Sehnsucht nach dem Regen

Pressemitteilung
Sehnsucht nach dem Regen
Neues chinesisches Kino, 2009-2015
30. Oktober bis 29. November im Zeughauskino
Nirgendwo wird derzeit die Rede vom Bedeutungsverlust des Kinos so eindrücklich
widerlegt wie in China. Woche für Woche werden an die 100 neue Säle eingeweiht.
Glaubt man den Prognosen, könnte der Umsatz des chinesischen Marktes schon
2018 den des bislang größten, des US-amerikanischen, übertreffen.
Zeughauskino im
Deutschen Historischen Museum
(Zeughaus, Eingang Spreeseite)
Unter den Linden 2
10117 Berlin
Die Filmreihe Sehnsucht nach dem Regen präsentiert 25 Produktionen aus den
Jahren 2009 bis 2015: Genre- oder Autorenfilme (Once Upon a Time in Shanghai,
18.11., 20 Uhr / Emperor Visits the Hell, 31.10., 21 Uhr); mit winzigen oder riesigen
Produktionsetats (Oxhide II, 17.11., 20 Uhr / Let the Bullets Fly, 5.11., 18 Uhr); dem
Zensor gehorchend oder zuwiderhandelnd (The Taking of Tiger Mountain, 20.11.,
21 Uhr / Petition, 5.11., 21 Uhr); aus den urbanen Zentren oder den immer
selbstbewusster auftretenden Peripherien des riesigen Landes (Love in the Buff,
19.11., 20 Uhr / The Last Moose of Aoluguya, 8.11., 21 Uhr). Das zeitgenössische
Kino aus China erweckt den Glamour Shanghais in den 1920er Jahren zum Leben,
verbindet die Kinotraditionen Hongkongs und der Volksrepublik, bedient den
Geschmack eines breiten Publikums mit romantischen Komödien und MartialArts-Filmen und gibt vielen eine Stimme, die lange ungehört und ungesehen
geblieben sind.
Informationen Zeughauskino:
Jörg Frieß
T. +49 (30) 20304-420
[email protected]
Der Eröffnungsfilm Longing for the Rain (30.10., 20 Uhr) beschreibt das Leben
einer Frau aus der neuen chinesischen Mittelschicht. Sie lebt mit Tochter und
Ehemann in Beijing, pflegt ihre alte Mutter und shoppt gerne mit ihren
Freundinnen in der Stadt. Zuhause fühlt sie sich allerdings trotz ihrer
abgesicherten Umgebung einsam. Die fürsorgliche und mütterliche Rolle, die sie in
der Familie zu spielen hat, lässt keinen Platz für unabhängiges Begehren. Ein
Ausweg scheint möglich, als ein mysteriöser Mann in Fan Leis Träumen auftaucht
und tantrischen Sex mit ihr fordert. Yang Tian-yi, die vorher nur dokumentarisch
gearbeitet hatte, ist mit Longing for the Rain ein außergewöhnliches
Spielfilmdebüt geglückt, das zugleich Erotik-Drama, Gespenster-Film und
satirische Abhandlung über weibliches Begehren ist.
Das chinesische Blockbuster-Kino ist unter anderem durch zwei Arbeiten des
Meisterregisseurs Tsui Hark vertreten. Der historische Kriminalfilm Detective Dee
and the Mystery of the Phantom Flame (14.11., 21 Uhr) führt die Tradition des
Hongkong-Actionfilms unter den Bedingungen der chinesischen Filmindustrie fort.
Dazu ordnet Tsui das Feuerwerk der special effects und der martial arts beiläufig in
die imperialen Erzählungen ein. Das Ergebnis ist ein Action-Blockbuster, der als
Kinokasse
T. +49 (30) 20304-770
Eintrittspreis: 5 €
Webseite
www.zeughauskino.de
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Blaupause für das gegenwärtige chinesische Spektakelkino betrachtet werden
kann.
Am 20.11. ist um 21 Uhr The Taking of Tiger Mountain zu sehen, Tsuis Adaption
einer Modelloper aus der Zeit der Kulturrevolution. Der Regisseur verwandelt die
Heldenerzählung um eine Gruppe aufrechter kommunistischer Soldaten, die eine
Bergfestung infiltrieren, mit einigen entscheidenden Veränderungen in einen
Actionfilm, in dem sich die filmischen Traditionen Hongkongs und der
Volksrepublik vermischen. Seit dem Kinostart am 23.12.2014 ist The Taking of Tiger
Mountain zu einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten in China geworden.
Die von The Canine Condition kuratierte Filmreihe geht von der Ahnung aus, dass
der aktuelle chinesische Kino-Boom kein rein kommerzielles Phänomen ist,
sondern dass das Kino das zentrale Medium der Modernisierung der vielleicht bald
größten Volkswirtschaft der Welt geworden ist – weil es wie keine andere
Kunstform geeignet ist, Bilder bereitzustellen, die diese Modernisierung
gesellschaftlich vermitteln, ihr eine Bedeutung geben, die individuelles Schicksal
und kollektive Erfahrung verbindet.
Das neue chinesische Kino fügt sich zu keiner kohärenten Nationalkinematografie.
Auch deshalb erreicht es Deutschland – auf spezialisierten Festivals und vereinzelt
im Programmkinobetrieb – zumeist als beziehungslose Ansammlung von
Nischenprodukten. Sehnsucht nach dem Regen will nicht ganz machen, was in
Wirklichkeit vielgestaltig und in sich gebrochen ist. Die 25 ausgewählten Filme
haben auf den ersten Blick oft nicht mehr gemein, als dass sie alle in den letzten
sechs Jahren in China entstanden sind. Zusammen, als Passage durch das
chinesische Filmschaffen der Gegenwart, stellen sie den Versuch dar,
Ungleichartiges in Beziehung zu setzen. Kein Ganzes soll dabei greifbar werden,
sondern verborgene Wechselseitigkeiten und Korrespondenzen, auch und gerade
zwischen solchen filmischen Produktionsformen und Sprechweisen, die dem
Anschein nach wenig miteinander zu tun haben.
Die Retrospektive Sehnsucht nach dem Regen wird vom Hauptstadtkulturfonds
gefördert.
Ausführliche Informationen zu den Filmprogrammen finden Sie auf unserer
Homepage. Auf Anfrage stellen wir Ihnen gerne Bildmaterial zur Verfügung.