THEATER DRACHENGASSE 1010 WIEN, FLEISCHMARKT 22 TEL. 512 13 54 [email protected] WWW.DRACHENGASSE.AT Atmen von Duncan Macmillan Aus dem Englischen von Corinna Brocher Eigenproduktion Theater Drachengasse Regie: Christine Wipplinger Bühne, Kostüme: Alexandra Burgstaller Regieassistenz: Lisa Niederwimmer Es spielen: Paola Aguilera Astrit Alihajdaraj Rechte bei Rowohlt Theater Verlag Reinbek/Hamburg Theater Drachengasse 11. Jänner – 6. Februar 2016 Di-Sa um 20 Uhr Kartenbestellung: [email protected] oder 01 5131444 Pressefotos unter www.drachengasse.at/presseinfo.asp Atmen Scheiß auf Recycling oder Elektroautos, solange gebildete, umsichtige Menschen wie wir nicht aufhören Kinder zu kriegen, ist die Welt total am Arsch. Winzige Söckchen, niedliches Glucksen und süßer Milchgeruch? Oder noch ein Plastiktütenbenützer, Spraydosensprüher, Avocadoimportierer mehr? Ein Paar schlägt Haken im Kopf, als plötzlich beim Möbelschweden die Frage nach einem Kind auftaucht. Sie sind doch gute Menschen, eifrige Fairtrade Kaffee-Trinker, Mülltrenner und Autoverzichter. Wie können sie dann verantworten, einen mächtigen CO2 Produzenten in die Welt zu setzen? Andererseits könnte genau ihr Umweltzerstörer die Lösung finden, wie die Welt zu retten ist. Sie wälzen Bücher, verstricken sich in Heulkrämpfe, Ernüchterungsanfälle und Diskussionen, um sich am Ende wie ein Kreuzworträtsel anzustarren. Sie träumt von einem Haus mit Garten und davon, einen Baum zu pflanzen. Und er wird zum fixen Rädchen im Getriebe einer Firma. Man macht das doch so, oder? © Foto: Andreas Friess, Montage: Gisela Jiresch Duncan Macmillan Der Brite Duncan Macmillan, geboren 1980, ist Autor und Regisseur. Er war Writer-inResidence bei Paines Plough sowie Hausautor am Royal Exchange Theatre, Manchester. Für Atmen gewann er 2013 bei den Off West End Awards den Preis für das beste neue Stück. Seine zusammen mit Katie Mitchell und Lyndsey Turner erarbeitete Bühnenfassung von Friederike Mayröckers Reise durch die Nacht wurde 2013 mit dem Nestroy als beste deutschsprachige Inszenierung ausgezeichnet und war im selben Jahr zum Berliner Theatertreffen eingeladen. 2014 adaptierte er mit Katie Mitchell Peter Handkes Roman Wunschloses Unglück für das Burgtheater Wien und erarbeitete gemeinsam mit ihr die Projekte The Forbidden Zone (Koproduktion Salzburger Festspiele mit der Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin) sowie die Lecture Performance 2071 (Koproduktion Royal Court Theatre London mit dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg). © privat Duncan Macmillan: Im besten Fall ist Theater Intervention Seine Stücke untersuchen Themen wie Elternschaft (Atmen), Depression (Every Brilliant Thing) und den Klima-Wandel (2071). Seine Motivation, sagt Duncan Macmillan, ist es, zur Sprache zu bringen, was ungesagt bleibt. Interview von Catherine Love „Die Welt wäre ohne mich besser dran und es gibt nichts, was ich tun könnte, um das wettzumachen“, sagt Duncan Macmillan und lächelt mich über seine Kaffeetasse an. Dieses düstere Statement sieht der Autor und Regisseur in den Erkenntnissen der Klima-Wissenschaft begründet. Jeder einzelne von uns ist mit seinem CO2-Fußabdruck verantwortlich für den Aderlass an den Ressourcen des Planeten. Macmillan steckt tief in der Recherche über den sich verschlechternden Zustand unserer Umwelt, als wir uns treffen. Eine Recherche für 2071, ein neues Projekt für das Royal Court Theater, das er mit dem Klima-Wissenschaftler Chris Rapley schreibt. In den letzten sechs Monaten haben sich beide regelmäßig getroffen, um ihre jeweilige Expertise zu bündeln, für den Versuch, den Klimawandel auf die Bühne zu bringen. Macmillan sagt mir, dass Rapleys Ausblick komplexer sei und unser Verständnis, wie wir die Umwelt beeinflussen, angreift. „Ich dachte, dass ich mich mit dem Thema beschäftigt habe und gut eingelesen bin“, sagt er, „aber mit Chris darüber zu sprechen, ist eine ganz andere Sache.