www.pwc.de/de/steuern/umsatzsteuerberatung.jhtml Informationen zu Entwicklungen im Umsatzsteuerrecht Umsatzsteuer aktuell Ausgabe 6, Dezember 2015 Gebrochene Beförderungen oder Versendungen – mit und ohne Reihengeschäft Die Regelungen der steuerfreien Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen sehen – vereinfacht dargestellt – vor, dass der Unternehmer oder (nicht: und!) der Abnehmer den Gegenstand bei der Lieferung ins Ausland transportiert. Eine gebrochene Beförderung oder Versendung liegt demgegenüber vor, wenn ein Gegenstand von A nach B gelangen soll und mehrere Parteien am Transport der Ware beteiligt sind – unabhängig von der Frage, wer das Risiko oder die Kosten trägt. So etwa, wenn der liefernde Unternehmer die Ware innerhalb Deutschlands bis zum Hafen transportiert, wo sein Kunde sie entgegennimmt und per von ihm georderten Schiff nach Übersee bringen lässt. Derartige Sachverhalte konnten in der Vergangenheit (mit gewissen Ausnahmen) neben anderen möglichen Komplikationen zu einer Pflicht des Kunden führen, sich in Deutschland steuerlich erfassen zu lassen und Umsatzsteueranmeldungen abzugeben. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun zumindest für einige Sachverhalte Erleichterungen zugelassen. Hierbei unterscheidet es zwischen gebrochenen Beförderungen und Versendungen im Zweierverhältnis und im Zuge eines Reihengeschäfts. Gebrochene Beförderung oder Versendung im Zweierverhältnis Sind mit dem Unternehmer und dem Abnehmer nur zwei Parteien am Liefervorgang beteiligt, so ist dem BMF zufolge eine gebrochene Beförderung oder Versendung unschädlich für die Annahme einer einheitlichen innergemeinschaftlichen Lieferung oder Ausfuhrlieferung, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht (oder, unter bestimmten weiteren Bedingungen, feststellbar ist) und der liefernde Unternehmer nachweist, dass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und seiner Beförderung sowie ein kontinuierlicher Vorgang der Warenbewegung gegeben sind. Allerdings soll das nur dann gelten, wenn der Transport „ohne nennenswerte Unterbrechung“ erfolgt. Hat in diesen Fällen der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung im Rahmen seines Teils der Lieferstrecke in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet, müssen weitere Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Ausfuhr erfüllt sein: So muss der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer sein. Das BMF verlangt einen solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang sowie einen kontinuierlichen Vorgang der Warenbewegung auch in Fällen, in denen der Transport aus rein logistischen Gründen unterbrochen wird, weil etwa der Paketdienst das Paket in einen Hub verschafft, von wo ein anderes Beförderungsmittel es später zum Bestimmungsort bringt – selbst obgleich die Beförderung oder Versendung durch denselben Unternehmer bzw. im Auftrag desselben Unternehmers fortgesetzt wird. Ebenso muss der Absender in solchen Fällen bereits feststehen oder unter gewissen Voraussetzungen feststellbar sein. In diesen Fällen scheint das BMF indessen nicht ausdrücklich zu verlangen, dass der Transport „ohne nennenswerte Unterbrechung“ Umsatzsteuer aktuell Ausgabe 6, Dezember 2015 2 vor sich geht. Allerdings dürfte auch hier der sachliche und zeitliche Zusammenhang in dem Maße in Zweifel gezogen werden, in dem eine Unterbrechung des Transportvorgangs sich in die Länge zieht. Gebrochene Beförderung oder Versendung im Reihengeschäft Anders liegen die Dinge im Falle eines Reihengeschäfts (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG). Hier sind gebrochene Beförderungen oder Versendungen grundsätzlich auch weiterhin schädlich – dem BMF zufolge spaltet sich der Vorgang damit in mehrere hintereinandergeschaltete und getrennt zu beurteilende Einzellieferungen auf. Wie bei den Lieferungen im Zweierverhältnis gilt aber: Im Falle einer nicht gebrochenen Beförderung oder Versendung sind rein tatsächliche Unterbrechungen des Transports, die lediglich dem Transportvorgang geschuldet sind, für die Unmittelbarkeit der Warenbewegung und damit für die Annahme eines Reihengeschäfts unschädlich, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht (oder, unter bestimmten weiteren Bedingungen, feststellbar ist). Gemeint sind hier aber stets Unterbrechungen, bei denen dieselbe Partei die Beförderung oder Versendung nach der Unterbrechung weiterführt bzw. weiterführen lässt. Voraussetzung ist, dass der die Steuerbefreiung begehrende Unternehmer nachweist, dass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und seiner Beförderung sowie ein kontinuierlicher Vorgang der Warenbewegung gegeben sind. Bei einer gebrochenen Beförderung oder Versendung durch mehrere Beteiligte aus dem EU-Ausland in das Inland und von dort in das Nicht-EU-Ausland erkennt das BMF aber selbst für Reihengeschäfte eine Ausnahme an. Die Behandlung als Reihengeschäft ist unter den folgenden Voraussetzungen nicht zu beanstanden: Der erste Unternehmer befördert oder versendet den Liefergegenstand aus dem Mitgliedsstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung (Abgangsmitgliedsstaat) nur in das Inland, damit er von dort in das Drittlandsgebeite verschifft wird; die Behandlung als Reihengeschäft ist aufgrund des Rechts des Abgangsmitgliedsstaats vorgenommen worden; und der Unternehmer, dessen Lieferung bei Nichtannahme eines Reihengeschäfts im Inland steuerbar wäre (im Dreierverhältnis der zweite Unternehmer), weist die vorstehenden Voraussetzungen nach. Praxishinweise Wie genau die oben angesprochenen Nachweise zu führen sind, ist unklar, besonders in Fällen, in denen der liefernde Unternehmer nicht ohne Weiteres Einblick in die Vorgänge und in die Sachzwänge hat, denen sein Abnehmer unterliegt. Wenn der Abnehmer zum Beispiel den Gegenstand erst Wochen später aus dem Lager abholt, können sich Zweifelsfragen ergeben, die letzten Endes zulasten des liefernden Unternehmers (im Reihengeschäft: je nach Sachverhalt einer der im Reihengeschäft liefernden Unternehmer) gehen. Um ein Beispiel zu nennen: Führt in Zweierbeziehungen die gebrochene Beförderung oder Versendung nicht zu einer einheitlichen innergemeinschaftlichen Lieferung oder Ausfuhrlieferung, zum Beispiel weil nach Auffassung der Finanzverwaltung der zeitliche Zusammenhang verloren gegangen ist oder weil ein entsprechender Nachweis nicht zur Zufriedenheit eines Betriebsprüfers erbracht werden kann, so läge in den meisten Fällen eine steuerpflichtige Inlandslieferung vor, für die der leistende Unternehmer die Steuer schuldet. Liefernde Unternehmer, die von der neuen Vereinfachungsregelung für gebrochene Beförderungen und Versendungen (ob im Zweierverhältnis oder in Hinblick auf die vom BMF zugelassene Ausnahme im Reihengeschäft) Gebrauch machen möchten oder allgemein mit Unterbrechungen im Transportablauf zu rechnen haben, sollten daher in Erwägung ziehen, Maßnahmen zu treffen, mit denen sich solchen Problemen entgegenwirken ließe. Welche Maßnahmen das sind, kommt auf den Einzelfall an; so kann es hilfreich sein, den Transportvorgang samt Übernahme durch den Abnehmer vertraglich genau festzulegen (insbesondere in Hinblick darauf, dass die Übernahme und der Weitertransport in engen zeitlichen Grenzen zu erfolgen haben) und ihn zum Beispiel mit Hilfe von Tracking-and-TracingProtokollen zu dokumentieren. 3 Umsatzsteuer aktuell Ausgabe 6, Dezember 2015 Bitte beachten Sie: Keine ausdrückliche Regelung haben Fälle erfahren, in denen zum Beispiel Waren von Deutschland in den Hafen eines anderen EU-Mitgliedsstaats verbracht werden, wo der Abnehmer sie abholen und in das Drittlandsgebiet transportieren lässt. Solche Fälle wären wohl nach dem Wortlaut des BMF-Schreibens als innergemeinschaftliche Lieferung mit sich anschließender Ausfuhr oder gegebenenfalls Verbringung aus dem anderen EU-Mitgliedsstaat zu behandeln. Zwar liegt es nicht in der alleinigen Kompetenz des BMF, solche Fälle ohne Weiteres als Ausfuhrlieferung zu behandeln. Freilich ist von manchen EU-Staaten bekannt, dass sie solche Fälle insgesamt lediglich als „Durchfuhr“ im Zuge einer einheitlichen Ausfuhrlieferung sehen. Folglich besteuern sie weder innergemeinschaftliche Erwerbe, noch nehmen sie Ausfuhrlieferungen aus ihrem Mitgliedsstaat an. In solchen Fällen kann eine Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Probleme stoßen, weil die betreffenden anderen Mitgliedsstaaten aus ihrer Sicht keinen Grund haben, den Abnehmer zu registrieren und einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu besteuern – was auch bedeutet, dass sie es ablehnen, dem Abnehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Für solche Fälle gibt es zwar Gestaltungsmodelle und Lösungen, die allerdings einer vorherigen Abstimmung mit den zuständigen Finanzbehörden bedürfen, etwa im Wege einer verbindlichen Auskunft. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es kann sich empfehlen, bestehende Lieferstrukturen – besonders solche, in denen Lieferklauseln nach Art von FOB zur Anwendung gelangen – prüfen zu lassen. Eine Anpassung der Liefervereinbarungen und der erforderlichen Nachweise kann nötig werden. Ihre Ansprechpartner Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung und vermitteln Ihnen auf Wunsch auch einen Ansprechpartner in Ihrer Nähe. StB Frank Gehring Tel.: +49 211 981-2771 [email protected] RA StB Martin Diemer Tel.: +49 711 25034-1258 [email protected] Bestellung und Abbestellung Wenn Sie den PDF-Newsletter Umsatzsteuer aktuell bestellen möchten, senden Sie bitte eine leere E-Mail mit der Betreffzeile „Bestellung“ sowie dem genauen Namen Ihres Unternehmens an [email protected]. Wenn Sie den PDF-Newsletter Umsatzsteuer aktuell abbestellen möchten, senden Sie bitte eine leere E-Mail mit der Betreffzeile „Abbestellung“ an [email protected]. Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung unserer Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung/Information dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch den Herausgeber nachgedruckt und vervielfältigt werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen Autoren wieder. © Dezember 2015 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft. www.pwc.de
© Copyright 2025 ExpyDoc