Kriegsgräberstätten sind Mahnmale unserer Geschichte, die uns alle überdauern werden. Soldatenfriedhöfe, so hat es einmal Albert Schweitzer gesagt, sind die großen Prediger für den Frieden. Er hat Recht: Ein Soldatenfriedhof ist ein Prediger des Friedens, weil er auch für die kommenden Generationen sichtbar macht, welchen Preis die Völker für den Krieg zahlen. Völkerverständigung und die Weiter entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen auf der Grund lage des Völkerrechts sind das Gebot der Stunde! Herausgeber: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Albertstraße 10, 01097 Dresden E-Mail: [email protected] www.sms.sachsen.de Redaktion: Steffi Dachsel Bildnachweis: Bildnachweis: MAY Landschaftsarchitekten Dresden, Zentrales Medienarchiv Wikimedia Commons, Horst Giegling (Geisingen), Volksbund deutsche Kriegs gräberfürsorge e. V. Gestaltung und Satz: Union Druckerei Dresden GmbH Druck: Union Druckerei Dresden GmbH Redaktionsschluss: April 2015 Bezug: Diese Druckschrift kann kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staats regierung Hammerweg 30, 01127 Dresden Telefon: +49 351 2103671 Fax: +49 351 2103681 E-Mail: [email protected] www.publikationen.sachsen.de Copyright: Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdruckes von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem Herausgeber vorbehalten. Ein letztes Beispiel für die Sinnlosigkeit und fürchterliche Ungeheuerlichkeit des Krieges ereignet sich am letzten Kriegstag im erzgebirgischen Geising (der Ort, wo am selben Tag Leutnant Karpenko stirbt). Der Rückzug der Fallschirmpanzerdivision 1 „Hermann Göring“ nach Böhmen gerät an der „Reseda-Stellung“ auf dem Erzgebirgskamm ins Stocken. Der Divisionskommandeur – ein Generalmajor – bedroht einen verantwortlichen Verkehrsposten mit entsicherter Pistole. Ein deutscher Soldat beobachtet den Vorgang und meint, als der Konvoi wieder angefahren ist: „Was soll das Theater, der Krieg ist doch sowieso verloren.“ Darauf der General: „Verräter! Schwein! Dieser Hund glaubt nicht mehr an den Endsieg! Erschießen!“ Noch am letzten Kriegstag wird der Soldat bei Geising standrechtlich erschossen. Unsere Lehren und Verpflichtungen aus den Kriegen Wir alle tragen Verantwortung für die Erhaltung des Friedens in der Welt auf der Grundlage gemeinsamer Werte. Der Kamenzer Gotthold Ephraim Lessing (1721–1781), ein sächsischer Dichter der deutschen Aufklärung, sah in Toleranz, Achtung und Respekt diese Wertebasis. Der Schlüssel zu deren Umsetzung aber ist Bildung. Sie ermöglicht den offenen und respektvollen Dialog und Umgang miteinander. Letztlich aber sind Bildung und das Völkerrecht Schlüssel für den gerechten Ausgleich und Austausch unter den Völkern. Überall aber, wo Recht gebrochen und ein Krieg mit einer Ungerechtigkeit begonnen wird, vermehrt er das Unrecht und Gewalt wird multipliziert. Daher ist der respektvolle Dialog mit einem maßvollen Austausch der Argumente wichtig. Damit wird gleichzeitig die Sackgasse selbstzerstörerischer „Ideologien des 20. Jahrhunderts“ und des religiösen „Fundamentalismus des 21. Jahrhunderts“ gemieden. Fundamentalismus und Ideologien aber sind die Ursachen globaler Konflikte und Kriege. Möge uns der Friede in Freiheit auf der Grundlage dieser gemeinsamen Werte lange erhalten bleiben! Военные кладбища – это памятники нашей истории, которые переживут всех нас. Военный кладища, как сказал однажды Альберт Швейтцер, являются лучшими проповедниками мира. Он прав: солдатские кладбища – это проповедники мира, потому что они делают видимым для грядущих поколений, какой ценой обошлась война народам. Взаимопонимание между народами и дальнейшее развитие добрососедских отношений на основе международного права является нашей главной задачей настоящего времени! Military cemeteries are historical memorials outlasting us all. Military cemeteries, Albert Schweitzer once said, are the great preachers of peace. He seems to be right: A military cemetery is a preacher of peace because it demonstrates future generations the price nations have to pay for war. U nderstanding among nations and further development of good neighborly relations on the basis of international