“ „Ich höre mich an wie eine zerkratzte Schallplatte“. Macmillan lacht über sein wiederholtes Benützen von „kompliziert“, um Rapleys Erkenntnisse zu beschreiben. Ein Gespräch mit Macmillan ist durchzogen von solchen Momenten nachdenklicher Selbsterkenntnis. Intensiv und gleichzeitig zurückhaltend pausiert er mitten im Gedanken und zerpflückt seine Äußerungen, sobald er sie gemacht hat. Diese Nachdenklichkeit findet man in Macmillans Stücken wieder. Monster hinterfragt äußerst unbequem Ideen von Verantwortung. In Atmen, das private Probleme mit globalen kurzschließt, ist der Entscheidungsprozess über die Gründung einer Familie verwoben mit den Sorgen über den Zustand unseres Planeten. Und in seiner Adaption von George Orwells 1984, setzen Macmillan und sein KoAutor Robert Icke alles auf den Versuch, die „Herausforderung abzubilden“, die in den Mehrdeutigkeiten des Buches lauert, anstatt einfache Lösungen anzubieten. „Ich kann nicht sagen, was Theater bewirken kann oder bewirken soll, aber ich kann sagen, dass ich mich für Komplexität interessiere“, sagt Macmillan. „Chris Rapley sagt immer, „es ist ein bisschen komplizierter als das.“ Und ich dachte immer, dass das ein guter Untertitel für jedes gelungene Theaterstück ist.“ Diese Vielschichtigkeit lässt sich auf Macmillans Karriere übertragen. Er hat zunehmend in verschiedenen Rollen gearbeitet, von der Ko-Regie mit Icke in der Produktion von 1984 am Headlong-Theater bis zu seinen Arbeiten als Autor für Katie Mitchells Multi-Media Produktionen in Europa. Allerdings frustriert ihn der Zwang zu Schubladisierungen in der britischen Theaterszene. „Ich denke, es gibt die Vorstellung, dass der Dramatiker den Text schreibt und alles andere ist Sache des Regisseurs“, sagt Macmillan und fügt hinzu, dass das auf viele seiner Projekte nicht zutrifft. Das heißt nicht, dass Macmillan kein Interesse mehr an gesprochenen Texten hätte. Er räumt ein, dass zum Beispiel in Atmen hauptsächlich geredet wird. Das Stück spannt ein langes Gespräch über einige Jahre hinweg auf. Das quälende Hin-und-Her eines Paares, das um die Entscheidung ringt, ob es Kinder bekommen soll oder nicht, war Macmillans Versuch, einige seiner eigenen Ängste niederzuringen. „Ich hatte festgestellt, dass ich über diese Dinge nachdachte, aber keine Lösung fand“, sagt er und redet über die „Verpflichtung, sich schuldig zu fühlen“, die das Erbe seiner Generation ist. „Figuren, die auf der Bühne über diese Ängste reden, wirken ziemlich absurd. Und das sind sie auch. Die Form, die Macmillan für Atmen erdacht hat – keine Ton- und Lichteffekte, keine Requisiten – war der Versuch aus einer formalen Sackgasse auszubrechen. „Was ich sowohl als Theatermacher als auch als Zuschauer am meisten liebe, wenn ich mein Gehirn dazu bringe, mehr als eine Sache auf einmal zu tun.“, sagt Macmillan mit dem Hinweis auf Mitchells Inszenierung von Atmen als ein Beispiel dafür. Ein anderes ist Every Brilliant Thing. In diesem interaktiven Monolog sind Elend und Ekstase zwei Seiten der gleichen Medaille. Das Thema ist zwar suizidale Depression, aber das Stück ist dennoch von lebensbejahender Fröhlichkeit. Wie so vieles in Macmillans Arbeiten entstand Every Little Thing aus der Sehnsucht, Ungesagtes auszusprechen. „Ich hatte den Eindruck, dass niemand suizidale Depression in einer hilfreichen, interessanten oder genauen Weise zum Thema macht“, sagt er. Als er an Atmen schrieb, empfand er ganz ähnlich, dass er „zu wenig von dem, was es ausmacht, heute zu leben“ auf der Bühne sieht. Er sieht beide Stücke als eine Art Intervention nicht ohne sich mit einem Lächeln zu entschuldigen, dass sich das „doch sehr hochtrabend anhöre würde“. Das Theater ist dann für ihn am besten, sagt er, wenn es „direkt ist und sich einmischt“. Er erzählt von Wallace Shawns Monolog The Fever, den der Schauspieler und Autor in privaten Wohnungen der Zuschauer spielt mit dem Ziel, diese in eine Gewissenskrise zu versetzen. „Das ist sehr inspirierend für mich.