Flüchtlingsarbeit in Ludwigshafen Wohl nichts beschäftigt uns

 Flüchtlingsarbeit in Ludwigshafen Wohl nichts beschäftigt uns zurzeit so wie die Flüchtlingsfrage. Kein Treffen – sei es kirchlich, sei es politisch, sei es ganz privat – bei dem nicht darüber gesprochen wird. Ja, ich glaube, es ist eine der größten, wenn nicht die größte Herausforderung, die unserer Gesellschaft seit dem 2. Weltkrieg erlebt. Es wird viel Anstrengung brauchen und es wird diese Gesellschaft spürbar verändern. Viele machen sich auch Sorgen, dass wir es doch nicht schaffe, all die Menschen aufzunehmen, zu versorgen und sofern sie dauerhaft bleiben – zu integrieren. Andere sorgen sich, dass die Stimmung kippt, dass rechte Strömungen die Oberhand gewinnen, dass die Flüchtlingsfrage für politische Interessen und Machterhalt instrumentalisiert wird. Wir haben uns als Bezirkskirchenrat dazu entschieden, es auch heute auf der Bezirkssynode zum Thema zu machen, eben weil es uns alle beschäftigt. Wir wollen Sie informieren, was seitens der Kirche unternommen wird und wir wollen Sie ermutigen sich selbst zu engagieren oder auf andere Weise mitzuhelfen, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen. Zunächst ein paar Zahlen und Fakten aus Ludwigshafen. Derzeit sind in Ludwighafen mehr als 1.200 Menschen in Unterkünften und Wohnungen untergebracht. Waren es im Jahr 2009 noch 23 Personen, die zugewiesen wurden, so waren es im Jahr 2013 schon über 260 Personen und im Jahr 2014 dann fast 440. Bis Ende September 2015 wurden der Stadt Ludwigshafen fast 700 Menschen zugewiesen. Die meisten kommen aus Syrien, Albanien, Afghanistan, Serbien, Mazedonien, Kosovo, Pakistan, aber auch aus anderen Ländern. Unterbringungszahlen der Flüchtlinge in Ludwigshafen Rampenweg 2 14 Personen Edigheimerstr. 81 Personen Kropsburgstr. 79 Personen Ebernburgerstr. 68 Personen Bliesstr. 122 Personen Bayreutherstr. 155 Personen Orangeriestr. 11 Personen Bhf. Oggersheim 59 Personen Notunterkünfte: Wattstr. 161 Personen Blies -­‐ Zelte 62 Personen Private Unterbringung 188 Personen Unbegleitete Minderjähriger Flüchtlinge 30 Personen Ganz detaillierte Informationen für Bürgerinnen und Bürger, die sich informieren wollen, für Asylsuchende, für Menschen, die sich engagieren und helfen wollen, finden sie auf der Homepage der Stadt Ludwigshafen www.ludwigshafen.de Schon vor drei Jahren haben Menschen in der Kirchengemeinde Mundenheim das Problem erkannt und das Café Asyl gegründet, das inzwischen einen guten Ruf weit über Ludwigshafen hinaus erworben hat und für seine vorbildliche Arbeit vor wenigen Wochen mit dem Diakoniepreis ausgezeichnet wurde. Inzwischen sind fast in allen Kirchengemeinden Initiativen entstanden oder haben sich Gemeindeglieder anderen Initiativen angeschlossen. Auch die verschiedenen Einrichtungen und Dienste sind vielfältig tätig. Überblick über Aktivitäten mit Beteiligung der Kirchengemeinden und Dienste, so wie sie mir zurückgemeldet wurden: •
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Pfingstweide: es gibt Familien in GAG-­‐Wohnungen, es fand ein Ök. Runder Tisch unter hoher Beteiligung statt. Es wurde eine kleine Steuerungsgruppe gegründet. Diese hat mehrmals getagt und eine persönliche Einladung zu einem Nachmittagstreffen an die Familien verteilt. Die Gruppe möchte keine Öffentlichkeitsarbeit zum jetzigen Zeitpunkt. Bisherige öffentliche Ankündigungen waren nicht im Sinn des Gremiums. Also eher eine Arbeit im Verborgenen, nicht im Rampenlicht. Edigheim: Vernetzungen im Norden über Einzelpersonen, Personen aus dem Diakonieausschuss engagieren sich in der Betreuung von Flüchtlingen. Gemeinderäume werden für Sprachkurse zur Verfügung gestellt; Bereitschaft im OG des Gemeindehauses Flüchtlinge aufzunehmen; der Stadt angeboten, aber