Position zum Thema „Studienzeiten im Praktischen Jahr“ Das Praktische Jahr (PJ) wird im Rahmen des Medizinstudiums absolviert und dient in erster Linie der Ausbildung am Krankenbett sowie dem Erlernen von praktischen Fähigkeiten. Während dieser Zeit sind die Studierenden in den medizinischen Alltag der Universitätskliniken und Lehrkrankenhäuser eingebunden und arbeiten auf den Stationen als Vollzeitkräfte. Dabei sollte aber nicht aus dem Blick geraten, dass auch das PJ Teil der ärztlichen Ausbildung ist. Von daher ist es unbedingt erforderlich, einen angemessenen Teil der Arbeitszeit für die strukturierte Ausbildung der Studierenden zu verwenden. Die Medizinstudierenden des Hartmannbundes fordern daher, dass mindestens 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit an den Universitätskliniken und akademischen Lehrkrankenhäusern als Studienzeiten gewährt werden sollten. Rückblick und aktuelle Situation Für Studienzeiten bzw. Studientage im PJ gab und gibt es in der Approbationsordnung für Ärzte keine Regelung. Unabhängig davon haben die Universitäten ihren Studierenden im PJ die Möglichkeit eingeräumt, während bestimmter Zeiten bzw. an Studientagen das im PJ Erlernte zu vertiefen und sich auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Diese individuelle Regelung wurde von vielen Universitäten im Zuge der Veränderung der Approbationsordnung im Jahr 2012 und der damit einhergehenden Splittung des „Hammerexamens“ größtenteils abgeschafft. An vielen Universitäten sind Studienzeiten seitdem nicht mehr Teil der ärztlichen Ausbildung im PJ. Begründet wird dieser Wegfall oft mit der ebenfalls 2012 in der Approbationsordnung vorgenommenen Erhöhung der Fehlzeiten von 20 auf 30 Tage, die über das gesamte PJ zu verteilen sind. Diese können von den Studierenden für Studienzeiten genutzt werden. Problem: Die Fehltage müssen gleichzeitig auch für freie Tage oder bei Krankheit genommen werden. Diese Regelung zwingt die Studierenden dazu, im Falle einer belastenden Krankheit entweder auf Erholungszeit zu verzichten oder erkrankt am Ausbildungsort zu erscheinen. Letzteres gefährdet nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern stellt unter Umständen auch eine Ansteckungsgefahr für den Patienten dar. Noch dazu wird die Regelung – obwohl in der Approbationsordnung festgehalten – nur äußerst inhomogen umgesetzt. Ursprünglich dienten die Studienzeiten der Vor- und Nachbereitung der im PJ kennengelernten Krankheitsbilder, zur Examensvorbereitung und für erste Einblicke in ärztliche Fortbildungsmaßnahmen. Solange Studierende das „Hammerexamen“ ablegen mussten, wurden während des PJ Studienzeiten gestattet. Klinik- und standortabhängig wurde ein ganzer Tag bzw. über die Woche verteilt mehrere Stunden für das Selbststudium reserviert, zum Teil konnten diese Studientage auch kumuliert werden. Aber wie bereits Seite 2 von 3 erwähnt, handelte es sich hierbei um individuelle Angebote der Universitäten – in der Approbationsordnung fanden und finden die Studientage bis dato keine Erwähnung. Bis heute gibt es Universitäten bzw. auch Universitätskliniken und akademische Lehrkrankenhäuser, die Studienzeiten möglich machen, zum Beispiel durch die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, klinischen Konferenzen, Kolloquien oder Seminaren sowie durch das Angebot eines Selbststudiums. Das hat zur Folge, dass die Ausgestaltung der ärztlichen Ausbildung im PJ bundesweit stark variiert. Hier einige Beispiele, wo Studienzeiten angeboten werden: Bochum: ein halber Studientag pro Woche; eine Kumulation ist nicht möglich Dresden: ein Studientag pro Woche; eine Kumulation ist möglich Jena: ein wöchentlicher Studientag bzw. zwei Nachmittage pro Woche können zum Selbststudium genommen werden Würzburg: 15 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit können für das Literaturstudium oder für Unterrichtsveranstaltungen