NR. 82 JUNI 2015 INFO Ein Projekt des DBH-Bildungswerkes für die ehrenamtlich Tätigen bei den sozialen Diensten der Justiz und justiznahen Bereiche INHALT Täter-Opfer-Ausgleich in Deutschland ............... 3 Übergangsmanagement und B 5 ...................... 4 Abbau von Haftplätzen in NRW .......................... 7 Polizeiliche Kriminalstatistik 2014 ............. 7 Rente für Gefangene? 8 Synthetische Drogen auf dem Vormarsch ........ 10 80 Jahre AA .............. 12 EA - Emotions Anonymous .............. 12 Neuer Imam in Geldern ................ 15 Führungsaufsicht ...... 15 Die JVA-Beiräte ........ 16 LOTSE-Gesprächskreis im Landtag .................... 18 Besondere Projekte aus den JVAs NRW .......... 18 Bücher ...................... 19 Filmtipps .................. 20 Legal und lecker ....... 22 TERMINE: Seminar & Gesprächskreise .. 23/24 UnsereNachbarnvonmorgen Dass aus den Insassen von heute die Nachbarn von morgen werden, wissen die ehrenamtlichen BetreuerInnen genau „Man kann den Eindruck bekommen, die Öffentlichkeit schreibe dem Gefängnis geradezu magische Fähigkeiten zu: Es bringe Straftäter zum Verschwinden, gerade so, als sei der Knast ein Zauberhut. Sind die Täter einmal zur Strecke gebracht und dem langen Arm der Justiz zugeführt, so der Glaube beziehungsweise das Heilversprechen, muss sich auch niemand vor ihnen fürchten.“ So Bernd Maelicke in seinem Buch Knast Dilemma (siehe hier S. 19) „Dabei wird völlig übersehen, dass 96 Prozent von ihnen irgendwann wieder entlassen werden (mehr als 40 Prozent bereits nach maximal einem Jahr)“ (ebd.). Die Strafe ändert normalerweise nichts an der Sucht, an Schulden oder an Beziehungsschwierigkeiten. Menschen, die zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, leiden daran, vom gesellschaftlichen Leben abgeschnitten zu sein. Wenden sich Angehörige ganz ab, sind Angst und Unsicherheit die Folgen. Vorurteile in der Bevölkerung erschweren es Strafgefangenen, Anschluss an Menschen zu finden und in die Gesellschaft wieder integriert zu werden. Rechtzeitige Hilfe fördert den Neustart in ein selbstständiges Leben. Rechtzeitige Hilfe kann den Rückfall verhindern und ist somit auch Kriminalprävention. Dass aus den Insassen von heute die Nachbarn von morgen werden, wissen die ehrenamtlichen BetreuerInnen genau – auch wenn dies meistens kaum eine Rolle in ihrer Motivation spielt. Indem sie diese Arbeit tun, stellen sie konkrete Verhaltensbeispiele für ihre unmittelbare Umgebung dar und leisten einen bedeutsamen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Resozialisierung von straffällig gewordenen Menschen, besonders wenn diese zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Nach langer Haft müssen Strafgefangene vieles neu lernen, um den Alltag zu bewältigen. Diejenigen, die den Dokumentarfilm Beyond Punishment gesehen haben (siehe hier S. 20), erinnern sich vielleicht an die Aussage des wegen Mordes verurteilten jungen Mannes: „Ich hatte eine Riesenangst bei der Entlassung… die gleiche Angst habe ich auch in den Augen der anderen gesehen…die meisten von ihnen Muskelpakete… aber in den Augen, die gleiche Angst vor der Begegnung mit den Menschen draußen, die gleiche Furcht davor, in ihren Augen deren Vor-Urteile bzw. das eigene (vorurteilte) Selbstbild gespiegelt zu sehen...“ (sinngemäßes Zitat). Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, brauchen Hilfe von der Gesellschaft, in der sie nach Verbüßung der Strafe weiterleben werden. Häufig sind Strafgefangene durch zerrüttete Familienverhältnisse, Arbeitslosigkeit oder Sucht in Schwierigkeiten und in kriminelle Kreise geraten. Häufig fehlt in der Haft die Unterstützung durch Familie oder Freunde. Manchmal gehören Freunde ebenfalls dem kriminellen Milieu an und sind daher keine langfristige Hilfe, aus dem Teufelskreis heraus zu kommen. Kontakte und Gespräche mit Menschen, die von außen kommen, helfen den Inhaftierten. Das gilt auch für Insassen in Sicherungsverwahrung. In einem der LOTSE-Gesprächskreise hat durch die Vermittlung der Ehrenamtlichen, die ihn schon seit 5 Jahren betreute, ein Austausch mit Karl-Heinz X. stattfinden können, einem Mann, der sechs Monate LOTSEINFO davor aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden konnte. Für wiederholte schwere Delikte war Karl-Heinz insgesamt rund 30 Jahre inhaftiert gewesen. Seine offene Reflexion im Gesprächskreis machte für alle konkret deutlich, wie „überlebenswichtig“ der regelmäßige, verbindliche Kontakt zu seiner Betreuerin für ihn gewesen ist. Nicht nur wegen des sozialen Austausches, sondern auch weil diese der Beweis darstellte, dass die Gesellschaft ihn doch nicht komplett abgeschrieben hatte. Trotz der Taten, die er heute in ihrer Tragweite sehen kann und die schwer auf ihm lasten. Dies zu spüren, gab ihm Hoffnung auf eine Lebensperspektive nach der Abgeschiedenheit der Sicherungsverwahrung und damit die Kraft, seine Entlassung aktiv vorzubereiten. So gelang es ihm schnell, eine Wohnung und sogar eine Arbeit zu finden. Die Rückmeldung von Karl-Heinz zum Austausch im LOTSE-Gesprächskreis veröffentlichen wir im Folgenden: Sehr geehrte Frau Boscolo Lips, ich hoffe, mein Brief kommt noch rechtzeitig vor dem Redaktionsschluss an. Zunächst möchte ich mich aber bei Ihnen für den freundlichen Empfang beim LOTSE-Treff bedanken und mich für mein spätes Melden entschuldigen! Was für mich persönlich in der Betreuung wichtig war, dass ich ein Vertrauensverhältnis aufbauen konnte, ich als Mensch angenommen wurde und ich eine klare Struktur in der Betreuung hatte. Dadurch konnte ich dann offen und ehrlich über meine Problematik reden. Wichtig war für mich aber auch der Austausch über das Leben in Freiheit, außerhalb der Mauern und welche Sorgen und Ängste die Menschen haben. Alles in allem war es letztendlich die absolute und kontinuierliche Zusammenarbeit, die von gegenseitigem Respekt, Offenheit und Vertrauen geprägt wurde. So wurde ich gut auf ein Leben in Freiheit von meiner Betreuung vorbereitet. Falls Sie noch weitere Fragen haben, so stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Karl-Heinz X. (Originalbrief mit vollem Namen unterschrieben) NR.82 03/2015 Tätigkeitsbericht des Justizvollzugsbeauftragten 2013/2014 erschienen Der Justizvollzugsbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Michael Kubink, hat seinen ersten Bericht in dieser Funktion verfasst. Ebd. Kubink: „Wie bereits mehrfach angesprochen, hat der Strafvollzug in NRW im Lichte des neuen Strafvollzugsgesetzes die einmalige Chance in manchen Bereichen neue Wege zu gehen und im Sinne einer Art von „Terraforming“ das Feld ganz neu zu bestellen. Ich möchte mich für ein modernes Vollzugsdenken einsetzen, das insbesondere von den Kriterien Opferbezogenheit, Altersbezogenheit, Familienfreundlichkeit und Übergangsorientierung geprägt ist.“ Wir geben zu, dass wir uns noch nicht vertieft mit den rund 180 Seiten auseinandergesetzt haben, die alle aktuellen Themen streifen und schon daher empfehlenswert sind. Der schnelle Überblick über die Beschäftigung mit den ehrenamtlich im Strafvollzug Tätigen ergibt folgende Treffer: - im Kapitel „Reaktionen auf den Tätigkeitsbericht 2012“ - im Kapitel „Einzelne Arbeitsschwerpunkte im konzeptionellen Bereich„ unter folgendem Unterpunkt: - Seelsorgerische Angebote Die katholischen und evangelischen Seelsorger arbeiten konfessionsübergreifend. Angeboten werden Gottesdienste, seelsorgerische Einzel- und Gruppengespräche, religiöse Gruppenveranstaltungen, Kochabende mit ehrenamtlichen Betreuern sowie Begleitung und Beratung von Angehörigen und Mitbetroffenen. - im Kapitel „Altersorientierte Vollzugsgestaltung“ unter folgenden zwei Unterpunkten: - Vernetzung Um die komplexen Aufgaben der Lebensälterenabteilung bewältigen zu können, soll die Mitwirkung engagierter Personen und Institutionen gesucht und gefördert werden (ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Anstaltsbeirat, Straffälligenhilfe e.V.). Durch Berichterstattung in den Medien sollen öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz sowie Transparenz gesteigert werden. 2 - ehrenamtliche Betreuer deren Tätigkeit gerade vor dem Hintergrund der oft eingeschränkten sozialen Kontakte älterer Gefangener wichtig ist, Kochgruppe, Spaziergängergruppe, begleitete Einzelausgänge. Ein erstes Jahr im Amt ist bei Weitem nicht ausreichend für eine Vertiefung aller Themenbereiche, so sind wir zuversichtlich, dass die ehrenamtlichen BetreuerInnen und deren im neuen Strafvollzugsgesetz gestärkte Rolle im nächsten Tätigkeitsbericht den gebührenden Fokus der Aufmerksamkeit des Justizvollzugsbeauftragten erhalten werden. (www.justizvollzugsbeauftragter.nrw.de/ Aktuelles/index.php) Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2015 Die Koordinaten für die 11. Woche des bürgerschaftlichen Engagements stehen fest: Sie wird am 11. September 2015 feierlich in Berlin eröffnet und dauert bis zum 20. September 2015. Erneut hat Bundespräsident Joachim Gauck für dieses Jahr seine Schirmherrschaft zugesagt. Hier finden Sie mehr zur Woche des bürgerschaftlichen Engagements: www.engagement-macht-stark.de SÄGEBLATT Wir gratulieren zum Neustart von SÄGEBLATT, Gefangenenmagazin der JVA Gelsenkirchen, im März 2015! Infos & Bezug: [email protected] Mehr Frauen für Spitzenpositionen Die Landesregierung will mehr Spitzenpositionen mit weiblichen Führungskräften besetzen und deshalb die Regelungen zur Frauenquote im Öffentlichen Dienst weiterentwickeln. Der Verfassungsrechtler Prof. Papier hat hierzu nun ein Gutachten vorgelegt. (Rechtsgutachten Prof. Papier vom 30.05.2014, www.mik.nrw.de) LOTSEINFO Internationaler Tag der Mediation Aus der Website des Servicebüros für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung Es gibt gute Gründe, um zwischen der allgemeinen Mediation und der Mediation in Strafsachen* sowie anderen Angeboten der Restorative Justice eine klare Trennung zu vollziehen. So ist zum Beispiel eine wichtige Voraussetzung für das Zustandekommen der Mediation in Strafsachen, dass das begangene Unrecht der tatverantwortlichen Person von vornherein (zumindest im Wesentlichen) auch von ihr als solches anerkannt wird. Davon ausgehend sollte sie grundsätzlich dazu bereit sein, für dieses Handeln Verantwortung zu übernehmen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wiedergutmachung zu leisten. Im Unterschied zur ‚klassischen‘ Mediation ist somit eine ‚moralische Ebenbürtigkeit‘ der beiden Konfliktpartner meist nicht gegeben. Hinzu kommt aufgrund der strafrechtlichen Normabweichung die obligatorische Involvierung des Justizwesens, auch wenn Angebote der Restorative Justice die private Dimension der Tat fokussieren. Doch auch wenn mit beiden Angeboten unterschiedliche Zielgruppen, Vorgehensweisen oder Rahmenbedingungen einhergehen: Natürlich gibt es zwischen der Mediation im Allgemeinen und der Mediation in Strafsachen überwiegend Parallelen. In beiden Fällen stehen themenunabhängig der Konflikt bzw. die Beziehungsverletzung sowie daran anknüpfend die Lösungsfindung im Mittelpunkt. Die Vermittlungsgespräche, die von professionellen Mediatoren (in Strafsachen) mit ähnlichen oder gar denselben Methoden durchgeführt werden, beziehen tieferliegende Gefühle beider Seiten mit ein. Sie helfen bei der gegenseitigen Verständigung über das Geschehene und bei der Überwindung der Tat bzw. des den Konflikt auslösenden Problems. Nur um ein paar Schlagworte zu nennen: Prinzipien wie die Ergebnisoffenheit des Vermittlungsprozesses, die Allparteilichkeit des Mediators (in Strafsachen) oder die Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien sind jeweils gleichermaßen zentral. NR.82 03/2015 In diesem Sinne möchten wir auf den seit 2014 nun jährlich am 18. Juni stattfindenden (Internationalen) Tag der Mediation aufmerksam machen und den hohen Wert des Miteinander Redens – eben auch in besonders schwierigen Fällen – ein weiteres Mal in den Vordergrund stellen. An diesem besonderen Datum werden "in Deutschland, Österreich und der Schweiz Veranstaltungen und öffentlichkeitswirksame Aktionen der verschiedensten Form von den jeweiligen Mediationsvereinen und Mediationsverbänden durchgeführt [...], um über die Methode Mediation in Theorie und Praxis in einer breiten Öffentlichkeit zu informieren sowie die Mediation als eine Form der modernen Streitkultur und Konfliktregelung weiter bekannt zu machen" (tagdermediation.at). Falls Sie sich im nächsten Jahr an dieser länderübergreifenden Kampagne beteiligen oder an einer der zahlreichen Aktionen als Privatperson teilnehmen möchten, finden Sie nähere Informationen unter: www.toaservicebuero.de/aktuelles/internationalertag-der-mediation. Dort ist auch ein Erklärvideo von vjsual zum Thema Mediation (Christoph Willms, 19.06.2015) Eine Chance auf Wiedergutmachung Täter-OpferAusgleich in Deutschland Von Christoph Willms Angebote der Restorative Justice sind vielfältig. In Deutschland hat sich der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bisher mit Abstand am stärksten etabliert. Erste Projekte gab es Mitte der 1980er Jahre, die gesetzlichen Verankerungen folgten 1990 im Jugendgerichtsgesetz (JGG), 1994 im Strafgesetzbuch (StGB) und schließlich 1999 in der Strafprozessordnung (StPO). Bundesweit haben Tatverantwortliche und Tatbetroffene von Straftaten somit die Möglichkeit, unter Beteiligung eines unparteiischen Dritten, eine befriedende Regelung ihres Konflikts herbeizuführen. Gesetzlich kann ein Täter-OpferAusgleich im Vorverfahren, im Zwischenund im Hauptverfahren eingeleitet werden. Wenn die Betroffenen sich nicht selbst an eine Konfliktschlichtungsstelle wenden, was jederzeit möglich ist, ob3 liegt die Auswahl unter den anhängigen Strafverfahren den Staatsanwaltschaften und Gerichten. Der Täter-Opfer-Ausgleich, der von ausgebildeten Mediatorinnen und Mediatoren in Strafsachen angeboten wird, umfasst in der Regel eine Konfliktberatung und/oder Konfliktschlichtung, eine Vereinbarung über die Wiedergutmachung und die Berücksichtigung der Täterbemühungen im Strafprozess. Im deutschen Strafvollzug ist der TäterOpfer-Ausgleich eine Randerscheinung. Auf Dauer angelegte Angebote (wie z. B. in der JVA Bremen) sind zwar noch eine Seltenheit, aber die Zahl der bundesweiten Modellprojekte, in denen der TäterOpfer-Ausgleich im Strafvollzug erprobt wird, nehmen zu. So auch in NordrheinWestfalen – wie in der JVA Schwerte. Im Zuge des neuen Strafvollzugsgesetzes vom 13. Januar 2015 und einer damit einhergehenden stärkeren opferbezogenen Vollzugsgestaltung erhält der Tatausgleich nun eine höhere Bedeutung: „Die Gefangenen sind dabei zu unter- stützen, den verursachten materiellen und immateriellen Schaden auszugleichen. […] Maßnahmen des Opferschutzes und des Tatausgleichs sind mit dem Ziel der Eingliederung der Gefangenen in Einklang zu bringen […]“ (§ 7 StVollzG- NRW). Für den weiteren Ausbau von Angeboten der Restorative Justice in Deutschland ist dies ein erster und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Weitere Informationen zum Thema sind über die Website des Servicebüros für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung (www.toa-servicebuero.de) oder über deren Öffentlichkeitsreferenten, Christoph Willms (Tel.: 0221/94865127, [email protected]), erhältlich. (Christoph Willms, Juni 2015) Globale Strategie zur Reduzierung von Gewalt um 50% in 30 Jahren Das Violence Research Center der Universität Cambridge und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben am 20.04.2015 die Kongressdokumentation "Global Strategies to Reduce Violence by 50% in 30 Years: Findings from the Global Violence Reduction Conference 2014" veröffentlicht. (aus Präventions-News 29.04.2015) LOTSEINFO NR.82 03/2015 Übergangsmanagement zur Integration Inhaftierter Eine kurze Bestandsaufnahme von Sabine Bruns. Von ihr veröffentlichten wir bereits eine Einführung zum Thema im LOTSEHeft Nr. 80. Die gesetzlichen Stolpersteine sind identifiziert - doch wie lange wird es dauern, um diese aus dem Weg zu räumen? Hier nur drei Beispiele für gravierende Stolpersteine, die nur durch Änderungen der Bundesgesetze beseitigt werden können: ‐ ‐ ‐ Das Personalausweisgesetz sieht keine Ausweispflicht für Inhaftierte vor. Dies führt vor Ort immer wieder zu Schwierigkeiten mit den ausstellenden Behörden. Inhaftierte sind nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Möglichkeit der weiteren Mitgliedschaft bei ruhendem Leistungsanspruch während der Zeit der Inhaftierung würde viele (meist zeitliche) Probleme bei der Entlassung vermeiden. Eine Realisierung der Leistungsansprüche nach dem SGB noch während der Haftzeit würde die durch extrem hohen Druck gekennzeichnete Entlassungssituation deutlich entspannen. Die Justizministerkonferenz hatte im November 2014 den Strafvollzugsausschuss beauftragt, auf der Grundlage eines Berichtes einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe eine Übersicht über Probleme und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Zuständigkeiten für die Gesetzgebung sowie Art und Weise der Beteiligung anderer Ressorts und Institutionen sollte zur Frühjahrskonferenz der Justizminister berichtet werden. Unter der Federführung von SchleswigHolstein wird in der länderübergreifenden Arbeitsgruppe weitergearbeitet und konkrete Vorschläge werden entwickelt. www.freiabos.de Im Juni 2015 wird sich die Ministerkonferenz erneut damit befassen. Der eingeschlagene Weg ist der richtige, auch wenn die Initiativen zur Gesetzesänderung durch erforderliche Beratungen in den Gremien und vorgeschriebenen Verfahren einige Zeit in Anspruch nehmen. Sabine Bruns, Referentin Straffälligenhilfe, Diakonie RheinlandWestfalen-Lippe; Mai 2015 Die Gemeinschaftsinitiative B5 Übergangsmanagement zur beruflichen Wiedereingliederung von (jungen) Gefangenen und Haftentlassenen Wolfgang Wirth Kriminologischer Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen „Das Übergangsmanagement zur Wiedereingliederung von Gefangenen ist zu optimieren.