Nr. 82 Juni 2015 - Projekt

NR. 82
JUNI 2015
INFO
Ein Projekt des DBH-Bildungswerkes für die ehrenamtlich Tätigen bei den sozialen Diensten der Justiz und justiznahen Bereiche
INHALT
Täter-Opfer-Ausgleich in
Deutschland ............... 3
Übergangsmanagement
und B 5 ...................... 4
Abbau von Haftplätzen in
NRW .......................... 7
Polizeiliche Kriminalstatistik 2014 ............. 7
Rente für Gefangene? 8
Synthetische Drogen auf
dem Vormarsch ........ 10
80 Jahre AA .............. 12
EA - Emotions
Anonymous .............. 12
Neuer Imam
in Geldern ................ 15
Führungsaufsicht ...... 15
Die JVA-Beiräte ........ 16
LOTSE-Gesprächskreis im
Landtag .................... 18
Besondere Projekte aus
den JVAs NRW .......... 18
Bücher ...................... 19
Filmtipps .................. 20
Legal und lecker ....... 22
TERMINE: Seminar &
Gesprächskreise .. 23/24
UnsereNachbarnvonmorgen
Dass aus den Insassen von heute die Nachbarn von morgen werden,
wissen die ehrenamtlichen BetreuerInnen genau
„Man kann den Eindruck bekommen, die
Öffentlichkeit schreibe dem Gefängnis
geradezu magische Fähigkeiten zu: Es
bringe Straftäter zum Verschwinden,
gerade so, als sei der Knast ein Zauberhut. Sind die Täter einmal zur Strecke
gebracht und dem langen Arm der Justiz
zugeführt, so der Glaube beziehungsweise das Heilversprechen, muss sich auch
niemand vor ihnen fürchten.“ So Bernd
Maelicke in seinem Buch Knast Dilemma
(siehe hier S. 19) „Dabei wird völlig übersehen, dass 96 Prozent von ihnen irgendwann wieder entlassen werden
(mehr als 40 Prozent bereits nach maximal einem Jahr)“ (ebd.).
Die Strafe ändert normalerweise nichts
an der Sucht, an Schulden oder an Beziehungsschwierigkeiten. Menschen, die zu
einer Haftstrafe verurteilt wurden, leiden
daran, vom gesellschaftlichen Leben
abgeschnitten zu sein. Wenden sich
Angehörige ganz ab, sind Angst und
Unsicherheit die Folgen. Vorurteile in der
Bevölkerung erschweren es Strafgefangenen, Anschluss an Menschen zu finden
und in die Gesellschaft wieder integriert
zu werden. Rechtzeitige Hilfe fördert den
Neustart in ein selbstständiges Leben.
Rechtzeitige Hilfe kann den Rückfall
verhindern und ist somit auch Kriminalprävention.
Dass aus den Insassen von heute die
Nachbarn von morgen werden, wissen
die ehrenamtlichen BetreuerInnen genau
– auch wenn dies meistens kaum eine
Rolle in ihrer Motivation spielt. Indem sie
diese Arbeit tun, stellen sie konkrete
Verhaltensbeispiele für ihre unmittelbare
Umgebung dar und leisten einen bedeutsamen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Resozialisierung von
straffällig gewordenen Menschen, besonders wenn diese zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden.
Nach langer Haft müssen Strafgefangene
vieles neu lernen, um den Alltag zu bewältigen. Diejenigen, die den Dokumentarfilm Beyond Punishment gesehen
haben (siehe hier S. 20), erinnern sich
vielleicht an die Aussage des wegen
Mordes verurteilten jungen Mannes: „Ich
hatte eine Riesenangst bei der Entlassung… die gleiche Angst habe ich auch
in den Augen der anderen gesehen…die
meisten von ihnen Muskelpakete… aber
in den Augen, die gleiche Angst vor der
Begegnung mit den Menschen draußen,
die gleiche Furcht davor, in ihren Augen
deren Vor-Urteile bzw. das eigene (vorurteilte) Selbstbild gespiegelt zu sehen...“
(sinngemäßes Zitat).
Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt
geraten sind, brauchen Hilfe von der
Gesellschaft, in der sie nach Verbüßung
der Strafe weiterleben werden. Häufig
sind Strafgefangene durch zerrüttete
Familienverhältnisse, Arbeitslosigkeit
oder Sucht in Schwierigkeiten und in
kriminelle Kreise geraten. Häufig fehlt in
der Haft die Unterstützung durch Familie
oder Freunde. Manchmal gehören Freunde ebenfalls dem kriminellen Milieu an
und sind daher keine langfristige Hilfe,
aus dem Teufelskreis heraus zu kommen.
Kontakte und Gespräche mit Menschen,
die von außen kommen, helfen den Inhaftierten. Das gilt auch für Insassen in
Sicherungsverwahrung. In einem der
LOTSE-Gesprächskreise hat durch die
Vermittlung der Ehrenamtlichen, die ihn
schon seit 5 Jahren betreute, ein Austausch mit Karl-Heinz X. stattfinden können, einem Mann, der sechs Monate
LOTSEINFO
davor aus der Sicherungsverwahrung
entlassen werden konnte. Für wiederholte schwere Delikte war Karl-Heinz insgesamt rund 30 Jahre inhaftiert gewesen.
Seine offene Reflexion im Gesprächskreis
machte für alle konkret deutlich, wie
„überlebenswichtig“ der regelmäßige,
verbindliche Kontakt zu seiner Betreuerin
für ihn gewesen ist. Nicht nur wegen des
sozialen Austausches, sondern auch weil
diese der Beweis darstellte, dass die
Gesellschaft ihn doch nicht komplett
abgeschrieben hatte. Trotz der Taten, die
er heute in ihrer Tragweite sehen kann
und die schwer auf ihm lasten.
Dies zu spüren, gab ihm Hoffnung auf
eine Lebensperspektive nach der Abgeschiedenheit der Sicherungsverwahrung
und damit die Kraft, seine Entlassung
aktiv vorzubereiten. So gelang es ihm
schnell, eine Wohnung und sogar eine
Arbeit zu finden.
Die Rückmeldung von Karl-Heinz zum
Austausch im LOTSE-Gesprächskreis
veröffentlichen wir im Folgenden:
Sehr geehrte Frau Boscolo Lips,
ich hoffe, mein Brief kommt noch rechtzeitig vor dem Redaktionsschluss an.
Zunächst möchte ich mich aber bei Ihnen
für den freundlichen Empfang beim LOTSE-Treff bedanken und mich für mein
spätes Melden entschuldigen!
Was für mich persönlich in der Betreuung
wichtig war, dass ich ein Vertrauensverhältnis aufbauen konnte, ich als Mensch
angenommen wurde und ich eine klare
Struktur in der Betreuung hatte. Dadurch
konnte ich dann offen und ehrlich über
meine Problematik reden.
Wichtig war für mich aber auch der Austausch über das Leben in Freiheit, außerhalb der Mauern und welche Sorgen und
Ängste die Menschen haben.
Alles in allem war es letztendlich die
absolute und kontinuierliche Zusammenarbeit, die von gegenseitigem Respekt,
Offenheit und Vertrauen geprägt wurde.
So wurde ich gut auf ein Leben in Freiheit
von meiner Betreuung vorbereitet.
Falls Sie noch weitere Fragen haben, so
stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz X. (Originalbrief mit vollem
Namen unterschrieben)
NR.82
03/2015
Tätigkeitsbericht des
Justizvollzugsbeauftragten
2013/2014 erschienen
Der Justizvollzugsbeauftragte des Landes
Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Michael
Kubink, hat seinen ersten Bericht in dieser Funktion verfasst. Ebd. Kubink: „Wie
bereits mehrfach angesprochen, hat der
Strafvollzug in NRW im Lichte des neuen
Strafvollzugsgesetzes die einmalige
Chance in manchen Bereichen neue Wege zu gehen und im Sinne einer Art von
„Terraforming“ das Feld ganz neu zu
bestellen. Ich möchte mich für ein modernes Vollzugsdenken einsetzen, das
insbesondere von den Kriterien Opferbezogenheit, Altersbezogenheit, Familienfreundlichkeit und Übergangsorientierung
geprägt ist.“
Wir geben zu, dass wir uns noch nicht
vertieft mit den rund 180 Seiten auseinandergesetzt haben, die alle aktuellen
Themen streifen und schon daher empfehlenswert sind.
Der schnelle Überblick über die Beschäftigung mit den ehrenamtlich im Strafvollzug Tätigen ergibt folgende Treffer:
- im Kapitel „Reaktionen auf den Tätigkeitsbericht 2012“
- im Kapitel „Einzelne Arbeitsschwerpunkte im konzeptionellen Bereich„ unter
folgendem Unterpunkt:
- Seelsorgerische Angebote
Die katholischen und evangelischen
Seelsorger arbeiten konfessionsübergreifend. Angeboten werden Gottesdienste, seelsorgerische Einzel- und
Gruppengespräche, religiöse Gruppenveranstaltungen, Kochabende mit ehrenamtlichen Betreuern sowie Begleitung und Beratung von Angehörigen
und Mitbetroffenen.
- im Kapitel „Altersorientierte Vollzugsgestaltung“ unter folgenden zwei Unterpunkten:
- Vernetzung
Um die komplexen Aufgaben der
Lebensälterenabteilung bewältigen zu
können, soll die Mitwirkung engagierter Personen und Institutionen gesucht
und gefördert werden (ehrenamtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Anstaltsbeirat, Straffälligenhilfe e.V.).
Durch Berichterstattung in den Medien
sollen öffentliche Wahrnehmung und
Akzeptanz sowie Transparenz gesteigert werden.
2
- ehrenamtliche Betreuer
deren Tätigkeit gerade vor dem Hintergrund der oft eingeschränkten sozialen
Kontakte älterer Gefangener wichtig
ist, Kochgruppe, Spaziergängergruppe,
begleitete Einzelausgänge.
Ein erstes Jahr im Amt ist bei Weitem
nicht ausreichend für eine Vertiefung
aller Themenbereiche, so sind wir zuversichtlich, dass die ehrenamtlichen BetreuerInnen und deren im neuen Strafvollzugsgesetz gestärkte Rolle im nächsten Tätigkeitsbericht den gebührenden
Fokus der Aufmerksamkeit des Justizvollzugsbeauftragten erhalten werden.
(www.justizvollzugsbeauftragter.nrw.de/
Aktuelles/index.php)
Woche des
bürgerschaftlichen
Engagements 2015
Die Koordinaten für die 11. Woche des
bürgerschaftlichen Engagements stehen fest:
Sie wird am 11. September 2015 feierlich in Berlin eröffnet und dauert bis zum
20. September 2015. Erneut hat Bundespräsident Joachim Gauck für dieses
Jahr seine Schirmherrschaft zugesagt.
Hier finden Sie mehr zur Woche des bürgerschaftlichen Engagements:
www.engagement-macht-stark.de
SÄGEBLATT
Wir gratulieren zum Neustart von SÄGEBLATT, Gefangenenmagazin der JVA
Gelsenkirchen, im März 2015!
Infos & Bezug:
[email protected]
Mehr Frauen für
Spitzenpositionen
Die Landesregierung will mehr Spitzenpositionen mit weiblichen Führungskräften
besetzen und deshalb die Regelungen zur
Frauenquote im Öffentlichen Dienst weiterentwickeln. Der Verfassungsrechtler
Prof. Papier hat hierzu nun ein Gutachten
vorgelegt. (Rechtsgutachten Prof. Papier
vom 30.05.2014, www.mik.nrw.de)
LOTSEINFO
Internationaler Tag der
Mediation
Aus der Website des Servicebüros für
Täter-Opfer-Ausgleich und
Konfliktschlichtung
Es gibt gute Gründe, um zwischen der
allgemeinen Mediation und der Mediation in Strafsachen* sowie anderen Angeboten der Restorative Justice eine klare
Trennung zu vollziehen.
So ist zum Beispiel eine wichtige Voraussetzung für das Zustandekommen der
Mediation in Strafsachen, dass das begangene Unrecht der tatverantwortlichen
Person von vornherein (zumindest im
Wesentlichen) auch von ihr als solches
anerkannt wird. Davon ausgehend sollte
sie grundsätzlich dazu bereit sein, für
dieses Handeln Verantwortung zu übernehmen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wiedergutmachung zu leisten.
Im Unterschied zur ‚klassischen‘ Mediation ist somit eine ‚moralische Ebenbürtigkeit‘ der beiden Konfliktpartner meist
nicht gegeben. Hinzu kommt aufgrund
der strafrechtlichen Normabweichung die
obligatorische Involvierung des Justizwesens, auch wenn Angebote der Restorative Justice die private Dimension der Tat
fokussieren.
Doch auch wenn mit beiden Angeboten
unterschiedliche Zielgruppen, Vorgehensweisen oder Rahmenbedingungen
einhergehen: Natürlich gibt es zwischen
der Mediation im Allgemeinen und der
Mediation in Strafsachen überwiegend
Parallelen. In beiden Fällen stehen themenunabhängig der Konflikt bzw. die
Beziehungsverletzung sowie daran anknüpfend die Lösungsfindung im Mittelpunkt.
Die Vermittlungsgespräche, die von professionellen Mediatoren (in Strafsachen)
mit ähnlichen oder gar denselben Methoden durchgeführt werden, beziehen tieferliegende Gefühle beider Seiten mit ein.
Sie helfen bei der gegenseitigen Verständigung über das Geschehene und bei der
Überwindung der Tat bzw. des den Konflikt auslösenden Problems. Nur um ein
paar Schlagworte zu nennen: Prinzipien
wie die Ergebnisoffenheit des Vermittlungsprozesses, die Allparteilichkeit des
Mediators (in Strafsachen) oder die Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit der
Konfliktparteien sind jeweils gleichermaßen zentral.
NR.82
03/2015
In diesem Sinne möchten wir auf den seit
2014 nun jährlich am 18. Juni stattfindenden (Internationalen) Tag der Mediation aufmerksam machen und den hohen
Wert des Miteinander Redens – eben
auch in besonders schwierigen Fällen –
ein weiteres Mal in den Vordergrund
stellen. An diesem besonderen Datum
werden "in Deutschland, Österreich und
der Schweiz Veranstaltungen und öffentlichkeitswirksame Aktionen der verschiedensten Form von den jeweiligen Mediationsvereinen und Mediationsverbänden
durchgeführt [...], um über die Methode
Mediation in Theorie und Praxis in einer
breiten Öffentlichkeit zu informieren
sowie die Mediation als eine Form der
modernen Streitkultur und Konfliktregelung weiter bekannt zu machen"
(tagdermediation.at). Falls Sie sich im
nächsten Jahr an dieser länderübergreifenden Kampagne beteiligen oder an
einer der zahlreichen Aktionen als Privatperson teilnehmen möchten, finden Sie
nähere Informationen unter: www.toaservicebuero.de/aktuelles/internationalertag-der-mediation. Dort ist auch ein
Erklärvideo von vjsual zum Thema Mediation (Christoph Willms, 19.06.2015)
Eine Chance auf Wiedergutmachung
Täter-OpferAusgleich
in Deutschland
Von Christoph Willms
Angebote der Restorative Justice sind
vielfältig. In Deutschland hat sich der
Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bisher mit
Abstand am stärksten etabliert. Erste
Projekte gab es Mitte der 1980er Jahre,
die gesetzlichen Verankerungen folgten
1990 im Jugendgerichtsgesetz (JGG),
1994 im Strafgesetzbuch (StGB) und
schließlich 1999 in der Strafprozessordnung (StPO).
Bundesweit haben Tatverantwortliche
und Tatbetroffene von Straftaten somit
die Möglichkeit, unter Beteiligung eines
unparteiischen Dritten, eine befriedende
Regelung ihres Konflikts herbeizuführen.
Gesetzlich kann ein Täter-OpferAusgleich im Vorverfahren, im Zwischenund im Hauptverfahren eingeleitet werden. Wenn die Betroffenen sich nicht
selbst an eine Konfliktschlichtungsstelle
wenden, was jederzeit möglich ist, ob3
liegt die Auswahl unter den anhängigen
Strafverfahren den Staatsanwaltschaften
und Gerichten.
Der Täter-Opfer-Ausgleich, der von ausgebildeten Mediatorinnen und Mediatoren in Strafsachen angeboten wird, umfasst in der Regel eine Konfliktberatung
und/oder Konfliktschlichtung, eine Vereinbarung über die Wiedergutmachung
und die Berücksichtigung der Täterbemühungen im Strafprozess.
Im deutschen Strafvollzug ist der TäterOpfer-Ausgleich eine Randerscheinung.
Auf Dauer angelegte Angebote (wie z. B.
in der JVA Bremen) sind zwar noch eine
Seltenheit, aber die Zahl der bundesweiten Modellprojekte, in denen der TäterOpfer-Ausgleich im Strafvollzug erprobt
wird, nehmen zu. So auch in NordrheinWestfalen – wie in der JVA Schwerte.
Im Zuge des neuen Strafvollzugsgesetzes
vom 13. Januar 2015 und einer damit
einhergehenden stärkeren opferbezogenen Vollzugsgestaltung erhält der Tatausgleich nun eine höhere Bedeutung:
„Die Gefangenen sind dabei zu unter-
stützen, den verursachten materiellen
und immateriellen Schaden auszugleichen. […] Maßnahmen des Opferschutzes und des Tatausgleichs sind mit dem
Ziel der Eingliederung der Gefangenen in
Einklang zu bringen […]“ (§ 7 StVollzG-
NRW). Für den weiteren Ausbau von
Angeboten der Restorative Justice in
Deutschland ist dies ein erster und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Weitere Informationen zum Thema sind
über die Website des Servicebüros für
Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung (www.toa-servicebuero.de)
oder über deren Öffentlichkeitsreferenten, Christoph Willms (Tel.: 0221/94865127, [email protected]), erhältlich.
(Christoph Willms, Juni 2015)
Globale Strategie zur
Reduzierung von Gewalt
um 50% in 30 Jahren
Das Violence Research Center der Universität Cambridge und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben am
20.04.2015 die Kongressdokumentation
"Global Strategies to Reduce Violence by
50% in 30 Years: Findings from the Global Violence Reduction Conference 2014"
veröffentlicht.
(aus Präventions-News 29.04.2015)
LOTSEINFO
NR.82
03/2015
Übergangsmanagement zur
Integration Inhaftierter
Eine kurze Bestandsaufnahme von Sabine
Bruns. Von ihr veröffentlichten wir bereits
eine Einführung zum Thema im LOTSEHeft Nr. 80.
Die gesetzlichen Stolpersteine sind identifiziert - doch wie lange wird es dauern,
um diese aus dem Weg zu räumen?
Hier nur drei Beispiele für gravierende
Stolpersteine, die nur durch Änderungen
der Bundesgesetze beseitigt werden
können:
‐
‐
‐
Das Personalausweisgesetz sieht
keine Ausweispflicht für Inhaftierte
vor. Dies führt vor Ort immer wieder
zu Schwierigkeiten mit den ausstellenden Behörden.
