Zwei Projekte für ein besseres Klima - Migros

66 | MM29, 13.7.2015 | MIGROS-WELT
Ausbildung
Zwei
Projekte
für ein
besseres
Klima
Sie haben ein Sparventil und eine Mitfahrbörse
entwickelt. Dafür erhielten zwei Migros-Lernende am
Myclimate-Wettbewerb eine Auszeichnung.
Text: Marc Bodmer
D
Bilder: Pierre-Yves Massot, Mara Truog
as Surren der Rührwerke und
der Duft von Backwaren erfüllen
den zweiten Stock der JowaBäckerei in Volketswil, nahe bei
Zürich. Hier, wo Kuchen, Toastbrote und
Apérogebäck hergestellt werden, ist das
Reich von Arash Kazemitazehkand (20).
Der Lehrling im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Polymechaniker EFZ kümmert
sich um den Unterhalt der Maschinen und
Fertigungsanlagen. Der gebürtige Iraner
hat immer ein Lächeln auf den Lippen.
Besonders, wenn er von seinem Projekt erzählt, das er zusammen mit seinem Kollegen
Joel Decarli am Berufsbildungszentrum
Dietikon ZH ausgearbeitet hat: einem Sparventil, das den Druckluftverbrauch senkt.
Während sich Joel auf die administrativen
Aufgaben konzentrierte, machte sich Arash
an die Organisation und Umsetzung ihrer
Idee. Diese entstand im Gespräch mit Hans
Mit einer Mitfahrbörse
will Maria Machado Marmier
den chronisch überfüllten
Micarna-Parkplatz entlasten.
Schatz, dem Veranwortlichen für Energie
bei der Jowa. «Herr Schatz erklärte mir,
dass in der Bäckerei bei der Verwendung
von Druckluft ein grosses Sparpotenzial
vorhanden ist», sagt Arash. «Es ist die teuerste Energie, die im Betrieb zum Einsatz
kommt.» Luft ist gratis, möchte man meinen.
Aber deren Aufbereitung, Filterung und
das Komprimieren sind kostenintensiv.
Und Druckluft wird in der Jowa praktisch bei
jeder Produktionsstrecke angewendet.
Bei der Anlage, die Blätterteigböden produziert und anschliessend verpackt, wurde
das vom passionierten Kampfsportler entwickelte Sparverfahren erstmals eingesetzt.
«Die Hauptdruckluftleitung verläuft zuerst
durch ein Ventil und dann von dort zum
Verteiler», erklärt der Lernende. «Wird die
Anlage ausgeschaltet, riegelt das Ventil ab,
und es fliesst keine Druckluft nach.» Allein an
dieser vergleichsweise kleinen Anlage kön-
nen so über 3000 Franken im Jahr gespart
und der Energieverbrauch gesenkt werden.
Ein Erfolg also. Ob weitere Anlagen der Jowa
mit diesem Sparventil ausgerüstet werden,
wird zurzeit abgeklärt. Sicher ist schon heute,
dass Arash Kazemitazehkand zusammen
mit Joel Decarli aus 104 beim Wettbewerb
von Myclimate Klimawerkstatt eingereichten
Projekten in der Sparte Energie den 1. Preis
gewonnen hat.
Weniger Autos, saubere Luft
Das Projekt in der Jowa Volketswil ist nicht
die einzige preisgekrönte Myclimate-Arbeit
eines Migros-Lernenden. Den ausgezeichneten 2. Platz in der Kategorie Planung belegte
das Projekt «M-Covoiturage» von Maria
Machado Marmier, lernender Lebensmitteltechnologin EFZ bei der Micarna in Courtepin FR. Die gebürtige Venezolanerin liebt
die Vielseitigkeit ihrer Ausbildung: «Es ist
MIGROS-WELT | MM29, 13.7.2015 | 67
Interview
«Schnell
Verantwortung
übernehmen»
Hans-Rudolf Castell
ist Leiter Human
Resources Management
der Migros-Gruppe.
Arash Kazemitazehkand
arbeitet am Ventil, das
den Druckluftverbrauch
der Jowa-Maschine senkt.
spannend, ein Produkt von der Anlieferung
über die Verarbeitung bis zu Verpackung und
Versand zu begleiten», sagt sie. Ein Thema,
das sie bei der Micarna stets beschäftigt, ist
die Frage der Nachhaltigkeit.
Als an der Berufsbildungsschule die Ausarbeitung eines Nachhaltigkeitsprojekts
anstand, entschied sich Machado Marmier
für das, wie sie sagt, komplexeste Thema:
die Konzeption einer Mitfahrbörse für die
Mitarbeitenden der Micarna. «Oft gibt es zu
wenige Parkplätze, und viele Mitarbeitende
fahren allein zur Arbeit», stellte sie fest.
Die passionierte Wandrerin klärte ab, welche alternative Mobilitätslösung erforderlich ist. «Die Krux ist es, Chauffeure und
Passagiere zusammenzuführen», sagt sie.
Um ihre Idee vorwärtszutreiben und sie
als valable Ergänzung zu den bestehenden
Transportmöglichkeiten vom Auto übers
Velo zu den öffentlichen Verkehrsmitteln
ins Rennen zu schicken, wandte sie sich an
die Firma E-Carpooling, die schon ähnliche
Projekte realisierte. «Meine Aufgabe
bestand zur Hauptsache darin, eine auf
die Bedürfnisse von Micarna zugeschnittene
Lösung zu finden», sagt Maria Machado
Marmier. Das ist ihr offensichtlich gelungen,
denn das Fazit der Jury lautete: «Wir waren
beeindruckt zu sehen, wie gut alle verschiedenen Schritte im Projekt geplant und
beschrieben wurden.»
So gross ihre Freude über den 2. Platz
beim Myclimate-Wettbewerb ist, weist die
dynamische Frau, die sich in ihrer Freizeit
auch für die freiwillige Feuerwehr ins Zeug
legt, kollegial auf weitere Teilnehmer hin:
«Mit insgesamt fünf teilnehmenden Projektteams wurde die Micarna-Gruppe zum
Unternehmen mit den meisten eingereichten Projekten an der diesjährigen Ausgabe
der Klimawerkstatt gekürt.» MM
Hans-Rudolf Castell, wie
viele Lernende arbeiten bei
der Migros?
Als grösster Lehrstellenanbieter der Schweiz beschäftigt
die Migros 3650 Lernende.
Jährlich bieten wir rund 1200
neue Lehrstellen an.
Und wie sieht es mit den
Abschlüssen aus?
Bei der Lehrabschlussprüfung haben wir eine
Superquote von 97 bis
98 Prozent. Bei uns können
50 verschiedene Berufe
erlernt werden. Auf unserer
Website New-talents.ch
kann man sich einen
Überblick verschaffen und
seinen Wünschen entsprechend nach Lehrstellen
suchen.
Die ausgezeichneten
Migros-Lernenden haben
Eigeninitiative bewiesen.
Wie hat diese Platz in der
Ausbildung?
Es gehört zur Ausbildung,
dass unsere Lernenden
möglichst schnell Verantwortung übernehmen. In den
zwei bis vier Jahren ihrer
Ausbildung haben sie immer
wieder Möglichkeiten, um
ihre Ideen einzubringen. MM