Stadt Gießen Gießener Anzeiger STADTGIESSEN Dienstag, 26. Januar 2016 Nachgefragt Stadtentwicklung im Blick: Gießener äußern sich zu Wohnraum, Marktplatz und Verkehr. . Seite 15 Wasserkocher löst Großeinsatz aus GUTEN MORGEN von Franz Maywald Pferdefuß Wie gut, dass ich mich so früh auf den Weg gemacht habe. Das war mein erster Gedanke, als ich am Samstag kurz nach vier auf den Parkplatz hinter dem Uni-Hauptgebäude fuhr. Wegen der großen Zahl von Gästen und Besuchern hatte ich nicht damit gerechnet, so schnell einen Stellplatz zu finden. Doch genau dies war der Fall. Weit und breit (noch) alles frei. Ein Traum für jemanden, der unter Zeitdruck oft nicht weiß, wo er sein Gefährt rasch abstellen kann, um noch rechtzeitig zu einem Termin zu kommen. Daher freue ich mich riesig über solche Fügungen. Auch nach dem Termin war ich guter Dinge. Von einer optimalen Sitzposition aus hatte ich den Vorträgen gut folgen und mühelos Fotos schießen können. Hinzu kamen mehrere unerwartete Begegnungen mit lieben Menschen, die ich lange nicht gesehen hatte. Also alles paletti? Nicht wirklich. Denn bekanntlich lauert ja irgendwo immer der berüchtigte Pferdefuß. In meinem Fall war es das bezahlte Parkticket. Egal, in welche Tasche ich beim Einsteigen auch griff, das von der Maschine abgestempelte Kärtchen war verschwunden. Futsch und weg! Dabei hatte ich’s eben noch in der Hand gehabt. Also noch mal die hintere Tür auf, die Jacke raus, alle Taschen durchwühlt – alles vergeblich! Schon wollte ich in der Finsternis den Weg vom Parkautomat Schritt für Schritt zurückverfolgen. Vielleicht war mir das kleine Ding ja aus der Hand gerutscht. Da spürte ich plötzlich etwas Flaches und Hartes zwischen meinen aufeinandergepressten Lippen. Sie ahnen es: Genau dort hatte ich das Ticket beim Jacke Ausziehen vorübergehend „geparkt“. Und einmal mehr jagte mir meine zunehmende Vergesslichkeit einen Schrecken ein. Gut nur, dass ich nicht mit dem Ticket zwischen den Lippen in der Dunkelheit bis zur Kasse zurückgetrottet bin. Das wäre echt ein Bild des Jammers gewesen. SUDOKU . Seite 31 STADT-REDAKTION Heute an unserem Servicetelefon Benjamin Lemper 0641/9504-3460 (ab 11 Uhr) Telefax 06 41 / 95 04-34 11 Telefon Sekretariat 06 41 / 95 04-34 05 Stadt Gießen E-Mail: [email protected] Benjamin Lemper (bl) – Leitung Thorsten Thomas (tt) – stv. Frank-Oliver Docter (fod) Heidrun Helwig (hh) Jochen Lamberts (jl) Christian Rüger (cr) -34 60 -34 64 -34 76 -34 63 -34 62 -34 65 TIFF/Service E-Mail: [email protected] Astrid Hundertmark (hm) Sandra Mielke-Wolf (sam) -34 42 -34 41 Kultur E-Mail: [email protected] Thomas Schmitz-Albohn (ts) -34 31 Lokale Wirtschaft Annekatrin Bertram (ab) w f z Zeitung online: www.giessener-anzeiger.de www.facebook.com/ giesseneranzeiger www.twitter.com/ ANZEIGER_NEWS (c). -34 34 13 GIESSEN (jl). Kleine Ursache, große Wirkung. Als gestern Nachmittag um 14.40 Uhr die Meldung „Feuer in HEAE-Unterkunft“ eintraf, rückten gleich 25 Kräfte der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Wehr Rödgen, vier Rettungs- und zwei Notarztwagen vor dem Gebäude in der Rödgener Straße gegenüber der Hauptzufahrt des ehemaligen US-Depots an. Aus einem runden Fenster neben dem Hauseingang drang dichter Rauch. Wie sich herausstellte, war in einem als Teeküche genutzten Raum auf einem Kühlschrank ein elektrischer Wasserkocher in Brand geraten, der schnell abgelöscht werden konnte. Da die etwa 60 Bewohner bereits das Gebäude verlassen Als die Einsatzkräfte eintrafen, kam dichter Rauch aus dem runden Fenster links neben dem Haupteingang. Später wurde der hatten, gab es auch keine Verletzten zu verkohlte Wasserkocher samt dem in Mitleidenschaft gezogenen Kühlschrank (kleines Bild) ins Freie gebracht. Foto: Lamberts beklagen. „Verbrechen kennt keine Nationalität“ EINSCHÄTZUNG Gebürtiger Marokkaner Abderrahim En-Nosse