Inhaftierte sind nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Möglichkeit der weiteren Mitgliedschaft
bei ruhendem Leistungsanspruch
während der Zeit der Inhaftierung
würde viele (meist zeitliche) Probleme bei der Entlassung vermeiden.
Eine Realisierung der Leistungsansprüche nach dem SGB noch während der Haftzeit würde die durch
extrem hohen Druck gekennzeichnete Entlassungssituation deutlich entspannen.
Die Justizministerkonferenz hatte im
November 2014 den Strafvollzugsausschuss beauftragt, auf der Grundlage
eines Berichtes einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe eine Übersicht über
Probleme und Lösungsmöglichkeiten zu
erarbeiten. Zuständigkeiten für die Gesetzgebung sowie Art und Weise der
Beteiligung anderer Ressorts und Institutionen sollte zur Frühjahrskonferenz der
Justizminister berichtet werden.
Unter der Federführung von SchleswigHolstein wird in der länderübergreifenden
Arbeitsgruppe weitergearbeitet und
konkrete Vorschläge werden entwickelt.
www.freiabos.de
Im Juni 2015 wird sich die Ministerkonferenz erneut damit befassen.
Der eingeschlagene Weg ist der richtige,
auch wenn die Initiativen zur Gesetzesänderung durch erforderliche Beratungen
in den Gremien und vorgeschriebenen
Verfahren einige Zeit in Anspruch nehmen. Sabine Bruns, Referentin
Straffälligenhilfe, Diakonie RheinlandWestfalen-Lippe; Mai 2015
Die Gemeinschaftsinitiative B5
Übergangsmanagement zur beruflichen
Wiedereingliederung von (jungen) Gefangenen und
Haftentlassenen
Wolfgang Wirth
Kriminologischer Dienst des Landes
Nordrhein-Westfalen
„Das Übergangsmanagement zur Wiedereingliederung von Gefangenen ist zu
optimieren.“ Diese Forderung ist den
Leitlinien für den Strafvollzug des Landes
Nordrhein-Westfalen entnommen.*
Im neuen nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetz haben die damit verbundenen Aufgaben der Entlassungsvorbereitung und der sozialen Eingliederung
folglich eine besondere Schwerpunktsetzung erfahren.**
Und in der Praxis gewinnt der Gedanke
an die Notwendigkeit einer strukturierten
Gestaltung der Übergänge aus der Haft in
die Freiheit ebenfalls zunehmend an
Bedeutung. Dies betrifft insbesondere das
Übergangsmanagement zur beruflichen
Wiedereingliederung von Gefangenen
und Haftentlassenen, das in den genannten Leitlinien als besonders wichtiges
Element einer erfolgreichen Resozialisierung und Rückfallprävention betrachtet
wird.
Demnach soll insbesondere im Bereich
der Arbeitsmarktintegration von Gefangenen „die vollzugsübergreifende Zusammenarbeit als modernes CaseManagement unter Einbeziehung
4
relevanter Arbeitsmarktakteurinnen bzw.
Arbeitsmarktakteure (z. B. Arbeitsagenturen und Jobcenter) künftig Standard
werden.“***
Im Sinne vorrangiger Ziele sollen dabei
die Ergebnisse der vielfältigen Bildungsund Behandlungsmaßnahmen des Strafvollzuges gesichert, die Mitwirkungsbereitschaft der (ehemaligen) Gefangenen
durch Schaffung konkreter Beschäftigungsperspektiven gesteigert und bestehende Beschäftigungsverhältnisse durch
flankierende Nachsorgemaßnahmen
stabilisiert werden.
Um dies zu erreichen, sollen bestehende
Vernetzungsstrukturen des Strafvollzuges
mit ambulanten Eingliederungshilfen
zusammengeführt und – soweit möglich
– ausgebaut werden. Dies erfordert unter
anderem eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für
Arbeit und kommunalen Trägern sowie
die entsprechende Qualifizierung des
fachspezifischen Vollzugspersonals, aber
auch eine stärkere Einbindung externer
Kräfte in die Vollzugsplanung, Behandlung und Entlassungsvorbereitung der
Gefangenen.
Den mit dieser „Herkulesaufgabe“ verbundenen Herausforderungen stellt sich
die Gemeinschaftsinitiative B5, die im
Folgenden näher beschrieben wird.
LOTSEINFO
Was ist B5?
B5 ist eine Gemeinschaftsinitiative des
nordrhein-westfälischen Strafvollzuges
und der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Angestrebt wird
ein landesweites Übergangsmanagement
zur beruflichen Wiedereingliederung von
(jungen) Gefangenen und Haftentlassenen. Dabei steht das Kürzel B5 für fünf
Basismodule mit folgenden Einzelzielen:
B1: Berufsorientierung insbesondere bei jungen Gefangenen
verbessern
Mit diesem Modul soll vor allem die
berufliche Orientierung von Gefangenen
unter 25 Jahren gefördert werden. Die
Teilnehmenden sollen einen vertieften
Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt
erhalten und eine realistische Berufswahl
treffen können. Beispielhafte Angebote
sind: Umfassende Informationen zu Berufsfeldern, Interessenerkundung, Eignungsfeststellung, Beratung zur Berufswahl und Entscheidungsfindung, Verknüpfung zu sozialen Trainingskursen mit
Arbeitsweltbezug in den Vollzugsanstalten.
B2: Berufsqualifizierung im Vollzug arbeitsmarktnah weiterentwickeln
Mit diesem Modul soll die Beschäftigungsfähigkeit der Gefangenen gefördert
und das Qualifizierungsangebot des
Strafvollzuges noch arbeitsmarktnäher
gestaltet werden. Die Vermittelbarkeit
der Teilnehmenden wird durch zahlreiche
Maßnahmen gesteigert. Beispielhafte
Angebote sind: niederschwellige Förderung der Ausbildungsfähigkeit, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen,
Lernbörse, modulare Einstiegs-, Teil-,
Nach- und Zusatzqualifizierungen, Vollausbildungen.
B3: Beschäftigungsvermittlung
im Übergang aus der Haft in die
Freiheit intensivieren
Mit diesem Modul soll die Vermittlung
der (ehemaligen) Gefangenen in Arbeit
oder (Folge-) Ausbildung intensiviert
werden. Den Teilnehmenden wird eine
beschäftigungsorientierte Entlassungsvorbereitung angeboten, die bei Bedarf
durch nachsorgende Leistungen im Übergang aus der Haft in Beschäftigung ergänzt wird. Beispielhafte Angebote sind:
Bewerbungstraining, Profiling nach dem
4-Phasen-Modell der Bundesagentur für
Arbeit, gezielte Arbeits- und Ausbil-
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dungsplatzvermittlung, auch mit Stellensuchläufen in der Jobbörse, Kooperation
mit dem Arbeitgeberservice, zielgruppenorientierte Akquise von Stellen.
B4: Beschäftigungsstabilisierung
durch flankierende Hilfen für
Haftentlassene sichern
Mit diesem Modul sollen Beschäftigungsabbrüche durch stabilisierende Hilfen für
Haftentlassene vermieden werden. Die
Teilnehmenden erhalten in den ersten
sechs Monaten nach der Haft neben ggf.
weiter erforderlichen Vermittlungsleistungen spezifische Unterstützungsleistungen. Beispielhafte Angebote sind:
Abstimmung von Wiedereingliederungsplänen der Vollzugsanstalten und Eingliederungsvereinbarungen mit Arbeitsmarktakteuren, Erbringung oder Vermittlung von (beratenden) Hilfen mit einem
Fokus auf den Problemlagen Sucht, materielle Sicherung/Schulden und Wohnen.
B5: Beschäftigungsanalyse zur
Erfolgskontrolle und Programmsteuerung
Mit diesem Modul sollen empirische
Bedarfsanalysen und Erfolgskontrollen für
die Steuerung der Gemeinschaftsinitiative
B5 genutzt werden. Dies ermöglicht eine
bedarfsgerechte Weiterentwicklung der
Verfahrensstandards, die nachhaltige
Sicherung der Angebotsqualität und –
falls erforderlich – eine evidenzbasierte
Steigerung der Leistungseffektivität.
Beispielhafte Angebote sind: fallbezogenes Vermittlungsmonitoring, fallübergreifende Wirkungsanalyse und formative
Programmevaluation sowie regionale
Arbeitsmarktsurveys.
Wen will B5 erreichen?
B5 richtet sich mit vor allem an (junge)
Strafgefangene, bei denen ein per Vollzugs- oder Eingliederungsplan festgestellter Bedarf an beruflichen Orientierungsmaßnahmen (B1) und/oder einer beruflichen Qualifizierung (B2) besteht. Gefangene, die im Verlauf ihrer Haft eine solche Maßnahme absolviert haben, sollen
durch eine beschäftigungsorientierte
Entlassungsvorbereitung (B3) vorrangig
in Arbeit vermittelt werden. Inhaftierte,
die berufliche Orientierungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen im Vollzug begonnen, aber nicht abgeschlossen haben,
sollen vorrangig in Folgeausbildungen
vermittelt werden.
Die ebenfalls beschäftigungsorientierte
Nachsorge (B4) wird den entlassenen B55
Teilnehmer/innen im Bedarfsfall angeboten. Für die einzelnen Module gelten
unterschiedliche Zugangs- und Ausschlusskriterien. Die Teilnahme erfolgt
freiwillig auf der Grundlage einer schriftlichen Einverständniserklärung.
Warum gibt es B5?
B5 dient sowohl kriminal- als auch sozialund arbeitsmarktpolitischen Zielen.
Grundlage ist die wissenschaftlich belegte Erkenntnis, dass die Förderung der
Beschäftigungsfähigkeit von Inhaftierten
und ihre gezielte Vermittlung in Arbeit
oder Ausbildung Rückfallrisiken senken
können. Mit der beruflichen Eingliederung von (ehemaligen) Gefangenen wird
zudem ein Beitrag zur Sicherung des
Fachkräftebedarfs geleistet. Durch die
verbesserte Vernetzung von Justiz- und
Arbeitsmarktakteuren soll die Wirksamkeit ihrer Eingliederungsbemühungen
verbessert und Doppelarbeit vermieden
werden.
Wie ist B5 entstanden?
B5 ist ein Resultat diverser Modellprojekte, die der Kriminologische Dienst des
Landes Nordrhein-Westfalen im Auftrag
des Justizministeriums NRW mit Förderungen aus Mitteln des Europäischen
Sozialfonds durch das Bundesministerium
für Arbeit und Soziales und das
nordrhein-westfälische Arbeitsministerium entwickelt und koordiniert hat. Mit
der Gemeinschaftsinitiative B5 sind Leistungselemente und Verfahrensweisen,
die sich im Rahmen dieser langjährigen
Entwicklungsstrategie bewährt haben,
nunmehr verstetigt worden.
Seit wann und bis wann läuft B5?
B5 basiert auf einer Kooperationsvereinbarung, die der Justizminister des Landes
Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty,
und die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der
Bundesagentur für Arbeit, Christiane
Schönefeld, im Mai 2012 unterzeichnet
haben. Mit dieser Vereinbarung wird die
Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten mit Arbeitsagenturen und Jobcentern
verbindlich geregelt.
Nach der Aufbauphase wurden die Leistungen der beschäftigungsorientierten
Entlassungsvorbereitung und Nachsorge
durch eine öffentliche Ausschreibung neu
vergeben und landesweit einheitlich
festgelegt. Die vertraglichen Vereinbarungen gelten zunächst bis zum
30.09.2018.
LOTSEINFO
Fortsetzung von Seite 5
Davon unabhängig ist eine zeitliche Befristung der Gemeinschaftsinitiative nicht
vorgesehen.
An welchen konzeptionellen
Grundlagen orientiert sich B5?
B5 wird nach den fachlichen Standards
des Handlungskonzepts Case Management durchgeführt, das sich bereits im
Übergang aus stationärer in ambulante
Behandlung im Gesundheitswesen, im
Übergangssystem Schule-Beruf sowie im
beschäftigungsorientierten Fallmanagement bewährt hat.
Dabei werden die einzelnen Module der
Gemeinschaftsinitiative systematisch
durch eine Fallsteuerung verknüpft, die
die Prozessschritte „Zugangssteuerung“,
„Bedarfsklärung“, „Eingliederungsplanung“, „Vermittlung“, „Verlaufskontrolle“ und „Leistungsevaluation“ beinhaltet. Die fallübergreifende Vernetzung der
beteiligten Kooperationspartner erfolgt
zudem sowohl innerhalb als auch außerhalb der Justizvollzugsanstalten durch
zertifizierte Case Manager/innen, die auf
der Grundlage landesweiter Vorgaben
tätig werden.
Wo gibt es B5?
B5 wird mit wenigen Ausnahmen mit
einer jeweils bedarfsorientierten Zusammensetzung der einzelnen Module in
allen nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten angeboten. Es wurden fünf
B5-Regionen gebildet, in denen je sechs
bis neun Anstalten mit den zuständigen
Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammenarbeiten.
Außerdem gibt es in jeder Region zwei
B5-Nachsorgebüros – und zwar in Düsseldorf und Wuppertal (Region 1: Düsseldorf / Bergisches Land), Duisburg und
Gelsenkirchen (Region 2: Ruhrgebiet /
Niederrhein), Bochum und Dortmund
(Region 3: Ruhrgebiet / Sauerland), Aachen und Köln/Bonn (Region 4: Rheinland) sowie Bielefeld und Münster (Region 5: Ostwestfalen-Lippe).
Wer ist an B5 beteiligt?
B5 wird justizseitig durch den Kriminologischen Dienst des Landes NordrheinWestfalen, dem auch Schulungs- und
Evaluationsaufgaben obliegen, strategisch gesteuert. Auf Landesebene koordinieren ein Beirat und eine Arbeitsgruppe
der Justiz- und Arbeitsverwaltung die
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Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten, Arbeitsagenturen und Jobcenter in
den B5-Regionen. Auf dieser Basis strukturieren Fachkräfte des vollzuglichen
Sozialdienstes die Arbeit der beteiligten
Dienste innerhalb der Justizvollzugsanstalten. In den Agenturen für Arbeit und
Jobcentern geschieht dies durch speziell
benannte Ansprechpartner.
Und in den B5-Regionen organisieren
spezifisch geschulte Fachkräfte regelmäßig tagende Vernetzungsarbeitskreise.
Die Aufgaben der beschäftigungsorientierten Entlassungsvorbereitung und
Nachsorge werden von den Grone Bildungszentren Nordrhein-Westfalen
Rheinland gGmbH, den Grone Bildungszentren NRW GmbH – gemeinnützig –
Niederlassung Bochum und dem Chance
e. V. Münster wahrgenommen.
„Wegschließen“
reichtnicht!
StraffälligebrauchenIhre
ehrenamtlicheHilfe!
WirunterstützenSieinIhrem
persönlichenEngagement.
Wessen Unterstützung wird in B5
außerdem gebraucht?
B5 ist auf „Zuwachs“ angelegt. Die vielfältigen Eingliederungshemmnisse der
Zielgruppe erfordern neben einer strukturierten Zusammenarbeit der beteiligten
Justiz- und Arbeitsmarktakteure auch die
Kooperation von „kompetenten Dritten“.
Zum Beispiel: ambulante soziale Dienste
in (über-)örtlichen Hilfesystemen, Arbeitgeber und Bildungsträger, aber auch
ehrenamtliche Helferinnen und Helfer.
Die Vernetzungsarbeit soll künftig auf
regionaler und überregionaler Ebene
weiter ausgebaut werden. Interessierte
Kooperationspartner können weiterführende Informationen über entsprechende
Zukunftsplanungen, aber auch zur Konzeption und zur praktischen Arbeit der
Gemeinschaftsinitiative B5 beim Kriminologischen Dienst des Landes NordrheinWestfalen anfordern.
[email protected]
Wolfgang Wirth, Ltd. Regierungsdirektor;
Leiter des Kriminologischen Dienstes des
Landes Nordrhein-Westfalen, Mai 2015
*http://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Beho
erden/Justizvollzug/leitlinien/Leitlinien_
Strafvollzug.pdf (S.19; Abruf: 28.05.2015)
**Vgl. § 58, unter anderem in Verbindung
mit § 5 StVollzG NRW sowie die Gesetzbegründung der Landesregierung.
***Vgl. S. 20 der Leitlinien für den Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen.
6
Supervision
in Herford
Die in Herford bestehende LOTSESupervisionsgruppe für ehrenamtliche
BetreuerInnen in der Straffälligenhilfe
kann noch einige wenige Teilnehmer
berücksichtigen.
Interessenten wenden sich bitte an das
LOTSE-Servicebüro in Köln, s. Impressum.
Wir sind (noch)
nicht perfekt!
Im LOTSE-Info fehlt das Wichtigste?
Sie vermissen wichtige Themen?
Sie wünschen sich bestimmte Schwerpunkte?
Sie haben eine Meinung zu hier behandelten Nachrichten?
Schreiben Sie uns!
Wir freuen uns auf konstruktive Kritik und
nehmen Ihre Themenvorschläge gerne
auf!
Das LOTSE-Heft ist schließlich für Sie da!
Wir arbeiten noch an der perfekten Ausgabe...
;-)
LOTSEINFO
Landesregierung und
Opposition in NRW
Streit über
Abbau von Haftplätzen im Land
In NRW gibt es derzeit 36 JVAs sowie 23
Zweiganstalten und Außenstellen mit
rund 19.000 Haftplätzen. Das Land will
bis spätestens 2020 fünf Gefängnisse in
Duisburg-Hamborn, Coesfeld, Krefeld,
Mönchengladbach und Dinslaken schließen. Im Gegenzug sollen allerdings vier
komplett neue Haftanstalten in Iserlohn,
Köln, Willich und Münster alte Gebäude
ersetzen. Über die Streichung von Haftplätzen streiten Justizministerium und
CDU-Opposition.
Laut CDU sind im geschlossenen Erwachsenen-Strafvollzug zu wenig Einzelhafträume. Obwohl es einen Rechtsanspruch
auf Einzelzellen gebe, seien 2.859 von
11.595 erwachsenen Gefangenen immer
noch in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Das Beratungsverfahren zum
entsprechenden Antrag der Fraktion der
CDU „Strafvollzug in NordrheinWestfalen vor dem Kollaps – Rot-Grün
muss belastbares Konzept für die Zukunft
des Strafvollzugs vorlegen und nicht
willkürlich Haftplätze abbauen!“ geht in
der Sitzung des Landtages am
25.06.2015 weiter.
Sven Wolf, rechtspolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen
Landtag, erkärt in einer Pressemitteilung:
"In NRW befinden sich immer weniger
Menschen in den Gefängnissen. Im vergangenen Jahr waren es 15.752, rund
500 weniger als im Jahr zuvor und rund
2.000 weniger als im Jahr 2006. Vor
Jahren gab es noch massive Überbelegungen, davon sind wir inzwischen wieder weit entfernt. Auch wenn von den
19.204 Haftplätzen in NRW derzeit rund
1.000 nicht belegbar sind, besteht dennoch ein Puffer von rund 1.500 freien
Haftplätzen.“
„Wer in NRW eine Einzelzelle will, bekommt sie“, wird Justizsprecher Peter
Marchewski in einem WAZ-Artikel vom
16.06.15 zitiert. Die Mehrfachbelegung
sei mit dem Wunsch vieler Gefangener
nach gemeinsamer Unterbringung sowie
dem Eigenschutz bei Selbstmordgefahr zu
erklären, so Minister Kutschaty im o.g.
