestehen und lernen kann, mit Informationen und Wissen verantwortungsvoll umzugehen. Das 54 Seiten umfassende Buch spannt den Bogen von Wikipedia über Statistiken bis hin zum Thema Datenschutz. Die kompakten Kapitel behandeln die Wirkung von Informationen und den Umgang mit diesen, die Produktion von Wissen, die Interpretation von Statistiken, die Erstellung von Fragebögen sowie den Schutz von persönlichen Daten und zeigen Widersprüche und Folgen des raschen Anwachsens der Informationsbranche. Geschichten, Informationsboxen und Web-Links sollen jeweils den Zugang und die Vertiefung in die Themengebiete erleichtern. Die Fragen am Ende jedes Kapitels können genutzt werden, um über Inhalte und Geschichten zu reflektieren. Die Publikation richtet sich insbesondere an PädagogInnen und bietet eine Reihe von Umsetzungsvorschlägen und Methoden, die bei der Vermittlung unterstützen sollen. l webtipp: www.umweltbildung.at/ publikationen Sommerakademie: Her mit der Vielfalt! webtipp: www.umweltdachverband.at/cop21 Ackern für starke Biodiversität Foto: © Martha Premm D ie Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft ist eines der Hauptanliegen von „Netzwerk Zukunftsraum Land LE 14-20“. Die Vernetzungsstelle setzt sich deshalb auch insbesondere für die Maßnahme „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“ (UBB) ein. Letztere schreibt im Rahmen des ÖPUL den Erhalt von Landschaftselementen – z. B. Bäume, Büsche, Hecken, Böschungen oder Trockensteinmauern – und die verpflichtende Anlage von Biodiversitätsflächen vor. Ziel ist es, landwirtschaftlich genutzte, ökologisch wertvolle Flächen, die wichtige Refugien für zahlreiche Tiere, wie z. B. Insekten und Bodenbrüter, sowie Pflanzen darstel- len, zu fördern und zu erhalten. Die UBBMaßnahme hat zudem nicht nur positive Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, sondern auch auf wertvolle Ressourcen wie Wasser und Boden sowie auf die Kohlenstoffspeicherung. UBB-Seminare im Mai und Juni Das Netzwerk veranstaltet heuer zwei Fachseminare zu diesem Thema und damit zusammenhängenden Herausforderungen, Funktionen und Erfahrungen mit der UBB-Maßnahme. Während im Mai in Niederösterreich oder dem Burgenland der Fokus auf Ackerflächen gerichtet wird, steht das Juni-Seminar in Tirol im Zeichen von Grünland. l webtipp: www.zukunftsraumland.at Foto: © FORUM Umweltbildung netzwerk zukunftsraum land LE 14-20 Diversität auf ökologischer und sozialer Ebene als Chance wahrnehmen – so lautet das Credo, um tolerantes Miteinander in der Gesellschaft zu ermöglichen und natürliche Vielfalt zu erhalten. Die Sommerakademie des FORUM Umweltbildung wird sich von 22. bis 25. August 2016 im Hotel Schloss Seggau diesem Ansatz widmen und unter dem Motto „Her mit der Vielfalt! Diversität in Natur und Gesellschaft“ tieferen Einblick in die Themen Integration, Inklusion, Migration, Gender, globales und interkulturelles Lernen sowie Biodiversität bieten. Wie können MultiplikatorInnen die Themen dauerhaft in den Lebens- und Schulalltag der jungen Menschen integrieren? Wie können Kinder und Jugendliche bestärkt werden, natürliche Vielfalt zu schüt- zen? Wie können sie ihre Fähigkeiten in einer vielfältigen Gesellschaft einbringen und diese mitgestalten? All diesen Fragen widmen sich praxisorientierte und interaktive Workshops, z. B. zu gewaltfreier Kommunikation, interkulturellem Gärtnern oder Mehrsprachigkeit in der Natur. Daneben stehen Vorträge und ein vielseitiges