“ Diese Forderung ist den Leitlinien für den Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen entnommen.* Im neuen nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetz haben die damit verbundenen Aufgaben der Entlassungsvorbereitung und der sozialen Eingliederung folglich eine besondere Schwerpunktsetzung erfahren.** Und in der Praxis gewinnt der Gedanke an die Notwendigkeit einer strukturierten Gestaltung der Übergänge aus der Haft in die Freiheit ebenfalls zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft insbesondere das Übergangsmanagement zur beruflichen Wiedereingliederung von Gefangenen und Haftentlassenen, das in den genannten Leitlinien als besonders wichtiges Element einer erfolgreichen Resozialisierung und Rückfallprävention betrachtet wird. Demnach soll insbesondere im Bereich der Arbeitsmarktintegration von Gefangenen „die vollzugsübergreifende Zusammenarbeit als modernes CaseManagement unter Einbeziehung 4 relevanter Arbeitsmarktakteurinnen bzw. Arbeitsmarktakteure (z. B. Arbeitsagenturen und Jobcenter) künftig Standard werden.“*** Im Sinne vorrangiger Ziele sollen dabei die Ergebnisse der vielfältigen Bildungsund Behandlungsmaßnahmen des Strafvollzuges gesichert, die Mitwirkungsbereitschaft der (ehemaligen) Gefangenen durch Schaffung konkreter Beschäftigungsperspektiven gesteigert und bestehende Beschäftigungsverhältnisse durch flankierende Nachsorgemaßnahmen stabilisiert werden. Um dies zu erreichen, sollen bestehende Vernetzungsstrukturen des Strafvollzuges mit ambulanten Eingliederungshilfen zusammengeführt und – soweit möglich – ausgebaut werden. Dies erfordert unter anderem eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und kommunalen Trägern sowie die entsprechende Qualifizierung des fachspezifischen Vollzugspersonals, aber auch eine stärkere Einbindung externer Kräfte in die Vollzugsplanung, Behandlung und Entlassungsvorbereitung der Gefangenen. Den mit dieser „Herkulesaufgabe“ verbundenen Herausforderungen stellt sich die Gemeinschaftsinitiative B5, die im Folgenden näher beschrieben wird. LOTSEINFO Was ist B5? B5 ist eine Gemeinschaftsinitiative des nordrhein-westfälischen Strafvollzuges und der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Angestrebt wird ein landesweites Übergangsmanagement zur beruflichen Wiedereingliederung von (jungen) Gefangenen und Haftentlassenen. Dabei steht das Kürzel B5 für fünf Basismodule mit folgenden Einzelzielen: B1: Berufsorientierung insbesondere bei jungen Gefangenen verbessern Mit diesem Modul soll vor allem die berufliche Orientierung von Gefangenen unter 25 Jahren gefördert werden. Die Teilnehmenden sollen einen vertieften Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt erhalten und eine realistische Berufswahl treffen können. Beispielhafte Angebote sind: Umfassende Informationen zu Berufsfeldern, Interessenerkundung, Eignungsfeststellung, Beratung zur Berufswahl und Entscheidungsfindung, Verknüpfung zu sozialen Trainingskursen mit Arbeitsweltbezug in den Vollzugsanstalten. B2: Berufsqualifizierung im Vollzug arbeitsmarktnah weiterentwickeln Mit diesem Modul soll die Beschäftigungsfähigkeit der Gefangenen gefördert und das Qualifizierungsangebot des Strafvollzuges noch arbeitsmarktnäher gestaltet werden. Die Vermittelbarkeit der Teilnehmenden wird durch zahlreiche Maßnahmen gesteigert. Beispielhafte Angebote sind: niederschwellige Förderung der Ausbildungsfähigkeit, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Lernbörse, modulare Einstiegs-, Teil-, Nach- und Zusatzqualifizierungen, Vollausbildungen. B3: Beschäftigungsvermittlung im Übergang aus der Haft in die Freiheit intensivieren Mit diesem Modul soll die Vermittlung der (ehemaligen) Gefangenen in Arbeit oder (Folge-) Ausbildung intensiviert werden. Den Teilnehmenden wird eine beschäftigungsorientierte Entlassungsvorbereitung angeboten, die bei Bedarf durch nachsorgende Leistungen im Übergang aus der Haft in Beschäftigung ergänzt wird. Beispielhafte Angebote sind: Bewerbungstraining, Profiling nach dem 4-Phasen-Modell der Bundesagentur für Arbeit, gezielte Arbeits- und Ausbil- NR.82 03/2015 dungsplatzvermittlung, auch mit Stellensuchläufen in der Jobbörse, Kooperation mit dem Arbeitgeberservice, zielgruppenorientierte Akquise von Stellen. B4: Beschäftigungsstabilisierung durch flankierende Hilfen für Haftentlassene sichern Mit diesem Modul sollen Beschäftigungsabbrüche durch stabilisierende Hilfen für Haftentlassene vermieden werden. Die Teilnehmenden erhalten in den ersten sechs Monaten nach der Haft neben ggf. weiter erforderlichen Vermittlungsleistungen spezifische Unterstützungsleistungen. Beispielhafte Angebote sind: Abstimmung von Wiedereingliederungsplänen der Vollzugsanstalten und Eingliederungsvereinbarungen mit Arbeitsmarktakteuren, Erbringung oder Vermittlung von (beratenden) Hilfen mit einem Fokus auf den Problemlagen Sucht, materielle Sicherung/Schulden und Wohnen. B5: Beschäftigungsanalyse zur Erfolgskontrolle und Programmsteuerung Mit diesem Modul sollen empirische Bedarfsanalysen und Erfolgskontrollen für die Steuerung der Gemeinschaftsinitiative B5 genutzt werden. Dies ermöglicht eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Verfahrensstandards, die nachhaltige Sicherung der Angebotsqualität und – falls erforderlich – eine evidenzbasierte Steigerung der Leistungseffektivität. Beispielhafte Angebote sind: fallbezogenes Vermittlungsmonitoring, fallübergreifende Wirkungsanalyse und formative Programmevaluation sowie regionale Arbeitsmarktsurveys. Wen will B5 erreichen? B5 richtet sich mit vor allem an (junge) Strafgefangene, bei denen ein per Vollzugs- oder Eingliederungsplan festgestellter Bedarf an beruflichen Orientierungsmaßnahmen (B1) und/oder einer beruflichen Qualifizierung (B2) besteht. Gefangene, die im Verlauf ihrer Haft eine solche Maßnahme absolviert haben, sollen durch eine beschäftigungsorientierte Entlassungsvorbereitung (B3) vorrangig in Arbeit vermittelt werden. Inhaftierte, die berufliche Orientierungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen im Vollzug begonnen, aber nicht abgeschlossen haben, sollen vorrangig in Folgeausbildungen vermittelt werden. Die ebenfalls beschäftigungsorientierte Nachsorge (B4) wird den entlassenen B55 Teilnehmer/innen im Bedarfsfall angeboten. Für die einzelnen Module gelten unterschiedliche Zugangs- und Ausschlusskriterien. Die Teilnahme erfolgt freiwillig auf der Grundlage einer schriftlichen Einverständniserklärung. Warum gibt es B5? B5 dient sowohl kriminal- als auch sozialund arbeitsmarktpolitischen Zielen. Grundlage ist die wissenschaftlich belegte Erkenntnis, dass die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Inhaftierten und ihre gezielte Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung Rückfallrisiken senken können. Mit der beruflichen Eingliederung von (ehemaligen) Gefangenen wird zudem ein Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs geleistet. Durch die verbesserte Vernetzung von Justiz- und Arbeitsmarktakteuren soll die Wirksamkeit ihrer Eingliederungsbemühungen verbessert und Doppelarbeit vermieden werden. Wie ist B5 entstanden? B5 ist ein Resultat diverser Modellprojekte, die der Kriminologische Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Justizministeriums NRW mit Förderungen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das nordrhein-westfälische Arbeitsministerium entwickelt und koordiniert hat. Mit der Gemeinschaftsinitiative B5 sind Leistungselemente und Verfahrensweisen, die sich im Rahmen dieser langjährigen Entwicklungsstrategie bewährt haben, nunmehr verstetigt worden. Seit wann und bis wann läuft B5? B5 basiert auf einer Kooperationsvereinbarung, die der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty, und die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, Christiane Schönefeld, im Mai 2012 unterzeichnet haben. Mit dieser Vereinbarung wird die Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten mit Arbeitsagenturen und Jobcentern verbindlich geregelt. Nach der Aufbauphase wurden die Leistungen der beschäftigungsorientierten Entlassungsvorbereitung und Nachsorge durch eine öffentliche Ausschreibung neu vergeben und landesweit einheitlich festgelegt. Die vertraglichen Vereinbarungen gelten zunächst bis zum 30.09.2018. LOTSEINFO Fortsetzung von Seite 5 Davon unabhängig ist eine zeitliche Befristung der Gemeinschaftsinitiative nicht vorgesehen. An welchen konzeptionellen Grundlagen orientiert sich B5? B5 wird nach den fachlichen Standards des Handlungskonzepts Case Management durchgeführt, das sich bereits im Übergang aus stationärer in ambulante Behandlung im Gesundheitswesen, im Übergangssystem Schule-Beruf sowie im beschäftigungsorientierten Fallmanagement bewährt hat. Dabei werden die einzelnen Module der Gemeinschaftsinitiative systematisch durch eine Fallsteuerung verknüpft, die die Prozessschritte „Zugangssteuerung“, „Bedarfsklärung“, „Eingliederungsplanung“, „Vermittlung“, „Verlaufskontrolle“ und „Leistungsevaluation“ beinhaltet. Die fallübergreifende Vernetzung der beteiligten Kooperationspartner erfolgt zudem sowohl innerhalb als auch außerhalb der Justizvollzugsanstalten durch zertifizierte Case Manager/innen, die auf der Grundlage landesweiter Vorgaben tätig werden. Wo gibt es B5? B5 wird mit wenigen Ausnahmen mit einer jeweils bedarfsorientierten Zusammensetzung der einzelnen Module in allen nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten angeboten. Es wurden fünf B5-Regionen gebildet, in denen je sechs bis neun Anstalten mit den zuständigen Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammenarbeiten. Außerdem gibt es in jeder Region zwei B5-Nachsorgebüros – und zwar in Düsseldorf und Wuppertal (Region 1: Düsseldorf / Bergisches Land), Duisburg und Gelsenkirchen (Region 2: Ruhrgebiet / Niederrhein), Bochum und Dortmund (Region 3: Ruhrgebiet / Sauerland), Aachen und Köln/Bonn (Region 4: Rheinland) sowie Bielefeld und Münster (Region 5: Ostwestfalen-Lippe). Wer ist an B5 beteiligt? B5 wird justizseitig durch den Kriminologischen Dienst des Landes NordrheinWestfalen, dem auch Schulungs- und Evaluationsaufgaben obliegen, strategisch gesteuert. Auf Landesebene koordinieren ein Beirat und eine Arbeitsgruppe der Justiz- und Arbeitsverwaltung die NR.82 03/2015 Zusammenarbeit der Justizvollzugsanstalten, Arbeitsagenturen und Jobcenter in den B5-Regionen. Auf dieser Basis strukturieren Fachkräfte des vollzuglichen Sozialdienstes die Arbeit der beteiligten Dienste innerhalb der Justizvollzugsanstalten. In den Agenturen für Arbeit und Jobcentern geschieht dies durch speziell benannte Ansprechpartner. Und in den B5-Regionen organisieren spezifisch geschulte Fachkräfte regelmäßig tagende Vernetzungsarbeitskreise. Die Aufgaben der beschäftigungsorientierten Entlassungsvorbereitung und Nachsorge werden von den Grone Bildungszentren Nordrhein-Westfalen Rheinland gGmbH, den Grone Bildungszentren NRW GmbH – gemeinnützig – Niederlassung Bochum und dem Chance e. V. Münster wahrgenommen. „Wegschließen“ reichtnicht! StraffälligebrauchenIhre ehrenamtlicheHilfe! WirunterstützenSieinIhrem persönlichenEngagement. Wessen Unterstützung wird in B5 außerdem gebraucht? B5 ist auf „Zuwachs“ angelegt. Die vielfältigen Eingliederungshemmnisse der Zielgruppe erfordern neben einer strukturierten Zusammenarbeit der beteiligten Justiz- und Arbeitsmarktakteure auch die Kooperation von „kompetenten Dritten“. Zum Beispiel: ambulante soziale Dienste in (über-)örtlichen Hilfesystemen, Arbeitgeber und Bildungsträger, aber auch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Die Vernetzungsarbeit soll künftig auf regionaler und überregionaler Ebene weiter ausgebaut werden. Interessierte Kooperationspartner können weiterführende Informationen über entsprechende Zukunftsplanungen, aber auch zur Konzeption und zur praktischen Arbeit der Gemeinschaftsinitiative B5 beim Kriminologischen Dienst des Landes NordrheinWestfalen anfordern. [email protected] Wolfgang Wirth, Ltd. Regierungsdirektor; Leiter des Kriminologischen Dienstes des Landes Nordrhein-Westfalen, Mai 2015 *http://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Beho erden/Justizvollzug/leitlinien/Leitlinien_ Strafvollzug.pdf (S.19; Abruf: 28.05.2015) **Vgl. § 58, unter anderem in Verbindung mit § 5 StVollzG NRW sowie die Gesetzbegründung der Landesregierung. ***Vgl. S. 20 der Leitlinien für den Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen. 6 Supervision in Herford Die in Herford bestehende LOTSESupervisionsgruppe für ehrenamtliche BetreuerInnen in der Straffälligenhilfe kann noch einige wenige Teilnehmer berücksichtigen. Interessenten wenden sich bitte an das LOTSE-Servicebüro in Köln, s. Impressum. Wir sind (noch) nicht perfekt! Im LOTSE-Info fehlt das Wichtigste? Sie vermissen wichtige Themen? Sie wünschen sich bestimmte Schwerpunkte? Sie haben eine Meinung zu hier behandelten Nachrichten? Schreiben Sie uns! Wir freuen uns auf konstruktive Kritik und nehmen Ihre Themenvorschläge gerne auf! Das LOTSE-Heft ist schließlich für Sie da! Wir arbeiten noch an der perfekten Ausgabe... ;-) LOTSEINFO Landesregierung und Opposition in NRW Streit über Abbau von Haftplätzen im Land In NRW gibt es derzeit 36 JVAs sowie 23 Zweiganstalten und Außenstellen mit rund 19.000 Haftplätzen. Das Land will bis spätestens 2020 fünf Gefängnisse in Duisburg-Hamborn, Coesfeld, Krefeld, Mönchengladbach und Dinslaken schließen. Im Gegenzug sollen allerdings vier komplett neue Haftanstalten in Iserlohn, Köln, Willich und Münster alte Gebäude ersetzen. Über die Streichung von Haftplätzen streiten Justizministerium und CDU-Opposition. Laut CDU sind im geschlossenen Erwachsenen-Strafvollzug zu wenig Einzelhafträume. Obwohl es einen Rechtsanspruch auf Einzelzellen gebe, seien 2.859 von 11.595 erwachsenen Gefangenen immer noch in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Das Beratungsverfahren zum entsprechenden Antrag der Fraktion der CDU „Strafvollzug in NordrheinWestfalen vor dem Kollaps – Rot-Grün muss belastbares Konzept für die Zukunft des Strafvollzugs vorlegen und nicht willkürlich Haftplätze abbauen!