“ © The Guardian, 23. September 2014 Übersetzung: Katrin Schurich Das Team Christine Wipplinger – Regie Geboren in Salzburg, Ausbildung im klassischen Ballett, Studium der Slawistik und Geschichte, Lektorin bei einem russischen Verlag, Abschluss des Studiums mit der Dissertation über das Thema Michail Satrovs Dokumentarstücke zwischen Zensur und Selbstzensur. Regieassistentin an verschiedenen Theatern, von 1994 bis1997 Dramaturgin am Theater der Jugend. Seit 1999 freie Regisseurin. Inszenierungen u. a.: Tätowierung (Loher), das maß der dinge (LaBute), Acht Frauen (Thomas), Bandscheibenvorfall (Lausund). Der Gott des Gemetzels (Reza), Der Kaktus (Zeh), Harper Regan (Stephens), Gut gegen Nordwind (Glattauer), Der eingebildete Kranke (Moliere), Der Revisor (Gogol), Der Zerrissene (Nestroy). Engagements u. a.: Theater Drachengasse (zuletzt: Die Schreibtischkiller von Margit Hahn), neuebuehnevillach, Vereinigte Bühnen Bozen, Theater in der Josefstadt, Tiroler Landestheater, Landestheater St. Pölten, Festspiele Kobersdorf, Festspiele Perchtoldsdorf, Gerhard Hauptmann Theater Görlitz-Zittau, Stadttheater Walfischgasse, Volkstheater Wien, Theater Kosmos, Landestheater Linz. Alexandra Burgstaller – Bühne und Kostüm Geboren in Osttirol, aufgewachsen in Kärnten, arbeitet zurzeit als freie Kostüm- und Bühnenbildnerin in Wien. Sie zeichnet u. a. für Ausstattungen an der Volksoper Wien, am Opernhaus Graz, am TAG Theater Wien, am Landestheater Linz, am Theater Phoenix Linz, am Theater St. Gallen, am Landestheater Coburg, am Theater Baden-Baden und im Theater Drachengasse (zuletzt: von den beinen zu kurz von Katja Brunner) verantwortlich. Atmen ist ihre erste Zusammenarbeit mit Christine Wipplinger. Es spielen: Paola Aguilera – Sie Die Schauspielerin und Regisseurin Paola Aguilera wurde in Santiago de Chile geboren. Sie wuchs in Peru, Rumänien und Deutschland auf. Nach ihrem Schauspieldiplom am Konservatorium Wien und anschließendem Diplom in Regie, Artistic Leadership and Teambuilding / Company Training, Production Coaching and Drama Educator an der Moving Academy for Performing Arts (MAPA) Amsterdam und Berlin, arbeitet sie seit vielen Jahren als freie Schauspielerin, Regisseurin und Theaterdozentin vor allem in West- und Osteuropa, zuletzt am Schauspielhaus Salzburg, Ensemble Theater, Theater der Jugend Wien, TAG Wien, Festspiele Stockerau, Wiener Wortstaetten, Wald4tler Hoftheater, Schauspielschule Krauss, Impulstanz, Dschungel Wien. Sie ist Mitbegründerin und künstlerische Leiterin der Theater Company „Plaisiranstalt“. Astrit Alihajdaraj – Er wuchs in Istog, Kosovo auf. Als die politische Lage dort eskalierte, ging er nach Wien. Anfangs studierte er an der Wirtschaftsuniversität Wien, bis er bei Barbara Alberts Kinodebut Nordrand, das bei den Filmfestspielen in Venedig 1999 teilnahm, entdeckt wurde. Unmittelbar danach folgten weitere Engagements und seine Schauspielausbildung. Theaterengagements u. a.: Festspiele Reichenau, Theater Gruppe 80, neuebuehnevillach, Wiener Wortstaetten, Vorarlberger Landestheater, Theater k.l.a.s. WUK, Theater tour. Er wirkte bei vielen Kinound TV-Produktionen mit, u. a. bei: Nordrand, Tatort, Balkan Traffic, The Piano Room, Der Täter, Soko Donau, Gone Back, Schnell ermittelt, Die Lottosieger und Soko Kitzbühel. Er arbeitete mit Regisseuren wie Barbara Albert, Nicholas Ofczarek, Helmut Wiesner, Nikolaus Leytner, Hans Escher u. v. a.
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