Leserbrief zur Eidgenössischen Abstimmung vom 28. Februar 2016 2. Gotthardröhre Tote Hose in den Alpen Die Alpen gehören zur schweizerischen Identität wie Wilhelm Tell oder die Schlacht am Morgarten. Wir verstehen uns als Alpennation, als ein Volk von Berglern. Tatsache ist jedoch, dass in den Alpen Endzeitstimmung herrscht. Die Bevölkerung nimmt drastisch ab, die Jungen wandern für Ausbildung und Arbeit ins Flachland aus und kommen nicht mehr zurück, weil die Arbeitsplätze fehlen. In den halb leeren Dörfern bleibt eine überalterte Bevölkerung zurück. Die Post, die Schule und der Dorfladen schliessen, Wohnungen stehen leer und landwirtschaftliche Gebäude zerfallen. Davon bekommen wir Flachländer kaum etwas mit. Für uns sind die Berge hauptsächlich für unser Freizeitvergnügen da. Wir wandern und klettern, fahren Ski und Mountainbike, und so schnell wie wir gekommen sind, sind wir auch wieder weg. Der ansässigen Bevölkerung bleiben der Verkehr und wenig Profit. Ferien in den Bergen, einfach nur die prächtige Landschaft, eine intakte Natur und die Stille geniessen, das entspricht nicht dem Zeitgeist. Mobilität bedeutet für uns Autonomie und Freiheit. Wir scheuen keine Kosten, wenn es darum geht, die Alpen auf dem Weg in den Süden schnell und sicher zu durchqueren. Uns ist jedoch nicht bewusst, was die Bevölkerung in den engen Bergtälern dafür in Kauf nehmen muss, wo der Verkehr schon heute Tag und Nacht rauscht und die Luft schlechter ist als in der Stadt. Eine zweite Gotthardröhre bringt noch mehr Verkehr, vor allem dann, wenn auch die Kapazitäten am Axen ausgebaut werden. Den Menschen in den Alpen bringt die zweite Röhre nichts. Die Flachländer und das Ausland haben den Profit. Den Berglern bleiben der Lärm, Abgase und die Leere. Wollen wir das wirklich? Birgitta Michel Thenen Kantonsrätin Grüne Rickenbach
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