Worte trennen, Bilder verbinden

„Worte trennen, Bilder verbinden“
Otto Neurath
Frank Hartmann Erwin K. Bauer Bildersprache Otto Neurath Visualisierungen
Frank Hartmann, Erwin K. Bauer
Bildersprache Otto Neurath Visualisierungen
2., erweiterte und durchgesehene Auflage 2006
© Facultas Verlags- und Buchhandes AG, Wien
ISBN 13: 978-3-7089-0000-1
Zusammenfassung
Neurath ist der erste Wissenschaftler, der sich mit der Gestaltung von Information theoretisch und allgemeingültig befasst.
Er formuliert klare Richtlinien für zweidimensionale Darstellung von Information.
Das Ziel ist es, komplizierte und unübersichtliche Sachverhalte
mittels lesbarer Zeichen in anschauliche Diagramme umzusetzen
und dadurch Informationen für breite Bevölkerungsschichten
zugänglich und verständlich zu machen.
Otto Neurath hat dadurch einen sehr wichtigen Beitrag zur
Informationsvisualisierung geleistet.
1.164 Information Architecture and Visualization
Interfacedesign - Sommersemester 2012 - Prof. Danijela Djokic
Ben Schmitt, 2. Semester Interfacedesign
Fachhochschule Potsdam
Otto Neurath
1882
1901–1906
1907
Geboren in Wien / Österreich
Studium in Wien & Berlin
Mathematik, Ökonomie, Geschichte und Philosophie
lehrt Volkswirtschaft an der Neuen Wiener Handelsakademie
1909–1910
Mehrere Publikationen
1914–1918
1. Weltkrieg
1914
Kriegswirtschaftslehre
im österreichischen Kriegsministerium, Wien
1918
Neurath habilitiert in Politische Ökonomie
an Max Webers Institut für Soziologie, Heidelberg.
1919
Präsident Zentralwirtschaftsamtes
der ersten Münchener Räterepublik;
Inhaftierung wegen „Beihilfe zum Hochverrat”,
schließlich Auslieferung nach Österreich
Verlust der Lehrbefugnis in Heidelberg
1920
Neurath wird Generalsekretär des Österreichischen
Verbandes für Siedlungs- und Kleingartenwesen
1924
Gründung des Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums in Wien.
„Wiener Methode der Bildstatistik“
1927
Die bildhafte Pädagogik wird
in Wiener Schulversuchen eingesetzt
1930
Publikation des 100 Tafeln umfassenden bildstatistischen
Elementarwerks „Gesellschaft und Wirtschaft“
1932
Neurath gründet das „Mundaneum Institut” in Den Haag
1936
Das Buch „International Picture Language” erscheint in London
1939–1945
Zweiter Weltkrieg
1940
nach Invasion der Nationalsozialisten in Holland flüchtet Neurath im letztmöglichen Augenblick per Schiff nach England und
kommt in ein Internierungslager auf der Isle of Man.
Britische Kollegen und Emigranten, darunter Albert Einstein,
setzen sich für Neurath ein; er kommt 1941 frei und hält Vorlesungen über Logischen Empirismus und Sozialwissenschaften an
der Universität Oxford
1945
Neurath stirbt in Oxford
„Worte trennen, Bilder verbinden“
Otto Neurath spricht oft davon, dass Worte trennen und Bilder
verbinden. Dies wird an zwei einfachen Beispielen deutlich:
Gesellschaftlich
Gesellschaftlich betrachtet waren Schrift, Lesen und Schreiben ein Privileg der Gebildeten, der Reichen, der Oberschicht.
Nicht jeder konnte lesen und das Geschriebene gleich gut verstehen. Geschriebene Worte waren daher nur wenigen Menschen
zugänglich. Worte trennten gesellschaftliche Schichten.
„(...) Auch die, welche viele Bücher lesen, schöpfen immer mehr
Anregung aus Bildern und Bilderreihen. Der ermüdete Mensch
nimmt rasch etwas zur Kenntnis, was er lesend nicht mehr auffassen könnte. Darüber hinaus ist die bildhafte Pädagogik ein
Mittel, weniger vorgebildeten Erwachsenen die optisch empfänglicher zu sein pflegen, und auch der weniger begünstigten Jugend
Bildungschancen zu eröffnen, die für sie sonst nicht in Frage
kommen. (...)“ Otto Neurath (Seite 41)
Geografisch
Geografisch betrachtet ist Sprache (Worte) eine Verabredung
einer Gruppe. Um diese zu verstehen, müssen die Zeichen und
ihre Zusammensetzung erlernt und verstanden werden. Eine Kommunikation über die Gruppe hinaus ist mit Worten schwierig. Für
die Frucht „Apfel“ gibt es in fast jeder Sprache ein anderes
Wort und andere Schriftzeichen aus denen dieses Wort zusammen
gesetzt ist. (Seite 37/38) Dies erschwert die Kommunikation
zwischen Sprachen durch Worten.
Z.B.:
Apfel | Apple | ябълка | jablko | яблочный | mela | pomme | mollë
Ein weiteres Beispiel macht dies in der Lautsprache deutlich.
So kräht der Hahn in Deutschland selbstverständlich „Kikerikiiee“, während das selbe Federvieh in den USA ebenso selbstverständlich „cockadoodledoooo“ macht. (Seite 38)
Neurath war der Auffassung, diese Trennung durch Worte durch die
Verwendung von Symbolen zu lösen. Denn durch diese lassen sich
komplexe Sachverhalte in einfacher Art und Weise darstellen,
ohne einen sprachlichen Code vorauszusetzen. Somit sind sie,
abgesehen von kulturellen Unterschieden, international verwendbar.
