Vertrauen schenken, Verantwortung übernehmen

S erie
Vertrauen schenken, Verantwortung übernehmen
Im Zukunftsbild geht es um das Miteinander von Priestern und Laien
Vor neun Monaten legte Erzbischof Hans-Josef Becker das
„Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn“ als Ergebnis
des Weges der „Perspektive
2014“ vor. Der Leiter des Projektes Bistumsentwicklung,
Monsignore Dr. Michael Bredeck, zieht in einer Serie für
den DOM eine Bilanz der ersten Schritte und Erfahrungen.
Wenn in den kommenden
Jahren nach und nach Aspekte
des Zukunftsbildes im Erzbis­
tum Paderborn umgesetzt
werden, wird besonders das
Miteinander in der Kirche be­
rührt. Das Zukunftsbild be­
schreibt daher Haltungen, die
dieses Miteinander prägen sol­
len. Es ist ja von ungeheurer
Bedeutung für die Wirkung
der Kirche nach außen, wie es
in ihr zugeht. Das Zukunfts­
bild zitiert in diesem Zusam­
menhang die Konstitution
Gaudium et Spes Nr. 92, wo
beschrieben wird, was es
braucht, dass die Kirche ihren
Auftrag erfüllen kann: „Das
aber verlangt von uns, dass
wir vor allem in der Kirche
selbst, bei Anerkennung aller
rechtmäßigen Verschieden­
heit, gegenseitige Hochach­
tung, Ehrfurcht und Eintracht
pflegen, um ein immer frucht­
bareres Gespräch zwischen al­
len in Gang zu bringen, die
das eine Volk Gottes bilden,
Geistliche und Laien. Stärker
ist, was die Gläubigen eint, als
was sie trennt. Es gelte im
Notwendigen Einheit, im
Zweifel Freiheit, in allem die
Liebe.“
Ganz folgerichtig ist ein Ka­
pitel des Zukunftsbildes über­
schrieben mit „Vertrauen und
Verantwortung“. In der Kurz­
fassung heißt es dazu: „Die
Kirche von Paderborn vertraut
darauf, dass Gott ihr alle nöti­
gen Gaben schenkt. Miteinan­
der dürfen Priester und Laien,
Hauptberufliche und Ehren­
amtliche, Frauen und Männer
es wagen, wechselseitig Ver­
trauen zu schenken und Ver­
antwortung zu übertragen
und zu übernehmen. Dies ge­
lingt, wenn gegenseitiges Inte­
resse und Aufmerksamkeit das
Miteinander prägen.“ Darin
steckt eine Selbstverpflich­
tung, und diese Haltung gilt es
BEWEGUNG
IM ERZBISTUM
PADERBORN (3)
immer wieder zu überprüfen
und zu entwickeln. In den vie­
len Gesprächen, die der Erar­
beitung des Zukunftsbildes
vorangingen, ist mir immer
wieder deutlich geworden,
dass mit den beiden Worten
Vertrauen und Verantwortung
ein wirklich neuralgischer
Punkt für die Zukunft der Kir­
che berührt ist.
Insbesondere geht es um ein
vertrauensvolles Miteinander
von Priestern und Laien. Be­
reits heute gibt es dafür viele
gute Beispiele. Aber es gibt
auch genügend Rückmeldun­
gen, dass ein solches Mitei­
nander noch lange nicht
Wirklichkeit ist. In den kom­
menden Jahren werden des­
halb vertrauensbildende Maß­
nahmen im Blickpunkt stehen
müssen. Vertrauensvolles Mit­
einander – darin steckt eine
wechselseitige Achtung, so­
wohl der Priester zu den Laien
wie der Laien zu den Priestern.
Das hat mit dem Respekt vor
der unverwechselbaren Würde
jedes Einzelnen zu tun, aber
auch mit dem Bewusstsein,
dass Berufungen unterschied­
licher Art in der Kirche zusam­
mengehören und zusammen­
spielen. Die Berufungstheolo­
gie kann da eine Hilfe sein,
denn in der Kirche Gottes
wachsen wir gemeinsam oder
gar nicht. So hat es ein grund­
legendes Dokument („In ver­
bo tuo“) aus der Zeit Johannes
Pauls II. bereits gesagt. Dem
ist nichts hinzuzufügen.
Die Zahl der Priester wird in
Zukunft deutlich zurückge­
hen. Schon jetzt ist spürbar,
dass dabei Fragen entstehen
wie: Was sollen und können
künftig Priester (noch) tun,
was aber auch nicht? Wer
fung und Weihepriestertum
zur zentralen Herausforde­
rung, die Sendung der Kirche
zu verwirklichen. Unabding­
bar wird ein Leitungsstil sein,
der vertrauensbildend agiert.
Dazu gehört es, vielen Men­
schen Verantwortung zu über­
tragen und diese möglichst
klar und transparent zu um­
schreiben. Dazu gehört es,
sich ernsthaft beraten zu las­
sen und Betroffene in Ent­
scheidungen einzubeziehen.
Dazu gehört es, die Vielfalt
von Charismen und Berufun­
gen wertzuschätzen und deren
Beitrag zum Aufbau der Ge­
meinde zu fördern. Dazu ge­
hört auch eine dank­
bare und wertschät­
zende Haltung gegen­
über der priesterli­
chen Berufung durch
die Gläubigen.
Manche sagen:
Hehre Ziele, aber die
Realität sieht anders
Vertrauen heißt auch, aufeinander zu hö- aus. Wie gesagt, es
Foto: Nückel
ren.
gibt beides: ernüch­
ternde, aber auch
kann und soll an welchen
hoffnungsvolle Erfahrungen
Stellen für „die Kirche“ spre­
diesbezüglich. Wenn man be­
chen oder öffentlich auftre­
denkt, aus welcher Prägung
ten? Erfolgt Delegation von
wir alle kommen, ist es nicht
Tätigkeiten und Aufgaben
verwunderlich, dass der be­
wirklich ernsthaft und voll­
schriebene Weg Zeit braucht.
ständig oder letztlich doch
Und dass es auf diesem Weg
unter Vorbehalt? Diese Fragen
zu Reibereien und Auseinan­
werden in der katholischen
dersetzungen kommt. Lernbe­
Kirche unter einem besonde­
reitschaft ist nötig. Je mehr
ren Blickwinkel gestellt. Denn
die wechselseitige Wertschät­
es ist theologisch grundle­
zung zwischen Priestern und
gend, dass sie von der Taufe
Laien, aber auch zwischen
her aufgebaut wird, und dass
Männern und Frauen und
es in ihr das durch die Weihe
nicht zuletzt auch zwischen
übertragene Amt gibt, das im
Haupt- und Ehrenamtlichen
Auftrag des Bischofs mit der
praktiziert wird, desto reicher
Leitung in der Kirche betraut
wird das kirchliche Leben wer­
ist. In Zeiten deutlich weniger
den und desto stärker wird das
werdender Priester und größe­
kirchliche Handeln in die Ge­
rer pastoraler Räume wird das
sellschaft hinein wahrnehm­
Zusammenspiel von Taufberu­ bar sein.
Der Dom · Nr. 31 · 2. August 2015
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