Artikel, in dem weiter zu lesen ist: „In der
NR.82
03/2015
JVA Werl sollen bis Ende 2015 insgesamt
140 Plätze speziell für Sicherungsverwahrte geschaffen werden – dafür fallen
67 Plätze in Aachen und 48 alte Plätze in
Werl weg. Auch in Rheinbach (71 Plätze)
und Willich (157 Plätze) werden Hafteinrichtungen modernisiert.“
Trotz der sinkenden Belegungszahlen
plant das Ministerium derzeit keinen
Stellenabbau im Strafvollzug.
(PM 15.06.15 www.spd-fraktionnrw.de/news/die_belegungssituation_im
_strafvollzug_in_nrw_entspannt_sich_w
eiter.html;
www.landtag.nrw.de/portal/WWW/doku
mentenarchiv/Dokument/MMD168940.pdf; www.derwesten.de/politik/cdusieht-zu-wenig-haftplaetze-in-nrwminister-widersprichtid10785356.html#plx1151530192)
Polizeiliche
Kriminalstatistik 2014
Die Kriminalstatistik 2014 besagt: mehr
Diebstähle, aber weniger schwere Gewalt
- und so viel politisch motivierte Gewalt
wie noch nie. Etwas weniger Jugendkriminalität, ein paar mehr Wohnungseinbrüche - im Großen und Ganzen birgt die
Statistik kaum Überraschungen.
Im Jahr 2014 ist die Zahl der Straftaten in
Deutschland erstmals seit 2010 wieder
gestiegen – um 2%. Insgesamt wurden
sechs Millionen Straftaten registriert (alle
Zahlen und weitere Infos unter
www.bka.de).
Tatverdächtige männlichen Geschlechts
stellen mit 74,3 Prozent den Hauptteil der
erfassten Fälle dar. Die Anzahl registrierter Fälle von Gewaltkriminalität fiel um
2,1 Prozent auf insgesamt 180.955. Von
135.318 aufgeklärten Fällen der Gewaltkriminalität wurden 29,4 Prozent unter
Alkoholeinfluss verübt (2013: 30,8). Bei
diesen Delikten spielt der Alkoholeinfluss
also weiterhin eine wesentliche Rolle.
Aber aus der Statistik gehen in einigen
Teilbereichen auch positive Entwicklungen hervor. Die Gewaltkriminalität hat
weiter abgenommen. Auch die Jugendkriminalität ist um 9,3 Prozent zurückgegangen, auch wenn sie sich auf einem
relativ hohen Niveau hält.
(aus dbh-newsletter Nr. 08/15 vom
08.05.2015)
7
Mindestens 5 Quadratmeter Grundfläche
Mindestens fünf Quadratmeter Grundfläche muss jeder Gefangene nach gängiger
Rechtsprechung zur Verfügung haben.
Auch der Kölner Stadtanzeiger berichtete
am 21.04.2015 von Beschwerden über
schlechte Haftbedingungen von aktuell
insgesamt 84 Häftlingen in NRW. Das sei
jedoch – so der Kölner Stadtanzeiger deutlich weniger als in den Jahren zuvor.
Wegen z.B. zu kleiner Zellen oder mangelnder Entlüftung für die Toilette habe
das Land NRW im vergangenen Jahr rund
115.000 Euro Schadenersatz an Gefängnisinsassen gezahlt. (www.ksta.de/nrw/
menschenwuerdige-unterbringungschmerzensgeld-fuer-straftaeter-wegenschlechter-haftbedingungen,
27916718,30487734.html)
Tag der
Kriminalitätsopfer
Anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer am 22. März betonte NRWJustizminister Thomas Kutschaty den
Opferschutz als eine bedeutende Aufgabe
der Landesregierung.
Vieles hat sich verbessert für Opfer von
Kriminalität, da sich Organisationen wie
zum Beispiel der WEISSE RING um die
Hilfe, den Schutz und die Rechte von
Opfern kümmern. Der Verein ist eine
anerkannte Lobbyorganisation in
Deutschland, findet Gehör in der Politik
und gibt fundierte Stellungnahmen im
Gesetzgebungsverfahren ab.
Justizminister Kutschaty betonte: "Opferschutz muss als ressortübergreifendes,
ganzheitliches Netzwerk verstanden
werden, in dem sich die Kompetenzen
und die Erfahrungen der einzelnen Institutionen und Behörden ergänzen. Wir
haben in NRW bereits viel im Opferschutz
erreicht. Doch dies soll für uns alle Ansporn sein, noch mehr zu leisten und den
Opferschutz kontinuierlich weiter zu
verbessern."
Der Tag der Kriminalitätsopfer erinnert
jedes Jahr an die Situation der durch
Kriminalität und Gewalt geschädigten
Menschen, die auf Schutz, praktische
Hilfe und Solidarität unseres Gemeinwesens angewiesen sind.
(PM JM 20.03.2015)
LOTSEINFO
NR.82
03/2015
Rente für Gefangene?
Pressemitteilung der GG*:
Sozialversicherung und Mindestlohn
für inhaftierte Beschäftigte – volle
Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern!
Liebe Kolleg_innen,
arbeitende Gefangene und beschäftigte
Inhaftierte unterliegen einem massiven
Sozial- und Lohndumping. Sie werden
weder umfassend in die Sozialversicherungspflicht einbezogen, noch erhalten
sie eine Vergütung, die sich oberhalb des
Billiglohns bewegt.
Das 1978 in Kraft getretene Strafvollzugsgesetz (StVollzG) sah eine Rentenversicherung für Gefangene unter dem
Vorbehalt eines zu verabschiedenden
Bundesgesetzes vor. Seitdem wurden
entsprechende parlamentarische Initiativen immer wieder blockiert. Seit nunmehr
38 Jahren ignorieren Legislative und
Exekutive die faktische Selbstbindung,
die sie in den späten 1970er Jahren eingegangen sind. Ein unhaltbarer Zustand,
zumal insbesondere Langzeitgefangene
nach einer Haftentlassung direkt vor der
Situation der Altersarmut stehen.
Die bisherige Praxis, dass Landesbehörden und vor allem externe Unternehmen
sozialabgabenfrei und zum faktischen
Nulltarif die menschliche Arbeitskraft
Inhaftierter verausgaben können, muss
aus Sicht der im Mai 2014 gegründeten
Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite
Organisation (GG/BO) gleichfalls endlich
der Vergangenheit angehören. Haftanstalten sind in den letzten Jahrzehnten
mehr und mehr zu Produktionsstätten
und Werkshallen geworden. Dieser Trend
der Ökonomisierung der JVABetriebslandschaft wird durch die Teilprivatisierung von Gefängnissen sogar noch
beschleunigt. JVA-Betriebe fungieren als
„verlängerte Werkbank“ für Gewerbe
und Industrie vor den Anstaltstoren. Das
so genannte vollzugliche Arbeitswesen
wirbt ganz ungeniert damit, dass in der
„Sonderwirtschaftszone Knast“ für die
Landesbehörden und externe Unternehmen „Kosteneinsparpotentiale“ und eine
Verminderung des „Ressourceneinsatzes“ erzielt werden können.
Mit unseren Kernforderungen nach einer
Sozialversicherung und eines Mindest-
lohns für Inhaftierte in Beschäftigungsverhältnissen streben wir als GG/BO in
Etappen die volle Gewerkschaftsfreiheit
hinter Gittern an. Inhaftierte Kolleg_innen sind wie ihre nicht inhaftierten
Kolleg_innen unter das Betriebsverfassungsgesetz zu stellen, damit die sozialund arbeitsrechtliche Diskriminierung ein
Ende finden kann.
Wir sind als GG/BO zunehmend einem
systematischen Union Busting ausgesetzt.
Die Vollzugsbehörden versuchen u.a.
durch eine verstärkte Postzensur, Leibesvisitationen und Zellenrazzien bei engagierten inhaftierten Mitgliedern der
GG/BO unseren gewerkschaftlichen
Strukturaufbau einzugrenzen und letztlich
zu verhindern. „Dieses Kalkül“, so unser
GG/BO-Sprecher, Oliver Rast, „geht indes
nicht auf. Die GG/BO hat sich mit über
700 Mitgliedern in mehr als 50 Haftanstalten in der Bundesrepublik stabilisiert.“
Die GG/BO wird künftig verstärkt den
Austausch und die Zusammenarbeit mit
Einzelgewerkschaften des DGB und Basisgewerkschaften (FAU, IWW) sowie mit
Menschenrechtsorganisationen (Komitee
für Grundrechte und Demokratie, Bundesarbeitsgemeinschaft für
Straffälligenhilfe – BAG-S) suchen, damit
der Koalitionsfreiheit und den Grundrechten hinter Gittern zum Durchbruch verholfen wird.
Nach einem Jahr Existenz der GG/BO
konstatiert Rast, dass ein zentraler Punkt
Realität ist: „Gefängnisse sind seitens der
Gefangenen keine gewerkschaftsfreie
Zone mehr!“ (*PM 16.06.2015 der Ge-
fangenen-Gewerkschaft/Bundesweite
Organisation (GG/BO),
www.gefangenengewerkschaft.de
www.dbh-online.de
www.projekt-lotse.de
www.justiz.nrw.de
mehr Infos für Sie
8
Beschlüsse der Frühjahrskonferenz 2015
86. Konferenz der
JustizministerInnen der
Länder
Unter dem Vorsitz des Landes BadenWürttemberg fand die diesjährige Frühjahrskonferenz in Stuttgart statt.
Die 86. Konferenz der JustizministerInnen
der Länder hat zu folgenden Themen
Beschlüsse gefasst (die Beschlüsse sind
unter u.s. Link zu finden):
TOP I.12 Geschlechtergerechte Beurteilungen der Richterinnen und Richter,
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte
TOP I.17 Leichte Sprache ‒ Verbesserung
des barrierefreien Informationsangebots
der Justiz
TOP II.11 Verstetigung von
Deradikalisierung im Justizvollzug
TOP II.12 Umgang mit
Salafisten/Islamisten in den Justizvollzugsanstalten
TOP II.13 Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die
gesetzliche Rentenversicherung
TOP II.14 Übernahme der Kosten für
Suchtentwöhnungstherapien Strafgefangener durch die Rentenversicherung
TOP II.15 Wiedereingliederung entlassener Strafgefangener als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
TOP II.18 Umgang mit rassistischdiskriminierender Wahlwerbung
(www.jum.baden-wuerttemberg.de)
Der DBH-Fachverband
unterstützt die Forderung
des Grundrechtekomitees
nach Rente für Gefangene
Gemeinsam mit anderen Organisationen
der Straffälligenhilfe wird an die Justizministerkonferenz appelliert, endlich der
Einbeziehung von Strafgefangenen in die
gesetzliche Rentenversicherung zuzustimmen. Die Justizministerkonferenz
berät am 17.-18.06.15 in Stuttgart u.a.
auch zu dieser Thematik. Die Länder als
Arbeitgeber der Gefangenen müssen die
„Schwarzarbeit hinter Gittern“ beenden,
fordert das Grundrechtekomitee. Information: /www.grundrechtekomitee.de (aus:
dbh-newsletter Nr.10/15, 17.06.2015)
LOTSEINFO
Paritätische Positionierung zur Arbeit und
Beschäftigung von
Strafgefangenen in
Deutschland
Der Verbandsrat des Paritätischen Gesamtverbandes hat im März 2015 das
Positionspapier zu Arbeit und Beschäftigung von Strafgefangenen in Deutschland verabschiedet. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bereits 1976 verpflichtet,
Strafgefangene in die Sozialversicherungssysteme einzubeziehen. Der Gesetzgeber ist bisher tatenlos geblieben.
Die überwiegende Mehrheit der Strafgefangenen ist dadurch immer noch nicht
rentenversichert und wird in der Arbeitslosenversicherung hinsichtlich der Anwartschaftszeit deutlich schlechter gestellt als Beschäftigte in einem reinen
Beschäftigungsverhältnis. Die fehlende
Rentenversicherung und die Ungleichbehandlung bei der Arbeitslosenversicherung ist aus Sicht des Paritätischen eine
"Doppelbestrafung" für die Betroffenen,
weil sich die fehlenden Ansprüche eben
erst nach der Haftzeit auswirken, in Form
von geringeren Altersrenten oder durch
den Verlust von Ansprüchen, z. B. bei der
Erwerbsminderungsrente. Der Paritätische fordert die Gesetzgeber auf Bundesund Länderebene auf, diese Ungleichbehandlung von Strafgefangenen zu beenden und den Zugang für Strafgegangene
zur Rentenversicherung zu ermöglichen
sowie die Schlechterstellung von Strafgefangenen in der Arbeitslosenversicherung
zu beenden.
Vorbemerkung
Im Mai 2014 gründeten Strafgefangene
in der Justizvollzugsanstalt Berlin Tegel
eine Gefangenengewerkschaft. Die
Hauptforderung der Gefangenengewerkschaft ist die Einführung des Mindestlohns und die Rentenversicherung für
Strafgefangene.
Die Gefangenengewerkschaft plant im
April 2015 einen bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Schluss mit der
Billiglöhnerei hinter Gittern“.
Der Bundesgesetzgeber hatte sich bereits
1976 verpflichtet, die Einbeziehung von
arbeitenden Strafgefangenen in die Sozialversicherungssysteme durch ein besonderes Bundesgesetz zu regeln. Die
Politik ist bisher tatenlos geblieben.
NR.82
03/2015
Aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes gibt es neben der Frage der Rentenversicherung und der Entlohnung von
Strafgefangenen dringenden sozial- und
rechtspolitischen Handlungsbedarf auf
Bundes- und Länderebene. Eine verbüßte
Strafe darf nicht zu einer lebenslangen
Benachteiligung von Menschen führen,
die bereits während ihrer Haftzeit einer
Beschäftigung nachgegangen sind und
damit unter Umständen eine wichtige
Bedingung für eine erfolgreiche Resozialisierung nach der Haftzeit geschaffen
haben.
Der Paritätische Gesamtverband beschränkt sich im Folgenden auf die Frage
des fehlenden Rentenversicherungsschutzes, der Schlechterstellung in der Arbeitslosenversicherung und der Frage der
Entlohnung für Strafgefangene.
entstehen Versicherungslücken, die zu
niedrigeren Altersrenten führen können.
Zudem sind Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente oder auf eine
Altersrente für langjährig Versicherte an
bestimmte Vor- oder Mindestversicherungszeiten geknüpft. Werden diese nicht
erfüllt bzw. erreicht, kann das zum vollständigen Verlust von Ansprüchen (z. B.
Erwerbsminderungsrenten) führen.
Der Paritätische Gesamtverband fordert
den Bundesgesetzgeber auf, die Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) dahingehend zu ändern,
dass
1.
Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden,
2.
die im Strafvollzug geleistete Arbeit
in der gesetzlichen Rentenversicherung paritätisch beitragspflichtig und
anspruchsbegründend wirkt,
3.
nach Erfüllen der allgemeinen Wartezeit der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aufrechterhalten
bleibt,
4.
Rentenanwartschaften, die während
der Haftzeit oder der Sicherungsverwahrung erworben wurden, bei der
35-jährigen Wartezeit nach § 51 Absatz 3 SGB VI berücksichtigt werden.
1. Zugang für Strafgefangene zur Rentenversicherung ermöglichen
Von den ca. 66.000 Gefangenen, die im
vergangenen Jahr in den 186 Strafanstalten ihre Strafe verbüßten, arbeiteten im
Mittel knapp 41.000. Das entspricht einer
Quote von 62 Prozent der Strafgefangenen. Die überwiegende Anzahl dieser
arbeitenden Strafgefangenen sind jedoch
nicht rentenversichert, weil ihr Beschäftigungsverhältnis auf einer „Arbeitspflicht“ nach den Landesstrafvollzugsgesetzen beruht. Die sozialrechtliche Voraussetzung für die Aufnahme in die
Rentenversicherung und in weitere Sozialversicherungen ist das Merkmal der
„Freiwilligkeit“ einer Beschäftigung.
Nach den Bestimmungen der gesetzlichen
Rentenversicherung gem. § 1 Satz 1
Nummer 1 SGB VI sind Strafgefangene
deshalb auch von der Rentenversicherung
ausgeschlossen.
Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme, die jedoch nur eine kleine Anzahl
von Strafgefangenen betrifft. Die Ausnahme betrifft die sogenannten Berufsfreigänger. Sie stehen in einem freien
Beschäftigungsverhältnis außerhalb der
Strafanstalt und unterliegen deshalb auch
der vollen Versicherungspflicht und haben damit den vollen Versicherungsschutz (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, auch Arbeitslosenversicherung).
Der Ausschluss aus der gesetzlichen
Rentenversicherung wirkt sich nicht während der Haftzeit auf die Gefangenen aus,
sondern betrifft die Zeit nach der Haftentlassung. Durch die Nichtversicherung
9
2. Schlechterstellung von Strafgefangenen in der Arbeitslosenversicherung
beenden
Neben dem fehlenden Einbezug in die
Rentenversicherung gibt es eine
Schlechterstellung von Strafgefangenen
bei der Arbeitslosenversicherung durch
die neuere Rechtsauffassung der Bundesagentur für Arbeit.
Seit Sommer 2012 werden bei arbeitenden Strafgefangenen arbeitsfreie Samstage, Sonntage und gesetzliche Wochenfeiertage, die innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnitts liegen, nicht mehr als Versicherungszeit berücksichtigt. Dadurch muss
ein Strafgefangener, der durchgängig ein
Jahr mit 250 Arbeitstagen gearbeitet hat,
noch 110 Tage mehr arbeiten, um die
gleiche Anwartschaftszeit zu erreichen
wie ein Arbeitnehmer in einem reinen
Beschäftigungsverhältnis.
Das Sozialgericht Duisburg beanstandete
im Januar 2014 den damit verbundenen
geringeren Arbeitslosengeldanspruch von
Strafgefangenen als unbegründet.
LOTSEINFO
Fortsetzung von Seite 9
Für den Paritätischen ist diese Ungleichbehandlung sachlich nicht zu rechtfertigen.
Der Paritätische fordert daher die Bundesagentur für Arbeit auf, arbeitsfreie
Samstage, Sonntage und gesetzliche
Wochenfeiertage als Versicherungszeit
bei der Arbeitslosenversicherung für
arbeitende Strafgefangene gleichermaßen wie für andere Beschäftigte zu berücksichtigen.
Fazit
Das maßgebliche Ziel des Strafvollzugs in
Deutschland ist die Resozialisierung von
Straftätern und Straftäterinnen. Eine
Ausgrenzung aus staatlichen Sicherungssystemen widerspricht aus Sicht des
Paritätischen Gesamtverbandes dem Ziel
und dem Prinzip der Resozialisierung.