über Köln, die Folgen und kulturelle Werte Von Stephan Scholz GIESSEN. Abderrahim En-Nosse ist in der Stadt bekannt, unter anderem wegen seines Einsatzes in Sachen Integration. Vor Jahrzehnten migrierte En-Nosse selbst aus Marokko nach Deutschland. Im Interview mit dem Anzeiger spricht er über die Ereignisse der Silvesternacht in Köln, ihre Bewertung und Marokkaner in Deutschland. Nach den Ereignissen der Silvesternacht wird viel über Nordafrikaner gesprochen. Wie fühlt sich das für Sie persönlich an? Natürlich spüre ich zunächst eine gewisse Verwunderung: Wie kommt das zustande? Und eine gewisse Überraschung, weil es ungewöhnlich ist, dass es von Anfang an heißt: Nordafrikaner, Marokkaner, Algerier. Natürlich gibt es Brennpunkte des sozialen Unfriedens. Marokkaner sind aber nicht neu in Deutschland, kamen auch als Befreier im Zweiten Weltkrieg mit den Alliierten. Sie kamen über das Anwerbeabkommen und haben Deutschland mit aufgebaut, ihre Kinder und Kindeskinder leben hier. Das läuft sehr gut. Viele Menschen aus Marokko bekleiden sehr gute Positionen in der Bundeswehr, in Unternehmen. Bei einem Treffen neulich sagten Teilnehmer: Sie wirken als deutsche Bürger mit einem Stück marokkanischer Identität. Für mich war es also ein Schock zu hören, dass Nordafrikaner mit den Ereignissen in Köln in Verbindung gebracht werA. En-Nosse den. Aus meiner Sicht gehört der Mensch dorthin, wo er wirkt, und der Rechtsstaat steht über allem. Wer das Recht bricht, soll mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden. man Verbrechen an einer Staatszugehörigkeit lokalisiert, diskreditiert man alles. Mich wundert zudem, wenn ich höre: marokkanische Flüchtlinge. Denn davon gibt es sehr, sehr wenige. Das sind Verirrte, die sich natürlich überall finden. Man hört ja: Deutschland sagt willkommen. Und manche Leute reagieren und sagen: Okay, dann gehe ich dort auch hin, schmeiße meinen Reisepass weg, komme in die Türkei und sage, dass ich auch Flüchtling bin, und kriege ein Bleiberecht. Das sind Menschen, die die Lage falsch eingeschätzt haben, für sich in Anspruch nehmen und manipulieren. Die gibt es überall und in allen Ländern: Diese Leute, die sagen, ich habe nichts in meinem Land erreicht. Was glauben Sie, inwieweit die HerWelches Frauenbild gibt es in der makunft der Täter in Köln mit den Taten rokkanischen Gesellschaft? zu tun hat? Marokko ist ein multikulturelles Land. Ein Verbrechen kennt keine Nationali- Der kulturelle Rahmen – verbunden mit tät. Indem man ein geografischem MiVerbrechen mit lieu und Bildung – Interview einer Nationalität prägt das Frauenverbindet, grenzt bild. Es gibt Profesmit Abderrahim En-Nosse man das ein, spricht sorinnen, Ärztindie anderen rein und nen, es gibt aber lokalisiert ein Verbrechen in einer gewis- auch Frauen, die Analphabeten sind. Im sen Staatszugehörigkeit. Die weniger mit ländlichen Raum arbeiten Frauen viel Kultur zu tun hat, denn in jedem Staat mehr und haben weniger Entfaltungsgibt es kulturellen Pluralismus, in Marok- möglichkeiten und zivile Rechte. In der ko und Deutschland auch. Aber wenn Stadt haben Frauen dagegen einen Sta- tus wie in Deutschland. Sie sind vertreten in der Kunstwelt, der wissenschaftlichen Welt und auf der Straße unterwegs. Es gibt Frauenorganisationen, es gibt Gewerkschaften für Frauen, Kooperativen für Frauen. Die Zivilgesellschaft in Marokko ist offener geworden. Haben Sie das Gefühl, nach den Ereignissen in Köln anders behandelt zu werden, weil Sie aus Nordafrika kommen? Von meinen Kollegen und vielen Mitmenschen nicht. Aber man spürt natürlich einen gewissen Erwartungsdruck, sich erklären zu müssen. Dieser Druck ist nicht nur schlecht, denn man kann einiges zurechtrücken. Schlimm ist es nur dann, wenn die Leute nichts wissen. Noch schlimmer, wenn sie nicht wissen, dass sie nichts wissen. Meine Aufgabe als Mensch, der