Rahmenprogramm auf der Tagesordnung. Die Sommerakademie richtet sich an LehrerInnen, Lehramtsstudierende, SchulleiterInnen, Kindergarten- und HortpädagogInnen, PädagogInnen und MultiplikatorInnen aus dem außerschulischen Bildungsbereich und alle Interessierten. Anmeldefrist: 16. Mai 2016. l webtipp: www.umweltbildung.at/ sommerakademie fact.um | 41/2016 Das T steht für „frei“ DAS TROJANISCHE PFERD TTIP wird oft von hinten aufgezäumt. Denn egal, ob sich prognostizierte wirtschaftliche Effekte bewahrheiten oder nicht, die Eckpfeiler des Abkommens stehen nachhaltiger Entwicklung entgegen. kurz & bündig: natur- und umweltnews Umweltschädliche Subventionen abbauen Umweltschädliche Subventionen sind Förderungen bzw. Steuerausnahmen mit negativen Effekten auf Umwelt und Klima. Schon seit Jahren fordert der Umweltdachverband ihren Abbau, zuletzt im Vorfeld des Pariser Klimagipfels. Nun wurden diese Forderungen durch eine im Februar präsentierte Studie des WIFO, die im Auftrag des Klima- und Energiefonds erarbeitet wurde, bestätigt. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Insgesamt entgehen Österreich durch umweltschädliche Subventionen jährlich 3,8 bis 4,7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Alleine die niedrigere Besteuerung von Diesel im Vergleich zu Benzin schlägt mit 640 Millionen Euro jährlich zu Buche. Dazu kommen die Langzeitkosten durch deutlich höhere Umweltbelastungen, die Dieselmotoren bewirken. Immerhin produzieren diese deutlich Viele VerliererInnen, wenige GewinnerInnen Mögliche gesamtwirtschaftliche Effekte von TTIP lassen sich nicht seriös beziffern. Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel bezeichnete entsprechende Berechnungsversuche gar als „Voodoo-Ökonomie“. Gerade für österreichische kleine und mittlere Unternehmen überwiegen die Risiken gegenüber möglichen Chancen, Offene Verhandlungen für freien Handel Ein Problem an TTIP ist auch: Was genau zu erwarten ist, wissen nur wenige Eingeweihte: Ein kleiner Kreis von europäischen und amerikanischen PolitikerInnen, BeamtInnen und LobbyistInnen, die ein Papier entwerfen, das „globale Standards setzt“, an denen sich in Zukunft auch die Länder des globalen Südens orientieren sollen. Dabei wären für ein gerechtes Handelsabkommen transparente Verhandlungen nötig. Damit – auch weltweit gesehen – aus dem Wettbewerb zwischen Wirtschaftsräumen endlich ein echter internationaler Freihandel wird: ein Handel, der zur Freiheit der Menschen beiträgt. l webtipp: www.ttip-stoppen.at Foto: © J. Bramer ansichten Birgit Mair-Markart, Naturschutzbund Österreich, Vorstandsmitglied im Umweltdachverband termine Masterplan für eine ökologische Raumplanung gefragt Schon seit vielen Jahren ist es Thema: Zig Hektar Fläche werden jährlich verbaut und versiegelt. Österreich nimmt dabei europaweit eine traurige Spitzenposition ein: Mit 20 Hektar verlieren wir täglich doppelt so viel Boden wie die Schweiz oder Deutschland. Wir haben die meisten Supermarktflächen und das längste Straßennetz pro Kopf in Europa. Die Folgen des exzessiven Bodenverbrauchs sind dramatisch: Häufige Unwetterschäden, Hochwasserkatastrophen im Siedlungsraum, die Blockade von Wanderkorridoren für Wildtiere, Zerschneidung der Landschaft, Verlust von Auenlandschaften, negative Auswirkungen auf den Tourismus und die Gefährdung der Nahversorgung. Hinzu kommt eine durch planlose Verbauung oft starke Zersiedelung mit hohen Infrastrukturkosten. Also was tun? Einige Länder