Dieses Prinzip darf nicht durch eine
Schlechterstellung von Strafgefangenen
bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung unterhöhlt werden. Vielmehr stellt
die fehlende Rentenversicherung sowie
die Schlechterstellung bei der Arbeitslosenversicherung eine Doppelbestrafung
für die Betroffenen dar, da sie in der
Folge der Haftzeit, besonders bei Langzeit-Strafgefangenen, keine oder nicht
ausreichende Versicherungsansprüche
erwerben können. Dies führt unweigerlich zu geringeren Altersrenten mit den
Folgeproblemen der Altersarmut bzw. der
Abhängigkeit von Grundsicherungsleistungen.
Auch die sozialversicherungsrechtliche
Ungleichbehandlung von „echten Freigängern“ und Strafgefangenen, die eine
Arbeit zugewiesen bekommen, verstößt
aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes gegen Artikel 3 Absatz 1 des
Grundgesetzes.
Der Paritätische Gesamtverband fordert
Bund und Länder auf, angemessene und
nachhaltige Vorkehrungen zu treffen, um
eine Hilfebedürftigkeit von Strafgefangenen nach Beendigung des Strafvollzugs
zu verhindern. Der Bund sollte zudem
einen Gesetzentwurf vorlegen, der den
Einbezug der Strafgefangenen in die
Rentenversicherung sowie Gleichstellung
in der Arbeitslosenversicherung gesetzlich verankert.
Beschlossen vom Verbandsrat des Paritätischen Gesamtverbandes
Berlin, 27. März 2015
(siehe: www.der-paritaetische.de)
NR.82
03/2015
Synthetische
Drogen auf dem
Vormarsch
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler und der BKAPräsident Holger Münch stellen die
Rauschgiftlage und die Zahlen der
Drogentoten 2014 vor.
Die Zahl der polizeilich erfassten Fälle
von Rauschgiftkriminalität ist im Jahr
2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast
zehn Prozent gestiegen und hat mit
276.734 Fällen wieder das Niveau des
Jahres 2005 erreicht.
Die Anzahl der Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen (EKhD) nahm um rund
fünf Prozent (20.120 Konsumenten), die
der Tatverdächtigen um knapp zehn
Prozent (228.110 Tatverdächtige) zu.
Ebenso stieg die Zahl der Drogentoten
um drei Prozent auf 1.032 Personen
leicht an.
Entgegen dem bundesweiten Trend sinkt
die Zahl der Drogentoten in NRW seit
Jahren kontinuierlich, und die positive
Entwicklung hielt auch 2014 an: 184
Menschen starben an den Folgen ihres
Drogenkonsums, das sind sieben Prozent
weniger als 2013 (198 Tote). Seit 2010 ist
die Zahl der Drogentoten in NRW um 36
Prozent zurückgegangen. Die Zahl der
Drogentoten sinkt in NRW nicht nur
absolut, sondern auch im Verhältnis zur
Einwohnerzahl. Insgesamt schätzt das
Land die Zahl der KonsumentInnen von
illegalen Drogen auf 31.000 Menschen;
70 Prozent davon sind Männer, 30 Prozent Frauen.
Drogenkonsumräume gibt es in Bielefeld,
Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf,
Essen, Köln, Münster, Troisdorf und
Wuppertal. Sie werden zu 85 Prozent von
Männern genutzt und zu 15 Prozent von
Frauen. Rund 25.000 Drogenabhängige in
NRW nehmen substitutionsgestützte
Behandlungsangebote wahr.
Während bundesweit die Anzahl der
Todesfälle im Zusammenhang mit dem
Konsum von Heroin, Kokain und Crack
seit Jahren zurückgeht, steigt die Anzahl
der Todesfälle nach dem Konsum von
Amphetaminen und Metamphetaminen.
Auffällig ist die um das Fünffache gestiegene Anzahl der Todesfälle nach dem
Konsum Neuer Psychoaktiver Stoffe
(NPS), so genannter „Legal Highs“.
1 0
Der Anstieg der Todesfälle zeigt, dass die
Bundesregierung in ihren Aktivitäten
gegen Drogen und Sucht nicht nachlassen
darf. Um die Gründe für den Anstieg
herauszufinden, werden aktuelle Trends
analysiert. Schon jetzt zeichnet sich ab,
dass die Gründe vielschichtig sind. Dies
gilt auch für die regionalen Unterschiede.
Auffällig ist neben dem Anstieg der Todesfälle durch Crystal Meth und NPS der
Anstieg der Suizide von Drogenabhängigen. Hinzu kommen Todesfälle durch
Langzeitschäden des Drogenkonsums,
etwa auf Grund einer Leberschädigung
durch eine Hepatitis-Infektion; letztere
liegt oft über 30 Jahre zurück und führt
erst viele Jahre später zum Tod.
In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden erzielte das
BKA im Jahr 2014 besondere Ermittlungserfolge: Im September 2014 konnten 330 Kilogramm Heroin mit einem
geschätzten Straßenhandelspreis von
mehr als 50 Millionen Euro sichergestellt
werden. Anfang November 2014 beschlagnahmten Ermittler des BKA 2,9
Tonnen Chlorephedrin, geeignet zur
Herstellung von rund 2,3 Tonnen Crystal
mit einem geschätzten Straßenverkaufswert von 184 Millionen Euro.
„Die großen Sicherstellungsmengen
dieser beiden Substanzen sind einmalig in
Deutschland“, sagt BKA-Präsident Holger
Münch. „Die Sicherstellungen verdeutlichen die wichtige Rolle Deutschlands als
Transitland und als Absatzmarkt für
Rauschgift. Der Drogenhandel gehört
nach wie vor zum Kerngeschäft Organisierter Kriminalität“.
Trotz des weiterhin hohen Zufuhrdrucks
von Heroin und Kokain aus dem Ausland
ist eine sukzessive Veränderung des
Rauschgiftmarktes festzustellen: Die
Zahlen der EKhD von Heroin und Crack,
etwas schwächer ausgeprägt auch von
Kokain, gehen seit zehn Jahren zurück.
Während im Jahr 2004 noch 5.324 EKhD
von Heroin registriert wurden, waren es
im vergangenen Jahr 1.648. Heroin spielt
heute in Europa eine geringere Rolle als
noch vor zehn Jahren, wohingegen Stimulanzien, synthetische Drogen, Cannabis und Arzneimittel immer mehr an
Bedeutung gewinnen.
„Synthetische Drogen werden bei
Rauschgift-Konsumenten immer beliebter. Die Verfügbarkeit von Amphetaminen
und Metamphetaminen ist ungebrochen
hoch.“, sagt BKA-Präsident Holger
LOTSEINFO
Münch. Die in Deutschland am häufigsten
festgestellte synthetische Droge bleibt
Amphetamin. Ecstasy weist nach Jahren
rückgängiger Fall- und Sicherstellungszahlen wieder deutlich steigende Tendenzen auf. Mitverantwortlich hierfür ist die
große Zahl der illegalen Amphetaminund Ecstasylaboratorien mit ihren hohen
Produktionskapazitäten in den Niederlanden und in Belgien.
Darüber hinaus gewinnt auch die Droge
Crystal weiter an Bedeutung. Die hohe
Verfügbarkeit aufgrund zunehmender
Produktionskapazitäten überwiegend in
der Tschechischen Republik führt zur
weiteren Ausbreitung von Crystal in
Deutschland.
Holger Münch erklärt: „So genannte
„Legal Highs“ etablieren sich mehr und
mehr in der Rauschgiftszene.“ In
Deutschland sind mittlerweile über 1.500
verschiedene Produkte mit rund 160
unterschiedlichen NPS festgestellt worden. Allein im vergangenen Jahr wurden
58 neue Wirkstoffe erstmals auf dem
deutschen Markt festgestellt. Problematisch ist, dass der Handel mit neuen Stoffen nicht unmittelbar unter Strafe gestellt
ist, dies erfolgt erst durch die zeitaufwendige Aufnahme jedes einzelnen Stoffes in die Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz. „Ich spreche mich klar für eine
andere Verfahrensweise aus. Es müssen
ganze Stoffgruppen unter Strafe gestellt
werden“, betont Holger Münch.
Auf dem europäischen Markt ist Cannabis die am häufigsten sichergestellte
Rauschmittel. Dies bestätigt sich 2014
auch in Deutschland. Bei knapp der Hälfte aller Sicherstellungsfälle (63.519)
wurde Marihuana beschlagnahmt. Dass
Marihuana bei den Konsumenten beliebter ist als Haschisch dürfte auch auf den
seit zehn Jahren zu beobachtenden Zuwachs von Indoorplantagen in Deutschland zurückzuführen sein.
Eine zusätzliche Herausforderung für die
Strafverfolgung ist der Handel und Vertrieb von Drogen über das Internet. Hersteller, Lieferanten, Einzelhändler, Website-Hoster und Zahlungsabwicklungsdienste sind häufig in verschiedenen
Ländern ansässig. Die Kontrolle und
Eingriffsmöglichkeiten werden dadurch
sowie durch die zunehmende Nutzung
von Anonymisierungsdiensten erheblich
erschwert.
Ergänzende Zahlen und Informationen
zur Rauschgiftlage können über die
NR.82
03/2015
Homepage des BKA unter www.bka.de
und auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung unter
www.drogenbeauftragte.de abgerufen
werden. (PM www.drogenbeauftragte.de
/index.php?id=23998; PM MGEPA
24.03.2015)
Weltweit über 10
Millionen Menschen
inhaftiert
Der vom Büro der Vereinten Nationen für
Drogen- und Verbrechensbekämpfung
(UNODC) veranstaltete 13. UN-Congress
on Crime Prevention and Criminal Justice
hat vom 12. bis 19. April in Doha stattgefunden.
Im Rahmen des Kongresses wurde u.a.
die weltweit epidemische GefängnisÜberbelegung diskutiert und eine abschließende Deklaration verabschiedet.:
www.unodc.org/documents/congress/Doc
umentation/ACONF222_L6_e_V1502120.
pdf (aus Präventions-News 20.04.2015)
OECD-Sozialbericht:
Einkommensungleichheit in
Deutschland im Mittelfeld,
Vermögensungleichheit
hoch
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
hat am 21.05.2015 ihren diesjährigen
Sozialbericht veröffentlicht. Danach verharrt die Einkommensungleichheit in
Deutschland seit dem Beginn der Krise
2007 auf mittlerem Niveau.
Wie aus dem Sozialbericht hervorgeht,
verzeichnete die Bundesrepublik Deutschland Anfang der 2000er Jahre einen
erheblichen Anstieg der Ungleichheit;
anders als in der Mehrzahl der OECDLänder trug die Krise aber nicht dazu bei,
diesen Trend zu verstärken.
Schaut man auf verschiedene Indikatoren
zur Messung der Ungleichheit, liegt
Deutschland unter den 34-OECD-Ländern
im Mittelfeld hinter den nordischen und
einigen osteuropäischen Ländern, aber
vor Staaten wie Chile, der Türkei, den
USA oder auch Großbritannien. (aus
Präventions-News 25.05.2015)
1 1
2. Alternativer
Drogen- und
Suchtbericht 2015
Die Deutsche Aidshilfe sowie die Bundesverbände akzept und JES haben am
18.05.2015 den 2. Alternativen Drogenund Suchtbericht veröffentlicht
Im Vorwort des Berichtes kommen die
Herausgeber zu folgendem Fazit "Als
übergreifende Konsequenz der betrachteten Problembereiche ergibt sich die Forderung nach einer Überarbeitung des
BtMG, die die Konsumierenden und ihr
gesundheitliches wie gesellschaftliches
Wohlergehen in den Mittelpunkt rückt
sowie eine informierte Selbstbestimmung
des Konsums ermöglicht."
http://alternativer-drogenbericht.de/wpcontent/uploads/2015/05/AlternativerDrogen-und-Suchtbericht-2015.pdf
(aus Präventions-News 21.05.2015)
SiewerdenimKnast
schonerwartet.
Straffälligebrauchen
Ihreehrenamtliche
Hilfe
Straffällige brauchen Kontakt zur „Außenwelt“ durch Gespräche, Freizeitangebote, schulische Hilfestellungen,
Vorbereitungen für die Zeit danach ...
und alles was Sie können.
Sie stellen sich neuen Herausforderungen,
erfahren neue Lebenswelten, bauen Ihre
Stärken aus, finden Ausgleich zum Beruf,
bleiben aktiv ...
Und unterstützen die Wiedereingliederung Straffälliger in unsere Gesellschaft
und helfen Rückfälle zu verhindern.
Wir unterstützen Sie beim Einstieg und
während Ihres Engagements in der
ehrenamtlichen Straffälligenhilfe.
LOTSEINFO
Die Gemeinschaft der Anonymen
Alkoholiker feiert Geburtstag:
Seit 80 Jahren
„Nur für heute“
Im Juni 2015 feiert die weltweite AAGemeinschaft ihr 80jähriges Jubiläum.
Mit der Begegnung von Bill W. und Dr.
Bob S., zwei scheinbar unheilbaren
Alkoholikern, begann im Juni 1935 die
Erfolgsgeschichte der AA. Die beiden
erkannten, dass sie sich auf einer
tiefen Ebene verstanden. Sie halfen
sich gegenseitig, indem sie ihre dauernde Niederlage im Kampf gegen den
Alkohol eingestanden und kapitulierten. Dieses Ereignis jährt sich nun zum
80sten Mal. Aus dieser Keimzelle entstand eine weltweite Gemeinschaft.
Allein in Deutschland gibt es rund
2.000 sogenannte „Meetings“, in
denen trocken gewordene Alkoholikerinnen und Alkoholiker ihre Erfahrungen weiter geben und Menschen zur
Seite stehen, die vom Alkohol loskommen wollen.
Alkoholismus ist eine Krankheit an Körper, Geist und Seele. Auch nach jahrelangem Alkoholmissbrauch, selbst wenn es
in Familie und Beruf schon zur Katastrophe gekommen ist, wenn Verzweiflung
und Hoffnungslosigkeit die Gedankenwelt bestimmen, gibt es Wege aus der
Alkoholfalle. Über zwei Millionen trockene Alkoholiker führen heute ein angenehmes und produktives Leben ohne
Alkohol. Sie fanden Hilfe durch den Erfahrungsaustausch in der Gemeinschaft
der Anonymen Alkoholiker.
Das Anonymitätsprinzip macht AA keineswegs zu einem Geheimbund. Es dient
dem persönlichen Schutz aller, die sich
dazu bekennen, alkoholkrank zu sein.
Mehr als seinen Vornamen braucht man
bei AA nicht von sich preiszugeben, es
gibt keine Mitgliedslisten oder Gebühren.
NR.82
03/2015
Gemeinschaft, die sich nach wie vor an
den 12 Schritten des Genesungsprogramms und den 12 Traditionen für den
Bestand der Gemeinschaft orientiert.
rer Leitsatz: Nur für heute! Ein überschaubarer Zeitraum und am Ende des
Tages das gute Gefühl, heute nicht getrunken zu haben.
Trotzdem sind die Anonymen Alkoholiker
weder im formellen noch im politischen
Sinne organisiert. Es gibt keine leitenden
Angestellten, keine Regeln oder Vorschriften. Jedoch wird jedem AA-Mitglied
empfohlen, Dienste für das gemeinsame
Wohlergehen zu übernehmen – hier ist
das Kaffeekochen im Meeting vor Ort
genauso wichtig wie die Zusammenarbeit
mit Krankenhäusern oder die Verwaltung
von Spenden.
Informationen sowie Orte und Zeiten der
Meetings sind auf www.anonymealkoholiker.de zu finden.
1939, nachdem die Erfahrungen der
frühen Mitglieder der AA-Gemeinschaft
in dem Buch „Anonyme Alkoholiker“
veröffentlicht wurden, konnte die Botschaft der Genesung immer mehr Menschen erreichen. Das Buch ist heute in 70
Sprachen verfügbar. Es beschreibt im
Wesentlichen das Programm der zwölf
Schritte, das zu einer seelischen Heilung
und einer positiven Lebenseinstellung
führen kann. Situationen, die früher zum
Trinken veranlassten, können nun ohne
Alkohol leichter bewältigt werden. Im
zweiten Teil des Buches berichten Betroffene aus ihrer eigenen Trinkerzeit und
wie sich ihr Leben veränderte, nachdem
sie zu AA gefunden hatten.
Alkoholismus als Familienkrankheit
Schon in der Anfangszeit der AA erkannten die Ehefrauen, dass ihr Leben vom
Alkohol gleichsam belastet ist und dass
auch sie sich gegenseitig helfen konnten
– egal, ob ihr Partner noch trinkt oder
bereits trocken geworden ist. Die AlAnon-Familiengruppen haben das 12Schritte-Programm der AA nach den
eigenen Erfordernissen adaptiert, um
Angehörige zu trösten und deren Selbstverantwortung zu stärken.
Die Eckpfeiler:
Genesung – Einigkeit – Dienst
Alkoholismus ist keine Charakterschwäche; es ist eine von der Weltgesundheitsorganisation anerkannte Krankheit. Ein
Alkoholiker verliert die Kontrolle über
sein Trinken, er kann aus eigenem Willen
nicht nach ein oder zwei Gläsern aufhören. Die Krankheit Alkoholismus ist nicht
heilbar, sie kann durch Abstinenz lediglich zum Stillstand gebracht werden.
Ein steiniger Weg und etliche Rückschläge zeichneten die Entwicklung von einem
kleinen Haufen hoffnungsvoller ExTrinker hin zu der über zwei Millionen
Mitglieder zählenden weltweiten AA-
Die AA sagen: Lass das erste Glas stehen,
dann kann Dir das zehnte keine Probleme
machen. Und weil es am Anfang schier
undenkbar erscheint, ein Leben lang auf
den Alkohol zu verzichten, ist ein weite-
Die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist der Wunsch mit dem Trinken
aufzuhören.
1 2
EA – Emotions
Anonymous
Die Emotions Anonymous ist eine Anfang der siebziger Jahre in den USA und
Deutschland entstandene und heute
weltweit vertretene Selbsthilfegruppe.