“ geht in der Sitzung des Landtages am 25.06.2015 weiter. Sven Wolf, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, erkärt in einer Pressemitteilung: "In NRW befinden sich immer weniger Menschen in den Gefängnissen. Im vergangenen Jahr waren es 15.752, rund 500 weniger als im Jahr zuvor und rund 2.000 weniger als im Jahr 2006. Vor Jahren gab es noch massive Überbelegungen, davon sind wir inzwischen wieder weit entfernt. Auch wenn von den 19.204 Haftplätzen in NRW derzeit rund 1.000 nicht belegbar sind, besteht dennoch ein Puffer von rund 1.500 freien Haftplätzen.“ „Wer in NRW eine Einzelzelle will, bekommt sie“, wird Justizsprecher Peter Marchewski in einem WAZ-Artikel vom 16.06.15 zitiert. Die Mehrfachbelegung sei mit dem Wunsch vieler Gefangener nach gemeinsamer Unterbringung sowie dem Eigenschutz bei Selbstmordgefahr zu erklären, so Minister Kutschaty im o.g. Artikel, in dem weiter zu lesen ist: „In der NR.82 03/2015 JVA Werl sollen bis Ende 2015 insgesamt 140 Plätze speziell für Sicherungsverwahrte geschaffen werden – dafür fallen 67 Plätze in Aachen und 48 alte Plätze in Werl weg. Auch in Rheinbach (71 Plätze) und Willich (157 Plätze) werden Hafteinrichtungen modernisiert.“ Trotz der sinkenden Belegungszahlen plant das Ministerium derzeit keinen Stellenabbau im Strafvollzug. (PM 15.06.15 www.spd-fraktionnrw.de/news/die_belegungssituation_im _strafvollzug_in_nrw_entspannt_sich_w eiter.html; www.landtag.nrw.de/portal/WWW/doku mentenarchiv/Dokument/MMD168940.pdf; www.derwesten.de/politik/cdusieht-zu-wenig-haftplaetze-in-nrwminister-widersprichtid10785356.html#plx1151530192) Polizeiliche Kriminalstatistik 2014 Die Kriminalstatistik 2014 besagt: mehr Diebstähle, aber weniger schwere Gewalt - und so viel politisch motivierte Gewalt wie noch nie. Etwas weniger Jugendkriminalität, ein paar mehr Wohnungseinbrüche - im Großen und Ganzen birgt die Statistik kaum Überraschungen. Im Jahr 2014 ist die Zahl der Straftaten in Deutschland erstmals seit 2010 wieder gestiegen – um 2%. Insgesamt wurden sechs Millionen Straftaten registriert (alle Zahlen und weitere Infos unter www.bka.de). Tatverdächtige männlichen Geschlechts stellen mit 74,3 Prozent den Hauptteil der erfassten Fälle dar. Die Anzahl registrierter Fälle von Gewaltkriminalität fiel um 2,1 Prozent auf insgesamt 180.955. Von 135.318 aufgeklärten Fällen der Gewaltkriminalität wurden 29,4 Prozent unter Alkoholeinfluss verübt (2013: 30,8). Bei diesen Delikten spielt der Alkoholeinfluss also weiterhin eine wesentliche Rolle. Aber aus der Statistik gehen in einigen Teilbereichen auch positive Entwicklungen hervor. Die Gewaltkriminalität hat weiter abgenommen. Auch die Jugendkriminalität ist um 9,3 Prozent zurückgegangen, auch wenn sie sich auf einem relativ hohen Niveau hält. (aus dbh-newsletter Nr. 08/15 vom 08.05.2015) 7 Mindestens 5 Quadratmeter Grundfläche Mindestens fünf Quadratmeter Grundfläche muss jeder Gefangene nach gängiger Rechtsprechung zur Verfügung haben. Auch der Kölner Stadtanzeiger berichtete am 21.04.2015 von Beschwerden über schlechte Haftbedingungen von aktuell insgesamt 84 Häftlingen in NRW. Das sei jedoch – so der Kölner Stadtanzeiger deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Wegen z.B. zu kleiner Zellen oder mangelnder Entlüftung für die Toilette habe das Land NRW im vergangenen Jahr rund 115.000 Euro Schadenersatz an Gefängnisinsassen gezahlt. (www.ksta.de/nrw/ menschenwuerdige-unterbringungschmerzensgeld-fuer-straftaeter-wegenschlechter-haftbedingungen, 27916718,30487734.html) Tag der Kriminalitätsopfer Anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer am 22. März betonte NRWJustizminister Thomas Kutschaty den Opferschutz als eine bedeutende Aufgabe der Landesregierung. Vieles hat sich verbessert für Opfer von Kriminalität, da sich Organisationen wie zum Beispiel der WEISSE RING um die Hilfe, den Schutz und die Rechte von Opfern kümmern. Der Verein ist eine anerkannte Lobbyorganisation in Deutschland, findet Gehör in der Politik und gibt fundierte Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren ab. Justizminister Kutschaty betonte: "Opferschutz muss als ressortübergreifendes, ganzheitliches Netzwerk verstanden werden, in dem sich die Kompetenzen und die Erfahrungen der einzelnen Institutionen und Behörden ergänzen. Wir haben in NRW bereits viel im Opferschutz erreicht. Doch dies soll für uns alle Ansporn sein, noch mehr zu leisten und den Opferschutz kontinuierlich weiter zu verbessern." Der Tag der Kriminalitätsopfer erinnert jedes Jahr an die Situation der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Menschen, die auf Schutz, praktische Hilfe und Solidarität unseres Gemeinwesens angewiesen sind. (PM JM 20.03.2015) LOTSEINFO NR.82 03/2015 Rente für Gefangene? Pressemitteilung der GG*: Sozialversicherung und Mindestlohn für inhaftierte Beschäftigte – volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern! Liebe Kolleg_innen, arbeitende Gefangene und beschäftigte Inhaftierte unterliegen einem massiven Sozial- und Lohndumping. Sie werden weder umfassend in die Sozialversicherungspflicht einbezogen, noch erhalten sie eine Vergütung, die sich oberhalb des Billiglohns bewegt. Das 1978 in Kraft getretene Strafvollzugsgesetz (StVollzG) sah eine Rentenversicherung für Gefangene unter dem Vorbehalt eines zu verabschiedenden Bundesgesetzes vor. Seitdem wurden entsprechende parlamentarische Initiativen immer wieder blockiert. Seit nunmehr 38 Jahren ignorieren Legislative und Exekutive die faktische Selbstbindung, die sie in den späten 1970er Jahren eingegangen sind. Ein unhaltbarer Zustand, zumal insbesondere Langzeitgefangene nach einer Haftentlassung direkt vor der Situation der Altersarmut stehen. Die bisherige Praxis, dass Landesbehörden und vor allem externe Unternehmen sozialabgabenfrei und zum faktischen Nulltarif die menschliche Arbeitskraft Inhaftierter verausgaben können, muss aus Sicht der im Mai 2014 gegründeten Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) gleichfalls endlich der Vergangenheit angehören. Haftanstalten sind in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zu Produktionsstätten und Werkshallen geworden. Dieser Trend der Ökonomisierung der JVABetriebslandschaft wird durch die Teilprivatisierung von Gefängnissen sogar noch beschleunigt. JVA-Betriebe fungieren als „verlängerte Werkbank“ für Gewerbe und Industrie vor den Anstaltstoren. Das so genannte vollzugliche Arbeitswesen wirbt ganz ungeniert damit, dass in der „Sonderwirtschaftszone Knast“ für die Landesbehörden und externe Unternehmen „Kosteneinsparpotentiale“ und eine Verminderung des „Ressourceneinsatzes“ erzielt werden können. Mit unseren Kernforderungen nach einer Sozialversicherung und eines Mindest- lohns für Inhaftierte in Beschäftigungsverhältnissen streben wir als GG/BO in Etappen die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern an. Inhaftierte Kolleg_innen sind wie ihre nicht inhaftierten Kolleg_innen unter das Betriebsverfassungsgesetz zu stellen, damit die sozialund arbeitsrechtliche Diskriminierung ein Ende finden kann. Wir sind als GG/BO zunehmend einem systematischen Union Busting ausgesetzt. Die Vollzugsbehörden versuchen u.a. durch eine verstärkte Postzensur, Leibesvisitationen und Zellenrazzien bei engagierten inhaftierten Mitgliedern der GG/BO unseren gewerkschaftlichen Strukturaufbau einzugrenzen und letztlich zu verhindern. „Dieses Kalkül“, so unser GG/BO-Sprecher, Oliver Rast, „geht indes nicht auf. Die GG/BO hat sich mit über 700 Mitgliedern in mehr als 50 Haftanstalten in der Bundesrepublik stabilisiert.“ Die GG/BO wird künftig verstärkt den Austausch und die Zusammenarbeit mit Einzelgewerkschaften des DGB und Basisgewerkschaften (FAU, IWW) sowie mit Menschenrechtsorganisationen (Komitee für Grundrechte und Demokratie, Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe – BAG-S) suchen, damit der Koalitionsfreiheit und den Grundrechten hinter Gittern zum Durchbruch verholfen wird. Nach einem Jahr Existenz der GG/BO konstatiert Rast, dass ein zentraler Punkt Realität ist: „Gefängnisse sind seitens der Gefangenen keine gewerkschaftsfreie Zone mehr!“ (*PM 16.06.2015 der Ge- fangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), www.gefangenengewerkschaft.de www.dbh-online.de www.projekt-lotse.de www.justiz.nrw.de mehr Infos für Sie 8 Beschlüsse der Frühjahrskonferenz 2015 86. Konferenz der JustizministerInnen der Länder Unter dem Vorsitz des Landes BadenWürttemberg fand die diesjährige Frühjahrskonferenz in Stuttgart statt. Die 86. Konferenz der JustizministerInnen der Länder hat zu folgenden Themen Beschlüsse gefasst (die Beschlüsse sind unter u.s. Link zu finden): TOP I.12 Geschlechtergerechte Beurteilungen der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte TOP I.17 Leichte Sprache ‒ Verbesserung des barrierefreien Informationsangebots der Justiz TOP II.11 Verstetigung von Deradikalisierung im Justizvollzug TOP II.12 Umgang mit Salafisten/Islamisten in den Justizvollzugsanstalten TOP II.13 Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung TOP II.14 Übernahme der Kosten für Suchtentwöhnungstherapien Strafgefangener durch die Rentenversicherung TOP II.15 Wiedereingliederung entlassener Strafgefangener als gesamtgesellschaftliche Aufgabe TOP II.18 Umgang mit rassistischdiskriminierender Wahlwerbung (www.jum.baden-wuerttemberg.de) Der DBH-Fachverband unterstützt die Forderung des Grundrechtekomitees nach Rente für Gefangene Gemeinsam mit anderen Organisationen der Straffälligenhilfe wird an die Justizministerkonferenz appelliert, endlich der Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung zuzustimmen. Die Justizministerkonferenz berät am 17.-18.06.15 in Stuttgart u.a. auch zu dieser Thematik. Die Länder als Arbeitgeber der Gefangenen müssen die „Schwarzarbeit hinter Gittern“ beenden, fordert das Grundrechtekomitee. Information: /www.grundrechtekomitee.de (aus: dbh-newsletter Nr.10/15, 17.06.2015) LOTSEINFO Paritätische Positionierung zur Arbeit und Beschäftigung von Strafgefangenen in Deutschland Der Verbandsrat des Paritätischen Gesamtverbandes hat im März 2015 das Positionspapier zu Arbeit und Beschäftigung von Strafgefangenen in Deutschland verabschiedet. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bereits 1976 verpflichtet, Strafgefangene in die Sozialversicherungssysteme einzubeziehen. Der Gesetzgeber ist bisher tatenlos geblieben. Die überwiegende Mehrheit der Strafgefangenen ist dadurch immer noch nicht rentenversichert und wird in der Arbeitslosenversicherung hinsichtlich der Anwartschaftszeit deutlich schlechter gestellt als Beschäftigte in einem reinen Beschäftigungsverhältnis. Die fehlende Rentenversicherung und die Ungleichbehandlung bei der Arbeitslosenversicherung ist aus Sicht des Paritätischen eine "Doppelbestrafung" für die Betroffenen, weil sich die fehlenden Ansprüche eben erst nach der Haftzeit auswirken, in Form von geringeren Altersrenten oder durch den Verlust von Ansprüchen, z. B. bei der Erwerbsminderungsrente. Der Paritätische fordert die Gesetzgeber auf Bundesund Länderebene auf, diese Ungleichbehandlung von Strafgefangenen zu beenden und den Zugang für Strafgegangene zur Rentenversicherung zu ermöglichen sowie die Schlechterstellung von Strafgefangenen in der Arbeitslosenversicherung zu beenden. Vorbemerkung Im Mai 2014 gründeten Strafgefangene in der Justizvollzugsanstalt Berlin Tegel eine Gefangenengewerkschaft. Die Hauptforderung der Gefangenengewerkschaft ist die Einführung des Mindestlohns und die Rentenversicherung für Strafgefangene. Die Gefangenengewerkschaft plant im April 2015 einen bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Schluss mit der Billiglöhnerei hinter Gittern“. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bereits 1976 verpflichtet, die Einbeziehung von arbeitenden Strafgefangenen in die Sozialversicherungssysteme durch ein besonderes Bundesgesetz zu regeln. Die Politik ist bisher tatenlos geblieben. NR.82 03/2015 Aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes gibt es neben der Frage der Rentenversicherung und der Entlohnung von Strafgefangenen dringenden sozial- und rechtspolitischen Handlungsbedarf auf Bundes- und Länderebene. Eine verbüßte Strafe darf nicht zu einer lebenslangen Benachteiligung von Menschen führen, die bereits während ihrer Haftzeit einer Beschäftigung nachgegangen sind und damit unter Umständen eine wichtige Bedingung für eine erfolgreiche Resozialisierung nach der Haftzeit geschaffen haben. Der Paritätische Gesamtverband beschränkt sich im Folgenden auf die Frage des fehlenden Rentenversicherungsschutzes, der Schlechterstellung in der Arbeitslosenversicherung und der Frage der Entlohnung für Strafgefangene. entstehen Versicherungslücken, die zu niedrigeren Altersrenten führen können. Zudem sind Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente oder auf eine Altersrente für langjährig Versicherte an bestimmte Vor- oder Mindestversicherungszeiten geknüpft. Werden diese nicht erfüllt bzw. erreicht, kann das zum vollständigen Verlust von Ansprüchen (z. B. Erwerbsminderungsrenten) führen. Der Paritätische Gesamtverband fordert den Bundesgesetzgeber auf, die Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) dahingehend zu ändern, dass 1. Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, 2. die im Strafvollzug geleistete Arbeit in der gesetzlichen Rentenversicherung paritätisch beitragspflichtig und anspruchsbegründend wirkt, 3. nach Erfüllen der allgemeinen Wartezeit der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aufrechterhalten bleibt, 4. Rentenanwartschaften, die während der Haftzeit oder der Sicherungsverwahrung erworben wurden, bei der 35-jährigen Wartezeit nach § 51 Absatz 3 SGB VI berücksichtigt werden. 1. Zugang für Strafgefangene zur Rentenversicherung ermöglichen Von den ca. 66.000 Gefangenen, die im vergangenen Jahr in den 186 Strafanstalten ihre Strafe verbüßten, arbeiteten im Mittel knapp 41.000. Das entspricht einer Quote von 62 Prozent der Strafgefangenen. Die überwiegende Anzahl dieser arbeitenden Strafgefangenen sind jedoch nicht rentenversichert, weil ihr Beschäftigungsverhältnis auf einer „Arbeitspflicht“ nach den Landesstrafvollzugsgesetzen beruht. Die sozialrechtliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Rentenversicherung und in weitere Sozialversicherungen ist das Merkmal der „Freiwilligkeit“ einer Beschäftigung. Nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VI sind Strafgefangene deshalb auch von der Rentenversicherung ausgeschlossen. Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme, die jedoch nur eine kleine Anzahl von Strafgefangenen betrifft. Die Ausnahme betrifft die sogenannten Berufsfreigänger. Sie stehen in einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Strafanstalt und unterliegen deshalb auch der vollen Versicherungspflicht und haben damit den vollen Versicherungsschutz (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, auch Arbeitslosenversicherung). Der Ausschluss aus der gesetzlichen Rentenversicherung wirkt sich nicht während der Haftzeit auf die Gefangenen aus, sondern betrifft die Zeit nach der Haftentlassung. Durch die Nichtversicherung 9 2. Schlechterstellung von Strafgefangenen in der Arbeitslosenversicherung beenden Neben dem fehlenden Einbezug in die Rentenversicherung gibt es eine Schlechterstellung von Strafgefangenen bei der Arbeitslosenversicherung durch die neuere Rechtsauffassung der Bundesagentur für Arbeit. Seit Sommer 2012 werden bei arbeitenden Strafgefangenen arbeitsfreie Samstage, Sonntage und gesetzliche Wochenfeiertage, die innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnitts liegen, nicht mehr als Versicherungszeit berücksichtigt. Dadurch muss ein Strafgefangener, der durchgängig ein Jahr mit 250 Arbeitstagen gearbeitet hat, noch 110 Tage mehr arbeiten, um die gleiche Anwartschaftszeit zu erreichen wie ein Arbeitnehmer in einem reinen Beschäftigungsverhältnis. Das Sozialgericht Duisburg beanstandete im Januar 2014 den damit verbundenen geringeren Arbeitslosengeldanspruch von Strafgefangenen als unbegründet. LOTSEINFO Fortsetzung von Seite 9 Für den Paritätischen ist diese Ungleichbehandlung sachlich nicht zu rechtfertigen. Der Paritätische fordert daher die Bundesagentur für Arbeit auf, arbeitsfreie Samstage, Sonntage und gesetzliche Wochenfeiertage als Versicherungszeit bei der Arbeitslosenversicherung für arbeitende Strafgefangene gleichermaßen wie für andere Beschäftigte zu berücksichtigen. Fazit Das maßgebliche Ziel des Strafvollzugs in Deutschland ist die Resozialisierung von Straftätern und Straftäterinnen. Eine Ausgrenzung aus staatlichen Sicherungssystemen widerspricht aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes dem Ziel und dem Prinzip der Resozialisierung. Dieses Prinzip darf nicht durch eine Schlechterstellung von Strafgefangenen bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung unterhöhlt werden. Vielmehr stellt die fehlende Rentenversicherung sowie die Schlechterstellung bei der Arbeitslosenversicherung eine Doppelbestrafung für die Betroffenen dar, da sie in der Folge der Haftzeit, besonders bei Langzeit-Strafgefangenen, keine oder nicht ausreichende Versicherungsansprüche erwerben können. Dies führt unweigerlich zu geringeren Altersrenten mit den Folgeproblemen der Altersarmut bzw. der Abhängigkeit von Grundsicherungsleistungen. Auch die sozialversicherungsrechtliche Ungleichbehandlung von „echten Freigängern“ und Strafgefangenen, die eine Arbeit zugewiesen bekommen, verstößt aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Paritätische Gesamtverband fordert Bund und Länder auf, angemessene und nachhaltige Vorkehrungen zu treffen, um eine Hilfebedürftigkeit von Strafgefangenen nach Beendigung des Strafvollzugs zu verhindern. Der Bund sollte zudem einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Einbezug der Strafgefangenen in die Rentenversicherung sowie Gleichstellung in der Arbeitslosenversicherung gesetzlich verankert. Beschlossen vom Verbandsrat des Paritätischen Gesamtverbandes Berlin, 27. März 2015 (siehe: www.der-paritaetische.de) NR.82 03/2015 Synthetische Drogen auf dem Vormarsch Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler und der BKAPräsident Holger Münch stellen die Rauschgiftlage und die Zahlen der Drogentoten 2014 vor. Die Zahl der polizeilich erfassten Fälle von Rauschgiftkriminalität ist im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast zehn Prozent gestiegen und hat mit 276.734 Fällen wieder das Niveau des Jahres 2005 erreicht. Die Anzahl der Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen (EKhD) nahm um rund fünf Prozent (20.120 Konsumenten), die der Tatverdächtigen um knapp zehn Prozent (228.110 Tatverdächtige) zu. Ebenso stieg die Zahl der Drogentoten um drei Prozent auf 1.032 Personen leicht an. Entgegen dem bundesweiten Trend sinkt die Zahl der Drogentoten in NRW seit Jahren kontinuierlich, und die positive Entwicklung hielt auch 2014 an: 184 Menschen starben an den Folgen ihres Drogenkonsums, das sind sieben Prozent weniger als 2013 (198 Tote). Seit 2010 ist die Zahl der Drogentoten in NRW um 36 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Drogentoten sinkt in NRW nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Insgesamt schätzt das Land die Zahl der KonsumentInnen von illegalen Drogen auf 31.000 Menschen; 70 Prozent davon sind Männer, 30 Prozent Frauen. Drogenkonsumräume gibt es in Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster, Troisdorf und Wuppertal. Sie werden zu 85 Prozent von Männern genutzt und zu 15 Prozent von Frauen. Rund 25.000 Drogenabhängige in NRW nehmen substitutionsgestützte Behandlungsangebote wahr. Während bundesweit die Anzahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von Heroin, Kokain und Crack seit Jahren zurückgeht, steigt die Anzahl der Todesfälle nach dem Konsum von Amphetaminen und Metamphetaminen. Auffällig ist die um das Fünffache gestiegene Anzahl der Todesfälle nach dem Konsum Neuer Psychoaktiver Stoffe (NPS), so genannter „Legal Highs“. 1 0 Der Anstieg der Todesfälle zeigt, dass die Bundesregierung in ihren Aktivitäten gegen Drogen und Sucht nicht nachlassen darf. Um die Gründe für den Anstieg herauszufinden, werden aktuelle Trends analysiert. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Gründe vielschichtig sind. Dies gilt auch für die regionalen Unterschiede. Auffällig ist neben dem Anstieg der Todesfälle durch Crystal Meth und NPS der Anstieg der Suizide von Drogenabhängigen. Hinzu kommen Todesfälle durch Langzeitschäden des Drogenkonsums, etwa auf Grund einer Leberschädigung durch eine Hepatitis-Infektion; letztere liegt oft über 30 Jahre zurück und führt erst viele Jahre später zum Tod. In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden erzielte das BKA im Jahr 2014 besondere Ermittlungserfolge: Im September 2014 konnten 330 Kilogramm Heroin mit einem geschätzten Straßenhandelspreis von mehr als 50 Millionen Euro sichergestellt werden. Anfang November 2014 beschlagnahmten Ermittler des BKA 2,9 Tonnen Chlorephedrin, geeignet zur Herstellung von rund 2,3 Tonnen Crystal mit einem geschätzten Straßenverkaufswert von 184 Millionen Euro. „Die großen Sicherstellungsmengen dieser beiden Substanzen sind einmalig in Deutschland“, sagt BKA-Präsident Holger Münch. „Die Sicherstellungen verdeutlichen die wichtige Rolle Deutschlands als Transitland und als Absatzmarkt für Rauschgift. Der Drogenhandel gehört nach wie vor zum Kerngeschäft Organisierter Kriminalität“. Trotz des weiterhin hohen Zufuhrdrucks von Heroin und Kokain aus dem Ausland ist eine sukzessive Veränderung des Rauschgiftmarktes festzustellen: Die Zahlen der EKhD von Heroin und Crack, etwas schwächer ausgeprägt auch von Kokain, gehen seit zehn Jahren zurück. Während im Jahr 2004 noch 5.324 EKhD von Heroin registriert wurden, waren es im vergangenen Jahr 1.648. Heroin spielt heute in Europa eine geringere Rolle als noch vor zehn Jahren, wohingegen Stimulanzien, synthetische Drogen, Cannabis und Arzneimittel immer mehr an Bedeutung gewinnen. „Synthetische Drogen werden bei Rauschgift-Konsumenten immer beliebter. Die Verfügbarkeit von Amphetaminen und Metamphetaminen ist ungebrochen hoch.“, sagt BKA-Präsident Holger LOTSEINFO Münch. Die in Deutschland am häufigsten festgestellte synthetische Droge bleibt Amphetamin. Ecstasy weist nach Jahren rückgängiger Fall- und Sicherstellungszahlen wieder deutlich steigende Tendenzen auf. Mitverantwortlich hierfür ist die große Zahl der illegalen Amphetaminund Ecstasylaboratorien mit ihren hohen Produktionskapazitäten in den Niederlanden und in Belgien. Darüber hinaus gewinnt auch die Droge Crystal weiter an Bedeutung. Die hohe Verfügbarkeit aufgrund zunehmender Produktionskapazitäten überwiegend in der Tschechischen Republik führt zur weiteren Ausbreitung von Crystal in Deutschland. Holger Münch erklärt: „So genannte „Legal Highs“ etablieren sich mehr und mehr in der Rauschgiftszene.“ In Deutschland sind mittlerweile über 1.500 verschiedene Produkte mit rund 160 unterschiedlichen NPS festgestellt worden. Allein im vergangenen Jahr wurden 58 neue Wirkstoffe erstmals auf dem deutschen Markt festgestellt. Problematisch ist, dass der Handel mit neuen Stoffen nicht unmittelbar unter Strafe gestellt ist, dies erfolgt erst durch die zeitaufwendige Aufnahme jedes einzelnen Stoffes in die Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz. „Ich spreche mich klar für eine andere Verfahrensweise aus. Es müssen ganze Stoffgruppen unter Strafe gestellt werden“, betont Holger Münch. Auf dem europäischen Markt ist Cannabis die am häufigsten sichergestellte Rauschmittel. Dies bestätigt sich 2014 auch in Deutschland. Bei knapp der Hälfte aller Sicherstellungsfälle (63.519) wurde Marihuana beschlagnahmt. Dass Marihuana bei den Konsumenten beliebter ist als Haschisch dürfte auch auf den seit zehn Jahren zu beobachtenden Zuwachs von Indoorplantagen in Deutschland zurückzuführen sein. Eine zusätzliche Herausforderung für die Strafverfolgung ist der Handel und Vertrieb von Drogen über das Internet. Hersteller, Lieferanten, Einzelhändler, Website-Hoster und Zahlungsabwicklungsdienste sind häufig in verschiedenen Ländern ansässig. Die Kontrolle und Eingriffsmöglichkeiten werden dadurch sowie durch die zunehmende Nutzung von Anonymisierungsdiensten erheblich erschwert. Ergänzende Zahlen und Informationen zur Rauschgiftlage können über die NR.82 03/2015 Homepage des BKA unter www.bka.de und auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung unter www.drogenbeauftragte.de abgerufen werden. (PM www.drogenbeauftragte.de /index.php?id=23998; PM MGEPA 24.03.2015) Weltweit über 10 Millionen Menschen inhaftiert Der vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) veranstaltete 13. UN-Congress on Crime Prevention and Criminal Justice hat vom 12. bis 19. April in Doha stattgefunden. Im Rahmen des Kongresses wurde u.a. die weltweit epidemische GefängnisÜberbelegung diskutiert und eine abschließende Deklaration verabschiedet.: www.unodc.org/documents/congress/Doc umentation/ACONF222_L6_e_V1502120. pdf (aus Präventions-News 20.04.2015) OECD-Sozialbericht: Einkommensungleichheit in Deutschland im Mittelfeld, Vermögensungleichheit hoch Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat am 21.05.2015 ihren diesjährigen Sozialbericht veröffentlicht. Danach verharrt die Einkommensungleichheit in Deutschland seit dem Beginn der Krise 2007 auf mittlerem Niveau. Wie aus dem Sozialbericht hervorgeht, verzeichnete die Bundesrepublik Deutschland Anfang der 2000er Jahre einen erheblichen Anstieg der Ungleichheit; anders als in der Mehrzahl der OECDLänder trug die Krise aber nicht dazu bei, diesen Trend zu verstärken. Schaut man auf verschiedene Indikatoren zur Messung der Ungleichheit, liegt Deutschland unter den 34-OECD-Ländern im Mittelfeld hinter den nordischen und einigen osteuropäischen Ländern, aber vor Staaten wie Chile, der Türkei, den USA oder auch Großbritannien. (aus Präventions-News 25.05.2015) 1 1 2. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2015 Die Deutsche Aidshilfe sowie die Bundesverbände akzept und JES haben am 18.05.2015 den 2. Alternativen Drogenund Suchtbericht veröffentlicht Im Vorwort des Berichtes kommen die Herausgeber zu folgendem Fazit "Als übergreifende Konsequenz der betrachteten Problembereiche ergibt sich die Forderung nach einer Überarbeitung des BtMG, die die Konsumierenden und ihr gesundheitliches wie gesellschaftliches Wohlergehen in den Mittelpunkt rückt sowie eine informierte Selbstbestimmung des Konsums ermöglicht." http://alternativer-drogenbericht.de/wpcontent/uploads/2015/05/AlternativerDrogen-und-Suchtbericht-2015.pdf (aus Präventions-News 21.05.2015) SiewerdenimKnast schonerwartet. Straffälligebrauchen Ihreehrenamtliche Hilfe Straffällige brauchen Kontakt zur „Außenwelt“ durch Gespräche, Freizeitangebote, schulische Hilfestellungen, Vorbereitungen für die Zeit danach ... und alles was Sie können. Sie stellen sich neuen Herausforderungen, erfahren neue Lebenswelten, bauen Ihre Stärken aus, finden Ausgleich zum Beruf, bleiben aktiv ... Und unterstützen die Wiedereingliederung Straffälliger in unsere Gesellschaft und helfen Rückfälle zu verhindern. Wir unterstützen Sie beim Einstieg und während Ihres Engagements in der ehrenamtlichen Straffälligenhilfe. LOTSEINFO Die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker feiert Geburtstag: Seit 80 Jahren „Nur für heute“ Im Juni 2015 feiert die weltweite AAGemeinschaft ihr 80jähriges Jubiläum. Mit der Begegnung von Bill W. und Dr. Bob S., zwei scheinbar unheilbaren Alkoholikern, begann im Juni 1935 die Erfolgsgeschichte der AA. Die beiden erkannten, dass sie sich auf einer tiefen Ebene verstanden. Sie halfen sich gegenseitig, indem sie ihre dauernde Niederlage im Kampf gegen den Alkohol eingestanden und kapitulierten. Dieses Ereignis jährt sich nun zum 80sten Mal. Aus dieser Keimzelle entstand eine weltweite Gemeinschaft. Allein in Deutschland gibt es rund 2.000 sogenannte „Meetings“, in denen trocken gewordene Alkoholikerinnen und Alkoholiker ihre Erfahrungen weiter geben und Menschen zur Seite stehen, die vom Alkohol loskommen wollen. Alkoholismus ist eine Krankheit an Körper, Geist und Seele. Auch nach jahrelangem Alkoholmissbrauch, selbst wenn es in Familie und Beruf schon zur Katastrophe gekommen ist, wenn Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit die Gedankenwelt bestimmen, gibt es Wege aus der Alkoholfalle. Über zwei Millionen trockene Alkoholiker führen heute ein angenehmes und produktives Leben ohne Alkohol. Sie fanden Hilfe durch den Erfahrungsaustausch in der Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker. Das Anonymitätsprinzip macht AA keineswegs zu einem Geheimbund. Es dient dem persönlichen Schutz aller, die sich dazu bekennen, alkoholkrank zu sein. Mehr als seinen Vornamen braucht man bei AA nicht von sich preiszugeben, es gibt keine Mitgliedslisten oder Gebühren. NR.82 03/2015 Gemeinschaft, die sich nach wie vor an den 12 Schritten des Genesungsprogramms und den 12 Traditionen für den Bestand der Gemeinschaft orientiert. rer Leitsatz: Nur für heute! Ein überschaubarer Zeitraum und am Ende des Tages das gute Gefühl, heute nicht getrunken zu haben. Trotzdem sind die Anonymen Alkoholiker weder im formellen noch im politischen Sinne organisiert. Es gibt keine leitenden Angestellten, keine Regeln oder Vorschriften. Jedoch wird jedem AA-Mitglied empfohlen, Dienste für das gemeinsame Wohlergehen zu übernehmen – hier ist das Kaffeekochen im Meeting vor Ort genauso wichtig wie die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern oder die Verwaltung von Spenden. Informationen sowie Orte und Zeiten der Meetings sind auf www.anonymealkoholiker.de zu finden. 1939, nachdem die Erfahrungen der frühen Mitglieder der AA-Gemeinschaft in dem Buch „Anonyme Alkoholiker“ veröffentlicht wurden, konnte die Botschaft der Genesung immer mehr Menschen erreichen. Das Buch ist heute in 70 Sprachen verfügbar. Es beschreibt im Wesentlichen das Programm der zwölf Schritte, das zu einer seelischen Heilung und einer positiven Lebenseinstellung führen kann. Situationen, die früher zum Trinken veranlassten, können nun ohne Alkohol leichter bewältigt werden. Im zweiten Teil des Buches berichten Betroffene aus ihrer eigenen Trinkerzeit und wie sich ihr Leben veränderte, nachdem sie zu AA gefunden hatten. Alkoholismus als Familienkrankheit Schon in der Anfangszeit der AA erkannten die Ehefrauen, dass ihr Leben vom Alkohol gleichsam belastet ist und dass auch sie sich gegenseitig helfen konnten – egal, ob ihr Partner noch trinkt oder bereits trocken geworden ist. Die AlAnon-Familiengruppen haben das 12Schritte-Programm der AA nach den eigenen Erfordernissen adaptiert, um Angehörige zu trösten und deren Selbstverantwortung zu stärken. Die Eckpfeiler: Genesung – Einigkeit – Dienst Alkoholismus ist keine Charakterschwäche; es ist eine von der Weltgesundheitsorganisation anerkannte Krankheit. Ein Alkoholiker verliert die Kontrolle über sein Trinken, er kann aus eigenem Willen nicht nach ein oder zwei Gläsern aufhören. Die Krankheit Alkoholismus ist nicht heilbar, sie kann durch Abstinenz lediglich zum Stillstand gebracht werden. Ein steiniger Weg und etliche Rückschläge zeichneten die Entwicklung von einem kleinen Haufen hoffnungsvoller ExTrinker hin zu der über zwei Millionen Mitglieder zählenden weltweiten AA- Die AA sagen: Lass das erste Glas stehen, dann kann Dir das zehnte keine Probleme machen. Und weil es am Anfang schier undenkbar erscheint, ein Leben lang auf den Alkohol zu verzichten, ist ein weite- Die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist der Wunsch mit dem Trinken aufzuhören. 