Rekord: Solarzelle erreicht 22 Prozent Wirkungsgrad

Eine Mitarbeiterin überwacht die Solarzellenproduktion bei Solarworld.
Die im Projekt HELENE gefertigten Solarzellen werden industriell
hergestellt.
© Solarworld AG
Hochleistungs-Solarzelle
09.02.2016
Rekord: Solarzelle erreicht 22 Prozent Wirkungsgrad
Derzeit werden etwa 85 Prozent der
Siliziumsolarzellen nach dem Al-BSF-Konzept
(oben) gefertigt. Die Zellrückseite ist vollflächig
mit Aluminium metallisiert. Beim Aufbau der
PERC-Solarzelle (unten) ist zu sehen, dass die
Rückseitenpassivierung punktuell von den
Kontakten unterbrochen ist. Rekord: Die im
Projekt HELENE entwickelte neue
Solarzellen-Generation erreicht so einen
Wirkungsgrad von 22 Prozent.
© Solarworld AG
Photovoltaik-Forscher präsentierten vergangene Woche die
Zwischenergebnisse ihres Projekts HELENE. Die Forscher erzielten einen
neuen Wirkungsgrad-Rekord von 22 Prozent für industrielle
monokristalline PERC-Solarzellen (Passivated Emitter and Rear Cell). Sie
haben damit ihren im Juli 2015 erreichten Rekord von 21,7 Prozent noch
einmal überboten. Die neu entwickelte Solarmodul-Technologie soll
möglichst schnell in die industrielle Produktion überführt werden. Ziel ist –
durch höhere Wirkungsgrade und günstigere Herstellungskosten –
Photovoltaikstrom billiger erzeugen zu können.
Das Konsortium des Verbundprojekts HELENE stellte seine
Zwischenergebnisse beim ersten Statuskolloquium der Initiative F&E für
Photovoltaik am 3. Februar 2016 in Berlin vor. Ziel des
Forschungsvorhabens HELENE ist es, hocheffiziente und kostengünstige
PERx-Solarzellen zu entwickeln. Diese hocheffizienten Solarzellen auf
Basis kristalliner p-Typ-Siliziumwafer fertigte Solarworld auf Basis industrieller Produktionsprozesse. Dadurch
lässt sich das Herstellungsverfahren relativ schnell in die Massenfertigung überführen. Für dieses Jahr ist
geplant, die Produktion für 60-Zellen-Solarmodule mit 300 Watt kontinuierlich zu erhöhen, um das
Hochleistungsmodul-Segment nach und nach zu bedienen.
Weitere Wirkungsgradsteigerungen im Visier
Bis zum Projektende im September 2017 wollen die Entwickler den Wirkungsgrad monokristalliner Solarzellen auf
22,5 Prozent, den multikristalliner Zellen auf 19,5 Prozent steigern. Zur Herstellung dieser Solarzellen-Prototypen
nutzen sie die sogenannte PERC-Technologie, p-typ-Solarwafer mit industriellem Format (156 x 156 mm²) sowie
industrierelevante Produkt- und Prozesstechnologien. „Mit dem Wirkungsgrad von 22 Prozent haben wir jetzt ein
wichtiges Zwischenziel erreicht, doch bis Ende 2017 wollen wir die Marke von 22,5 Prozent knacken“, sagt Dr.
Phedon Palinginis, Koordinator des Forschungsverbundes HELENE und Leiter der
Solarzellen-Entwicklungsgruppe bei SolarWorld, und fügt hinzu: „Die im Projekt angestrebten Ziele entsprechen
einer Leistungssteigerung von 10 bis 15 Prozent, verglichen mit den Solarzellenwirkungsgraden, die 2013 Stand
Phedon Palinginis, Koordinator des Forschungsverbundes HELENE und Leiter der
Solarzellen-Entwicklungsgruppe bei SolarWorld, und fügt hinzu: „Die im Projekt angestrebten Ziele entsprechen
einer Leistungssteigerung von 10 bis 15 Prozent, verglichen mit den Solarzellenwirkungsgraden, die 2013 Stand
der Technik waren, als das Projekt beantragt wurde.“
Gutes Material und fünf Busbars bringen Rekordleistung
Zur Halbzeit des Projekts bestätigte das Prüflabor CalLab am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
den Wirkungsgrad von 22 Prozent der im Solarzellen-Technikum der Solarworld Innovations gefertigten Zellen.