Das zentrale und verbindende Thema ist
die Verbesserung emotionaler und seelischer Gesundheit, u.a. ausdrücklich für
Menschen gedacht, die unter Depressionen und Ängsten leiden. Die EAGruppenteilnehmerInnen kommen aufgrund von Lebenskrisen wie Trennung,
Verlust eines Menschen, schweren Konflikten am Arbeitsplatz, Schwierigkeiten
in der Beziehung oder in der Familie. Die
einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist der Wunsch, emotional gesund zu
werden und diese Gesundheit zu erhalten. Dazu treffen sich lokal organisierte
und eigenverantwortliche EA-Gruppen zu
sogenannten ‘Meetings’, die auf der
Grundlage des 12-Schritte-Programms
stattfinden. Das ’12-Schritte-Programm‘
ist der Gruppen-Leitfaden,
der ursprünglich von den Gründern der
Anonymen Alkoholiker (AA) entwickelt
wurde. Man kann dazu unterschiedliche
Meinungen vertreten, Tatsache ist: Millionen von Menschen haben in den letzten
80 Jahren in diesem Konzept Hilfe und
Genesung gefunden. Aktuell wird das
Programm nicht nur bei AA und EA,
sondern auch bei zahlreichen weiteren
Selbsthilfegruppen – zusammengefasst
“anonyme Gruppen” oder “12-SchritteGruppen” genannt – für deren spezifisches Thema in einer jeweils angepassten
Weise genutzt. Emotions-AnonymousGruppen - mittlerweile weit verbreitet
auch in Deutschland – sind leider deutlich weniger bekannt als die AnonymeAlkoholiker-Gruppen; das Thema „seelische Gesundheit“ spielt (auch) im Strafvollzug eine zentrale Rolle, so wäre eine
größere Verbreitung dieser Gruppen in
den JVAs wünschenswert. Infos unter:
www.ea-selbsthilfe.net
LOTSEINFO
NR.82
03/2015
Umfassende
Maßnahmen gegen
Alkoholmissbrauch
können tausende
Leben retten
Verbesserung des
Umgangs mit
psychisch auffälligen
Gefangenen
Politische Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch könnten in Deutschland
jährlich mehr als 44.000 Leben retten.
Nach den Vorfällen in verschiedenen
Vollzugsanstalten in Baden-Württemberg
- u.a. war ein Inhaftierter an Unterernährung verstorben - wurde von Justizminister Rainer Stickelberger eine Expertenkommission eingesetzt.
Diese hat am 11. Mai 2015 ihren Zwischenbericht mit konkreten Empfehlungen zur Verbesserung der Betreuung und
Versorgung von psychisch auffälligen
Gefangenen der Öffentlichkeit vorgelegt.
U.a. wird die personelle Aufstockung von
medizinischem Personal, aber auch des
allgemeinen Vollzugsdienstes gefordert.
Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste
Gesundheitsbericht der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD), „Tackling harmful
alcohol use“, der Ende Mai in Paris veröffentlicht wurde. Strengere gesetzliche
Regeln für Alkoholwerbung und -verkauf,
höhere Steuern auf alkoholische Getränke, die konsequente Durchsetzung von
Promillegrenzen im Straßenverkehr, aber
auch eine frühe Ansprache durch den
Hausarzt bei Verdacht auf gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum könnten
demnach nicht nur verhindern, dass
Menschen vorzeitig sterben, sie hätten
auch positive Auswirkungen auf die
Anzahl der gesund verbrachten Lebensjahre. Nach Erkenntnissen des Berichts ist
der Effekt solcher Maßnahmen gebündelt
größer als isoliert.
Ein Maßnahmenpaket aus einer 10prozentigen Steuererhöhung für alkoholische Getränke sowie einer strengeren
Gesetzgebung für Alkoholwerbung und
-verkauf könnte es nach OECD-Kalkulationen in Deutschland ermöglichen, die
Anzahl der alkoholbedingten Verletzungen im Schnitt jährlich um 138.000 und
die der Krebserkrankungen und Leberzirrhosen um etwa 4.300 zu verringern.
Gleichzeitig wären die Kosten für ein
solches Paket mit sechs US-Dollar pro
Person im Jahr verhältnismäßig gering.
Dies umso mehr, als den Mehrausgaben
für die Prävention ein finanzieller Vorteil
von mehreren Hundertmillionen US-Dollar
jährlich durch Ersparnisse bei den
Gesundheitsausgaben gegenüber stünde.
(aus Präventions-News 30.05.2015)
Infos zu aktuellen Anfragen sowie
zu Themen und Gesetze, die im
Landtag beraten werden:
www.landtag.nrw.de, Start, Dokumente & Recherche, Aktuelle Dokumente
Expertenkommission in BadenWürttenberg legt Zwischenbericht vor
„Unabhängig und mit großem Sachverstand hat die Expertenkommission in den
letzten knapp fünf Monaten den Umgang
mit psychisch auffälligen Gefangenen auf
den Prüfstand gestellt“, sagte der Kommissionsvorsitzende Professor Dr. Rüdiger
Wulf. Er wies darauf hin, dass erfahrene
Vollzugspraktiker ebenso wie psychiatrische Mediziner und Wissenschaftler, der
Bund der Strafvollzugsbediensteten und
der Hauptpersonalrat, ein Vertreter der
Opferschutzhilfe sowie Strafvollzugsbeauftragte der Landtagsfraktionen in dem
16-köpfigen Gremium vertreten seien.
In bislang fünf Sitzungen seien die bestehenden Strukturen intensiv analysiert und
mögliche neue Ansätze und Maßnahmen
„ohne Denkverbote“ geprüft worden.
„Unsere Besuche in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg, in das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg und
in die Justizvollzugsanstalt Heimsheim
haben ebenfalls wertvolle Hinweise für
die Kommissionsarbeit gebracht“, so
Professor Dr. Wulf.
„Wir stellen unsere Vorschläge bereits
jetzt vor Abschluss der Arbeit der Kommission vor, um der Politik die Möglichkeit zu geben, frühzeitig die Weichen für
eine Umsetzung der Maßnahmen in
einem möglichen Nachtragshaushalt zu
stellen“, so Professor Dr. Wulf. Der Abschlussbericht im Spätsommer werde
dann näher auf weitere Aspekte eingehen, etwa auf die Regelungen für ärztli1 3
che Zwangsmaßnahmen, die mögliche
Einrichtung von Ethikkommissionen in
den Anstalten und das Thema Suizidprophylaxe im Vollzug.
Der nun vorgestellte Zwischenbericht
sieht 23 Handlungsempfehlungen mit
einem Finanzierungsbedarf von insgesamt rund 11 Mio. Euro vor. Sie zielen im
Kern auf eine Verbesserung der personellen und sachlichen Strukturen ab, um
psychisch auffällige Gefangene schnell
und zuverlässig zu erkennen und richtig
zu behandeln. So geht eine zentrale
Empfehlung der Kommission dahin, die
großen Anstalten des Landes mit über
400 Haftplätzen flächendeckend mit einer
zweiten Arztstelle auszustatten.
Außerdem schlägt die Kommission vor,
noch mehr externe Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie als Konsiliarund Vertragsärzte in die psychiatrische
Behandlung vor Ort einzubinden.
Insgesamt 13 Fachpflegerinnen und
Fachpfleger für Psychiatrie sollen nach
dem Willen der Kommission die Arbeit
der Ärzte in den Anstalten mit großen
Krankenabteilungen und im Justizvollzugskrankenhaus ergänzen und eine
nachhaltige, kontinuierliche psychiatrische Behandlung der Gefangenen sicherstellen. Der Psychologische Dienst in den
Anstalten soll um acht neue Stellen verstärkt werden, den dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll die Approbation zu anerkannten psychologischen
Psychotherapeuten durch eine berufsbegleitende Weiterbildung ermöglicht werden.
Die Empfehlung der Kommission sieht
weiter eine erhebliche personelle Verstärkung des allgemeinen Justizvollzugsdienstes vor, um vor allem im Spätdienst
die einzelnen Stockwerke der Gefangenenunterkünfte besser betreuen zu können und um den besonderen Belastungen
der Beschäftigten gerade im Umgang mit
psychisch auffälligen Gefangenen Rechnung zu tragen. Weitere Vorschläge
zielen auf eine Stärkung des Justizvollzugskrankenhauses, wo Diagnose, Therapie und Versorgung von psychisch
auffälligen Gefangenen am besten möglich sind. Die Kommission empfiehlt außerdem umfangreiche Fortbildungsangebote für die Beschäftigten.
(Justizministerium Baden-Württemberg,
Medieninformation vom 11. Mai 2015,
www.baden-wuerttemberg.de; siehe
auch DBH-Newsletter 9/15)
LOTSEINFO
Die psychiatrische
Maßregel auf dem
Weg zur SV?
Kritik am Referentenentwurf
des BMJV
von Johannes Feest
Das Bundesjustizministerium hat einen
Referentenentwurf einer Novellierung des
§ 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) vorgelegt.
Der Referentenentwurf liegt dem Strafvollzugsarchiv vor, ist aber noch nicht
online zugänglich. Er beruht auf dem
Diskussionsentwurf einer Bund-LänderArbeitsgruppe, die vor einem Jahr vom
BMJV eingesetzt worden war und im
Januar 2015 ihren Bericht vorgelegt hat.
Dieser hat bereits heftige Kritik erfahren.
In einem Editorial für die Zeitschrift
RECHT & PSYCHIATRIE hat sich mit Heinz
Kammeier der Herausgeber des maßgeblichen Kommentars zum Maßregelvollzugsrecht geäußert. Er schreibt u.a.:
"Richtete sich die Erwartung an den
Diskussionsentwurf in weiten Kreisen
darauf, es käme ein Unterbringungsbekämpfungsgesetz heraus, so tritt hier
Enttäuschung ein. Von der im Titel des
Diskussionsentwurfs angekündigten
'Novellierung' ist so gut wie nichts zu
sehen. Statt mit wirklich Neuem wird hier
mit Gebrauchtwagen gehandelt: Zahlreiche neue Regelungen werden explizit als
gewollte Angleichungen an das Recht der
Sicherungsverwahrung vorgestellt.
Wenn der Gesetzgeber wirklich auf diesem Weg weitergehen will, dann sollte er
doch besser gleich ein klares rechtspolitisches Programm daraus machen.
Ferneres Ziel könnte dann sinnvollerweise
die Zusammenführung von psychiatrischer Maßregel mit der Maßregel der
Sicherungsverwahrung und dem wohl nur
noch normativ vorhandenen Therapieunterbringungsgesetz zu einer Sozialtherapeutischen Einrichtung sein, wie sie
schon einmal in den Reformintentionen
des 1960er- und 1970er-Jahre im damals
ins StGB geschriebenen § 65 vorgesehen
war". (17.06.2015, aus
www.strafvollzugsarchiv.de)
NR.82
03/2015
20 Jahre Deutscher
Präventionstag
In diesem Jahr wird der Deutsche Präventionstag 20 Jahre alt. Vom kleinen aber
feinen Fachkongress mit 168 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Jahr 1995 hat
er sich zum größten europäischen Kongress für das Arbeitsgebiet der Kriminalprävention sowie angrenzender Präventionsbereiche entwickelt.
Der diesjährige Kongress fand in Frankfurt zum Schwerpunktthema "Prävention
rechnet sich. Zur Ökonomie der Kriminalprävention" Anfang Juni statt. Seit dem
12. Deutschen Präventionstag (2007 in
Wiesbaden) veröffentlichen der Deutsche
Präventionstag und seine Veranstaltungspartner mit der jeweiligen „Erklärung“ zum Schluss eines jeden Kongresses Aussagen zu den (kriminal-) politischen Konsequenzen, die sich aus dem
jährlichen Schwerpunktthema sowie den
weiteren Verhandlungen des Jahreskongresses zu aktuellen kriminalpräventiven
Entwicklungen und Tendenzen ergeben.
Die diesjährige Frankfurter Erklärung ist
ein Plädoyer für Kosten-WirksamkeitsAnalysen und Kosten-Nutzen-Analysen
zur Beurteilung öffentlicher Interventionen und Programme, wobei die Notwendigkeit eines Ethikdiskurses in der Beurteilung solcher Analysen hervorgehoben
wird. Für die komplette Erklärung siehe:
www.praeventionstag.de/kriminalpraevention/Module/Media/Medias/
Frankfurter-Erklaerung_507.pdf
Jahresbericht 2014 des
Deutschen Forums für
Kriminalprävention
Der Jahresbericht 2014 der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK)
wurde im Mai veröffentlicht und steht
auch online zur Verfügung:
www.kriminalpraevention.de
LOTSE-INFO spezial!
Eine Sonderausgabe vom LOTSE-Info mit
Praxisberichten ehrenamtlicher BetreuerInnen aus dem NRW-Justizvollzug steht
auf der Lotse-Homepage zum Downloaden zur Verfügung. Wir schicken Ihnen
bei Bedarf auch gerne ein Exemplar zu.
1 4
Anerkennung und
Wertschätzung von
bürgerschaftlichem
Engagement
Die erstplatzierten Preisträger der "Helfenden Hand 2014" gehen ins Rennen
um den Deutschen Engagementpreis
2015. Die Erstplatzierten in den drei
Preiskategorien und der Gewinner des
Publikumspreises haben nun die Chance,
bei der Preisverleihung des Deutschen
Engagementpreises im Dezember 2015 in
Berlin ein weiteres Mal geehrt zu werden.
Auf die Gewinnerinnen und Gewinner der
fünf Kategorien "Chancen schaffen",
"Leben bewahren", "Generationen verbinden", "Grenzen überwinden" und
"Demokratie stärken" warten Preisgelder
in Höhe von je 5.000 Euro. Über den mit
10.000 Euro dotierten Publikumspreis
stimmen im Herbst die Bürgerinnen und
Bürger per Online-Voting ab.
Als eine von etwa 500 Auszeichnungen
für freiwilliges Engagement in Deutschland trägt die "Helfende Hand" dazu bei,
Menschen ins Licht der Öffentlichkeit zu
rücken, die sich ehrenamtlich in Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe engagieren.
Deutscher Engagementpreis
Der Deutsche Engagementpreis würdigt
das bürgerschaftliche Engagement von
Ehrenamtlichen und all denjenigen, die
dieses Engagement durch die Verleihung
von Engagement- und Bürgerpreisen
sichtbar machen. Engagierte Menschen
sollen motiviert werden, sich bei den
zahlreichen Preisen um eine Auszeichnung zu bewerben. Gleichzeitig sollen
mehr Bürger zu ehrenamtlichem Engagement bewegt werden. Zu bestehenden
Engagement-Auszeichnungen kann auf
der Website des Deutschen
Engagementpreises in einer Datenbank
nach unterschiedlichen Kriterien recherchiert werden.
Initiator und Träger des Deutschen
Engagementpreises ist das Bündnis für
Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss
der gemeinnützigen Dachverbände und
Netzwerke des Dritten Sektors sowie von
Experten und Wissenschaftlern. Förderer
sind das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, der
Generali Zukunftsfonds und die Deutsche
Fernsehlotterie. (PM BMI 08.05.2015)
LOTSEINFO
Geldern hat
einen neuen Imam
Mit der freundlichen Genehmigung der
POSAUNE*-Redaktion veröffentlichen
wir folgendes Interview.
Zur Freude der Muslime in der JVA Geldern hat der neue Imam Herr Dur nun
seinen „Dienst“ in der Anstalt angetreten. Herr Dur ist nicht nur dauerhaft „im
Dienst“, sondern predigt auf Deutsch,
was es auch nicht-türkischen Muslimen
ermöglicht, der Predigt zu folgen.
Mit dem folgenden Interview möchten
wir Euch einen ersten Eindruck von Herrn
Fatih Dur vermitteln.
Posaune: Herr Dur, stellen Sie sich den
Lesern bitte kurz vor.
Hr. Dur: Mein Name ist Fatih Dur, ich bin
24 Jahre alt, verheiratet und von Beruf
Islam-Theologe. Da mein Interesse an der
Lehre des Islam bereits in früher Kindheit
durch eine religiöse Erziehung und den
Islam-Unterricht in der Moschee geweckt
wurde, entschied ich mich dazu, nach
meinem Abitur in der Türkei Islamische
Theologie zu studieren. Dort habe ich
meinen Bachelor abgeschlossen. Derzeit
bin ich dabei, meinen Master in Islamwissenschaft/Orientalistik zu machen. Anschließend möchte ich promovieren.
Posaune: Wie sind Sie zu der Tätigkeit in
der JVA Geldern gekommen?
Hr. Dur: Zwei Tage vor dem Beginn meiner Tätigkeit als muslimischer Seelsorger
erfuhr ich vom Religions-Attaché in Düsseldorf, dass hier in der JVA das Bedürfnis
nach einem deutschsprachigen Imam
bestand. Ich stand dem positiv gegenüber, woraufhin sich das türkische Konsulat Düsseldorf mit Herrn Schwers in Verbindung setzte.
NR.82
03/2015
moralische Unterstützung anbieten,
damit sich niemand alleine fühlt.
Posaune: Wie war Ihr erster Eindruck in
Geldern?
Hr. Dur: Ich hatte bereits Erfahrungen als
muslimischer Seelsorger gesammelt,
daher wusste ich, was mich erwartet, und
hatte kein mulmiges Gefühl. Ich habe
gespürt, dass die Gemeinde sich gefreut
hat. Viele waren überrascht bzw. erstaunt, da sie einen türkischsprachigen
Imam erwarteten. Mit dieser Mischung
aus Freude und Erstaunen haben wir
unser Gebet verrichtet.
Posaune: Und wie war Ihr zweiter Eindruck?
Hr. Dur: In der Woche darauf kamen
mehr Gefangene zum Gebet, da sie über
die Teilnehmer der vorigen Woche von
dem deutsch predigenden Imam erfahren
hatten. Zu sehen, dass sich die Gemeinde
vergrößert hatte, erfüllte mich mit Freude. Ich hatte das Gefühl, dass die vorige
Woche ein Erfolg war.
Posaune: Gibt es noch etwas, was Sie
unseren Lesern gerne sagen möchten?
Hr. Dur: Verliert nicht die Hoffnung.
Wichtig sind vor allem Einsicht und aufrichtige Reue. Man sollte die Zeit hier
nutzen, um eine positive Veränderung
herbei zu führen, und gemachte Fehler
nicht zu wiederholen.
Fazit:
Die meisten 24-jährigen gestalten ihre
Zeit anders. Doch Herr Dur nimmt sich die
Zeit, um Menschen in der Not zu helfen.
Darum sagen wir:
„Herzlich WiIlkommen, Herr Dur!“
CS - POSAUNE 2/2015 - *POSAUNE ist
das Gefangenenmagazin JVA Geldern.
Posaune: Was hat sie dazu bewegt, diese
Tätigkeit zu übernehmen, und was wollen Sie bewirken?
Hr. Dur: Der Prophet sagt, dass derjenige
der beste Mensch ist, der den Menschen
am nützlichsten ist. Demzufolge wollte
ich nützlich für die Menschen sein, insbesondere für diejenigen, die Hilfe und
Trost in schweren Zeiten benötigen.
Denen, die es bereuen, vom guten Weg
abgekommen zu sein und nicht wissen,
was sie tun sollen. Mit meiner wöchentlichen Predigt möchte ich mögliche Lösungswege aufzeigen, Trost spenden und
1 5
Führungsaufsicht
steigt weiter - seit
2008 um ca. 50%
Seit einigen Jahren führt der DBHFachverband die aktuellen Zahlen zur
Führungsaufsicht aus den Bundesländern
zusammen. Die Daten aus den Jahren
2008 - 2014 belegen einen weiteren
erheblichen Anstieg der UnterstellungsZahlen. Diese ergeben eine Steigerung
um 47,9%. Waren es im Jahr 2008 noch
24.818 FA-Unterstellungen, so sind es am
31.12.2014 36.706 Unterstellungen.
