Bedingungen für den Erfolg von Studienpionieren

Eine Studienpionierin… „Also das hat mir auch geholfen, zu sehen, dass man eben so stark sein kann und
sich durchsetzen kann und für sich sorgen kann und all das, obwohl man eine innere
Putzfrau hat und das hatte ich eben vorher nicht. […] Also ihre Mutter hat für ihren
Lebensunterhalt geputzt und […] ihr ganz viel Bescheidenheit immer beigebracht,
über die sie sich aufregt. Meine Mutter auch, immer bescheiden sein, nie zu viel verlangen, immer zurückhaltend sein, weil wir haben keinen Anspruch auf diese Sachen.[…] wo sie aber dann irgendwann ausgebrochen ist, also meine Betreuerin
jetzt, und hat gesagt: Nein, Bescheidenheit ist blöd, weil da kommt man nicht weiter
im Leben. […] und hat [mich] dann eben auch aufmerksam gemacht darauf, dass das
bei mir aber auch nicht anders aussieht, weil ich bin tatsächlich eine Weile lang herumgerannt und habe immer gesagt: Bescheidenheit ist eine Tugend! (lacht) Und
dann irgendwann – nein, ist mal gut jetzt. […] [I]ch will ein bisschen was im Leben
auch schaffen und ich will nicht immer, dass alle anderen die Kekse kriegen und ich
nicht. Also dementsprechend, ich habe es immer noch. Die Putzfrau ist bescheiden.
Sie hat es auch immer noch. Es hilft einem ja auch, auf dem Boden zu bleiben und
nicht irgendwie größenwahnsinnig zu werden, aber es muss auch nicht überhand
nehmen“ (Studentin Soziale Arbeit aus Studienpioniere-Projekt).
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24.07.15
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Yes we can!
Bedingungen für den Erfolg von Studienpionieren
zwischen Ressourcen, Habitus und Strukturen
Prof. Dr. Lars Schmitt
Yes, we can! Bedingungen für den Erfolg von Studienpionieren
zwischen Ressourcen, Habitus und Strukturen
1.  Einstiegszitat
2.  Studium und Habitus-Struktur-Konflikte…
2.1 …Studium und Ungleichheitsstrukturen
2.2 …Studium, Habitus und Habitus-Transformation
3.  Bedingungen und Habitus-Struktur-Reflexivität
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2. Studium und Habitus-Struktur-Konflikte…
2.1. Studium und Ungleichheitsstrukturen
§  Der Sozialraum und seine Strukturen (Bourdieu 1982)
§  Soziale Herkunft als Variable
=> Soziale Herkunft beeinflusst verschiedene Aspekte
des Studiums auf der Wahrscheinlichkeitsebene
(quantitativ), aber sie wird auch erlebt (qualitativ).
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2. Studium und Habitus-Struktur-Konflikte…
2.2. Studium, Habitus und Habitus-Transformation
§  Der Habitus – verinnerlichte Strukturen (Bourdieu 1982)
§  Studium und Habitus-Struktur-Konflikte (Schmitt 2010)
§  „Auf dem Boden bleiben“
§  „Selbstgesteuertes Lernen/Informieren“/„Anerkennung“
§  „Habitusbestätigung vs. Habitustransformationswunsch“?
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2. Studium und Habitus-Struktur-Konflikte…
§  Beispiel „Auf dem Boden bleiben“
„Ja, mein Bruder is da halt auch einfach der total andere Mensch, das is so'n
typischer Arbeiter. Hin und wieder wird da auch hin- und hergeneckt, der eine
is der faule Student, der andere der blöde Bauarbeiter und aber es is wirklich
interessant und mer sieht da ne andere Welt auch vom Freundeskreis her. Er
hat 'n Freundeskreis, mit dem ich mich sehr gut verstehe, aber es sind alles
Handwerker und ja da gibt's interessante Einblicke und es hält einem auch
so'n bisschen auf'm Boden [...]. Äh ich bin 'n working-class Kind, insofern
würde ich, glaube ich meine Eltern, wenn ich mich wirklich so Standesdünkel
mäßig verhalten würde, einfach verhöhnen damit, das wär einfach 'n
unheimlicher Schlag für die, wenn ich meine Wurzeln leugnen würde und, und
würde sagen, ich bin jetzt was Besseres [...]“ (Tobias, Student, 3. Semester,
Lehramt Geographie und Chemie; Schmitt 2010, 253).