noch nicht in Anspruch genommen. Vieles noch im Fluss, wird konkreter werden, wenn Flüchtlinge vor Ort sind. Oppau: Einzelne engagieren sich, z.B. die Kita-­‐Leiterin; Oggersheim: im alten Bahnhof sind knapp 60 Männer untergebracht; seit Februar hat sich ein AK unter Beteiligung der Kirchengemeinden und verschiedener Vereine, Polizei, Migrationsbeauftragte der Stadt sowie DW, Caritas, AWO, Heinrich-­‐Pesch-­‐Haus und Respekt Menschen gebildet; die DITIB Moschee in der Wormser Straße bringt sich ein -­‐ z.B. Einladungen an die Flüchtlinge während dem Ramadan zum Fastenbrechen und jeden Freitag zum Gebet und zum Pizzabacken; das Pfarrheim Christ König beherbergt seit Ende Juni das jeden Mittwoch von 16.30 – 18.00 Uhr stattfindende Café Welcome. Darüber hinaus gibt es die Fahrradwerkstatt im Gemeindehaus Dalberg unter Leitung von Doris Joos unter dem Dach der Initiative „Mit Rad und Tat“, finanziell unterstützt von der BASF, technisch und praktisch von der BBS (Herr Baumgärtner) und Herrn Blauth. •
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Am 2.10. fand zum Tag des Flüchtlings ein großes Willkommensfest auf dem Gelände der Schillerschule statt mit ca. 120 Flüchtlingen unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister van Vliet. Fortbildungsreihe für Haupt-­‐ und Ehrenamtliche in der Flüchtlingsbegleitung im Comeniuszentrum, jeden Di. von 18.00-­‐ 20.00 Uhr, noch bis 1.12.2015 Ehrenamtliches Sprachtraining und vielfältige Unterstützung bei Wohnungs-­‐ und Arbeitssuche durch Paten in guter Zusammenarbeit mit einem ehrenamtlich-­‐engagierten Hausmeister, Herrn Kürten und Fr. Dr. Schröder Monatliche Einladungen zu Kochabenden mit und von Flüchtlingen im Comeniuszentrum Friesenheim Mitte Februar: Gründung des Arbeitskreises -­‐ 1. Sitzung mit Ortsvorsteher Henkel, Dr. Stenz, T. Kiefer, Frau Aderhold, weiteren Mitgliedern des Vereins, und Gemeindegliedern aus den beiden Gemeinden (insgesamt 11 Personen) ; 12. Mai: Ökumenischer Abend zum Thema: "Menschen auf der Flucht" mit höher Beteiligung. Nach biblischen Impulsen und einem Vortrag von Dr. Feinauer zur aktuellen Asylsituation wurde in Arbeitsgruppen gearbeitet. Ergebnis: es gibt viele Menschen in Friesenheim, die sich für Asylsuchende engagieren wollen auf den unterschiedlichsten Ebenen. Fazit: Es ist durch Gründung des Arbeitskreises gelungen, Menschen für ein Engagement für Flüchtlinge zu mobilisieren. Der ökumenische Abend sollte für eine freundliche Willkommenskultur werben. Das dürfte gelungen sein. Hemshof: Ab November zusammen mit Mitarbeitenden des TI "Treff Global", dienstags 16.30 bis 18.30 Uhr, Gemeindehaus Apostelkirche, Rohrlachstr. 68. Für Flüchtlinge: Begegnungen, Alltagsberatung, Freizeitgestaltung, Vernetzung mit Projekten/Beratungsstellen im Stadtteil. Außerdem wieder im Gemeindehaus: Berufsintegrations-­‐Sprachkurs des CJD. Mitte: Gemeindeglieder haben sich dem Arbeitskreis, den der Ortsvorsteher gegründet hat, angeschlossen und beteiligen sich z.B. bei dem Café im „Haus“. Die Gemeinde ist bereit Räume für Sprachkurse zur Verfügung zu stellen. Bei Neuvermietungen von Mietwohnungen wird geprüft, ob sie an Flüchtlinge vermietet werden können. Süd: Gemeinde möchte sich um Integration von Kamerunern kümmern; es wohnen ca. 150 Personen aus diesem Kreis im Gemeindegebiet; Öffnung der Gemeindearbeit ist nicht einfach; es gab einen Taufkurs für persischsprachige Menschen mit Arne Dembek, der evtl. wiederholt werden kann. Mundenheim: Das Café Asyl ging bereits 2012 als niederschwelliges Beratungs – und Hilfeangebot für Flüchtlinge an den Start; die Flüchtlingsberaterinnen des DW halten wöchentlich ihre offene Sprechstunde ab, Studierende der Rechtswissenschaften der Uni Mannheim bieten ebenfalls monatlich rechtliche