Länger zurückliegende Zahlen liegen uns
nicht vor, aber wenn man die bekannten
Zahlen aus 2000 von zwei Bundesländern
heranzieht, dann ist der Anstieg noch viel
größer:
Niedersachsen 1.090 (2000) und 2.751
(2014) Unterstellungen;
Hessen 463 (2000) und 1.987 (204)
Unterstellungen.
Zahlen der Führungsaufsicht im
Ländervergleich
Die Anwendung der Führungsaufsicht ist
recht unterschiedlich in den Bundesländern. Baden-Württemberg hat die geringste Fallzahl pro Einwohner: 259 auf 1
Mill. Einwohner. Mehr als doppelt so
viele Fälle sind in Bremen, SachsenAnhalt, Bayern und Berlin zu verzeichnen.
In Bayern sind 635 Fälle auf 1 Mill. Einwohner zu rechnen - in Berlin sind es 782
Fälle. Für die kompletten FA-Zahlen im
Ländervergleich siehe u.s. Tabelle.
(aus dbh-newsletter Nr. 04/15,
02.03.2015)
u.s. FA-Fälle-Tabelle: Erhebung des DBHFachverbandes, Peter Reckling, veröffentlicht:
www.dbh-online.de/fa/FA-ZahlenBundeslaender-2014.pdf, Stand 10.02.2015
LOTSEINFO
NR.82
03/2015
Ehrenamtliche JVA-Beiräte
In den LOTSE-Heften 80 und 81 berichteten wir über die Geschichte und die Arbeit von Anstaltsbeiräten. Um die 280
ehrenamtliche Beiräte engagieren sich in
NRW. Ihre Arbeit möchten wir in einer
Reihe – beginnend mit der heutigen
Ausgabe – näher vorstellen. Als erstes
durfte die LOTSE-Redaktion an den Beirats-Sitzungen der JVA Siegburg und der
JVA Bielefeld-Brackwede teilnehmen.
An dieser Stelle herzlichen Dank für die
offene Aufnahme!
Anstaltsbeiräte Der öffentliche
Blick
Einmal im Monat ist Jour fixe für die
Anstaltsbeiräte. Dann öffnen die Vollzugsanstalten ihre Türen und stellen sich
dem öffentlichen Blick. Diese Politik der
angelehnten Tür wurde vor 45 Jahren
gesetzlich festgeschrieben. Seitdem gilt:
Keine Anstalt ohne Beirat, kein Innenleben ohne Außenperspektive.
Wenn der neunköpfige Beirat der JVA
Bielefeld-Brackwede tagt, sind die ehrenamtlichen Mitglieder – Pfarrer, Schöffen,
Stadträte, Berufsschullehrer, Mitglieder
des Landtags und der Stadtverwaltung –
zunächst unter sich, um Fragen zu sammeln und Schwerpunkte festzulegen.
Dann kommen die Verantwortlichen der
Fachdienste und die Anstaltsleitung dazu,
die über Neuigkeiten, besondere Vorkommnisse und die allgemeine Situation
berichten. Hier muss sich die Leitung
auch den kritischen Nachfragen des
Beirates stellen. Auf welcher Grundlage
findet die Einzelunterbringung eines
Inhaftierten im besonders gesicherten
Haftraum (BGH) statt? Wie lange hat
man vor, besondere Maßnahmen gegenüber einem Insassen einzuleiten und
weshalb? Neben der Beratung der Anstaltsleitung obliegt dem Beirat eine
Kontrollfunktion.
Die Atmosphäre ist sachlich professionell,
die Tagesordnung straff, aber es gibt
auch lockere Bemerkungen und der Umgang miteinander ist freundlich. Das ist
die Kunst dieser Arbeit: Eine Zusammen-
arbeit zu schaffen, in der alle zwar unterschiedliche Aufgaben und Rollen haben,
aber alle am selben Ziel arbeiten.
Der Anstaltsbeirat der JVA BielefeldBrackwede* (Foto: privat)
In Bielefeld gibt es ca. 500 Insassen, um
die 60 sind Frauen. Die Mehrheit hat
einen Migrationshintergrund. Auch Personen mit Langzeitstrafen sind hier inhaftiert, ebenso wie Menschen, die besonderer Sicherheitsmaßnahmen bedürfen. Sie
alle werden mittags per Lautsprecher
über die Anwesenheit des Beirats informiert und können sich dann für ein Gespräch unter vier Augen anmelden. Direkt
nach ihrer Sitzung nehmen die Mitglieder
des Beirats diese Gesprächstermine wahr.
Sprechstunden für die Gefangenen
Für die ca. 400 Inhaftierten der JVA Siegburg werden in einem 14-tägigen Rhythmus Sprechstunden mit einzelnen Beiratsmitgliedern angeboten.
Sprechstunden werden durch Aushänge
an geeigneten Stellen in allen Fluren
öffentlich gemacht.
Die Sprechstunden finden stets zu zweit
statt. „Auf diese Weise können wir uns
gegenseitig unterstützen. Es erleichtert
die gemeinsame Reflexion und neuen
Beiratsmitgliedern den Einstieg“, erzählt
Klaus Reker, der eher per Zufall vor drei
Jahren zur Beiratsarbeit gekommen ist
und diese jetzt nicht mehr missen möchte. Vor Weihnachten sei der Gesprächsbedarf besonders groß. „Dann sind wir
auch schon mal von 10 Uhr morgens bis
abends 19 Uhr hier!“ erinnert sich Albert
Thüssing, Beiratsvorsitzender seit 1984
und seit 1979 Beiratsmitglied. Neben den
Sprechstunden können sich die Inhaftierten auch per Brief an den Beirat wenden.
Dazu stehen zwei Briefkästen zur Verfügung. Die Funktion des Beirates wird in
1 6
der Hausordnung genannt, welche die
Insassen bei ihrer Inhaftierung erhalten.
Gesprächsbedarf kann zum Beispiel beim
Thema Entlohnung bestehen. Haben die
Insassen das Gefühl, ungerecht bezahlt
zu werden, tauscht sich der Beirat hierüber mit den Anstaltsverantwortlichen
aus. Eine für die Inhaftierten transparentere Lohntabelle könnte beispielsweise
eine gemeinsam angestrebte Lösung sein.
Die Beiratsmitglieder haben jedoch nicht
nur ein Ohr für die Insassen, sondern
suchen regelmäßig das Gespräch mit den
JVA-MitarbeiterInnen. „Wir sind neutrale
Mittler zwischen Leitung, MitarbeiterInnen, Inhaftierten und der Außenwelt“, so
der Vorsitzende Matthias Blomeier, seit
Beginn der 90er im Beirat der JVA Bielefeld-Brackwede, „wir sind jedoch parteiisch, wenn es um die Aufklärung von
Missständen geht“.
Die Anstaltsbeiräte stellen geballte berufliche Kompetenz in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern dar. Viele der Beiratsmitglieder sind oder waren außerdem
politisch aktiv. Die ehrenamtliche Arbeit
in der JVA profitiert davon, denn Kontakte zu Entscheidungsträgern tragen dazu
bei, anstehende Änderungen oder Projekte voranzutreiben und das Verständnis
für den Justizvollzug in der Öffentlichkeit
zu fördern.
Bedauerlich ist jedoch, dass es für die
Beiratsarbeit, die weit über die monatlichen Sitzungen und Sprechstunden hinausgeht, keine Arbeitsfreistellung gibt.
Eine Krankenhausmitarbeiterin musste
ihre ehrenamtliche Beiratsarbeit einstellen, weil sie eine neue Stelle in einem
privaten Krankenhaus angetreten hatte.
Dabei wurden ihre Kenntnisse im medizinisch-organisatorischen Bereich sehr
geschätzt. Dass dazu die Aufwandsentschädigung auch noch versteuert werden
muss, wird als symbolische Geringschätzung der geleisteten, häufig schwierigen,
sicher verantwortungsvollen Arbeit gesehen.
Fortsetzung auf Seite 17
* von links nach rechts: Regina KoppHerr (MdL), Beate Niemeyer (Betreuungskraft für Demenzkranke), Ursel Meyer
(kaufmännische Angestellte), Matthias
Blomeier, Beiratsvorsitzender (Sozialpfarrer), Winfried Huber (Rentner), HansWerner Plaßmann (Oberstudienrat a.D.)
und Manfred Schön (Rentner). Auf dem
Bild fehlen Gerhard Wende (Beamter)
und Dietrich Kögler (Rentner).
LOTSEINFO
Fortsetzung von Seite 16
Perspektivwechsel
Je nach vom Beirat beschlossenen Themenschwerpunkt finden beim Jour Fixe in
Bielefeld (oder zusätzlich dazu) auch
Begehungen statt wie beispielsweise der
Kleiderkammer, der Sanitätsabteilung
oder der Unterbringung für Suizidgefährdete.
Besuche der verschiedensten JVABereiche stehen auch in Siegburg regelmäßig an. Neben Probeessen in der JVAKüche trifft sich der Beirat einmal im Jahr
mit dem Personalrat. Auch wird der Kontakt zu Beiräten anderer JVAs oder dem
nordrhein-westfälischen Justizvollzugsbeauftragten intensiv gepflegt.
„Unsere Arbeit ist extrem vielschichtig“,
erläutert Beate Patt, stellvertretende
Beiratsvorsitzende in der JVA Siegburg,
ihr Engagement. „Wir haben mit den
unterschiedlichsten Menschen zu tun und
sind ständig gefordert, die Dinge aus
verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Zum Teil aus völlig unbekannten
„Welten“. Das ist immer wieder eine
große Herausforderung, bereichert jedoch
das persönliche Leben enorm.“
In Siegburg organisiert der Beirat neben
den Sitzungen und Begehungen in der
JVA auch eine jährliche Außensitzung, zu
der Leitung und sonst an der
Beiratssitzung anwesende Fachdienste
der JVA ebenfalls eingeladen sind. Das
Besondere an dieser Sitzung ist: Man
verbindet die Arbeit mit einem anderen
Programm - in diesem Jahr dem Besuch
der Wahnbachtalsperre - und mit einem
gemeinsamen Abendessen. „Das verbessert die Kommunikationskultur“, sagt die
diesjährige Organisatorin Marga Basche,
„gerade bei der Behandlung von schwierigen Themen.“
Mittler mit Visionen
Frei nach Rio Reiser möchte die LOTSERedaktion am Ende der Sitzungen von
den TeilnehmerInnen noch eines wissen:
„Was würden sie tun, wenn sie KönigIn
der JVA wären?“ Spontan kommen zahlreiche Vorschläge: Mehr Mut in puncto
Lockerungen beweisen, regelmäßige
Sportangebote, mehr berufliche Ausbildungsmöglichkeiten für Gefangene schaffen, den Alltag vereinfachen, z.B. weniger
Bürokratie bei den Anträgen sowie freie
Wahl der Pflegeartikel.
Ein anderes Mitglied sieht die Wichtigkeit
der Arbeit auch für die als besonders
NR.82
03/2015
gefährlich eingestuften Insassen und
wünscht sich überhaupt mehr Arbeit für
alle. Das JVA-Personal sollte nicht nur
eine noch bessere Ausbildung genießen,
sondern auch besser bezahlt werden.
Man träumt von einer allgemeinen Verbesserung des Umgangsstils unter allen
im Strafvollzug Arbeitenden und unter
den Inhaftierten sowie zwischen allen
„Fronten“. Beate Niemeyer, Beirätin
Bielefeld, hat die Vision gänzlich alternativer Konzepte statt Strafvollzug in der
heutigen Form.
Mehrere wünschen sich eine bessere
Überprüfung, wer ins Gefängnis gehört
und wer nicht, wie z.B. suchtkranke oder
psychisch kranke Menschen. Und manche
Ideen setzen ganz pragmatisch beim
Gebäude selbst an:
So würde Anne Lenz-Söntgerath in der
JVA Siegburg schlicht und einfach für
mehr Licht sorgen und Ursel Meyer, ehemalige Schöffin, würde sofort eine Haltestelle direkt vor der JVA BielefeldBrackwede schaffen.
** von links nach rechts: Lothar Quast
(im Beirat seit Okt. 2005, CDU-Mitglied),
Marga Basche (im Beirat seit Okt. 2012,
CDU-Mitglied, seit vielen Jahren auch
Mitglied einer Kontaktgruppe in der JVA),
Klaus Reker (im Beirat seit Okt. 2012,
FDP-Mitglied), Anne Lenz-Söntgerath (im
Beirat seit 2000, CDU-Mitglied), Beate
Patt (stellvertr. Vorsitzende, im Beirat seit
2000, CDU-Mitglied) und Albert Thüssing
(Vorsitzender seit 1984, im Beirat seit
1979, SPD-Mitglied). Auf dem Bild fehlen
Ingo Steiner (im Beirat seit 2000, Bündnis
90/ die Grünen) und Daniel Stenger (im
Beirat seit 2005, SPD-Mitglied).
LOTSE-Seminar
zu Nähe und Distanz im
Kontakt mit Inhaftierten
"Sie sind doch viel zu nah dran!"
Manchmal scheint es, als könne man mit
Straftätern nur mit einer langen Kneifzange umgehen. Dahinter steckt die
Sorge, „umgarnt und eingewickelt“ zu
werden. Im Seminar soll diskutiert werden, ob es einen idealen Abstand gibt,
welche Vorteile und Nachteile mit unterschiedlichen Abständen verbunden sind
und wie ehrenamtliche BetreuerInnen mit
diesen heiklen Fragen umgehen können.
Donnerstag, 29. Oktober
10.00 bis 17.00 Uhr in Recklinghausen
Referent: Michael Stiels-Glenn
Der Anstaltsbeirat der JVA Siegburg**
(Foto: privat)
Es gibt also noch viele Dinge anzustoßen.
Auffälligerweise haben die meisten
„KönigInnen“ ganz realistische, praktische „Visionen“ geäußert. Lehrt die
Arbeit im Strafvollzug Bescheidenheit?
Oder den Glauben an den steten Tropfen? Auffällig ist auch, dass mehrere
Beiräte dem Ehrenamt über Jahrzehnte
treu bleiben.
Rekordverdächtig ist Albert Thüssing,
bereits seit 36 Jahren im Beirat der JVA
Siegburg.
Aber auch Matthias Blomeier ist - trotz
seiner kritischen Haltung zu den Fortschritten im Strafvollzugsbereich - schon
seit fast 25 Jahren im Bielefelder Beirat
dabei. Was ihn als dortigen Dienstältesten im Ehrenamt hält? „Dass es eben
noch immer keinen Behandlungsvollzug
gibt.“ Also heißt es – weitermachen.
1 7
Rückfragen und Anmeldung siehe Anmeldebogen auf Seite 23.
Wir veröffentlichen eine der zahlreichen positiven bis begeisterten Rückmeldungen zu den „traditionellen“
LOTSE-Seminaren mit dem Referenten
Michael Stiels-Glenn:
„Wir sind wirklich nach Recklinghausen
gefahren* - und es war einfach nur klasse! Dieser Mann ist einer von den Therapeuten, von denen es nicht viele gibt...
Mein Mann und ich haben richtig viel
nach Hause 'mitgenommen' - auch den
Wunsch, noch mehr von ihm lernen zu
können. Deshalb werde ich jetzt mal sehr
genau über's Internet die LOTSE-Zeitung
verfolgen und hoffen, dass er nochmal zu
irgendeinem Thema zur Verfügung steht.
Wir jedenfalls würden uns dazu schon
jetzt anmelden!! ;-)
Danke für diesen besonderen Tag!
Liebe Grüße
Angelika Blum“ (*Seminar am 11.06.15)
LOTSEINFO
NR.82
03/2015
tat nicht länger selbst betreuen kann –
und froh ist, dass Organisationen wie der
Weiße Ring deren langfristige Unterstützung übernehmen.
LOTSEGesprächskreis
Dortmund
im Landtag
Der LOTSE-Gesprächskreis für ehrenamtliche BetreuerInnen in den JVAs Dortmund und Umgebung konnte im Juni
einen gemeinsamen, spannenden Nachmittag im Landtag verbringen. Dazu
eingeladen hatte die Landtagsabgeordnete und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Nadja Lüders.
Einige von ihnen hatten dafür Urlaub
genommen, andere die Urlaubsplanung
entsprechend angepasst, so wichtig war
ihnen diese Einladung. Nach einer allgemeinen Einführung zu Funktion und
Arbeitsweise des Landtages durfte die
Gruppe einer Plenarsaalsitzung beiwohnen und Redebeiträge einiger der PolitikerInnen im wahrsten Sinne „live“ verfolgen, die man üblicherweise eher im
Fernsehen sieht. Danach kam die Begegnung mit Frau Lüders, die einigen Gesprächskreis-TeilnehmerInnen bereits
bekannt war, da diese den Austausch mit
den ehrenamtlichen BetreuerInnen schon
mehrmals gesucht hatte.
Trotz der interessanten Debatte im Landtag entwickelte sich das Gespräch mit
Frau Lüders als das echte Hightlight des
Tages: Die ehrenamtlichen JVABetreuerInnen hatten viele Fragen – u.a.
zu den JVA-Schließungen, zu den Paketen, zu speziellen Fällen - und auch einige
kritische Rückmeldungen - wie der häufige Mangel an Räume für die Besuche
oder die Gruppen. Insgesamt waren sie
durch die „sachlichen, freundlichen und
inhaltlich gehaltvollen Rückmeldungen“
der Politikerin sehr angetan. Beim abschließenden Kaffee und Kuchen war
Frau Lüders leider nicht mehr dabei, die
Ehrenamtlichen tauschten sich jedoch
weiter untereinander aus und genossen müde aber glücklich - die schöne RheinAussicht der Kantine. Fazit:
Ein rundum lehrreicher Nachmittag!
I N F O S E R V I C E
Das LOTSE-Info wird allen ehrenamtlich
in NRW in der Straffälligenhilfe Tätigen
auf Wunsch kostenlos vom LOTSEServicebüro (s. Impressum) zugestellt.
Alle Exemplare inkl. Sonderhefte finden
Sie auf unserer Homepage (siehe unten).
2013 konnten wir mit fast 600 verkauften
Mützen den Weißen Ring bereits mit rund
3.000 Euro unterstützen und wurden
mittlerweile selbst zu Botschaftern des
Vereins ernannt.
Ehrenamtliche BetreuerInnen vom LOTSEGesprächskreis Dortmund im Landtag mit
Nadja Lüders (MdL), im Foto links
(Foto: privat)
Besondere
Projekte und
Angebote aus
den JVAen NRW
In dieser Rubrik soll in jedem Heft mindestens ein Projekt bzw. ein Angebot der
besonderen Art aus den Justizvollzugsanstalten in NRW vorgestellt werden.
Häkeln kann doch
Spaß machen!?
Bei uns häkelhelden bekommt ihr
stylische und trendige Häkelmützen, die
nicht nur jedes Outfit abrunden und einen
unvergesslichen Auftritt garantieren,
sondern mit denen ihr euch auch gleichzeitig sozial engagiert:
Denn 5 Euro aus dem Erlös jeder Mütze
spenden wir an den Weissen Ring!