1 2 EA – Emotions Anonymous Die Emotions Anonymous ist eine Anfang der siebziger Jahre in den USA und Deutschland entstandene und heute weltweit vertretene Selbsthilfegruppe. Das zentrale und verbindende Thema ist die Verbesserung emotionaler und seelischer Gesundheit, u.a. ausdrücklich für Menschen gedacht, die unter Depressionen und Ängsten leiden. Die EAGruppenteilnehmerInnen kommen aufgrund von Lebenskrisen wie Trennung, Verlust eines Menschen, schweren Konflikten am Arbeitsplatz, Schwierigkeiten in der Beziehung oder in der Familie. Die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist der Wunsch, emotional gesund zu werden und diese Gesundheit zu erhalten. Dazu treffen sich lokal organisierte und eigenverantwortliche EA-Gruppen zu sogenannten ‘Meetings’, die auf der Grundlage des 12-Schritte-Programms stattfinden. Das ’12-Schritte-Programm‘ ist der Gruppen-Leitfaden, der ursprünglich von den Gründern der Anonymen Alkoholiker (AA) entwickelt wurde. Man kann dazu unterschiedliche Meinungen vertreten, Tatsache ist: Millionen von Menschen haben in den letzten 80 Jahren in diesem Konzept Hilfe und Genesung gefunden. Aktuell wird das Programm nicht nur bei AA und EA, sondern auch bei zahlreichen weiteren Selbsthilfegruppen – zusammengefasst “anonyme Gruppen” oder “12-SchritteGruppen” genannt – für deren spezifisches Thema in einer jeweils angepassten Weise genutzt. Emotions-AnonymousGruppen - mittlerweile weit verbreitet auch in Deutschland – sind leider deutlich weniger bekannt als die AnonymeAlkoholiker-Gruppen; das Thema „seelische Gesundheit“ spielt (auch) im Strafvollzug eine zentrale Rolle, so wäre eine größere Verbreitung dieser Gruppen in den JVAs wünschenswert. Infos unter: www.ea-selbsthilfe.net LOTSEINFO NR.82 03/2015 Umfassende Maßnahmen gegen Alkoholmissbrauch können tausende Leben retten Verbesserung des Umgangs mit psychisch auffälligen Gefangenen Politische Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch könnten in Deutschland jährlich mehr als 44.000 Leben retten. Nach den Vorfällen in verschiedenen Vollzugsanstalten in Baden-Württemberg - u.a. war ein Inhaftierter an Unterernährung verstorben - wurde von Justizminister Rainer Stickelberger eine Expertenkommission eingesetzt. Diese hat am 11. Mai 2015 ihren Zwischenbericht mit konkreten Empfehlungen zur Verbesserung der Betreuung und Versorgung von psychisch auffälligen Gefangenen der Öffentlichkeit vorgelegt. U.a. wird die personelle Aufstockung von medizinischem Personal, aber auch des allgemeinen Vollzugsdienstes gefordert. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Gesundheitsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), „Tackling harmful alcohol use“, der Ende Mai in Paris veröffentlicht wurde. Strengere gesetzliche Regeln für Alkoholwerbung und -verkauf, höhere Steuern auf alkoholische Getränke, die konsequente Durchsetzung von Promillegrenzen im Straßenverkehr, aber auch eine frühe Ansprache durch den Hausarzt bei Verdacht auf gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum könnten demnach nicht nur verhindern, dass Menschen vorzeitig sterben, sie hätten auch positive Auswirkungen auf die Anzahl der gesund verbrachten Lebensjahre. Nach Erkenntnissen des Berichts ist der Effekt solcher Maßnahmen gebündelt größer als isoliert. Ein Maßnahmenpaket aus einer 10prozentigen Steuererhöhung für alkoholische Getränke sowie einer strengeren Gesetzgebung für Alkoholwerbung und -verkauf könnte es nach OECD-Kalkulationen in Deutschland ermöglichen, die Anzahl der alkoholbedingten Verletzungen im Schnitt jährlich um 138.000 und die der Krebserkrankungen und Leberzirrhosen um etwa 4.300 zu verringern. Gleichzeitig wären die Kosten für ein solches Paket mit sechs US-Dollar pro Person im Jahr verhältnismäßig gering. Dies umso mehr, als den Mehrausgaben für die Prävention ein finanzieller Vorteil von mehreren Hundertmillionen US-Dollar jährlich durch Ersparnisse bei den Gesundheitsausgaben gegenüber stünde. (aus Präventions-News 30.05.2015) Infos zu aktuellen Anfragen sowie zu Themen und Gesetze, die im Landtag beraten werden: www.landtag.nrw.de, Start, Dokumente & Recherche, Aktuelle Dokumente Expertenkommission in BadenWürttenberg legt Zwischenbericht vor „Unabhängig und mit großem Sachverstand hat die Expertenkommission in den letzten knapp fünf Monaten den Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen auf den Prüfstand gestellt“, sagte der Kommissionsvorsitzende Professor Dr. Rüdiger Wulf. Er wies darauf hin, dass erfahrene Vollzugspraktiker ebenso wie psychiatrische Mediziner und Wissenschaftler, der Bund der Strafvollzugsbediensteten und der Hauptpersonalrat, ein Vertreter der Opferschutzhilfe sowie Strafvollzugsbeauftragte der Landtagsfraktionen in dem 16-köpfigen Gremium vertreten seien. In bislang fünf Sitzungen seien die bestehenden Strukturen intensiv analysiert und mögliche neue Ansätze und Maßnahmen „ohne Denkverbote“ geprüft worden. „Unsere Besuche in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg, in das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg und in die Justizvollzugsanstalt Heimsheim haben ebenfalls wertvolle Hinweise für die Kommissionsarbeit gebracht“, so Professor Dr. Wulf. „Wir stellen unsere Vorschläge bereits jetzt vor Abschluss der Arbeit der Kommission vor, um der Politik die Möglichkeit zu geben, frühzeitig die Weichen für eine Umsetzung der Maßnahmen in einem möglichen Nachtragshaushalt zu stellen“, so Professor Dr. Wulf. Der Abschlussbericht im Spätsommer werde dann näher auf weitere Aspekte eingehen, etwa auf die Regelungen für ärztli1 3 che Zwangsmaßnahmen, die mögliche Einrichtung von Ethikkommissionen in den Anstalten und das Thema Suizidprophylaxe im Vollzug. Der nun vorgestellte Zwischenbericht sieht 23 Handlungsempfehlungen mit einem Finanzierungsbedarf von insgesamt rund 11 Mio. Euro vor. Sie zielen im Kern auf eine Verbesserung der personellen und sachlichen Strukturen ab, um psychisch auffällige Gefangene schnell und zuverlässig zu erkennen und richtig zu behandeln. So geht eine zentrale Empfehlung der Kommission dahin, die großen Anstalten des Landes mit über 400 Haftplätzen flächendeckend mit einer zweiten Arztstelle auszustatten. Außerdem schlägt die Kommission vor, noch mehr externe Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie als Konsiliarund Vertragsärzte in die psychiatrische Behandlung vor Ort einzubinden. Insgesamt 13 Fachpflegerinnen und Fachpfleger für Psychiatrie sollen nach dem Willen der Kommission die Arbeit der Ärzte in den Anstalten mit großen Krankenabteilungen und im Justizvollzugskrankenhaus ergänzen und eine nachhaltige, kontinuierliche psychiatrische Behandlung der Gefangenen sicherstellen. Der Psychologische Dienst in den Anstalten soll um acht neue Stellen verstärkt werden, den dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll die Approbation zu anerkannten psychologischen Psychotherapeuten durch eine berufsbegleitende Weiterbildung ermöglicht werden. Die Empfehlung der Kommission sieht weiter eine erhebliche personelle Verstärkung des allgemeinen Justizvollzugsdienstes vor, um vor allem im Spätdienst die einzelnen Stockwerke der Gefangenenunterkünfte besser betreuen zu können und um den besonderen Belastungen der Beschäftigten gerade im Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen Rechnung zu tragen. Weitere Vorschläge zielen auf eine Stärkung des Justizvollzugskrankenhauses, wo Diagnose, Therapie und Versorgung von psychisch auffälligen Gefangenen am besten möglich sind. Die Kommission empfiehlt außerdem umfangreiche Fortbildungsangebote für die Beschäftigten. (Justizministerium Baden-Württemberg, Medieninformation vom 11. Mai 2015, www.baden-wuerttemberg.de; siehe auch DBH-Newsletter 9/15) LOTSEINFO Die psychiatrische Maßregel auf dem Weg zur SV? Kritik am Referentenentwurf des BMJV von Johannes Feest Das Bundesjustizministerium hat einen Referentenentwurf einer Novellierung des § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) vorgelegt. Der Referentenentwurf liegt dem Strafvollzugsarchiv vor, ist aber noch nicht online zugänglich. Er beruht auf dem Diskussionsentwurf einer Bund-LänderArbeitsgruppe, die vor einem Jahr vom BMJV eingesetzt worden war und im Januar 2015 ihren Bericht vorgelegt hat. Dieser hat bereits heftige Kritik erfahren. In einem Editorial für die Zeitschrift RECHT & PSYCHIATRIE hat sich mit Heinz Kammeier der Herausgeber des maßgeblichen Kommentars zum Maßregelvollzugsrecht geäußert. Er schreibt u.a.: "Richtete sich die Erwartung an den Diskussionsentwurf in weiten Kreisen darauf, es käme ein Unterbringungsbekämpfungsgesetz heraus, so tritt hier Enttäuschung ein. Von der im Titel des Diskussionsentwurfs angekündigten 'Novellierung' ist so gut wie nichts zu sehen. Statt mit wirklich Neuem wird hier mit Gebrauchtwagen gehandelt: Zahlreiche neue Regelungen werden explizit als gewollte Angleichungen an das Recht der Sicherungsverwahrung vorgestellt. Wenn der Gesetzgeber wirklich auf diesem Weg weitergehen will, dann sollte er doch besser gleich ein klares rechtspolitisches Programm daraus machen. Ferneres Ziel könnte dann sinnvollerweise die Zusammenführung von psychiatrischer Maßregel mit der Maßregel der Sicherungsverwahrung und dem wohl nur noch normativ vorhandenen Therapieunterbringungsgesetz zu einer Sozialtherapeutischen Einrichtung sein, wie sie schon einmal in den Reformintentionen des 1960er- und 1970er-Jahre im damals ins StGB geschriebenen § 65 vorgesehen war". (17.06.2015, aus www.strafvollzugsarchiv.de) NR.82 03/2015 20 Jahre Deutscher Präventionstag In diesem Jahr wird der Deutsche Präventionstag 20 Jahre alt. Vom kleinen aber feinen Fachkongress mit 168 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Jahr 1995 hat er sich zum größten europäischen Kongress für das Arbeitsgebiet der Kriminalprävention sowie angrenzender Präventionsbereiche entwickelt. Der diesjährige Kongress fand in Frankfurt zum Schwerpunktthema "Prävention rechnet sich. Zur Ökonomie der Kriminalprävention" Anfang Juni statt. Seit dem 12. Deutschen Präventionstag (2007 in Wiesbaden) veröffentlichen der Deutsche Präventionstag und seine Veranstaltungspartner mit der jeweiligen „Erklärung“ zum Schluss eines jeden Kongresses Aussagen zu den (kriminal-) politischen Konsequenzen, die sich aus dem jährlichen Schwerpunktthema sowie den weiteren Verhandlungen des Jahreskongresses zu aktuellen kriminalpräventiven Entwicklungen und Tendenzen ergeben. Die diesjährige Frankfurter Erklärung ist ein Plädoyer für Kosten-WirksamkeitsAnalysen und Kosten-Nutzen-Analysen zur Beurteilung öffentlicher Interventionen und Programme, wobei die Notwendigkeit eines Ethikdiskurses in der Beurteilung solcher Analysen hervorgehoben wird. Für die komplette Erklärung siehe: www.praeventionstag.de/kriminalpraevention/Module/Media/Medias/ Frankfurter-Erklaerung_507.pdf Jahresbericht 2014 des Deutschen Forums für Kriminalprävention Der Jahresbericht 2014 der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) wurde im Mai veröffentlicht und steht auch online zur Verfügung: www.kriminalpraevention.de LOTSE-INFO spezial! Eine Sonderausgabe vom LOTSE-Info mit Praxisberichten ehrenamtlicher BetreuerInnen aus dem NRW-Justizvollzug steht auf der Lotse-Homepage zum Downloaden zur Verfügung. Wir schicken Ihnen bei Bedarf auch gerne ein Exemplar zu. 1 4 Anerkennung und Wertschätzung von bürgerschaftlichem Engagement Die erstplatzierten Preisträger der "Helfenden Hand 2014" gehen ins Rennen um den Deutschen Engagementpreis 2015. Die Erstplatzierten in den drei Preiskategorien und der Gewinner des Publikumspreises haben nun die Chance, bei der Preisverleihung des Deutschen Engagementpreises im Dezember 2015 in Berlin ein weiteres Mal geehrt zu werden. Auf die Gewinnerinnen und Gewinner der fünf Kategorien "Chancen schaffen", "Leben bewahren", "Generationen verbinden", "Grenzen überwinden" und "Demokratie stärken" warten Preisgelder in Höhe von je 5.000 Euro. Über den mit 10.000 Euro dotierten Publikumspreis stimmen im Herbst die Bürgerinnen und Bürger per Online-Voting ab. Als eine von etwa 500 Auszeichnungen für freiwilliges Engagement in Deutschland trägt die "Helfende Hand" dazu bei, Menschen ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, die sich ehrenamtlich in Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe engagieren. Deutscher Engagementpreis Der Deutsche Engagementpreis würdigt das bürgerschaftliche Engagement von Ehrenamtlichen und all denjenigen, die dieses Engagement durch die Verleihung von Engagement- und Bürgerpreisen sichtbar machen. Engagierte Menschen sollen motiviert werden, sich bei den zahlreichen Preisen um eine Auszeichnung zu bewerben. Gleichzeitig sollen mehr Bürger zu ehrenamtlichem Engagement bewegt werden. Zu bestehenden Engagement-Auszeichnungen kann auf der Website des Deutschen Engagementpreises in einer Datenbank nach unterschiedlichen Kriterien recherchiert werden. Initiator und Träger des Deutschen Engagementpreises ist das Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss der gemeinnützigen Dachverbände und Netzwerke des Dritten Sektors sowie von Experten und Wissenschaftlern. Förderer sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Generali Zukunftsfonds und die Deutsche Fernsehlotterie. (PM BMI 08.05.2015) LOTSEINFO Geldern hat einen neuen Imam Mit der freundlichen Genehmigung der POSAUNE*-Redaktion veröffentlichen wir folgendes Interview. Zur Freude der Muslime in der JVA Geldern hat der neue Imam Herr Dur nun seinen „Dienst“ in der Anstalt angetreten. Herr Dur ist nicht nur dauerhaft „im Dienst“, sondern predigt auf Deutsch, was es auch nicht-türkischen Muslimen ermöglicht, der Predigt zu folgen. Mit dem folgenden Interview möchten wir Euch einen ersten Eindruck von Herrn Fatih Dur vermitteln. Posaune: Herr Dur, stellen Sie sich den Lesern bitte kurz vor. Hr. Dur: Mein Name ist Fatih Dur, ich bin 24 Jahre alt, verheiratet und von Beruf Islam-Theologe. Da mein Interesse an der Lehre des Islam bereits in früher Kindheit durch eine religiöse Erziehung und den Islam-Unterricht in der Moschee geweckt wurde, entschied ich mich dazu, nach meinem Abitur in der Türkei Islamische Theologie zu studieren. Dort habe ich meinen Bachelor abgeschlossen. Derzeit bin ich dabei, meinen Master in Islamwissenschaft/Orientalistik zu machen. Anschließend möchte ich promovieren. Posaune: Wie sind Sie zu der Tätigkeit in der JVA Geldern gekommen? Hr. Dur: Zwei Tage vor dem Beginn meiner Tätigkeit als muslimischer Seelsorger erfuhr ich vom Religions-Attaché in Düsseldorf, dass hier in der JVA das Bedürfnis nach einem deutschsprachigen Imam bestand. Ich stand dem positiv gegenüber, woraufhin sich das türkische Konsulat Düsseldorf mit Herrn Schwers in Verbindung setzte. NR.82 03/2015 moralische Unterstützung anbieten, damit sich niemand alleine fühlt. Posaune: Wie war Ihr erster Eindruck in Geldern? Hr. Dur: Ich hatte bereits Erfahrungen als muslimischer Seelsorger gesammelt, daher wusste ich, was mich erwartet, und hatte kein mulmiges Gefühl. Ich habe gespürt, dass die Gemeinde sich gefreut hat. Viele waren überrascht bzw. erstaunt, da sie einen türkischsprachigen Imam erwarteten. Mit dieser Mischung aus Freude und Erstaunen haben wir unser Gebet verrichtet. Posaune: Und wie war Ihr zweiter Eindruck? Hr. Dur: In der Woche darauf kamen mehr Gefangene zum Gebet, da sie über die Teilnehmer der vorigen Woche von dem deutsch predigenden Imam erfahren hatten. Zu sehen, dass sich die Gemeinde vergrößert hatte, erfüllte mich mit Freude. Ich hatte das Gefühl, dass die vorige Woche ein Erfolg war. Posaune: Gibt es noch etwas, was Sie unseren Lesern gerne sagen möchten? Hr. Dur: Verliert nicht die Hoffnung. Wichtig sind vor allem Einsicht und aufrichtige Reue. Man sollte die Zeit hier nutzen, um eine positive Veränderung herbei zu führen, und gemachte Fehler nicht zu wiederholen. Fazit: Die meisten 24-jährigen gestalten ihre Zeit anders. Doch Herr Dur nimmt sich die Zeit, um Menschen in der Not zu helfen. Darum sagen wir: „Herzlich WiIlkommen, Herr Dur!