law should be the order of the day. Kriegsgräberstätten in Sachsen Mahnmale für den Frieden Wer war Garde-Leutnant Karpenko? Anatolij Iljitsch Karpenko war ein sowjetischer Pilot, der am 8. Mai 1945 mit 23 Jahren, beim Absturz seines Flugzeuges vom Typ Iljuschin-2/ Ильюшин-2 ums Leben kam. Im Wald bei Geising im Erzgebirge wurde er als „Unbekannter russischer Jagdflieger“ begraben. Nach fast 70 Jahren konnte seine Identität mit Unterstützung des „Büros für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit der Russischen Föderation“ in Moskau festgestellt werden. An seinem 70. Todestag, der auch das Ende des Zweiten Weltkrieges markiert, wurde er auf dem „Sowjetischen Ehrenfriedhof“ in Dippoldiswalde beigesetzt. Kriegsgräberstätten im Freistaat Sachsen Garde-Leutnant Anatolij Iljitsch Karpenko ist einer von rund 250.000 Kriegstoten, die im Zweiten Weltkrieg in Sachsen ihr Leben verloren. Knapp 150.000 sind namentlich bekannt und wurden auf mehr als 900 Kriegsgräberstätten in fast 400 Städten und Gemeinden Sachsens beigesetzt. Kriegsgräber sind durch das Völkerrecht und das Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft auf Dauer geschützt („Ewiges Ruherecht“). So soll die Erinnerung an die Opfer des Krieges für künftige Generationen wach gehalten werden. Leutnant Karpenko konnte nach 70 Jahren seine Identität zurückgegeben werden. Sein früher Tod und der Tod aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft mahnen uns, den Frieden in Freiheit zu wahren. Ihr Schicksal zu verdrängen oder zu vergessen hieße, die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges noch zu vergrößern. Eine ähnliche Menschheitstragödie darf die Völker Europas und der Welt nicht wieder heimsuchen. 70 Jahre Frieden – Erinnern – Lehren der Geschichte Mit Dankbarkeit schauen wir auf die Friedensperiode der letzten 70 Jahre mit „Friedlicher Revolution“ und „Wiedervereinigung“ zurück. Die Ursache für die Teilung Deutschlands aber war der Zweite Weltkrieg. Damals wurde Europa zum Schauplatz eines barbarischen Krieges. An seinem Ende stand die politische Marginalisierung Europas. Diese „Spuren der Geschichte“ bestimmen auch heute noch unser Handeln. Ohne ein Erinnern an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gibt es kein gegenseitiges Verstehen als Grundlage für den friedlichen Umgang in Europa. In den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts kamen weltweit über 80 Millionen Menschen um. A lles muss getan werden, damit nicht wieder Unschuldige ihr Leben im Krieg verlieren. Der Weg der Grausamkeit bis zur Kapitulation ❚❚ 1939: Polenfeldzug ❚❚ 1940: Besetzung Dänemarks und Norwegens, der Benelux-Staaten, Frankreichfeldzug ❚❚ 1941: Balkanfeldzug ❚❚ Angriff auf die Sowjetunion, Beginn des „Eroberungs- und Vernich- „Erinnerndes Gedenken“ in Sachsen tungskrieges“, Kriegserklärung an die USA ❚❚ 1942: „Endlösung der Judenfrage“, NS-Völkermorde, „Schlacht um Stalingrad“ Die Sächsische Staatsregierung hat sich die würdige Instandsetzung und Pflege der Kriegsgräberstätten zum Ziel gesetzt. Zusammen mit den Kooperationspartnern, dem Institut für Europäische Geschichte der TU Chemnitz und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., führt das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz das Projekt „ Erinnerndes Gedenken 1914–1945“ durch. Damit wird der Kriegsopfer beider Weltkriege und dem damit verbundenem Leid gedacht. Kriegsgräber sind stumme Zeugen des Gedenkens und erinnern an die schrecklichen Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft. Ihre Erhaltung ist uns und künftigen G enerationen Verpflichtung. ❚❚ 1943: Panzerschlacht bei Kursk, Rückzug aus Nord-Afrika, alliierte Stationen des Erinnerns Der Zweite Weltkrieg Sachsen – Kampfgebiet am Ende des Zweiten Weltkrieges Aus der zeitlichen und emotionalen Distanz von 70 Jahren müssen wir uns heute der Geschichte stellen. Dies ist Teil einer umfassenden Erinnerungsarbeit. Dieses Gedenken aber ist immer mit der Erinnerung an die Ursachen und Herkunft des Nationalsozialismus verbunden, an ihre Nutznießer und die Folgen des Zweiten Weltkrieges. Im Folgenden werden die wichtigsten Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und