genutzt werden Uniklinik Hamburg: alle 14 Tage wird eine Fortbildungsvorlesung angeboten Unter anderem an den Universitätskliniken in Aachen, Göttingen, Greifswald und Hannover sind derzeit keine Studientage vorgesehen. An den akademischen Lehrkrankenhäusern dieser Standorte sieht die Situation mitunter anders aus. Zurzeit variiert die Ausgestaltung der PJ-Ausbildung bundesweit sehr stark: Studienzeiten werden je nach Ermessen der Universitätsklinik oder des akademischen Lehrkrankenhauses in unterschiedlichem Umfang und Modus gewährt, zum großen Teil entfallen sie aber auch gänzlich. Eine einheitliche Regelung erscheint deshalb sinnvoll und notwendig. Aktuelle Umfrage HB/bvmd zum Thema In einer Ende 2015 durchgeführten gemeinsamen Umfrage haben die Medizinstudierenden im Hartmannbund und die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland versucht herauszufinden, wie die Studierenden die aktuelle Situation im PJ einschätzen. Die Unzufriedenheit der Studierenden mit der Fehltageregelung ist auch hier deutlich geworden: 76 Prozent der Umfrageteilnehmer haben sich gegen die momentane Handhabung der Fehlzeiten ausgesprochen. Ohnehin wurde die Regelung bei 54 Prozent der betroffenen Befragten nur inkonsequent durchgesetzt. Im Gegensatz zu den formalen Aspekten des PJ, die in aller Ausführlichkeit in der ärztlichen Approbationsordnung geregelt sind, gibt es keine bindende Regelung bezüglich der Lehre in diesem letzten Ausbildungsabschnitt. Infolgedessen sind die Lehr- und Lernzeiten im PJ bundesweit sehr unterschiedlich umgesetzt. Insgesamt erhalten laut Umfrage 60 Prozent der Teilnehmer zwei Stunden PJ-Unterricht oder weniger pro Woche. Dabei wünschen sich 91 Prozent der Studierenden mehr als zwei Stunden Unterrichtszeit pro Woche, ein gutes Drittel favorisiert sogar bis zu acht Stunden in der Woche. Ein ähnliches Bild ergibt sich bezüglich Seite 2 von 3 Seite 3 von 3 der zur Verfügung stehenden Zeit zum Eigenstudium im PJ. Eigentlich dazu da, selbstständig Lerninhalte zu rekapitulieren und sich der vertiefenden Beschäftigung mit Krankheitsfällen zu widmen, verfügen aktuell über die Hälfte der Studierenden über keinerlei Zeit zum Eigenstudium im PJ. 78 Prozent der Teilnehmer würden hingegen bis zu acht Stunden oder mehr Eigenstudium pro Woche befürworten. 24 Prozent der Befragten gaben an, dass sich Ärztinnen und Ärzte im Krankenhausbetrieb vier Stunden Zeit pro Woche für die Studierenden nehmen. Für 47 Prozent der Umfrageteilnehmer werde sich zwei Stunden pro Woche Zeit genommen, in 14 Prozent der Fälle nähmen sich die Ärztinnen und Ärzte gar keine Zeit für die Studierenden. Forderungen der Medizinstudierenden im Hartmannbund Laut § 2 Abs. 3 der Approbationsordnung für Ärzte ist die Praktikumszeit nach dem ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung mit „einem Anteil von mindestens 20 Prozent durch theoretische Unterweisungen in Seminaren zu begleiten“. Eben dieser festgelegte Anteil sollte auch im PJ gelten, aber auf Grund von unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort flexibel gehandhabt und gestaltet werden. Vorstellbar sind Seminare speziell für PJStudierende, aber auch die Teilnahme an Veranstaltungen wie interdisziplinäre Konferenzen und Kolloquien, klinisch-pathologische und pharmakotherapeutische Besprechungen sowie autodidaktisches Literaturstudium. Die Medizinstudierenden im Hartmannbund fordern: Einführung einer bundesweit einheitlichen Regelung – 20 Prozent der wöchentlichen Ausbildungszeit im PJ sollen zum freien Eigenstudium zur Verfügung stehen. Darüber hinaus soll es ein Mindestmaß an strukturiertem Unterricht im PJ von mindestens vier Stunden pro Woche geben. Krankheitsbedingtes Fernbleiben vom PJ-Ausbildungsplatz darf nicht auf das Fehltage-Kontingent angerechnet werden. Veröffentlicht am: 27. Januar 2016 Seite 3 von 3
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