“ CS - POSAUNE 2/2015 - *POSAUNE ist das Gefangenenmagazin JVA Geldern. Posaune: Was hat sie dazu bewegt, diese Tätigkeit zu übernehmen, und was wollen Sie bewirken? Hr. Dur: Der Prophet sagt, dass derjenige der beste Mensch ist, der den Menschen am nützlichsten ist. Demzufolge wollte ich nützlich für die Menschen sein, insbesondere für diejenigen, die Hilfe und Trost in schweren Zeiten benötigen. Denen, die es bereuen, vom guten Weg abgekommen zu sein und nicht wissen, was sie tun sollen. Mit meiner wöchentlichen Predigt möchte ich mögliche Lösungswege aufzeigen, Trost spenden und 1 5 Führungsaufsicht steigt weiter - seit 2008 um ca. 50% Seit einigen Jahren führt der DBHFachverband die aktuellen Zahlen zur Führungsaufsicht aus den Bundesländern zusammen. Die Daten aus den Jahren 2008 - 2014 belegen einen weiteren erheblichen Anstieg der UnterstellungsZahlen. Diese ergeben eine Steigerung um 47,9%. Waren es im Jahr 2008 noch 24.818 FA-Unterstellungen, so sind es am 31.12.2014 36.706 Unterstellungen. Länger zurückliegende Zahlen liegen uns nicht vor, aber wenn man die bekannten Zahlen aus 2000 von zwei Bundesländern heranzieht, dann ist der Anstieg noch viel größer: Niedersachsen 1.090 (2000) und 2.751 (2014) Unterstellungen; Hessen 463 (2000) und 1.987 (204) Unterstellungen. Zahlen der Führungsaufsicht im Ländervergleich Die Anwendung der Führungsaufsicht ist recht unterschiedlich in den Bundesländern. Baden-Württemberg hat die geringste Fallzahl pro Einwohner: 259 auf 1 Mill. Einwohner. Mehr als doppelt so viele Fälle sind in Bremen, SachsenAnhalt, Bayern und Berlin zu verzeichnen. In Bayern sind 635 Fälle auf 1 Mill. Einwohner zu rechnen - in Berlin sind es 782 Fälle. Für die kompletten FA-Zahlen im Ländervergleich siehe u.s. Tabelle. (aus dbh-newsletter Nr. 04/15, 02.03.2015) u.s. FA-Fälle-Tabelle: Erhebung des DBHFachverbandes, Peter Reckling, veröffentlicht: www.dbh-online.de/fa/FA-ZahlenBundeslaender-2014.pdf, Stand 10.02.2015 LOTSEINFO NR.82 03/2015 Ehrenamtliche JVA-Beiräte In den LOTSE-Heften 80 und 81 berichteten wir über die Geschichte und die Arbeit von Anstaltsbeiräten. Um die 280 ehrenamtliche Beiräte engagieren sich in NRW. Ihre Arbeit möchten wir in einer Reihe – beginnend mit der heutigen Ausgabe – näher vorstellen. Als erstes durfte die LOTSE-Redaktion an den Beirats-Sitzungen der JVA Siegburg und der JVA Bielefeld-Brackwede teilnehmen. An dieser Stelle herzlichen Dank für die offene Aufnahme! Anstaltsbeiräte Der öffentliche Blick Einmal im Monat ist Jour fixe für die Anstaltsbeiräte. Dann öffnen die Vollzugsanstalten ihre Türen und stellen sich dem öffentlichen Blick. Diese Politik der angelehnten Tür wurde vor 45 Jahren gesetzlich festgeschrieben. Seitdem gilt: Keine Anstalt ohne Beirat, kein Innenleben ohne Außenperspektive. Wenn der neunköpfige Beirat der JVA Bielefeld-Brackwede tagt, sind die ehrenamtlichen Mitglieder – Pfarrer, Schöffen, Stadträte, Berufsschullehrer, Mitglieder des Landtags und der Stadtverwaltung – zunächst unter sich, um Fragen zu sammeln und Schwerpunkte festzulegen. Dann kommen die Verantwortlichen der Fachdienste und die Anstaltsleitung dazu, die über Neuigkeiten, besondere Vorkommnisse und die allgemeine Situation berichten. Hier muss sich die Leitung auch den kritischen Nachfragen des Beirates stellen. Auf welcher Grundlage findet die Einzelunterbringung eines Inhaftierten im besonders gesicherten Haftraum (BGH) statt? Wie lange hat man vor, besondere Maßnahmen gegenüber einem Insassen einzuleiten und weshalb? Neben der Beratung der Anstaltsleitung obliegt dem Beirat eine Kontrollfunktion. Die Atmosphäre ist sachlich professionell, die Tagesordnung straff, aber es gibt auch lockere Bemerkungen und der Umgang miteinander ist freundlich. Das ist die Kunst dieser Arbeit: Eine Zusammen- arbeit zu schaffen, in der alle zwar unterschiedliche Aufgaben und Rollen haben, aber alle am selben Ziel arbeiten. Der Anstaltsbeirat der JVA BielefeldBrackwede* (Foto: privat) In Bielefeld gibt es ca. 500 Insassen, um die 60 sind Frauen. Die Mehrheit hat einen Migrationshintergrund. Auch Personen mit Langzeitstrafen sind hier inhaftiert, ebenso wie Menschen, die besonderer Sicherheitsmaßnahmen bedürfen. Sie alle werden mittags per Lautsprecher über die Anwesenheit des Beirats informiert und können sich dann für ein Gespräch unter vier Augen anmelden. Direkt nach ihrer Sitzung nehmen die Mitglieder des Beirats diese Gesprächstermine wahr. Sprechstunden für die Gefangenen Für die ca. 400 Inhaftierten der JVA Siegburg werden in einem 14-tägigen Rhythmus Sprechstunden mit einzelnen Beiratsmitgliedern angeboten. Sprechstunden werden durch Aushänge an geeigneten Stellen in allen Fluren öffentlich gemacht. Die Sprechstunden finden stets zu zweit statt. „Auf diese Weise können wir uns gegenseitig unterstützen. Es erleichtert die gemeinsame Reflexion und neuen Beiratsmitgliedern den Einstieg“, erzählt Klaus Reker, der eher per Zufall vor drei Jahren zur Beiratsarbeit gekommen ist und diese jetzt nicht mehr missen möchte. Vor Weihnachten sei der Gesprächsbedarf besonders groß. „Dann sind wir auch schon mal von 10 Uhr morgens bis abends 19 Uhr hier!“ erinnert sich Albert Thüssing, Beiratsvorsitzender seit 1984 und seit 1979 Beiratsmitglied. Neben den Sprechstunden können sich die Inhaftierten auch per Brief an den Beirat wenden. Dazu stehen zwei Briefkästen zur Verfügung. Die Funktion des Beirates wird in 1 6 der Hausordnung genannt, welche die Insassen bei ihrer Inhaftierung erhalten. Gesprächsbedarf kann zum Beispiel beim Thema Entlohnung bestehen. Haben die Insassen das Gefühl, ungerecht bezahlt zu werden, tauscht sich der Beirat hierüber mit den Anstaltsverantwortlichen aus. Eine für die Inhaftierten transparentere Lohntabelle könnte beispielsweise eine gemeinsam angestrebte Lösung sein. Die Beiratsmitglieder haben jedoch nicht nur ein Ohr für die Insassen, sondern suchen regelmäßig das Gespräch mit den JVA-MitarbeiterInnen. „Wir sind neutrale Mittler zwischen Leitung, MitarbeiterInnen, Inhaftierten und der Außenwelt“, so der Vorsitzende Matthias Blomeier, seit Beginn der 90er im Beirat der JVA Bielefeld-Brackwede, „wir sind jedoch parteiisch, wenn es um die Aufklärung von Missständen geht“. Die Anstaltsbeiräte stellen geballte berufliche Kompetenz in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern dar. Viele der Beiratsmitglieder sind oder waren außerdem politisch aktiv. Die ehrenamtliche Arbeit in der JVA profitiert davon, denn Kontakte zu Entscheidungsträgern tragen dazu bei, anstehende Änderungen oder Projekte voranzutreiben und das Verständnis für den Justizvollzug in der Öffentlichkeit zu fördern. Bedauerlich ist jedoch, dass es für die Beiratsarbeit, die weit über die monatlichen Sitzungen und Sprechstunden hinausgeht, keine Arbeitsfreistellung gibt. Eine Krankenhausmitarbeiterin musste ihre ehrenamtliche Beiratsarbeit einstellen, weil sie eine neue Stelle in einem privaten Krankenhaus angetreten hatte. Dabei wurden ihre Kenntnisse im medizinisch-organisatorischen Bereich sehr geschätzt. Dass dazu die Aufwandsentschädigung auch noch versteuert werden muss, wird als symbolische Geringschätzung der geleisteten, häufig schwierigen, sicher verantwortungsvollen Arbeit gesehen. Fortsetzung auf Seite 17 * von links nach rechts: Regina KoppHerr (MdL), Beate Niemeyer (Betreuungskraft für Demenzkranke), Ursel Meyer (kaufmännische Angestellte), Matthias Blomeier, Beiratsvorsitzender (Sozialpfarrer), Winfried Huber (Rentner), HansWerner Plaßmann (Oberstudienrat a.D.) und Manfred Schön (Rentner). Auf dem Bild fehlen Gerhard Wende (Beamter) und Dietrich Kögler (Rentner). LOTSEINFO Fortsetzung von Seite 16 Perspektivwechsel Je nach vom Beirat beschlossenen Themenschwerpunkt finden beim Jour Fixe in Bielefeld (oder zusätzlich dazu) auch Begehungen statt wie beispielsweise der Kleiderkammer, der Sanitätsabteilung oder der Unterbringung für Suizidgefährdete. Besuche der verschiedensten JVABereiche stehen auch in Siegburg regelmäßig an. Neben Probeessen in der JVAKüche trifft sich der Beirat einmal im Jahr mit dem Personalrat. Auch wird der Kontakt zu Beiräten anderer JVAs oder dem nordrhein-westfälischen Justizvollzugsbeauftragten intensiv gepflegt. „Unsere Arbeit ist extrem vielschichtig“, erläutert Beate Patt, stellvertretende Beiratsvorsitzende in der JVA Siegburg, ihr Engagement. „Wir haben mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun und sind ständig gefordert, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Zum Teil aus völlig unbekannten „Welten“. Das ist immer wieder eine große Herausforderung, bereichert jedoch das persönliche Leben enorm.“ In Siegburg organisiert der Beirat neben den Sitzungen und Begehungen in der JVA auch eine jährliche Außensitzung, zu der Leitung und sonst an der Beiratssitzung anwesende Fachdienste der JVA ebenfalls eingeladen sind. Das Besondere an dieser Sitzung ist: Man verbindet die Arbeit mit einem anderen Programm - in diesem Jahr dem Besuch der Wahnbachtalsperre - und mit einem gemeinsamen Abendessen. „Das verbessert die Kommunikationskultur“, sagt die diesjährige Organisatorin Marga Basche, „gerade bei der Behandlung von schwierigen Themen.“ Mittler mit Visionen Frei nach Rio Reiser möchte die LOTSERedaktion am Ende der Sitzungen von den TeilnehmerInnen noch eines wissen: „Was würden sie tun, wenn sie KönigIn der JVA wären?“ Spontan kommen zahlreiche Vorschläge: Mehr Mut in puncto Lockerungen beweisen, regelmäßige Sportangebote, mehr berufliche Ausbildungsmöglichkeiten für Gefangene schaffen, den Alltag vereinfachen, z.B. weniger Bürokratie bei den Anträgen sowie freie Wahl der Pflegeartikel. Ein anderes Mitglied sieht die Wichtigkeit der Arbeit auch für die als besonders NR.82 03/2015 gefährlich eingestuften Insassen und wünscht sich überhaupt mehr Arbeit für alle. Das JVA-Personal sollte nicht nur eine noch bessere Ausbildung genießen, sondern auch besser bezahlt werden. Man träumt von einer allgemeinen Verbesserung des Umgangsstils unter allen im Strafvollzug Arbeitenden und unter den Inhaftierten sowie zwischen allen „Fronten“. Beate Niemeyer, Beirätin Bielefeld, hat die Vision gänzlich alternativer Konzepte statt Strafvollzug in der heutigen Form. Mehrere wünschen sich eine bessere Überprüfung, wer ins Gefängnis gehört und wer nicht, wie z.B. suchtkranke oder psychisch kranke Menschen. Und manche Ideen setzen ganz pragmatisch beim Gebäude selbst an: So würde Anne Lenz-Söntgerath in der JVA Siegburg schlicht und einfach für mehr Licht sorgen und Ursel Meyer, ehemalige Schöffin, würde sofort eine Haltestelle direkt vor der JVA BielefeldBrackwede schaffen. ** von links nach rechts: Lothar Quast (im Beirat seit Okt. 2005, CDU-Mitglied), Marga Basche (im Beirat seit Okt. 2012, CDU-Mitglied, seit vielen Jahren auch Mitglied einer Kontaktgruppe in der JVA), Klaus Reker (im Beirat seit Okt. 2012, FDP-Mitglied), Anne Lenz-Söntgerath (im Beirat seit 2000, CDU-Mitglied), Beate Patt (stellvertr. Vorsitzende, im Beirat seit 2000, CDU-Mitglied) und Albert Thüssing (Vorsitzender seit 1984, im Beirat seit 1979, SPD-Mitglied). Auf dem Bild fehlen Ingo Steiner (im Beirat seit 2000, Bündnis 90/ die Grünen) und Daniel Stenger (im Beirat seit 2005, SPD-Mitglied). LOTSE-Seminar zu Nähe und Distanz im Kontakt mit Inhaftierten "Sie sind doch viel zu nah dran!" Manchmal scheint es, als könne man mit Straftätern nur mit einer langen Kneifzange umgehen. Dahinter steckt die Sorge, „umgarnt und eingewickelt“ zu werden. Im Seminar soll diskutiert werden, ob es einen idealen Abstand gibt, welche Vorteile und Nachteile mit unterschiedlichen Abständen verbunden sind und wie ehrenamtliche BetreuerInnen mit diesen heiklen Fragen umgehen können. Donnerstag, 29. Oktober 10.00 bis 17.00 Uhr in Recklinghausen Referent: Michael Stiels-Glenn Der Anstaltsbeirat der JVA Siegburg** (Foto: privat) Es gibt also noch viele Dinge anzustoßen. Auffälligerweise haben die meisten „KönigInnen“ ganz realistische, praktische „Visionen“ geäußert. Lehrt die Arbeit im Strafvollzug Bescheidenheit? Oder den Glauben an den steten Tropfen? Auffällig ist auch, dass mehrere Beiräte dem Ehrenamt über Jahrzehnte treu bleiben. Rekordverdächtig ist Albert Thüssing, bereits seit 36 Jahren im Beirat der JVA Siegburg. Aber auch Matthias Blomeier ist - trotz seiner kritischen Haltung zu den Fortschritten im Strafvollzugsbereich - schon seit fast 25 Jahren im Bielefelder Beirat dabei. Was ihn als dortigen Dienstältesten im Ehrenamt hält? „Dass es eben noch immer keinen Behandlungsvollzug gibt.“ Also heißt es – weitermachen. 1 7 Rückfragen und Anmeldung siehe Anmeldebogen auf Seite 23. Wir veröffentlichen eine der zahlreichen positiven bis begeisterten Rückmeldungen zu den „traditionellen“ LOTSE-Seminaren mit dem Referenten Michael Stiels-Glenn: „Wir sind wirklich nach Recklinghausen gefahren* - und es war einfach nur klasse! Dieser Mann ist einer von den Therapeuten, von denen es nicht viele gibt... Mein Mann und ich haben richtig viel nach Hause 'mitgenommen' - auch den Wunsch, noch mehr von ihm lernen zu können. Deshalb werde ich jetzt mal sehr genau über's Internet die LOTSE-Zeitung verfolgen und hoffen, dass er nochmal zu irgendeinem Thema zur Verfügung steht. Wir jedenfalls würden uns dazu schon jetzt anmelden!! ;-) Danke für diesen besonderen Tag! Liebe Grüße Angelika Blum“ (*Seminar am 11.06.15) LOTSEINFO NR.82 03/2015 tat nicht länger selbst betreuen kann – und froh ist, dass Organisationen wie der Weiße Ring deren langfristige Unterstützung übernehmen. LOTSEGesprächskreis Dortmund im Landtag Der LOTSE-Gesprächskreis für ehrenamtliche BetreuerInnen in den JVAs Dortmund und Umgebung konnte im Juni einen gemeinsamen, spannenden Nachmittag im Landtag verbringen. Dazu eingeladen hatte die Landtagsabgeordnete und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Nadja Lüders. Einige von ihnen hatten dafür Urlaub genommen, andere die Urlaubsplanung entsprechend angepasst, so wichtig war ihnen diese Einladung. Nach einer allgemeinen Einführung zu Funktion und Arbeitsweise des Landtages durfte die Gruppe einer Plenarsaalsitzung beiwohnen und Redebeiträge einiger der PolitikerInnen im wahrsten Sinne „live“ verfolgen, die man üblicherweise eher im Fernsehen sieht. Danach kam die Begegnung mit Frau Lüders, die einigen Gesprächskreis-TeilnehmerInnen bereits bekannt war, da diese den Austausch mit den ehrenamtlichen BetreuerInnen schon mehrmals gesucht hatte. Trotz der interessanten Debatte im Landtag entwickelte sich das Gespräch mit Frau Lüders als das echte Hightlight des Tages: Die ehrenamtlichen JVABetreuerInnen hatten viele Fragen – u.a. zu den JVA-Schließungen, zu den Paketen, zu speziellen Fällen - und auch einige kritische Rückmeldungen - wie der häufige Mangel an Räume für die Besuche oder die Gruppen. Insgesamt waren sie durch die „sachlichen, freundlichen und inhaltlich gehaltvollen Rückmeldungen“ der Politikerin sehr angetan. Beim abschließenden Kaffee und Kuchen war Frau Lüders leider nicht mehr dabei, die Ehrenamtlichen tauschten sich jedoch weiter untereinander aus und genossen müde aber glücklich - die schöne RheinAussicht der Kantine. Fazit: Ein rundum lehrreicher Nachmittag! I N F O S E R V I C E Das LOTSE-Info wird allen ehrenamtlich in NRW in der Straffälligenhilfe Tätigen auf Wunsch kostenlos vom LOTSEServicebüro (s. Impressum) zugestellt. Alle Exemplare inkl. Sonderhefte finden Sie auf unserer Homepage (siehe unten). 