Alles begann im Mai 2012 …
Schon lange hatten wir nach einer Möglichkeit gesucht, uns sozial zu engagieren. Doch durch den Schichtdienst bei der
Polizei und die wenige Freizeit schien
dies kaum möglich – bis zur Gründung
der häkelhelden.
Die Idee des Projekts ist es, mit jeder
verkauften Mütze den Weissen Ring zu
unterstützen, eine Organisation, die wir
als Polizeibeamte im Dienst kennen und
schätzen gelernt haben. Denn auch wenn
man Polizist geworden ist, um Personen
zu helfen, die sich selbst nicht mehr
helfen können, erreicht man im Alltag
"auf der Straße" doch immer wieder den
Punkt, an dem man die Opfer einer Straf1 8
Da wir diese Mengen nicht mehr alleine
bewältigen konnten, haben wir nach
einer Möglichkeit gesucht, das Projekt
sinnvoll zu erweitern. So konnten wir
eine Idee, die bereits zu Beginn des Projekts in unseren Köpfen war, verwirklichen.
Seit Januar 2014 werden unsere Mützen
im Rahmen der Arbeitstherapie in der
JVA Düsseldorf hergestellt. Unter Anleitung fachkundiger Therapeuten sollen
dabei Häftlinge an einen geregelten
Arbeitstag herangeführt werden.
Die Kooperation mit den häkelhelden
eröffnet darüber hinaus rund zwölf Gefangenen noch eine weitere Dimension
der Rehabilitation: durch ihre direkte
Mitarbeit an der Unterstützung des Opferschutzes gelingt es uns gemeinsam,
einen Kreislauf zu schließen und sie immer wieder am positiven Feedback zu
ihrer Arbeit – wie z.B. die Nominierung
für den deutschen Engagementpreis –
teilhaben zu lassen.
Die Häftlinge freuen sich darüber, dass
durch ihre Arbeit etwas Gutes, wie die
Opferhilfe, unterstützt werden kann und
zeigen sich stolz, Teil dieses Projekts zu
sein.
So ist eine Erweiterung des Projekts in
Planung und weitere JVA´s sollen einbezogen werden.
Tim Pittelkow
häkelhelden
Im Klosterhof 6,
50226 FrechenKönigsdorf, Tel. 0151 - 25 36 57 05
[email protected]
http://www.haekelhelden.de/das-projekt/
LOTSEINFO
BÜCHER
Das Knast-Dilemma
In seinem Buch führt Bernd Maelicke aus,
dass die Gefängnisse weiterhin die Schulen des Verbrechens seien - trotz aller
Reformen. Maelicke positioniert sich seit
Jahren entschieden als Gegner populärer
Forderungen nach größerer Härte im
Umgang mit Straftätern.
Auf Basis langjähriger Erfahrungen, u.a.
als Abteilungsleiter im Justizministerium
in Kiel, und zahlreicher biografischer
Fallbeispiele zeigt er das dramatische
Missverständnis im deutschen Strafvollzug: das Gefängnis resozialisiert nicht,
dagegen dominieren die subkulturellen
Einflüsse. Bei den meisten Straffälligen,
insbesondere jungen, verspricht nicht
Wegsperren Erfolg, sondern allein verlässliche soziale Beziehungen. Die Resozialisierung findet wesentlich nach der
Entlassung statt.
Maelicke bemängelt: ob Schuldenberatung, Gerichtshilfe, ambulante Soziale
Dienste, Bewährungshilfe, Jugendhilfe,
Sozialarbeit oder Wohnraumvermittlung,
diese Angebote existieren alle, nur sind
sie nicht ausreichend vernetzt. Deshalb
fallen viele Gefangene bei ihrer Entlassung unvorbereitet zurück in ihr altes
Leben: "Wir überlassen die Leute ihrem
Schicksal selber, wenn sie da mit ihrem
Pappkoffer, nach wie vor, wenn sie dann
am Tag der Entlassung vor dem Gefängnistor stehen. Und das ist dann der Beginn des Rückfalls. Da fängt der Ernstfall
der Resozialisierung ja erst an. Nach der
Entlassung."
Unverantwortlich hohe Rückfallquoten
seien Folgen der Systemmängel der Kriminalpolitik. Maelicke fordert eine differenzierte Debatte zu einem Thema, das
Politiker nur in Wahlkampfzeiten und
Medien nur bei Skandalen interessiert.
Siehe auch unter
www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Politisches
-Buch-Das-Knast-Dilemma, knastdilemma102.html sowie ein Interview mit der
Süddeutschen : www.sueddeutsche.de/
leben/resozialisierung-gefaengnis-istkeine-loesung-1.2505479
Bernd Maelicke: Das Knast-Dilemma.
Wegsperren oder resozialisieren? Eine
Streitschrift. C. Bertelsmann: München
2015. 256 S., 19,99 Euro.
(aus dbh-newsletter 8/2015, 08.05.15)
NR.82
03/2015
Diskussionsentwurf
für ein Landesresozialisierungsgesetz
Mit dem Buch knüpfen die Autoren Heinz
Cornel, Frieder Dünkel, Ineke Pruin,
Bernd-Rüdiger Sonnen und Jonas Weber
an einer Initiative aus den 1980er Jahren
an. Damals wurde ein Bundesresozialisierungsgesetz gefordert, das sich aber
politisch nicht realisieren ließ. Der vorliegende Entwurf unterbreitet konkrete
inhaltliche und organisatorische Vorschläge für eine Weiterentwicklung nichtfreiheitsentziehender Maßnahmen und
Hilfeleistungen für straffällig gewordene
Menschen.
Durch die Föderalismusreform sind nunmehr die Länder die Ansprechpartner für
diese Initiative analog der Zuständigkeit
für die Strafvollzugsgesetze.
Das Buch ist im April 2015 im Forum
Verlag Godesberg erschienen (ISBN: 9783-942865-44-9) und im Buchhandel
erhältlich. (aus: dbh-newsletter Nr.10/15
vom 17.06.2015)
Bürgerhandbuch
Politisch aktiv werden – Öffentlichkeit
herstellen – Rechte durchsetzen
Paul Ackermann (Hrsg.) Wochenschau
Verlag, Schwalbach/Ts. 2015, 312 S.,
2,00 Euro.
Der völlig neu überarbeitete Ratgeber für
den politisch interessierten Bürger, erklärt
Grundlagen des politischen Handelns und
zeigt in 99 Tipps, was der Einzelne auf
verschiedenen Ebenen tun kann. Von der
gezielten Informationsbeschaffung über
die Meinungsbildung bis hin zur Bürgerbeteiligung mittels Petitionen, Initiativen
oder Online-Verfahren, werden unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt.
Das Buch wird ergänzt durch zahlreiche
farbige Abbildungen, Diagramme und
Infokästen. Es hilft, die Spielregeln in der
Politik zu verstehen und sich aktiv auf
kommunaler, europäischer und weltweiter Ebene zu engagieren. Grundlagen wie
Wahlrecht oder der Aufbau der EU sind
ebenso Thema wie aktuelle Entwicklungen, Extremismus und neue Akteure in
der politischen Landschaft. Der Raum für
Mitbestimmung ist da – man muss nur
1 9
wissen wie man ihn nutzen kann. (aus:
www.politische-bildungbrandenburg.de/shop/Brandenburger/Buergerschaftliches-Engagement--Zivilgesellschaft/Buergerhandbuch.html)
Grundrechte-Report
2015
- enthält diesmal noch weniger über
Gefängnisse
von Johannes Feest
Wie stets, lohnt es diesen Band durchzublättern und sich im Einzelnen festzulesen. Thematisch wird ein weiter Bogen
von den Persönlichkeitsrechten (Art. 2
GG) bis zur Rechtsgrundlage jeglicher
Freiheitsbeschränkung (Art. 104 GG)
gespannt. Festgelesen habe ich mich vor
allem bei zwei Beiträgen von Bremer
Freundinnen: Laura Adamietz (Unzureichender Grundrechtsschutz von Trans*und Inter*) und Kirsten Wiese (Kopftuch
und Burka verlangen differenzierte Lösungen).
Der einzige Text, der mit Gefängnissen zu
tun hat, stammt von Holger Niehaus,
einem Strafrichter; er betrifft den "Warnschussarrest" (Freiheitsentziehung zu
Symbolzwecken). Aber: gab es da nicht
noch andere gefängnispolitische Themen
mit Grundrechtsbezug?
* Mir fällt in erster Linie die Auseinandersetzung um die vor einem Jahr gegründete Organisation ein, welche sich Gefangenengewerkschaft (GG) nennt. Der
Grundrechtsbezug ist dabei zunächst
natürlich Art. 9 GG. Hinzukommt, dass zu
den Forderungen dieser Organisation die
Einbeziehung der Gefangenen in die
Sozialversicherung sowie der Mindestlohn gehört. Nun enthält der vorliegende
Band einen Beitrag zum Thema "Mindestlohn", aber ohne jede Erwähnung
der Gefängnisfrage. Es ist sicher kein
Zufall, dass der Autor dieses Beitrags,
Stefan Soost, bei einer DGB-Gewerkschaft arbeitet, wo man sich noch nie
besonders für Gefangene oder andere
"Lumpenproletarier" interessiert hat.
Vielleicht hätte man Christian Hergesell
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie um eine Ergänzung bitten sollen.
Fortsetzung auf Seite 20
LOTSEINFO
An die namenlosen
HeldInnen,
die in diesem Jahr,
Dienstjubiläum feiern
Wir kennen persönlich einige und gratulieren von Herzen für das Engagement
und die positive Ausdauer in einem besonders herausfordernden Beruf und
Berufsumfeld.
Mögen sie alle auch in Zukunft immer
wieder den Weg finden, ebenso engagiert, freundlich und selbstschützend zu
arbeiten wie bisher.
Die ehrenamtlichen BetreuerInnen
danken Euch von Herzen!
Fortsetzung von Seite 19
* Aber auch in anderen Beiträgen vermisst man Hinweise auf die Besonderheiten des Gefängniswesens. So zum Beispiel beim Thema Trans* und Inter*, wo
die Gefängnisverwaltung bekanntlich nur
die rigide Trennung in "Männervollzug"
und "Frauenvollzug" kennt und jegliche
Zwischen- und Übergangszustände verschärft zu Lasten der Menschenwürde
gehen.
*Gerne hätte ich selbst einen Beitrag
über eines meiner Lieblingsthemen geschrieben: die Verletzung des Briefgeheimnisses im Verhältnis von Gefangenen
und den Gerichten. Denn: nach wie vor
sehen die meisten Landesgesetze zum
Strafvollzug vor, dass auch die Gerichtspost "überwacht" werden darf. Formal
liegt darin zwar kein Verstoß gegen Art.
10 Abs. 1 GG, weil diese Beschränkung
des Briefgeheimnisses ja durch Gesetz
vorgesehen ist. Aber in Kombination mit
Art. 19 IV GG muss man wohl doch einen
Eingriff in Kernbereiche des Grundrechtsschutzes feststellen. Einige Bundesländer
haben dies inzwischen eingesehen und
die Gerichtspost ausdrücklich von der
Überwachung ausgenommen.
Grundrechte-Report 2015. Zur Lage
der Bürger- und Menschenrechte in
Deutschland. Hrsg. von Till MüllerHeidelberg u.a., Fischer Taschenbuch:
Frankfurt 2015, 249 Seiten, Euro 11,30
(Johannes Feest, 08.06.2015, siehe
www.strafvollzugsarchiv.de)
NR.82
03/2015
FILM-TIPP
Nr. 1!
Beyond
Punishment
Regie: Hubertus Siegert, D 2015
Beyond punishment (frei übersetzt: Jenseits von Strafe) ist ein neu erschienener
Dokumentarfilm, der zum Nachdenken,
zu neuen Perspektiven und einer offenen
Diskussion einlädt.
Drei Verbrechen – Drei Strafen – Drei
Konflikte. Drei Männer, die getötet haben, und drei Familien, die jemanden
verloren haben. In der üblichen Vorstellung von Schuld und Strafe ergibt das
drei, die bestraft werden, und drei, die
vergessen sollen. Undenkbar, dass sich
beide Seiten annähern. Der Film beobachtet dreimal das Unmögliche: Seinem
Feind begegnen, in Gedanken, in Botschaften, im realen Leben, in Deutschland, in Norwegen und in den USA.
Max-Ophüls-Preis 2015
Empfehlenswert!
Beyond Punishment (II):
die Folgen der Tat
von Prof. Dr. Sebastian Scheerer aus dem
Blog* „criminologia.de“ - Juni 2015
Den Film, der jetzt im Hamburger Abaton-Kino anläuft und auf den Christian
Wickert in diesem Blog schon am 16. Mai
hingewiesen hatte (weshalb dieser Beitrag hier als Beyond Punishment II firmiert), kann man leicht verpassen (Anm.
d. Red.: der Film ist in ganz Deutschland
angelaufen). Es sind nur wenige Vorführungen geplant. Und jenseits des
Grindelviertels scheint sich in der Millionenstadt Hamburg kein weiteres
Lichtspieltheater für diesen bereits mit
dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten
Dokumentarfilm zu interessieren.
Es wäre schade, wenn das so bliebe.
Denn der Film von Hubertus Siegert behandelt zwar auch Kriminalfälle, geht das
absolute Lieblingsthema der deutschen
Fernsehunterhaltung aber radikal anders
an als die üblichen Filme etwa über große
Kriminalfälle, die fürchterlichsten Serien2 0
mörder oder als Navy CSI, CSI Miami, CSI
New York und Tatort.
Hier steht nicht der Kampf Gut vs. Böse
im Mittelpunkt, nicht die Suche nach dem
Schuldigen und der Triumph der Ermittler,
sondern das, was Tötungsdelikte jenseits
der Auslöschung eines Menschenlebens
(in der Gefühls- und Gedankenwelt von
Hinterbliebenen ebenso wie in derjenigen
der Täter) anrichten. Das Opfer eines
Mordes ist ja nicht nur der getötete
Mensch. Opfer sind auch die Verwandten,
die Freunde und der weitere Sozialraum –
und in diesem Film wird auf ebenso behutsame wie bewegende Art versucht,
dieses Feld von Verwüstungen und Verstörungen, von Hilfsbedürftigkeit, Orientierungsverlust, Traumatisierung und
einem Strudel stärkster widersprüchlicher
Bedürfnisse zu vermessen.
Bewegend ist in diesem Film immer wieder die verzweifelte Lage der Hinterbliebenen zwischen bittersten Gefühlen
gegenüber dem Täter einerseits und dem
intensiven Bedürfnis, endlich Frieden zu
finden – einen emotionalen Abschluss
und damit die Möglichkeit, wieder nach
vorne zu blicken und das eigene Leben zu
leben. Unweigerlich drängt sich dabei die
Figur des Täters in die Gedanken und
Gefühle der Opfer – wie ein böses Gespenst, das zu verscheuchen einfach nicht
gelingen will und das von negativen
Emotionen wie Rachephantasien auch
nur noch weiter am Leben gehalten wird.
Letztlich könnte wohl nur eine Art Versöhnung zwischen Opfern und Tätern (die
mit ihren eigenen Gespenstern kämpfen)
für alle Beteiligten die ersehnte closure
bringen.
Versöhnung nach Tötungsdelikten aber
erscheint nicht allein wegen der Abwesenheit der Hauptperson paradox, sondern – davon abgeleitet – auch wegen
der emotionalen Bande der Hinterbliebenen zu dieser Hauptperson. Welches
Recht, welche Möglichkeit hat eine Hinterbliebene wie zum Beispiel Lisa, die
Schwester des in der Bronx erschossenen
16-jährigen Darryl, dem Mörder ihres
Bruders zu vergeben? Würde Vergebung
nicht einem Verrat an Darryl gleichkommen? Die kurze Szene, in der ihr Versöhnungs-Bedürfnis und das VersöhnungsVerbot in einem Moment der Verzweiflung aufeinanderprallen, gehört zu den
anrührendsten des Films.
Dennoch ist der Film nie rührselig. Er ist
nüchtern und sachlich – und er zieht
LOTSEINFO
Zuschauer nicht durch verblüffende Lösungen, sondern gerade dadurch in seinen Bann, dass er Wege zur Überwindung der Aporien und Traumata erfragt
und andeutet, unterstützend zu suchen
hilft – und doch immer wieder neue
Hindernisse und verpasste Gelegenheiten
zu vermelden hat.
Er überzeugt am meisten in der Schaffung
von Empathie und in der Darstellung des
Leidens, das durch Straftaten gegen das
Leben in die Welt kommt und das auch
durch die Bestrafung der Schuldigen
nichts von seiner zerstörerischen Wirkung
auf die Seelen der Opfer verliert. Auch die
Täter leben mit Schuld, Angst, Wut, Hilflosigkeit – und die für manche Menschen
schuldgefühlreduzierende Wirkung der
Strafe (Sigmund Freud) erfüllt jedenfalls
nicht die Träume ihrer Erfinder. Sie wirken ratlos, gequält von Phantasien über
das Bild, das die anderen von ihnen haben – isoliert und verloren. Vor allem:
hilfsbedürftig.
Der Film überzeugt darin, eindringlich die
Bedeutung und das Potential, aber auch
die Schwierigkeiten von Schritten zur
Aussöhnung jenseits der staatlichen
Strafe bewußt werden zu lassen. Es gibt
viele Aspekte der Vergeblichkeit in diesem Film, und es erscheint zunächst
schwer erklärlich, warum er trotzdem in
der Lage ist, Sympathien für die Idee der
Restorative Justice zu wecken.
Des Rätsels Lösung lautet wohl: immer
wieder ahnt man – und gelegentlich wird
es auch ausgedrückt (etwa von dem
norwegischen Vater Erik, der nur sehr
indirekt mit dem Eifersuchts-Mörder
seiner Tochter Ingrid-Elisabeth kommuniziert und das Angebot zu einem Treffen
letztlich ausschlägt) – dass ein hilfreich
begleiteter Prozess des Nachdenkens
über Versöhnung auch schon als solcher
in der Lage sein kann, einen Teil der Last
von den Schultern zu nehmen, dass eine
Ahnung von Erlösung also auch schon auf
der Wegstrecke selbst möglich ist, schon
lange vor dem Ziel.
Wie lang und schmerzhaft, aber auch wie
wichtig und wie wohltuend ein Prozess
der Annäherung zwischen Täter- und
Opfer (-Familien) sein kann, das zeigt
übrigens das Beispiel der Familien des
Bankiers und RAF-Opfers Jürgen Ponto
und der RAF-Attentäterin, seiner Patentochter Susanne Albrecht.
Das Buch “Die Patentöchter: Im Schatten
der RAF. Ein Dialog” von Julia Albrecht
NR.82
03/2015
und Corinna Ponto (2011) und die TVDokumentation “Die Folgen der Tat”
(WDR, 2015) wären eine fruchtbare Ergänzung der drei Fälle und der Thematik,
die Hubertus Siegert in “Beyond
Punishment” so meisterhaft erschließt.