versucht, zwei Kulturen auszuleben, ist es, den Mehrwert meiner Kultur in der Betrachtung des Menschen der globalen Werte zu erklären. Denn wir sind nicht kulturlos, sondern leben Kultur, Respekt, Achtung und Dialog. All diese Werte sind für mich global und nicht typisch deutsch oder typisch marokkanisch, sondern prägen die menschliche Existenz. Wenn wir uns in diesen Werten vereinen, dann können wir respektvoll miteinander umgehen. Foto: Scholz „Gute Gespräche mit interessierten Schülern“ CHANCE Etwa 7000 – vor allem jüngere – Besucher informieren sich bei Berufs- und Bildungsmesse / Zufriedene Bilanz GIESSEN (msh). Die neunte Auflage der Bildungsmesse „Chance“ lockte auch an ihrem letzten Tag wieder zahlreiche Interessierte auf das Gelände an den Hessenhallen. Insgesamt kamen gestern und am Sonntag etwa 7000 Menschen, um die Gestaltung ihrer Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Denn der größte Teil der meist jüngeren Besucher steht nun unmittelbar vor dem Ende der Schullaufbahn. Sie nutzten daher die Gelegenheit, sich über einen passenden Ausbildungs- oder Studienplatz zu informieren. Und dafür hatten die 179 Aussteller einiges zu bieten. So konnte man sich an vielen Ständen selbst in den einzelnen Berufen ausprobieren. Außerdem vermittelten Auszubildende anschaulich ihre Eindrücke aus dem Arbeitsleben. Die Bilanz der größten Bildungs-, Job- und Gründermesse Mittelhessens fiel denn auch vor allem positiv aus. Zumal vereinzelt sogar schon Bewerbungsunterlagen abgegeben wurden. „Wir haben mit vielen interessierten Schülern gute Gespräche geführt“, betonte Ulrike Knabe. Die Lehrerin für Pflegeberufe von der Schwesternschaft Was tun nach der Schulzeit? Ulrike Knabe, Somourahack Psamysaq und Gudrun Rau von der Schwesternschaft Marburg des DRK haben dazu Tipps gegeben. Foto: Schroth Marburg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ist sich sicher, dass die 300 angebotenen Stellen im Freiwilligendienst vollends besetzt werden. Gleichwohl ihr bei vielen Besuchern aufgefallen ist, dass diese in ihrer späteren Berufswahl noch unentschlossen seien. „Es haben sich gerade diejenigen bei uns erkundigt, die nach der Schulzeit noch nicht wissen, was sie eigentlich tun möchten.“ Als gute Entscheidung erwies sich offenbar, Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG 2003-2013 / Erstellt von VRM am 26.01.2016 dass erstmals Ansprechpartner der Agentur für Arbeit mit Rat und Tat zur Verfügung standen. „Wir sind auf mehreren Messen, aber wir wurden bisher noch nie so in Anspruch genommen“, resümiert Gudrun Barth. Stabsfeldwebel Michael Brendel vom Bundeswehrstandort Frankenberg berichtet von zahlreichen Schülergruppen. Da bei der Bundeswehr neben dem Dienst auch eine Berufsausbildung ab- solviert werden könne, sähen viele Schulabgänger in ihr einen attraktiven Arbeitgeber. Und nach der Dienstzeit gebe es keine Probleme, den direkten Einstieg in das zivile Berufsleben zu schaffen. Zugleich sei auffallend, dass die Bundeswehr immer mehr Zuspruch von Frauen bekomme. „Denn nicht das Geschlecht macht einen guten Soldaten aus, sondern der Charakter.“ Auch die hessische Justiz ist laut Thomas Laux vom Oberlandesgericht Frankfurt zufolge ein begehrter Arbeitgeber. „Wir bieten neben einem attraktiven Verdienst auch einen sicheren Arbeitsplatz.“ Denn das Land Hessen bilde stets nach Bedarf aus. „Das bedeutet, dass die meisten im Anschluss an die Ausbildung auch übernommen werden.“ Laux‘ Messe-Fazit: „Die Schüler erhalten hier eine großartige Möglichkeit, sich mit ihrer Berufswahl auseinanderzusetzen.“ Auch Roland Zwerenz, Geschäftsführer der Messe Gießen GmbH, zeigt sich in einer Pressemitteilung mit dem Ergebnis der „Chance 2016“ zufrieden: „Wir sind sehr froh, eine wichtige und etablierte Anlaufstelle für junge Menschen geschaffen zu haben.“
© Copyright 2024 ExpyDoc