2013 konnten wir mit fast 600 verkauften Mützen den Weißen Ring bereits mit rund 3.000 Euro unterstützen und wurden mittlerweile selbst zu Botschaftern des Vereins ernannt. Ehrenamtliche BetreuerInnen vom LOTSEGesprächskreis Dortmund im Landtag mit Nadja Lüders (MdL), im Foto links (Foto: privat) Besondere Projekte und Angebote aus den JVAen NRW In dieser Rubrik soll in jedem Heft mindestens ein Projekt bzw. ein Angebot der besonderen Art aus den Justizvollzugsanstalten in NRW vorgestellt werden. Häkeln kann doch Spaß machen!? Bei uns häkelhelden bekommt ihr stylische und trendige Häkelmützen, die nicht nur jedes Outfit abrunden und einen unvergesslichen Auftritt garantieren, sondern mit denen ihr euch auch gleichzeitig sozial engagiert: Denn 5 Euro aus dem Erlös jeder Mütze spenden wir an den Weissen Ring! Alles begann im Mai 2012 … Schon lange hatten wir nach einer Möglichkeit gesucht, uns sozial zu engagieren. Doch durch den Schichtdienst bei der Polizei und die wenige Freizeit schien dies kaum möglich – bis zur Gründung der häkelhelden. Die Idee des Projekts ist es, mit jeder verkauften Mütze den Weissen Ring zu unterstützen, eine Organisation, die wir als Polizeibeamte im Dienst kennen und schätzen gelernt haben. Denn auch wenn man Polizist geworden ist, um Personen zu helfen, die sich selbst nicht mehr helfen können, erreicht man im Alltag "auf der Straße" doch immer wieder den Punkt, an dem man die Opfer einer Straf1 8 Da wir diese Mengen nicht mehr alleine bewältigen konnten, haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, das Projekt sinnvoll zu erweitern. So konnten wir eine Idee, die bereits zu Beginn des Projekts in unseren Köpfen war, verwirklichen. Seit Januar 2014 werden unsere Mützen im Rahmen der Arbeitstherapie in der JVA Düsseldorf hergestellt. Unter Anleitung fachkundiger Therapeuten sollen dabei Häftlinge an einen geregelten Arbeitstag herangeführt werden. Die Kooperation mit den häkelhelden eröffnet darüber hinaus rund zwölf Gefangenen noch eine weitere Dimension der Rehabilitation: durch ihre direkte Mitarbeit an der Unterstützung des Opferschutzes gelingt es uns gemeinsam, einen Kreislauf zu schließen und sie immer wieder am positiven Feedback zu ihrer Arbeit – wie z.B. die Nominierung für den deutschen Engagementpreis – teilhaben zu lassen. Die Häftlinge freuen sich darüber, dass durch ihre Arbeit etwas Gutes, wie die Opferhilfe, unterstützt werden kann und zeigen sich stolz, Teil dieses Projekts zu sein. So ist eine Erweiterung des Projekts in Planung und weitere JVA´s sollen einbezogen werden. Tim Pittelkow häkelhelden Im Klosterhof 6, 50226 FrechenKönigsdorf, Tel. 0151 - 25 36 57 05 [email protected] http://www.haekelhelden.de/das-projekt/ LOTSEINFO BÜCHER Das Knast-Dilemma In seinem Buch führt Bernd Maelicke aus, dass die Gefängnisse weiterhin die Schulen des Verbrechens seien - trotz aller Reformen. Maelicke positioniert sich seit Jahren entschieden als Gegner populärer Forderungen nach größerer Härte im Umgang mit Straftätern. Auf Basis langjähriger Erfahrungen, u.a. als Abteilungsleiter im Justizministerium in Kiel, und zahlreicher biografischer Fallbeispiele zeigt er das dramatische Missverständnis im deutschen Strafvollzug: das Gefängnis resozialisiert nicht, dagegen dominieren die subkulturellen Einflüsse. Bei den meisten Straffälligen, insbesondere jungen, verspricht nicht Wegsperren Erfolg, sondern allein verlässliche soziale Beziehungen. Die Resozialisierung findet wesentlich nach der Entlassung statt. Maelicke bemängelt: ob Schuldenberatung, Gerichtshilfe, ambulante Soziale Dienste, Bewährungshilfe, Jugendhilfe, Sozialarbeit oder Wohnraumvermittlung, diese Angebote existieren alle, nur sind sie nicht ausreichend vernetzt. Deshalb fallen viele Gefangene bei ihrer Entlassung unvorbereitet zurück in ihr altes Leben: "Wir überlassen die Leute ihrem Schicksal selber, wenn sie da mit ihrem Pappkoffer, nach wie vor, wenn sie dann am Tag der Entlassung vor dem Gefängnistor stehen. Und das ist dann der Beginn des Rückfalls. Da fängt der Ernstfall der Resozialisierung ja erst an. Nach der Entlassung." Unverantwortlich hohe Rückfallquoten seien Folgen der Systemmängel der Kriminalpolitik. Maelicke fordert eine differenzierte Debatte zu einem Thema, das Politiker nur in Wahlkampfzeiten und Medien nur bei Skandalen interessiert. Siehe auch unter www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Politisches -Buch-Das-Knast-Dilemma, knastdilemma102.html sowie ein Interview mit der Süddeutschen : www.sueddeutsche.de/ leben/resozialisierung-gefaengnis-istkeine-loesung-1.2505479 Bernd Maelicke: Das Knast-Dilemma. Wegsperren oder resozialisieren? Eine Streitschrift. C. Bertelsmann: München 2015. 256 S., 19,99 Euro. (aus dbh-newsletter 8/2015, 08.05.15) NR.82 03/2015 Diskussionsentwurf für ein Landesresozialisierungsgesetz Mit dem Buch knüpfen die Autoren Heinz Cornel, Frieder Dünkel, Ineke Pruin, Bernd-Rüdiger Sonnen und Jonas Weber an einer Initiative aus den 1980er Jahren an. Damals wurde ein Bundesresozialisierungsgesetz gefordert, das sich aber politisch nicht realisieren ließ. Der vorliegende Entwurf unterbreitet konkrete inhaltliche und organisatorische Vorschläge für eine Weiterentwicklung nichtfreiheitsentziehender Maßnahmen und Hilfeleistungen für straffällig gewordene Menschen. Durch die Föderalismusreform sind nunmehr die Länder die Ansprechpartner für diese Initiative analog der Zuständigkeit für die Strafvollzugsgesetze. Das Buch ist im April 2015 im Forum Verlag Godesberg erschienen (ISBN: 9783-942865-44-9) und im Buchhandel erhältlich. (aus: dbh-newsletter Nr.10/15 vom 17.06.2015) Bürgerhandbuch Politisch aktiv werden – Öffentlichkeit herstellen – Rechte durchsetzen Paul Ackermann (Hrsg.) Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2015, 312 S., 2,00 Euro. Der völlig neu überarbeitete Ratgeber für den politisch interessierten Bürger, erklärt Grundlagen des politischen Handelns und zeigt in 99 Tipps, was der Einzelne auf verschiedenen Ebenen tun kann. Von der gezielten Informationsbeschaffung über die Meinungsbildung bis hin zur Bürgerbeteiligung mittels Petitionen, Initiativen oder Online-Verfahren, werden unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt. Das Buch wird ergänzt durch zahlreiche farbige Abbildungen, Diagramme und Infokästen. Es hilft, die Spielregeln in der Politik zu verstehen und sich aktiv auf kommunaler, europäischer und weltweiter Ebene zu engagieren. Grundlagen wie Wahlrecht oder der Aufbau der EU sind ebenso Thema wie aktuelle Entwicklungen, Extremismus und neue Akteure in der politischen Landschaft. Der Raum für Mitbestimmung ist da – man muss nur 1 9 wissen wie man ihn nutzen kann. (aus: www.politische-bildungbrandenburg.de/shop/Brandenburger/Buergerschaftliches-Engagement--Zivilgesellschaft/Buergerhandbuch.html) Grundrechte-Report 2015 - enthält diesmal noch weniger über Gefängnisse von Johannes Feest Wie stets, lohnt es diesen Band durchzublättern und sich im Einzelnen festzulesen. Thematisch wird ein weiter Bogen von den Persönlichkeitsrechten (Art. 2 GG) bis zur Rechtsgrundlage jeglicher Freiheitsbeschränkung (Art. 104 GG) gespannt. Festgelesen habe ich mich vor allem bei zwei Beiträgen von Bremer Freundinnen: Laura Adamietz (Unzureichender Grundrechtsschutz von Trans*und Inter*) und Kirsten Wiese (Kopftuch und Burka verlangen differenzierte Lösungen). Der einzige Text, der mit Gefängnissen zu tun hat, stammt von Holger Niehaus, einem Strafrichter; er betrifft den "Warnschussarrest" (Freiheitsentziehung zu Symbolzwecken). Aber: gab es da nicht noch andere gefängnispolitische Themen mit Grundrechtsbezug? * Mir fällt in erster Linie die Auseinandersetzung um die vor einem Jahr gegründete Organisation ein, welche sich Gefangenengewerkschaft (GG) nennt. Der Grundrechtsbezug ist dabei zunächst natürlich Art. 9 GG. Hinzukommt, dass zu den Forderungen dieser Organisation die Einbeziehung der Gefangenen in die Sozialversicherung sowie der Mindestlohn gehört. Nun enthält der vorliegende Band einen Beitrag zum Thema "Mindestlohn", aber ohne jede Erwähnung der Gefängnisfrage. Es ist sicher kein Zufall, dass der Autor dieses Beitrags, Stefan Soost, bei einer DGB-Gewerkschaft arbeitet, wo man sich noch nie besonders für Gefangene oder andere "Lumpenproletarier" interessiert hat. Vielleicht hätte man Christian Hergesell vom Komitee für Grundrechte und Demokratie um eine Ergänzung bitten sollen. Fortsetzung auf Seite 20 LOTSEINFO An die namenlosen HeldInnen, die in diesem Jahr, Dienstjubiläum feiern Wir kennen persönlich einige und gratulieren von Herzen für das Engagement und die positive Ausdauer in einem besonders herausfordernden Beruf und Berufsumfeld. Mögen sie alle auch in Zukunft immer wieder den Weg finden, ebenso engagiert, freundlich und selbstschützend zu arbeiten wie bisher. Die ehrenamtlichen BetreuerInnen danken Euch von Herzen! Fortsetzung von Seite 19 * Aber auch in anderen Beiträgen vermisst man Hinweise auf die Besonderheiten des Gefängniswesens. So zum Beispiel beim Thema Trans* und Inter*, wo die Gefängnisverwaltung bekanntlich nur die rigide Trennung in "Männervollzug" und "Frauenvollzug" kennt und jegliche Zwischen- und Übergangszustände verschärft zu Lasten der Menschenwürde gehen. *Gerne hätte ich selbst einen Beitrag über eines meiner Lieblingsthemen geschrieben: die Verletzung des Briefgeheimnisses im Verhältnis von Gefangenen und den Gerichten. Denn: nach wie vor sehen die meisten Landesgesetze zum Strafvollzug vor, dass auch die Gerichtspost "überwacht" werden darf. Formal liegt darin zwar kein Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 GG, weil diese Beschränkung des Briefgeheimnisses ja durch Gesetz vorgesehen ist. Aber in Kombination mit Art. 19 IV GG muss man wohl doch einen Eingriff in Kernbereiche des Grundrechtsschutzes feststellen. Einige Bundesländer haben dies inzwischen eingesehen und die Gerichtspost ausdrücklich von der Überwachung ausgenommen. Grundrechte-Report 2015. Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Hrsg. von Till MüllerHeidelberg u.a., Fischer Taschenbuch: Frankfurt 2015, 249 Seiten, Euro 11,30 (Johannes Feest, 08.06.2015, siehe www.strafvollzugsarchiv.de) NR.82 03/2015 FILM-TIPP Nr. 1! Beyond Punishment Regie: Hubertus Siegert, D 2015 Beyond punishment (frei übersetzt: Jenseits von Strafe) ist ein neu erschienener Dokumentarfilm, der zum Nachdenken, zu neuen Perspektiven und einer offenen Diskussion einlädt. Drei Verbrechen – Drei Strafen – Drei Konflikte. Drei Männer, die getötet haben, und drei Familien, die jemanden verloren haben. In der üblichen Vorstellung von Schuld und Strafe ergibt das drei, die bestraft werden, und drei, die vergessen sollen. Undenkbar, dass sich beide Seiten annähern. Der Film beobachtet dreimal das Unmögliche: Seinem Feind begegnen, in Gedanken, in Botschaften, im realen Leben, in Deutschland, in Norwegen und in den USA. Max-Ophüls-Preis 2015 Empfehlenswert! Beyond Punishment (II): die Folgen der Tat von Prof. Dr. Sebastian Scheerer aus dem Blog* „criminologia.de“ - Juni 2015 Den Film, der jetzt im Hamburger Abaton-Kino anläuft und auf den Christian Wickert in diesem Blog schon am 16. Mai hingewiesen hatte (weshalb dieser Beitrag hier als Beyond Punishment II firmiert), kann man leicht verpassen (Anm. d. Red.: der Film ist in ganz Deutschland angelaufen). Es sind nur wenige Vorführungen geplant. Und jenseits des Grindelviertels scheint sich in der Millionenstadt Hamburg kein weiteres Lichtspieltheater für diesen bereits mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten Dokumentarfilm zu interessieren. Es wäre schade, wenn das so bliebe. Denn der Film von Hubertus Siegert behandelt zwar auch Kriminalfälle, geht das absolute Lieblingsthema der deutschen Fernsehunterhaltung aber radikal anders an als die üblichen Filme etwa über große Kriminalfälle, die fürchterlichsten Serien2 0 mörder oder als Navy CSI, CSI Miami, CSI New York und Tatort. Hier steht nicht der Kampf Gut vs. Böse im Mittelpunkt, nicht die Suche nach dem Schuldigen und der Triumph der Ermittler, sondern das, was Tötungsdelikte jenseits der Auslöschung eines Menschenlebens (in der Gefühls- und Gedankenwelt von Hinterbliebenen ebenso wie in derjenigen der Täter) anrichten. Das Opfer eines Mordes ist ja nicht nur der getötete Mensch. Opfer sind auch die Verwandten, die Freunde und der weitere Sozialraum – und in diesem Film wird auf ebenso behutsame wie bewegende Art versucht, dieses Feld von Verwüstungen und Verstörungen, von Hilfsbedürftigkeit, Orientierungsverlust, Traumatisierung und einem Strudel stärkster widersprüchlicher Bedürfnisse zu vermessen. Bewegend ist in diesem Film immer wieder die verzweifelte Lage der Hinterbliebenen zwischen bittersten Gefühlen gegenüber dem Täter einerseits und dem intensiven Bedürfnis, endlich Frieden zu finden – einen emotionalen Abschluss und damit die Möglichkeit, wieder nach vorne zu blicken und das eigene Leben zu leben. Unweigerlich drängt sich dabei die Figur des Täters in die Gedanken und Gefühle der Opfer – wie ein böses Gespenst, das zu verscheuchen einfach nicht gelingen will und das von negativen Emotionen wie Rachephantasien auch nur noch weiter am Leben gehalten wird. Letztlich könnte wohl nur eine Art Versöhnung zwischen Opfern und Tätern (die mit ihren eigenen Gespenstern kämpfen) für alle Beteiligten die ersehnte closure bringen. Versöhnung nach Tötungsdelikten aber erscheint nicht allein wegen der Abwesenheit der Hauptperson paradox, sondern – davon abgeleitet – auch wegen der emotionalen Bande der Hinterbliebenen zu dieser Hauptperson. Welches Recht, welche Möglichkeit hat eine Hinterbliebene wie zum Beispiel Lisa, die Schwester des in der Bronx erschossenen 16-jährigen Darryl, dem Mörder ihres Bruders zu vergeben? Würde Vergebung nicht einem Verrat an Darryl gleichkommen? Die kurze Szene, in der ihr Versöhnungs-Bedürfnis und das VersöhnungsVerbot in einem Moment der Verzweiflung aufeinanderprallen, gehört zu den anrührendsten des Films. Dennoch ist der Film nie rührselig. Er ist nüchtern und sachlich – und er zieht LOTSEINFO Zuschauer nicht durch verblüffende Lösungen, sondern gerade dadurch in seinen Bann, dass er Wege zur Überwindung der Aporien und Traumata erfragt und andeutet, unterstützend zu suchen hilft – und doch immer wieder neue Hindernisse und verpasste Gelegenheiten zu vermelden hat. Er überzeugt am meisten in der Schaffung von Empathie und in der Darstellung des Leidens, das durch Straftaten gegen das Leben in die Welt kommt und das auch durch die Bestrafung der Schuldigen nichts von seiner zerstörerischen Wirkung auf die Seelen der Opfer verliert. Auch die Täter leben mit Schuld, Angst, Wut, Hilflosigkeit – und die für manche Menschen schuldgefühlreduzierende Wirkung der Strafe (Sigmund Freud) erfüllt jedenfalls nicht die Träume ihrer Erfinder. Sie wirken ratlos, gequält von Phantasien über das Bild, das die anderen von ihnen haben – isoliert und verloren. Vor allem: hilfsbedürftig. Der Film überzeugt darin, eindringlich die Bedeutung und das Potential, aber auch die Schwierigkeiten von Schritten zur Aussöhnung jenseits der staatlichen Strafe bewußt werden zu lassen. Es gibt viele Aspekte der Vergeblichkeit in diesem Film, und es erscheint zunächst schwer erklärlich, warum er trotzdem in der Lage ist, Sympathien für die Idee der Restorative Justice zu wecken. Des Rätsels Lösung lautet wohl: immer wieder ahnt man – und gelegentlich wird es auch ausgedrückt (etwa von dem norwegischen Vater Erik, der nur sehr indirekt mit dem Eifersuchts-Mörder seiner Tochter Ingrid-Elisabeth kommuniziert und das Angebot zu einem Treffen letztlich ausschlägt) – dass ein hilfreich begleiteter Prozess des Nachdenkens über Versöhnung auch schon als solcher in der Lage sein kann, einen Teil der Last von den Schultern zu nehmen, dass eine Ahnung von Erlösung also auch schon auf der Wegstrecke selbst möglich ist, schon lange vor dem Ziel. Wie lang und schmerzhaft, aber auch wie wichtig und wie wohltuend ein Prozess der Annäherung zwischen Täter- und Opfer (-Familien) sein kann, das zeigt übrigens das Beispiel der Familien des Bankiers und RAF-Opfers Jürgen Ponto und der RAF-Attentäterin, seiner Patentochter Susanne Albrecht. Das Buch “Die Patentöchter: Im Schatten der RAF. Ein Dialog” von Julia Albrecht NR.82 