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2. Studium und Habitus-Struktur-Konflikte…
2.2. Studium, Habitus und Habitus-Transformation
§  Der Habitus – verinnerlichte Strukturen (Bourdieu 1982)
§  Studium und Habitus
§  „Auf dem Boden bleiben“
§  „Selbstgesteuertes Lernen/Informieren“/„Anerkennung“
§  „Habitusbestätigung vs. Habitustransformationswunsch“?
=> Es gibt für Studienpioniere typische HabitusStruktur-Konstellationen, die von verschiedenen
Seiten bearbeitbar sind => Yes, we can!
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3. Bedingungen und Habitus-Struktur-Reflexivität
Habitus = Yes, I can!
Erfolgreiches
Studium
Ressourcen =
Yes, you can!
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Strukturen =
Yes, we can!
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3. Bedingungen und Habitus-Struktur-Reflexivität
§  Ein erfolgreiches Studium spielt sich im Spannungsfeld von
Ressourcen, Habitus und Strukturen des Studierens ab
§  Alle drei Faktoren können als Stellschrauben betrachtet
werden
§  Ressourcen: adäquate Angebote seitens der Hochschule
§  Habitus: Ermöglichung von (Selbst-)Reflexivität mit Blick auf das
eigene Studium (etwa in Mentoring-Programmen)
§  Strukturen des Studierens: Ermöglichung von (Selbst-)Reflexivität
bei Angehörigen der Hochschule (Lehrende, sonstige Mitarbeiter*innen)
=> Yes, we can!
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Dankeschön!
Quellen:
Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen
Urteilskraft, Frankfurt a.M.
Bremer, Helmut (2004): Der Mythos vom autonom lernenden Subjekt. Zur
sozialen Verortung aktueller Konzepte des Selbstlernens und zur Bildungspraxis
unterschiedlicher sozialer Milieus, in: Engler, S./B. Krais (Hg.): Das kulturelle
Kapital und die Macht der Klassenstrukturen. Sozialstrukturelle Verschiebungen
und Wandlungsprozesse des Habitus, Weinheim und München, 189-213.
El-Mafaalani, Aladin (2012): BildungsaufsteigerInnen aus benachteiligten Milieus.
Habitustransformation und soziale Mobilität bei Einheimischen und
Türkeistämmigen, Wiesbaden.
Lange-Vester, Andrea und Christel Teiwes-Kügler (2004): Soziale Ungleichheiten
und Konfliktlinien im studentischen Feld. Empirische Ergebnisse zu
Studierendenmilieus in den Sozialwissenschaften, in: Engler, S./B. Krais (Hg.):
Das kulturelle Kapital und die Macht der Klassenstrukturen. Sozialstrukturelle
Verschiebungen und Wandlungsprozesse des Habitus, Weinheim und München,
159-187.
Schmitt, Lars (2015): Studentische Sozioanalysen und Habitus-StrukturReflexivität als Methode der Bottom-Up-Sensibilisierung von Lehrenden und
Studierenden, in: Rheinländer, K. (Hg.): Ungleichheitssensible Hochschullehre.
Positionen, Voraussetzungen, Perspektiven, Wiesbaden, 197-217.
Schmitt, Lars (2010): Bestellt und nicht abgeholt. Soziale Ungleichheit und
Habitus-Struktur-Konflikte im Studium, Wiesbaden.
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Habitus-Struktur-Reflexivität als Heuristik
§  … ermöglicht als empirisch-gehaltloser Rahmen (Kelle/Kluge 1999)
eine Offenheit für die Erfassung von Passungsfragen jenseits von
Feldkämpfen
§  … siedelt die Ursache/Verantwortlichkeit für Passungs-Probleme nicht
ausschließlich auf der Habitus-Seite an
§  … sensibilisiert für Transformationsprozesse und universalisiert nicht
die Herstellung von Passungen als Allheilmittel
§  … ermöglicht das Erfassen von Privilegien ohne Defizitperspektive bzw.
Diskriminierung/Stigmatisierung durch einen Akt der Benennung
§  … kann helfen, nicht verschiedene Diversity-Dimensionen
gegeneinander auszuspielen, sondern für den Einzelfall in einer
jeweiligen Situation jeweils einschlägige Dimensionen und/oder
Intersektionalitäten zu erfassen
§  … kann emanzipatorisch wirken (Bsp. studentische Sozioanalysen)
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