Die Falle der Selbstentwertung

Die Falle der Selbstentwertung
Stress und Angst. Menschen wollen sozial akzeptiert und angesehen sein. Dafür passen
sie sich an - oft rnehr; als ihnen guttut, Die Selbstreflexion will einen Ausweg weisen.
JOSEF BRUCKMOSER
Daten & Fakten
DORNBIRN (5N).
Psychiater
und
Der Kãrntner
Suchtforscher
Wissenschaft am Montagvormittag
Herwig Scholz sieht den Quell-
grund für Angst, Stress und Burnout in den überhöhten Anforderungen der Leistungsgesellschaft .
Verlangt wii¡rden höchste Anpassungsftihigkeit und die Bereitschaft zur Selbstverleugnung gegenüber dem Kollektiv.
in Dornbirn ist ein einzigartiges Modell der
Das
"Montagsforum "
Erwachsenenbíldung, das Heinz Bertolini seit dem Jahr 2003 bewusst in einer Region ohne Universität aufgebaut hat. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Geschichte, Philosophie, Kultu¡
Theologie und Gesellschaft werden jeweils Montagvormittag von
namhaften Referenten aufbereitet. Derzeit haben 750 Hörerinnen
und Hörer ein Semesterabonnement. DieWarteliste ist lang.
Dieser stä¡dige Druck von au-
ßen körure eine Kaskade der
Selbstentwertung und Ûberanpas-
wertsystems aber über lange Zeit
sulg auslösen, sâgte Scholz un-
fehlerhaft reagierten, dann ent-
längst beim ,,Montagsforum" im
Kulturhaus Dornbirn. Denn jeder
stünden Depressionen und andere
affektive Erkrankungen.
Es kommt eine Abwärtskaskade
in Gang: Die Eigenständigkeit
Leistr:ngsgesell- schwindet, die Abgrenzung *itd
Mensch habe die Sehnsucht, sozial anerka¡nt und wertgeschätzt zu
werden. Die
schaftmachesichdieseSehnsucht löchrig, anstatt den steigenden
I
zu widerstehen
und sich dadurch vielleicht unbeliebt zumachen, wird die Leistung
gesteigert - bis zu einem perfekAnforderungen
Am Ende bleibt uns nur
mehr die Aggression
gegen uns selbst.
Herwig Scholz. Psychiater
tionistischen Anspruch
das ständig bemi.iht sei, unsere
Selbsteinschätzung und unser Verhalten an aktuelle Gegebenheiten
und Belastungen anzupassen. Das
schütze in der Regel vor Selbst-
überschätzung ebenso wie vor
Selbstentwertung. Wenn diese
Anpassungsstrategien des Selbst-
sich
selbst, der nicht zu erftiLllen ist.
,,Unter diesem Druck fangen
wir Menschen an, auf einige Rechte und Bedürfnisse zu verzichten,
wir werden abhängig von
m¡ngen,
ztrÍnÍze, indem sie ftir diese Anerkennung immer mehr einfordere.
Der Selbstwert ist nach Ansicht
von Scholz keine fixe Größe, sondern ein reaktionsbereites System,
an
Mei-
wir werden zum Jasager,
wir machen um des Beliebtseins
willen Leistungsangebote, die wir
gar nicht machen müssten, wir
wehren uns nicht mehr gegen das,
was uns nicht passt." Nach und
nach gehe es mit dem Selbstwert
bergab, bis zur Selbstaggression.
,,Wir verlieren unsere Fähigkeit
zur Gegenwehr und haben nur
meh¡ ein Aggressionsobjekt, das
sind wi¡ selbst", sagte Scholz.
Als eine Methode, dieser Falle
der Selbstentwertung zu entkommen, hat Scholz die Selbstrefle-
xion entw'ickelt.
,,Es
beginnt damit zu über
legen, wie ich selbst in
der Welt stehe, welche
Tendenzen ich habe,
welche Muster mich be-
herrschen und
ob
es
schädliche Muster gibt,
die ich häufig wiederhole." Solche schädlichen
Muster seien
ständige
Abhängigkeit von anderen oder ständige Aggressionshemmung.
,,Um diesem Abglei-
ten in die
Selbstent-
wertung gegenzusteuern, muss ich das Wissen über mich selbst