Durch Tanz Vertrauen schaffen

Durch Tanz Vertrauen schaffen
AkzepTanz-Company lud Flüchtlinge im Röttgershof zum Probetraining ein
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MARL. Neugierig beobachtete der 17-jährige Hassan
am Samstag das Treiben
auf der Wiese des Röttgershofs: Eine Gruppe von
großen, kleinen, jungen
und älteren Tänzern bewegte sich rhythmisch zu
afrikanischen Trommelklängen.
Irgendwann
fragte Hassan, ob er mitmachen
könnte.
Und
schon war er mittendrin
im Probetraining für das
neue Tanzprojekt „Welcome Dance“ der AkzepTanz-Company.
Bei den meisten Bewohnern
des Röttgershofs sorgte die
Aktion allerdings eher für
Verwunderung. Zwar schauten immer wieder einige
beim Training vorbei, wirklich mittanzen wollte zunächst aber kaum jemand.
Schließlich überwog bei Einzelnen aber doch die Lust,
sich zu bewegen und mitzumachen. Dabei zeigten sich
richtige Talente: Hassans
Breakdance-Künste
kamen
zum Beispiel so gut an, dass
sie direkt in die bereits bestehende Choreografie der Tänzer aufgenommen wurden.
Für den Serben, der mit seiner Familie seit zwei Monaten im Röttgershof lebt, war
das ein tolles Erlebnis: Schon
früher hatte er gerne Breakdance-Figuren
ausprobiert.
Jetzt war das Training für ihn
willkommene Abwechslung.
So wie ihm ging es allen
Teilnehmern.
Sie
hatten
nicht nur großen Spaß, sondern konnten sich für einige
Stunden beschäftigen und
ein bisschen von ihren Problemen und Sorgen ablenken.
Bei der Zusammenarbeit
von Tänzern und Flüchtlingen treffen verschiedene Kulturen und Sprachen aufeinander. Ein Problem ist das allerdings überhaupt nicht.
„Die Sprachbarriere ist keine
Ausrede. Hier beim Tanzen
Tanzen verbindet über Kulturen hinweg. Mitglieder der AkzepTanz Company luden im Röttgershof Flüchtlinge ein, beim
„Welcome-Dance“ mitzumachen. Jetzt soll ein Stück mit persönlichen Geschichten entstehen, das am 4. November im
—FOTO: JULIA HEIMLICH
Theater aufgeführt wird.
können wir uns auch ohne
viele Worte verstehen“, erzählte Mohan Thomas, Leiter
der AkzepTanz-Company.
Die Gruppe arbeitet zum
ersten Mal mit Flüchtlingen
zusammen. Die Idee kam Mohan Thomas, als er von einem ähnlichen Projekt einer
Kollegin in Duisburg hörte.
„Natürlich ist Integration
hier ein sehr wichtiges Stichwort“, so Mohan Thomas.
„Die Flüchtlinge brauchen eine Perspektive und müssen
aufgefangen werden.“ Dafür
braucht man aber vor allem
eins: Vertrauen. „Wir wollen,
dass die Tänzer sich untereinander so sehr vertrauen, dass
sie ihre persönlichen Geschichten in den Tanz einar-
beiten können.“ Manchmal
entstehen daraus echte Verbindungen. „Es wäre toll,
wenn sich aus der Zusammenarbeit neue Netzwerke
zwischen den Tänzern ergeben, egal, woher sie kommen.
Auf diese Weise könnten
Grenzen abgebaut werden.“
Gemeinsam
ein Stück entwickeln
Die Flüchtlinge lernten
beim Training nicht nur die
Choreografien der Company,
sondern entwickelten gemeinsam mit den Tänzern
auch neue Schritte. Beim
„Welcome
Dance“-Projekt
sollen sie gemeinsam mit den
Mitgliedern der Company,
die allesamt Laien sind, ein
Stück auf die Bühne bringen.
Darin soll es nicht nur um
Offenheit und Akzeptanz,
sondern auch um Ausgrenzung und Hass gehen – also
Probleme, mit denen viele
Flüchtlinge zu kämpfen haben. Letztendlich ist aber vor
allem eines wichtig: Jeder ist
willkommen.
Am Ende des Projekts wird
das gemeinsam erarbeitete
Stück auf die Bühne gebracht.
Am 4. November findet die
Aufführung des „Welcome
Dance“ im Marler Theater
statt. Wie auch bei vorherigen Produktionen werden
Profi-Tänzer und Laien auf einer Bühne stehen. Ob tat-
sächlich Flüchtlinge dabei
sein werden, ist noch nicht
ganz klar. Einige zeigten aber
großes Interesse, auch bei zukünftigen Trainings mitzumachen und den Tanz aktiv
zu gestalten.
„Wir bitten die Flüchtlinge
nicht, bei dem Projekt mitzumachen“, so Mohan Thomas.
Wir möchten ihnen aber eine
Chance geben, teilzunehmen
und so neue Kontakte und
Perspektiven zu schaffen.“
INFO Die
AkzepTanz-Company
lädt ein, bei den Proben
zum Welcome-Dance mitzumachen. Das nächste
Training ist am 15. August, 10 Uhr, in der WillyBrandt-Gesamtschule.