die Kampfhandlungen in Sachsen schlaglichtartig aufgeführt. ❚❚ 1943: erste schwere alliierte Luftangriffe auf Leipzig und kriegswichtige Luftoffensiven auf das Reich ❚❚ 1944: Landung der Alliierten in der Normandie; 20. Juli – Attentat auf Hitler; US-Truppen auf Reichsgebiet; „Ardennenoffensive“ ❚❚ 1945: Luftangriffe auf Dresden, „Nero-Befehl“, „Treffen von Torgau“, Hitlers Selbstmord ❚❚ 8. Mai 1945– bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reichs; Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa ❚❚ 6. und 9. August 1945 Abwurf von zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, bedingungslose Kapitulation des Japanischen Kaiserreiches und Ende des Zweiten Weltkrieges Einrichtungen ❚❚ 1945: Februar bis April – schwerste Luftangriffe auf Dresden und Plauen;das Vorrücken der Alliierten aus Westen, Süden und Osten macht Sachsen Mitte April 1945 zum letzten Kampfgebiet im Reich ❚❚ WEST-Sachsen: Einheiten der US-Army erreichen am 12. April bei Crimmitschau sächsisches Gebiet, am 16. April Chemnitz; Panzerspitzen der US-Army rücken am 17. April entlang der Autobahn bis Nossen vor; am 19. April wird Leipzig erobert und besetzt; am 25. und 26. April treffen Einheiten der US-Army und der Roten Armee bei Strehla (in der Nähe von Zeithain) und Torgau an der Elbe zusammen ❚❚ OST-Sachsen: am 16. April beginnt die „Schlacht um Berlin“; die nach Westen vorrückende Rote Armee und ihre Verbündeten werden im Raum Niesky/Hoyerswerda/Bautzen in schwere Bodenkämpfe verwickelt (deutsche „Gegenoffensive in der Lausitz“); nach der Kapitulation Berlins am 2. Mai 1945 beginnt die letzte Offensive der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg – die „Prager Operation“; Ziel ist die Zerschlagung der „Heeresgruppe Mitte“ in und um Prag; Verbände der 1. Ukrainischen Front besetzen auf ihrem Vormarsch Richtung Süden bis zum 8. Mai 1945 Sachsen östlich der Mulde; Meißen wird am 7., Dresden am 8. Mai besetzt; mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 endet der Zweite Weltkrieg; bis zum 10. Mai 1945 ist ganz Sachsen – bis auf den Raum Schwarzenberg – von alliierten Truppen besetzt Bis zu 250.000 Kriegstote – Eine Bilanz für Sachsen Bis zum Kriegsende sterben allein in Sachsen bei Kämpfen bis zu 18.000 Rotarmisten; darüber hinaus wurden allein auf dem „Ehrenhain Zeithain“ – dem größten sowjetischen Friedhof in Sachsen – fast 30.000 Sowjetbürger begraben, die in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren. Bei den Kämpfen im April/Mai 1945 kamen in Sachsen Militärangehörige aus circa 40 Nationen ums Leben. Insgesamt beläuft sich die Gesamtzahl der Kriegstoten in Sachsen auf circa 250.000. Biographien Zahlen machen Geschichte nicht transparent; erst anhand einzelner Biographien wird die Monstrosität des Geschehens fassbar. Wenn durch diese schlaglichtartigen Hinweise dieses Flyers das historische Interesse für die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Geschehnisse in unmittelbarer Heimat nähe geweckt werden, ist das Ziel dieses Flyers erreicht: Gegen Kriegsende ist Herbert Böhme Superintendent der Evangelisch- Lutherischen Landeskirche in Meißen. Vom SS-Stadtkommandanten fordert er couragiert, Meißen zur „offenen Stadt“ zu erklären, da ansonsten die historische Altstadt und der Meißner Dom zerstört werden könnten. Wegen „defätistischer Wehrkraftzersetzung“ wird er zum Tode verurteilt und zur Urteilsvollstreckung ans Landgericht Dresden überstellt. Dort wird er „in letzter Minute“ von Einheiten der Roten Armee befreit. Maria Vittoria Zeme ist eine italienische Krankenschwester, die 1943 den Weg in die deutsche Kriegsgefangenschaft freiwillig zusammen mit italienischen Militärinternierten antritt. Im Reservelazarett für Kriegsgefangene in Zeithain pflegt sie Erkrankte und Verwundete aufopferungsvoll und selbstlos. In ihrem Bericht „... und entzünde einen Funken Hoffnung“ beschreibt sie das Leid, die Schmerzen und die Trostlosigkeit des Gefangenendaseins, aber auch die wenigen Lichtblicke in dunkler Zeit. Schwer erkrankt kehrt sie im Juni 1944 in ihre italienische Heimat nach Verona zurück.
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