(*Criminologia ist ein Blog zu kriminologischen und kriminalpolitischen Themen,
betrieben und gepflegt von Lehrenden
und Studierenden des Instituts für kriminologische Sozialforschung (IKS) der
Universität Hamburg)
Beyond Punishment wurde übrigens kurz
Auch die ZDF-Kultursendung "aspekte"
vom 29. Mai 2015 hat sich mit dem Film
beschäftigt und in diesem Rahmen die
ehemalige Bundesjustizministerin Herta
Däubler-Gmelin zu den Themen
"Restorative Justice" und "Täter-OpferAusgleich" in Deutschland befragt. Die
Sendung kann (zeitlich begrenzt) über die
ZDF-Mediathek abgerufen werden:
www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersic
ht/500#/beitrag/video/2414354/aspektevom-29-Mai-2015; in der Mediathek ist
auch ein Interview mit dem Regisseur
Hubertus Siegert:
www.zdf.de/form/aspekte/archiv-aspekte
vor seinem Kino-Start in verschiedenen
Gefängnissen gezeigt.
Bei der Filmvorführung in der JVA Lübeck
fiel mir dreierlei auf:
erstens
der ebenso verblüffende wie überzeugende Hinweis eines wegen Totschlags
verurteilten Gefangenen, dass das, was in
dem Film als wünschbares und notwendiges Reflexions- und Kommunikationsverhalten dargestellt wurde, nicht nur
nach Straftaten, sondern auch schon in
der normalen Alltagswelt ebenso schwierig wie selten und doch wohltuend und
notwendig sei – auch im normalen Alltagsleben gäbe es doch Verletzungen und
die Notwendigkeit der Aussöhnung, und
vielleicht resultierten viele Gewalttaten
aus dem Mangel an Restorative-JusticeProzessen im Verlaufe alltagsweltlicher
Eskalationsprozesse;
zweitens
die Diskussion um Schwierigkeiten, die
sich durch Restorative Justice im Strafvollzug ergeben könnten: das System
Gefängnis lade förmlich dazu ein, dass
Gefangene sich nur pro forma für derartige Programme interessieren würden, im
Hinterkopf immer mit dem Gedanken an
eine frühere Entlassung auf Bewährung;
drittens
die vorauseilende Beschwichtigung möglicher Einwände gegen eine Einführung
tatfolgendausgleichender Maßnahmen
und Programme im Strafvollzug durch die
Anstaltsleitung: der Allgemeine Vollzugsdienst brauche sich keine Sorgen zu
machen, dass jetzt schon wieder neue
Änderungen eingeführt würden – es
handele sich nur um wenige Teilnehmer
und keine grundstürzenden Neuerungen.
Dieser letzte Punkt erinnerte mich an die
Warnung von Nils Christie aus dem Jahre
2009 (Restorative Justice – Five Dangers
Ahead) vor den Deformationen und den
großen Risiken, die sich aus einer bürokratischen Aneignung und Verwässerung
der eigentlich revolutionären Gedanken
der Restorative Justice ergeben könnten.
Doch dazu vielleicht ein andermal mehr.
FILM-TIPP
Nr. 2!
Zweite Chance
Zweite Chance ist ein Drama von Susanne Bier aus dem Jahr 2014, das in
Deutschland im Mai 2015 in den Filmtheatern lief.
Zunächst im Glauben, das Beste/Richtige
zu tun, begeht ein Polizist eine ungeheuerliche Straftat.
Auch dieser Film lädt zum Nachdenken
ein und dazu, eigene Einstellungen und
Vorurteile zu überprüfen.
Er ist psychisch ein „harter“ Film, der die
ZuschauerInnen nicht schont. Wer Susanne Bier kennt, weiß, dass sie nie leichte
Unterhaltungskost bietet.
Auf gar keinen Fall teilen wir die in der
Zeit-Online erschiene negative Kritik von
Oliver Kaever: „Die Filme der dänischen
Regisseurin Susanne Bier waren immer
intensiv, erkenntnisreich und deprimierend. Ihr neuer Film "Zweite Chance" ist
nur noch deprimierend.“ (aus: Zeit-Online
von 11. Mai 2015)
Der Film hat einige Schwachstellen, aber
das Gesamtergebnis (das zweite Drittel
bis zum Filmende ist sehr wichtig) lautet:
Empfehlenswert!
2 1
LOTSEINFO
Schmutzige Hände für
saubere Geschäfte
Legal
und lecker !
Mafiafreie Produkte von Libera
Terra auch in NRW
Don Luigi Ciotti ist ein italienischer römisch-katholischer Geistlicher und prominenter Mafia-Gegner. Er ist sicher einer
der bekanntesten und gleichzeitig am
meisten gefährdeten Geistlichen Italiens.
Don Ciotti ist der Begründer der AntiMafia-Vereinigung Libera und der Monatszeitschrift Narcomafie, die sich mit
der organisierten Kriminalität in Italien
befasst. 1965 gründete Ciotti mit Freunden die Vereinigung „Gruppo Abele“ mit
dem Ziel, kriminell gewordene Jugendliche sowie Drogenabhängige zu unterstützen.
Bereits in jungen Jahren machte Don
Ciotti den Kampf gegen die Mafia zu
seinem Lebensinhalt, insbesondere durch
die Gründung von Libera. So erreichte er,
dass der italienische Staat Libera mehreren Hundert HektarGrundbesitz übertrug,
die zuvor von Mafia-Mitgliedern beschlagnahmt worden waren.
Heute befinden sich dort mehrere landwirtschaftliche Betriebe von Libera, in
denen ehemalige Kriminellen, Drogenabhängige sowie mit Arbeitslose und Mafiaaussteiger arbeiten*.
Mehrfach verübte die Mafia seither Anschläge auf seine Projekte und Don Ciotti
selbst ist unter ständigem Polizeischutz,
er zeigt sich jedoch nach wie vor unermüdlich und fantasievoll in seinem
Kampf, wie auch Libera Terra – so wird
das letztgenannte Projekt genannt –
zeigt.
Die Produkte dieser Felder, die nach dem
Motto bearbeitet werden “Schmutzige
Hände für saubere Geschäfte”, können
auch in Deutschland erworben werden:
Die Standorte der zahlreichen Geschäfte viele davon auch in NRW - sind unter
folgender Adresse zu finden:
www.legalundlecker.de
* auch die Taz berichtete:
Der Geschmack der Freiheit, 13.09.2014,
noch im TAZ-Internet-Archiv zu lesen:
www.taz.de/1/archiv/
NR.82
03/2015
Norwegischer
Kriminologe
Nils Christie
verstorben
Er gehörte zu den einflussreichsten
Denkern der "Kritischen Kriminologie"
Christie wurde durch seine Kritik am
Strafprozess, an der Kriminalstrafe und
am us-amerikanischen Gefängnissystem
bekannt, setzte sich darüber hinaus aber
auch mit der Institution Schule und mit
dem Umgang mit Behinderten auseinander.
Im Alter von 87 Jahren ist Nils Christie
verstorben. Einer seiner letzten Auftritte
in Deutschland war beim Bundeskongress
des DBH-Fachverbandes für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik in
Berlin 2009. Zu seinem Leben und Wirken
ist in Krimpedia zu lesen (Quellenangaben s.u.): „Nils Christie veröffentlichte
eine Vielzahl wissenschaftlicher Artikel
und mehr als zehn Bücher, einige in
vielen Sprachen erhältlich. Ein Großteil
seiner Schriften widmet sich der Thematik
Kriminalität und der Kriminalitätskontrolle, aber er hat auch Bücher über Erziehung und das Bildungssystem, Drogenkontrolle sowie über alternative Gemeinschaftsformen für Menschen mit Handycaps (Christie: Jenseits von Einsamkeit
und Entfremdung, 2007) verfasst. Nationale und internationale Aufmerksamkeit
erlangte Nils Christie durch seine kritische und radikale Positionierung hinsichtlich der Institutionen der Strafrechtspflege (Strafe, Strafrecht, Strafprozess und
Strafvollzug), die dem (damalig) wissenschaftlichen Mainstream im Umgang mit
Kriminalität und Kriminalitätskontrolle
nicht nur gegenläufig gegenüber stand,
sondern das Selbstverständnis der Kriminologie und der Kriminalpolitik grundsätzlich hinterfragt.
Ein unverkennbares Merkmal seiner
Vorträge und Schriften ist der weitestgehende Verzicht auf wissenschaftliche
Sprache. Mit zahlreichen Anekdoten,
Beispielen aber auch Schaubildern angereichert zielen seine Überlegungen nicht
nur auf die exklusive Öffentlichkeit der
Fachexperten, sondern sollen für alle
interessierten Gesellschaftsmitglieder
zugänglich sein.
Kriminalität existiert nicht, so Christie’s
Hauptthese. Kriminalität ist eine Bedeu2 2
tungszuschreibung für unerwünschtes
Handeln, die Maßnahmen der Kontrolle,
Sanktionierung und/oder Behandlung
legitimiert und informelle Regulierungskompetenzen ihrer Bedeutung und Verantwortung enthebt. Mit zunehmender
räumlicher, zeitlicher und sozialer Segmentierung der westlichen hochindustrialisierten Gesellschaften sowie dem Bedeutungsverlust sozialer Bindungen und
gegenseitiger Verantwortung nehmen der
Grad der Entfremdung, die Dämonisierung von abweichendem Verhalten und
der Gebrauch des Kriminalitätskonzepts
zu. Die Wahrnehmung und Bewertung
der unteren Schichten als „gefährliche
Klassen“, als Bedrohung des Wohlstandes, erlebt vor dem Hintergrund der
erweiterten Macht des kapitalistischen
Marktes und der Ökonomisierung der
Politik und des Sozialen, verbunden mit
ansteigender Divergenz in der Verteilung
des Besitzes, eine Renaissance. Feindbilder sowie punitive und exkludierende
Forderungen steigen in Ermangelung
emotionaler Ausdrucksmöglichkeiten und
aufgrund der fehlenden Verwertbarkeit
der Beschäftigungslosen an. Die Institutionen der Strafrechtspflege, so Christies
Beobachtung, passen sich den wechselnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen hochindustrialisierter
Staaten an und begründen sich nicht auf
dem Ideal der Humanität. Diese Entwicklungen gilt es zu begrenzen (Christie:
Kriminalitätskontrolle als Industrie,
1995b).
Christie plädiert für alternative Formen
der Konfliktlösung, die sich nicht auf der
Anwendung des Kriminalitätskonzepts
und der absichtlichen Zufügung von Leid
begründen, sondern unerwünschtes
Verhalten als Interessenskonflikt und
Chance zur Klärung von Werten begreifen. Christies Position ist nicht die einer
vollständigen Abschaffung der Institutionen der Strafrechtspflege, sondern ein
Minimalismus, der "horizontale Gerechtigkeit" im Sinne der Streitschlichtung
(Restorative Justice) unter Gleichberechtigten vorzieht und die "vertikale Gerechtigkeit" der Strafe nur im Notfall vorsieht
(vgl. Christie, 1995a und Christie, 2005).„
(Zitat in Anführungszeichen aus:
http://www.kriminologie.unihamburg.de/wiki/index.php/Nils_Christie;
empfehlenswert ist der Nachruf von Prof.
Dr. Scheerer unter
http://criminologia.de/2015/05/sanftaber-bestimmt-nils-christie-24-02-192827-05-2015/
Seminar
für ehrenamtlich Tätige in der Straffälligenhilfe
Das Projekt LOTSE im DBH-Bildungswerk bietet die folgende Fortbildungsveranstaltung speziell für ehrenamtliche Betreuer und
Betreuerinnen in der Straffälligenhilfe an:
"Sie sind doch viel zu nah dran!"
Über Nähe und Distanz im Kontakt mit Inhaftierten
Donnerstag, 29. Oktober von 10.00 bis 17.00 Uhr in Recklinghausen
Immer wieder hört man im Strafvollzug wie auch im Maßregelvollzug den Satz: „Sie sind viel zu dicht dran an dem
Inhaftierten!“ Auch manche/r EhrenamtlerIn hat das mit vorwurfsvollem Unterton zu hören bekommen. Ich habe in
mehr als 25 Jahren aber noch nie den Vorwurf gehört „Sie sind viel zu weit entfernt vom Klienten!“
Manchmal scheint es, als könne man mit Straftätern nur mit einer langen Kneifzange umgehen.
Dahinter steckt die Sorge, „umgarnt und eingewickelt“ zu werden. Im Seminar soll diskutiert werden, ob es einen
idealen Abstand gibt, welche Vorteile und Nachteile mit unterschiedlichen Abständen verbunden sind und wie
ehrenamtliche BetreuerInnen mit diesen heiklen Fragen umgehen können.
Referent: Michael Stiels-Glenn
Master Kriminologie und Polizeiwissenschaften / Supervisor und Psychotherapeut
Tagungsstätte: Beratungsstelle ProFamilia, Recklinghausen
(Springstraße 12, Stadtmitte Recklinghausen, 100 m Fußweg vom Hauptbahnhof, hinter der Hauptpost)
Eine Teilnehmergebühr von 10,- Euro wird vor der Veranstaltung entgegengenommen.
Anmeldung
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt! Bei Interesse melden Sie sich bitte mit dem unten stehenden Abschnitt oder per
Mail ([email protected]) bis zum 15.10. an. Fahrtkosten können leider nicht erstattet werden.
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Hiermit melde ich mich verbindlich an für das Tagesseminar des Projektes LOTSE am
29. Oktober 2015 in Recklinghausen zum Thema: "Sie sind doch viel zu nah dran!"
BITTE IN BLOCKSCHRIFT AUSFÜLLEN:
Name, Vorname: __________________________________________________________________
Straße, Hausnr. : __________________________________________________________________
PLZ / Wohnort: ___________________________________________________________________
Telefonisch erreichbar unter: _________________________________________________________
ehrenamtlicher Tätigkeitsbereich: ______________________________________________________
Ich bin mit der Weitergabe meiner Email-Adresse an die Seminarteilnehmer nicht einverstanden.
Auf Wunsch bitte ankreuzen!
Datum: ___________ 2015
Unterschrift: ____________________________________________
NR. 82 • JUNI 2015
ECHO
LOTSEGesprächskreise:
Münster, Dortmund,
Gelsenkirchen, Herford,
Essen und Köln
Die LOTSE-Gesprächskreise für ehrenamtlich Tätige in der Straffälligenhilfe sind
auch offen für Interessierte. Im Vordergrund der Treffen steht der offene Erfahrungs- und Meinungsaustausch und das
Angebot zum Gespräch mit Fachleuten.
Themen und Gestaltung der Gesprächskreise richten sich in besonderer Weise nach
den Wünschen und Erfordernissen der
Teilnehmer/innen. Die Teilnahme ist
kostenlos und unverbindlich.
Alle Interessierten sind herzlich
eingeladen.
Nähere Hinweise (Themen, Referenten)
über das LOTSE-Servicebüro in Köln.
Gelsenkirchen:
Volkshochschule Gelsenkirchen,
Bildungszentrum Ebertstr. 19
Dienstag, 25.08.2015 um 18:30 Uhr
Donnerstag, 22.10.2015 um 18:30 Uhr
Dienstag, 01.12.2015 um 18:30 Uhr
Dortmund:
Fritz-Henßler Haus/Haus der Jugend,
Geschwister Scholl-Str. 33, Raum 112
Mittwoch, 26.08.2015 um 18:30 Uhr
Mittwoch, 21.10.2015 um 18:30 Uhr
Donnerstag,03.12.2015 um 18:30 Uhr
Essen: Volkshochschule
Essen-Zentrum, Burgplatz 1
Dienstag, 08.09.2015 um 18:40 Uhr
Dienstag, 20.10.2015 um 18:40 Uhr
Mittwoch, 02.12.2015 um 18:40 Uhr
Köln:
Bürgerzentrum Ehrenfeld,
Venloer Str. 429
Mittwoch, 19.08.2015 um 18:30 Uhr
Mittwoch, 30.09.2015 um 18:30 Uhr
Donnerstag, 26.11.2015 um 18:30 Uhr
Münster:
Volkshochschule, Aegidiimarkt 3
Mittwoch, 09.09.2015 um 18:00 Uhr
Dienstag, 27.10.2015 um 18:00 Uhr
Dienstag, 08.12.2015 um 18:00 Uhr
Die Redaktion druckt gerne Zuschriften von ehrenamtlich Tätigen (auch
Gruppen) zur Straffälligenhilfe ab.
Ihre Anregungen, Erfahrungen oder
Nachfragen sind uns willkommen!
Herford:
Volkshochschule, Münsterkirchplatz 1
Mittwoch, 02.09.2015 um 18:30 Uhr
Donnerstag, 01.10.2015 um 18:30 Uhr
Mittwoch, 25.11.2015 um 18:30 Uhr
DANKE
auch an dieser Stelle an alle TeilnehmerInnen der letzten Gesprächskreise!
Zu dem bereichernden und unterstützenden Austausch unter den ehrenamtlich Tätigen hatten wir die Gelegenheit,
uns zuletzt mit folgenden Fachkräften
auszutauschen/fortzubilden:
Im Gesprächskreis Köln:
Tim Tjettmers u. Tim Henning, RAUS Bundesverband Alphabetisierung
Achim Heimeier, Kontaktperson für die
Ehrenamtlichen JVA Köln
Im Gesprächskreis Dortmund:
Daniela Korbel, Kontaktperson für die
Ehrenamtlichen JVA Schwerte
Patrick Krabs, Leiter Suchtberatungsdienst JVA Dortmund
HERAUSGEBER:
Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht
und Kriminalpolitik
DBH-Bildungswerk, Projekt LOTSE
REDAKTION:
Sabrina Boscolo Lips und Heike Lewald
Redaktionsschluss: 21.06.2015
Im Gesprächskreis Herford:
Stefan Thünemann, Evangel. Seelsorge
JVA Herford
Die mit Namen gekennzeichneten Artikel
geben nicht unbedingt die Auffassung
der Redaktion wieder.
Im Gesprächskreis Gelsenkirchen:
Ralf Bothge, Stellvertretender Leiter JVA
Gelsenkirchen
Christine Ewert, Evangel. Seelsorge JVA
Gelsenkirchen
Das Projekt LOTSE wird gefördert mit
Mitteln des Justizministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen.
Im Gesprächskreis Münster:
Annemarie Monkau, Leiterin Pädagogisches Zentrum JVA Münster
Lothar Cherouny, Kontaktperson für die
Ehrenamtlichen JVA Münster
LOTSE-Servicebüro:
Aachener Straße 1064
50858 Köln
Fon: 0221 - 94 86 51 32
Fax: 0221 - 94 86 51 33
E-Mail: [email protected]
Internet: www.projekt-lotse.de
Im Gesprächskreis Essen:
Regelmäßig Katrin Rogalla, Kontaktperson für die Ehrenamtlichen JVA Essen
Druck: JVA Geldern Druck + Medien
Druckauflage: 2.200 Exemplare