Wie dies erreicht wurde, beschreibt Koordinator Palinginis: „Technologische Schlüssel zur Erreichung dieses
Zwischenziels sind neben der sehr guten Rückseitenpassivierung des PERC-Konzepts eine gute Materialqualität
des monokristallinen p-type-Substrats, ein hocheffizienter, rekombinationsarmer Emitter sowie einem
Vorderseiten-Layout mit fünf Busbars, also Strom-Sammelschienen, anstelle der derzeit noch industriell üblichen
drei Busbars.“
Vorteile und Funktionsprinzip PERC-Technologie
Die Vorteile der PERC-Technologie im Vergleich zur Aluminium-Back-Surface-Field-(Al-BSF)-Technologie liegen
in einer Verbesserung der Solarzellen-Rückseite. Die AL-BSF-Zelle ist vollflächig mit Aluminium metallisiert,
dadurch bleibt der Wirkungsgrad dieser Zellen auf unter 19,5 Prozent begrenzt. PERC-Zellen haben ein höheres
Leistungspotenzial, bei ihnen erfolgt die Kontaktierung nur lokal mit einem Flächenanteil von weniger als 10
Prozent. Die nicht kontaktierten Bereiche werden dabei durch ein dielektrisches Schichtsystem deutlich besser
passiviert als durch das sogenannte Aluminium-Back-Surface-Field in einer Al-BSF-Solarzelle. Die
Ladungsträger-Rekombination auf der Solarzellen-Rückseite wird reduziert, das führt zu deutlich höheren
Leerlaufspannungen. Des Weiteren ist die Reflexion auf der PERC-Solarzellen-Rückseite (Grafik links unten),
das heißt an der Grenzfläche vom Si-Wafer zur dielektrischen Passivierung, deutlich erhöht: Das bewirkt eine
Steigerung des Kurzschluss-Stroms. Mit dem PERC-Konzept lassen sich mit weiteren Verbesserungen im
Substrat sowie im vorderseitigen Emitter deutlich höhere Leistungssteigerungen als bei einer Zelle mit einem
Al-BSF erreichen (Grafik links oben).
Erste Gehversuche mit der neuen Technologie
Schritt für Schritt fließen die Projektergebnisse – dank der Zusammenarbeit mit den produzierenden
Schwesterunternehmen innerhalb von Solarworld – in die Praxis ein. Um die angepeilten
Solarzellenwirkungsgrade zu erreichen, müssen bis zum Projektende noch weitere Technologie-Bausteine
entwickelt werden. Damit sich das Potenzial der PERC-Solarzellen-Technologie auch auf multikristallinem
Material weitestgehend entfalten kann, muss die Volumenlebensdauer der angeregten Ladungsträger gesteigert
werden. Dies ermöglichen Prozess-Schritte wie eine Wasserstoff-Passivierung der Volumen- beziehungsweise
Materialdefekte.
Erste Hersteller haben bereits damit begonnen, ihre Fertigung auf die effizienteren PERC-Zellen umzustellen;
bereits 2012 überführte Solarworld die PERC-Technologie in die Massenfertigung. Neben der Weiterentwicklung
des klassischen, monofazialen Solarzellen-Typs wurde im Projekt außerdem eine bifaziale PERC-Solarzelle
entwickelt, die auf Vorder- und Rückseite Licht nutzt; eingebettet in ein bifaziales Glas-Glas-Modul kann der
Energieertrag im Vergleich zu einem monofazialen Standard-Modul um bis zu 25 Prozent gesteigert werden. Das
geschieht über den Lichteinfang auf der Solarzellen-Rückseite, je nach Lichtstreuverhalten des
Modul-Hintergrunds. Auch dieses Produkt wird derzeit in kleinen Mengen in die Produktion überführt, um das
sogenannte Markt-Response auszutesten.
Förderung
Das Verbundprojekt HELENE wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der
Initiative F&E für Photovoltaik gefördert. Gemeinsam arbeiten die drei Unternehmen Solarworld Innovations,
Heraeus Deutschland, Centrotherm, die drei Forschungsinstitute Fraunhofer ISE, Fraunhofer CSP, Institut für
Solarenergieforschung Hameln sowie die Universität Konstanz daran, die für die Fertigung der PERC-Solarzellen
notwendigen Produktionstechnologien, Materialsysteme, Prozesse und Prozess-Sequenzen zu entwickeln und
führen diese im Zuge des Projekts im Solarzellen-Technikum der Solarworld Innovations zusammen.
(gh)