03/2015 und Corinna Ponto (2011) und die TVDokumentation “Die Folgen der Tat” (WDR, 2015) wären eine fruchtbare Ergänzung der drei Fälle und der Thematik, die Hubertus Siegert in “Beyond Punishment” so meisterhaft erschließt. (*Criminologia ist ein Blog zu kriminologischen und kriminalpolitischen Themen, betrieben und gepflegt von Lehrenden und Studierenden des Instituts für kriminologische Sozialforschung (IKS) der Universität Hamburg) Beyond Punishment wurde übrigens kurz Auch die ZDF-Kultursendung "aspekte" vom 29. Mai 2015 hat sich mit dem Film beschäftigt und in diesem Rahmen die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin zu den Themen "Restorative Justice" und "Täter-OpferAusgleich" in Deutschland befragt. Die Sendung kann (zeitlich begrenzt) über die ZDF-Mediathek abgerufen werden: www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersic ht/500#/beitrag/video/2414354/aspektevom-29-Mai-2015; in der Mediathek ist auch ein Interview mit dem Regisseur Hubertus Siegert: www.zdf.de/form/aspekte/archiv-aspekte vor seinem Kino-Start in verschiedenen Gefängnissen gezeigt. Bei der Filmvorführung in der JVA Lübeck fiel mir dreierlei auf: erstens der ebenso verblüffende wie überzeugende Hinweis eines wegen Totschlags verurteilten Gefangenen, dass das, was in dem Film als wünschbares und notwendiges Reflexions- und Kommunikationsverhalten dargestellt wurde, nicht nur nach Straftaten, sondern auch schon in der normalen Alltagswelt ebenso schwierig wie selten und doch wohltuend und notwendig sei – auch im normalen Alltagsleben gäbe es doch Verletzungen und die Notwendigkeit der Aussöhnung, und vielleicht resultierten viele Gewalttaten aus dem Mangel an Restorative-JusticeProzessen im Verlaufe alltagsweltlicher Eskalationsprozesse; zweitens die Diskussion um Schwierigkeiten, die sich durch Restorative Justice im Strafvollzug ergeben könnten: das System Gefängnis lade förmlich dazu ein, dass Gefangene sich nur pro forma für derartige Programme interessieren würden, im Hinterkopf immer mit dem Gedanken an eine frühere Entlassung auf Bewährung; drittens die vorauseilende Beschwichtigung möglicher Einwände gegen eine Einführung tatfolgendausgleichender Maßnahmen und Programme im Strafvollzug durch die Anstaltsleitung: der Allgemeine Vollzugsdienst brauche sich keine Sorgen zu machen, dass jetzt schon wieder neue Änderungen eingeführt würden – es handele sich nur um wenige Teilnehmer und keine grundstürzenden Neuerungen. Dieser letzte Punkt erinnerte mich an die Warnung von Nils Christie aus dem Jahre 2009 (Restorative Justice – Five Dangers Ahead) vor den Deformationen und den großen Risiken, die sich aus einer bürokratischen Aneignung und Verwässerung der eigentlich revolutionären Gedanken der Restorative Justice ergeben könnten. Doch dazu vielleicht ein andermal mehr. FILM-TIPP Nr. 2! Zweite Chance Zweite Chance ist ein Drama von Susanne Bier aus dem Jahr 2014, das in Deutschland im Mai 2015 in den Filmtheatern lief. Zunächst im Glauben, das Beste/Richtige zu tun, begeht ein Polizist eine ungeheuerliche Straftat. Auch dieser Film lädt zum Nachdenken ein und dazu, eigene Einstellungen und Vorurteile zu überprüfen. Er ist psychisch ein „harter“ Film, der die ZuschauerInnen nicht schont. Wer Susanne Bier kennt, weiß, dass sie nie leichte Unterhaltungskost bietet. Auf gar keinen Fall teilen wir die in der Zeit-Online erschiene negative Kritik von Oliver Kaever: „Die Filme der dänischen Regisseurin Susanne Bier waren immer intensiv, erkenntnisreich und deprimierend. Ihr neuer Film "Zweite Chance" ist nur noch deprimierend.“ (aus: Zeit-Online von 11. Mai 2015) Der Film hat einige Schwachstellen, aber das Gesamtergebnis (das zweite Drittel bis zum Filmende ist sehr wichtig) lautet: Empfehlenswert! 2 1 LOTSEINFO Schmutzige Hände für saubere Geschäfte Legal und lecker ! Mafiafreie Produkte von Libera Terra auch in NRW Don Luigi Ciotti ist ein italienischer römisch-katholischer Geistlicher und prominenter Mafia-Gegner. Er ist sicher einer der bekanntesten und gleichzeitig am meisten gefährdeten Geistlichen Italiens. Don Ciotti ist der Begründer der AntiMafia-Vereinigung Libera und der Monatszeitschrift Narcomafie, die sich mit der organisierten Kriminalität in Italien befasst. 1965 gründete Ciotti mit Freunden die Vereinigung „Gruppo Abele“ mit dem Ziel, kriminell gewordene Jugendliche sowie Drogenabhängige zu unterstützen. Bereits in jungen Jahren machte Don Ciotti den Kampf gegen die Mafia zu seinem Lebensinhalt, insbesondere durch die Gründung von Libera. So erreichte er, dass der italienische Staat Libera mehreren Hundert HektarGrundbesitz übertrug, die zuvor von Mafia-Mitgliedern beschlagnahmt worden waren. Heute befinden sich dort mehrere landwirtschaftliche Betriebe von Libera, in denen ehemalige Kriminellen, Drogenabhängige sowie mit Arbeitslose und Mafiaaussteiger arbeiten*. Mehrfach verübte die Mafia seither Anschläge auf seine Projekte und Don Ciotti selbst ist unter ständigem Polizeischutz, er zeigt sich jedoch nach wie vor unermüdlich und fantasievoll in seinem Kampf, wie auch Libera Terra – so wird das letztgenannte Projekt genannt – zeigt. Die Produkte dieser Felder, die nach dem Motto bearbeitet werden “Schmutzige Hände für saubere Geschäfte”, können auch in Deutschland erworben werden: Die Standorte der zahlreichen Geschäfte viele davon auch in NRW - sind unter folgender Adresse zu finden: www.legalundlecker.de * auch die Taz berichtete: Der Geschmack der Freiheit, 13.09.2014, noch im TAZ-Internet-Archiv zu lesen: www.taz.de/1/archiv/ NR.82 03/2015 Norwegischer Kriminologe Nils Christie verstorben Er gehörte zu den einflussreichsten Denkern der "Kritischen Kriminologie" Christie wurde durch seine Kritik am Strafprozess, an der Kriminalstrafe und am us-amerikanischen Gefängnissystem bekannt, setzte sich darüber hinaus aber auch mit der Institution Schule und mit dem Umgang mit Behinderten auseinander. Im Alter von 87 Jahren ist Nils Christie verstorben. Einer seiner letzten Auftritte in Deutschland war beim Bundeskongress des DBH-Fachverbandes für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik in Berlin 2009. Zu seinem Leben und Wirken ist in Krimpedia zu lesen (Quellenangaben s.u.): „Nils Christie veröffentlichte eine Vielzahl wissenschaftlicher Artikel und mehr als zehn Bücher, einige in vielen Sprachen erhältlich. Ein Großteil seiner Schriften widmet sich der Thematik Kriminalität und der Kriminalitätskontrolle, aber er hat auch Bücher über Erziehung und das Bildungssystem, Drogenkontrolle sowie über alternative Gemeinschaftsformen für Menschen mit Handycaps (Christie: Jenseits von Einsamkeit und Entfremdung, 2007) verfasst. Nationale und internationale Aufmerksamkeit erlangte Nils Christie durch seine kritische und radikale Positionierung hinsichtlich der Institutionen der Strafrechtspflege (Strafe, Strafrecht, Strafprozess und Strafvollzug), die dem (damalig) wissenschaftlichen Mainstream im Umgang mit Kriminalität und Kriminalitätskontrolle nicht nur gegenläufig gegenüber stand, sondern das Selbstverständnis der Kriminologie und der Kriminalpolitik grundsätzlich hinterfragt. Ein unverkennbares Merkmal seiner Vorträge und Schriften ist der weitestgehende Verzicht auf wissenschaftliche Sprache. Mit zahlreichen Anekdoten, Beispielen aber auch Schaubildern angereichert zielen seine Überlegungen nicht nur auf die exklusive Öffentlichkeit der Fachexperten, sondern sollen für alle interessierten Gesellschaftsmitglieder zugänglich sein. Kriminalität existiert nicht, so Christie’s Hauptthese. Kriminalität ist eine Bedeu2 2 tungszuschreibung für unerwünschtes Handeln, die Maßnahmen der Kontrolle, Sanktionierung und/oder Behandlung legitimiert und informelle Regulierungskompetenzen ihrer Bedeutung und Verantwortung enthebt. Mit zunehmender räumlicher, zeitlicher und sozialer Segmentierung der westlichen hochindustrialisierten Gesellschaften sowie dem Bedeutungsverlust sozialer Bindungen und gegenseitiger Verantwortung nehmen der Grad der Entfremdung, die Dämonisierung von abweichendem Verhalten und der Gebrauch des Kriminalitätskonzepts zu. Die Wahrnehmung und Bewertung der unteren Schichten als „gefährliche Klassen“, als Bedrohung des Wohlstandes, erlebt vor dem Hintergrund der erweiterten Macht des kapitalistischen Marktes und der Ökonomisierung der Politik und des Sozialen, verbunden mit ansteigender Divergenz in der Verteilung des Besitzes, eine Renaissance. Feindbilder sowie punitive und exkludierende Forderungen steigen in Ermangelung emotionaler Ausdrucksmöglichkeiten und aufgrund der fehlenden Verwertbarkeit der Beschäftigungslosen an. Die Institutionen der Strafrechtspflege, so Christies Beobachtung, passen sich den wechselnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen hochindustrialisierter Staaten an und begründen sich nicht auf dem Ideal der Humanität. Diese Entwicklungen gilt es zu begrenzen (Christie: Kriminalitätskontrolle als Industrie, 1995b). Christie plädiert für alternative Formen der Konfliktlösung, die sich nicht auf der Anwendung des Kriminalitätskonzepts und der absichtlichen Zufügung von Leid begründen, sondern unerwünschtes Verhalten als Interessenskonflikt und Chance zur Klärung von Werten begreifen. Christies Position ist nicht die einer vollständigen Abschaffung der Institutionen der Strafrechtspflege, sondern ein Minimalismus, der "horizontale Gerechtigkeit" im Sinne der Streitschlichtung (Restorative Justice) unter Gleichberechtigten vorzieht und die "vertikale Gerechtigkeit" der Strafe nur im Notfall vorsieht (vgl. Christie, 1995a und Christie, 2005).„ (Zitat in Anführungszeichen aus: http://www.kriminologie.unihamburg.de/wiki/index.php/Nils_Christie; empfehlenswert ist der Nachruf von Prof. Dr. Scheerer unter http://criminologia.de/2015/05/sanftaber-bestimmt-nils-christie-24-02-192827-05-2015/ Seminar für ehrenamtlich Tätige in der Straffälligenhilfe Das Projekt LOTSE im DBH-Bildungswerk bietet die folgende Fortbildungsveranstaltung speziell für ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen in der Straffälligenhilfe an: "Sie sind doch viel zu nah dran!" Über Nähe und Distanz im Kontakt mit Inhaftierten Donnerstag, 29. Oktober von 10.00 bis 17.00 Uhr in Recklinghausen Immer wieder hört man im Strafvollzug wie auch im Maßregelvollzug den Satz: „Sie sind viel zu dicht dran an dem Inhaftierten!“ Auch manche/r EhrenamtlerIn hat das mit vorwurfsvollem Unterton zu hören bekommen. Ich habe in mehr als 25 Jahren aber noch nie den Vorwurf gehört „Sie sind viel zu weit entfernt vom Klienten!“ Manchmal scheint es, als könne man mit Straftätern nur mit einer langen Kneifzange umgehen. Dahinter steckt die Sorge, „umgarnt und eingewickelt“ zu werden. Im Seminar soll diskutiert werden, ob es einen idealen Abstand gibt, welche Vorteile und Nachteile mit unterschiedlichen Abständen verbunden sind und wie ehrenamtliche BetreuerInnen mit diesen heiklen Fragen umgehen können. Referent: Michael Stiels-Glenn Master Kriminologie und Polizeiwissenschaften / Supervisor und Psychotherapeut Tagungsstätte: Beratungsstelle ProFamilia, Recklinghausen (Springstraße 12, Stadtmitte Recklinghausen, 100 m Fußweg vom Hauptbahnhof, hinter der Hauptpost) Eine Teilnehmergebühr von 10,- Euro wird vor der Veranstaltung entgegengenommen. Anmeldung Die Teilnehmerzahl ist begrenzt! Bei Interesse melden Sie sich bitte mit dem unten stehenden Abschnitt oder per Mail ([email protected]) bis zum 15.10. an. Fahrtkosten können leider nicht erstattet werden. .................................................................................................................................................................. Hiermit melde ich mich verbindlich an für das Tagesseminar des Projektes LOTSE am 29. Oktober 2015 in Recklinghausen zum Thema: "Sie sind doch viel zu nah dran!" BITTE IN BLOCKSCHRIFT AUSFÜLLEN: Name, Vorname: __________________________________________________________________ Straße, Hausnr. : __________________________________________________________________ PLZ / Wohnort: ___________________________________________________________________ Telefonisch erreichbar unter: _________________________________________________________ ehrenamtlicher Tätigkeitsbereich: ______________________________________________________ Ich bin mit der Weitergabe meiner Email-Adresse an die Seminarteilnehmer nicht einverstanden. Auf Wunsch bitte ankreuzen! Datum: ___________ 2015 Unterschrift: ____________________________________________ NR. 82 • JUNI 2015 ECHO LOTSEGesprächskreise: Münster, Dortmund, Gelsenkirchen, Herford, Essen und Köln Die LOTSE-Gesprächskreise für ehrenamtlich Tätige in der Straffälligenhilfe sind auch offen für Interessierte. Im Vordergrund der Treffen steht der offene Erfahrungs- und Meinungsaustausch und das Angebot zum Gespräch mit Fachleuten. Themen und Gestaltung der Gesprächskreise richten sich in besonderer Weise nach den Wünschen und Erfordernissen der Teilnehmer/innen. Die Teilnahme ist kostenlos und unverbindlich. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Nähere Hinweise (Themen, Referenten) über das LOTSE-Servicebüro in Köln. Gelsenkirchen: Volkshochschule Gelsenkirchen, Bildungszentrum Ebertstr. 19 Dienstag, 25.08.2015 um 18:30 Uhr Donnerstag, 22.10.2015 um 18:30 Uhr Dienstag, 01.12.2015 um 18:30 Uhr Dortmund: Fritz-Henßler Haus/Haus der Jugend, Geschwister Scholl-Str. 33, Raum 112 Mittwoch, 26.08.2015 um 18:30 Uhr Mittwoch, 21.10.2015 um 18:30 Uhr Donnerstag,03.12.2015 um 18:30 Uhr Essen: Volkshochschule Essen-Zentrum, Burgplatz 1 Dienstag, 08.09.2015 um 18:40 Uhr Dienstag, 20.10.2015 um 18:40 Uhr Mittwoch, 02.12.2015 um 18:40 Uhr Köln: Bürgerzentrum Ehrenfeld, Venloer Str. 429 Mittwoch, 19.08.2015 um 18:30 Uhr Mittwoch, 30.09.2015 um 18:30 Uhr Donnerstag, 26.11.2015 um 18:30 Uhr Münster: Volkshochschule, Aegidiimarkt 3 Mittwoch, 09.09.2015 um 18:00 Uhr Dienstag, 27.10.2015 um 18:00 Uhr Dienstag, 08.12.2015 um 18:00 Uhr Die Redaktion druckt gerne Zuschriften von ehrenamtlich Tätigen (auch Gruppen) zur Straffälligenhilfe ab. Ihre Anregungen, Erfahrungen oder Nachfragen sind uns willkommen! Herford: Volkshochschule, Münsterkirchplatz 1 Mittwoch, 02.09.2015 um 18:30 Uhr Donnerstag, 01.10.2015 um 18:30 Uhr Mittwoch, 25.11.2015 um 18:30 Uhr DANKE auch an dieser Stelle an alle TeilnehmerInnen der letzten Gesprächskreise! Zu dem bereichernden und unterstützenden Austausch unter den ehrenamtlich Tätigen hatten wir die Gelegenheit, uns zuletzt mit folgenden Fachkräften auszutauschen/fortzubilden: Im Gesprächskreis Köln: Tim Tjettmers u. Tim Henning, RAUS Bundesverband Alphabetisierung Achim Heimeier, Kontaktperson für die Ehrenamtlichen JVA Köln Im Gesprächskreis Dortmund: Daniela Korbel, Kontaktperson für die Ehrenamtlichen JVA Schwerte Patrick Krabs, Leiter Suchtberatungsdienst JVA Dortmund HERAUSGEBER: Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik DBH-Bildungswerk, Projekt LOTSE REDAKTION: Sabrina Boscolo Lips und Heike Lewald Redaktionsschluss: 21.06.2015 Im Gesprächskreis Herford: Stefan Thünemann, Evangel. Seelsorge JVA Herford Die mit Namen gekennzeichneten Artikel geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion wieder. Im Gesprächskreis Gelsenkirchen: Ralf Bothge, Stellvertretender Leiter JVA Gelsenkirchen Christine Ewert, Evangel. Seelsorge JVA Gelsenkirchen Das Projekt LOTSE wird gefördert mit Mitteln des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Gesprächskreis Münster: Annemarie Monkau, Leiterin Pädagogisches Zentrum JVA Münster Lothar Cherouny, Kontaktperson für die Ehrenamtlichen JVA Münster LOTSE-Servicebüro: Aachener Straße 1064 50858 Köln Fon: 0221 - 94 86 51 32 Fax: 0221 - 94 86 51 33 E-Mail: [email protected] Internet: www.projekt-lotse.de Im Gesprächskreis Essen: Regelmäßig Katrin Rogalla, Kontaktperson für die Ehrenamtlichen JVA Essen Druck: JVA Geldern Druck + Medien Druckauflage: 2.200 Exemplare
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