Stellungnahme der Freiwilligen

Stellungnahme der Freiwilligen RechtsberaterInnen Hbhf & Wbhf
Wir sind eine Gruppe von selbst organisierten freiwilligen RechtsberaterInnen, die in den letzten
Wochen täglich an den Wiener Bahnhöfen und der Stadthalle vor Ort waren, um ankommende
Flüchtlinge zu beraten.
WIR MACHEN hiermit auf die momentan untragbare Situation und menschenrechtswidrige
Situation aufmerksam, in der sich Flüchtlinge in Wien derzeit befinden:
1. Polizeiinspektionen nehmen im Moment keine Asylanträge mehr auf.
2. Flüchtlinge werden gesammelt von den Bahnhöfen mit Bussen in die Stadthalle gebracht, die
völlig überbelegt ist. Die dortigen Unterbringungsbedingungen sind vollkommen
unzureichend (zu Stoßzeiten zu wenig Essen, keine kältetaugliche Kleidung, schlechte
hygienische Bedingungen).
3. Niemand, außer den freiwilligen BeraterInnen, informiert die Flüchtlinge über weitere
Abläufe.
4. 1000+ Flüchtlingen in den verschiedensten Notunterkünften stehen - wie wir beobachteten 6 BeamtInnen in der Stadthalle zur Verfügung. Wohl auch aufgrund des großen
Missverhältnisses und trotz großer Bemühungen der Verantwortlichen vor Ort wird nur ein
Teil der Flüchtlinge registriert. Der Rest der Menschen wird unregistriert in Notquartiere
weggebracht. Die Behörden kümmern sich nicht darum, wo die Menschen letztendlich
untergebracht und versorgt werden.
5. Problem: Seit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 besteht zwischen der Registrierung
und der Anordnung zur weiteren Vorgangsweise durch die Asylbehörde (BFA) kein Anspruch
auf Grundversorgung, die Flüchtlinge sind daher auf Notquartiere angewiesen und nicht
krankenversichert.
6. Teilweise erhalten die Flüchtlinge nach ihrer Registrierung keine Ladung für die
Erstbefragung bei der Polizei. Es ist vollkommen unklar, wie eine solche zugestellt werden
kann, wenn der Person keine Unterkunft zugeteilt wird.
7. Die Flüchtlinge müssen derzeit bis zu 2 Wochen warten, bis sie nach der Registrierung zu
einer Erstbefragung geladen werden. Die Notquartiere sind vielfach überfüllt. Daher sind die
Menschen in dieser Zeit in einem rechtlich und sozial vollkommen unsicheren Zustand und
größtenteils obdachlos (der Winter naht).
WIR FRAGEN UNS
1. Wo ist der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung?
2. Wo sind die Verteilerzentren der Bundesländer?
3. Was tut die Regierung, um jene menschenwürdige und menschenrechtskonforme
Behandlung und Unterbringung von Flüchtlingen in Österreich sicherzustellen, die sie von
anderen Ländern - insbesondere Ungarn - einfordert?
4. Wann übernehmen die Behörden jene Verantwortung, die sie derzeit auf die Zivilgesellschaft
abwälzt?
5. Was passiert mit all den nichtregistrierten Flüchtlingen, nachdem sie ohne einen Antrag
stellen zu dürfen, aus der Stadthalle weggebracht wurden?
6. Sind diese Missstände gewollt oder werden sie zumindest stillschweigend akzeptiert?
WIR FORDERN
1. die Verantwortungsübernahme des Staates für eine menschenwürdige Unterbringung;
2. eine lückenlose Versorgung der Flüchtlinge;
3. dass Österreich seinen Pflichten aus der Genfer Flüchtlingskonvention nachkommt und
funktionierende und menschenrechtskonforme Strukturen für Menschen bietet, die von
ihrem Recht auf Asyl Gebrauch machen.
Die freiwilligen RechtsberaterInnen HbHf & Wbhf
Stellungnahme vom 25.09.2015