und Gemeinden versuchen, regulierend einzugreifen, um den Bodenverbrauch hintanzuhalten – oft mit großen Widerständen von Wirtschaft oder finanzkräftigen Einzelinteressen. Dann fehlt den BürgermeisterInnen – laut Gesetz entscheiden sie, welche und wie viele Flächen verbaut oder eben nicht verbaut werden – oft der politische Mut. Und auch die Bundesländer als Aufsichtsbehörden greifen meist nicht ein. Der Flächenverbrauch geht weiter. Es kann also nur gemeinsam gehen: Bund, Länder und Gemeinden sind daher aufgerufen, sich zusammenzusetzen und einen Masterplan zu entwickeln. Einen Masterplan für eine zukunftsfähige, ökologisch orientierte Raumordnung – mit dem Ziel, Flächenverbrauch und Bodenversiegelung zu reduzieren, Zersiedelung zu vermeiden, und Vorzugsflächen für Natur- und Hochwasserschutz auszuweisen. Der Naturschutzbund hat sich übrigens mit den Themen Bodenverbrauch und Raumordnung näher auseinandergesetzt und präsentiert dazu Zahlen, Daten und ExpertInnenbeiträge in der aktuellen Ausgabe seiner Zeitschrift natur&land (Nr. 4-2015). l 21. April 2016 webtipp: www.naturschutzbund.at webtipp: mehr aktuelle Termine auf www.umweltdachverband.at impressum Herausgeber und Medieninhaber: Umweltdachverband, Strozzigasse 10/7-9, 1080 Wien, Tel. +43/1/40113-0, Fax: DW 50 E-Mail: [email protected], www.umweltdachverband.at ZVR-Zahl 255345915 Offenlegung gem § 25 MedienG www.umweltdachverband.at/ueber-uns/wer-wir-sind/vorstand www.umweltdachverband.at/ueber-uns/was-uns-wichtig-ist/unser-leitbild Redaktion und Gestaltung: Sylvia Steinbauer, Katharina Kerschhofer, Manuel Grebenjak Druck: Janetschek GmbH, 3860 Heidenreichstein fact.um richtet sich an EntscheidungsträgerInnen und Interessierte im Natur- und Umweltschutzbereich. Erscheinungsweise: 4 x jährlich. Auflage: 33.000 Exemplare. Erscheinungsort: Wien. Workshop: Das Energieprotokoll der Alpenkonvention infos www.cipra.at Warscheneck: Naturschatz bewahren! Kein Ende abzusehen ist offenbar in der Causa Warscheneck (s. a. fact.um 1/2015): Wider jede Vernunft machte die Seilbahnwirtschaft im vergangenen Jahr weiter Lobbying, um die Skigebiete Hinterstoder-Höss und Wurzeralm zu verbinden. Umweltdachverband, Naturfreunde, Alpenverein und andere Umwelt- und Naturschutzorganisationen sprachen sich gegen das geplante Projekt aus, das u. a. einen massiven Eingriff in das sensible Ökosystem im Naturschutzund Wasserschongebiet Warscheneck bedeutet hätte. Die Proteste zeigten im September 2015 einen ersten Erfolg: LH Pühringer sprach sich gegen das Tunnelprojekt aus. Seit Dezember 2015 machen allerdings Wirtschaftskammer und Tourismus-Verband wieder Stimmung für eine angeblich „naturnahe“ Verbindung Wurzeralm-Vorderstoder und Hinterstoder. Ihr Motto lautet: Der globale Klimawandel würde die Pyhrn-Priel-Region verschonen, geschützte Lebensräume könnten „naturschonend genutzt“ werden. Fakt ist aber: Die völkerrechtlich bindende Alpenkonvention untersagt Eingriffe in alpine Schutzgebiete! UWD-Präsident Franz Maier spricht sich klar für einen alternativen Weg zur Naturzerstörung aus: „Die Region muss ihre Chancen als Natur- und Nationalparkregion nutzen. Und: Die rechtlich verpflichtende Erweiterung des Nationalparks Kalkalpen darf keinesfalls beeinträchtigt werden. Der UWD lehnt einen Zusammenschluss der Schigebiete als unvereinbar mit den Naturschutzfestlegungen kategorisch ab und wird auf die Bewahrung des Naturjuwels weiterhin ein waches Auge haben.