„Die Wiener Methode“ – später ISOTYPE
Die Gesellschaft muss permanent über sich selbst aufgeklärt
werden, um Verbesserungen der Lebensbedingungen zu erreichen.
(Seite 47) Fachleute wie auch Laien sollen an Diskussionen
teilnehmen können. Dazu mussten gesellschaftlich relevante
Informationen systematisch in bildliche Darstellungen transformiert werden - auch als „bildhafte Pädagogik“ bekannt.
Isotype
International System Of Typrographic Picture Education
Internationales System der Erziehung durch Bilder
Regeln
Symbole, Icons, Bildzeichen
Einmal entwickelte
Grundformen sollen
miteinander
kombiniert werden.
„Ein Bild, das nach den Regeln der Wiener Methode hergestellt
ist, zeigt auf den ersten Blick das Wichtigste am Gegenstand;
offensichtliche Unterschiede müssen sofort ins Auge fallen. Auf
den zweiten Blick sollte es möglich sein, die wichtigsten Einzelheiten zu sehen und auf den dritten Blick, was es an Einzelheiten sonst noch geben mag. Ein Bild, das beim vierten und
fünften Blick noch weitere Informationen gibt, ist, vom Standpunkt der Wiener Schule, als pädagogisch ungeeignet zu verwerfen“. Otto Neurath (Seite 49)
Das Gestalten der Symbole hatte zum Ziel, möglichst ohne Worte
oder erklärenden Text auszukommen. Dadurch würden die Bildstatistiken unabhängig von der jeweiligen Landessprache eingesetzt
werden können. (Seite 56)
Klare, direkte Linien, eine eindeutige Kommunikation wurden
angestrebt. Man befreite sich von „ästhetischen Überresten“
des 19. Jahrhunderts, von Ornamenten und zwecklosen
Verzierungen. (Seite 75)
Die Zeichen sollten selbsterklärend sein, und dazu musste
deren Ikonizität erhöht werden. (Seite 79)
Geschriebene und gesprochene Worte dienten ausschließlich als
Legende zur Unterstützung von Bildbedeutungen. (Seite 83)
Um dies zu erreichen, stellte Neurath Anforderungen an seine
Symbole:
• Umrisse sollten auf ein Minimum beschränkt werden
und Linien im Inneren galt es zu vermeiden. (Seite 48)
• Jede Zufälligkeit sollte vermieden und einheitliche
Grundsätze festgelegt werden. (Seite 57)
• Typisierung von Bildzeichen aufgrund ihrer möglichst
hohen Gegenstandsähnlichkeit (Ikonizität). Die Bildzeichen
sollten letztlich als Aussage funktionieren und nicht als
Illustration.
• Verzicht auf die Zentralperspektive.
• Konsistenz im Einsatz der Bildzeichen fördert
ihre Widererkennbarkeit.
• Klarheit in der Farbgebung, Farben müssen klar
unterscheidbar sein, keine Struktur.
Grundfiguren entwickeln und variieren!
Streiken
Arbeitslos
Bildtafeln
„Es ist nicht gleichgültig, ob Bildertafeln einheitlich oder
uneinheitlich gestaltet sind. Es verwirrt den Beschauer, wenn
auf einer Darstellung andere Formen gewählt sind als auf der
nächsten, um dasselbe zu zeigen! Schon Verschiedenheit der
Schrift belastet den Beschauer, der nicht bereit ist, sich
ständig umzustellen. Ganz unpädagogisch ist es zu glauben, man
könne den Beschauer dadurch wohl besonders anziehen, dass man
ihm immer neue Signaturen vorführt, (...) Wechsel der Rahmenbreite und Rahmenfarbe stört, am meisten Betrachtungsruhe hat
der Beschauer, wenn er möglichst gleich großen Flächen mit
schmalen, unauffälligen Rahmen gegenübersteht.(...)“
Otto Neurath (Seite 57+58)
Das Ziel ist es von abstrakten Zahlen in leicht verständliche
Zeichen zu wechseln. Farbige Balkendiagramme waren Neurath noch
zu abstrakt, erst das figuruale Element schaffe die gewünschte
Darstellung. Als entscheidend gilt der relationale Einsatz
der Bildzeichen, wobei Quantitäten nicht etwa durch größere
Zeichen, sondern durch Wiederholungen des betreffenden Symbols
dargestellt wurden.
Das Gestalten der Symbole hatte zumdem zum Ziel, möglichst ohne
Worte oder erklärenden Text auszukommen. Dadurch würden die
Bildstatistiken unabhängig von der jeweiligen Landessprache
eingesetzt werden können. (Seite 56)
Quellen
Buch
Frank Hartmann, Erwin K. Bauer
Bildersprache Otto Neurath Visualisierungen
2., erweiterte und durchgesehene Auflage 2006
© Facultas Verlags- und Buchhandes AG, Wien
ISBN 978-3-7089-0000-1
Buch
Kompendium Mediengestaltung
4., vollständig überarbeitete
und erweiterte Auflage
ISBN 978-3-540-78525-5
PDF
Über die Darstellung von Grösse
Informationsdesign
Diplomarbeit zum Thema Informationsdesign von
Sophie Kleber, Fachhochschule Potsdam
PDF
Infomotion, Infografik im Bewegtbild
Diplomarbeit
Tim Finke und Sebastian Manger, Fachhochschule Potsdam
Internet
Stand: 11.04.2012
http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Neurath
Stand: 11.04.2012
http://www.gerdarntz.org
Stand: 11.04.2012
http://web.archive.org/web/20080204193336/http://www.neurath.
at/htm/neurath_set.html
1.164 Information Architecture and Visualization
Interfacedesign - Sommersemester 2012 - Prof. Danijela Djokic
Ben Schmitt, 2. Semester Interfacedesign
Fachhochschule Potsdam