Beratung an. Das Café Asyl ist darüber hinaus auch ein offener Begegnungsraum für Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen. In Kooperation mit der VHS LU werden in der ganzen Woche Sprachkurse angeboten. Patenschaften und Begleitung komplettieren das Angebotsspektrum. Die Einrichtung wird wöchentlich von 100 und teilweise mehr Gästen besucht, die im ganzen Stadtgebiet und dem Rheinpfalzkreis wohnen. Hinzu kommt noch ein Persisch – deutscher Gesprächskreis. Die Starthilfe unterstützt mit Kleider – und kleineren Sachspenden. Eine Fahrradwerkstatt ist im Aufbau begriffen. Einzelne Ehrenamtliche unterstützen bei der Wohnungs – und Jobsuche. Durch die Errichtung neuer Unterkünfte für Flüchtlinge in Mundenheim ist der Bedarf an Unterstützungssystemen gleichbleibend hoch. Das Café Asyl finanziert sich ausschließlich über Spenden. Weitere Aufgabenfelder: Info Veranstaltungen und Themengottesdienste zu Flucht und Migration, Fortbildung für Ehrenamtliche, Filmabende, interkulturelle Feste… Rheingönheim: Viele Familien werden vom Café Asyl in Mundenheim versorgt; es gibt einige Kinder in der Kita; es gibt z.Zt. Verhandlungen mit der Volkshochschule (Herrn Christmann) über die Durchführung von Deutsch-­‐Fortgeschrittenen-­‐Kursen im Gemeindezentrum. Die Stadt Ludwigshafen kann keine Miete zahlen. Es wird angestrebt diesen Kurs als •
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Kontaktmöglichkeit zu nutzen. Einzelne Gemeindemitglieder fragen nach Unterstützungsmöglichkeiten nach. Die Ortsvorsteherin lädt zu einem „Runden Tisch Asyl“ ein Maudach: Viele Menschen bieten Hilfe an, in Maudach gibt es aber bisher keine Unterbringung; Engagierte suchen sich zum Teil andere Betätigungsmöglichkeiten; Spenden für das Café Asyl gehen ein. Gartenstadt: Es hat sich ein ökumenischer Arbeitskreis Asyl der kath. und der ev. Gemeinde Gartenstadt gebildet. Ziel: Eröffnung eines „Weltcafés Gartenstadt“ ab Januar 2016 in den Räumen der Johanneskirche, insbesondere im Blick auf die Errichtung der Unterkünfte in der Wollstraße. Der kirchliche AK ist mit dem Arbeitskreis Asyl des Ortsvorstehers, der alle Aktivitäten koordiniert in engem Austausch. Altrip: ein alter Konfi-­‐Raum wurde einer gemeindlichen Initiativgruppe zur Verfügung gestellt, um ein Café Asyl zu entwickeln; es gibt Zusammenarbeit mit der Kleiderkammer in Limburgerhof; es gibt Deutschkurse; aktuell gibt es 23 Flüchtlinge in Altrip, Tendenz steigend; Vereine im Ort bieten kostenlose Mitgliedschaften für Asylbewerberfamilien an. Ehrenamtlicher Psychologe: Psychologische Gutachten für traumatisierte Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk Pfalz. Unterstützung durch zwei ehrenamtliche Ärzte; bei Bedarf Koordination über das Haus der Diakonie, Falkenstraße. Der Kirchenbezirk verfügt über etliche Wohnungen, davon wurde im Frühjahr eine frei gewordene an eine Flüchtlingsfamilie vermietet; im Dezember 2014 fand eine Informationsveranstaltung für potentielle Vermieter statt. Bayreuther Str. sind 140, in der Bliesstr. sind 70 Asylbewerber zugewiesen; die Ök. Fördergemeinschaft, GWA bietet Erstberatung an (keine Fachberatung); im Kinder-­‐ und Jugendclub Bliesstr. können Familien gut integriert werden (freizeitpädagogische Betreuung); Vermittlung an Street Doc; Kita: Eltern-­‐Kind-­‐Gruppe mit Sprachförderung; Hort/GWA: der Spielplatz soll gemeinsam von Alteinwohnern und Flüchtlingen neu hergerichtet werden -­‐ Ziel Kontaktaufnahme zwischen beiden Gruppen -­‐ Mundenheim: Ök. Fördergemeinschaft im Jugendzentrum -­‐ ähnlich s.o.; GWA: Beratungs-­‐ und Betreuungsangebot in den geplanten Neubauten sind in Planung, Verhandlungen mit der Stadtverwaltung laufen. Die Ök. Fördergemeinschaft wird sich in der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge einbringen (bis zu 40 Kinder werden Lu zugewiesen werden) zusammen mit LuZIE und Jugendhilfeverein; es werden Wohnungen für Wohngruppen Jugendlicher ab 16 Jahren gesucht; Das Stadtjugendpfarramt bot Hausaufgabenhilfe an, inzwischen aber wieder eingestellt; Idee der Wiederbelebung der Fahrradwerkstatt -­‐ Ehrenamtliche der Ev. Jugend arbeiten derzeit über das Cafe Asyl in der Projektgruppe „Rad und Tat“ mit; es gibt eine Anfrage der ÖFG, von Seiten der Ev. Jugend LU Unternehmungen mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) zu planen -­‐> das werden wir organisieren; es besteht die Möglichkeit UMF übergangsweise und kurzfristig in der Jugendkirche zu beherbergen, bis einen langfristige Unterbringung organisiert ist; zwischen Mitte Dezember bis Mitte Januar stünde die Jugendkirche als „Notunterkunft“ für eine vierköpfige Familie zur Verfügung; die Evangelische Jugend wird sich mit der Resolution des Mitarbeiter_innen-­‐Forums von November 2015 zum Thema Flucht inhaltlich auseinander setzen; die EJL setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien an unserem Freizeitangebot teilnehmen können. Als SchülerInnen der Schillerschule werden auch Flüchtlingskinder an der Kindervesperkirche teilnehmen. Das Haus der Diakonie bietet professionelle Beratung in verschiedener Hinsicht an. Mitarbeitende kommen – wie im Cafe Asyl – auch zu Beratung vor Ort. (vgl. auch diakonisch in LU) Ich habe das so ausführlich dargestellt, damit Sie auch Auskunft geben können, was getan wird, dass Sie selbst wissen, wo Sie sich hinwenden können, wenn sie mitarbeiten wollen, oder andere darauf hinweisen. Auch unsere Landeskirche ist nicht untätig. Auf der Synode in der kommenden Woche soll ein ganzes Paket beschlossen werden mit einer Gesamtsumme von rund 700.000.-­‐ €. Darin sind Aufstockungen bei den Personalstellen der Flüchtlingsberatung enthalten, ein Härtefonds für Gemeinden in Höhe von 100.000.-­‐ €, die in ihrer Arbeit vor besondere Herausforderungen gestellt sind. Ein Flüchtlingsfond ist errichtet und soll durch eine Sonderkollekte gefüllt werden. Neben dem materiellen Engagement ist es meines Erachtens aber auch ganz wichtig, dass wir uns als Kirche zu Wort melden und uns positionieren. Das haben die Leitenden Geistlichen der evangelischen Landeskirchen am 10. September getan. In der Erklärung heißt es unter anderem: „Als Kirche prägen wir das Zusammenleben in dieser Gesellschaft mit. Daher treten wir dafür ein, gelebte Willkommenskultur und die damit verbundene Integration zu einer zentralen Aufgabe unserer Gemeinden und Einrichtungen zu machen.“ Zeitgleich mit uns tagt auch die Stadtsynode in Mannheim und wird sich ebenfalls mit einer Stellungnahme befassen. Liebe Synodale, niemand kann die Entwicklung der nächsten Wochen und Monate vorhersehen. Wir können aber hoffen und mittun, dass es gelingt, Menschen bei uns Zuflucht zu gewähren und sie menschenwürdig aufzunehmen. Die große Zahl von Menschen anderer Kulturen, anderer Sprachen, anderer Religionen wird – wie schon gesagt – diese Gesellschaft verändern. Sich dem zu verweigern wird nicht helfen. Die Menschen sind da und viele werden bleiben. „Der Versuch uns durch Abschottung die faktisch ja massiv vorhandene Not vom Leib zu halten, wäre ethisch nicht zu rechtfertigen.“ So der alte und neue Vorsitzende des Rates der EKD Heinrich Bedford-­‐Strohm. Aber wir können diese Veränderungen mitgestalten. Und ich bin überzeugt, dass wir dazu Wesentliches beizutragen haben. „Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat“ – die Jahreslosung für dieses Jahr könnte nicht passender sein. Kirche, Christen und Christinnen als Katalysatoren der Integration, als starke Kraft, Menschen anzunehmen und einzubinden – das wäre doch eine richtig gute Aufgabe.