“ l webtipp: www.warscheneck.at Wir für Umwelt: Charity Walk folgt Lotterie Die 1. Umwelt-Spendenlotterie Österreichs, die der Umweltdachverband gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen BirdLife, Kuratorium Wald sowie der Zeitschrift ökoenergie und mit großer Unterstützung des Büros der österreichischen Klassenlotterie Prokopp veranstaltet hat, wurde erfolgreich abgeschlossen. Die Ziehung der Gewinnlose fand am 14. Jänner 2016 unter notarieller Aufsicht statt, die Liste wurde offiziell bekanntgegeben. Der UWD bedankt sich herzlich bei allen TeilnehmerInnen, die mit ihrer Spende einen wesentlichen Beitrag zum österreichischen Natur- und Umweltschutz geleistet und maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die an der Wir für Umwelt-Spendenlotterie beteiligten Organisationen ihre wichtigen Projekte vorantreiben können. Schritt um Schritt soll die Fundraising-Offensive des UWD die Naturschutzarbeit auch weiterhin begleiten – und zwar mit dem zweitägigen „Charity Walk 2016“, der am 1. & 2. Oktober auf dem Programm steht. Die abwechslungsreiche, teilweise geführte Wanderung soll NaturliebhaberInnen, Sportbegeisterte und Familien von den Donau-Auen bis zum Neusiedler See führen, ein vielseitiges Naturvermittlungs- und Unterhaltungsprogramm bieten und den Spendentopf weiter füllen. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. l webtipp: www.wirfuerumwelt.at 14.-22. Mai 2016 vielfaltleben: Woche der Artenvielfalt infos www.naturschutzbund.at 21. Mai 2016 Jahreshauptversammlung der ABA infos www.austrianbiologist.at 9.-10. Juni 2016 Österr. Forsttagung und Tagung der ARGE Alpenländische Forstvereine infos www.forstverein.at 14. Juni 2016 Bioenergie und Umweltschutz infos www.biomasseverband.at 15. Juni 2016 Tag des Windes infos www.tagdeswindes.at Start: 3. Oktober 2016 MSc-Lehrgang Management & Umwelt infos www.uma.or.at 13. Oktober 2016 Österreichische PVA-Speichertagung infos www.pvaustria.at gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens Druckerei Janetschek GmbH, UW-Nr. 637 Ein Teil unserer Arbeit wird vom BMLFUW unterstützt. webtipp: www.umweltdachverband.at/ umweltschaedliche-subventionen Der Umweltdachverband ist ausgezeichnet mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Bildungseinrichtungen. Print kompensiert Id-Nr. 1652868 www.druckmedien.at Letzter Aufruf für Netzwerk Natura 2000 Die österreichische Natura 2000-Schutzgebietskulisse ist immer noch nicht vollständig – zahlreiche Nachnominierungserfordernisse wurden bis dato trotz wiederholter Aufforderung nicht erfüllt. Aus Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Tirol, Vorarlberg, der Steiermark und Wien wurden in den vergangenen Monaten zwar neue Gebiete an die Europäische Kommission gemeldet, allerdings blieben wesentliche Forderungen unerfüllt. Dazu zählen u. a. das Fimbatal am Piz Val Gronda in Tirol, aber auch die Bergmähwiesen in Unken (Salzburg) oder neue Schutzgebiete für Waldlebensräume in der Steiermark und in Kärnten. Auch für einige wertvolle Arten sind nach wie vor Gebietsmeldungen ausständig: Für den Blauschillernden Feuerfalter (Lycaena helle) müssen zum Beispiel noch dringend Schutzgebiete in der Steiermark und in Niederösterreich genannt werden. All diese Forderungen müssen ehestmöglich erfüllt werden, ansonsten ist zu erwarten, dass das Vertragsverletzungsverfahren der Europäi- SPENDEN-KONTO Foto: © ÖAV S eit 2013 verhandeln EU und USA über das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Dessen offizielles Ziel ist die Schaffung von Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen durch den Abbau von Handelshemmnissen zwischen den zwei Wirtschaftsräumen. Die (ohnehin geringen) Zölle sollen fallen und Produktstandards aneinander angeglichen werden, was sowohl UnternehmerInnen Vorteile als auch EndverbraucherInnen niedrigere Preise bringen soll. Doch von Anfang an sorgte die Intransparenz der Verhandlungen für viel Kritik, positive gesamtwirtschaftliche Effekte sind mehr als fraglich und die Verwässerung von Umweltund VerbraucherInnenschutzstandards ist zu befürchten. Selbst wenn sich die schlimmsten Szenarien samt privaten Schiedsgerichten, Gentechnik und privatisierten öffentlichen Dienstleistungen nicht bewahrheiten sollten. Systemwandel statt Wachstum Ständiges Wirtschaftswachstum und steigender interkontinentaler Warenverkehr können keine ernsthafte Option sein, wenn man mittel- und langfristig globale Ziele wie die Sustainable Development Goals oder die im Rahmen des Pariser Klimagipfels beschlossene Eindämmung der Erderwärmung erreichen will. Dafür ist es vielmehr nötig, lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, neue Ansätze wie etwa die Kreislaufwirtschaft zu forcieren und ein Wirtschaftssystem zu schaffen, das nicht von konstantem Wachstum abhängig ist. Ein solcher Systemwandel wird mit neuen (Un)Freihandelsabkommen nicht erreicht werden, denn sie nützen vor allem jenen, die wesentlich zur globalen Ungleichheit beitragen: internationalen Großkonzernen. Zudem stünde diesen durch die diskutierte Einrichtung von InvestorInnenschutzklauseln (ISDS) ein weiteres Instrument zur Durchsetzung ihrer Interessen zur Verfügung. Foto: © Leitgeb Foto: © Daniel Snelson/Flickr, CC BY-NC 2.0 wie eine aktuelle Studie von Attac Österreich zeigt. Stattdessen sind eine Erhöhung des Anteils von Konzernen an den Gesamtprofiten und negative Auswirkungen auf Umwelt- und Sozialstandards zu befürchten. Zwar ist es ein Mythos, dass US-Standards durchwegs niedriger seien als europäische, bei sogenannten „Harmonisierungen“ erfolgt aber in der Regel eine Orientierung hin zum jeweils niedrigeren Standard. mehr Schadstoffe als ihre Benzin-Pendants. Weitere Beispiele für veraltete, unsoziale und ökologisch schädliche Steuerausnahmen sind die Mineralölsteuerbefreiung für Kerosin, die in dieser Form untragbare Pendlerpauschale sowie die Energieabgabenvergütung für energieintensive Industrie. Mit ihrer Abschaffung bzw. Umgestaltung ist die Politik nun gefordert, sinnvolle Lenkungseffekte in Richtung niedrigeren Energieverbrauchs und Förderung erneuerbarer Energieträger in Gang zu setzen. Eines ist in Zeiten von Klimawandel und wachsender sozialer Ungleichheit nämlich sicher: Es gibt keine Alternative zur Gestaltung eines neuen, gerechteren und ökologischen Steuersystems! l schen Kommission in die nächste Stufe geführt wird. Dabei handelt es sich um die „Begründete Stellungnahme“ mit Fristsetzung zur Änderung des Verhaltens. Darauffolgend könnte als nächster Schritt bereits eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht werden, die bei einer Verurteilung mit hohen Strafzahlungen für Österreich enden könnte. Unzureichender Naturschutz kann teuer zu stehen kommen! l webtipp: www.umweltdachverband.at/ themen/naturschutz/natura-2000 Bitte unterstützen Sie uns auch finanziell! Unser Konto: RLB NÖ-Wien, IBAN: AT10 3200 0000 0046 8413 Vielen Dank!
© Copyright 2024 ExpyDoc